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Document 52011IP0141

Europäische Auslandsinvestitionspolitik Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zur künftigen europäischen Auslandsinvestitionspolitik (2010/2203(INI))

ABl. C 296E vom 2.10.2012, p. 34–40 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/34


Mittwoch, 6. April 2011
Europäische Auslandsinvestitionspolitik

P7_TA(2011)0141

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zur künftigen europäischen Auslandsinvestitionspolitik (2010/2203(INI))

2012/C 296 E/05

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen vom 7. Juli 2010 mit dem Titel „Auf dem Weg zu einer umfassenden europäischen Auslandsinvestitionspolitik“ (KOM(2010)0343) sowie des Vorschlags der Kommission vom 7. Juli 2010 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung einer Übergangsregelung für bilaterale Investitionsabkommen zwischen den Mitgliedstaaten und Drittländern (KOM(2010)0344),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 3. März 2010 mit dem Titel „Europa 2020 – Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ (KOM(2010)2020) sowie der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen vom 9. November 2010 mit dem Titel „Handel, Wachstum und Weltgeschehen – Handelspolitik als Kernbestandteil der EU-Strategie Europa 2020“ (KOM(2010)0612),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 25. Oktober 2010 zu einer umfassenden europäischen Auslandsinvestitionspolitik,

unter Hinweis auf die aktualisierten „OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen“,

unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Verstößen der Mitgliedstaaten gegen ihre Verpflichtungen, insbesondere das Urteil vom 3. März 2009 in der Rechtssache Kommission gegen Österreich (C-205/06), das Urteil vom 3. März 2009 in der Rechtssache Kommission gegen Schweden (C-249/06) und das Urteil vom 19. November 2009 in der Rechtssache Kommission gegen Finnland (C-118/07),

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für internationalen Handel sowie der Stellungnahmen des Entwicklungsausschusses und des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (A7-0070/2011),

A.

in der Erwägung, dass nach dem Vertrag von Lissabon ausländische Direktinvestitionen (ADI) in den ausschließlichen Zuständigkeitsbereich der Union fallen, wie in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe e und in den Artikeln 206 und 207 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) festgelegt ist,

B.

in der Erwägung, dass seit 1959 von den Mitgliedstaaten mehr als 1 200 bilaterale Investitionsabkommen (BIT) auf bilateraler Ebene und insgesamt fast 3 000 BIT geschlossen wurden,

C.

in der Erwägung, dass es allgemein anerkannt ist, dass ausländische Investitionen die Wettbewerbsfähigkeit der Zielländer verbessern können, es im Fall von Auslandsinvestitionen aber erforderlich sein könnte, unqualifizierte Arbeitskräfte bei der Anpassung zu unterstützen, und in der Erwägung, dass jede Regierung dafür verantwortlich ist, die positiven Auswirkungen von Investitionen zu fördern und schädliche Folgen zu verhindern,

D.

in der Erwägung, dass in den Artikeln 206 und 207 AEUV ADI nicht definiert werden, der Gerichtshof der Europäischen Union (1) jedoch seine Auslegung des Begriffs ADI anhand dreier Kriterien präzisiert hat: als ADI sollten langfristige Investitionen betrachtet werden, die mindestens 10 % des Eigenkapitals/der Anteile des verbundenen Unternehmens ausmachen und dem Investor die unternehmerische Kontrolle über den Geschäftsbetrieb des verbundenen Unternehmens verschaffen, in der Erwägung, dass diese Definition mit jenen des IWF und der OECD übereinstimmt und ADI sich insbesondere von Portfolio-Investitionen und Rechten des geistigen Eigentums unterscheiden, sowie in der Erwägung, dass eine klare Unterscheidung zwischen ADI und Portfolioinvestitionen schwierig ist und eine starre rechtliche Definition schwer auf die Investitionspraxis der realen Welt anzuwenden sein wird,

E.

