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Document 41968A0927(01)

Übereinkommen von Brüssel von 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen /* Konsolidierte Fassung CF 498Y0126(01) */

ABl. L 299 vom 31.12.1972, p. 32–42 (DE, FR, IT, NL)

Dieses Dokument wurde in einer Sonderausgabe veröffentlicht. (ES, PT, BG, RO, HR)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/convention/1972/454/oj

41968A0927(01)

Übereinkommen von Brüssel von 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen /* Konsolidierte Fassung CF 498Y0126(01) */

Amtsblatt Nr. L 299 vom 31/12/1972 S. 0032 - 0042
Spanische Sonderausgabe: Kapitel 01 Band 1 S. 0186
Portugiesische Sonderausgabe: Kapitel 01 Band 1 S. 0186


ÜBEREINKOMMEN über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (unterzeichnet am 27. September 1968)

PRÄAMBEL

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN DES VERTRAGES ZUR GRÜNDUNG DER EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTSGEMEINSCHAFT -

in dem Wunsche, Artikel 220 des genannten Vertrages auszuführen, in dem sie sich verpflichtet haben, die Vereinfachung der Förmlichkeiten für die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen sicherzustellen,

in dem Bestreben, innerhalb der Gemeinschaft den Rechtsschutz der dort ansässigen Personen zu verstärken,

in der Erwägung, daß es zu diesem Zweck geboten ist, die internationale Zuständigkeit ihrer Gerichte festzulegen, die Anerkennung von Entscheidungen zu erleichtern und ein beschleunigtes Verfahren einzuführen, um die Vollstreckung von Entscheidungen sowie von öffentlichen Urkunden und gerichtlichen Vergleichen sicherzustellen -

haben beschlossen, dieses Übereinkommen zu schließen, und haben zu diesem Zweck zu ihren Bevollmächtigten ernannt:

SEINE MAJESTÄT DER KÖNIG DER BELGIER:

Herrn Pierre Harmel, Minister für Auswärtige Angelegenheiten;

DER PRÄSIDENT DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND:

Herrn Willy Brandt, Vizekanzler, Minister für Auswärtige Angelegenheiten;

DER PRÄSIDENT DER FRANZÖSISCHEN REPUBLIK:

Herrn Michel Debré, Minister für Auswärtige Angelegenheiten;

DER PRÄSIDENT DER ITALIENISCHEN REPUBLIK:

Herrn Giuseppe Medici, Minister für Auswärtige Angelegenheiten;

SEINE KÖNIGLICHE HOHEIT DER GROSSHERZOG VON LUXEMBURG:

Herrn Pierre Grégoire, Minister für Auswärtige Angelegenheiten;

IHRE MAJESTÄT DIE KÖNIGIN DER NIEDERLANDE:

Herrn J.M.A.H. Luns, Minister für Auswärtige Angelegenheiten.

DIESE IM RAT VEREINIGTEN BEVOLLMÄCHTIGEN SIND

nach Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten

WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN:

(1)Im Anschluß an die Ratifikation durch alle Mitgliedstaaten und gemäß Artikel 62 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen durch den Gerichtshof tritt dieses Übereinkommen zusammen mit dem Protokoll und der gemeinsamen Erklärung zum Übereinkommen, die am 27. September 1968 in Brüssel unterzeichnet worden sind, am 1. Februar 1973 in Kraft.

TITEL I

ANWENDUNGSBEREICH

Artikel 1

Dieses Übereinkommen ist in Zivil- und Handelssachen anzuwenden, ohne daß es auf die Art der Gerichtsbarkeit ankommt.

Es ist nicht anzuwenden auf:

1. den Personenstand, die Rechts- und Handlungsfähigkeit sowie die gesetzliche Vertretung von natürlichen Personen, die ehelichen Güterstände, das Gebiet des Erbrechts einschließlich des Testamentsrechts;

2. Konkurse, Vergleiche und ähnliche Verfahren;

3. die soziale Sicherheit;

4. die Schiedsgerichtsbarkeit.

TITEL II

ZUSTÄNDIGKEIT

1. Abschnitt

Allgemeine Vorschriften

Artikel 2

Vorbehaltlich der Vorschriften dieses Übereinkommens sind Personen, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Staates zu verklagen. Auf Personen, die nicht dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz haben, angehören, sind die für Inländer maßgebenden Zuständigkeitsvorschriften anzuwenden.

Artikel 3

Personen, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats haben, können vor den Gerichten eines anderen Vertragsstaats nur gemäß den Vorschriften des 2. bis 6. Abschnitts verklagt werden. Insbesondere können gegen diese Personen nicht geltend gemacht werden:

- in Belgien : Artikel 15 des Zivilgesetzbuchs (Code civil) sowie die Artikel 52, 52 bis und 53 des Gesetzes vom 25. März 1876 über die Zuständigkeit (loi sur la compétence);

- in der Bundesrepublik Deutschland : § 23 der Zivilprozeßordnung;

- in Frankreich : Artikel 14 und 15 des Zivilgesetzbuches (Code civil);

- in Italien : Artikel 2, Artikel 4 Nrn. 1 und 2 der Zivilprozeßordnung (Codice di procedura civile);

- in Luxemburg : Artikel 14 und 15 des Zivilgesetzbuchs (Code civil);

- in den Niederlanden : Artikel 126 Absatz 3 und Artikel 127 der Zivilprozeßordnung (Wetboek van Burgerlijke Rechtsvordering).

