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Document 52020DC0259

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT über die Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (Richtlinie 2008/56/EG)

COM/2020/259 final

Brüssel, den 25.6.2020

COM(2020) 259 final

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

über die Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (Richtlinie 2008/56/EG)

{SWD(2020) 60 final} - {SWD(2020) 61 final} - {SWD(2020) 62 final}


Bericht über die Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie

1.Einleitung

Weltweit machen die Ozeane 71 % der Erdoberfläche und dank ihres Volumens 99 % des Lebensraums auf der Erde aus. Sie bieten einer reichen (wenn auch häufig unbekannten) maritimen Artenvielfalt 1 Lebensräume und beherbergen die größten bekannten Geschöpfe. Darüber hinaus leisten die Ozeane den Menschen lebensnotwendige Dienste wie Nahrungsmittelversorgung, Klimaregulierung und Erholung. Über die Hälfte des Sauerstoffs, den wir einatmen, stammt von Meeresorganismen, ein Viertel der jährlichen, von Menschen verursachten CO2‑Emissionen in die Atmosphäre wird von Meeresgewässern absorbiert und das größte Reservoir an aus dem aktiven Kohlenstoffkreislauf stammendem Kohlenstoff auf der Erde ist der Ozean (50 Mal größer als die Atmosphäre). Daher ist der Schutz der Meeresumwelt nicht nur für die Erhaltung der biologischen Vielfalt, sondern auch für das Wohlergehen der Menschen und unseres Planeten von entscheidender Bedeutung. Und auch für die Wirtschaft hat dieser Schutz wesentliche Bedeutung. Die „blaue Wirtschaft“ der EU beispielsweise, deren Fundament mittel- oder unmittelbar von der Gesundheit unserer Meere, Ozeane und Küsten abhängige Branchen bilden, erzielte 2017 einen Umsatz von 658 Mrd. EUR. 2  

Die Meeresumwelt und ihre Ökosysteme sind jedoch nach wie vor zahlreichen Belastungen und Auswirkungen menschlicher Tätigkeiten wie Fischerei, Störungen des Meeresgrundes, Umweltverschmutzung oder der Erderwärmung ausgesetzt. Als Reaktion auf diese Lage konzipierte die EU die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie 3 (MSRR) als ganzheitliche Politik zum Schutz der Meeresumwelt in ganz Europa, wobei gleichzeitig die nachhaltige Nutzung von Gütern und Dienstleistungen des Meeres ermöglicht wird.

Die EU startet derzeit ihren europäischen Grünen Deal 4 , eine ehrgeizige Strategie, mit der sie die biologische Vielfalt schützen und wiederherstellen und Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent der Welt machen will. Klimawandel, biologische Vielfalt, Gesundheit und Ernährungssicherheit gehen Hand in Hand. Deshalb ist die Erhaltung der natürlichen Umwelt Europas, einschließlich unserer Ozeane und Meere, ein wesentlicher Bestandteil des Grünen Deals. Der Erfolg der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie ist daher von entscheidender Bedeutung für die EU, damit sie ihre übergeordneten Ziele, nämlich den Verlust an biologischer Vielfalt der Meere zum Stillstand zu bringen und den Übergang zu einer schadstofffreien Gesellschaft zu schaffen, erreichen kann.

Mit diesem Dokument kommt die Kommission ihrer rechtlichen Verpflichtung 5 nach, einen Bericht über die Umsetzung der Richtlinie zu veröffentlichen, der auf früheren, von ihr während des gesamten ersten Umsetzungszyklus herausgegebenen Berichten 6 aufbaut.

Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie ist seit 2008 in Kraft. Sie verpflichtet die Mitgliedstaaten, nationale Meeresstrategien zu entwickeln, um bis 2020 einen „guten Umweltzustand“ zu erreichen oder dort, wo dieser besteht, aufrechtzuerhalten. Die Umsetzung der Richtlinie erfolgt in einem sechsjährigen Zyklus mit drei Hauptphasen.

(1)2012 und 2018 mussten die Mitgliedstaaten über den Zustand ihrer Meeresgewässer Bericht erstatten und Zielvorgaben für die Erreichung eines guten Umweltzustands auf der Grundlage der elf „Deskriptoren“ (Ziele) der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie festlegen; diese Deskriptoren beschreiben die Gesundheit der Ökosysteme und die vom Menschen ausgehenden Belastungen und Einflüsse auf sie. 7

(2)Im Jahr 2014 mussten die Mitgliedstaaten Überwachungsprogramme zur Erhebung von Daten aufstellen, um die Fortschritte bei der Erreichung eines guten Umweltzustands und der Erfüllung der Ziele zu bewerten.

(3)Im Jahr 2016 mussten die Mitgliedstaaten Maßnahmenprogramme aufstellen, die ihnen dabei helfen, ihre Ziele zu erreichen, und im Jahr 2018 mussten sie über ihre Fortschritte bei der Durchführung der Programme berichten.

Guter Umweltzustand" ist der Umweltzustand, den Meeresgewässer aufweisen, bei denen es sich um ökologisch vielfältige und dynamische Ozeane und Meere handelt, die im Rahmen ihrer jeweiligen Besonderheiten sauber, gesund und produktiv sind und deren Meeresumwelt auf nachhaltigem Niveau genutzt wird, sodass die Nutzungs- und Betätigungsmöglichkeiten der gegenwärtigen und der zukünftigen Generationen erhalten bleiben ... Der gute Umweltzustand wird auf der Ebene der jeweiligen Meeresregion bzw. -unterregion ... anhand der in Anhang I genannten [11] qualitativen Deskriptoren festgelegt“ (Auszug aus Artikel 3 Absatz 5 der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie).

 

Die Kommission hat jede Phase der nationalen Strategien in regelmäßigen Berichten und zugehörigen Anhängen (siehe Fußnote 6) bewertet und dabei Lücken bei der Umsetzung ermittelt und den einzelnen Mitgliedstaaten Orientierungshilfen an die Hand gegeben. Der zweite Umsetzungszyklus begann offiziell im Oktober 2018, wird jedoch durch lange Verzögerungen bei der Berichterstattung beeinträchtigt. 8  

Gegenstand des jetzigen Berichts ist die im ersten Umsetzungszyklus erfolgte Durchführung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie 9 , wobei der Bericht von drei Arbeitsunterlagen der Kommissionsdienststellen 10 begleitet wird. Eine gründlichere Überprüfung dieser Richtlinie im Einklang mit den Anforderungen an eine bessere Rechtsetzung wird so bald wie möglich, spätestens jedoch 2023, erfolgen. 11 Dieser Bericht stützt sich auf Informationen, die im Rahmen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie von Mitgliedstaaten, der Kommission, externen Beobachtern und Experten erstellt wurden. Im Mittelpunkt des Berichts stehen die wichtigsten politischen Botschaften und Erkenntnisse aus dem ersten Umsetzungszyklus.

2.Wichtigste Erfolge bei der Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie

2.1.Die ganzheitliche Sichtweise

Mit dem Ökosystem-Ansatz 12 soll sichergestellt werden, dass der kumulative Druck menschlicher Tätigkeiten nicht über ein Maß hinausgeht, das die Fähigkeit der Ökosysteme, gesund, sauber und produktiv zu bleiben, beeinträchtigt. Kraft der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie wurde der Ökosystem-Ansatz zu einem rechtsverbindlichen, operativen Grundsatz für die Bewirtschaftung der gesamten Meeresumwelt der EU. 13  

Ein „Ökosystem-Ansatz“ ist eine Strategie zur integrierten Bewirtschaftung von Land, Wasser und lebenden Ressourcen, mit der die Erhaltung und nachhaltige Nutzung auf gerechte Weise gefördert wird. Ziel der ökosystembasierten Bewirtschaftung ist es, ein Ökosystem in einem gesunden, produktiven und widerstandsfähigen Zustand zu erhalten, damit es die vom Menschen gewünschten und benötigten Güter und Dienstleistungen liefern kann. Die ökosystembasierte Bewirtschaftung unterscheidet sich insofern von den derzeitigen Konzepten, die sich in der Regel auf einzelne Arten, Sektoren, Tätigkeiten oder Anliegen konzentrieren, als sie die kumulativen Auswirkungen verschiedener Sektoren berücksichtigt.

 

Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie ist einer der ehrgeizigsten internationalen Rechtsrahmen für den Schutz des Meeres, mit dem die Anstrengungen von 23 Küstenstaaten 14 und fünf Binnenstaaten – in Abstimmung mit Drittstaaten – zu dem Zweck koordiniert werden, eine ökosystembasierte Bewirtschaftung anzuwenden und auf 5 720 000 km² Meeresfläche in vier Meeresregionen einen guten Umweltzustand zu erreichen, also einem Gebiet, das ein Viertel größer ist als die Landfläche der EU. Die Richtlinie erstreckt sich von der Küste bis zur Tiefsee und schützt so das gesamte Spektrum der biologischen Vielfalt der Meere, von einzelligen Algen bis hin zu riesigen Walen; sie analysiert alle Umweltaspekte von Ökosystemfunktionen bis hin zu chemischen Eigenschaften und bewertet die Auswirkungen sämtlicher menschlichen Tätigkeiten, vom Tourismus bis zur kommerziellen Fischerei mit Grundschleppnetzen.

Die Umsetzung einer solchen ganzheitlichen Sichtweise und die Bewertung der Nachhaltigkeit erfordern, dass die Eigenschaften der Ökosysteme und die Belastungen durch den Menschen (einschließlich der vom Land oder der Atmosphäre ausgehenden Belastungen) bekannt sind und bei Bewirtschaftungsentscheidungen berücksichtigt werden. Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie fordert daher eine integrierte Planung (Meeresstrategien) auf der Grundlage von elf Deskriptoren und einer Reihe von Kriterien und Parametern 15 ‚ die von jedem einzelnen Mitgliedstaat zu bewerten sind.

2.2.Erkundung des Unbekannten

Als die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie angenommen wurde, war klar, dass die EU a) eine ganzheitliche, ökosystembasierte Bewirtschaftung der Meeresumwelt und b) eine Verlagerung vom Schutz nur einer begrenzten Zahl prioritärer Lebensräume und Arten hin zum Schutz des gesamten Meeresökosystems benötigte. Allerdings gab (und gibt) es über einige Themen und Regionen nur wenige Daten und Kenntnisse. 16 So wurde mit der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie ein harmonisierter Rechtsrahmen geschaffen, mit dem kontinuierliche Verbesserungen bei der Datenerhebung gewährleistet werden können. Im Rahmen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie wurde insbesondere die Ausarbeitung umfassender Meeresüberwachungsprogramme im Rahmen nationaler Meeresstrategien gefördert. Diese Überwachungsprogramme sollten den Zustand der Meeresumwelt, die Erreichung der Umweltziele und die Wirksamkeit der Maßnahmen messen (SWD(2020) 60).

Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie war der Auslöser für Initiativen angewandter Forschung, die Experten, Führungskräfte und politische Entscheidungsträger mit Informationen versorgte. 17 Einige Beispiele stammen aus der Bewertung von Abfällen im Meer und Unterwasserlärm, zwei Themen, über die vor der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie nur wenig bekannt war. Auf der Grundlage der Überwachung und des im Rahmen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie gewonnenen Wissens über Abfälle im Meer verabschiedete die EU neue Rechtsvorschriften zur Eindämmung von Einwegkunststoffen und verloren gegangenem Fanggerät, auf das etwa 70 % aller Abfälle an Stränden entfallen. Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie war ein Anreiz, Erhebungen zur Überwachung von Unterwasserlärm zu entwickeln und eine Reihe von Registern für impulsive Unterwassergeräusche einzurichten. Darüber hinaus sind die Analyse der Integrität des Meeresgrundes und die Analyse ganzer Nahrungsnetze neuartige Ansätze, die sich weitgehend an den Anforderungen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie orientieren.

Die Bewertungen, Überwachungsnetze und Maßnahmenprogramme der Meeresstrategie-Richtlinie lenken die Anstrengungen nicht nur in neue Forschungsbereiche, sondern auch in die Verbesserung der Bewirtschaftung und politischen Kohärenz. Ein breites Spektrum bestehender Rechtsvorschriften ist bereits in Kraft und für die Richtlinie relevant. In der EU sind hier insbesondere die Wasserrahmenrichtlinie 18 , die Vogelschutz- und die Habitatrichtlinie 19 und die Gemeinsame Fischereipolitik 20 zu nennen. Eine der wichtigsten Errungenschaften bei der Umsetzung der einzelnen Schritte der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie war die Ermittlung von Wissenslücken. Mit ihrer Hilfe gelang es den Mitgliedstaaten, den Organen der EU und den Interessenträgern, auf wichtige Bedürfnisse in den Bereichen Bewirtschaftung und Forschung hinzuweisen. Die Richtlinie hat insbesondere die Kenntnisse über den Zustand der Meeresgewässer der Union verbessert (SWD(2020) 61), wenngleich die Integration und Harmonisierung dieses Wissens auf EU-Ebene nach wie vor eine Herausforderung darstellt.

