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Document 52018AE3141

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu folgenden Vorlagen: „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates mit Vorschriften für die Unterstützung der von den Mitgliedstaaten im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik zu erstellenden und durch den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) zu finanzierenden Strategiepläne (GAP-Strategiepläne) und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates“ (COM(2018) 392 final — 2018/0216 (COD)), „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013“ (COM(2018) 393 final — 2018/0217 (COD)), „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1308/2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse, (EU) Nr. 1151/2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel, (EU) Nr. 251/2014 über die Begriffsbestimmung, Beschreibung, Aufmachung und Etikettierung von aromatisierten Weinerzeugnissen sowie den Schutz geografischer Angaben für aromatisierte Weinerzeugnisse, (EU) Nr. 228/2013 über Sondermaßnahmen im Bereich der Landwirtschaft zugunsten der Regionen in äußerster Randlage der Union und (EU) Nr. 229/2013 über Sondermaßnahmen im Bereich der Landwirtschaft zugunsten der kleineren Inseln des Ägäischen Meeres“ (COM(2018) 394 final — 2018/0218 (COD))

EESC 2018/03141

ABl. C 62 vom 15.2.2019, p. 214–225 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

15.2.2019   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 62/214


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu folgenden Vorlagen: „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates mit Vorschriften für die Unterstützung der von den Mitgliedstaaten im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik zu erstellenden und durch den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) zu finanzierenden Strategiepläne (GAP-Strategiepläne) und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates“

(COM(2018) 392 final — 2018/0216 (COD))

„Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013“

(COM(2018) 393 final — 2018/0217 (COD))

„Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1308/2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse, (EU) Nr. 1151/2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel, (EU) Nr. 251/2014 über die Begriffsbestimmung, Beschreibung, Aufmachung und Etikettierung von aromatisierten Weinerzeugnissen sowie den Schutz geografischer Angaben für aromatisierte Weinerzeugnisse, (EU) Nr. 228/2013 über Sondermaßnahmen im Bereich der Landwirtschaft zugunsten der Regionen in äußerster Randlage der Union und (EU) Nr. 229/2013 über Sondermaßnahmen im Bereich der Landwirtschaft zugunsten der kleineren Inseln des Ägäischen Meeres“

(COM(2018) 394 final — 2018/0218 (COD))

(2019/C 62/35)

Berichterstatter:

John BRYAN

Befassung

Europäisches Parlament, 11.6.2018

Rat der Europäischen Union, 22.6.2018

Rechtsgrundlage

Artikel 43 Absatz 2 und Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

 

 

Beschluss des Präsidiums

22.5.2018

 

 

Zuständige Fachgruppe

Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umwelt

Annahme in der Fachgruppe

5.10.2018

Verabschiedung auf der Plenartagung

17.10.2018

Plenartagung Nr.

538

Ergebnis der Abstimmung

(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

201/11/19

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1.

Eine starke Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) mit einem soliden Haushalt auf der Grundlage des europäischen Modells der Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung, das eine wirtschaftlich, sozial und ökologisch nachhaltige EU-Agrarpolitik und Landwirtschaft unterstützt, sich durch höchste Standards auszeichnet und zur Sicherstellung eines wettbewerbsfähigen Agrarsektors beiträgt, ist für die Europäische Union und all ihre Bürgerinnen und Bürger von höchster Bedeutung. Die Modernisierung und Vereinfachung der GAP im Zuge dieser Reform ist unerlässlich, um sie besser auf die Erfordernisse einer nachhaltigeren und tragfähigeren EU-Landwirtschaft überall in Europa einzustellen und die neuen Herausforderungen in puncto Klimawandel und Umwelt angehen zu können.

1.2.

Vorschläge zur Kürzung des GAP-Haushalts sind nicht hinnehmbar. Die Beibehaltung einer angemessenen Mittelausstattung für die GAP ist eine Voraussetzung für die wirtschaftliche, ökologische und soziale Nachhaltigkeit der Landwirtschaft in der EU, um Einkommen und Arbeitsplätze zu erhalten, die Erbringung ökologischer Gemeingüter zu schützen und so entscheidend zur Vitalität des ländlichen Raums und zur Stabilität der Gesamtwirtschaft beizutragen. Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) vertritt die Auffassung, dass der EU-Haushalt auf 1,3 % des BNE aufgestockt werden sollte, um für die GAP und die neuen politischen Ziele und Herausforderungen ausreichende Finanzmittel zur Verfügung zu stellen.

1.3.

Der EWSA begrüßt die vorgeschlagene neue Ausrichtung der GAP im Bereich der Subsidiarität, was mit größerer Verantwortung und Flexibilität der Mitgliedstaaten dank ihrer GAP-Strategiepläne und einem neuen leistungsorientierten Umsetzungsmodell einhergeht. Der EWSA möchte jedoch sichergestellt wissen, dass die GAP in allen Mitgliedstaaten eine starke gemeinsame Politik und der Binnenmarkt vollständig erhalten bleibt. Es ist von wesentlicher Bedeutung, die derzeitige Zwei-Säulen-Struktur der GAP mit soliden Direktzahlungen in der ersten Säule zur Sicherung der Hofeinkommen und Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums in der zweiten Säule zur Unterstützung schwächerer Branchen, Regionen und sozialer Infrastruktur beizubehalten und den Übergang zu nachhaltigeren und innovativeren Betrieben zu fördern. Die Gemeinsame Marktorganisation und ein funktionierender Binnenmarkt sind ebenfalls von entscheidender Bedeutung.

1.4.

Die verstärkte Aufmerksamkeit und der größere Ehrgeiz in den GAP-Vorschlägen gegenüber Umwelt und Klimawandel ist begrüßenswert. Die spezifischen Ziele sind klar und aussagekräftig und betreffen Schlüsselfragen wie Wasser, Luft, Böden sowie Landschaft und Biodiversität und die nachhaltige Erzeugung hochwertiger Lebensmittel. Die im Verordnungstext hierzu hinterlegten Maßnahmen zur Erreichung der Ziele müssen allerdings wesentlich klarer beschrieben und konkretisiert werden. Eine angemessene Mittelausstattung für die GAP und entsprechende Anreizzahlungen für die Landwirte sind für die Umsetzung dieser Ziele von zentraler Bedeutung.

1.5.

40 % der Agrarausgaben sollen den Klimaschutzzielen der EU dienen. Der EWSA begrüßt diese Zielsetzung, erwartet aber, dass hierfür von der EU ein klar definierter Maßnahmenkatalog vorgegeben wird.

1.6.

Nachdem bereits in mehreren früheren GAP-Reformen Vereinfachungen auf Ebene der landwirtschaftlichen Betriebe versprochen worden waren, fordert der EWSA nun mit Nachdruck, dass diese Zusage in der aktuellen Reform eingehalten wird. Der EWSA fürchtet jedoch, dass die neuen Subsidiaritäts- und Konditionalitätskriterien im Zusammenhang mit den GAP-Strategieplänen für Säule 1 und Säule 2, die zusätzlichen Grundanforderungen an die Betriebsführung (GAB) und die Bedingung „guter landwirtschaftlicher und ökologischer Zustand“ (GLÖZ) den bürokratischen Aufwand für die einzelnen Landwirte eher erhöhen anstatt senken werden.

1.7.

Die Direktzahlungen in der ersten Säule der GAP und die Mittel unter der zweiten Säule müssen uneingeschränkt beibehalten werden, um rentable und nachhaltige landwirtschaftliche Betriebe sicherzustellen. Direktzahlungen sollten nur echte Landwirte erhalten, die mit klaren und objektiven, auf EU-Ebene angenommenen Kriterien eindeutig definiert werden sollten.