Artikel 4

Hat der Beklagte keinen Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats, so bestimmt sich, vorbehaltlich des Artikels 16, die Zuständigkeit der Gerichte eines jeden Vertragsstaats nach seinen eigenen Gesetzen.

Gegenüber einem Beklagten, der keinen Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, kann sich jede Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, in diesem Staat auf die dort geltenden Zuständigkeitsvorschriften, insbesondere auf die in Artikel 3 Absatz 2 angeführten Vorschriften, wie ein Inländer berufen, ohne daß es auf ihre Staatsangehörigkeit ankommt.

2. Abschnitt

Besondere Zuständigkeiten

Artikel 5

Eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, kann in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden:

1. wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfuellt worden ist oder zu erfuellen wäre;

2. wenn es sich um eine Unterhaltssache handelt, vor dem Gericht des Ortes, an dem der Unterhaltsberechtigte seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat;

3. wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist;

4. wenn es sich um eine Klage auf Schadenersatz oder auf Wiederherstellung des früheren Zustandes handelt, die auf eine mit Strafe bedrohte Handlung gestützt wird, vor dem Strafgericht, bei dem die öffentliche Klage erhoben ist, soweit dieses Gericht nach seinem Recht über zivilrechtliche Ansprüche erkennen kann;

5. wenn es sich um Streitigkeiten aus dem Betrieb einer Zweigniederlassung, einer Agentur oder einer sonstigen Niederlassung handelt, vor dem Gericht des Ortes, an dem sich diese befindet.

Artikel 6

Eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, kann auch verklagt werden:

1. wenn mehrere Personen zusammen verklagt werden, vor dem Gericht, in dessen Bezirk einer der Beklagten seinen Wohnsitz hat;

2. wenn es sich um eine Klage auf Gewährleistung oder um eine Interventionsklage handelt, vor dem Gericht des Hauptprozesses, es sei denn, daß diese Klage nur erhoben worden ist, um diese Person, dem für sie zuständigen Gericht zu entziehen;

3. wenn es sich um eine Widerklage handelt, die auf denselben Vertrag oder Sachverhalt wie die Klage selbst gestützt wird, vor dem Gericht, bei dem die Klage selbst anhängig ist.

3. Abschnitt

Zuständigkeit für Versicherungssachen

Artikel 7

Für klagen in Versicherungssachen bestimmt sich die Zuständigkeit vorbehaltlich des Artikels 4 und des Artikels 5 Nr. 5 nach diesem Abschnitt.

Artikel 8

Der Versicherer, der seinen Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, kann verklagt werden entweder vor den Gerichten dieses Staates oder vor dem Gericht, in dessen Bezirk der Versicherungsnehmer seinen Wohnsitz hat, oder, falls mehrere Versicherer zusammen verklagt werden, vor dem Gericht des Vertragsstaats, in dem einer der Beklagten seinen Wohnsitz hat. Der Versicherer kann, wenn das Recht des angerufenen Gerichts eine solche Zuständigkeit vorsieht, auch in einem anderen Vertragsstaat als dem seines Wohnsitzes vor dem Gericht verklagt werden, in dessen Bezirk die Person, durch deren Vermittlung der Versicherungsvertrag abgeschlossen worden ist, ihren Wohnsitz hat, sofern dieser Wohnsitz in dem Versicherungsschein oder in dem Versicherungsantrag angeführt ist.

Besitzt ein Versicherer, der in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats keinen Wohnsitz hat, in einem Vertragsstaat eine Zweigniederlassung oder Agentur, so wird er für Streitigkeiten aus dem Betrieb dieser Zweigniederlassung oder Agentur so behandelt, wie wenn er seinen Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet dieses Staates hätte.

Artikel 9

Bei der Haftpflichtversicherung oder bei der Versicherung von unbeweglichen Sachen kann der Versicherer außerdem vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, verklagt werden. Das gleiche gilt, wenn sowohl bewegliche als auch unbewegliche Sachen in ein und demselben Versicherungsvertrag versichert und von demselben Schadensfall betroffen sind.

Artikel 10

Bei der Haftpflichtversicherung kann der Versicherer auch vor das Gericht, bei dem die Klage des Geschädigten gegen den Versicherten anhängig ist, geladen werden, sofern dies nach dem Recht des angerufenen Gerichts zulässig ist.

Auf eine Klage, die der Verletzte unmittelbar gegen den Versicherer erhebt, sind die Artikel 7 bis 9 anzuwenden, sofern eine solche unmittelbare Klage zulässig ist.

Sieht das für die unmittelbare Klage maßgebliche Recht die Streitverkündung gegen den Versicherungsnehmer oder den Versicherten vor, so ist dasselbe Gericht auch für diese Personen zuständig.

Artikel 11

Vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 10 Absatz 3 kann der Versicherer nur vor den Gerichten des Vertragsstaats klagen, in dessen Hoheitsgebiet der Beklagte seinen Wohnsitz hat, ohne Rücksicht darauf, ob dieser Versicherungsnehmer, Versicherter oder Begünstigter ist.

Die Vorschriften dieses Abschnitts lassen das Recht unberührt, eine Widerklage vor dem Gericht zu Bestimmungen dieses Abschnitts anhängig ist.