2.3.Gemeinsame Anstrengungen

Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie erfordert einen beispiellosen, koordinierten Beitrag der Mitgliedstaaten. Zur Erleichterung dieser Arbeit haben die Mitgliedstaaten und die Kommission (gemeinsam mit Strukturen regionaler Meeresübereinkommen und anderen Interessenträgern) ein informelles Koordinierungsprogramm – die gemeinsame Umsetzungsstrategie – erstellt. An der Strategie sind mindestens 280 Experten aus den Mitgliedstaaten, bis zu 70 Teilnehmer aus den Organen der EU und über 100 registrierte Beobachter oder Interessenträger beteiligt. Die gemeinsame Umsetzungsstrategie wird von den für maritime Angelegenheiten zuständigen Direktoren der EU gelenkt und der Koordinierungsgruppe für die Meeresstrategie 21 organisiert. Drei Arbeitsgruppen konzentrieren sich auf folgende übergreifende Themen: guter Umweltzustand; Maßnahmenprogramme und sozioökonomische Analysen; Austausch von Daten, Informationen und Wissen. Vier technische Untergruppen konzentrieren sich auf neu entstehende, besonders besorgniserregende Bereiche: Unterwasserlärm, Abfälle im Meer, Unversehrtheit des Meeresgrundes und Meeresdaten. Alle Gruppen entwickeln gemeinsame Konzepte für die Umsetzung der Richtlinie und einigen sich schließlich (in der Regel einvernehmlich) darauf. Bisher sind 15 Richtliniendokumente angenommen worden. 22 Die Zahl der Sitzungen (durchschnittlich 18 Sitzungen im Rahmen der gemeinsamen Durchführungsstrategie pro Jahr), die fortschreitende Spezialisierung und die Notwendigkeit einer Koordinierung zur Vermeidung thematischer Silobildungen stellen große Herausforderungen für den Umsetzungsprozess dar.

Die gemeinsame Umsetzungsstrategie ist für die Realisierung der Richtlinie von großem Nutzen, weil sie eine größere Effizienz dieses Prozesses ermöglicht. Darüber hinaus gelten die Strukturen der Strategie als wertvolle Plattformen für den Informationsaustausch und den Aufbau von Vertrauen in der Entscheidungsfindung. 23 Die Mitglieder der gemeinsamen Umsetzungsstrategie sind sich mehrheitlich darin einig, dass Struktur und Arbeitsprogramm der Strategie ihren Zweck erfüllen, wobei ein gewisser Spielraum für die Rationalisierung bzw. Vereinfachung bestehender Verfahren besteht, sodass der Erörterung der von der Kommission vorgenommenen Bewertungen mehr Zeit gewidmet werden und die Richtlinie besser mit anderen Richtlinien, insbesondere der Richtlinie über die Berichterstattung, verknüpft werden könnte. 24  

2.4.Einbeziehung der Öffentlichkeit und Ozeankompetenz 25

Der Zugang zu Umweltinformationen, die Beteiligung der Öffentlichkeit an umweltbezogenen Entscheidungsverfahren und der Zugang zu Gerichten sind allgemeine Grundsätze, die auf internationaler Ebene durch Umweltverpflichtungen gefördert werden. 26 Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie enthält ausdrückliche Anforderungen 27 , mit denen die Erfüllung dieser Verpflichtungen vorangebracht werden soll. Mit der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie wurde ein transparenter Mechanismus für den Entwurf und die Durchführung nationaler Meeresstrategien und die Verfolgung dieses Prozesses auf europäischer Ebene errichtet (die Umsetzung kann beispielsweise auf offenen Plattformen für den Informationsaustausch 28 verfolgt werden). Die Mitgliedstaaten sind ausdrücklich verpflichtet, die aktive Beteiligung aller interessierten Kreise zu fördern. Darüber hinaus findet in jeder Umsetzungsphase eine öffentliche Konsultation statt, die von jedem der 23 Küstenmitgliedstaaten organisiert wird (SWD(2020) 60). Viele der Maßnahmenprogramme im Rahmen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie umfassen auch Sensibilisierungskampagnen.

Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie hat maßgeblich dazu beigetragen, die Aufmerksamkeit auf die Gesundheit der Meeresökosysteme zu lenken, beispielsweise um die Bruttoauswirkungen der vom Land ausgehenden Verschmutzung, u. a. durch Kunststoffe, auf das Meer zu erfassen. Mit dem Prozess der öffentlichen Konsultation wurden die Zivilgesellschaft und Interessenträger in ganz Europa in die Entwicklung der nationalen Meeresstrategien einbezogen. Diese Maßnahmen zur Konsultation und Einbeziehung der Öffentlichkeit sowie der Fluss der dabei generierten Daten werden auch weiterhin eine wichtige Rolle als Beitrag zur Ozeankompetenz der europäischen Öffentlichkeit und zur Schärfung des Bewusstseins für den Einfluss des Ozeans auf das Leben der Menschen einerseits und die Folgen menschlicher Tätigkeiten und des Verhaltens des Einzelnen auf die Meeresökosysteme andererseits spielen.

2.5.Regionale Zusammenarbeit

Aufgrund des grenzüberschreitenden Charakters bestimmter Belastungen und Ökosysteme ist es sehr schwierig, sie allein auf der Ebene einzelner Mitgliedstaaten zu bewältigen. 29 In der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie werden die Regionen und Subregionen aufgeführt, die für die Umsetzung der Richtlinie zentral sind; die Richtlinie fordert darüber hinaus eine regionale Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten und regt zur Zusammenarbeit mit Drittstaaten an. 30 In der Richtlinie wird erklärt, dass regionale Meeresübereinkommen 31 das Instrument für eine solche Zusammenarbeit darstellen können. In den letzten zehn Jahren entwickelten sich die regionalen Meeresübereinkommen im Allgemeinen i) in den meisten Fällen zu guten Plattformen für die Umsetzung der Meeresstrategie-Richtlinie, auf denen die Vertragspartner in enger Abstimmung mit der gemeinsamen Strategie für die Umsetzung der Meeresstrategie-Richtlinie zusammenarbeiteten und gemeinsame Ansätze verfolgten; 32 ii) unterstützten sie die Zusammenarbeit mit Drittstaaten und die Einigung auf Maßnahmen und Ziele; iii) erhielten sie erhebliche technische und finanzielle Beiträge der EU zur Entwicklung ihrer Arbeitsprogramme.

Die vier Europa umfassenden regionalen Meeresübereinkommen haben dasselbe Gesamtziel (Schutz der Meeresumwelt) und machen sich den Ökosystem-Ansatz zu eigen, unterscheiden sich jedoch hinsichtlich der Struktur, der wissenschaftlichen und operativen Kapazitäten, der Governance (einschließlich der Überwachung der Einhaltung der Vorschriften) und des Umfangs der Erleichterungen, die sie den teilnehmenden EU‑Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie bieten. Das Konzept des „guten Umweltzustands“ und die Festlegung von Umweltzielen aus der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie wurden in einige, aber nicht in alle regionalen Meeresübereinkommen aufgenommen. In einigen Fällen wird es vorgezogen, Trends (die sich verbessern oder verschlechtern) zu beschreiben, anstatt Kriterien festzulegen, anhand derer festgestellt werden kann, ob der Zustand gut ist oder nicht. In der einen oder anderen Form werden im Rahmen regionaler Meeresübereinkommen Berichte über den Zustand der Meeresumwelt herausgegeben 33 , wobei anstrebt wird, die Zeitpläne der Übereinkommen an den Sechsjahreszyklus der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie anzupassen, Aktionspläne einzuführen und die Überwachungstätigkeiten zu koordinieren.

Zugleich kommen den regionalen Meeresübereinkommen die beträchtlichen, durch die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie mobilisierten Humanressourcen und das seit ihrer Annahme gewonnene Wissen zugute. Die EU-Mittel haben zu einer beträchtlichen Zahl an Projekten beigetragen, die auf die koordinierte Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie und die Entwicklung regionaler Aktionspläne im Rahmen der Meeresübereinkommen in allen Meeresregionen abzielen. Die Bekämpfung von Abfällen im Meer ist ein gutes Beispiel dafür, wie gezielte, umfangreiche EU-Mittel aus verschiedenen Quellen 34 für die Umsetzung regionaler Aktionspläne zur Bekämpfung von Abfällen im Meer eingesetzt werden, die gleichzeitig nationalen, regionalen und europäischen, wenn nicht gar globalen, Zielen dienen.

2.6.Die globalen Verpflichtungen

Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie bildet für die EU eine wichtige Säule für die Erfüllung ihrer globalen Verpflichtungen zum Schutz der Meeresumwelt und der Entwicklung eines nachhaltigen Ansatzes für die Bewirtschaftung der Ozeane, wie dies in der Initiative der EU zur internationalen Meerespolitik 35 anerkannt wird. Darüber hinaus spielt sie eine wichtige Rolle bei der Sicherstellung einer größeren Kohärenz der Maßnahmen in den EU-Mitgliedstaaten.

Wie zuletzt in der Agenda 2030 bestätigt 36 aber bereits seit Jahrzehnten von der Weltgemeinschaft 37 anerkannt wird, ist der Ökosystem-Ansatz von entscheidender Bedeutung für die „Bewahrung und nachhaltige Nutzung der Ozeane, Meere und Meeresressourcen“ (Ziel 14 für nachhaltige Entwicklung). Die in der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie vorgeschriebene Überwachung und Bewertung hilft der EU, die meisten Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG 14) zu erfüllen, zu denen nachhaltige Bewirtschaftung, Schutzgebiete, Verschmutzung durch Abfälle im Meer und Eutrophierung, Versauerung, Auswirkungen nicht nachhaltiger Fangpraktiken, wissenschaftliche Erkenntnisse und die Umsetzung des Völkerrechts gehören. Auf der Ebene der Meeresbecken trägt eine enge regionale Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten im Rahmen der einschlägigen regionalen Meeresübereinkommen dazu bei, die regionale Umsetzung und Bewertung der meeresbezogenen Nachhaltigkeitsziele 38 im Einklang mit der Richtlinie zu koordinieren.

Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie enthält das spezifische Regelungsziel „Erhaltung der biologischen Vielfalt“ als Eckpfeiler für die Erreichung eines guten Umweltzustands der Ozeane und Meere. Darin wird der Zustand der im Meer lebenden Artengruppen (einschließlich Vögeln, Säugetieren und Fischen) sowie pelagischer Lebensraumtypen und Lebensraumtypen am Meeresgrund bewertet. Sie bietet daher einen Rechtsrahmen für einen Beitrag zu den Verpflichtungen aus dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD) und zur künftigen EU-Biodiversitätsstrategie bis 2030. Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie beinhaltet auch die Einrichtung geschützter Meeresgebiete und andere räumliche Schutzmaßnahmen, die im Einklang mit internationalen Verpflichtungen 39 kohärente und repräsentative Netze bilden.

Die Richtlinie schließt die Anforderung aus dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen UNCLOS 40 ein, die Gefahren und Auswirkungen der Verschmutzung auf die Meeresgewässer der EU zu beobachten und auszuwerten. Ferner werden verschiedene Verpflichtungen umgesetzt, denen zufolge die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, Maßnahmen zu ergreifen, um die Verschmutzung der Meeresumwelt vom Land aus zu verhüten, zu verringern und zu überwachen, die Verschmutzung des Meeresgrundes und seines Untergrunds zu unterbinden und die Einschleppung nicht einheimischer Arten zu verhindern. Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie enthält auch Bestimmungen des UN-Seerechtsübereinkommens über nachhaltige Fischerei und Aquakultur sowie Innovation und Investitionen in die Forschung. Da ein Schwerpunkt der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie auf der regionalen Zusammenarbeit liegt, erleichtert sie die Einhaltung der im Rahmen des Seerechtsübereinkommens bestehenden Verpflichtung der Staaten zur Kooperation beim Schutz der Meeresumwelt.

Im Übereinkommen von Paris 41 wurden die Ozeane erstmals in einem Klimaschutzübereinkommen erwähnt und ihre wichtige Rolle im globalen Klimasystem anerkannt. Heute beinhalten die meisten nationalen Zusagen im Rahmen des Übereinkommens von Paris auch Meeresökosysteme, wobei die Hauptanliegen der Regierungen die Auswirkungen auf die Küsten, die Auswirkungen der Erwärmung der Weltmeere und die Auswirkungen auf die Fischerei 42 sind. Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie und ihre ganzheitlichen Meeresstrategien bieten einen guten Rahmen für die Überwachung der Auswirkungen des Klimawandels, die Sondierung von Klimaschutzmaßnahmen und die Anwendung des Ökosystem-Ansatzes bei der Anpassung an den Klimawandel in der Meeresumwelt, wobei allerdings das Potenzial der Richtlinie bisher nicht voll ausgeschöpft wird. Im Rahmen der Anstrengungen zur Erreichung des im Grünen Deal genannten Ziels der CO2-Neutralität bis 2050 wird Europa wahrscheinlich einen beispiellosen Anstieg bei in Offshore-Anlagen gewonnener, erneuerbarer Energie 43 erleben‚ der sich unweigerlich auf im Meer lebenden Arten und ihre Lebensräume auswirken wird.

3.Die wichtigsten Verbindungen zwischen der EU-Politik und der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie 44  

Der Rahmen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie zum Schutz der biologischen Vielfalt und zur Gewährleistung einer nachhaltigen Nutzung der Meeresressourcen der EU wird weitgehend durch andere Rechtsakte der EU unterstützt. In diesem Abschnitt werden die neun Politikbereiche der EU, die von den Mitgliedstaaten am häufigsten als Beitrag zu den Maßnahmenprogrammen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie genannt wurden, sowie die kürzlich entwickelten Strategien zur Bekämpfung der Kunststoffverschmutzung genauer betrachtet. Im Allgemeinen werden in der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie i) alle verfügbaren (amtlichen) Informationen aus EU-Meeresgewässern in die nationalen Meeresstrategien einbezogen und ii) die Situation bewertet, um die Meeresumwelt wirksam bewirtschaften zu können. Zur praktischen Umsetzung der Strategien und Ergänzung bestehender Schwellenwerte 45 aus anderen Politikbereichen werden derzeit neue Politikkonzepte wie Schwellenwerte zur Bestimmung eines guten Umweltzustands 46 entwickelt.

