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Document 51998IP0468

Entschließung zur Achtung der Menschenrechte in der Europäischen Union (1997)

ABl. C 98 vom 9.4.1999, p. 279 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

51998IP0468

Entschließung zur Achtung der Menschenrechte in der Europäischen Union (1997)

Amtsblatt Nr. C 098 vom 09/04/1999 S. 0279


A4-0468/98

Entschließung zur Achtung der Menschenrechte in der Europäischen Union (1997)

Das Europäische Parlament,

* unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,

* unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und die dazugehörigen Protokolle,

* unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung,

* unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau,

* unter Hinweis auf das Genfer Abkommen von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und das dazugehörige Protokoll vom 1967 sowie die Empfehlungen des UNHCR,

* unter Hinweis auf das Übereinkommen über illegale Formen der Einwanderung und die Förderung der Chancengleichheit und der Gleichbehandlung von Wanderarbeitnehmern (Genf, 1975),

* unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes (New York, 1989),

* unter Hinweis auf die von den Verfassungen der Mitgliedstaaten und von der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) sowie den dazugehörigen Protokollen gewährleisteten grundlegenden Menschenrechte,

* unter Hinweis auf das Europäische Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (1987),

* unter Hinweis auf die Grundsätze des Völkerrechts und des Europarechts im Bereich der Menschenrechte,

* unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte,

* unter Hinweis auf das Gutachten (2/94) des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 28. März 1996 zum Beitritt der Europäischen Gemeinschaft zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten,

* unter Hinweis auf die Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer,

* unter Hinweis auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

* unter Hinweis auf den Vertrag über die Europäische Union,

* unter Hinweis auf den Vertrag von Amsterdam,

* unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. April 1989 zur Erklärung der Grundrechte und Grundfreiheiten ((ABl. C 120 vom 16.5.1989, S. 51.)),

* unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. Juli 1991 zu den Menschenrechten ((ABl. C 240 vom 16.9.1991, S. 45.)),

* unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. März 1992 zur Todesstrafe ((ABl. C 94 vom 13.4.1992, S. 277.)),

* unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. Juli 1992 zur Europäischen Charta der Rechte des Kindes ((ABl. C 241 vom 21.9.1992, S. 67.)),

* unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. März 1993 zur Achtung der Menschenrechte in der Europäischen Gemeinschaft ((ABl. C 115 vom 26.4.1993, S. 178.)),

* unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Januar 1994 zur Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft ((ABl. C 44 vom 14.2.1994, S. 103.)),

* unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Februar 1994 zur Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben in der Europäischen Gemeinschaft ((ABl. C 61 vom 28.2.1994, S. 40.)),

* unter Hinweis auf seine Entschließung vom 27. April 1995 zu Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus ((ABl. C 126 vom 22.5.1995, S. 75.)),

* unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. Januar 1996 zum Menschenhandel ((ABl. C 32 vom 5.2.1996, S. 88.)),

* unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. Januar 1996 zu den menschenunwürdigen Haftbedingungen in Gefängnissen in der Europäischen Union ((ABl. C 32 vom 5.2.1996, S. 102.)),

* unter Hinweis auf seine Entschließung vom 29. Februar 1996 zu den Sekten in Europa ((ABl. C 78 vom 18.3.1996, S. 31.)),

* unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. Mai 1996 zu der Mitteilung der Kommission über Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus ((ABl. C 152 vom 27.5.1996, S. 57.)),

* unter Hinweis auf seine Stellungnahme vom 9. Mai 1996 zu dem Vorschlag für einen Beschluß des Rates, 1997 zum Europäischen Jahr gegen Rassismus zu erklären ((ABl. C 152 vom 27.5.1996, S. 62.)),

* unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. September 1996 zur Achtung der Menschenrechte in der Europäischen Union (1994) ((ABl. C 320 vom 28.10.1996, S. 36.)),

* unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Dezember 1996 zum Schutz von Minderjährigen in der Europäischen Union ((ABl. C 20 vom 20.1.1997, S. 170.)),

* unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. April 1997 zur Achtung der Menschenrechte in der Europäischen Union (1995) ((ABl. C 132 vom 28.4.1997, S. 31.)),

* unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. September 1997 zur Notwendigkeit einer Kampagne in der Europäischen Union zur vollständigen Ächtung der Gewalt gegen Frauen ((ABl. C 304 vom 6.10.1997, S. 55.)),

* unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. November 1997 zur Bekämpfung des Sextourismus mit Kindesmißbrauch und zur Verstärkung des Kampfes gegen Kindesmißbrauch und die sexuelle Ausbeutung von Kindern ((ABl. C 358 vom 24.11.1997, S. 37.)),

* unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. Februar 1998 zur Achtung der Menschenrechte in der Europäischen Union (1996) ((ABl. C 80 vom 16.3.1998, S. 43.)),

* unter Hinweis auf die folgenden Petitionen:

a) Nr. 16/97, eingereicht von Amnesty International - Sektion von Dampremy, versehen mit fünf Unterschriften zur Situation der Wehrdienstverweigerer in Griechenland,

b) Nr. 48/97, eingereicht von Frau Marlies Mosiek-Urbahn (MdEP), deutscher Staatsangehörigkeit, und 69 weiteren Unterzeichnern, betreffend den Einbau eines "V-Chips" in Fernsehgeräte gegen Sendungen mit pornographischem oder gewalttätigem Inhalt,

c) Nr. 67/97, eingereicht von Herrn Heinrich Lenz, deutscher Staatsangehörigkeit, betreffend den Einzug seines Schwerbinderten-Ausweises,

d) Nr. 79/97, eingereicht von Herrn Robbert Maris, niederländischer Staatsangehörigkeit, betreffend die Aufenthaltserlaubnis für EU-Bürger,

e) Nr. 183/97, eingereicht von Herrn Giovanni Campano, italienischer Staatsangehörigkeit, betreffend seine Ausweisung aus Deutschland,

f) Nr. 266/97, eingereicht von Herrn Hamza Yigit, türkischer Staatsangehörigkeit, betreffend politisches Asyl in Deutschland,

g) Nr. 287/97, eingereicht von Herrn John Simms, britischer Staatsangehörigkeit, betreffend das Wahlrecht der Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnhaft sind,

h) Nr. 430/97, eingereicht von Herrn Jean-Pierre Perrin-Martin, französischer Staatsangehörigkeit, im Namen der Vereinigung FASTI, zur Lage von Flüchtlingen in Europa,