Artikel 12

Von den Vorschriften dieses Abschnitts kann im Wege der Vereinbarung nur abgewichen werden:

1. wenn die Vereinbarung nach der Entstehung der Streitigkeit getroffen wird oder

2. wenn sie dem Versicherungsnehmer, Versicherten oder Begünstigten die Befugnis einräumt, andere als die in diesem Abschnitt angeführten Gerichte anzurufen, oder

3. wenn sie zwischen einem Versicherungsnehmer und einem Versicherer, die ihren Wohnsitz in demselben Vertragsstaat haben, abgeschlossen ist, um die Zuständigkeit der Gerichte dieses Staates auch für den Fall zu begründen, daß das schädigende Ereignis im Ausland eingetreten ist, es sei denn, daß eine solche Vereinbarung nach dem Recht dieses Staates nicht zulässig ist.

4. Abschnitt

Zuständigkeit für Abzahlungsgeschäfte

Artikel 13

Für Klagen, die den Kauf beweglicher Sachen auf Teilzahlung oder ein in Raten zurückzuzahlendes, unmittelbar zur Finanzierung eines Kaufs derartiger Sachen bestimmtes Darlehen zum Gegenstand haben, bestimmt sich die Zuständigkeit, unbeschadet des Artikels 4 und des Artikels 5 Nr. 5, nach diesem Abschnitt.

Artikel 14

Der Verkäufer oder der Darlehensgeber, der seinen Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, kann verklagt werden entweder vor den Gerichten dieses Staats oder vor den Gerichten des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Käufer oder Darlehensnehmer seinen Wohnsitz hat.

Die Klage des Verkäufers gegen den Käufer oder die Klage des Darlehensgebers gegen den Darlehensnehmer kann nur vor den Gerichten des Staates erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet der Beklagte seinen Wohnsitz hat.

Diese Vorschriften lassen das Recht unberührt, eine Widerklage vor dem Gericht zu erheben, bei dem die Klage selbst gemäß den Bestimmungen dieses Abschnitts anhängig ist.

Artikel 15

Von den Vorschriften dieses Abschnitts kann im Wege der Vereinbarung nur abgewichen werden:

1. wenn die Vereinbarung nach der Entstehung der Streitigkeit getroffen wird oder

2. wenn sie dem Käufer oder Darlehensnehmer dieBefugnis einräumt, andere als die in diesem Abschnitt angeführten Gerichte anzurufen, oder

3. wenn sie zwischen einem Käufer und einem Verkäufer oder zwischen einem Darlehensnehmer und einem Darlehensgeber, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Vertragsstaat haben, abgeschlossen ist und die Zuständigkeit der Gerichte dieses Staates begründet, es sei denn, daß eine solche Vereinbarung nach dem Recht dieses Staates nicht zulässig ist.

5. Abschnitt

Ausschließliche Zuständigkeiten

Artikel 16

Ohne Rücksicht auf den Wohnsitz sind ausschließlich zuständig:

1. für Klagen, die dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen sowie die Miete oder Pacht von unbeweglichen Sachen zum Gegenstand haben, die Gerichte des Vertragsstaats, in dem die unbewegliche Sache belegen ist;

2. für Klagen, welche die Gültigkeit, Nichtigkeit oder die Auflösung einer Gesellschaft oder juristischen Person oder der Beschlüsse ihrer Organe zum Gegenstand haben, die Gerichte des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Gesellschaft oder juristische Person ihren Sitz hat;

3. für Klagen, welche die Gültigkeit von Eintragungen in öffentliche Register zum Gegenstand haben, die Gerichte des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Register geführt werden;

4. für Klagen, welche die Eintragung oder die Gültigkeit von Patenten, Warenzeichen, Mustern und Modellen sowie ähnlicher Rechte, die einer Hinterlegung oder Registrierung bedürfen, zum Gegenstand haben, die Gerichte des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Hinterlegung oder Registrierung beantragt oder vorgenommen worden ist oder auf Grund eines zwischenstaatlichen Übereinkommens als vorgenommen gilt;

5. für Verfahren, welche die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen zum Gegenstand haben, die Gerichte des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet die soll oder durchgeführt worden ist.

6. Abschnitt

Vereinbarung über die Zuständigkeit

Artikel 17

Haben die Parteien, von denen mindestens eine ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, durch eine schriftliche oder durch eine mündliche, schriftlich bestätigte Vereinbarung bestimmt, daß ein Gericht oder die Gerichte eines Vertragsstaats über eine bereits entstandene Rechtsstreitigkeit oder über eine künftige, aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit entscheiden sollen, so sind dieses Gericht oder die Gerichte dieses Staates ausschließlich zuständig.

Gerichtsstandsvereinbarungen haben keine rechtliche Wirkung, wenn sie den Vorschriften der Artikel 12 oder 15 zuwiderlaufen oder wenn die Gerichte, deren Zuständigkeit abbedungen wird, auf Grund des Artikels 16 ausschließlich zuständig sind.

Ist die Gerichtsstandsvereinbarung nur zugunsten einer der Parteien getroffen worden, so behält diese das Recht, jedes andere Gericht anzurufen, das auf Grund dieses Übereinkommens zuständig ist.

Artikel 18

Sofern das Gericht eines Vertragsstaats nicht bereits nach anderen Vorschriften dieses Übereinkommens zuständig ist, wird es zuständig, wenn sich der Beklagte vor ihm auf das Verfahren einläßt. Dies gilt nicht, wenn der Beklagte sich nur einläßt, um den Mangel der Zuständigkeit geltend zu machen, oder wenn ein anderes Gericht auf Grund des Artikels 16 ausschließlich zuständig ist.