3.1.Wasserrahmenrichtlinie und Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser 47

Viele Probleme, die die Fluss- und Meeresumwelt betreffen, entstehen an Land. Daher zielen die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie und die Wasserrahmenrichtlinie auf ein ähnliches Spektrum von Belastungen und Treibern (menschliche Nutzung und Tätigkeiten) ab und verfolgen viele Maßnahmen gemeinsam. Die Maßnahmen im Rahmen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie bezüglich der Eutrophierung der Meere, sowie in Bezug auf Schadstoffe, hydrografische Veränderungen und biologische Vielfalt greifen auf die im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie vorgelegten Maßnahmen zurück. Nur ein Drittel der im 5. Bericht über die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie 48 geprüften Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete ergab, dass zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind, damit ein Beitrag zur Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie geleistet werden kann. Einige Mitgliedstaaten nahmen freiwillig Maßnahmen, beispielsweise zur Bekämpfung von Abfällen in Flüssen, auf, um die Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie voranzubringen.

Hinsichtlich der räumlichen Abdeckung gelten beide Richtlinien in Küsten- und Territorialgewässern, wobei die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie ausdrücklich nur die Aspekte abdeckt, die in der Wasserrahmenrichtlinie bezüglich der Küstengewässer nicht behandelt werden (z. B. Unterwasserlärm, Abfälle im Meer), während die Wasserrahmenrichtlinie in Territorialgewässern nur für den chemischen Zustand gilt. Im Jahr 2017 aktualisierte die Kommission den in der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie enthaltenen Beschluss zur Bestimmung des guten Umweltzustands. Im Beschluss von 2017 wird den Mitgliedstaaten vorgeschrieben, nach der Wasserrahmenrichtlinie durchgeführte Bewertungen auch auf die Eutrophierung, Schadstoffe und hydrografische Veränderungen im Meer anzuwenden. Wie bereits in der Eignungsprüfung der Wasserrahmenrichtlinie 49 zum Ausdruck kommt‚ wird dies jedoch bisher nicht immer eingehalten, weil die nationalen Bewertungen im Rahmen beider Richtlinien leicht voneinander abweichen können (z. B. mit unterschiedlichen Qualitätsmerkmalen oder Bewertungsmaßstäben) und die Definition eines guten ökologischen/chemischen Zustands in der Wasserrahmenrichtlinie nicht immer auf denselben Elementen beruht wie der gute Umweltzustand der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie. Dem Fitness-Check zufolge sind die Wasserrahmenrichtlinie und die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie jedoch kohärent und verfolgen einander ergänzende Ziele. Was die Ergebnisse betrifft, so befinden sich rund 40 % der Oberflächengewässer (Flüsse, Seen, Übergangs- und Küstengewässer) in einem guten ökologischen Zustand oder verfügen über das entsprechende Potenzial; 38 % sind in einem guten chemischen Zustand. 50 Dies wirkt sich unmittelbar auf die Fortschritte im Rahmen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie aus.

In der Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser werden Ziele und Instrumente festgelegt, mit denen in erster Linie der Eintrag organischer Stoffe und Nährstoffe über Punktquellen verringert werden soll. Der Zusammenhang zwischen der Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser und der Eutrophierung wird in den Maßnahmenprogrammen der meisten Mitgliedstaaten genannt, während andere Themen von unmittelbarer Relevanz für die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (wie Schadstoffe und Abfälle im Meer), in der Regel nicht ausdrücklich erwähnt werden. Die Bewertung der Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser hat bestätigt, dass diese Richtlinie bei der Verringerung der Verschmutzung von behandeltem Abwasser sehr wirksam war und ihre Umsetzung für die Erreichung der Ziele der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie nach wie vor von entscheidender Bedeutung ist. 51 In der Bewertung wurde auf einige Einschränkungen der Abwasseraufbereitungsanlagen hingewiesen, die für die Meeresumwelt von Bedeutung sein können; sie betreffen beispielsweise den Umstand, dass Schadstoffe, die zunehmend Anlass zur Besorgnis geben (z. B. Arzneimittel und Mikroplastik) nicht einbezogen werden oder dass nicht das gesamte Regenwasser sowie die Abflüsse aus Stadtgebieten oder kleinen Ballungsräumen behandelt werden. Dennoch war die Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser eines der wirksamsten Instrumente zur Begrenzung der städtischen Umweltverschmutzung, einschließlich Nitrat und Phosphor in Flüssen und Meeren.

Abbildung 1: Stickstoff- (N) und Phosphorbelastung (P) in Meeresunterregionen nach Quellen (in Tonnen pro Jahr). Diese Analyse war Teil der kürzlich durchgeführten Bewertung der Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser. 52  

3.2.Vogelschutz- und Habitatrichtlinien

Wie aus den Maßnahmenprogrammen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie hervorgeht, sind die Vogelschutz- und die Habitat-Richtlinie für die Erreichung eines guten Umweltzustands in Bezug auf die biologische Vielfalt der Meere, nicht einheimische Arten sowie kommerziell nutzbare Fische und Schalentiere besonders wichtig. Nur wenige Maßnahmenprogramme verknüpfen die Vogelschutz- und die Habitat-Richtlinie mit den Abfällen im Meer und Unterwasserlärm betreffenden Deskriptoren der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie, auch wenn sie beispielsweise für Seevögel, Meeressäuger und ‑reptilien eine Bedrohung darstellen können.

Die Ziele aller drei Richtlinien sind ähnlich, auch wenn der Anwendungsbereich der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie weiter gefasst ist. Das Hauptziel der Habitatrichtlinie – die Erreichung eines „günstigen Erhaltungszustands“ für die betroffenen Arten und Lebensräume, wobei die Vogelschutzrichtlinie für alle wildlebenden Vogelarten ein ähnliches Ziel verfolgt – entspricht im Hinblick auf Definition, Maßnahmen oder Zeitpläne nicht genau dem „guten Umweltzustand“. Beide Konzepte unterstützen sich jedoch gegenseitig. Die Mitgliedstaaten bewerten den Zustand und die Trends der im Rahmen der Vogelschutz- und der Habitat-Richtlinie geschützten Arten und Lebensräume und erstatten alle sechs Jahre Bericht. Für den Zeitraum 2007-2012 liegt der Prozentsatz der Arten, für die im Rahmen der Habitatrichtlinie in den europäischen Meeresregionen ein guter Erhaltungszustand gemeldet wurde zwischen 0 % im Schwarzen Meer und 20 % in der Ostsee. 53 Der Beschluss von 2017 sieht vor, im Rahmen der Vogelschutz- und der Habitat‑Richtlinie vorgenommene Bewertungen für im Meer lebende Arten und ihre Lebensräume nach Möglichkeit wiederzuverwenden; allerdings kann jeder Mitgliedstaaten hierbei anders vorgehen. 54 Darüber hinaus weisen sowohl die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie als auch die Habitat-Richtlinie geografische Regionen zu, in denen die Mitgliedstaaten zusammenarbeiten und gemeinsame Ansätze verfolgen sollen. Die im Rahmen der beiden Richtlinien definierten regionalen Grenzen sind inzwischen weitgehend harmonisiert worden.

Die im Rahmen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie gemeldeten räumlichen Schutzmaßnahmen beziehen sich in der Regel auf geschützte Meeresgebiete, die im Rahmen der Vogelschutz- und der Habitat-Richtlinie als Teil des – in der Meeresumwelt immer noch nicht vollständigen – Natura-2000-Netzes eingerichtet wurden. Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie ermöglichte jedoch einen neuen Blick auf den räumlichen Schutz, bei dem – abgesehen von den spezifischen Erhaltungszielen einzelner geschützter Meeresgebiete – Netze geschützter Meeresgebiete ökologisch kohärent und auf (unter)regionaler Ebene repräsentativ sein sollten. Daher sollten die Netze geschützter Gebiete ganzheitliche Instrumente sein, damit allen wichtigen Belastungen begegnet wird, die Wirksamkeit der Instrumente sichergestellt und eine angemessene Repräsentation aller Meeres-Lebensräume und der Merkmale ihrer Ökosysteme gewährleistet wird. Dennoch wurden Kohärenz und Wirksamkeit in den Maßnahmenprogrammen der Mitgliedstaaten zur Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie auf regionaler Ebene nicht berücksichtigt.

Abbildung 2: Jüngste Entwicklung (2012-2016) des prozentualen Anteils von Meeresschutzgebieten in EU-Gewässern in den verschiedenen Meeresunterregionen. 55  

3.3.Gemeinsame Fischereipolitik

Eines der Ziele der gemeinsamen Fischereipolitik besteht darin, Kohärenz mit der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie und ihrem Ziel der Erreichung eines guten Umweltzustands zu erreichen. Durch die Festsetzung von Befischungsraten und die Festlegung technischer Maßnahmen, mit denen nachhaltige Fangmethoden definiert werden, trägt die gemeinsame Fischereipolitik dem Befischungsdruck Rechnung, der sich auf die kommerziell genutzten Fisch- und Schalentierbestände auswirkt (einer der Deskriptoren der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie). Mit dieser Politik soll auch sichergestellt werden, dass die negativen Auswirkungen der Fischerei auf das Meeresökosystem so gering wie möglich gehalten werden. Dies betrifft die Auswirkungen auf die Häufigkeit und Vielfalt der Meereslebewesen, die Nahrungsnetze der Meere und die Meeresökosysteme und die Lebensräume des Meeresgrundes (die insbesondere für drei weitere Deskriptoren der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie relevant sind). Darüber hinaus können von der Fischerei erzeugte Abfälle, wie aufgegebene oder verlorene Fangnetze und andere Fanggeräte, zu einer Veränderung des Lebensraums führen. Was die Maßnahmen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie anbelangt, so verknüpfen die meisten Mitgliedstaaten Maßnahmen für die biologische Vielfalt der Meere und für kommerziell genutzte Fische und Schalentiere mit der gemeinsamen Fischereipolitik, wenn auch nur wenige Mitgliedstaaten dies für Abfälle im Meer getan haben. Die von der Kommission im Rahmen dieser Politik vorgeschlagenen Bewirtschaftungsmaßnahmen haben zu einer Verringerung der fischereilichen Sterblichkeit bei mehreren kommerziell befischten Fisch- und Schalentierbeständen im Nordostatlantik und in der Ostsee geführt. Diese Fortschritte reichen jedoch noch nicht aus, um die einschlägigen Ziele der gemeinsamen Fischereipolitik zu erfüllen. Schlechter ist die Lage im Mittelmeer und im Schwarzen Meer, wo die Überfischung nach wie vor gängige Praxis ist.

In Anhang I der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie ist festgelegt, dass sich alle kommerziell befischten Fische und Schalentiere in sicheren biologischen Grenzen befinden sollten. Um dies zu messen, stützt sich die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie auf das Konzept des höchstmöglichen Dauerertrags im Rahmen der gemeinsamen Fischereipolitik. Sie fördert daher die Nutzung von Bestandsabschätzungen und einschlägigen Mehrjahresplänen sowie die Konsultation der zuständigen wissenschaftlichen Gremien. Während die Informationen über Fischbestände im Rahmen der gemeinsamen Fischereipolitik mehr oder weniger verfügbar sind und in allen Mitgliedstaaten gemeldet werden, erfolgt bei anderen Kriterien wie der Sterblichkeit/Verletzung von Arten im Zusammenhang mit Beifängen oder der physischen Störung des Meeresgrundes durch Fischereitätigkeiten keine systematische Meldung durch die Mitgliedstaaten. Mitunter können regionale Informationen dazu beitragen, diese Lücken zu schließen. So weisen beispielsweise 86 % des begutachteten Meeresgrundes in der Nordsee und der Keltischen See Anzeichen für physische Störungen durch Grundschleppnetze auf. 56 Verwirklichte man sowohl die Ziele der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie als auch die der gemeinsamen Fischereipolitik, würde dies den Schutz der kommerziell genutzten Fischbestände, der biologischen Vielfalt und der Lebensräume verbessern. Außerdem würde die Festlegung von Schwellenwerten im Rahmen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie die Umsetzung gezielter Maßnahmen, unter Einschluss von Maßnahmen im Rahmen der gemeinsamen Fischereipolitik, erleichtern.

Die gemeinsame Fischereipolitik fördert auch eine nachhaltige Aquakultur als Beitrag zu Ernährungssicherheit und Versorgung, Wachstum und Beschäftigung. Sie empfiehlt, für die Entwicklung nachhaltiger Aquakulturtätigkeiten unverbindliche strategische Leitlinien der Union zu nutzen, die erstmals 2013 angenommen wurden. Diese Leitlinien dienten als Grundlage für die mehrjährigen nationalen Pläne der Mitgliedstaaten und ihre Tätigkeiten im Rahmen des Europäischen Meeres- und Fischereifonds 2014-2020. Die Leitlinien von 2013 werden derzeit überarbeitet und Informationen über die Aktualisierungen der nationalen Pläne zur Umsetzung der Finanzierung von Aquakulturen nach 2020 enthalten.

3.4.Richtlinie über die maritime Raumplanung 57  

Gemäß der Richtlinie über die maritime Raumplanung müssen die Mitgliedstaaten maritime Raumplanungspläne ausarbeiten, um die Koexistenz und Nachhaltigkeit der einschlägigen Tätigkeiten und Nutzungsarten zu fördern. Sie nimmt in ihrem Rechtstext ausdrücklich auf die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie Bezug und legt fest, dass bei der maritimen Raumplanung ein Ökosystem-Ansatz verfolgt werden sollte, der dazu beiträgt, die Ziele eines guten Umweltzustands zu erreichen; zudem sollten die Zeitpläne möglichst weitgehend mit der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie abgestimmt werden. In mehreren Studien wurden der ökosystembasierte Ansatz oder die Wechselwirkungen zwischen Land und See für die maritime Raumplanung definiert oder in die Praxis umgesetzt, es gibt jedoch immer noch keine europaweit vereinbarte Methodik.