in der Erwägung, dass einige Mitgliedstaaten den Begriff „ausländischer Investor“ sehr weit fassen, wobei eine Postanschrift für die Feststellung der Nationalität eines Unternehmens als ausreichend betrachtet wird, in der Erwägung, dass einige Unternehmen daher unter Ausnutzung eines von einem Drittstaat unterzeichneten BIT Klage gegen ihr eigenes Land erheben konnten, sowie in der Erwägung, dass sich jedes europäische Unternehmen auf zukünftige Investitionsabkommen oder Freihandelsabkommen der EU, die Kapitel über Investitionen enthalten, verlassen können sollte,

F.

in der Erwägung, dass der Aufstieg neuer Länder mit starker Investitionskraft zu Regional- oder Weltmächten zu einer Abkehr von der klassischen Vorstellung zwingt, dass Investoren ausschließlich aus Industrieländern kommen,

G.

in der Erwägung, dass nach den ersten Streitbeilegungsverfahren in den 90er-Jahren und trotz im Allgemeinen positiver Erfahrungen zahlreiche Probleme infolge der Verwendung vager, interpretierbarer Formulierungen in Abkommen deutlich wurden, insbesondere was Konflikte zwischen privaten Interessen und den Regulierungsaufgaben des Staates angeht, etwa in Fällen, in denen die Annahme von rechtmäßigen Rechtsvorschriften dazu führte, dass ein Staat von internationalen Schiedsrichtern wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der „gerechten und gleichen Behandlung“ verurteilt wurde,

H.

in der Erwägung, dass die USA und Kanada, die zu den ersten Staaten gehörten, gegen die solche Urteile abgegeben wurden, ihr BIT-Musterabkommen entsprechend angepasst haben, um den Auslegungsspielraum der Schiedsgerichte einzuschränken und den Bereich ihrer öffentlichen Intervention besser zu schützen,

I.

in der Erwägung, dass die Kommission die Länder aufgelistet hat, die privilegierte Partner für die Aushandlung der ersten Investitionsabkommen sein sollten (China, Indien, Kanada, Mercosur, Russland und Singapur),

J.

in der Erwägung, dass der neu eingerichtete Europäische Auswärtige Dienst (EAD) auch die weltweite Präsenz und Rolle der EU verstärken wird, einschließlich der Förderung und des Schutzes der handelspolitischen Ziele der EU im Investitionsbereich,

1.

erkennt an, dass infolge des Vertrags von Lissabon ADI jetzt in die ausschließliche Zuständigkeit der EU fallen; stellt fest, dass diese neue Zuständigkeit der EU eine zweifache Herausforderung darstellt: einerseits im Hinblick auf die Abwicklung bestehender BIT und andererseits bezüglich der Festlegung einer europäischen Investitionspolitik, die den Erwartungen der Investoren und der Zielländer ebenso wie den allgemeineren wirtschaftlichen Interessen und außenpolitischen Zielen der EU gerecht wird;

2.

begrüßt diese neue Zuständigkeit der EU und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, diese Gelegenheit zu ergreifen und gemeinsam mit dem Parlament eine integrierte und kohärente Investitionspolitik zu entwickeln, mit der hochwertige Investitionen gefördert werden und die einen positiven Beitrag zum weltweiten wirtschaftlichen Fortschritt und zur nachhaltigen Entwicklung leistet; ist der Auffassung, dass das Parlament in angemessener Weise an der Gestaltung der künftigen Investitionspolitik beteiligt werden muss und dass dies eine ordnungsgemäße Konsultation zu den Mandaten für bevorstehende Verhandlungen sowie regelmäßige und aussagekräftige Informationen über den Stand der laufenden Verhandlungen erfordert;

3.

stellt fest, dass die EU als bedeutender Wirtschaftsblock über ein großes Verhandlungsgewicht verfügt; ist der Auffassung, dass eine gemeinsame Investitionspolitik den Erwartungen sowohl der Investoren als auch der betroffenen Staaten entsprechen und zu einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der EU und ihrer Unternehmen sowie zur Ausweitung der Beschäftigung beitragen kann;

4.

erachtet einen koordinierten europäischen Rahmen für notwendig, der dazu angetan ist Sicherheit zu schaffen und zur Förderung der Grundsätze und Zielvorgaben der EU anzuhalten;

5.