7. Abschnitt

Prüfung der Zuständigkeit und der Zulässigkeit des Verfahrens

Artikel 19

Das Gericht eines Vertragsstaats hat sich von Amts wegen für unzuständig zu erklären, wenn es wegen einer Streitigkeit angerufen wird, für die das Gericht eines anderen Vertragsstaats auf Grund des Artikels 16 ausschließlich zuständig ist.

Artikel 20

Läßt sich der Beklagte, der seinen Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat und der vor den Gerichten eines anderen Vertragsstaats verklagt wird, auf das Verfahren nicht ein, so hat sich das Gericht von Amts wegen für unzuständig zu erklären, wenn seine Zuständigkeit nicht auf Grund der Bestimmungen dieses Übereinkommens begründet ist.

Das Gericht hat die Entscheidung so lange auszusetzen, bis festgestellt ist, daß es dem Beklagten möglich war, das den Rechtsstreit einleitende Schriftstück so konnte, oder daß alle hierzu erforderlichen Maßnahmen getroffen worden sind.

An die Stelle des vorstehenden Absatzes tritt Artikel 15 des Haager Übereinkommens vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland für Zivil- und Handelssachen, wenn das den Rechtsstreit einleitende Schriftstück gemäß dem erwähnten Übereinkommen zu übermitteln war.

8. Abschnitt

Rechtsanhängigkeit und im Zusammenhang stehende Verfahren

Artikel 21

Werden bei Gerichten verschiedener Vertragsstaaten Klagen wegen desselben Anspruchs zwischen denselben Parteien anhängig gemacht, so hat sich das später angerufene Gericht von Amts wegen zugunsten des zuerst angerufenen Gerichts für unzuständig zu erklären.

Das Gericht, das sich für unzuständig zu erklären hätte, kann die Entscheidung aussetzen, wenn der Mangel der Zuständigkeit des anderen Gerichts geltend gemacht wird.

Artikel 22

Werden bei Gerichten verschiedener Vertragsstaaten Klagen, die im Zusammenhang stehen, erhoben, so kann das später angerufene Gericht die Entscheidung aussetzen, solange beide Klagen im ersten Rechtszug anhängig sind.

Das später angerufene Gericht kann sich auf Antrag einer Partei auch für unzuständig erklären, wenn die Verbindung im Zusammenhang stehender Verfahren nach seinem Recht zulässig ist und das zuerst angerufene Gericht für beide Klagen zuständig ist.

Klagen stehen im Sinne dieses Artikels im Zusammenhang, wenn zwischen ihnen eine so enge Beziehung gegeben ist, daß eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheint, um zu vermeiden, daß in getrennten Verfahren widersprechende Entscheidungen ergehen könnten.

Artikel 23

Ist für die Klagen die ausschließliche Zuständigkeit mehrerer Gerichte gegeben, so hat sich das zuletzt angerufene Gericht zugunsten des zuerst angerufenen Gerichts für unzuständig zu erklären.

9. Abschnitt

Einstweilige Maßnahmen einschließlich solcher, die auf eine Sicherung gerichtet sind

Artikel 24

Die in dem Recht eines Vertragsstaats vorgesehenen einstweiligen Maßnahmen einschließlich solcher, die auf eine Sicherung gerichtet sind, können bei den Gerichten dieses Staates auch dann beantragt werden, wenn für die Entscheidung in der Hauptsache das Gericht eines anderen Vertragsstaats auf Grund dieses Übereinkommens zuständig ist.

TITEL III

ANERKENNUNG UND VOLLSTRECKUNG

Artikel 25

Unter "Entscheidung" im Sinne dieses Übereinkommens ist jede von einem Gericht eines Vertragsstaats erlassene Entscheidung zu verstehen ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung wie Urteil, Beschluß oder Vollstreckungsbefehl, einschließlich des Kostenfestsetzungsbeschlusses eines Urkundsbeamten.

1. Abschnitt

Anerkennung

Artikel 26

Die in einem Vertragsstaat ergangenen Entscheidungen werden in den anderen Vertragsstaaten anerkannt, ohne daß es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf.

Bildet die Frage, ob eine Entscheidung anzuerkennen ist, als solche den Gegenstand eines Streits, so kann jede Partei, welche die Anerkennung geltend macht, in dem Verfahren nach dem 2. und 3. Abschnitt dieses Titels die Feststellung beantragen, daß die Entscheidung anzuerkennen ist.

Wird die Anerkennung in einem Rechtsstreit vor dem Gericht eines Vertragsstaats, dessen Entscheidung von der Anerkennung abhängt, verlangt, so kann dieses Gericht über die Anerkennung entscheiden.

Artikel 27

Eine Entscheidung wird nicht anerkannt:

1. wenn die Anerkennung der öffentlichen Ordnung des Staates, in dem sie geltend gemacht wird, widersprechen würde;

2. wenn dem Beklagten der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, das dieses Verfahren einleitende Schriftstück nicht ordnungsmäßig und nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, daß er sich verteidigen konnte;

3. wenn die Entscheidung mit einer Entscheidung unvereinbar ist, die zwischen denselben Parteien in dem Staat, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, ergangen ist;

4. wenn das Gericht des Urteilsstaats bei seiner Entscheidung hinsichtlich einer Vorfrage, die den Personenstand, die Rechts- und Handlungsfähigkeit sowie die gesetzliche Vertretung einer natürlichen Person, die ehelichen Güterstände, das Gebiet des Erbrechts einschließlich des Testamentsrechts betrifft, sich in Widerspruch zu einer Vorschrift des internationalen Privatrechts des Staates, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, gesetzt hat, es sei denn, daß die Entscheidung nicht zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, wenn die Vorschriften des internationalen Privatrechts dieses Satates angewandt worden wären.