1.8.

Die stärkere Unterstützung für den Generationenwechsel und Junglandwirte ist zu begrüßen. Diese muss mit Zusatzmaßnahmen einhergehen, die einen reibungslosen Generationswechsel ermöglichen.

1.9.

Jeder Vorschlag zu interner und externer Konvergenz, Zahlungsangleichung, Degressivität und Umverteilung muss auf objektiven und nicht diskriminierenden Kriterien beruhen und darf nicht dazu führen, dass rentable Betriebe bedroht und faire Wettbewerbsbedingungen sowie die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirte in den verschiedenen Regionen der EU beeinträchtigt werden.

1.10.

Sämtliche Kürzungen der Mittelausstattung für die zweite Säule sind inakzeptabel, da ein solides Programm zur Entwicklung des ländlichen Raums für die Unterstützung benachteiligter Gebiete und Sektoren ausschlaggebend ist und zu einer ausgeglicheneren territorialen Entwicklung führt.

2.   Zentrale Aspekte der GAP-Reform 2021-2027

Einleitung

2.1.

Der EWSA vermerkt mit Interesse die Legislativvorschläge zur Reform der GAP und insbesondere die verstärkte Ausrichtung auf Klima- und Umweltschutz sowie die ehrgeizigeren Ziele in dieser Hinsicht. Der EWSA lehnt jedoch die Kürzungen der Mittel für die GAP ab, da für einen nachhaltigen Agrarsektor und den Erhalt der landwirtschaftlichen Einkommen eine starke Mittelausstattung erforderlich ist. Der EWSA nimmt die Änderungen bezüglich der Subsidiarität zur Kenntnis und ist der Ansicht, dass unbedingt eine echte Vereinfachung für die Betriebe erreicht werden muss.

2.2.

Der EWSA versieht die vorliegende Stellungnahme zu den Legislativvorschlägen mit einer Liste ausführlicher Vorschläge für Änderungen und Anpassungen und hofft sehr, dass diese in der künftigen Debatte im Europäischen Parlament und im Rat berücksichtigt werden.

Das europäische Modell der Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung

2.3.

Eine starke GAP und eine nachhaltige europäische Agrarpolitik zur Unterstützung einer wirtschaftlich, sozial und ökologisch nachhaltigen EU-Agrarpolitik und Landwirtschaft ist für die Europäische Union in Bezug auf Ernährungssicherheit und Nahrungsmittelsouveränität von zentraler Bedeutung, auch um die wachsende Nachfrage der 512 Mio. Unionsbürger (1) nach Lebensmitteln höherer Qualität zu befriedigen. Zudem muss die EU den Anstieg der Weltbevölkerung bedenken, die Schätzungen zufolge bis 2050 auf 9,5 Mrd. ansteigen wird, wobei 3 Mrd. Menschen in wasserstressgefährdeten Gebieten wohnen werden, was zu größerer Nahrungsmittelknappheit und Hunger führt. Der EWSA hält es daher für notwendig, dass sich die EU auf den Transfer von Wissen und den Austausch von Erfahrungen darüber konzentriert, wie anderswo auf der Welt auf nachhaltige Art und Weise mehr und bessere Lebensmittel vor Ort erzeugt werden können.

2.4.

Die GAP muss allen Unionsbürgern und dem ländlichen Raum gemäß den ursprünglichen, im Vertrag von Rom verankerten Zielen nützen und ebenso für die neuen Herausforderungen in puncto Klima und Entwicklung gemäß den Verpflichtungen der EU im Rahmen des Klimaschutzübereinkommens von Paris und der Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung gerüstet sein.

2.5.

Der EWSA ist entschieden der Ansicht, dass die GAP im Zeitraum 2021-2027 das europäische Modell der Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung, gekennzeichnet durch bäuerliche Familienbetriebe, Genossenschaften, Erzeugergemeinschaften und andere Formen der Landwirtschaft sowie eine Lebensmittelerzeugung nach den weltweit höchsten Standards, in allen Teilen Europas unterstützen und erleichtern muss (2). Mit der neuen GAP muss die Frage niedriger landwirtschaftlicher Einkommen besser angegangen und die wachsende Einkommenskluft zwischen Landwirten und den Gehältern in der Gesamtwirtschaft verringert werden (3). Das europäische Agrarmodell ist nicht zu Weltmarktbedingungen und -preisen zu haben. Dieses Modell wird daher heute mehr denn je durch die aktuellen Entwicklungen bedroht, weshalb es durch eine starke GAP gestützt und gefördert werden muss (4).

2.6.

Wenngleich die Vorteile des Handels für die Landwirtschaft anerkannt werden, ist es von wesentlicher Bedeutung, dass die EU-Agrarpolitik mithilfe der GAP höchste Standards in Ackerbau und Viehzucht, in der Lebensmittelerzeugung und den Umweltkontrollen, bei Gesundheit und Sicherheit und den Rechten der Arbeitnehmer in der Welt schützt. Der EWSA ist der Auffassung, dass ein viel kohärenterer politischer Ansatz der EU für internationale Handelsabkommen im Agrar- und Lebensmittelsektor und die GAP (5) erforderlich ist. Obwohl die GAP höchste Standards anstrebt, akzeptiert die EU in manchen Handelsverhandlungen, z. B. mit dem Mercosur, gleichwohl die Einfuhr von Lebensmitteln, die die EU-Normen der Lebensmittelsicherheit nicht erfüllen und die nach Maßgabe niedrigerer Umweltstandards erzeugt werden. Es darf nicht sein, dass die europäischen Standards, Märkte und Bürger durch die Globalisierung bedroht werden.

2.6.1.

Der Ausschuss nimmt gleichwohl mit Sorge zur Kenntnis, dass eine große Zahl von Landwirten im Vereinigten Königreich für den Brexit gestimmt haben, offensichtlich aufgrund der Eingriffsintensität und der Komplexität bei der Umsetzung der GAP vor Ort. Um ähnliche Probleme in anderen Mitgliedstaaten und entsprechenden Zulauf für die Populisten und EU-Gegner zu vermeiden, fordert der EWSA die Kommission auf sicherzustellen, dass reale und praktische Vereinfachungen auf Hof-Ebene zentraler Bestandteil der Vorschläge für die GAP im Zeitraum 2021-2027 sein werden.

2.7.

Angesichts der Vielgestaltigkeit der europäischen Landwirtschaft und der Vielfalt des kulinarischen Erbes und der Marktaussichten ist Qualitätsdifferenzierung ein strategisches Ziel und fester Bestanteil der Zukunft der europäischen Landwirtschaft, zusammen mit den Bemühungen um verbesserte Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit. Die GAP sollte daher über verschiedene Möglichkeiten zur Förderung der Qualitätspolitik verfügen, wie dies auch in der Vergangenheit der Fall war. Um das zu erreichen, sollte bei der Entwicklung der GAP-Strategiepläne auch auf Qualitätsfragen verwiesen werden.

2.8.

Bei jeder vorgeschlagenen Änderung der GAP, die die Frage der Subsidiarität berührt, muss sichergestellt werden, dass der EU-Binnenmarkt nicht eingeschränkt wird und weiterhin kraftvoll und reibungslos funktioniert. Die nationalen GAP-Strategiepläne dürfen auf keinen Fall das Funktionieren des Binnenmarkts beeinträchtigen.

Die Notwendigkeit eines soliden Haushalts für die GAP

2.9.

