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Document 62023CN0200

Rechtssache C-200/23, Agentsia po vpisvaniyata: Vorabentscheidungsersuchen des Varhoven administrativen sad (Bulgarien), eingereicht am 28. März 2023 — Agentsia po vpisvaniyata/OL

ABl. C 223 vom 26.6.2023, p. 15–16 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

26.6.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 223/15


Vorabentscheidungsersuchen des Varhoven administrativen sad (Bulgarien), eingereicht am 28. März 2023 — Agentsia po vpisvaniyata/OL

(Rechtssache C-200/23, Agentsia po vpisvaniyata)

(2023/C 223/20)

Verfahrenssprache: Bulgarisch

Vorlegendes Gericht

Varhoven administrativen sad

Parteien des Ausgangsverfahrens

Kassationsbeschwerdeführerin: Agentsia po vpisvaniyata

Kassationsbeschwerdegegnerin: OL

Vorlagefragen

1.

Kann Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/101/EG (1) dahin ausgelegt werden, dass er eine Verpflichtung des Mitgliedstaats aufstellt, die Offenlegung eines Gesellschaftsvertrags, der gemäß Art. 119 des Targovski zakon (Handelsgesetz) der Eintragung unterliegt, zuzulassen, wenn dieser neben den Namen der Gesellschafter, die gemäß Art. 2 Abs. 2 des Zakon za targovskia registar i registara na yuriditcheskite litsa s nestopanska tsel (Gesetz über das Handelsregister und das Register der juristischen Personen ohne Erwerbszweck) der obligatorischen Bekanntmachung unterliegen, auch weitere personenbezogene Daten enthält? Bei der Beantwortung dieser Frage ist zu beachten, dass die Agentur für Eintragungen eine Einrichtung des öffentlichen Sektors ist, der gegenüber nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die Vorschriften der Richtlinie, die unmittelbare Wirkung entfalten, geltend gemacht werden können (Urteil vom 7. September 2006, Vassallo, С-180/04, ECLI:EU:C:2006:518, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

2.

Kann — falls die erste Frage bejaht wird — angenommen werden, dass unter den Umständen, die den Rechtsstreit des Ausgangsverfahrens ausgelöst haben, die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Agentur für Eintragungen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung (EU) 2016/679 (2) für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde?

3.

Kann — falls die ersten beiden Fragen bejaht werden — eine nationalen Regelung wie der in Art. 13 Abs. 9 des Zakon za targovskia registar i registara na yuriditcheskite litsa s nestopanska tsel (Gesetz über das Handelsregister und das Register der juristischen Personen ohne Erwerbszweck), nach der für den Fall, dass in einem Antrag oder in den Unterlagen zu diesem Antrag personenbezogene, nicht gesetzlich geforderte Daten angegeben sind, davon auszugehen ist, dass die Personen, die sie zur Verfügung gestellt haben, in die Verarbeitung dieser Daten durch die Agentur und in die Bereitstellung eines öffentlichen Zugangs zu ihnen eingewilligt haben, ungeachtet der Erwägungsgründe 32, 40, 42, 43 und 50 der Verordnung 2016/679 als Klarstellung in Bezug auf die Möglichkeit einer im Sinne des Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/101/EG „freiwilligen Offenlegung“ auch personenbezogener Daten als zulässig angesehen werden?

4.

Sind zur Umsetzung der Verpflichtung aus Art. 3 Abs. 7 der Richtlinie 2009/101/EG, wonach die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen müssen, um zu verhindern, dass der Inhalt der nach Abs. 5 offen gelegten Informationen und der Inhalt des Registers oder der Akte voneinander abweichen und um die Interessen Dritter zu berücksichtigen, sich über die wesentlichen Urkunden der Gesellschaft sowie einige sie betreffende Angaben, die im dritten Erwägungsgrund dieser Richtlinie genannt werden, zu unterrichten, nationale Rechtsvorschriften zulässig, die eine Verfahrensregelung (Antragsformblätter, Einreichung von Kopien von Unterlagen, in denen personenbezogene Daten unkenntlich gemacht wurden) für die Ausübung des Rechts der natürlichen Person gemäß Art. 17 der Verordnung 2016/679, von dem Verantwortlichen zu verlangen, dass sie betreffende personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht werden, vorsehen, wenn die personenbezogenen Daten, deren Löschung verlangt wird, Teil von öffentlich offen gelegten (bekannt gemachten) Unterlagen sind, die dem Verantwortlichen nach einer ähnlichen Verfahrensregelung von einer anderen Person zur Verfügung gestellt wurden, die mit dieser Handlung auch den Zweck der von ihr veranlassten Verarbeitung bestimmt hat?

5.

Handelt die Agentur für Eintragungen in der dem Ausgangsrechtsstreit zugrunde liegenden Situation nur als Verantwortlicher in Bezug auf die personenbezogenen Daten oder ist sie auch deren Empfänger, wenn die Zwecke ihrer Verarbeitung als Teil der Unterlagen, die zur Bekanntmachung vorgelegt wurden, von einem anderen Verantwortlichen bestimmt wurden?

6.

Stellt die eigenhändige Unterschrift einer natürlichen Person eine Information dar, die sich auf eine identifizierte natürliche Person bezieht, bzw. wird sie vom Begriff „personenbezogene Daten“ im Sinne von Art. 4 Nr. 1 der Verordnung 2016/679 erfasst?

7.

Ist der Begriff „immaterieller Schaden“ in Art. 82 Abs. 1 der Verordnung 2016/679 dahin auszulegen, dass die Annahme eines immateriellen Schadens einen spürbaren Nachteil und eine objektiv nachvollziehbare Beeinträchtigung persönlicher Belange erfordert oder genügt hierfür der bloße kurzfristige Verlust des Betroffenen über die Hoheit seiner Daten wegen der Veröffentlichung personenbezogener Daten im Handelsregister, der ohne jedwede spürbare bzw. nachteilige Konsequenzen für den Betroffenen blieb?

8.

Kann die gemäß Art. 58 Abs. 3 Buchst. b der Verordnung 2016/679 erlassene Stellungnahme der nationalen Aufsichtsbehörde, der Komisia za zashtita na lichnite danni (Kommission für den Schutz personenbezogener Daten), Nr. 01-116(20)/01.02.2021, wonach die Agentur für Eintragungen keine rechtliche Möglichkeit oder Befugnis hat, von Amts wegen oder auf Antrag der betroffenen Person, die Verarbeitung von bereits offen gelegten Daten einzuschränken, zulässigerweise als Nachweis im Sinne von Art. 82 Abs. 3 der Verordnung 2016/679 dafür gelten, dass die Agentur für Eintragungen in keinerlei Hinsicht für den Umstand verantwortlich ist, durch den der Schaden bei der natürlichen Person eingetreten ist?


(1)  Richtlinie 2009/101/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaatenden Gesellschaften im Sinne des Artikels 48 Absatz 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (ABl. 2009, L 258, S. 11).

(2)  Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (ABl. 2016, L 119, S. 1).


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