i) Nr. 436/97, eingereicht von Herrn V. Sorani, im Namen der "Solidarité européenne" (Beamtengewerkschaft der Europäischen Kommission in Luxemburg), mit 1.178 Unterschriften, betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung der Pädophilie,

j) Nr. 506/97, eingereicht von Herrn C. Verbräken, belgischer Staatsangehörigkeit, betreffend die Einschleusung von Frauen aus Osteuropa in die Europäische Union zwecks Prostitution,

k) Nr. 680/97, eingereicht von Frau Judy Wall, britischer Staatsangehörigkeit, betreffend eine Unterhaltsbeihilfe für Studierende im Vereinigten Königreich,

l) Nr. 872/97, eingereicht von Herrn Jösö Maatrijk, niederländischer Staatsangehörigkeit, betreffend das Wahlrecht für Wanderarbeitnehmer in den Niederlanden,

m) Nr. 920/97, eingereicht von Herrn Charles Payne, amerikanischer Staatsangehörigkeit, betreffend angebliche Rassendiskriminierung in Dänemark gegen seinen Sohn,

n) Nr. 963/97, eingereicht von Herrn Adolfo Pablo Lapi, italienischer und argentinischer Staatsangehörigkeit, zur Verletzung der Menschenrechte der Homosexuellen in Italien,

* gestützt auf Artikel 148 seiner Geschäftsordnung,

* in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Grundfreiheiten und innere Angelegenheiten (A4-0468/98),

A. in der Erwägung, daß die Achtung der untrennbar mit der Würde der Person verbundenen Menschenrechte ein Grundprinzip ist, dem die Mitgliedstaaten durch die Schaffung der zur Gewährleistung ihres effizienten Schutzes erforderlichen Institutionen und Mechanismen verpflichtet sind und das in der Europäischen Union mit Hilfe demokratischer und pluralistischer politischer Systeme mit parlamentarischen Institutionen und einer unabhängigen Justiz gewährleistet wird,

B. in Kenntnis der einschlägigen Resolutionen der Vereinten Nationen, des Europarates und der Vorschläge der Nichtregierungsorganisationen zum Schutz und zur Achtung der Menschenrechte,

C. besorgt darüber, daß 1997 in einigen Mitgliedstaaten bestimmte Vorkommnisse zu verzeichnen waren, die Verstösse gegen die Achtung der Menschenrechte darstellen,

D. in der Erwägung, daß seine Rolle im Rahmen der Europäischen Union und im Rahmen einer aktiven Politik zum Schutz der Menschenrechte auch darin bestehen muß, auf Menschenrechtsverletzungen, gegen die vorgegangenen werden muß, aufmerksam zu machen und sie an die Öffentlichkeit zu bringen,

Menschenrechte, Europäische Union und Mitgliedstaaten

1. weist darauf hin, daß die Menschenrechte die natürlichen Rechte eines jeden einzelnen sind und damit an keinerlei Pflichten oder Vorleistungen gebunden sind;

2. unterstreicht, daß die Mitgliedstaaten die Bestimmungen erlassen oder verstärken müssen, die zur Gewährleistung der wirksamen Achtung der Grundrechte auf dem Gebiet der Europäischen Union notwendig sind, und betont die Wichtigkeit dieser Achtung für die Glaubwürdigkeit und Kohärenz des Wirkens der Europäischen Union nach aussen auf diesem Gebiet;

3. fordert mit Nachdruck, daß die Union ihr Engagement für die Menschenrechte und das der Mitgliedstaaten in wirksames politisches Handeln umsetzt und daß

* die Kommission mit Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam einem der Kommissionsmitglieder die Verantwortung für den Bereich Menschenrechte sowie für den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts überträgt;

* der für Grundfreiheiten und innere Angelegenheiten zuständige Ausschuß des Parlaments regelmässig die Menschenrechtslage in den Mitgliedstaaten sowie die in bezug auf den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts erzielten Fortschritte prüft,

* das Mandat der Beobachtungsstelle für Rassismus in Wien um die Zuständigkeit für die Menschenrechte in der Europäischen Union im Hinblick auf ihre besondere Funktion gegenüber den Institutionen erweitert wird, sie regelmässig über die Lage in bezug auf Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und die Menschenrechte in den Mitgliedstaaten zu informieren;

4. hält es für seine Pflicht als demokratisch gewählte Gemeinschaftsinstitution, über die Verteidigung und Förderung der Grundrechte und Grundfreiheiten in der Europäischen Union zu wachen, und bedauert daher, daß elf der fünfzehn Mitgliedstaaten der Union im Jahresbericht 1997 von Amnesty International wegen Menschenrechtsverletzungen erwähnt werden;

5. begrüsst, daß in den Vertrag von Amsterdam die Artikel 6, 11, 49 und 177 aufgenommen wurden, die sich mit der Einhaltung der Menschenrechte sowohl innerhalb als auch ausserhalb der Union befassen;

6. vertritt die Auffassung, daß die Achtung der Menschenrechte ein unveräusserlicher Bestandteil jeder demokratischen Gesellschaft ist und einer der Grundpfeiler der Politik sowohl innerhalb als auch ausserhalb der Union sein muß; hebt hervor, daß der bevorstehende 50. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte eine ideale Gelegenheit ist, um auf Weltebene eine Debatte und ein politisches Vorgehen mit dem Ziel in Gang zu bringen, die Achtung dieser Rechte und die für ihren Schutz erforderlichen Instrumente zu fördern;

7. bekräftigt, daß das Recht auf Leben und das Recht, keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erleiden, absolute und unverletzliche Rechte sind, die nicht dem Urteil und dem freien Ermessen der Staaten überlassen sind;

8. bekräftigt, daß das Recht auf Leben und das Recht auf Gesundheit das Recht auf Leben in einer vor Verseuchung geschützten Umwelt und die Verantwortung gegenüber der derzeit lebenden und den künftigen Generationen umfasst; fordert zu diesem Zweck insbesondere die Ahndung der Umweltvergehen durch Anwendung des Verursacherprinzips;

9. fordert die Mitgliedstaaten, die dies noch nicht getan haben, auf, das zweite Protokoll zum Internationalen Pakt über die bürgerlichen und politischen Rechte zu unterzeichnen bzw. zu ratifizieren;