Die Vorschläge zur Senkung des Anteils der GAP am EU-Haushalt von 38 % im Zeitraum 2014-2020 auf 28,5 % im Zeitraum 2021-2027 ist für den EWSA nicht hinnehmbar, vor allem angesichts dessen, dass der EU-Gesamthaushalt zunimmt. Die Einschnitte in den GAP-Haushalt schwanken zwischen 3 % und 4 % zu jeweiligen Preisen und 11 % bis 16 % zu Preisen von 2018 (unter Berücksichtigung einer jährlichen Inflationsrate von 2 %), je nach Art der Berechnungsmethode (6). Bei den Mitteln für die Entwicklung des ländlichen Raums überschreiten die vorgeschlagenen Kürzungen 25 % zu Preisen von 2018.

In Tsd. EUR

2014-2020

(EU28+EEF)

7*2020

(EU27+EEF)

2014-2020

(EU27+EEF)

2021-2027

Veränd. in % vs. EU27

2020*7

Veränd. in % vs. EU27

2014-2020

MFR (jeweilige Preise)

1 115 919

1 151 866

1 063 101

1 279 408

+ 11 %

+ 20 %

% BNE

1,03  %

1,14  %

1,16  %

1,11  %

 

 

GAP (jeweilige Preise)

420 015

394 659

391 849

378 920

-4 %

-3 %

MFR (zu Preisen von 2018)

1 136 105

1 107 138

1 082 320

1 134 583

+ 2 %

+ 5 %

GAP (zu Preisen von 2018)

428 354

379 334

399 608

336 623

-11 %

-16 %

Quelle: Arbeitsdokument der Europäischen Kommission zum Vergleich der Vorschläge für den MFR 2021-2027 sowie MFR 2014-2020.

2.10.

Im Einklang mit dem Haushaltsausschuss des Europäischen Parlaments ist der EWSA der festen Überzeugung, dass der EU-Haushalt auf 1,3 % des BNE erhöht werden sollte. Der derzeit für die GAP vorgesehene Anteil des EU-Haushalts sollte beibehalten werden. Damit könnten die Mittel für eine angemessen finanzierte GAP bereitgestellt werden, die den Zielen und Ambitionen der GAP sowie weiteren großen Herausforderungen wie dem Brexit gerecht wird. Die in den Legislativvorschlägen der Kommission genannten Ziele können ohne angemessene Haushaltsmittel für die GAP nicht erreicht werden.

2.11.

Die Kürzungen des GAP-Haushalts sind nicht mit den in Artikel 39 AEUV verankerten politischen Zielen der GAP vereinbar, insbesondere

der landwirtschaftlichen Bevölkerung, insbesondere durch Erhöhung des Pro-Kopf-Einkommens der in der Landwirtschaft tätigen Personen, eine angemessene Lebenshaltung zu gewährleisten;

für die Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen Sorge zu tragen.

Der EWSA lehnt die in den Vorschlägen dargelegten Kürzungen der Mittel in der zweiten GAP-Säule (ELER) entschieden ab, da hiervon viele Mitgliedstaaten unverhältnismäßig stark betroffen sind, in denen der Anteil der zweiten Säule an den GAP-Gesamtmitteln vergleichsweise größer ist. Er weist darauf hin, dass mit den Mitteln der zweiten Säule die stärker gefährdeten Sektoren und Bereiche des europäischen Agrarsektors sowie Investitionen, Modernisierung, Bildung, Ressourceneffizienz und Tierschutz unterstützt werden.

Mittelübertragungen zwischen den Säulen und Kofinanzierung

2.12.

Der EWSA ist besorgt über das Ausmaß der den Mitgliedstaaten gewährten Flexibilität bei der Übertragung von Mitteln zwischen den Säulen der GAP. Um zu verhindern, dass sich die Mitgliedstaaten ihren Kofinanzierungspflichten im Rahmen von Säule 2 entziehen, sollten die Mitgliedstaaten nach Auffassung des EWSA diese Flexibilität zur Mittelübertragung zwischen den Säulen nur nutzen dürfen, wenn sie diese Übertragungen vollständig kofinanzieren. Der EWSA spricht sich dagegen aus, den Mitgliedstaaten die Übertragung von Mitteln aus der zweiten in die erste Säule zu gestatten (7).

Struktur der GAP und neue Maßnahmen

2.13.

In den Legislativvorschlägen werden die Hauptbestandteile der GAP (Säule 1 mit Direktzahlungen, Säule 2 mit Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums und Gemeinsame Marktorganisation (GMO) für Marktstützungsmaßnahmen) beibehalten. Dies steht im Einklang mit der Zusage von Kommissionsmitglied Hogan, dass diese Reform keine Revolution, sondern eher eine Evolution sein werde.

2.14.

Der EWSA begrüßt den Vorschlag in Artikel 14, nunmehr insgesamt vier verschiedene Formen entkoppelter Zahlungen vorzusehen, die zur Einkommensstabilisierung beitragen sollen:

die „Einkommensgrundstützung“ — wichtig: der EWSA schlägt vor, den Zusatz „für Nachhaltigkeit“ an dieser Stelle zu streichen und ihn in der Überschrift von Artikel 14 aufzunehmen, denn nur in einer wirklich ausgewogenen Kombination aller vier entkoppelten Zahlungen kann mehr und ausreichend Nachhaltigkeit erzielt werden;

die „ergänzende Umverteilungseinkommensstützung“ — auch hier gilt es den Zusatz „für Nachhaltigkeit“ zu streichen und ihn in der Überschrift aufnehmen;

die „ergänzende Einkommensstützung für Junglandwirte“ sowie

die Regelungen für Klima und Umwelt.

2.15.

Die Vorschläge enthalten neue Maßnahmen für eine zusätzliche Konditionalität für alle GAP-Zahlungen (Säule 1 und Säule 2) in den Bereichen Umwelt- und Klimaschutz sowie neue Vorschläge für mehr Subsidiarität im Rahmen des neuen Umsetzungsmodells (GAP-Strategiepläne), das den Mitgliedstaaten erheblich mehr Verantwortung und Flexibilität bei der Verwirklichung spezieller Ziele, beim Umgang mit besonderen Problembereichen und bei der Umsetzung und Anwendung der Regelkonformität einräumt. Mehr Subsidiarität sollte jedoch nicht zu verstärkter Renationalisierung, sondern allenfalls zu einer Anpassung der allgemeinen Maßnahmen an die Besonderheiten der einzelnen Gebiete führen.

2.16.

Der EWSA begrüßt, dass die wichtigsten Aspekte der GAP in Bezug auf die Zahlungen der ersten und zweiten Säule beibehalten werden, und betont, dass Direktzahlungen für die Betriebsinhaber und die landwirtschaftlichen Einkommen von großer Bedeutung sind. Der EWSA begrüßt zudem die verstärkte Ausrichtung auf Konditionalität und Leistung in den Bereichen Umwelt- und Klimaschutz.

Mehr Ehrgeiz beim Umwelt- und Klimaschutz

2.17.

Der EWSA erinnert daran, dass Landwirte bereits zum Umwelt- und Klimaschutz beitragen, und vermerkt die in den Vorschlägen dargelegte verstärkte Ausrichtung auf Umwelt und Klimawandel und die Angleichung an die Verpflichtungen der EU gemäß dem Klimaschutzübereinkommen von Paris und die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG). Der EWSA weist jedoch darauf hin, dass angemessene Haushaltsmittel für die GAP erforderlich sind, um diese ehrgeizigen Ziele, die die Wettbewerbsfähigkeit des Sektors nicht beeinträchtigen sollten, erreichen zu können.

2.18.