verweist darauf, dass in der gegenwärtigen Phase der Globalisierung ein starker Anstieg von ADI zu verzeichnen ist, die 2007 – in dem Jahr, bevor die Investitionen durch die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise beeinträchtigt wurden – eine Rekordhöhe von nahezu 1,5 Billionen Euro erreichten, wobei die EU die größte Quelle von ADI in der gesamten Weltwirtschaft ist; betont jedoch, dass in den Jahren 2008 und 2009 die Investitionen infolge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise zurückgegangen sind; betont, dass ungefähr 80 % des Gesamtumfangs der weltweiten ADI auf grenzüberschreitende Fusionen und Übernahmen entfällt;

6.

begrüßt die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Auf dem Weg zu einer umfassenden europäischen Auslandsinvestitionspolitik“, betont jedoch, dass sie zu stark auf den Schutz der Investoren ausgerichtet ist und dass das Recht auf den Schutz der Fähigkeit der Staaten, Regelungen zu treffen und der Verpflichtung der EU zur Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung gerecht zu werden, mehr in den Vordergrund gerückt werden sollte;

7.

ist der Auffassung, dass Investitionen positive Auswirkungen auf das Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen haben können, nicht nur in der EU, sondern auch in Entwicklungsländern, sofern die Investoren aktiv zum Erreichen der Entwicklungsziele in den Gastländern beitragen, zum Beispiel durch Unterstützung der lokalen Wirtschaft durch Technologietransfer und durch Nutzung der vor Ort vorhandenen Arbeitskräfte und Betriebsmittel;

8.

fordert die Kommission auf, die Erfahrungen auf multilateraler, plurilateraler und bilateraler Ebene nicht zu vergessen, insbesondere was das Scheitern der OECD-Verhandlungen über ein multilaterales Investitionsabkommen angeht;

9.

fordert die Kommission auf, bei der Ausarbeitung der Investitionsstrategie der EU sorgfältig und koordiniert vorzugehen und sich dabei auf die bewährten Methoden der BIT zu stützen; stellt fest, dass die Abkommen der Mitgliedstaaten inhaltlich voneinander abweichen, und fordert die Kommission auf, diese Abweichungen zu beseitigen, um eine solide Vorlage der EU für Investitionsabkommen zur Verfügung zu stellen, die auch dem Entwicklungsstand des Partnerlandes angepasst werden kann;

10.

fordert die Kommission auf, so zügig wie möglich unverbindliche Leitlinien zu veröffentlichen, z. B. in Form eines Musters für BIT, das von den Mitgliedstaaten verwendet werden kann, um Sicherheit und Konsequenz zu fördern;

Begriffsbestimmungen und Anwendungsbereich

11.

fordert die Kommission auf, eine eindeutige Begriffsbestimmung der zu schützenden Investitionen einschließlich ADI und Portfolio-Investitionen vorzulegen; ist jedoch der Auffassung, dass spekulative Investitionsformen im Sinne der Definition der Kommission nicht geschützt werden sollen; fordert nachdrücklich, dass in Fällen, in denen Rechte des geistigen Eigentums in den Anwendungsbereich eines Investitionsabkommens – einschließlich der Abkommen, für die bereits ein Entwurf eines Mandats vorgeschlagen wurde – aufgenommen werden, durch Vorschriften verhindert wird, dass die Herstellung von Generika dadurch beeinträchtigt wird, und dass die TRIPS-Ausnahmeregelungen für die öffentliche Gesundheit geachtet werden;

12.

stellt mit Besorgnis fest, dass Verhandlungen über unterschiedliche Arten von Investitionen zu einer Vermischung von ausschließlichen und gemeinsamen Zuständigkeiten führen würden;

13.

fordert die Einführung des Begriffs „EU-Investor“, durch die die Bedeutung der Förderung von Investoren aus allen Mitgliedstaaten zu gleichen Bedingungen im Geiste von Artikel 207 AEUV hervorgehoben würde, denen gleiche Bedingungen für die Durchführung und den Schutz ihrer Investitionen gewährleistet werden;

14.