Artikel 28

Eine Entscheidung wird ferner nicht anerkannt, wenn die Vorschriften des 3., 4. und 5. Abschnitts desTitels II verletzt worden sind oder wenn ein Fall des Artikels 59 vorliegt.

Das Gericht oder die Behörde des Staates, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, ist bei der Prüfung, ob eine der im vorstehenden Absatz angeführten Zuständigkeiten gegeben ist, an die tatsächlichen Feststellungen gebunden, auf Grund deren das Gericht des Urteilsstaats seine Zuständigkeit angenommen hat.

Zuständigkeit der Gerichte des Urteilsstaats darf, unbeschadet der Bestimmungen des ersten Absatzes, nicht nachgeprüft werden ; die Vorschriften über die Zuständigkeit gehören nicht zur öffentlichen Ordnung im Sinne des Artikels 27 Nr. 1.

Artikel 29

Die ausländische Entscheidung darf keinesfalls auf ihre Gesetzmäßigkeit nachgeprüft werden.

Artikel 30

Das Gericht eines Vertragsstaats, in dem die Anerkennung einer in einem anderen Vertragsstaat ergangenen Entscheidung geltend gemacht wird, kann das Verfahren aussetzen, wenn gegen die Entscheidung ein ordentlicher Rechtsbehelf eingelegt worden ist.

2. Abschnitt

Vollstreckung

Artikel 31

Die in einem Vertragsstaat ergangenen Entscheidungen, die in diesem Staat vollstreckbar sind, werden in einem anderen Vertragsstaat vollstreckt, wenn sie dort auf Antrag eines Berechtigten mit der Vollstrekkungsklausel versehen worden sind.

Artikel 32

Der Antrag ist zu richten:

- in Belgien an das Gericht erster Instanz (tribunal de première instance);

- in der Bundesrepublik Deutschland an den Vorsitzenden einer Kammer des Landgerichts;

- in Frankreich an den Präsidenten des Kollegialgerichts erster Instanz (président de tribunal de grande instance);

- in Italien an den Berufungsgerichtshof (corte d'appello);

- in Luxemburg an den Präsidenten des Bezirksgerichts (président du tribunal d'arrondissement);

- in den Niederlanden an den Präsidenten des Bezirksgerichts (voorzitter van de arrondissementsrechtsbank).

Die örtliche Zuständigkeit wird durch den Wohnsitz des Schuldners bestimmt. Hat dieser keinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet des Vollstreckungsstaats, so ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll.

Artikel 33

Für die Stellung des Antrags ist das Recht des Vollstreckungsstaats maßgebend.

Der Antragsteller hat im Bezirk des angerufenen Gerichts ein Wahldomizil zu begründen. Ist das Wahldomizil im Recht des Vollstreckungsstaats nicht vorgesehen, so hat der Antragsteller einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen.

Dem Antrag sind die in den Artikeln 46 und 47 angeführten Urkunden beizufügen.

Artikel 34

Das mit dem Antrag befaßte Gericht erläßt seine Entscheidung unverzüglich, ohne daß der Schuldner in diesem Abschnitt des Verfahrens Gelegenheit erhält, eine Erklärung abzugeben.

Der Antrag kann nur aus einem der in Artikel 27 und 28 angeführten Gründe abgelehnt werden.

Die ausländische Entscheidung darf keinesfalls auf ihre Gesetzmäßigkeit nachgeprüft werden.

Artikel 35

Die Entscheidung, die über den Antrag ergangen ist, teilt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle dem Antragsteller unverzüglich in der Form mit, die das Recht des Vollstreckungsstaats vorsieht.

Artikel 36

Wird die Zwangsvollstreckung zugelassen, so kann der Schuldner gegen die Entscheidung innerhalb eines Monats nach ihrer Zustellung einen Rechtsbehelf einlegen.

Hat der Schuldner seinen Wohnsitz in einem anderen Vertragsstaat als dem, in dem die Entscheidung über die Zulassung der Zwangsvollstreckung ergangen ist, so beträgt die Frist für den Rechtsbefehl zwei Monate und beginnt von dem Tag an zu laufen, an dem die Entscheidung dem Schuldner entweder in Person oder in seiner Wohnung zugestellt worden ist. Eine Verlängerung dieser Frist wegen weiter Entfernung ist ausgeschlossen.

Artikel 37

Der Rechtsbehelf wird nach den Vorschriften, die für as streitige Verfahren maßgebend sind, eingelegt:

- in Belgien bei dem Gericht erster Instanz (tribunal e première instance);

- in der Bundesrepublik Deutschland bei dem berlandesgericht;

- in Frankreich bei dem Berufungsgerichtshof (cour d'appel);

- in Italien bei dem Berufungsgerichtshof (corte d'appello);

- in Luxemburg bei dem Obergerichtshof als Berufungsinstanz für Zivilsachen (cour supérieure de justice siégeant en matière d'appel civil);

- in den Niederlanden bei dem Bezirksgericht (arrondissementsrechtbank).

Gegen die Entscheidung, die über den Rechtsbehelf ergangen ist, findet nur die Kassationsbeschwerde und in der Bundesrepublik Deutschland nur die Rechtsbeschwerde statt.