Eine ökologisch nachhaltige Lebensmittelerzeugung und Landwirtschaft sind gesellschaftliche Forderungen, und es ist unerlässlich, die GAP zu modernisieren und auf die Erfüllung dieser Forderungen auszurichten. Nachhaltigkeit hat eine wirtschaftliche, eine soziale und eine ökologische Dimension, die alle drei gleichermaßen wichtig sind. Die Stärkung der Umweltpflege und Maßnahmen im Bereich Klimaschutz sind für die neue GAP von zentraler Bedeutung. Der EWSA begrüßt, dass die „Stärkung von Umweltpflege und Klimaschutz und [der] Beitrag zu den umwelt- und klimabezogenen Zielen der Union“ eines der drei allgemeinen Ziele der Vorschläge ist (8). Solche Maßnahmen müssen ausreichend finanziell unterstützt werden, damit die Gesamtrentabilität landwirtschaftlicher Familienbetriebe nicht gefährdet wird.

2.19.

Der EWSA nimmt erfreut zur Kenntnis, dass von den neun spezifischen Zielen der Vorschläge drei der Verbesserung von Umwelt- und Klimaschutz gewidmet sind. Diese Vorschläge zielen insbesondere darauf ab,

zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel sowie zu nachhaltiger Energie beizutragen;

die nachhaltige Entwicklung und die effiziente Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen wie Wasser, Böden und Luft zu fördern;

zum Schutz der Biodiversität, Verbesserung von Ökosystemleistungen und Erhaltung von Lebensräumen und Landschaften beizutragen.

Die einschlägigen Maßnahmen und Programme im Rahmen der Regelungen für Klima und Umwelt müssen unbedingt durch eine Anreizkomponente untermauert werden, die ihre Nutzung durch die Landwirte fördern und ein starkes Signal an die Öffentlichkeit senden würde.

2.20.

Der neue gesamtheitliche Ansatz für die GAP, der in den Strategieplänen der Mitgliedstaaten verfolgt wird, soll sowohl die Maßnahmen der ersten GAP-Säule als auch die Maßnahmen von Säule 2 und die Konditionalität umfassen. Die neue erweiterte Konditionalität beinhaltet eine zusätzliche Auflagenbindung (Cross-Compliance) und Vorschläge für die Ökologisierung („Greening“) in folgenden Bereichen:

Maßnahmen zur Abfederung des Klimawandels wie die Erhaltung von Dauergrünland, den angemessenen Schutz von Feuchtgebieten und Torfflächen, das Verbot des Abbrennens von Stoppelfeldern;

Wasserschutz durch die Umsetzung von Maßnahmen der Union im Bereich der Wasserpolitik, die Kontrolle der Verschmutzung durch Phosphate, die Nitratrichtlinie und die Schaffung von Pufferstreifen entlang von Wasserläufen sowie den Einsatz des Betriebsnachhaltigkeitsinstruments für Nährstoffe (Nährstoffbewirtschaftung);

Bodenschutz und -qualität mit Schwerpunkt auf geeigneter Bodenbearbeitung zur Verringerung des Risikos der Bodenschädigung, keine vegetationslosen Böden in der/den nichtproduktiven Zeit(en) und Fruchtwechsel.

2.21.

In Bezug auf Biodiversität und Landschaft sind in den Vorschlägen zur Konditionalität Einzelheiten zur Erhaltung der wildlebenden Vogelarten, natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen festgelegt: ein Mindestanteil der landwirtschaftlichen Fläche für nichtproduktive Landschaftselemente oder Bereiche, Erhaltung von Landschaftselementen, Verbot des Schnitts von Hecken und Bäumen während der Brut- und Nistzeit von Vögeln und Maßnahmen zur Bekämpfung invasiver Pflanzenarten (GLÖZ 9), Schaffung von Pufferstreifen entlang von Wasserläufen (GLÖZ 4) oder Fruchtwechsel (GLÖZ 8). Der EWSA schlägt allerdings vor, dass von Seiten der EU diese GLÖZ mit klaren quantitativen Vorgaben versehen werden, die für die Mitgliedstaaten verbindlich sein sollten.

2.22.

Der EWSA begrüßt die Anforderung, dass die Mitgliedstaaten mindestens 30 % der ELER-Haushaltsmittel für Interventionen im Zusammenhang mit den spezifischen umwelt- und klimabezogenen Zielen vorsehen müssen und 40 % der Gesamtfinanzausstattung der GAP (EGFL und ELER) zu den Klimazielen beitragen sollen.

2.23.

40 % der Agrarausgaben sollen den Klimaschutzzielen der EU dienen. Der EWSA begrüßt diese Zielsetzung, erwartet aber, dass hierfür von der EU ein klar definierter Maßnahmenkatalog vorgegeben wird.

2.24.

Der EWSA weist darauf hin, dass Interventionen im Zusammenhang mit den spezifischen umwelt- und klimabezogenen Zielen in den Strategieplänen der Mitgliedstaaten unbedingt Vorrang einzuräumen ist, was zur Widerstandsfähigkeit und der langfristigen Rentabilität der landwirtschaftlichen Betriebe und zur Erhaltung von Arbeitsplätzen beiträgt, und dass der Schwerpunkt der Umsetzung auf der Zielerreichung liegen muss.

Subsidiarität — GAP-Strategiepläne und neues Umsetzungsmodell

2.25.

Der EWSA unterstützt das Konzept, den Schwerpunkt der GAP-Politik von der Regelkonformität auf die Leistung zu verlagern und den Mitgliedstaaten durch Subsidiarität im Rahmen des neuen Umsetzungsmodells und der GAP-Strategiepläne mehr Flexibilität und Verantwortung einzuräumen.

2.26.

Der EWSA möchte jedoch sichergestellt wissen, dass die GAP in allen Mitgliedstaaten eine gemeinsame Politik und der Binnenmarkt vollständig erhalten bleibt. Die GAP-Strategiepläne dürfen von den Mitgliedstaaten nicht für die Renationalisierung der Märkte oder zur Schaffung von Hindernissen oder zur Einschränkung des fairen Wettbewerbs im Binnenmarkt missbraucht werden. Auf keinen Fall ist die Umsetzung dieser Strategiepläne als Schritt in Richtung Kofinanzierung der gesamten GAP zu verstehen.

2.27.

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass bei der Umsetzung auf Ebene der landwirtschaftlichen Betriebe weiterhin gleiche Ausgangsbedingungen sichergestellt werden, insbesondere in Bezug auf Cross-Compliance und GLÖZ. Die Mitgliedstaaten und die Regionen müssen von einer Überregulierung oder Abmilderung der Umsetzungspläne abgehalten werden.

2.28.

Der EWSA begrüßt die Anforderung im Rahmen der GAP-Strategiepläne, wonach die Mitgliedstaaten einen größeren Beitrag zur Erreichung der spezifischen Umwelt- und Klimaziele leisten sollen. Landwirte sollten aus einer Reihe von Maßnahmen auswählen können, um eine bessere Anpassung an ihre spezifischen Gegebenheiten zu ermöglichen (in Reisfeldern und bei mehrjährigen oder Dauerkulturen ist z. B. keine Fruchtfolge möglich).

2.29.

Der Vorschlag, dem zufolge die Mitgliedstaaten die GAP-Strategiepläne sowohl für die erste als auch die zweite Säule der GAP ausarbeiten und vorlegen müssen, wird das derzeitige System verkomplizieren. Es ist von wesentlicher Bedeutung, dass die Durchführung nicht durch diese Anforderung verzögert wird: Die effiziente und rechtzeitige Bereitstellung von Direktzahlungen an Betriebsinhaber darf keinesfalls verzögert werden. Die Regionen sollten dabei einbezogen werden und ihr Fachwissen sollte bestmöglich genutzt werden.