10. betont, daß kein Staat der Europäischen Union beitreten darf, der nicht die grundlegenden Menschenrechte achtet, und fordert Kommission und Rat auf, bei den Verhandlungen den Rechten der (ethnischen, sprachlichen, religiösen, homosexuellen usw.) Minderheiten eine grössere Bedeutung einzuräumen;

Zugang zu Fürsorge

11. vertritt die Auffassung, daß das Recht auf Leben das Recht auf Fürsorge einschließt, die jeder Person zukommen muß, unabhängig von ihrer Stellung, ihrem Gesundheitszustand, ihrem Alter, ihrem Geschlecht, ihrer Rasse, ihrer ethnischen Zugehörigkeit, ihrer Religion oder ihrer Weltanschauung;

12. vertritt die Auffassung, daß jeder das Recht haben muß, seine letzten Tage in Würde zu verbringen, fordert das Verbot jeglicher aktiver Maßnahmen zur Verkürzung des Lebens von Neugeborenen, behinderten Personen, älteren Menschen und Patienten im Dauerkoma und fordert die Mitgliedstaaten auf, der Einrichtung von Pflegeeinrichtungen zur Palliativbehandlung, einschließlich des Einsatzes aller Mittel zur Schmerzbekämpfung, für eine würdige Begleitung der im Sterben liegenden Menschen ohne Therapieversessenheit Vorrang einzuräumen;

13. widersetzt sich in Besorgnis über die Gefahren einer neuen Eugenik-Bewegung allen Bestrebungen, Experimente zu erlauben, die direkt oder indirekt zur Veränderung genetischer Erbmerkmale führen könnten (Keimbahn-Gentechnologie) oder zur Erzeugung von genetisch verbesserten menschlichen Wesen oder menschlichen Forschungsmodellen durch Klonung oder vergleichbare Techniken;

Recht auf Sicherheit - Kampf gegen den Terrorismus - Rechtsstaatlichkeit

14. vertritt die Auffassung, daß es von ganz wesentlicher Bedeutung ist, daß die in der Union ansässigen Personen ihr Leben ohne Angst um ihre persönliche Sicherheit und um die Sicherheit ihrer Familie und ihres Eigentums führen können;

15. verurteilt die von terroristischen Organisationen begangenen Morde, Entführungen, Erpressungen und Akte der Gewalt und der Folter sowohl körperlicher als auch psychischer Natur; vertritt die Auffassung, daß kein politisches Motiv und keine politische Forderung terroristische Akte rechtfertigen können, und betont, daß der Terrorismus entschieden bekämpft werden muß; ist ferner der Ansicht, daß kein Staat oder Vertreter eines Staates das Recht hat, Mord, Folter oder grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung als Mittel zur Unterdrückung des eigenen Volkes einzusetzen; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, bei der Bekämpfung des Terrorismus durch Intensivierung der gerichtlichen und polizeilichen Zusammenarbeit in Europa auch weiterhin eng zusammenzuarbeiten; ist der Auffassung, daß bei aller Entschlossenheit jede Reaktion auf Verstösse gegen die Menschenrechte mit der gewissenhaften Einhaltung der rechtsstaatlichen Normen Hand in Hand gehen muß und daß insbesondere die Unschuldsvermutung, die Forderung nach einem gerechten Prozeß und die Rechte des Angeklagten gewährleistet sein müssen;

Arbeitsweise des Gerichtswesens

16. erinnert daran, daß der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte den Mitgliedstaaten in seinen Urteilen wiederholt zur Auflage gemacht hat, den Bürgern, die Opfer des justitiellen Systems geworden sind, insbesondere aufgrund der Langsamkeit der Verfahren und der Verletzung des Rechts auf Verteidigung, wieder zu ihren Rechten zu verhelfen; fordert daher die betroffenen Staaten auf, Fehlfunktionen der gerichtlichen Systeme abzustellen und insbesondere den Begriff der angemessenen Frist in ihre einzelstaatlichen Rechtsordnungen einzuführen, wie in der Europäischen Menschenrechtskonvention gefordert, und zu prüfen, wie die Langsamkeit der Gerichtsverfahren verringert werden kann, und das Mittel der vorbeugenden Festnahme soweit wie möglich zu begrenzen, da diese eine Ausnahmemaßnahme bleiben muß;

17. weist darauf hin, daß die Untersuchungshaft nicht nur eine Vorwegnahme der Folgen einer eventuellen Strafe und ein unleugbarer persönlicher Nachteil ist, sondern ausserdem eine Nichtberücksichtigung des grundlegenden Rechts auf Unschuldsvermutung und daß sie folglich nur berechtigt ist, wenn sie unbedingt erforderlich und begründet ist und im Verhältnis steht zum verfolgten Zweck des vorbeugenden Schutzes der in den substanziellen strafrechtlichen Bestimmungen enthaltenen Interessen, Rechte und Werte;

18. weist nachdrücklich darauf hin, daß für Personen, gegen die ein strafrechtlicher Prozeß geführt wird, der allgemeine Grundsatz der Freiheit und des vollen Genusses der Rechte gilt;

19. hebt hervor, daß unter den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die der Rechtsordnung der Mitgliedstaaten zugrunde liegen, der Grundsatz der gerichtlichen Unabhängigkeit, der Grundsatz "non bis in idem", der Grundsatz der Unschuldsvermutung und der damit zusammenhängende Grundsatz, daß nicht der Angeklagte seine Unschuld beweisen, sondern das Gericht dessen Schuld beweisen muß, von besonderer Bedeutung sind;

20. fordert die Mitgliedstaaten auf, alles daran zu setzen, daß eine Ausgewogenheit zwischen der Klage- und der Verteidigungsposition bei den Gerichtsverfahren erreicht und in qualitativer und quantitativer Hinsicht zwischen den Parteien eine Ausgewogenheit der Handlungsinstrumente sichergestellt wird;

Bürgerrechte und politische Rechte

21. bedauert, daß nicht alle Mitgliedstaaten die Richtlinie 94/80/EG des Rates über die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts bei den Kommunalwahlen für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen ((ABl. L 368 vom 31.12.1994, S. 38.)) in ihr nationales Recht umgesetzt haben; betont die Wichtigkeit dieses Rechts politischer Natur für die soziale Eingliederung der im Aufnahmestaat wohnenden Unionsbürger und fordert die Mitgliedstaaten, die dies noch nicht getan haben, auf, möglichst bald die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen;