Artikel 38

Das mit dem Rechtsbehelf befaßte Gericht kann auf Antrag der Partei, die ihn eingelegt hat, seine Entscheidung aussetzen, wenn gegen die Entscheidung im Urteilsstaat ein ordentlicher Rechtsbehelf eingelegt oder die Frist für einen solchen Rechtsbehelf noch nicht verstrichen ist ; in letzerem Fall kann das Gericht eine Frist bestimmen, innerhalb deren der Rechtsbehelf einzulegen ist.

Das Gericht kann auch die Zwangsvollstreckung von der Leistung einer Sicherheit, die es bestimmt, abhängig machen.

Artikel 39

Solange die in Artikel 36 vorgesehene Frist für den Rechtsbehelf läuft und solange über den Rechtsbehelf nicht entschieden ist, darf die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nicht über Maßregeln zur Sicherung hinausgehen.

Die Entscheidung, durch welche die Zwangsvollstreckung zugelassen wird, gibt die Befugnis, solche Maßregeln zu betreiben.

Artikel 40

Wird der Antrag abgelehnt, so kann der Antragsteller einen Rechtsbehelf einlegen:

- in Belgien bei dem Berufungsgerichtshof (cour d'appel);

- in der Bundesrepublik Deutschland bei dem Oberlandesgericht;

- in Frankreich bei dem Berufungsgerichtshof (cour d'appel);

- in Italien bei dem Berufungsgerichtshof (corte d'appello);

- in Luxemburg bei dem Obergerichtshof als Berufungsinstanz für Zivilsachen (cour supérieure de justice siégeant en matière d'appel civil);

- in den Niederlanden bei dem Berufungsgerichtshof (gerechtshof).

Das mit dem Rechtsbehelf befaßte Gericht hat den Schuldner zu hören. Läßt dieser sich auf das Verfahren nicht ein, so ist Artikel 20 Absätze 2 und 3 auch dann anzuwenden, wenn der Schuldner seinen Wohnsitz nicht in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat.

Artikel 41

Gegen die Entscheidung, die über den in Artikel 40 vorgesehenen Rechtbehelf ergangen ist, findet nur die Kassationsbeschwerde und in der Bundesrepublik Deutschland nur die Rechtsbeschwerde statt.

Artikel 42

Ist durch die ausländische Entscheidung über mehrere mit der Klage geltend gemachte Ansprüche erkannt und kann die Entscheidung nicht im vollen Umfang zur Zwangsvollstreckung zugelassen werden, so läßt das Gericht sie für einen oder mehrere dieser Ansprüche zu.

Der Antragsteller kann beantragen, daß die Zwangsvollstreckung nur für einen Teil des Gegenstands der Verurteilung zugelassen wird.

Artikel 43

Ausländische Entscheidungen, die auf Zahlung eines Zwangsgelds lauten, sind in dem Vollstreckungsstaat nur vollstreckbar, wenn die Höhe des Zwangsgelds durch die Gerichte des Urteilstaats endgültig festgesetzt ist.

Artikel 44

Ist dem Antragsteller in dem Staat, in dem die Entscheidung ergangen ist, das Armenrecht bewilligt worden, so genießt er das Armenrecht ohne weiteres auch in dem Verfahren nach den Artikeln 32 bis 35.

Artikel 45

Der Partei, die in einem Vertragsstaat eine in einem anderen Vertragsstaat ergangene Entscheidung vollstrecken will, darf wegen ihrer Eigenschaft als Ausländer oder wegen Fehlens eines inländischen Wohnsitzes oder Aufenthalts eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung, unter welcher Bezeichnung es auch sei, nicht auferlegt werden.

3. Abschnitt

Gemeinsame Vorschriften

Artikel 46

Die Partei, welche die Anerkennung einer Entscheidung geltend macht oder die Zwangsvollstreckung betreiben will, hat vorzulegen:

1. eine Ausfertigung der Entscheidung, welche die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfuellt;

2. bei einer im Versäumnisverfahren ergangenen Entscheidung die Urschrift oder eine beglaubigte Abschrift der Urkunde, aus der sich ergibt, daß das den Rechtsstreit einleitende Schriftstück der säumigen Partei zugestellt worden ist.

Artikel 47

Die Partei, welche die Zwangsvollstreckung betreiben will, hat ferner vorzulegen:

1. die Urkunden, aus denen sich ergibt, daß die Entscheidung nach dem Recht des Urteilsstaats vollstreckbar ist und daß sie zugestellt worden ist;

2. gegebenenfalls eine Urkunde, durch die nachgewiesen wird, daß der Antragsteller das Armenrecht im Urteilsstaat genießt.

Artikel 48

Werden die in Artikel 46 Nr. 2 und in Artikel 47 Nr. 2 angeführten Urkunden nicht vorgelegt, so kann das Gericht eine Frist bestimmen, innerhalb deren die Urkunden vorzulegen sind, oder sich mit gleichwertigen Urkunden begnügen oder von der Vorlage der Urkunden befreien, wenn es eine weitere Klärung nicht für erforderlich hält.

Auf Verlangen des Gerichts ist eine Übersetzung der Urkunden vorzulegen ; die Übersetzung ist von einer hierzu in einem der Vertragsstaaten befugten Person zu beglaubigen.

Artikel 49

Die in den Artikels 46, 47 und in Artikel 48 Absatz 2 angeführten Urkunden sowie die Urkunde über die Prozeßvollmacht, falls eine solche erteilt wird, bedürfen weder der Legislation noch einer ähnlichen Förmlichkeit.