2.30.

Der EWSA schlägt vor, dass die GAP-Strategiepläne auf der Ebene der Mitgliedstaaten neben den in den Vorschlägen genannten zentralen Elementen auf folgende Fragen eingehen:

die Art und Weise, wie ein Mitgliedstaat in seinem Hoheitsgebiet ein länderspezifisches Problem bewältigt, wie z. B. Landflucht, Wüstenbildung in Teilen Südeuropas, Wasserqualität/Nitrate in Teilen Nordwesteuropas, Verlust der biologischen Vielfalt in Europa;

einzelstaatliche Pläne für die Vereinfachung auf Betriebsebene;

Umsetzungsplan und Fristen für alle Zahlungen im Rahmen der GAP;

Anreizsystem für eine gute Leistung im Bereich Umwelt- und Klimaschutz;

Leistungs- und Ergebnisziele auf nationaler Ebene.

Vereinfachung und Konditionalität

2.31.

Der EWSA unterstützt nachdrücklich die Vereinfachung und fordert, dass dieses politische Bekenntnis zur Vereinfachung auf Ebene der landwirtschaftlichen Betriebe in den neuen GAP-Vorschlägen auch wirklich umgesetzt wird. Wenngleich positive Elemente bestehen, sind die vorgeschlagene Funktionsweise des neuen Umsetzungsmodels, die verstärkte Konditionalität, die Einführung von Indikatoren im Rahmen der ersten Säule und die Verpflichtung zur Vorbereitung detaillierter GAP-Strategiepläne besonders beunruhigend und konterkarieren eine echte Vereinfachung.

2.32.

Trotz der begrüßenswerten Fortschritte bei der Vereinfachung der Omnibus-Verordnung, der Ausweitung des Systems der „gelben Karte“ und der Annahme der Satelliten-Technologie für die Flächenüberwachung sind die GAP-Vorschläge immer noch mit einer Vielzahl von detaillierten Anforderungen überfrachtet. Dies ist für die einzelnen Landwirte, von denen die überwiegende Mehrheit als alleiniger Betreiber unter hohem Einkommensdruck agiert, eine hohe bürokratische Belastung.

2.33.

Der EWSA sieht in dem in den Kommissionsvorschlägen verfolgten Ansatz einen Widerspruch zwischen Vereinfachung und Subsidiarität. Die Kommission tritt einerseits für Vereinfachung ein, wohingegen andererseits die Vorschläge für das neue Umsetzungsmodell und die Erweiterung der GAP-Strategiepläne auf die erste und die zweite Säule sowie die zusätzlichen und detaillierteren Grundanforderungen an die Betriebsführung (GAB) und GLÖZ-Anforderungen (Anhang III) (9) auf Hofebene dazu führen, dass die Umsetzung der Politik sowohl auf Ebene der Mitgliedstaaten als auch auf Betriebsebene komplizierter und bürokratischer wird. Die verschiedenen Ausnahmekategorien, die im Rahmen der Ökologisierungsregelung des Zeitraums 2014-2020 aufgestellt wurden, müssen in die Bestimmungen über die Konditionalität im Zeitraum nach 2020 überführt werden.

2.34.

Um eine wirkliche Vereinfachung auf Betriebsebene zu erzielen und gleichzeitig vollständige und angemessene Kontrollen aufrechtzuerhalten, muss der bürokratische Aufwand für die Betriebsinhaber von seinem Umfang und seiner Belastung her vermindert werden. Das derzeitige System zur Umsetzung der GAP beruht auf detaillierten Vorgaben auf EU-Ebene und strengen Kontrollen, Sanktionen und Auditregelungen (10). Eine vollständige Überarbeitung und Neukonzeption des Kontrollsystems auf Hofebene ist notwendig: verstärkter Einsatz neuer Technologien, Satellitenüberwachung und Fernerkundung, Zahlungen dürfen nicht aufgrund erhöhter Toleranzen und Inspektionen verzögert werden (11). In Bezug auf die verstärkte Nutzung der Fernerkundung sollte die korrekte Ermittlung des förderungswürdigen Gebiets ebenfalls eine Aufgabe der für die Überwachung zuständigen Behörden sein.

2.35.

Das derzeitige Kontroll- und Sanktionssystem ist auf Ertappen und Bestrafen anstatt auf Korrigieren und Verbessern ausgerichtet. Der EWSA schlägt die Einführung des Konzepts des Rechts auf Mängelbehebung mittels Nachbesserungen auf Betriebsebene vor, was Landwirten die Korrektur unbeabsichtigter Verstöße ohne Sanktionen gestatten würde.

2.36.

Weitere Vereinfachungen und Bürokratieabbau auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten in den Programmen der zweiten Säule der GAP sind dringend geboten (12).

2.37.

Die Mitgliedstaaten sollten im Rahmen ihrer Strategiepläne verpflichtet werden, einen speziellen Abschnitt zum Thema Vereinfachung auszuarbeiten und ihre Vorschläge zum Abbau der bürokratischen Belastung für Betriebsinhaber darzulegen und zu erläutern, inwiefern sie sich von der derzeitigen Regelung unterscheiden.

Generationenwechsel

2.38.

Der EWSA begrüßt die verstärkte Ausrichtung auf einen Generationenwechsel sowie die vorgeschlagenen zusätzlichen Hilfen für Junglandwirte, die einen einfacheren Zugang zu Land, Ausbildung und Finanzierungen brauchen. Es ist von wesentlicher Bedeutung, Anreize für Landwirte zu bieten, die in den Ruhestand treten und ihren Betrieb einem Junglandwirt übertragen.

3.   Besondere Vorschläge des EWSA

Echte Betriebsinhaber

3.1.

Der EWSA unterstützt nachdrücklich das Ziel, Direktzahlungen nur an echte Betriebsinhaber zu leisten. Landbesitz allein sollte eine Person, die keine landwirtschaftliche Tätigkeit ausübt, nicht zum Erhalt von Direktzahlungen berechtigen. Gleichwohl müssen die diesbezüglichen Auswirkungen auf nahezu alle landwirtschaftlichen Betriebe in der EU anerkannt werden.

3.2.

Der EWSA ist der Auffassung, dass grundlegende Definitionen wie echte Betriebsinhaber und Förderkriterien klar, deutlich und einheitlich auf EU-Ebene festgelegt werden sollten, um gleiche Ausgangsbedingungen zu schaffen, Wettbewerbsvor- und -nachteile sowie eine Schwächung des gemeinsamen Regelwerks zu verhindern.

3.3.

Neben der vorgeschlagenen Berücksichtigung von Einkommensprüfungen und des Arbeitskräfteaufwands im landwirtschaftlichen Betrieb sollte die Definition des Begriffs „echter Betriebsinhaber“ um objektive und diskriminierungsfreie Kriterien z. B. für Einkommen, Vermögenswerte, Zeitaufwand, Leistung und Bildung ergänzt werden. Im Einklang mit den jüngst in der Omnibus-Verordnung eingeführten Änderungen könnten die Mitgliedstaaten die Flexibilität behalten, die Förderungswürdigkeit gezielter zu bestimmen. Es sollte folglich möglich sein, einen gemeinsamen Rahmen aufzustellen, dabei aber den Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu lassen, die Definition ihren tatsächlichen Erfordernissen und Gegebenheiten anzupassen.

Junglandwirte

3.4.