22. fordert sie ferner auf, ihre Rechtsvorschriften so rasch wie möglich dahingehend anzupassen, daß das Wahlrecht bei Kommunalwahlen auf Zuwanderer von ausserhalb der Europäischen Union, die seit über fünf Jahren legal im Land wohnen, ausgedehnt wird;

Achtung der Privatsphäre

23. betont, daß das Recht auf Wahrung der Privatsphäre und Respektierung des Familienlebens, das Recht auf Unversehrtheit der Wohnung, das Recht auf Respektierung des Briefgeheimnisses sowie auf den Schutz der persönlichen Daten grundlegende Rechte sind, die die Staaten zu schützen haben, und daß daher alle Maßnahmen der optischen, akustischen oder datentechnischen Überwachung nur unter strengster Wahrung dieser Rechte und immer mit gerichtlichen Garantien ergriffen werden dürfen;

24. hebt hervor, daß die Datenbanken wie SIS, SIE, SID und die Datenbank von Europol das Recht auf die Wahrung der Privatsphäre und den Grundsatz der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung einhalten müssen;

25. ersucht die Mitgliedstaaten, flexible und rasche Möglichkeiten des Rechts auf Gegendarstellung in Fällen ungerechtfertigter Verbreitung persönlicher Informationen oder verleumderischer Behauptungen in der Presse vorzusehen;

26. vertritt die Auffassung, daß das Recht (hinsichtlich Gesundheitsfürsorge, Versicherung, Beschäftigung oder sonstigen), nicht aufgrund der individuellen genetischen Erbanlagen oder Prädispositionen diskriminiert zu werden, vorrangig ist und daß genetische Daten einer Person einem Dritten nur nach vorheriger, auf guter Information beruhender schriftlicher Zustimmung der betroffenen Person oder ihres gesetzlichen Vertreters weitergegeben werden sollten;

Recht auf freie Meinungsäusserung und andere Rechte

27. bekräftigt, daß die Meinungs- und Ausdrucksfreiheit, die Gedanken- und Gewissensfreiheit, die individuelle und kollektive Religionsfreiheit sowie die Vereinigungsfreiheit grundlegende Rechte der Bürger der Europäischen Union darstellen;

28. weist jedoch darauf hin, daß die Freiheit der Meinungsäusserung gebunden ist an die Einhaltung der Gesetze und insbesondere der Bestimmungen gegen den Rassismus;

29. unterstreicht, daß die Europäische Menschenrechtskommission die Auffassung vertritt, daß die Leugnung der Naziverbrechen die Grundprinzipien der Konvention unterhöhlt, namentlich die der Gerechtigkeit und des Friedens, und Diskriminierung aufgrund von Rasse und Religion unterstützt, und daß infolgedessen die von den Mitgliedstaaten erlassenen einschränkenden Bestimmungen für die Äusserung von Theorien, die die Naziverbrechen leugnen, Maßnahmen darstellen, die für die Erhaltung der öffentlichen Sicherheit, den Schutz der öffentlichen Ordnung und der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind;

30. verurteilt mit Entschiedenheit die Tendenzen zur Einschränkung der Pressefreiheit und den Druck oder gar Einschüchterungsmaßnahmen, unter denen die Journalisten bisweilen zu leiden haben;

Religionsfreiheit

31. verurteilt jede Verletzung des Rechts auf Religionsfreiheit und fordert, daß auch Minderheitsreligionen frei von Diskriminierung ausgeuebt werden können;

32. fordert die Mitgliedstaaten auf, unter Einhaltung der rechtsstaatlichen Grundsätze Maßnahmen zu ergreifen, um die Verstösse gegen die Rechte der Person zu bekämpfen, die von bestimmten Sekten begangen werden, denen die Anerkennung als religiöse oder kulturelle Organisation verweigert werden müsste, aufgrund deren sie steuerliche Vorteile und einen gewissen rechtlichen Schutz genießen;

33. fordert die Mitgliedstaaten auf, der Empfehlung des Europarates sowie der Entschließung 1993/84 der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen nachzukommen und das Recht auf Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen voll anzuerkennen mit der Möglichkeit, einen alternativen Zivildienst mit einer dem Militärdienst vergleichbaren Belastung abzuleisten;

34. begrüsst, daß Griechenland nunmehr das Recht auf Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen gesetzlich anerkannt hat, erwartet aber, daß alle Bestimmungen des eingeführten Zivildienstes, die strafenden Charakter haben, geändert werden und daß Verweigerer in Härtefällen vom Dienst freigestellt werden, und fordert die Freilassung inhaftierter Kriegsdienstverweigerer; wünscht, daß dieses Land einen weiteren Schritt tut und die Erwähnung der Religionszugehörigkeit im Personalausweis abschafft, da dies einen Verstoß gegen das Recht auf Privatsphäre der Personen darstellt und Benachteiligungen nach sich ziehen kann;

wirtschaftliche und soziale Rechte

35. weist auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg hin, der in Anwendung der Europäischen Menschenrechtskonvention die wirtschaftlichen und sozialen Rechte als grundlegende Menschenrechte anerkennt;

36. ist erfreut darüber, daß das Vereinigte Königreich nun auch die Charta der sozialen Rechte von 1989 unterzeichnet hat;

37. hält es für wesentlich, daß die wirtschaftlichen, sozialen, gewerkschaftlichen und kulturellen Rechte gewahrt werden und ihnen der Rang von Grundrechten zuerkannt wird; dies gilt namentlich für das Recht auf Arbeit, auf Wohnung, auf Bildung, auf sozialen Schutz und auf Kultur;

38. ist der Ansicht, daß Armut und Ausgrenzung demokratischen und wohlhabenden Gesellschaften unwürdig sind, und hält es für unvertretbar, daß es möglich ist, daß in der Europäischen Union über 50 Millionen Menschen in Armut leben und daß viele von ihnen keinerlei sozialen Schutz genießen;

39. fordert den Rat, die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung und der Armut zu einer politischen Priorität zu machen;

40. bedauert, daß das Programm zur Bekämpfung der Armut nicht angenommen wurde, und fordert den Rat erneut auf, dieses rasch zu beschließen;