weist darauf hin, dass in dem Standard-BIT der EU-Mitgliedstaaten eine weitgefasste Definition des Begriffs „ausländischer Investor“ verwendet wird; fordert die Kommission auf zu bewerten, wo dies zu missbräuchlichen Praktiken geführt hat; ersucht die Kommission, eine eindeutige Definition des Begriffs „ausländischer Investor“ auf der Grundlage dieser Bewertung und der jüngsten OECD-Referenzdefinition von ADI vorzulegen;

Schutz der Investoren

15.

betont, dass der Investorenschutz für alle EU-Investoren weiterhin oberste Priorität in Investitionsabkommen haben muss;

16.

stellt fest, dass die Aushandlung von bilateralen Investitionsabkommen ein zeitraubender Prozess ist; fordert die Kommission auf, entsprechende personelle und materielle Ressourcen für die Aushandlung und den Abschluss von EU-Investitionsabkommen einzusetzen;

17.

ist der Auffassung, dass die Forderung des Rates in seinen Schlussfolgerungen zu dieser Mitteilung – wonach der neue europäische Rechtsrahmen den Investorenschutz und die aufgrund der bestehenden Abkommen gewährten Garantien nicht beeinträchtigen sollte – die Gefahr bergen könnte, dass jedes neue Abkommen abgelehnt wird, und dazu führen könnte, dass das notwendige Gleichgewicht zwischen dem Investorenschutz und dem Schutz des Regulierungsspielraums – in einer Phase zunehmender ausländischer Investitionen in der EU – in Gefahr gerät; ist der Ansicht, dass eine solche Formulierung des Beurteilungskriteriums im Widerspruch zu Bedeutung und Geist des Artikels 207 AEUV stehen könnte;

18.

ist der Auffassung, dass die erforderliche Feststellung von bewährten Verfahren, auf die in den Schlussfolgerungen des Rates ebenfalls hingewiesen wird, eine sinnvollere und wirksamere Alternative ist, auf deren Grundlage eine kohärente europäische Investitionspolitik geschaffen werden kann;

19.

vertritt die Ansicht, dass künftige von der EU geschlossene Investitionsabkommen auf nach der Erfahrung der Mitgliedstaaten bewährten Methoden aufbauen und folgende Standards umfassen sollten:

Nichtdiskriminierung (Inländerbehandlung und Meistbegünstigung) mit einer präziseren Formulierung der Definition, wobei darauf hinzuweisen ist, dass ausländische und inländische Investoren unter „ähnlichen Bedingungen“ agieren müssen, und eine gewisse Flexibilität in Bezug auf die Meistbegünstigungsklausel möglich sein muss, um regionale Integrationsprozesse in Entwicklungsländern nicht zu behindern,

faire und gleiche Behandlung, definiert auf der Grundlage der Behandlung nach dem internationalen Gewohnheitsrecht,

Schutz vor direkter und indirekter Enteignung, wobei ein klares und gerechtes Verhältnis zwischen Zielen des Gemeinwohls und privaten Interessen zu definieren ist und eine angemessene Entschädigung im Verhältnis zu den bei einer unrechtmäßigen Enteignung entstandenen Schäden vorzusehen ist;

20.

fordert die Kommission auf, die potenziellen Auswirkungen der Aufnahme einer Schirmklausel in künftige europäische Investitionsabkommen zu bewerten und dem Europäischen Parlament und dem Rat Bericht zu erstatten;

21.

fordert die Kommission auf, bei Verhandlungen über den Marktzugang mit ihren wichtigsten Handelspartnern, die Industrieländer sind, und den bedeutendsten Schwellenländern Gegenseitigkeit sicherzustellen und darauf zu achten, dass sensible Sektoren ausgenommen werden müssen und die Handelsbeziehungen der EU zu Entwicklungsländern weiterhin asymmetrisch zu gestalten sind;

22.

stellt fest, dass die erwartete Verbesserung der Sicherheit den KMU dabei helfen wird, in Drittländern zu investieren, und ist diesbezüglich der Auffassung, dass die Stimme der KMU während der Verhandlungen gehört werden muss;

Schutz des Rechts, Regelungen zu treffen

23.

betont, dass bei künftigen von der EU geschlossenen Investitionsabkommen die Interventionsfähigkeit von Staaten geachtet werden muss;

24.