Der EWSA schlägt vor, die Definition des Begriffs „Junglandwirt“ zu überarbeiten, damit sichergestellt ist, dass Zahlungen nur an echte Junglandwirte gehen. Die Unterstützung für Neueinsteiger sollte eine vorrangige Maßnahme im Rahmen der zweiten Säule sein.

Allgemeine Ziele

3.5.

Der EWSA möchte darauf hinweisen, dass die allgemeinen Ziele eines intelligenten, krisenfesten und diversifizierten Agrarsektors, der Ernährungssicherheit, der Umweltpflege und des Klimaschutzes sowie der Stärkung des sozioökonomischen Gefüges in ländlichen Gebieten überhaupt nur auf der Grundlage eines wirtschaftlich tragfähigen Agrarsektors erreicht werden können. Die Realisierung eines funktionierenden Agrarsektors muss ein allgemeines Ziel der GAP sein.

Spezifische Ziele

3.6.

Der EWSA unterstützt uneingeschränkt die neun in den Legislativvorschlägen festgelegten spezifischen Ziele der GAP. Der EWSA schlägt jedoch vor, dass in Abschnitt (f) das zusätzliche Ziel der Vermeidung der Aufgabe von Flächen und des Schutzes landwirtschaftlicher Flächen vor Übernahme aufgenommen wird. Der EWSA ist zudem der Auffassung, dass eine ausgewogene territoriale Entwicklung zu den spezifischen Zielen gehören sollte. Er empfiehlt ferner, das in Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b genannte Ziel „Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit“ weiter zu fassen und in „Verbesserung der wirtschaftlichen Lebensfähigkeit der Betriebe auf den lokalen, nationalen und internationalen Märkten“ umzuformulieren. Der EWSA empfiehlt zudem, die Ziele der Förderung von sozialer Inklusion zu betonen und den Ausbau von sozialer Infrastruktur als spezifisches Förderziel zu verankern.

Indikatoren

3.7.

Der EWSA vertritt die Auffassung, dass der Vorschlag zur Einführung von Indikatoren zur Bewertung der Zielerreichung mit quantifizierten Etappenzielen und Zielwerten anhand detaillierter Kriterien, wie in Anhang I (13) dargelegt, nur für die nationale Ebene gelten und den Verwaltungsaufwand für die Landwirte nicht erhöhen sollte. Die neuen Indikatoren der GAP müssen einfach, realistisch, leicht quantifizier- und kontrollierbar und auf lokale Gegebenheiten anwendbar sein. Sie sollten direkt mit den definierten Zielen der GAP verbunden sein.

GLÖZ

3.8.

Der EWSA schlägt vor, im Zusammenhang mit der Erhaltung von Flächen im GLÖZ eine minimale und maximale Besatzdichte für Weideland zu erwägen.

Betriebsberatungsdienste

3.9.

Die Unterstützung und Weiterentwicklung des europäischen landwirtschaftlichen Wissens- und Informationssystems (AKIS), einschließlich Beratungsdiensten, Wissensaustausch und beruflicher Fortbildung sind wichtig, um Landwirte bei der Übernahme von Innovationen und neuer Technologien zu unterstützen, was wiederum ihre Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit erhöht. Jedwede EU-Initiative in Bezug auf Beratungsdienste und Innovationssysteme muss auf die bereits in den Mitgliedstaaten bestehenden Systeme aufbauen und sich auf die Schaffung von Mehrwert konzentrieren. Angesichts des Drucks, unter dem der GAP-Haushalt steht, sollte aus den Legislativvorschlägen deutlich hervorgehen, dass nichtlandwirtschaftliche Kräfte keine Direktzahlungen aus der ersten Säule der GAP erhalten dürfen.

Direktzahlungen

3.10.

Der EWSA betont die zentrale Bedeutung von Direktzahlungen der ersten GAP-Säule für die Unterstützung der landwirtschaftlichen Einkommen und befürwortet sie vorbehaltlos. In diesem Zusammenhang vertritt der EWSA die Auffassung, dass die Zahlungen der ersten GAP-Säule in vollem Umfang geschützt und Anpassungen an die neue Einkommensgrundstützung auf ein absolutes Minimum beschränkt werden müssen.

Deckelung und Kürzung von Zahlungen

3.11.

Die Kommission sieht im ihrem Vorschlag zwei unterschiedliche Direktzahlungsformen vor, nämlich vier unterschiedliche ungekoppelte sowie diverse gekoppelte Zahlungen.

3.12.

Bezüglich der ungekoppelten Zahlungen hatte der EWSA in seinen Stellungnahmen klare Aussagen gemacht: „Für die Direktzahlungen der ersten Säule sollte eine gerechte und vernünftige Obergrenze für den einzelnen Landwirt festgelegt werden (etwa in Höhe des Einkommens eines Facharbeiters). Anpassungen sollten möglich sein, und Partnerschaften, Genossenschaften, Agrarunternehmen sowie die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten sind zu berücksichtigen“ (14).

3.13.

Er hatte allerdings auch empfohlen, die Obergrenze nicht auf Zahlungen anzuwenden, bei denen es sich um die Honorierung öffentlicher Leistungen handelt, vornehmlich den Zahlungen im Bereich Umwelt und Klima, für die er eine klare Anreizkomponente eingefordert hatte.

3.14.

Der Ausschuss sprach sich ferner für eine höhere Prämie für Grünland aus.

3.15.

Der EWSA begrüßt grundsätzlich die Einbeziehung von Löhnen und Gehältern gemäß Artikel 15 Absatz 2 Buchstabe a und b, er hält es aber nicht für angemessen, dass diese zu 100 % zum Ansatz kommen können. Es ist nicht gerechtfertigt, dass öffentliche Haushalte einer spezifischen Berufsgruppe Gehälter sowie die damit verbundenen Steuern vollständig finanzieren bzw. dass sogar unbezahlte Arbeit kalkulatorisch voll angerechnet werden kann. Hier muss die EU einen Höchstsatz festlegen, der unter 100 % liegt.

Konvergenz der Zahlungen

3.16.

Der EWSA unterstützt die Vorschläge zur externen Konvergenz zwecks weiterer Annäherung des Niveaus der Direktzahlungen zwischen den Mitgliedstaaten. Ziel des Vorschlags ist es, die bestehende Kluft beim gegenwärtigen durchschnittlichen Niveau der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten zu 50 % und beim EU-Durchschnitt der Direktzahlungen im Zeitraum 2012-2027 zu 90 % zu schließen. Mit einem angemessenen Budget für die GAP könnten die Vorschläge der Kommission jedoch ehrgeiziger sein, und zwar vor allem bezüglich der Mitgliedstaaten mit dem niedrigsten Beihilfeniveau. Nach Auffassung des Ausschusses sollte zum Ende der kommenden Haushaltsperiode die Höhe der Direktzahlungen mindestens bei 85 % des EU-Durchschnitts liegen.

3.17.

Die Angleichung von Zahlungsansprüchen ist ein kruder Ansatz, bei dem keinerlei objektive Kriterien wie die Höhe der Investitionen in den Betrieb, die Art des landwirtschaftlichen Bewirtschaftungssystems, Einkommenshöhe, die Anforderungen an die Arbeit, künftige Rentabilität des Hofes und Abhängigkeit des Betriebs von Direktzahlungen und der Einsatz des Betriebsinhabers berücksichtigt werden.

3.18.

Damit Betriebsinhaber von der internen Konvergenz — wonach die Mindestzahlungsansprüche bis 2026 auf 75 % des Durchschnittsbetrags angehoben werden sollen — profitieren können, sollten sie bestimmte objektive Kriterien erfüllen müssen.

Nationale Reserve

3.19.