41. fordert die Mitgliedstaaten auf, in enger Abstimmung mit den humanitären Organisationen Gesetze zur Verhütung und Bekämpfung der Ausgrenzung zu verabschieden und umzusetzen, die vor allem den Zugang zu Arbeit, Gesundheitsfürsorge, sozialen Leistungen, Wohnung, Bildung und Gerichtsbarkeit betreffen;

42. hebt als eines der Unterscheidungsmerkmale der europäischen Gesellschaft den Grundsatz des älteren Menschen zustehenden Schutzes hervor; tritt für das Recht der älteren Menschen auf eine würdige Altersversorgung und einen sozialen Schutz auf ausreichend hohem Niveau ein;

43. betont, daß die in Artikel 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerte Versammlungsfreiheit das Recht der Bürger schützt, gemeinsam ihre Interessen zu vertreten, daß sie die Möglichkeit haben müssen, sich am Arbeitsplatz in demokratisch konstituierten Gewerkschaften zu organisieren; verurteilt Verletzungen der gewerkschaftlichen Rechte, die Diskriminierung von Gewerkschaftsvertretern sowie ein Antasten des Streikrechts im privaten und öffentlichen Sektor; fordert einen angemessenen Schutz gegen jede Art von Diskriminierung von Gewerkschaftsvertretern;

44. ist besorgt über die Zunahme von Gewalt am Arbeitsplatz in zahlreichen Mitgliedstaaten, wie aus einem Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) hervorgeht, wo erläutert wird, daß diese Gewalt von Schikanen über sexuelle Belästigung bis zur Schlägerei und physischen Aggression gehen kann; stellt, wie auch vom Bericht der Europäischen Stiftung für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen angemerkt, fest, daß diese Gewalt am Arbeitsplatz vor allem Arbeitnehmer in unsicherem Arbeitsverhältnis betrifft; fordert die Mitgliedstaaten auf, sofort den Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarats nachzukommen, insbesondere was das Verbot von Zwangsarbeit, die Vereinigungsfreiheit und das Streikrecht anbelangt, die alle in der Europäischen Sozialcharta festgeschrieben sind;

45. ist empört über die fast sklavenähnlichen Bedingungen, die eine nicht unbeträchtliche Zahl von Hausangestellten, oft ausländischer Herkunft, durch ihre Arbeitgeber erleiden, die oftmals diplomatische Immunität genießen und die von der wirtschaftlichen Abhängigkeit und prekären sozialen Situation dieser Personen profitieren;

kulturelle Rechte

46. hält es für erforderlich, der Kultur eine wichtigere Rolle bei der Schaffung von Arbeitsplätzen einzuräumen, indem diese in die Strategien für Entwicklung aufgenommen wird und nicht auf die Erhaltung des kulturellen Erbes begrenzt wird, sondern bei allen Investitionen in künstlerisches Schaffen und audiovisuelle Medien berücksichtigt wird;

47. fordert die Mitgliedstaaten auf, die in ihrem Land bestehenden Regionalsprachen anzuerkennen und zu fördern, vor allem in den Bereichen Bildung und Medien, und insbesondere die Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen zu unterzeichnen und zu ratifizieren;

48. verurteilt jede Form der kulturellen Zensur und alle Angriffe auf die Freiheit der Meinungsäusserung und die Freiheit des Schaffens;

49. vertritt die Auffassung, daß der Grundsatz der Transparenz, der den Zugang der Bürger zu allen Informationen - mit Ausnahme persönlicher Daten und Daten im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit - beinhaltet, ein ausgezeichnetes Instrument zur Förderung der Demokratie und zur Bekämpfung von Betrug darstellt, und ist der Ansicht, daß dieser Grundsatz in der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten offiziell anerkannt werden sollte;

50. verurteilt insbesondere die direkt ausgeuebte Zensur oder die Zensur über Geldmittel, die durch bestimmte Verantwortungsträger lokaler oder regionaler Gebietskörperschaften gegenüber kulturellen Kreisen und bestimmten Bibliotheken ausgeuebt wird;

Kampf gegen Diskriminierung - Rechte der Frau - Rechte des Kindes - Schutz der Familie

51. begrüsst, daß im Vertrag von Amsterdam (Artikel 12 und 13 der konsolidierten Fassung) Bestimmungen enthalten sind, die es ermöglichen, jede Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Rasse, der Nationalität, der ethnischen Herkunft, des Alters, der Religion oder der Weltanschauung oder der sexuellen Orientierung zu bekämpfen;

52. begrüsst, daß mehrere Mitgliedstaaten neben den Gesetzen über die standesamtliche oder kirchliche Ehe Bestimmungen erlassen haben, durch die die Beziehungen zwischen Personen, die ein rechtliches Band untereinander knüpfen wollen, geregelt werden;

53. fordert die Mitgliedstaaten, die dies noch nicht getan haben, auf, jede Diskriminierung von Homosexuellen zu beseitigen; fordert insbesondere Österreich, Griechenland, Portugal und das Vereinigte Königreich auf, unterschiedliche Altersgrenzen für die Einwilligung in sexuelle Beziehungen für Homosexuelle und Heterosexuelle zu beseitigen;

54. fordert erneut, daß jede Ungleichbehandlung von Homosexuellen und Lesbierinnen beseitigt wird, insbesondere was das gesetzlich festgelegte Mindestalter für homosexuelle Beziehungen, die bürgerlichen Rechte, das Recht auf Arbeit, die sozialen und wirtschaftlichen Rechte usw. anlangt;

55. erinnert daran, daß auf den Konferenzen von Wien (1993) und Peking (1995) nachdrücklich darauf hingewiesen wurde, daß die Rechte der Frau unveräusserlicher, integraler und untrennbarer Bestandteil der allgemeinen Menschenrechte sind, und bedauert, daß die Europäische Union noch so weit davon entfernt ist, daß Grundsätze wie der der Nichtdiskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung voll umgesetzt werden;

56. stellt fest, daß die Frauen immer noch Opfer von Diskriminierung werden, insbesondere bei Lohn oder Gehalt, und immer noch keine echte Gleichbehandlung besteht;

57. fordert die Mitgliedstaaten auf, gegen jedwede Form der Ungleichbehandlung von Männern und Frauen zu kämpfen und für Frauen positive Identifikationsmöglichkeiten zu schaffen;