In ihren Maßnahmenprogrammen zur Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie verknüpfen die Mitgliedstaaten überwiegend die biologische Vielfalt der Meere (durch Schutzgebiete) und hydrografische Veränderungen (durch die unter maritime Raumordnungspläne fallenden Tätigkeiten) mit der Richtlinie über die maritime Raumplanung, während drei Länder 58 auch eine potenzielle Verbindung zum Unterwasserlärm herstellen. Da die erste Runde der Berichterstattung über die maritime Raumordnung erst 2021 ansteht, bleibt abzuwarten, inwieweit die Ziele der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie bei der Umsetzung der Richtlinie auf nationaler Ebene als Instrument zur Unterstützung des Ökosystem-Ansatzes berücksichtigt werden. Da die Richtlinie über die maritime Raumplanung alle Sektoren und Tätigkeiten der blauen Wirtschaft umfasst, sollte sie Bewirtschaftungsmaßnahmen durchsetzen, die zur Erreichung eines guten Umweltzustands beitragen.

3.5.Die Richtlinie über die strategische Umweltprüfung und die Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung 59

Mit diesen beiden Richtlinien soll ein hohes Umweltschutzniveau erreicht werden, indem sichergestellt wird, dass die Umweltauswirkungen bestimmter Pläne oder Programme (strategische Umweltprüfung) und Projekte (Umweltverträglichkeitsprüfung) frühzeitig im Entscheidungsprozess analysiert werden. In den Maßnahmenprogrammen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie standen die strategische Umweltprüfung und die Umweltverträglichkeitsprüfung hauptsächlich im Zusammenhang mit hydrografischen Veränderungen, Unterwasserlärm, der biologischen Vielfalt der Meere, Eutrophierung und horizontalen Maßnahmen. Obwohl die Aspekte der biologischen Vielfalt im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung nicht immer bewertet werden, verweist etwa die Hälfte der Mitgliedstaaten bei Maßnahmen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt auf die Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung. Im Gegensatz dazu scheinen nur wenige Mitgliedstaaten das Potenzial der Umweltverträglichkeitsprüfung für die Bewertung von Tätigkeiten im Zusammenhang mit Schadstoffen zu erkennen.

Angesichts ihres breiten Anwendungsbereichs und ihres strategischen Charakters könnten die in der Richtlinie über die strategische Umweltprüfung und der Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung vorgeschriebenen Prüfungen für alle Deskriptoren der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie relevant sein, auch wenn Umfang und Detaillierungsgrad unterschiedlich sein können. So werden beispielsweise Projekte, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, vor ihrer Genehmigung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen. Diese Bewertungen könnten zu den Zustandsbewertungen im Rahmen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie beitragen. Dies kann auch für die Richtlinie über die strategische Umweltprüfung relevant sein, bei der Pläne und Programme in größerem Maßstab im Mittelpunkt stehen. Beim Feedback zu den für die Erreichung eines guten Umweltzustands relevanten Belastungen, einschließlich der Tätigkeiten auf See und an Land, besteht bei diesen drei Richtlinien noch Spielraum für Verbesserungen.

3.6.Die Abfallrahmenrichtlinie 60 ‚ die EU-Strategie für Kunststoffe 61 und die Einwegkunststoffrichtlinie 62  

Die Abfallrahmenrichtlinie sieht wichtige Mechanismen für die Beseitigung von Abfällen und die Verbesserung der Wasserqualität im Einklang mit den Anforderungen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie vor. Bei der jüngsten Überarbeitung dieser Richtlinie wurden direkte Verweise auf die Auswirkungen auf die Meeresumwelt hinzugefügt und, wie bereits in der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie, wurde das Ziel gesetzt, die Entstehung von Abfällen im Meer zu verhindern; die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, praktische Maßnahmen zu ergreifen, um der Vermüllung, unter die auch Abfälle im Meer fallen, Einhalt zu gebieten. Die in der Abfallrahmenrichtlinie festgelegten Ziele und Maßnahmen sind daher für die Bekämpfung von Schadstoffen im Meer unmittelbar relevant. Da einige Anforderungen der Richtlinie von den Mitgliedstaaten noch nicht umgesetzt sind, kann noch nicht festgestellt werden, wie wirksam sie in der Praxis sein werden. Derzeit besteht die größte Herausforderung darin, die vollständige Umsetzung der Richtlinie sicherzustellen und zu verhindern, dass (häufig nicht behandelte) Abfälle auf Deponien abgelagert werden, was insbesondere in Küstengebieten ein Problem darstellen kann.

Das im Rahmen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie gewonnene Wissen über Abfälle im Meer und Mikromüll und seine Auswirkungen auf wildlebende Tiere, auch wenn es nur begrenzt ist, förderte die Entwicklung der EU-Strategie für Kunststoffe und trug somit zum Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft bei. Ein konkretes Beispiel für den Beitrag der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie zur Weiterverfolgung der Strategie für Kunststoffe ist die Unterstützung der neuen Richtlinie über Einwegkunststoffe und Fanggerät. Dank der Überwachung von Strandabfällen im Rahmen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie konnte die Kommission genug Daten sammeln, um eine Folgenabschätzung und einen Legislativvorschlag vorzulegen. Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie wird auch wesentlich dazu beitragen, die Wirksamkeit dieser neuen Richtlinie über Kunststoffe zu bewerten und andere Maßnahmen der Strategie weiterzuverfolgen, beispielsweise die Quantifizierung und Kartierung von Abfällen und Mikroplastik. Es ist davon auszugehen, dass diese Unterstützung im neuen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft fortgesetzt wird. 63  

4.Zusammenfassung des Zustands der Meeresumwelt der EU

Die von den Mitgliedstaaten im Rahmen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie für den Zeitraum 2012-2015 übermittelte Anfangsbewertung der Meeresgewässer der EU lieferte keine europaweit einheitliche Wissensbasis. Dies war hauptsächlich auf Inkohärenzen bei den für die einzelnen Kriterien gemeldeten Indikatoren, eine hohe Heterogenität der methodischen Ansätze und Lücken in den gemeldeten Informationen zurückzuführen. Zur Verbesserung der Stimmigkeit und Kohärenz der Berichte der Mitgliedstaaten nahm die Kommission 2017 einen überarbeiteten Beschluss zur Bestimmung des guten Umweltzustands an (siehe Fußnote 15). Eine Aktualisierung der Anfangsbewertung sollte bis Oktober 2018 vorgelegt werden. Bis Oktober 2019 hatten jedoch nur 14 Mitgliedstaaten ihre Berichte vorgelegt, zehn davon im vereinbarten elektronischen Format (SWD(2020) 60). Diese Zusammenfassung stützt sich daher zusätzlich zu den Angaben der Mitgliedstaaten auf Informationen der Europäischen Umweltagentur und der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission (vorgelegt in SWD(2020) 61).

4.1.Bedrohte Meeresökosysteme

Der Verlust an biologischer Vielfalt in den europäischen Meeren wurde im ersten Zyklus der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie 64 nicht zum Stillstand gebracht. Die biologische Vielfalt der marinen Ökosysteme ist in den europäischen Meeren nach wie vor gefährdet, und der gute Zustand von Lebensräumen und Arten ist nicht gesichert. Einige Meerespopulationen und Artengruppen sind nach wie vor bedroht, darunter einige Seevögel (beispielsweise ist die Häufigkeit von mehr als 25 % der im Nordostatlantik analysierten Seevogelarten erheblich zurückgegangen), Elasmobranchen 65 (etwa 40 % der mediterranen Arten sind rückläufig und bei vielen ist die Datenlage unzureichend) oder bestimmte Cetaceen 66 (z. B. Schweinswale in der Ostsee mit einem Bestand von wenigen hundert Einzeltieren). Im Mittelmeer und im Schwarzen Meer sind mindestens 87 % der kommerziell befischten Fisch- und Schalentierpopulationen überfischt. 67 Generell ist der Zustand der Walpopulationen entweder nicht bekannt oder nicht gut. Kopffüßer und Reptilien werden zu schlecht überwacht (z. B. waren laut der im Rahmen der Habitat-Richtlinie vorgelegten Berichte 33 % der Meeresschildkrötenbestände in einem ungünstigen Erhaltungszustand und bei 67 % war der Zustand unbekannt).

Andererseits ist es dank der bestehenden Bewirtschaftungsmaßnahmen und gemeinsamer regionaler Programme in den letzten Jahrzehnten gelungen, ausgewählte Belastungen zu verringern und die Population einiger Arten zu vergrößern (z. B. einige Populationen von Graurobben in ganz Europa und kommerziell befischte Fischarten im Nordostatlantik). Derzeit befinden sich 41 % der analysierten Fisch- und Schalentierbestände im Nordostatlantik und in der Ostsee innerhalb sicherer biologischer Grenzen; ein noch höherer Prozentsatz wird erreicht, wenn nur eines der beiden Kriterien (fischereiliche Sterblichkeit oder Reproduktionskapazität) berücksichtigt wird. Weitere Beispiele für eine Stabilisierung oder Erholung sind Weißschwanzadler in der Ostsee und Mönchsrobben in Teilen des Mittelmeers.

Die Lebensräume des Meeresgrundes sind durch die kumulativen Auswirkungen der Grundfischerei, der Küstenentwicklung und anderer Tätigkeiten in den europäischen Meeren erheblichen Belastungen ausgesetzt. Vorläufige Ergebnisse einer Studie, die in der SWD(2020) 61 vorgestellt wurde, deuten darauf hin, dass etwa 43 % des europäischen Schelf-Böschungsgebiets und 79 % des Meeresgrundes an der Küste als von physischen Störungen betroffen gelten, wobei diese hauptsächlich auf die Grundschleppnetzfischerei zurückzuführen sind. Ein Viertel des Küstengebiets der EU hat wahrscheinlich seine Lebensräume am Meeresgrund verloren. Die wichtigsten, im Rahmen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie gemeldeten Tätigkeiten, die zu einem physischen Verlust benthischer 68 Lebensräume führten, waren Landgewinnung und Hochwasserschutz, Hafenbau, Entsorgung fester Abfälle, Erzeugung erneuerbarer Energien und Auswirkungen nicht nachhaltiger Aquakulturpraktiken. Die Beeinträchtigung benthischer Lebensräume wird sich auf Arten auswirken, die mittel- oder unmittelbar von ihnen abhängig sind; dies betrifft auch die Häufigkeit kommerziell befischter Arten.

Der allgemeine Zustand der Meeresnahrungsnetze in den europäischen Meeren lässt sich zwar noch nicht vollständig bewerten, aber es gibt zahlreiche Beispiele trophischer Gilden 69 , bei denen sich im Laufe der Zeit verschlechternde Trends zu erkennen sind. Dies betrifft insbesondere den Rückgang der Häufigkeit mehrerer wichtiger Fleischfresser wie Vögel, Haie und Meeressäuger. Es gibt Beispiele für Meeresgemeinschaften, die nicht in der richtigen Menge vorkommen, um ihre volle Produktionskapazität zu erhalten, wie bei vielen kommerziell genutzten Fisch- und Schalenbeständen im Mittelmeer und im Schwarzen Meer beobachtet wurde. Es gibt auch Anzeichen für Veränderungen in der Struktur und Verteilung der Gemeinschaften (die auf eine trophische Ebene hindeuten), beispielsweise Phytoplankton in der Ostsee und Zooplanktonarten (Copepoden) in Teilen des Nordostatlantiks.

Was die Verfügbarkeit von Daten betrifft, so sind die für die Zustandsbewertung erforderlichen Daten bei den meisten bewerteten Arten unzureichend. Es müssen mehrere Informationsquellen genutzt werden, die nicht immer ein einheitliches Bild der EU vermitteln. Für viele Artengruppen stehen nicht in ausreichendem Umfang Proben zur Verfügung, und die Auswirkungen verschiedener menschlicher Tätigkeiten auf die Meerespopulationen oder das Nahrungsnetz insgesamt können noch nicht vollständig quantifiziert werden. Die Datenerhebung muss dringend verbessert und nach Möglichkeit durch Modellierungsansätze ergänzt werden. Insbesondere im Mittelmeer, im Schwarzen Meer und in Makaronesien sollten umfassendere und regelmäßigere Abschätzungen der Fischbestände durchgeführt werden.

4.2.Hauptbelastungen der Meeresökosysteme

4.2.1.Nicht einheimische Arten

In den europäischen Meeren gibt es über 1200 nicht einheimische Arten, und ihre Gesamtzahl nimmt weiter zu, auch wenn sich die Einschleppungsrate in den letzten zehn Jahren offenbar verlangsamt hat. Die meisten dieser Arten treten im Mittelmeer auf. Etwa 7 % der im Meer lebenden, nicht einheimischen Arten sind potenziell invasiv; ihre Auswirkungen auf einheimische Gemeinschaften, Ökosysteme und deren Leistungen müssen weiter untersucht werden. Die Haupteinschleppungswege solcher Arten in die europäischen Meere scheinen die Schifffahrt (49 %) sowie See- und Binnenwasserkorridore wie der Suezkanal (33 %) zu sein. Zur besseren Beherrschung dieser Hauptwege und Minimierung von Neueinschleppungen unter Berücksichtigung regionaler Besonderheiten sind geeignete Maßnahmen erforderlich. Es ist schwierig, den Anteil einheimischer, im Meer lebender Arten und Meereslebensräume zu ermitteln, die durch nicht einheimische Arten beeinträchtigt wurden. Durch die Erhöhung der Widerstandsfähigkeit der Meeresökosysteme könnten jedoch die stärksten Auswirkungen vermieden werden; hierzu müssen die Bedingungen minimiert werden, die dazu beitragen können, dass nicht einheimische Arten invasiv werden (z. B. Rückgang einheimischer Arten und Schaffung „leerer Nischen“ im Nahrungsnetz oder Auswirkungen des Klimawandels).