Der EWSA unterstützt das Konzept einer nationalen Reserve für Junglandwirte und Betriebsinhaber, die erstmals eine landwirtschaftliche Tätigkeit aufnehmen (Neueinsteiger). Die Kriterien für die Zuweisung aus der nationalen Reserve müssen jedoch so festgelegt sein, dass die Zuweisung der Zahlungsansprüche nicht missbraucht wird und die Zahlungsansprüche nur echten Betriebsinhabern auf der Grundlage klarer, objektiver Kriterien wie Alter, Einkommen, Bildung, Zeitaufwand und Ertrag zugewiesen werden.

3.20.

Darüber hinaus sollte es obligatorisch sein, dass die aus der nationalen Reserve zugewiesenen Zahlungsansprüche vom Empfänger für einen bestimmten, vom Mitgliedstaat festzulegenden Mindestzeitraum aktiviert und genutzt werden. Zugewiesene Zahlungsansprüche aus der nationalen Reserve sollten von den Empfängern nicht vor Ablauf dieses Zeitraums verkauft werden dürfen.

Ergänzende Umverteilungseinkommensstützung

3.21.

Die Umverteilungseinkommensstützung hat in bestimmten Ländern sehr gute Ergebnisse hervorgebracht, könnte jedoch in anderen Kontexten die Höhe der Direktzahlungen und Einkommen für Betriebsinhaber, deren Einkommen am stärksten von Direktzahlungen abhängig sind und bei denen es sich zu einem großen Teil um Vollerwerbslandwirte handelt, weiter verringern und Zahlungen an Nebenerwerbslandwirte und Landwirte, die für ihr Gesamteinkommen weniger von Direktzahlungen abhängig sind, umlenken.

3.22.

In den Vorschlägen wird die Bedeutung von Direktzahlungen für die landwirtschaftlichen Einkommen herausgestellt, und es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Gewährleistung einer angemessenen Unterstützung und somit des landwirtschaftlichen Einkommens auch künftig ein Schlüsselelement darstellt, um Ernährungssicherheit, Umwelt- und Klimaschutz sowie die Lebensfähigkeit des ländlichen Raums sicherzustellen. Der EWSA weist jedoch darauf hin, dass jede Option, bei der Direktzahlungen in erheblichem Umfang an Betriebe und Regionen mit niedriger Produktivität umverteilt werden, kurzfristig zu einer Verringerung der Wettbewerbsfähigkeit der EU auf den Weltmärkten führen (15), gleichzeitig aber den Erwartungen der Verbraucher und Bürger in Bezug auf eine stärkere Ausrichtung der GAP auf die Befriedigung der Bedürfnisse des Binnenmarktes besser gerecht wird.

3.23.

Der EWSA ist der Ansicht, dass die ergänzende Umverteilungseinkommensstützung, wenn sie zur Anwendung kommt, nur aus Mitteln finanziert werden sollte, die durch die Deckelung freiwerden. Sie sollte, um die erheblichen Unterschiede innerhalb des Sektors zu verringern, nur Betriebsinhabern zugutekommen, deren Einkommen hauptsächlich von der Landwirtschaft abhängt.

Ergänzende Einkommensstützung für Junglandwirte

3.24.

Der EWSA befürwortet den Vorschlag einer ergänzenden Einkommensstützung für Junglandwirte. Um sicherzustellen, dass echte Landwirte hierdurch nicht benachteiligt werden, sind geeignete Mechanismen erforderlich, um finanzielle Zuwendungen, für die nicht wirklich eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt werden muss, zu verhindern.

Fakultative Regelung für Klima und Umwelt („Öko-Regelung“)

3.25.

Der EWSA nimmt die Einführung einer fakultativen Regelung für Klima und Umwelt auf Betriebsebene in der ersten Säule zur Kenntnis. Gleichwohl muss sichergestellt werden, dass Betriebsinhaber durch die vorgeschlagene „Öko-Regelung“ in der ersten Säule nicht davon abgeschreckt oder daran gehindert werden, sich an wichtigen Umwelt- und Klimaschutzprogrammen der zweiten Säule zu beteiligen oder diese anzuwenden.

3.26.

Es sollte eine Grünlandzahlung für Tierhaltung mit Bestimmungen für minimale und maximale Besatzdichten im Rahmen dieser Maßnahme ermöglicht werden. Zudem sollten Tierschutzzahlungen pro Tier ermöglicht werden, wie dies derzeit bei dieser Art von Regelung der Fall ist.

Gekoppelte Zahlungen

3.27.

Gekoppelte Zahlungen spielen beim Schutz gefährdeter Branchen und Gebiete eine sehr wichtige Rolle. Gekoppelte Zahlungen können einen wichtigen Beitrag zu gezielten und höheren Direktzahlungen leisten in einkommensschwachen Branchen wie der extensiven Mutterkuh- oder Schafzucht, dem Anbau von Eiweißpflanzen oder der Viehhaltung in Berggebieten, wo die Beibehaltung des Tierbestands für das ökologische Gleichgewicht grundlegend ist. Die Möglichkeit gekoppelter Zahlungen sollte generell begrenzt bleiben, aber dazu beitragen können, die Aufgabe von Flächen zu verhindern und die Weidehaltung zu fördern und zu begünstigen (16).

Ländliche Entwicklung

3.28.

Der EWSA unterstützt die acht umfassenderen EU-Interventionen im Bereich der Entwicklung des ländlichen Raums. Wie bereits dargelegt, lehnt der EWSA alle vorgeschlagenen Kürzungen der Mittelausstattung für die zweite Säule ab, denn sie treffen einen Teil der Mitgliedstaaten unverhältnismäßig stark und lassen Zweifel an einer intelligenten, nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Entwicklung der Landwirtschaft aufkommen.

3.29.

Der EWSA ist der Auffassung, dass im Einklang mit der derzeitigen GAP spezielle Tierschutzmaßnahmen im Rahmen der Entwicklungsprogramme für den ländlichen Raum vorgesehen werden sollten und dies in eine der umfassenderen Interventionen aufzunehmen ist.

3.30.

Der EWSA schlägt vor, dass ein höherer Anteil der Zahlungen für Transaktionskosten oder Anreize vorgesehen wird, um für eine stärkere Beteiligung und Inanspruchnahme durch landwirtschaftliche Betriebe zu sorgen.

3.31.

Der EWSA ist der Auffassung, dass Verpflichtungen in den Bereichen Umwelt, Klima und sonstige Bewirtschaftungsverpflichtungen für Zeiträume von mehr als sieben Jahren in Betracht gezogen werden sollten, vorausgesetzt, dass auch die Finanzierung dieser Verpflichtungen entsprechend gesichert ist.

3.32.

Der EWSA ist der Auffassung, dass Zahlungen wegen naturbedingter Benachteiligungen (17) in den betreffenden Gebieten obligatorisch sein sollten, um die Aufgabe von Flächen in den Mitgliedstaaten zu verhindern. Darüber hinaus sollten die Maßnahmen Bestimmungen für minimale und maximale Besatzdichten vorsehen und eine Bandbreite für den Zeitraum festlegen, in dem die Tiere weiden sollten. Zahlungen für Gebiete mit naturbedingten Benachteiligungen sollten als Teil der Umweltausgaben im Rahmen der zweiten Säule berücksichtigt werden dürfen.

3.33.

Im Rahmen der Vorschläge zu naturbedingten und anderen ortsspezifischen Benachteiligungen sollte der Grundsatz „Keine Restriktion ohne Kompensation“ gelten. Um eine Änderung von Bewirtschaftungsmethoden herbeizuführen, ist es von großer Bedeutung, Entschädigungszahlungen für vollständige Verluste zu berechnen und angemessene Anreize zu zahlen.