58. fordert die Mitgliedstaaten auf, angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um die Gleichbehandlung und Chancengleichheit von Frauen zu verbessern und ihre effektive und gleichberechtigte Beteiligung am öffentlichen Leben und am Beschlußfassungsprozeß in sämtlichen Bereichen sicherzustellen, und bekräftigt seine Überzeugung, daß positive Maßnahmen unerläßlich sind, um dies zu erreichen;

59. bedauert, daß einige Staaten positive Informationen über den freiwilligen Schwangerschaftsabbruch verbieten oder einschränken; verurteilt die Haltung organisierter militanter Abtreibungsgegner in bestimmten Mitgliedstaaten, wie beispielsweise Frankreich; fordert, daß das Vorgehen dieser militanten Gruppen streng bestraft wird, daß der Zugang zu Information über den freiwilligen Schwangerschaftsabbruch gewährleistet wird und daß die Rolle der einschlägigen Organisationen anerkannt wird;

60. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten erneut auf, den Vorschlag zu unterstützen, das Jahr 1999 zum "Europäischen Jahr gegen die Gewalt gegen Frauen" zu erklären;

61. verurteilt die Praxis der sexuellen Verstümmelung von Frauen; fordert die Gemeinschaftsinstitutionen und die Mitgliedstaaten auf, in Zusammenarbeit mit den betreffenden Ländern Informations- und Bildungskampagnen zu fördern, um dieser Praxis ein Ende zu setzen;

62. hält es für notwendig, daß die Europäische Union und die Mitgliedstaaten es unterlassen, mit Drittländern, die Verstösse gegen die grundlegenden Menschenrechte, insbesondere die Rechte der Frauen und der Kinder, zulassen, bilaterale Abkommen abzuschließen und anzuwenden; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß in jedem Abkommen mit Drittländern eine Menschenrechtsklausel enthalten ist, und fordert eine wirksame Anwendung dieser Klausel;

63. bekräftigt erneut, daß die Rechte des Kindes Menschenrechte sind, und fordert die Mitgliedstaaten auf, die Ziele der UN-Konvention über die Rechte des Kindes umzusetzen; fordert die Kommission auf, die Grundsätze des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes in ihre Arbeit einzubeziehen, indem sie alle Vorschläge für Rechtsakte der Europäischen Union, politische Konzepte und Programme auf ihre Auswirkung auf Kinder überprüft und dabei das Übereinkommen über die Rechte des Kindes als Analysegrundlage verwendet;

64. bedauert, daß ungeachtet des Erlasses einer einschlägigen Richtlinie in bestimmten Mitgliedstaaten weiterhin Kinder arbeiten; fordert, daß das Verbot der Kinderarbeit in der gesamten Europäischen Union unverzueglich eingehalten wird;

65. begrüsst die auf nationaler und gemeinschaftlicher Ebene ergriffenen Maßnahmen zur Bekämpfung von Kinderhandel, Kinderprostitution und Kinderpornographie, gleichgültig ob diese unmittelbar oder auf dem Weg der neuen Technologien verbreitet wird;

66. fordert alle Mitgliedstaaten auf, gesetzgeberische Vorkehrungen im Hinblick auf die Extraterritorialität zu treffen, damit sie Personen, die sich in einem Drittland des Kindesmißbrauchs schuldig gemacht haben, auf ihrem Hoheitsgebiet strafrechtlich belangen können;

67. fordert die Mitgliedstaaten erneut auf, die Maßnahmen zu verstärken, durch die schwere Vernachlässigung von Kindern verhindert und beseitigt werden kann, gleichgültig ob Vernachlässigung durch private Organismen verschuldet ist oder - schlimmer noch - durch Einrichtungen, die unmittelbar oder mittelbar der Verantwortung des Staates oder einer Gebietskörperschaft unterstehen;

68. fordert die Mitgliedstaaten auf, die am 24. Februar 1997 aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union angenommene gemeinsame Maßnahme betreffend die Bekämpfung des Menschenhandels und der sexuellen Ausbeutung von Kindern ((ABl. L 63 vom 4.3.1997, S. 2.)) voll und ganz zur Anwendung zu bringen und den in der Erklärung zum Abschluß der Ministerkonferenz vom 24. bis 26. April 1997 in Den Haag eingegangenen Verpflichtungen zur Bekämpfung des Frauenhandels uneingeschränkt nachzukommen;

69. hält es für unerläßlich, die Familie als besonders geeigneten Ort für eine harmonische Entwicklung und Entfaltung des Kindes zu schützen, und vertritt die Ansicht, daß jedes Kind, gleich welcher Staatsangehörigkeit, Anrecht auf eine Familie hat, da diese das Umfeld bildet, das es ihm ermöglicht, sich voll zu entfalten, entsprechend dem UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes; fordert die Mitgliedstaaten auf, in bezug auf das Sorgerecht im Falle der Scheidung der Eltern darauf hinzuwirken, daß das Kind nicht mehr zum Spielball unentwirrbarer Rechtsstreitigkeiten wird;

70. fordert die Mitgliedstaaten, die dies noch nicht getan haben, auf, die Möglichkeit zu schaffen, daß Alleinstehende Kinder adoptieren, die nicht in einer Familie aufgenommen werden konnten;

71. stellt fest, daß die behinderten Menschen weiterhin in ihrem täglichen Leben und bei der Arbeit unter Diskriminierung zu leiden haben; fordert daher die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zu ergreifen, um ihre Situation insbesondere im Bereich Beschäftigung und berufliche Eingliederung zu verbessern;

72. fordert die Mitgliedstaaten auf, die besondere Situation der nomadisierenden Minderheiten anzuerkennen, ihre Kultur zu respektieren, ihren Schutz zu gewährleisten, sich jeder Diskriminierung ihnen gegenüber zu enthalten, und gegen Vorurteile, denen sie ausgesetzt sind, zu kämpfen; fordert, daß die gesetzliche Verpflichtung, angemessene Orte für die Aufnahme dieser Bevölkerungsgruppen vorzusehen, eingehalten (bzw. eingeführt) wird;

73. weist darauf hin, daß keine Person wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer nationalen, sprachlichen, religiösen oder ethnischen Minderheit aufgrund ihres Geschlechts, ihrer politischen, religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen oder ihrer sexuellen Ausrichtung das Opfer von Benachteiligung oder Diskriminierung sein darf, wobei diese Überzeugungen bzw. Ausrichtungen natürlich keine Verstösse gegen die Menschenrechte, insbesondere gegen die Rechte der Frau und die Rechte der Kinder, nach sich ziehen oder fördern dürfen;