4.2.2.Fischerei

Seit Anfang der 2000er Jahre hat eine bessere Bewirtschaftung der Fisch- und Schalentierbestände zu einem Rückgang des fischereilichen Drucks im Nordostatlantik und in der Ostsee beigetragen, und es gibt Anzeichen für eine Erholung der Reproduktionskapazität mehrerer Fisch- und Schalentierbestände. Derzeit befinden sich 41 % der analysierten Fisch- und Schalentierbestände in diesen beiden Regionen innerhalb sicherer biologischer Grenzen 70 , was bedeutet, dass sich die Zahl der Bestände innerhalb sicherer biologischer Grenzen von 15 im Jahr 2003 auf 29 im Jahr 2017 fast verdoppelt hat. Die fischereiliche Sterblichkeit liegt in diesen Regionen im Durchschnitt nahe an dem Niveau, das den höchstmöglichen Dauerertrag ermöglicht, doch sind weitere Verbesserungen erforderlich, damit alle Bestände im Einklang mit den Zielen der gemeinsamen Fischereipolitik ein Niveau der fischereilichen Sterblichkeit erreichen, das den höchstmöglichen Dauerertrag erlaubt.

Im Mittelmeer und im Schwarzen Meer ist die Lage dagegen weiterhin kritisch; 87 % der bewerteten Bestände sind überfischt, und es mangelt in erheblichem Umfang an Wissen über den fischereilichen Druck und die Reproduktionskapazität. Gewisse Fortschritte wurden erzielt, insbesondere mit der Annahme des ersten Mehrjahresplans für das westliche Mittelmeer, der zu einer Verringerung des Fischereiaufwands um bis zu 40 % führen könnte.

Weitere dringende Maßnahmen sind erforderlich, und der Erfolg wird von der Verfügbarkeit und Qualität von Informationen über die Meere, der Verpflichtung zur Umsetzung wissenschaftlicher Gutachten und einer angemessenen Ausschöpfung von Bewirtschaftungsmaßnahmen abhängen. Viele Bestände sind nach wie vor überfischt bzw. liegen außerhalb sicherer biologischer Grenzen. Es liegt auf der Hand, dass alle Akteure ihre Anstrengungen verstärken müssen, um eine nachhaltige Bewirtschaftung der Bestände zu gewährleisten.

Abbildung 3: Entwicklung des mittleren fischereilichen Drucks auf die 47 bewerteten Bestände im Mittelmeer und im Schwarzen Meer. Die gestrichelte Linie stellt die Nachhaltigkeitsschwelle oder den höchstmöglichen Dauerertrag dar. Die fischereiliche Sterblichkeit im Mittelmeer und im Schwarzen Meer ist nach wie vor extrem hoch und blieb seit 2003 praktisch unverändert, was darauf hindeutet, dass die meisten Bestände stark überfischt sind. 71  

Möglicherweise müssen zusätzliche Maßnahmen in Erwägung gezogen werden, um auch das Ziel eines besseren Schutzes und der Erhaltung der Lebensräume am Meeresgrund und der Reduzierung der Beifänge aus Fangtätigkeiten zu erreichen. So soll beispielsweise der Beifang die größte Belastung für alle bedrohten Hai- und Rochenarten in den europäischen Meeren sein, wo 32-53 % aller Arten bedroht sind. 72

4.2.3.Vom Menschen verursachte Eutrophierung

46 % der europäischen Küstengewässer weisen keinen guten ökologischen Zustand auf. 73 Allerdings nimmt das Ausmaß der betroffenen Gebiete in einigen Ländern ab. Die Ostsee ist die Meeresregion mit dem höchsten Anteil an Küstengewässern, in der die Nährstoffbedingungen ein Problem darstellen (58 %), während das Schwarze Meer die Region mit dem höchsten Anteil an Küstengewässern ist, in der Phytoplanktonbedingungen problematisch sind (85 %). Eutrophierung tritt auch in der südlichen Nordsee entlang der Nordwestküste Frankreichs sowie in der Nähe von Abflüssen aus Gewässern innerhalb des Mittelmeers auf.

Aufgrund der Eutrophierung, der natürlichen Bedingungen und der Auswirkungen des Klimawandels werden in der Ostsee und im Schwarzen Meer weit verbreitete sauerstoffarme Gebiete beobachtet. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf benthische Lebensräume und Nahrungsnetze. Die Nährstoffeinträge aus Punktquellen in der EU sind erheblich zurückgegangen, obwohl die Einträge aus diffusen Quellen, d. h. die Nährstoffverluste aus landwirtschaftlichen Tätigkeiten, immer noch zu hoch sind. Darüber hinaus besteht eine lange Zeitspanne zwischen der tatsächlichen Verringerung der Nährstoffeinträge und dem Rückgang der Eutrophierungseffekte.

Obwohl die Eutrophierung ein relativ gut erforschter Prozess ist, stellt die Harmonisierung der Überwachungsmethoden (zwischen einzelnen Ländern, zwischen Küsten- und offenen Meeresgebieten und zwischen den Ansätzen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie und der Wasserrahmenrichtlinie) in vielen Regionen nach wie vor ein Problem dar.

4.2.4.Dauerhafte Veränderung der hydrografischen Bedingungen

Infolge menschlicher Tätigkeiten wie Baggerarbeiten, Infrastrukturentwicklung, Sandgewinnung oder Meerwasserentsalzung, sind etwa 28 % der europäischen Küsten – unter anderem durch Meerwasserbewegungen, Salinität und Veränderungen der Meerestemperatur – von ständigen hydrografischen Veränderungen betroffen. Die im Rahmen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie übermittelten Informationen über die Trends und den Umweltzustand im Hinblick auf hydrografische Bedingungen sind jedoch zu knapp und zu wenig zusammenhängend, um eine angemessene Bewertung in großem Maßstab zu ermöglichen. Die angewandten Kriterien und Methoden sind nicht harmonisiert. Direkte und indirekte Veränderungen der hydrografischen Variablen, die durch menschliches Handeln verursacht werden, sowie ihre Auswirkungen auf die Lebensräume am Meeresgrund und in der Wassersäule werden im Rahmen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie nicht immer hinlänglich gut verstanden bzw. nicht gemeldet. Da ein Großteil der menschlichen Tätigkeiten, die unmittelbar für hydrografische Belastungen verantwortlich sind, in Küstengewässern stattfindet, ist diese Frage eng mit der Wasserrahmenrichtlinie verknüpft.

4.2.5.Schadstoffe

Das Streben nach Erreichung des Null-Schadstoffziels, für das insbesondere die Freisetzung schädlicher Stoffe an der Quelle verhindert werden soll, ist eine Priorität der EU. Die Umsetzung von Maßnahmen im Rahmen der verschiedenen Rechtsakte auf EU- und weltweiter Ebene zur Bekämpfung der chemischen Umweltverschmutzung hat zu einer Verringerung der Konzentrationen und Auswirkungen bestimmter gefährlicher Stoffe in der Meeresumwelt geführt, beispielsweise bei polychlorierten Biphenylen (PCB), bestimmten chlororganischen Pestiziden und bewuchshemmenden Substanzen auf Zinnbasis; auch eine Verringerung der Ölunfälle war zu beobachten. 74 Diese Stoffe sind jedoch sehr langlebig (persistent) und daher nach wie vor in der Meeresumwelt vorhanden.

Die Ostsee weist generell eine relativ hohe Konzentration an Quecksilber, bromierten Flammschutzmitteln und dem radioaktiven Isotop Cs-137 auf. Im Nordostatlantik bestehen in einigen Gebieten nach wie vor Bedenken hinsichtlich des Gehalts an bestimmten Schwermetallen (wie Quecksilber, Cadmium und Blei), PCB-Kongeneren und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen. Im Mittelmeer gibt es einige küstennahe Hotspots mit Bleikontamination in Flora und Fauna und Quecksilber in Sedimenten. Im Schwarzen Meer scheinen Probleme mit Verschmutzungen durch organische Schadstoffe wie Pestizide, PCB und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe sowie einige Schwermetalle zu bestehen. Hier muss ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass sich die derzeitigen Bewertungen auf eine begrenzte Anzahl von Schadstoffen konzentrieren und viele umweltschädliche Stoffe nicht regelmäßig überwacht und bewertet werden.

Was Schadstoffe in Meeresfrüchten angeht, so sollten die Konzentrationen von Schwermetallen, polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen, PCB und Dioxinen unter den im EU-Lebensmittelrecht festgelegten Höchstwerten liegen. 75 Bestimmte Fische und Fischereierzeugnisse aus dem Ostseeraum überschreiten jedoch regelmäßig die Höchstwerte für Dioxine und dioxinähnliche PCB, was zu einen Verkaufsverbot für Lachs in diesem Gebiet geführt hat. Für alle EU-Gewässer liegen nur wenige Informationen über nicht regulierte Schadstoffe oder Substanzen vor, die sich in für den menschlichen Verzehr verwendeten Fischen und Meeresfrüchten anreichern können. Neuere Daten zeigen jedoch eine Anreicherung chemischer Kunststoffrückstände 76 in den meisten im Meer lebenden Arten, darunter auch Fisch- und Schalentiererzeugnissen.

Die Überwachung der Meeresverschmutzung kann durch i) eine wirksamere, gezielte Datensuche und gemeinsame Überwachungsnetze (insbesondere im Mittelmeer und im Schwarzen Meer) und ii) harmonisierte methodische Ansätze auf regionaler Ebene verbessert werden.

4.2.6.Abfälle im Meer

Unmittelbar mit dem Auftreten von Abfällen an Land und in Flüssen zusammenhängenden Abfällen im Meer wurde sehr viel Aufmerksamkeit gewidmet, was auf EU-Ebene zur zügigen Vorbereitung von Gesetzgebungsmaßnahmen gegen Einwegkunststoffe und fischereibezogene Abfälle sowie zu einer Überarbeitung der Richtlinie über Hafenauffangeinrichtungen für die Entladung von Abfällen von Schiffen führte; Grundlage dieser Maßnahmen waren im Rahmen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie und der regionalen Meeresübereinkommen vorgenommene Bewertungen. 77 Für allen Bereiche der Meeresumwelt (Küste, Wassersäule und Meeresgrund) wurde die Existenz von Abfällen bestätigt. Kunststoffartikel sind der am häufigsten vorkommende Bestandteil der Abfälle im Meer. So machen beispielsweise Einwegkunststoffe 50 % aller europäischen Strandabfälle aus und weitere 27 % entstehen durch kunststoffhaltige Fanggeräte. Die Aufnahme von Kunststoff durch Meerestiere ist in den europäischen Meeren ebenfalls weit verbreitet. So hatten beispielsweise 93 % der im Nordostatlantik begutachteten Eissturmvögel Kunststoffe aufgenommen und bei 85 % der im Mittelmeer bewerteten Schildkröten wurde festgestellt, dass sie Abfälle verschluckt hatten.

Obwohl es keine regelmäßige regionale Überwachung gibt, deuten alle wissenschaftlichen Studien auf beträchtliche Mengen an Mikroabfällen im Meerwasser hin. Im Rahmen des neuen Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft sind spezifische Maßnahmen auf EU-Ebene geplant, um absichtlich zugesetztes Mikroplastik in Produkten, durch den Abbau von Makroabfällen entstehende Mikroabfälle und das während der Benutzung erfolgende Austreten von Mikroplastik aus Produkten (wie Reifen und Textilien) und Vorprodukten (Kunststoffpellets) zu verringern.

Derzeit setzen die Mitgliedstaaten regionale Aktionspläne gegen Abfälle im Meer und zahlreiche nationale Maßnahmen um. Dennoch befinden sich Abschätzungen der Abfallmengen erst in der Entwicklung und die Kenntnisse der Einschleppungswege müssen noch ausgebaut werden; auch an gezielten Maßnahmen zur Bekämpfung der Hauptquellen mangelt es. In Europa bestehen erhebliche Lücken bei den Daten über Abfälle auf dem Meeresgrund, in der Oberflächenschicht und der Wassersäule, bei Mikroabfällen und bei den Auswirkungen auf Meeresarten (insbesondere Verfangen). Mit der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie wird der dringenden Notwendigkeit Rechnung getragen, die Überwachungsmethoden auf nationaler, regionaler und EU-Ebene zu koordinieren.

4.2.7.Unterwasserlärm

Im Mittelpunkt der Bemühungen auf EU-Ebene stand als erster Schritt die Ermittlung der räumlichen Verteilung und der Ursachen von Unterwasserlärm, um daraus Schlüsse für die potenzielle Belastung der Meeresökosysteme zu ziehen. Unterwasserlärmkarten sind zwar verfügbar, aber Zustandsbewertungen gibt es nur selten. 78 Forschungsarbeiten zeigen, dass die Belastung durch Unterwasserlärm verschiedene Arten schädlicher Auswirkungen auf Meerestiere haben kann, die von Verhaltensänderungen bis hin zu deren Tod reichen.

Der Seeverkehr gilt als Hauptquelle für kontinuierlichen Unterwasserlärm. An den Hauptseekorridoren und in der Nähe der Häfen ist die Seeverkehrsintensität am höchsten. Das Mittelmeer weist das größte Gebiet mit sehr hohem Verkehrsaufkommen auf (27 % des Seegebiets), gefolgt von der Ostsee (19 % des Seegebiets). Impulsiver Unterwasserlärm, der in der Regel durch Tätigkeiten wie Meeresforschung, Offshore-Energieplattformen oder Baumaßnahmen verursacht wird, ist räumlich begrenzt (wahrscheinlich in 8 % des Meeresgebiets der EU) aber in großen Gebieten der Ostsee, des zentralen Mittelmeers und des Levantinischen Meeres, der Nordsee, der Keltischen See, des Balearischen Meeres und des Adriatischen Meeres wahrscheinlich nach wie vor vorhanden. Für die nördlichen und die südlichen EU-Länder wurden Register für impulsive Lärmquellen eingerichtet (insgesamt zwei). Dennoch gibt es große Überwachungs- und Wissenslücken.