3.34.

Der EWSA befürwortet eine Positivliste von Investitionsvorschlägen anstatt einer Negativliste.

3.35.

Der EWSA ist der Ansicht, dass die Vorschläge für Risikomanagementinstrumente auf Ebene der Mitgliedstaaten fakultativ und nicht obligatorisch sein sollten. Im Allgemeinen vertritt der EWSA die Auffassung, dass stabile Direktzahlungen im Rahmen von Säule 1 den besten Schutz gegen Einkommensschwankungen darstellen und auf keinerlei Weise geschmälert werden sollten, um Mittel an Versicherungssysteme oder Investmentfonds zu übertragen. Darüber hinaus schlägt der EWSA vor, dass Finanzmittel für das Risikomanagement sektorspezifisch vergeben werden.

3.36.

Der EWSA begrüßt die neue Flexibilität und die breite Palette von Unterstützungsmaßnahmen, die im Rahmen der Finanzinstrumente vorgesehen sind.

Krisenreserve

3.37.

Der EWSA anerkennt die Notwendigkeit einer wirksamen und angemessen finanzierten ständigen Krisenreserve. Er schlägt vor, die Mittel für die Krisenreserve einem neuen Ausgabenposten außerhalb des GAP-Haushalts zu entnehmen, sodass die Direktzahlungen an die Landwirte nicht geschmälert werden. Gemäß den geltenden GAP-Vorschriften müssen ungenutzte Mittel der Krisenreserve für 2020 den Landwirten 2021 wieder zufließen.

Gemeinsame Marktorganisation

3.38.

Die Legislativvorschläge lassen die GMO weitgehend unverändert, in der ein Sicherheitsnetz der öffentlichen Intervention und privaten Lagerhaltung sowie außergewöhnliche Maßnahmen vorgesehen sind. Darüber hinaus sieht die GMO Vermarktungsnormen und Bestimmungen für die Zusammenarbeit der Betriebsinhaber vor. Nach Auffassung des EWSA sollte die Kommission die Marktregulierung im Hinblick auf bessere Einkommen stärken und ausbauen.

3.39.

Der EWSA meint, dass in den Vorschlägen die Referenzpreise und Auslösungsschwellen für Marktstützungsmaßnahmen je nach der Entwicklung der Produktionskosten überprüft und auf einer praxisgerechteren Höhe neu festgesetzt werden sollten, um die Marktstützung im Bedarfsfall realistischer und substanzieller zu machen. Die Kommission sollte sich auf Marktmanagementinstrumente konzentrieren, insbesondere durch Begrenzung der Preisschwankungen bei den landwirtschaftlichen Erzeugnissen, die ja die Haupteinnahmequelle der Landwirte sind.

Zahlungen

3.40.

Der EWSA schlägt vor, Vorauszahlungen für Direktzahlungen ab dem 16. Oktober eines jeden Jahres auf 80 % zu erhöhen (derzeit 50 %, aber üblicherweise werden 70 % gestattet) und für Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums auf 90 % festzulegen (derzeit 75 %, aber üblicherweise werden 85 % gestattet).

Zeitplan

3.41.

Die Zeitpläne für die Einigung über den MFR und die neuen GAP-Vorschläge sind unklar, insbesondere vor dem Hintergrund der Europawahl im nächsten Jahr. Der Reformvorschlag enthält mehrere neue Elemente wie den Strategieplan, der ein grundlegendes Element der Reform ist und seitens der nationalen Verwaltungen nicht einfach umzusetzen sein wird, und eine neue Struktur der GAP, die bestimmte Verpflichtungen für die Landwirte vorsieht (neue erweiterte Konditionalität, Einhaltung der Indikatoren des Strategieplans usw.). Es ist eine gewisse Zeit erforderlich, damit diese Verpflichtungen von den Landwirten zur Kenntnis genommen und angewandt werden können. Der EWSA empfiehlt eine rasche Einigung über den MFR vor der Europawahl im Mai 2019 und eine rechtzeitige Einigung über die künftige GAP, damit die Landwirte und der Agrarsektor Planungssicherheit für die Zukunft haben. Daher ist es von wesentlicher Bedeutung, dass rechtzeitig eine angemessene Übergangszeit auf der Grundlage der derzeitigen Stützungsregelung festgelegt wird, bevor die neuen Bestimmungen nach 2020 in Kraft treten.

Lebensmittelversorgungskette

3.42.

Der EWSA fordert erneut, dass eine umfassende EU-Lebensmittelpolitik (18) entwickelt werden muss. Insbesondere begrüßt der EWSA, dass die Kommission auf die wichtige Rolle der GAP bei der Förderung gesünderer Ernährungsgewohnheiten und der Bereitstellung von nährstoffreichen Lebensmitteln wie Obst und Gemüse für die Unionsbürger hingewiesen hat. Konkrete Vorschläge und Empfehlungen zu diesem Thema werden in einer in Ausarbeitung befindlichen Initiativstellungnahme erarbeitet. Der EWSA begrüßt die Vorschläge zur Stärkung der Stellung der Landwirte in der Lebensmittelversorgungskette. Größere Transparenz der Marktpreise auf jeder Ebene — vom Verbraucher bis zum Primärerzeuger — ist von wesentlicher Bedeutung. Zudem sollten mehr Anreize und Unterstützung für Erzeugerorganisationen vereinbart werden.

Brüssel, den 17. Oktober 2018

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Luca JAHIER


(1)  Eurostat — EU-Bevölkerung zum 1. Januar 2017.

(2)  Stellungnahme des EWSA Eine mögliche Umgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. C 288 vom 31.8.2017, S. 10).

(3)  Erläuterungen von R. Ramon i Sumoy, GD Landwirtschaft, Referat C.1, in der Sitzung der Studiengruppe des EWSA am 25.6.2018.

(4)  ABl. C 354 vom 28.12.2010, S. 35.

(5)  ABl. C 283 vom 10.8.2018, S. 69, Ziffern 10.2, 10.3 und 10.4.

(6)  Arbeitsdokument der EU zum Vergleich der Vorschläge für den MFR 2021-2027 sowie MFR 2014-2020.

(7)  ABl. C 283 vom 10.8.2018, S. 69, Ziffer 7.13.

(8)  COM(2018) 392 final, Artikel 5 — Allgemeine Ziele, S. 47.

(9)  COM(2018) 392 final, Anhang III — Vorschriften für die Konditionalität gemäß Artikel 11.

(10)  COM(2018) 392 final, S. 3.

(11)  ABl. C 283 vom 10.8.2018, S. 69, Ziffern 1.9 und 6.4.

(12)  Programme der zweiten Säule der GAP — Ex-post-Bewertung der Programme zur Entwicklung des ländlichen Raums 2007-2013.

(13)  COM(2018) 392 final, Anhang I — Wirkungs-, Ergebnis- und Outputindikatoren gemäß Artikel 7.

(14)  ABl. C 288 vom 31.8.2017, S. 10 und ABl. C 283 vom 10.8.2018, S. 69.

(15)  COM(2018) 392 final, S. 7.

(16)  The Policy Roadmap for the EU Sheep meat Sector (strategischer Fahrplan für den europäischen Schaffleischsektor), Empfehlungen des EU-Forums zum Thema Schaffleisch unter dem Vorsitz von John Bryan.

(17)  Flächen, die aus naturbedingten oder anderen besonderen Gründen benachteiligt sind (Areas facing natural or other specific constraints, ANC).

(18)  ABl. C 129 vom 11.4.2018, S. 18.


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