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Document 62010CN0473

Rechtssache C-473/10: Klage, eingereicht am 29. September 2010 — Kommission/Ungarn

ABl. C 328 vom 4.12.2010, p. 19–21 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

4.12.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 328/19


Klage, eingereicht am 29. September 2010 — Kommission/Ungarn

(Rechtssache C-473/10)

()

2010/C 328/36

Verfahrenssprache: Ungarisch

Parteien

Klägerin: Europäische Kommission (Prozessbevollmächtigte: H. Støvlbæk und B. D. Simon)

Beklagter: Republik Ungarn

Anträge

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass die Republik Ungarn

dadurch, dass sie betreffend Eisenbahnunternehmen die Unabhängigkeit der Trassenzuweisung nicht sichergestellt hat, gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 und Anhang II der Richtlinie 91/440/EWG (1) in der geänderten Fassung sowie aus Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14/EG (2) verstoßen hat,

dadurch, dass sie betreffend Eisenbahnunternehmen die Unabhängigkeit der Entgelterhebung nicht sichergestellt hat, gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 und Anhang II der Richtlinie 91/440 in der geänderten Fassung sowie aus Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14 verstoßen hat,

dadurch, dass sie das finanzielle Gleichgewicht der Betreiber der Infrastrukturen nicht sichergestellt hat, gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14 verstoßen hat,

dadurch, dass sie den Betreibern keine Anreize zur Senkung der mit der Fahrwegbereitstellung verbundenen Kosten und zur Senkung der Zugangsentgelte gegeben hat, gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14 verstoßen hat,

dadurch, dass sie nicht sichergestellt hat, dass das Entgelt für das Mindestzugangspaket und den Schienenzugang zu Serviceeinrichtungen der Höhe der Kosten entspricht, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen, gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2001/14 verstoßen hat, sowie

dadurch, dass sie keine Regelung erlassen hat, die leistungsabhängige Bestandteile enthält, um Eisenbahnunternehmen und den Betreibern der Infrastruktur Anreize zur Minimierung von Störungen und zur Erhöhung der Leistung des Schienennetzes zu bieten, gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 11 der Richtlinie 2001/14 verstoßen hat;

der Republik Ungarn die Kosten aufzuerlegen.

Klagegründe und wesentliche Argumente

Ziel der Richtlinien 91/440 und 2001/14 sei es, den Eisenbahnunternehmen einen gerechten und nichtdiskriminierenden Zugang zu den Eisenbahninfrastrukturen zu gewährleisten. Um dieses Ziel zu erreichen, bestimmten diese Richtlinien, dass die Eisenbahnverkehrsleistungen erbringenden Einrichtungen keine mit der Zuweisung von Trassen zusammenhängenden Entscheidungen treffen dürften und eine unabhängige Stelle mit der Zuweisung von Fahrwegkapazität betraut werden müsse. Führe ein Eisenbahnunternehmen die Verwaltung des Verkehrs durch, habe es notwendigerweise einen Wettbewerbsvorteil, da es für die Erfüllung dieser Verwaltungsaufgaben über detaillierte Informationen über die von den Eisenbahnunternehmen erbrachten Dienstleistungen, den Umfang dieser Dienste und den Fahrplan verfügen müsse.

Die vorliegende Klage ist u. a. auf den Klagegrund gestützt, dass in Ungarn entgegen den Bestimmungen der erwähnten Richtlinien Einrichtungen mit der Verwaltung des Eisenbahnverkehrs betraut seien, die Eisenbahnverkehrsleistungen erbrächten.

Die Verwaltung des Verkehrs könne nicht als eine zum Betrieb der Infrastruktur gehörende Tätigkeit angesehen werden, die in keiner Verbindung mit der Zuweisung von Trassen oder Fahrwegkapazität stehe, da derjenige, der sie durchführe, zwingend an den mit dieser Zuweisung verbundenen Entscheidungsprozessen beteiligt sei. Zum einen müsse der, der den Verkehr verwalte, über die Entscheidungen, die die Zuweisung von Kapazität betreffen, Bescheid wissen, um seine Verwaltungstätigkeit ausüben zu können; zum anderen müsse er im Fall von Verkehrsstörungen oder Notfällen die zur Wiederherstellung des fahrplanmäßigen Verkehrs erforderlichen Maßnahmen durchführen, was zwingend mit einer Neuzuweisung der verfügbaren Schienennetzkapazität und der verfügbaren Trassen verbunden sei.

Es liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der Unabhängigkeit der Verwaltung des Verkehrs vor, da die Eisenbahnunternehmen in Ungarn detaillierte Rechnungen über Wegeentgelte ausstellten. Da sich diese Rechnungen notwendigerweise u. a. auf die von bestimmten Eisenbahnunternehmen genutzten Dienste, auf den Umfang dieser Dienste sowie auf den Fahrplan bezögen, verschafften sie den sie ausstellenden Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil.

Neben einem Verstoß gegen das Erfordernis der unabhängigen der Trassenzuweisung habe die Republik Ungarn auch insoweit gegen ihre Verpflichtungen aus den Richtlinien 91/440 und 2001/14 verstoßen, als sie

nicht die notwendigen Anforderungen festgelegt habe, um das finanzielle Gleichgewicht der Betreiber der Infrastrukturen sicherzustellen;

nicht die erforderlichen Maßnahmen erlassen habe, um die Betreiber der Infrastrukturen zur Senkung der Entgelte für den Zugang zum Schienennetz sowie der Verwaltungskosten zu verpflichten;

nicht die erforderlichen Durchführungsmaßnahmen erlassen habe, um in Bezug auf den Schienenzugang zu Serviceeinrichtungen die Anwendung des Grundsatzes der Entgeltfestlegung anhand der unmittelbaren Kosten sicherzustellen;

keine Regelung erlassen habe, die Maßnahmen beinhalte, die Eisenbahnunternehmen und dem Betreiber der Infrastrukturen einen Anreiz zur Minimierung von Störungen und zur Erhöhung der Leistung des Schienennetzes böten.


(1)  Richtlinie des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (ABl. L 237, S. 25).

(2)  Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung (ABl. L 75, S. 29).


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