Angesichts der Tatsache, dass die meisten menschlichen Tätigkeiten, die zu kontinuierlichem und impulsivem Unterwasserlärm führen, in Zukunft voraussichtlich zunehmen werden, ist damit zu rechnen, dass auch die Belastung durch Unterwasserlärm zunehmen wird. Um die Auswirkungen möglichst gering zu halten, sollte die Begrenzung oder Kompensation von Unterwasserlärmemissionen frühzeitig berücksichtigt werden, wenn der Einsatz einschlägiger Technologien oder entsprechender gewerblicher Tätigkeiten (z. B. Seekorridore, Windparks) geplant wird. Einige Experten empfehlen die Entwicklung räumlicher und zeitlicher Kalender.

Auch andere Energieformen wie Licht oder Wärme sollten berücksichtigt werden. Einige Mitgliedstaaten haben dies in ihren Strategien tatsächlich berücksichtigt, aber es sind noch größere Anstrengungen bei der Entwicklung eines stärker strategisch ausgerichteten Ansatzes für Belastungen dieser Art erforderlich.

5.Die Hauptherausforderungen und wichtigsten Vorschläge für eine bessere Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie 79

5.1.Kohärentere und ehrgeizigere Bestimmung des „guten Umweltzustands“

Ein guter Umweltzustand ist das übergeordnete Ziel der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, diesen Zustand auf der Ebene der jeweiligen Region oder Unterregion zu definieren, wobei der Beschluss von 2017 nach Kriterien aufgeschlüsselte Spezifikationen hierfür enthält. Nur 8 % der ersten von den Mitgliedstaaten gemeldeten Definitionen eines guten Umweltzustands wurden als angemessen eingestuft (SWD(2020) 61). Die Qualität der Definitionen war tendenziell unzureichend, da sie keine klaren Ziele setzten, sodass in den meisten Fällen quantitative Einzelheiten fehlten, die eine eindeutige Messung der Fortschritte ermöglicht hätten. Insgesamt mangelte es auch an Kohärenz innerhalb derselben Meeresregion bzw. -unterregion. Die Festlegungen des guten Umweltzustands müssen messbarer, regional kohärenter und ehrgeiziger sein. 80  

Der überarbeitete Beschluss über einen guten Umweltzustand ist, sofern er vollständig umgesetzt wird, ein mutiger und wichtiger Schritt zur Bestimmung eines guten Umweltzustands unter Verwendung eines gemeinsamen Ansatzes (z. B. Festlegung von Artenlisten, Bewertungsskalen und Schwellenwerten). Bei einigen Mitgliedstaaten waren zunehmende Bemühungen und größerer Ehrgeiz zu beobachten. Dennoch zeigen die zur Unterstützung der Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie finanzierten Projekte und einige Diskussionen im Rahmen der regionalen Meeresübereinkommen, dass es bis auf sehr wenige Ausnahmen immer noch keine gemeinsame regionale Auffassung gibt, was unter einem guten Umweltzustand zu verstehen ist. 81 Obwohl die Kommission ihre formelle Bewertung der neu übermittelten Informationen noch nicht abgeschlossen hat, deutet eine erste Analyse darauf hin, dass es bei den 2018 gemeldeten Festlegungen eines guten Umweltzustands nach wie vor erhebliche Unterschiede gibt. In einigen regionalen Meeresübereinkommen sind jedoch gute Fortschritte bei der Festlegung gemeinsamer Indikatoren mit regional vereinbarten Schwellenwerten erzielt worden. Während mit der gemeinsamen Umsetzungsstrategie eine kohärente Umsetzung der Richtlinie angestrebt wird, verfügen die Mitgliedstaaten über die Flexibilität, lang- und kurzfristige, für ihren Kontext und ihre Region geeignete Ziele festzulegen. Der Beschluss von 2017 verpflichtet die Mitgliedstaaten, bestimmte Schwellenwerte auf Unionsebene und nicht durch regionale Strukturen festzulegen. Die entsprechenden Arbeiten begannen im ersten Umsetzungszyklus. Doch selbst hier haben die bisherigen Versuche zur Festlegung von Schwellenwerten gezeigt, dass das Konzept zwei Seiten hat: während beim guten Umweltzustand Ehrgeiz gefordert ist, weil er eine gemeinsame Definition dessen widerspiegeln sollte, was wir für unsere Meere erreichen wollen, hindert die Festlegung einer Frist (2020 in der aktuell geltenden Richtlinie) die Mitgliedstaaten daran, eine ehrgeizige Definition des Begriffs „guter Umweltzustand“ zu akzeptieren.

5.2.Gewährleistung der Wirksamkeit der Maßnahmen

Die Mitgliedstaaten unternahmen bei der Entwicklung ihrer ersten Maßnahmenprogramme zur Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie erhebliche Anstrengungen, indem sie verschiedene Strategien auf nationaler, EU- und internationaler Ebene zusammenführten und bestehende Lücken durch neue kostenwirksame Maßnahmen schlossen. Sie meldeten insgesamt 4653 Maßnahmen. Insgesamt handelte es sich bei 79 % der gemeldeten Maßnahmen um direkte technische oder regulatorische Maßnahmen (die sich wahrscheinlich unmittelbarer auf die Umweltbelastungen auswirken werden), während es sich bei den übrigen Maßnahmen eher um indirekte Unterstützungsmaßnahmen handelte. Dennoch werden nicht alle Belastungen der Meeresumwelt durch die verabschiedeten Maßnahmen angemessen erfasst, da nur 53 % der bewerteten Programme (pro Deskriptor und pro Mitgliedstaat) geeignet erscheinen, die bestehenden Belastungen zu bewältigen (Tabelle 12 und Abbildung 8 in SWD(2020) 61).

Die Mitgliedstaaten hatten auch Schwierigkeiten, zu beurteilen, welche Auswirkungen die verschiedenen, von ihnen eingeführten Maßnahmen auf die Meeresumwelt haben werden. Dies ist zum Teil auf die Schwierigkeit zurückzuführen, die Terminierung und die vollen praktischen Auswirkungen einer einzelnen Maßnahme vorherzusagen, geschweige denn den kumulativen Nutzen einer ganzen Reihe von Maßnahmen. Wenn jedoch für Belastungen und Maßnahmen eindeutige Ursachen und Wirkungen bestehen, können die spezifischen Auswirkungen der einschlägigen EU-Strategien (z. B. der Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser, der Habitat- und der Vogelschutzrichtlinie, der Richtlinie über Industrieemissionen) ermittelt werden, die auch im Zusammenhang mit der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie als Maßnahmen genannt wurden.

Nach den laufenden Berichten über die Fortschritte bei der Umsetzung der Maßnahmen im Zusammenhang mit der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie, die bislang von 17 Mitgliedstaaten 82 vorgelegt wurden‚ sind 16 % der neuen Maßnahmen abgeschlossen worden und 56 % verlaufen den Meldungen zufolge planmäßig. Verzögerungen scheinen hauptsächlich auf finanzielle, technische oder nationale Verwaltungsprobleme zurückzuführen zu sein.

Einige offene Fragen für den zweiten Umsetzungszyklus betreffen Folgendes: i) sich darauf zu konzentrieren, angemessen auf die wichtigsten Belastungen für die einzelnen (Unter)Regionen zu reagieren, die die Mitgliedstaaten daran hindern, einen guten Umweltzustand zu erreichen, ii) sich auf den Detaillierungs-/Aggregationsgrad der zu meldenden Maßnahmen zu einigen und den Schwerpunkt auf ihre erwarteten Effekte bei der Senkung der Belastungen und ihrer Auswirkungen zu legen, iii) die Effizienz und Wirksamkeit der Maßnahmen im Hinblick auf die Erreichung der Umweltziele und eines guten Umweltzustands 83 besser zu bewerten, insbesondere durch integrierte Modellierung oder Verknüpfung mit Überwachungsprogrammen, und iv) die Kohärenz zwischen Maßnahme auf EU-, regionaler und nationaler Ebene und über diese hinweg zu verbessern und dabei nach Möglichkeit mit mehreren Mitgliedstaaten gemeinsam daran zu arbeiten, mit weniger Aufwand mehr zu erreichen.

Die Hauptbelastungen aus (unter)regionaler Perspektive, wie sie von den Mitgliedstaaten in der gemeinsamen Umsetzungsstrategie vorgetragen wurden:

·Ostsee: Eutrophierung, Schädigung des Meeresgrundes, Beifang.

·Nordsee: Abfälle, Fischerei (einschließlich Schädigung des Meeresgrundes), Eutrophierung, kumulative Auswirkungen auf hochmobile Arten.

9Golf von Biskaya und iberische Küste, Makaronesien und Keltische See: Abfälle, nicht einheimische Arten, (lokal) Fischerei.

·Mittelmeer: Überfischung, nicht einheimische Arten, Abfälle, kumulative Auswirkungen auf hochmobile Arten.

9sonstige lokal relevante Belastungen wie Eutrophierung im Adriatischen Meer und impulsiver Lärm im westlichen Mittelmeer.

·Schwarzes Meer: Schadstoffe, Unterwasserlärm, Schädigung des Meeresgrundes, Überfischung.

·Der Klimawandel gibt allen Regionen Anlass zur Sorge.

5.2.1.Die Relevanz räumlicher Schutzmaßnahmen

Von den rund 4700 Maßnahmen, die von den Mitgliedstaaten im Rahmen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie gemeldet wurden, waren 246 räumliche Schutzmaßnahmen. Dadurch hat sich der als Meeresschutzgebiet ausgewiesene Raum in Europa seit 2012 verdoppelt, sodass mehr als 10 % der europäischen Gewässer abgedeckt und die globalen Verpflichtungen erfüllt sind. Trotzdem sind diese Maßnahmen ungleichmäßig auf die Regionen und Tiefenzonen verteilt (siehe SWD(2020) 61). In der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie wird ein kohärentes und repräsentatives Netz von Schutzgebieten gefordert, um dem Verlust an biologischer Vielfalt Einhalt zu gebieten und die Widerstandsfähigkeit der Meeresumwelt, insbesondere gegenüber dem Klimawandel, zu erhöhen. Wirksame Meeresschutzgebiete (d. h. Gebiete, die wirksam geschützt und bewirtschaftet werden) können den Verlust und die Verschlechterung des Zustands von Arten und Lebensräumen verhindern, einen Ausstrahlungseffekt erzeugen, durch den die Biomasse kommerziell genutzter Arten zunimmt, organischen und anorganischen Kohlenstoff binden und damit zur Eindämmung des Klimawandels beitragen, den Küstenschutz als wichtiges Anpassungsinstrument erhöhen, die Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen gegenüber invasiven Arten oder der Erderwärmung steigern, Schadstoffe wie überschüssige Nährstoffe binden oder verdünnen, nachhaltige Tourismus- und Freizeitaktivitäten fördern und unschätzbare Zufluchtsorte für die Forschung und technische Innovationen darstellen.

Viele der europäischen Meeresschutzgebiete werden jedoch noch immer nicht ordnungsgemäß bewirtschaftet und können aufgrund des Mangels an geeigneten Instrumenten und Datenströmen nicht im Hinblick auf Kohärenz und Wirksamkeit bewertet werden. Bei der Umwandlung der Netze von Meeresschutzgebieten in wirkungsvolle Erhaltungsinstrumente bestehen im Kontext der EU 84 die Hauptherausforderungen darin, i) Netze geschützter Gebiete zu schaffen, die auf (unter)regionaler Ebene ökologisch bedeutsam sind, was in einigen Regionen mit sich bringt, dass die erfassten Flächen erweitert und die Mindestgröße der Schutzgebiete erhöht wird; ii) den Anteil der streng geschützten Gebiete oder „No-Take“-Zonen zu erhöhen und die Durchsetzungs- und Kontrollmaßnahmen zu verstärken, um zu verhindern, dass Schutzgebiete nur in der Theorie bestehen („Papierparks“); iii) in jedem Schutzgebiet wirksame Bewirtschaftungspläne mit maßgeschneiderten Maßnahmen und angemessenen Ressourcen umzusetzen. Die neue Biodiversitätsstrategie bis 2030 85 mit ihren Vorschlägen zum Schutz und zur Wiederherstellung von Meeresökosystemen stellt diesbezüglich einen wichtigen Durchbruch dar.

5.3.Straffung der Umsetzung

5.3.1.Komplexität

Es liegt auf der Hand, dass die ehrgeizigen Ziele und die ganzheitliche Sicht der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie eine breite Wissensbasis sowie umfangreiche Bewertungen und Berichte erfordern, wobei sowohl die Mitgliedstaaten als auch die Dienststellen der Kommission entschlossen sind, diesen Erfordernissen gerecht zu werden. Der erste Umsetzungszyklus war für alle an der gemeinsamen Umsetzungsstrategie beteiligten Akteure besonders anspruchsvoll, da für jede einzelne Phase erstmals Diskussionen, Definitionen, Berichte und Evaluierungen anstanden. Die meisten Teilnehmer an der gemeinsamen Umsetzungsstrategie weisen darauf hin, dass die wichtigsten Herausforderungen die ordnungsgemäße Umsetzung der Richtlinie, der Mangel an Ressourcen (hauptsächlich Humanressourcen und Zeit), die langsame Erholung der Meeresökosysteme und der Mangel an politischem Willen sind. An den wiederholten Verzögerungen bei der Berichterstattung durch die Mitgliedstaaten und den damit zusammenhängenden Vertragsverletzungsverfahren 86 im Rahmen der Richtlinie lässt sich erkennen, die schwierig die Erfüllung der Anforderungen für die Mitgliedstaaten war. Dieser Prozess dürfte sich in den nächsten Zyklen zwar verbessern, da die Berichterstattung dann viel einfacher und klarer sein müsste, aber es gibt noch einige spezifische Probleme, die im Hinblick auf eine Straffung des Umsetzungsprozesses in Angriff genommen werden könnten.