TITEL IV

ÖFFENTLICHE URKUNDEN UND PROZESSVERGLEICHE

Artikel 50

Öffentliche Urkunden, die in einem Vertragsstaat aufgenommen und vollstreckbar sind, werden in einem anderen Vertragsstaat auf Antrag in den Verfahren auch den Artikeln 31 ff. mit der Vollstreckungsklausel versehen. Der Antrag kann nur abgelehnt werden, wenn die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde der öffentlichen Ordnung des Vollstreckungsstaats widersprechen würde.

Die vorgelegte Urkunde muß die Voraussetzungen für ihre Beweiskraft erfuellen, die in dem Staat, in dem sie aufgenommen wurde, erforderlich sind.

Die Vorschriften des 3. Abschnitts des Titels III sind sinngemäß anzuwenden.

Artikel 51

Vergleiche, die vor einem Richter im Laufe eines Verfahrens abgeschlossen und in dem Staat, in dem sie errichtet wurden, vollstreckbar sind, werden in dem Vollstreckungsstaat unter denselben Bedingungen wie öffentliche Urkunden vollstreckt.

TITEL V

ALLGEMEINE VORSCHRIFTEN

Artikel 52

Ist zu entscheiden, ob eine Partei im Hoheitsgebiet des Vertragsstaats, dessen Gerichte angerufen sind, einen Wohnsitz hat, so wendet das Gericht sein Recht an.

Hat eine Partei keinen Wohnsitz in dem Staat, dessen Gerichte angerufen sind, so wendet das Gericht, wenn es zu entscheiden hat, ob die Partei einen Wohnsitz in einem anderen Vertragsstaat hat, das Recht dieses Staates an.

Der Wohnsitz einer Partei ist jedoch nach dem Recht des Staates, dem sie angehört, zu beurteilen, wenn nach diesem Recht ihr Wohnsitz vom Wohnsitz einer anderen Person oder vom Sitz einer Behörde abhängt.

Artikel 53

Der Sitz von Gesellschaften und juristischen Personen steht für die Anwendung dieses Übereinkommens dem Wohnsitz gleich. Jedoch hat das Gericht bei der Entscheidung darüber, wo der Sitz sich befindet, die Vorschriften seines internationalen Privatrechts anzuwenden.

TITEL VI

ÜBERGANGSVORSCHRIFTEN

Artikel 54

Die Vorschriften dieses Übereinkommens sind nur auf solche Klagen und öffentlichen Urkunden anzuwenden, die nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens erhoben oder aufgenommen worden sind.

Nach dem Inkrafttreten dieses Übereinkommens ergangene Entscheidungen werden, auch wenn sie auf Grund einer vor dem Inkrafttreten erhobenen Klage erlassen sind, nach Maßgabe des Titels III anerkannt und zur Zwangsvollstreckung zugelassen, vorausgesetzt, daß das Gericht auf Grund von Vorschriften zuständig war, die mit den Zuständigkeitsvorschriften des Titels II oder eines Abkommens übereinstimmen, das im Zeitpunkt der Klageerhebung zwischen dem Urteilsstaat und dem Staat, in dem die Entscheidung geltend gemacht wird, in Kraft war.

TITEL VII

VERHÄLTNIS ZU ANDEREN ABKOMMEN

Artikel 55

Dieses Übereinkommen ersetzt unbeschadet der Vorschriften des Artikels 54 Absatz 2 und des Artikels 56 die nachstehenden zwischen zwei oder mehreren Vertragsstaaten geschlossenen Abkommen:

- das am 8. Juli 1899 in Paris unterzeichnete belgisch-französische Abkommen über die gerichtliche Zuständigkeit, die Anerkennung und die Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen,Schiedssprüchen und öffentlichen Urkunden;

- das am 28. März 1925 in Brüssel unterzeichnete, belgisch-niederländische Abkommen über die Zuständigkeit der Gerichte, den Konkurs sowie die Anerkennung und die Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Schiedssprüchen und öffentlichen Urkunden;

- das am 3. Juni 1930 in Rom unterzeichnete französisch-italienische Abkommen über die Vollstreckung gerichtlicher Urteile in Zivil- und Handelssachen;

- das am 9. März 1936 in Rom unterzeichnete deutsch-italienische Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen;

- das am 30. Juni 1958 in Bonn unterzeichnete deutsch-belgische Abkommen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Schiedssprüchen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen;

- das am 17. April 1959 in Rom unterzeichnete niederländisch-italienische Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicherEntscheidungen in Zivil- und Handelssachen;

- das am 6. April 1962 in Rom unterzeichnete belgisch-italienische Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und anderen vollstreckbaren Titeln in Zivil- und Handelssachen;

- den am 30. August 1962 in Den Haag unterzeichneten deutsch-niederländischen Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen; und, sofern er in Kraft getreten ist.

- den am 24. November 1961 in Brüssel unterzeichneten belgisch-niederländisch-luxemburgischen Vertrag über die gerichtliche Zuständigkeit, den Konkurs, die Anerkennung und die Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Schiedssprüchen und öffentlichen Urkunden

Artikel 56

Die in Artikel 55 angeführten Abkommen und Verträge behalten ihre Wirksamkeit für die Rechtsgebiete, auf die dieses Übereinkommen nicht anzuwenden ist.

Sie bleiben auch weiterhin für die Entscheidungen und die Urkunden wirksam, die vor Inkrafttreten dieses Übereinkommens ergangen oder aufgenommen sind.

Artikel 57

Dieses Übereinkommen läßt Übereinkommen unberührt, denen die Vertragsstaaten angehören oder angehören werden und die für besondere Rechtsgebiete die gerichtliche Zuständigkeit, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen regeln.