äußert große Besorgnis hinsichtlich des Ermessensspielraums mancher internationaler Schiedsrichter, die Klauseln zum Schutz von Investoren großzügig auszulegen und somit legitime staatliche Regelungen auszuschließen; fordert die Kommission auf, eine klare Definition der Standards zum Schutz der Investoren vorzulegen, um solche Probleme in den neuen Investitionsabkommen zu unterbinden;

25.

fordert die Kommission auf, in alle künftigen Abkommen spezifische Klauseln aufzunehmen, in denen das Recht der Vertragsparteien festgelegt ist, unter anderem im Bereich des Schutzes der nationalen Sicherheit, der Umwelt, der öffentlichen Gesundheit, der Rechte der Arbeitnehmer und Verbraucher, der Industriepolitik und der kulturellen Vielfalt Regelungen zu treffen;

26.

betont, dass die Kommission von Fall zu Fall entscheiden sollte, welche Sektoren nicht in den Anwendungsbereich künftiger Abkommen fallen, etwa sensible Sektoren wie Kultur und Bildung und öffentliche Gesundheit sowie Sektoren, die für die nationale Verteidigung von strategischer Bedeutung sind, und fordert die Kommission auf, das Europäische Parlament über das jeweilige Mandat, das sie erhalten hat, zu informieren; stellt fest, dass die EU die Belange der Entwicklungspartnerländer ernst nehmen muss und keine weiteren Liberalisierungen fordern sollte, wenn ein Land den Schutz bestimmter Sektoren insbesondere im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen für seine Entwicklung als notwendig erachtet;

Aufnahme von Sozial- und Umweltstandards

27.

betont, dass die künftige EU-Politik auch Investitionen begünstigen muss, die nachhaltig und umweltfreundlich sind (insbesondere in den mineralgewinnenden Sektoren) und gute Arbeitsbedingungen in den Unternehmen fördern, in die die Investitionen fließen; fordert die Kommission auf, in alle künftigen Abkommen einen Verweis auf die aktualisierten OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen aufzunehmen;

28.

bekräftigt im Hinblick auf die Investitionskapitel in weiter gefassten Freihandelsabkommen seine Forderung nach Aufnahme einer Klausel zur sozialen Verantwortung von Unternehmen und von wirksamen Sozial- und Umweltklauseln in jedes von der EU unterzeichnete Freihandelskommen;

29.

fordert die Kommission auf zu prüfen, wie solche Klauseln in die BIT der Mitgliedstaaten aufgenommen wurden und in welcher Form sie auch in künftige eigenständige Investitionsabkommen aufgenommen werden könnten;

30.

begrüßt es, dass eine Reihe von BIT derzeit eine Klausel umfassen, die verhindert, dass Sozial- und Umweltvorschriften verwässert werden, um Investitionen anzuziehen, und fordert die Kommission auf, die Aufnahme einer solchen Klausel in ihre künftigen Abkommen zu prüfen;

Streitbeilegungsmechanismus und Verantwortung der EU

31.

ist der Ansicht, dass die derzeitige Regelung zur Streitbeilegung geändert werden muss, damit folgenden Aspekten Rechnung getragen werden kann: sie muss transparenter werden, den Parteien die Möglichkeit bieten, Rechtsmittel einzulegen, vorschreiben, dass lokale Rechtsmittel ausgeschöpft werden müssen, sofern sie ein ordnungsgemäßes Verfahren garantieren, die Möglichkeit vorsehen, „Amicus curiae“-Schriftsätze vorzulegen, und festschreiben, dass ein einziger Ort für Schiedsverfahren zwischen Investoren und dem Staat bestimmt wird;

32.

ist der Ansicht, dass neben zwischenstaatlichen Streitbeilegungsverfahren auch Streitbeilegungsverfahren zwischen Investoren und dem Staat Anwendung finden müssen, um einen umfassenden Investitionsschutz zu gewährleisten;

33.