Der erste Zyklus hat gezeigt, dass die für die Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie bereitgestellten Mittel offenbar nicht dem Bedarf für eine angemessene Umsetzung der Richtlinie entsprechen, auch wenn ein Großteil der Umsetzung durch andere politische Maßnahmen unterstützt wird. Zu den Ideen, wie diese Mittel aufgestockt werden könnten, zählt die Einbeziehung bestimmter Industriezweige in die Überwachung der von ihnen hervorgerufenen Auswirkungen, die Einbindung des maritimen Raumplanungsprozesses, um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen blauer Wirtschaft und Nachhaltigkeit zu gewährleisten, die bessere Nutzung der durch Forschungsprogramme (z. B. Horizont 2020) koordinierten Beobachtungssysteme und auf EU-Ebene entwickelten Produkte (z. B. Copernicus) und die dringende Bitte an die Mitgliedstaaten, zur Finanzierung der Entwicklung und Umsetzung nationaler Meeresstrategien den Europäischen Meeres- und Fischereifonds 87  voll auszuschöpfen. 

Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie ist unbestreitbar ein komplexer Rahmen, der demnächst (ab diesem Jahr) im Rahmen einer Gesetzgebungsbewertung überprüft wird. Während des ersten Umsetzungszyklus mussten alle beteiligten Akteure die Verbindungen zwischen den verschiedenen Elementen der Strategien verstehen lernen. Dabei bestanden mitunter Unklarheiten. Beispielsweise unterschieden die Mitgliedstaaten häufig nicht zwischen Zielvorgaben und der Bestimmung eines guten Umweltzustands. Sie stellten zwischen ihren Zielvorgaben und ihren Maßnahmen keine Verbindung her und hatten daher keine messbaren Belege für ihre Fortschritte bei der Erreichung eines guten Umweltzustands. Auch die Überwachungsprogramme waren nicht immer mit den Zielvorgaben verknüpft; da die Programme vor der Einführung der Maßnahmen eingerichtet wurden, waren sie nicht optimal miteinander verbunden. Bei der Festlegung von Schwellenwerten für die Bestimmung eines guten Umweltzustands sind bislang nur langsam Fortschritte zu verzeichnen, und es scheint ein gewisser Widerstand gegen die Festlegung ehrgeiziger Werte zu bestehen, da dies die Mitgliedstaaten daran hindern würde, innerhalb der in der Richtlinie festgelegten Frist einen guten Umweltzustand zu erreichen. In der Arbeitsunterlage SWD(2020) 62 befasst sich die Kommission mit diesen Querschnittsthemen.

5.3.2.Zeitpläne

Die Richtlinie lässt hinsichtlich der Fristen für die Berichterstattung Unsicherheit entstehen, da sie feste Fristen für die Vorlage der verschiedenen Teile der nationalen Meeresstrategien 88 vorsieht, für die Konsultation, Veröffentlichung oder Bewertung der Fortschritte bei der Umsetzung 89 jedoch variable Fristen setzt. Dies wurde dadurch überwunden, dass mit den Mitgliedstaaten in der gemeinsamen Umsetzungsstrategie eine Einigung über die Nutzung fester Fristen erzielt wurde. Auch die in Artikel 1 genannte Frist für die Erreichung eines guten Umweltzustands bis 2020 ist nicht mit den Berichtszyklen abgestimmt, da die Bewertung der Fortschritte bei der Verwirklichung dieses Ziels auf der Grundlage von Überwachungsdaten bis und ab 2020 erst 2024 gemeldet werden soll. Das in der Richtlinie festgelegte Datum der Veröffentlichung des vorliegenden Umsetzungsberichts bot ebenfalls keine realistischen Chancen, die 2018 übermittelten Informationen über die Bewertung der Meeresumwelt, die Definitionen des guten Umweltzustands, die Umweltziele oder die Fortschritte bei der Umsetzung der Maßnahmenprogramme im Bericht in vollem Umfang zu würdigen. Darüber hinaus müssen mögliche zeitliche Verschiebungen berücksichtigt werden, da die Umsetzung spezifischer Maßnahmen nicht immer sofort zu einer Erholung der Meeresumwelt führen kann.

Obwohl die EU den Sechsjahreszyklus für die Bewirtschaftung und Berichterstattung in der Wasser- und Meerespolitik bereits synchronisiert hat, wäre eine weitere Synchronisierung mit dem Zyklus für die Berichterstattung über die Natur – im Wesentlichen eine Verzögerung von einem Jahr – von Vorteil für die Bewertungen und würde sie effizienter machen.

5.3.3.Berichterstattung

Aufgrund des breiten Anwendungsbereichs der Richtlinie und der Häufigkeit der Berichterstattung (drei Hauptberichte im Sechsjahreszyklus) gestaltet sich die Berichterstattung sehr anspruchsvoll. Die zuständigen Behörden und die Kommission sind gezwungen, fortlaufend Bericht zu erstatten bzw. Evaluierungen vorzunehmen, verfügen aber nicht über genügend Zeit oder Ressourcen, um über die einzelnen Phasen angemessen nachzudenken und strategische Diskussionen zu führen, bevor mit der nächsten Phase begonnen werden muss. Auch der Umstand, dass eine erhebliche Anzahl von Mitgliedstaaten verspätet Bericht erstattet, verlangsamt den Prozess (siehe Fußnote 8 und SWD(2020) 60), mit entsprechenden Dominoeffekten auf den Abschluss der Bewertungen durch die Kommission. Dies bedeutet, dass sich die Rückmeldungen an die Mitgliedstaaten verzögern und häufig zu spät eingehen, um in den nachfolgenden Berichten berücksichtigt werden zu können.

Für ihre nationalen Prozesse und öffentlichen Konsultationen investieren die Mitgliedstaaten in großem Umfang in Berichte in Papierform. Die elektronische Berichterstattung ist jedoch heute von entscheidender Bedeutung für die EU-weite Erhebung vergleichbarer und zeitnaher Informationen. Der Rahmen stützt sich auf Informationen, die in nationalen Bewertungen gemeldet werden, während neue Überwachungstechnologien ein genaueres Bild des tatsächlichen Zustands der Meere und der Fortschritte bei der Erreichung eines guten Umweltzustands ermöglichen können. Darüber hinaus waren während des ersten Zyklus der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie papierbasierte und elektronische Berichte nicht immer gleichwertig. Einige Mitgliedstaaten können auf die Berichte der regionalen Meeresübereinkommen zurückgreifen, deren Format jedoch nicht vollständig auf die Erfordernisse elektronischer Berichterstattung abgestimmt ist.

Die Kommission und die Europäische Umweltagentur arbeiten an der Verbesserung und Digitalisierung der Berichterstattungsinstrumente mit dem Ziel, einen reibungslosen Informationsfluss aus den regionalen Meeresübereinkommen, anderen Politikbereichen der EU oder aus bereits gemeldeten Informationen in die Berichterstattung zur Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie zu ermöglichen. Unstimmigkeiten zwischen elektronischen Meldungen und statischen, papierbasierten Berichten, denen einige Mitgliedstaaten offenbar den Vorzug geben, sollten beseitigt werden, da sie den Prozess insgesamt behindern. Mit der Veröffentlichung zentralisierter Übersichtstafeln (Dashboards) und auf nationaler Ebene gemeldeter Daten bewirkt die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie zunehmend eine effiziente, transparente Veröffentlichung von Informationen in WISE 90 , dem Webportal für Informationen über die Meere.

5.4.Stärkere politische Integration

Wie bereits im Abschnitt über die Wirksamkeit erwähnt, umfasst die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie alle Tätigkeiten, die sich auf die Meeresökosysteme auswirken (z. B. Fischerei, Seeverkehr, Offshore-Erdöl- und -Erdgasförderung, erneuerbare Energien), regelt sie aber nicht speziell. Es überrascht nicht, dass etwa 75 % der Maßnahmen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie aus anderen Rechtsrahmen stammen. Daher ist die Straffung und Koordinierung mit anderen sektoralen Politikbereichen von wesentlicher Bedeutung, um die Ziele der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene zu erreichen. Die Strategie des blauen Wachstums 91 hat zwar mit der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie den Schlüsselgrundsatz der Nachhaltigkeit gemeinsam, kann aber, wenn sie nicht nachhaltig umgesetzt wird, möglicherweise etwas im Widerspruch zu den in der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie vorgesehenen Maßnahmen zur Erreichung eines guten Umweltzustands stehen, insbesondere im Hinblick auf die potenzielle Ausweitung maritimer Tätigkeiten wie Offshore-Energie und Aquakultur. Um sicherzustellen, dass die Ausweitung traditioneller oder die Einführung neuer Wirtschaftstätigkeiten keine zusätzlichen Belastungen für die Meeresumwelt mit sich bringen, müssen die EU und ihre Mitgliedstaaten solidere, wissenschaftlich fundierte Brücken zwischen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie und politischen Maßnahmen zur Regulierung maritimer Tätigkeiten wie der Richtlinie über die maritime Raumplanung, der gemeinsamen Fischereipolitik, energiebezogener Initiativen 92 ‚ der Seeverkehrspolitik oder anderen Tätigkeiten (z. B. Aquakultur, Entsalzung, Abfallbewirtschaftung) bauen. Diese Tätigkeiten haben bei der Umwandlung unserer Gesellschaft und Wirtschaft in ein nachhaltiges System und einen kohlenstofffreien Kontinent, wie dies im europäischen Grünen Deal als Ziel festlegt ist, wichtige Funktionen zu übernehmen. 93 Offshore-Windparks sind notwendig, um der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen ein Ende zu setzen. Eine nachhaltige Aquakultur gewährleistet Ernährungssicherheit und eine nachhaltige Ernährung und vermeidet gleichzeitig noch größere Belastungen durch die Landnutzung. Die künftige Offshore-Windenergiestrategie und die überarbeiteten strategischen Leitlinien für eine nachhaltige Aquakultur in der EU, die beide 2020 angenommen werden sollen, werden zu diesem Ziel beitragen und sollten alle maßgeblichen Umweltaspekte umfassen. Solche Expansionen dürfen nicht zu Lasten der Widerstandsfähigkeit der Meeresökosysteme gehen, denn dies würde einen Dominoeffekt auf die Widerstandsfähigkeit des Planeten gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels insgesamt ausüben.

Die Teilnehmer an der gemeinsamen Strategie für die Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie wiesen auf die Notwendigkeit hin, zur Erreichung eines guten Umweltzustands über Gruppen und Sektoren hinweg mehr an Querschnittsthemen wie den Beziehungen zwischen Aktivitäten, Belastungen und Zustand auf der einen und dem Klimawandel auf der anderen Seite zu arbeiten.

Der Beschluss von 2017 legt fest, wie die Bewertungen der Meere mit den Normen und Verfahren anderer EU-Rechtsvorschriften verknüpft werden sollten. Alle Mitgliedstaaten verknüpften die meisten ihrer Überwachungs- und Maßnahmenprogramme mit anderen Rechtsvorschriften, vor allem im Umweltbereich (Wasserrahmenrichtlinie, Habitat-Richtlinie und Vogelschutzrichtlinie). Die Bewertungen und wissenschaftlichen Analysen der Kommission zeigen jedoch, dass die politische Integration auf operativer Ebene noch nicht erfolgt ist (beispielsweise Datenintegration, Überwachungsplanung, Festlegung von Bewertungen), und dass weitere Anstrengungen erforderlich sind, um die Synergien zu nutzen, die Verfahren aufeinander abzustimmen und letztendlich Ressourcen zu sparen. In Abschnitt 3 dieses Berichts wird auf mögliche Themen hingewiesen, die besser miteinander verknüpft oder zwischen den Politikbereichen der EU koordiniert werden könnten.

Besonders wichtig ist hier der Zusammenhang zwischen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie und der Klimapolitik. Die Ozeane sind ein wichtiger Bestandteil des Klimasystems; sie speichern anthropogenes CO2 und eine viel größere Wärmemenge als die Atmosphäre, übernehmen Funktionen als wichtige Kohlenstoffsenken und steuern die Wärmeströmung um die Erde. Daher können die Ozeane dramatische Auswirkungen auf das Weltklima haben – und umgekehrt. Dem kürzlich veröffentlichten Bericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) mit dem Titel „Ocean and Cryosphere in a Changing Climate“ 94 [Ozean und Kryosphäre in einem sich wandelnden Klima] zufolge i) hat sich seit 1993 die Erwärmung der Meere mehr als verdoppelt und wirkt sich bereits auf die gesamte Wassersäule aus; ii) haben die Ozeane seit den 1980er Jahren zwischen 20-30 % der gesamten anthropogenen CO2-Emissionen aufgefangen‚ was zu einer weiteren Versauerung der Meere führte; iii) verlieren die Ozeane Sauerstoff und sind die sauerstoffarmen Zonen größer geworden; iv) hat sich seit 1982 die Häufigkeit von Hitzewellen in den Meeren verdoppelt und sind diese länger und intensiver geworden. Diese ozeanografischen Veränderungen können dramatische Folgen für die biologische Vielfalt der Meere und die Widerstandsfähigkeit der Ökosysteme haben. Alle im IPCC-Bericht bewerteten Meeresökosysteme sind einem erhöhten Risiko der Beeinflussung durch Klimatrends ausgesetzt.

Trotz seiner Relevanz ist der Zusammenhang zwischen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie und dem Klimawandel sowohl auf der Ebene der Überwachung als auch auf der Ebene der Politikentwicklung nicht offensichtlich. Die Mitgliedstaaten haben deutlich auf die Auswirkungen des Klimawandels und der Versauerung der Meere hingewiesen, die als wichtige grenzüberschreitende Probleme mittel oder unmittelbar durch im Rahmen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie durchgeführte Überwachungsprogramme angegangen werden. Dennoch haben sich Schlüsselthemen wie die Überwachung der Versauerung in den europäischen Meeren und die Auswirkungen von Meereshitzewellen auf die biologische Vielfalt der Meere noch nicht allgemein durchgesetzt.