Situation der Häftlinge - Rehabilitierung

74. bedauert, daß sich in der Europäischen Union Fälle von Folter, Vergewaltigung und unmenschlicher, grausamer und erniedrigender Behandlung von Verhafteten oder Gefangenen, namentlich in Polizeigewahrsam, durch Angehörige der Ordnungskräfte oder des Gefängnispersonals ereignen können; betont, daß ein solches Vorgehen oft aus rassistischen Motiven erfolgt;

75. weist mit Bedauern darauf hin, daß wegen solcher Vorkommnisse mehrere Länder der Europäischen Union im Jahresbericht von Amnesty International genannt werden;

76. stellt mit Empörung fest, daß die Angehörigen der Ordnungskräfte, die sich solcher Taten schuldig gemacht haben, selten strafrechtlich verfolgt werden oder nur geringfügige Strafen erhalten; fordert die Mitgliedstaaten auf, mehr Entschiedenheit an den Tag zu legen, damit keine solche Tat ungestraft bleiben;

77. fordert die Mitgliedstaaten auf, eine von der öffentlichen Gewalt unabhängige "Hohe Behörde" einzusetzen, die mit der Überwachung der Einhaltung der berufsethischen Regeln durch alle Sicherheitskräfte, unter denen die Bürger zu leiden haben können, betraut wird und an die sich die Bürger unmittelbar wenden könnten;

78. weist darauf hin, daß die Strafe die Funktion der Korrektion und Resozialisierung hat und daß das Ziel dieser Maßnahme in der menschlichen und sozialen Wiedereingliederung des Häftlings liegt; fordert die Mitgliedstaaten auf, die "Doppelbestrafung" abzuschaffen, da sie ungerecht und diskriminierend ist; betont, daß die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte die Ausweisung von Personen ablehnt, die alle ihre familiären Bindungen im Aufnahmeland und keine familiären Bindungen im Herkunftsland haben;

79. unterstreicht die Wichtigkeit der Wahrung des Rechts der Opfer und die Notwendigkeit, die Wiedergutmachung des Unrechts, das ihnen zugefügt wurde, zu begünstigen, und wünscht, daß gesetzgeberische Maßnahmen in diesem Sinn von den Mitgliedstaaten ergriffen werden;

80. bedauert die beunruhigende Verschlechterung der Lebensbedingungen in den Gefängnissen zahlreicher Mitgliedstaaten, die aus den Berichten der Internationalen Beobachtungsstelle für Haftanstalten hervorgeht und die vor allem auf die Überbelegung, die Vermischung von Häftlingen, die auf ihr Urteil warten, und bereits verurteilter Gefangenen, zurückzuführen ist, sowie das häufige Fehlen von Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten, kulturellen und sportlichen Angeboten in den Haftanstalten, die für eine echte und wirksame Vorbereitung des Gefangenen auf die Rückkehr in das bürgerliche Leben unabdingbar sind;

81. fordert die Mitgliedstaaten erneut dazu auf, der Rehabilitierung und der Erziehung minderjähriger Straftäter den Vorrang vor dem Strafvollzug zu geben, diesen den Bedürfnissen der Minderjährigen anzupassen und Kinder unter 16 Jahren grundsätzlich nicht dem normalen Strafvollzug zu unterwerfen;

82. wünscht, daß der spezifischen Situation bestimmter Gruppen von besonders gefährdeten Häftlingen - Minderjährigen, Frauen, Einwanderern, ethnischen Minderheiten, Homosexuellen, Kranken - besonders Rechnung getragen wird; fordert die Mitgliedstaaten auf, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, damit den Gefangenen eine individuelle Behandlung unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Umstände zuteil wird;

83. fordert die Mitgliedstaaten auf, im Rahmen des Möglichen - unter Berücksichtigung der Notwendigkeit, die Gesellschaft vor gefährlichen Kriminellen zu schützen - auf Alternativen zu kurzen Haftstrafen zurückzugreifen, insbesondere auf jene, die sich in einigen Mitgliedstaaten bereits bewährt haben, wie gemeinnützige Arbeiten oder Tragen des elektronischen Armbands;

84. fordert die Mitgliedstaaten auf, neue Regelungen zu schaffen, um wirksamer gegen Drogensucht, Verbreitung übertragbarer Krankheiten (Aids, Hepatitis usw.) und das organisierte Verbrechen vorgehen zu können;

Kampf gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit

85. verurteilt erneut alle Formen von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus, rassistisch motivierter Gewalt und rassistisch motivierter Diskriminierung, die in bestimmten Mitgliedstaaten, insbesondere was den Zugang zu Beschäftigung und Wohnung anbelangt, leider noch allzu häufig vorkommen;

86. ist besorgt über die zunehmende Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt aufgrund der Herkunft der Arbeitnehmer, was Diskriminierung bei der Einstellung und bei der Übertragung von Aufgaben und Behinderung in der beruflichen Laufbahn und Nachteile bei der Lohn- bzw. Gehaltseinstufung beinhaltet; ist ferner besorgt über das unzulässige Verhalten in bestimmten Bereichen des öffentlichen Dienstes beim Umgang mit Ausländern aufgrund ihrer Herkunft;

87. fordert diejenigen Mitgliedstaaten, die das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter noch nicht ratifiziert haben, auf, dies zu tun, und die Zuständigkeit des UN-Ausschusses gegen die Folter für die Entgegennahme und Prüfung individueller Beschwerden anzuerkennen;

88. ist besorgt über die Zunahme von Vergehen rechtsextremer Kreise, namentlich in Deutschland, wo dem Bundeskriminalamt (BKA) zufolge ihre Zahl stark zugenommen hat;

89. begrüsst die Aufnahme von Antidiskriminierungsklauseln in die Rechtsinstrumente der Gemeinschaft, insbesondere in den Vertrag von Amsterdam, den Beschluß, das Jahr 1997 zum Europäischen Jahr gegen Rassismus zu erklären, und die Einrichtung der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (Wien); ist jedoch der Auffassung, daß auf nationaler und gemeinschaftlicher Ebene noch viel getan werden muß, um Rassismus vorzubeugen und ihn zu bekämpfen;