Artikel 58

Dieses Übereinkommen berührt die Rechte nicht, die schweizerischen Staatsangehörigen auf Grund des Abkommens vom 15. Juni 1869 zwischen Frankreichund der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung von Urteilen in Zivilsachen zustehen.

Artikel 59

Dieses Übereinkommen hindert einen Vertragsstaat nicht, sich gegenüber einem dritten Staat im Rahmen eines Abkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen zu verpflichten, Entscheidungen der Gerichte eines anderen Vertragsstaats gegen Beklagte, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in dem Hoheitsgebiet des dritten Staates haben, nicht anzuerkennen, wenn die Entscheidungen in den Fällen des Artikels 4 nur in einem der in Artikel 3 Absatz 2 angeführten Gerichtsstände ergehen können.

TITEL VIII

SCHLUSSVORSCHRIFTEN

Artikel 60

Dieses Übereinkommen gilt für das europäische Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten, für die französischen überseeischen Departements und für die französischen überseeischen Gebiete.

Das Königreich der Niederlande kann bei der Unterzeichnung oder der Ratifizierung dieses Übereinkommens oder zu jedem späteren Zeitpunkt durch Notifikation an den Generalsekretär des Rates der Europäischen Gemeinschaften erklären, daß dieses Übereinkomme n für Surinam und die Niederländischen Antillen gilt. Wird eine solche Erklärung für die Niederländischen Antillen nicht abgegeben, so gelten Verfahren, die in dem europäischen Hoheitsgebiet des Königreichs auf Grund einer Kassationsbeschwerde gegen Entscheidungen von Gerichten der Niederländischen Antillen anhängig sind, als vor diesen Gerichten anhängig.

Artikel 61

Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifizierung durch die Unterzeichnerstaaten. Die Ratifikationsurkunden werden beim Generalsekretär des Rates der Europäischen Gemeinschaften hinterlegt.

Artikel 62

Dieses Übereinkommen tritt am ersten Tag des dritten Monats in Kraft, der auf die Hinterlegung der Ratifikationsurkunde durch denjenigen Unterzeichnerstaat folgt, der diese Förmlichkeit als letzter vornimmt.

Artikel 63

Die Vertragsstaaten bekräftigen, daß jeder Staat, der Mitglied der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft wird, verpflichtet ist, sein Einverständnis damit zu erklären, daß dieses Übereinkommen den Verhandlungen zwischen den Vertragsstaaten und diesem Staate zugrunde gelegt wird, die erforderlich werden, um die Ausführung des Artikels 220 letzter Absatzdes Vertrages zur Gründung der Europäischen irtschaftsg emeinschaft sicherzustellen.

Die erforderlichen Anpassungen können Gegenstand ines besonderen Übereinkommens zwischen den ertragsstaaten einerseits und diesem Staat andererseits ein.

Artikel 64

Der Generalsekretär des Rates der Europäischen emeinschaften notifiziert den Unterzeichnerstaaten:

a) die Hinterlegung jeder Ratifikationsurkunde;

b) den Tag, an dem dieses Übereinkommen in Kraft tritt;

c) die gemäß Artikel 60 Absatz 2 eingegangenen Erklärungen;

d) die gemäß Artikel IV des Protokolls eingegangenen Erklärungen;

e) die Mitteilungen gemäß Artikel VI des Protokolls.

Artikel 65

Das diesem Übereinkommen im gegenseitigen Einvernehmen der Vertragsstaaten beigefügte Protokoll ist Bestandteil dieses Übereinkommens.

Artikel 66

Dieses Übereinkommen gilt auf unbegrenzte Zeit.

Artikel 67

Jeder Vertragsstaat kann eine Revision dieses Übereinkommens beantragen. In diesem Fall beruft der Präsident des Rates der Europäischen Gemeinschaften eine Revisionskonferenz ein.

Artikel 68

Dieses Übereinkommen ist in einer Urschrift in deutscher, französischer, italienischer und niederländischer Sprache abgefaßt, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist ; es wird im Archiv des Sekretariats des Rates der Europäischen Gemeinschaften hinterlegt ; der Generalsekretär übermittelt der Regierung jedes Unterzeichnerstaats eine beglaubigte Abschrift.

Zu Urkund dessen haben die unterzeichneten Bevollmächtigten ihre Unterschrift unter dieses Übereinkommen gesetzt.

En foi de quoi les plénipotentiaires soussignés ont apposé leur signature au bas de la présente Convention.

In fede di che i plenipotenziari sottoscritti hanno apposto le loro firme in calce alla presente Convenzione.

Ten blijke waarvan de onderscheiden gevolmachtigden hun handtekening onder dit Verdrag hebben gesteld.

Geschehen zu Brüssel am siebenundzwanzigsten September neunzehnhundertachtundsechzig.

Fait à Bruxelles, le vingt-sept septembre mil neuf cent soixante-huit.

Fatto a Bruxelles, addì ventisette settembre millenovecentosessantotto.

Gedaan te Brussel, op zevenentwintig september negentienhonderd achtenzestig.

Pour Sa Majesté le Roi des Belges,

Voor Zijne Majesteit de Koning der Belgen,

Pierre Harmel

Für den Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland,

Willy Brandt

Pour le Président de la République française,

Michel Debré

Per il Presidente della Republica italiana,

Giuseppe Medici

Pour Son Altesse Royale le Grand-Duc de Luxembourg,

Pierre Grégoire

Voor Hare Majesteit de Koningin der Nederlanden,

J.M.A.H. Luns

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