ist sich bewusst, dass die EU nicht auf die bestehenden Streitbeilegungsmechanismen des Internationalen Zentrums zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) und der Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht (UNCITRAL) zurückgreifen kann, da sie nicht Mitglied dieser Organisationen ist; fordert die EU auf, gemäß den in dieser Entschließung vorgeschlagenen Reformen ein Kapitel über die Streitbeilegung in jedes neue Investitionsabkommen der EU aufzunehmen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Verantwortung als wichtige internationale Akteure zu übernehmen und auf die notwendigen Reformen der ICSID- und der UNCITRAL-Regeln hinzuarbeiten;

34.

fordert die Kommission auf, Lösungen vorzustellen, die es KMU ermöglichen, die hohen Kosten für Streitbeilegungsverfahren besser zu finanzieren;

35.

fordert die Kommission auf, so bald wie möglich eine Verordnung über die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen der Ebene der EU und jener der Mitgliedstaaten vorzulegen, insbesondere was die finanzielle Haftung angeht, wenn die EU einen Prozess vor einem internationalen Schiedsgericht verliert;

Wahl der Partner und Befugnisse des Parlaments

36.

billigt den Grundsatz, dass vorrangige Partner für künftige Investitionsabkommen der EU jene Länder sein sollten, die ein großes Marktpotenzial bieten, in denen ausländische Investitionen jedoch besser geschützt werden müssen;

37.

stellt fest, dass das Investitionsrisiko im Allgemeinen in Entwicklungsländern und den am wenigsten entwickelten Ländern höher ist und dass ein starker, wirksamer Investorenschutz in Form von Investitionsverträgen wesentlich für den Schutz europäischer Anleger ist und zur Verbesserung der Governance beitragen und somit das stabile Umfeld schaffen kann, das für eine Steigerung der ADI in diese Länder erforderlich ist; stellt fest, dass Investitionsabkommen, wenn sie diesen Ländern noch mehr zugute kommen sollen, auch auf die Pflichten der Investoren im Hinblick auf Menschenrechtsstandards und Standards für die Korruptionsbekämpfung abstellen sollten, und zwar im Rahmen einer umfassenderen Partnerschaft zwischen der EU und den Entwicklungsländern, die das Ziel hat, die Armut zu reduzieren; fordert die Kommission auf, auf der Grundlage der bewährten Verfahren der Mitgliedstaaten in Bezug auf BIT mögliche künftige Partner zu bewerten;

38.

erklärt sich besorgt darüber, dass ADI in den am wenigsten entwickelten Ländern ausgesprochen begrenzt und in der Regel auf natürliche Ressourcen konzentriert sind;

39.

ist der Auffassung, dass lokale Unternehmen in Entwicklungsländern stärker gefördert werden sollten, insbesondere über Anreize zur Steigerung ihrer Produktivität, zur engeren Zusammenarbeit und Verbesserung beruflicher Qualifikationen, was für die Ankurbelung der Wirtschaftstätigkeit, der Wettbewerbsfähigkeit und des Wachstums in den Entwicklungsländern von entscheidender Bedeutung ist; regt zusätzlich einen Transfer von neuen, grünen EU-Technologien in Entwicklungsländer an, weil dies die beste Möglichkeit zur Förderung eines nachhaltigen und umweltfreundlichen Wachstums darstellt;

40.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, den Standpunkt des Parlaments vor der Aufnahme von Investitionsverhandlungen sowie während dieser Verhandlungen umfassend zu berücksichtigen; weist auf den Inhalt des Rahmenabkommens über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission hin und fordert die Kommission auf, das Parlament rechtzeitig zu den Entwürfen von Verhandlungsmandaten zu konsultieren, sodass es seinen Standpunkt formulieren kann, der wiederum von der Kommission und vom Rat gebührend zu berücksichtigen ist;

41.

betont, dass die Rolle der EAD-Delegationen in der Strategie für die künftige Investitionspolitik berücksichtigt werden muss, wobei ihr Potenzial und ihre Sachkenntnisse über die Lage vor Ort als strategischer Vorteil im Hinblick auf die neuen Politikziele anzuerkennen sind;

*

* *

42.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission, den Mitgliedstaaten, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Ausschuss der Regionen zu übermitteln.


(1)  Urteil vom 12. Dezember 2006, Test Claimants in the FII Group Litigation gegen Commissioners of Inland Revenue (Rechtssache C-446/04).


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