90. fordert die Mitgliedstaaten, die noch nicht über spezifische Antidiskriminierungsbestimmungen verfügen, auf, rasch solche zu erlassen, und fordert die Mitgliedstaaten, deren diesbezuegliche Rechtsvorschriften nicht wirksam genug sind, auf, ihre praktische Anwendung zu überprüfen;

91. fordert die Mitgliedstaaten auf, Gesetze gegen den Rassismus zu erlassen bzw. die entsprechenden gesetzlichen Vorschriften zu verschärfen, wobei von dem Grundsatz auszugehen ist, daß Rassismus als Straftat einzustufen ist, gleichgültig, ob es sich um rassistische Handlungen oder Erklärungen oder um die Verbreitung rassistischen Gedankenguts handelt;

92. fordert mit Nachdruck die kontinuierliche Durchführung von Informations- und Bildungskampagnen, vor allem an den Schulen und in den Medien, um Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus anzuprangern und Toleranz zu fördern und auf den positiven Beitrag der ausländischen Mitbürger zum europäischen Wirtschaftsleben und zur europäischen Kultur hinzuweisen;

93. wiederholt nachdrücklich seine Verurteilung jeglicher Politik, die Rassismus und Ausländerfeindlichkeit schürt, und verlangt von den Parteien, daß sie jedwede rassistische Propaganda aus ihren Programmen streichen;

94. fordert die politischen Parteien in den Mitgliedstaaten mit Blick auf die europäischen Wahlen im Jahr 1999 auf, die Charta der europäischen politischen Parteien für eine nichtrassistische Gesellschaft anzunehmen und einzuhalten; fordert die Mitgliedstaaten auf, die antirassistischen Gesetze durch Maßnahmen zu ergänzen, die darauf abzielen, daß Abgeordnete und politische Verantwortungsträger, die rassistische und antisemitische Äusserungen machen, nicht mehr gewählt werden können; beauftragt seinen Ausschuß für Geschäftsordnung, Wahlprüfung und Fragen der Immunität, Sanktionen gegenüber europäischen Abgeordneten vorzusehen, die rassistische Reden führen;

95. fordert die Mitgliedstaaten auf, Ausbildungsprogramme für die Ordnungskräfte, das Gerichtspersonal, das Gefängnispersonal und die Sozialarbeiter einzurichten, zwecks Schulung ihres Verhaltens im Umgang mit Personen fremder Herkunft oder Angehörigen von ethnischen Minderheiten angesichts ihrer kulturellen Besonderheiten;

96. erkennt an, daß die Regelung der Staatsbürgerschaft in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, und betont, daß die Ausübung der bürgerlichen Rechte an den Erwerb der Staatsbürgerschaft geknüpft werden muß;

Einwanderung und Asyl

97. fordert die Kommission und den Rat auf, das Verfahren zur Annahme eines einheitlichen Einwanderungsrechts in der Europäischen Union einzuleiten;

98. fordert, daß die Mitgliedstaaten die Genfer Abkommen von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und das einschlägige Protokoll von 1967, die vom Exekutivkomitee des Hohen Flüchtlingskommissariats ausgearbeiteten Grundsätze sowie die Grundsätze der Europäischen Menschenrechtskonvention in Asylfragen konsequent anwenden;

99. weist darauf hin, daß das Genfer Abkommen bei Opfern von Verfolgung keinen Unterschied macht, ob die Verfolgung von staatlichen Einrichtungen oder von anderen Stellen ausgeht;

100. ist beunruhigt über die Rückführung im Widerspruch zu Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention von immer mehr Personen, deren Asylantrag abgewiesen wurde und für die die Rückkehr in ihr Herkunftsland, wo ihre Sicherheit nicht gewährleistet ist, eine offenkundige Gefahr darstellen würde; fordert den Rat auf, ein spezifisches Rechtsinstrument zu erlassen, das sie in den Genuß eines ausreichenden Schutzes kommen lässt;

101. fordert zu diesem Zweck die Annahme zusätzlicher Rechtsinstrumente betreffend subsidiäre Formen des Schutzes, wie beispielsweise den vorübergehenden Schutz für die Aufnahme von Flüchtlingen im Falle von Massenfluchtbewegungen;

102. ist empört über die oft schlimmen Bedingungen, unter denen die Asylbewerber in den Durchgangs- und Auffanglagern leben müssen; bedauert, daß diese Lager oft rechtsfreie Orte sind, und fordert, daß dieser Situation ein Ende gesetzt wird;

103. fordert, daß Asylbewerbern unabhängig von ihrem Status als Ehefrau oder Ehemann ein eigenständiger Rechtsanspruch gewährt wird;

104. stellt fest, daß die Zahl der Asylanträge von Kindern zunimmt, deren Eltern umgekommen oder in ihrem Herkunftsland verurteilt sind; fordert die Mitgliedstaaten erneut auf, die Fluchtgründe minderjähriger Asylbewerber in einem besonderen, ihrem Alter angemessenen Verfahren zu prüfen; fordert sie auf, ihnen einen sicheren Aufenthaltsstatus zu gewähren, angemessene Aufnahmeeinrichtungen und entsprechend qualifiziertes Personal hierfür vorzusehen und ihnen unabhängig von ihrer Anerkennung als Asylberechtigte Familienzusammenführung zu ermöglichen;

105. nimmt die in zahlreichen Mitgliedstaaten getroffenen Maßnahmen zur Regularisierung der Situation der ohne Dokumente eingereisten Personen zur Kenntnis;

106. prangert die Verletzungen der Rechte der Person an, die bei der Ausweisung von abgelehnten Asylbewerbern oder illegal eingereisten Ausländern begangen werden;

107. fordert, daß die menschenverachtenden, kriminellen Schlepperorganisationen nachdrücklich bekämpft werden, damit Personen nicht schon bei dem Versuch, Zuflucht auf dem Gebiet der Europäischen Union zu finden, in vollgepferchten Lastwagencontainern oder seeuntüchtigen Schiffen einen grauenvollen Tod finden;

108. fordert die Mitgliedstaaten auf, den Kampf gegen die internationalen verbrecherischen Schlepperorganisationen und gegen die Netze von Organisatoren illegaler Arbeitsbeschaffung wirksamer und unnachsichtiger zu führen; weist darauf hin, daß auch die Menschenrechte der illegalen Einwanderer geachtet werden müssen, da diese selbst Opfer dieser Schleuserbanden sind und von ihnen in niederträchtiger Weise ausgenommen und ausgebeutet werden;

109. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

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