5.5.Förderung der regionalen Zusammenarbeit

Die regionale Zusammenarbeit hat sich seit der Annahme der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie verbessert; um eine vollständige regionale Kohärenz der Meeresstrategien zu erreichen, ist jedoch eine verstärkte Zusammenarbeit erforderlich (siehe SWD(2020) 60). In Bezug auf die drei wichtigsten Phasen der Umsetzung der Richtlinie: a) empfahl die Kommission den Mitgliedstaaten, bei der Bewertung des Zustands ihrer Meeresgewässer mehr Standards zu verwenden, die sich aus EU‑Rechtsvorschriften oder gemeinsamen regionalen Indikatoren ergeben; b) wurde die regionale Kohärenz der EU-Überwachungsprogramme als moderat bis hoch eingestuft, mit Ausnahme des Mittelmeers, wo die Einstufung niedriger ausfiel; c) war die Gesamtkohärenz der Maßnahmenprogramme in allen Regionen moderat und im Schwarzen Meer hoch. Daraus folgt, dass die Anstrengungen zur Verringerung der stärksten Belastungen für die einzelnen (Unter-) Regionen besser koordiniert werden sollten.

Eine erste Analyse der im Jahr 2018 übermittelten Informationen zeigt, dass auch im zweiten Zyklus zwischen benachbarten Mitgliedstaaten große Diskrepanzen bei den Elementen bestehen, die zur Bewertung des Zustands der Meeresökosysteme herangezogen werden. Die Mitgliedstaaten könnten die Ergebnisse regionaler Meeresübereinkommen umfassender nutzen, wenn diese mit den Anforderungen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie vereinbar wären. Wichtig ist, dass diese Übereinkommen die Maßnahmen benachbarter (Dritt-) Staaten einbeziehen und zum Kapazitätsaufbau beitragen. Wenn regionale Meeresübereinkommen jedoch den Erfordernissen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie nicht gerecht werden können, sollten die Mitgliedstaaten ihre eigenen Strategien für die grenzüberschreitende, regionale Koordinierung im Einklang mit der Richtlinie entwickeln. Das übergeordnete Ziel besteht darin, dass die EU auf dem Weg zu einem effizienteren, besser harmonisierten und kostenwirksameren Schutz der Meeresumwelt voranschreitet. Die regionalen Schwellenwerte sollten dem Beschluss der Kommission von 2017 entsprechend festgelegt werden.

5.6.Gewährleistung der Verfügbarkeit und Vergleichbarkeit von Daten

In der Anfangsbewertung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie aus dem Jahr 2012 wurde der Zustand von 80 % der Arten und Lebensräume sowie von 40 % der kommerziell genutzten Fischbestände als „unbekannt“ eingestuft. 95 Der Mangel an Daten ist in einigen Fällen auf eine echte Wissenslücke zurückzuführen (z. B. konnte im Jahr 2012 nur ein Mitgliedstaat Daten zum Unterwasserlärm übermitteln und eine Ausgangsbasis dafür definieren); in anderen Fällen könnte die Datenlage jedoch mittels Rückgriff auf vorhandene Informationen verbessert werden (beispielsweise verwendeten weniger als 40 % der Mitgliedstaaten zur Messung der Eutrophierung die in der Interkalibrierung der Wasserrahmenrichtlinie festgelegten Schwellenwerte für die Chlorophyll-a-Konzentration) 96 . In den letzten Jahren leisteten die Inputs aus Forschungsprojekten, die ausdrücklich als Beiträge zur Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie und Erfüllung des Bedarfs der Politik gedacht waren, wichtige Unterstützung (z. B. INDICIT 97 bei der Entwicklung gemeinsamer Datenbanken und Überwachungsprotokolle für die Aufnahme von Abfällen durch Schildkröten und MISTIC SEAS II 98 bei der Angleichung der Bewertung der biologischen Vielfalt der Meere in Makaronesien). Einige Experten 99 fordern den Einsatz innovativer, kostenwirksamer Überwachungssysteme, die eine breite räumliche und zeitliche Abdeckung der regionalen Meere ermöglichen würden.

Eine zweite Herausforderung besteht in der Beschaffung von Informationen, die zwischen den Mitgliedstaaten vergleichbar sind. Um dies zu erleichtern, versuchen die die im Rahmen der gemeinsamen Umsetzungsstrategie arbeitenden Expertengruppen und Netzwerke, robuste Methoden zu entwickeln, beispielsweise eine einheitliche Liste von Elementen (z. B. Schadstoffe, Nährstoffe, Arten) oder Schwellenwerte für die Bestimmung und Bewertung eines guten Umweltzustands. Diese methodischen Aspekte sind für die Sicherstellung der Vergleichbarkeit der Bewertungsergebnisse zwischen allen Mitgliedstaaten von entscheidender Bedeutung. Die Entwicklung elektronischer Berichterstattungsinstrumente hat die Vergleichbarkeit über die Grenzen hinweg verbessert, doch gibt es bei ihrer Gestaltung und der Variabilität der gemeldeten Informationen noch Raum für Verbesserungen (z. B. legen nicht alle Mitgliedstaaten eine einzelne Maßnahme der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie auf dieselbe Weise aus; die Zahl der gemeldeten Maßnahmen liegt zwischen 17 in Lettland und 417 in Spanien). Bislang sind die im Rahmen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie übermittelten Informationen auf EU-Ebene immer noch lückenhaft, und zwar in einem Umfang, dass die in SWD(2020) 61 vorgestellte Überprüfung des Zustands der Meeresumwelt sich nicht ausschließlich auf die Berichterstattung im Rahmen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie stützen konnte. Der Beschluss von 2017 sollte, sofern er vollständig umgesetzt wird, für dieses Problem Abhilfe schaffen. Ihre Umsetzung im Kontext der gemeinsamen Umsetzungsstrategie wird daher ein vorrangiges Ziel der Kommission bleiben, damit in allen Mitgliedstaaten gemeinsame und vergleichbare Daten und Ansätze verfügbar sind.

6.Wichtigste Schlussfolgerungen

In diesem Bericht wird eine Bestandsaufnahme der wichtigsten Errungenschaften und Herausforderungen des ersten Umsetzungszyklus der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie vorgenommen. Alle hier dargelegten Schlussfolgerungen werden im Rahmen der anstehenden Bewertung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie Gegenstand eines breit angelegten Konsultationsprozesses sein.

Mit der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie verfügt die EU über eine ganzheitliche, umfassende Meerespolitik, die zur Lenkung menschlicher Tätigkeiten in den europäischen Meeren den Ökosystem-Ansatz in die Praxis umsetzt. Wichtig ist auch, dass sie zur Erfüllung bedeutender internationaler Verpflichtungen beiträgt. Mit der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie wurde die Struktur für die Ausarbeitung von Meeresstrategien geschaffen, die zur Verfolgung des Ziels eines guten Umweltzustands in den Meeresgewässern der EU notwendig sind. Der Zustand der verschiedenen Ökosystemkomponenten und das Vorhandensein (und, soweit möglich, die Auswirkungen) wesentlicher Belastungen werden überwacht; ferner es werden geeignete Maßnahmen ergriffen, um den Hauptzweck der Richtlinie und die Umweltziele zu erreichen. Die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Dienststellen und der sektorübergreifende Datenaustausch innerhalb der Mitgliedstaaten haben begonnen und die regionale Koordinierung ist in den letzten Jahren dank der Unterstützung durch regionale Meeresübereinkommen größer geworden.

Auch wenn der von der Richtlinie ausgehende Schub nicht unterschätzt werden sollte, müssen die Meeresstrategien der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Ergebnisse der Bewirtschaftungsmaßnahmen verfeinert werden, damit der bestmögliche Nutzen erzielt werden kann; dabei ist anzuerkennen, dass in bestimmten Fällen der für die Erreichung eines guten Umweltzustands zur Verfügung stehende rechtliche Zeitrahmen nicht ausreicht.

Darüber hinaus ist zu bezweifeln, dass sowohl die getroffenen Maßnahmen als auch die verfügbaren Kenntnisse ausreichen. Es trifft auch zu, dass die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie nicht dazu gedacht ist, spezifische Tätigkeiten und Bedürfnisse zu regeln, die in einigen Fällen durch spezifischere Rechtsvorschriften ergänzt werden müssen, wenn der derzeitige Rechtsrahmen auf nationaler, regionaler oder EU-Ebene Lücken aufweist. Infolgedessen waren die Fortschritte bei der Erreichung eines guten Umweltzustands nicht schnell genug, um bis 2020 in allen EU-Gewässern alle Deskriptoren der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie abzudecken. Dies kann mit einer Reihe von Faktoren in Zusammenhang gebracht werden, beispielsweise der Komplexität der Analyse und Bewirtschaftung der Meeresumwelt und der diesbezüglichen Berichterstattung, dem mangelnden politischen Willen, die erforderlichen Maßnahmen angemessen zu finanzieren und durchzusetzen, oder der mangelnden Einbeziehung anderer wirtschaftlicher und privater Sektoren (mit Ausnahme von Umweltbehörden). Auf dieser Grundlage und ohne einer möglichen, im Einklang mit den Verfahren der besseren Rechtsetzung 100 erfolgenden Überarbeitung der Richtlinie zur Stärkung der Umsetzung und der Ergebnisse der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie vorzugreifen, ermöglichten die bisherigen Erfahrungen mit der gemeinsamen Umsetzungsstrategie eine vorläufige Ermittlung kritischer verbesserungswürdiger Bereiche, in denen Folgendes erforderlich ist:

(1)Ehrgeiz und politischen Willen steigern. Die Mitgliedstaaten und die Kommission sollten alles Erforderliche tun, um die verschiedenen Schritte der Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie voranzutreiben, damit ein guter Umweltzustand und eine nachhaltige Nutzung ihrer Meere zu erreicht werden. Auch die politische Kohärenz auf EU-Ebene sollte sichergestellt werden, beispielsweise bei der Festlegung der operativen Ziele der wichtigsten gemeinsamen Politikbereiche der EU (wie der gemeinsamen Fischereipolitik und der gemeinsamen Agrarpolitik) und bei der Überprüfung bzw. Aktualisierung einiger wichtiger EU-Instrumente. Die schleppende Umsetzung des Beschlusses von 2017 stellt außerdem die Kohärenz der Feststellungen für einen guten Umweltzustand in Frage. Weitere Herausforderungen ergeben sich aus den vorherrschenden natürlichen Bedingungen, dem Klimawandel und der zeitlichen Verzögerung zwischen der Umsetzung bestimmter Maßnahmen und der Erholung der Meeresumwelt.

(2)Ausreichende personelle und materielle Ressourcen zum Schutz der Meeresumwelt und zur Anwendung des ganzheitlichen Ökosystem-Ansatzes der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie gewährleisten. Die koordinierte Einführung wirksamer Maßnahmen, die zumindest auf die wichtigsten Belastungen der einzelnen Meeresregionen bzw. deren Teilregionen ausgerichtet sind, könnte für die Verbesserung des Umweltzustands am vorteilhaftesten sein. Dies bedeutet nicht, dass einige Auswirkungen auf die Meeresökosysteme außer Acht gelassen werden, sondern sollte sicherstellen, dass die bestehenden Maßnahmen wirksam genug sind, um die Hauptursachen der Zustandsverschlechterung zu verhindern und, soweit durchführbar, die geschädigten Meeresökosysteme wiederherzustellen. Wirksame Maßnahmen erfordern die Einbindung in Sektoren wie Fischerei, Energie, Verkehr, Landwirtschaft und Klima. Aufgrund der fehlenden Quantifizierung der gemeldeten Maßnahmen und der Ungewissheit darüber, in welchem Umfang sie zur Erreichung eines guten Umweltzustands beitragen werden, ist unklar, ob die im Rahmen der bestehenden EU-Politik ergriffenen Maßnahmen insgesamt ausreichen, um die erforderliche Verringerung der Belastungen für und Auswirkungen auf die Meere zu erreichen.

(3)Die Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie straffen und vereinfachen Eine Vereinfachung der Zeitpläne und der Berichterstattungsverfahren kann angestrebt werden, erfordert jedoch eine höhere Verfügbarkeit und Harmonisierung der Daten. Eine Straffung würde eine stärkere regionale Koordinierung, die Angleichung von Konzepten und Ansätzen (die beispielsweise durch die gemeinsame Umsetzungsstrategie erleichtert werden könnte) und die Koordinierung der verschiedenen politischen Maßnahmen auf nationaler, regionaler und EU-Ebene erfordern. Aufgrund der Erfahrungen mit dem ersten Umsetzungszyklus könnten innerhalb der in der Richtlinie festgelegten Parameter durch eine Verringerung der Berichterstattungsarbeit Ressourcen freigesetzt werden, damit sich die Mitgliedstaaten und die Kommission auf den Inhalt der Bewertungen und die Durchführung der Maßnahmen konzentrieren können.

Da der zweite Zyklus der Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie nun in vollem Gange ist, wird die Kommission diese Schlussfolgerungen im Rahmen ihrer Vorbereitungen auf die Überarbeitung der Richtlinie im Einklang mit den Leitlinien für eine bessere Rechtsetzung berücksichtigen. Dies wird unmittelbar zur Umsetzung des europäischen Grünen Deals und insbesondere zu seiner Biodiversitätsstrategie von 2030 und dem Null-Schadstoff-Ziel beitragen.

(1)    Der „Census of Marine Life“ [Bestandsaufnahme des marinen Lebens] ( http://www.coml.org/ ) ergab beispielsweise, dass ein Liter Meerwasser 38 000 Arten mikrobieller Bakterien enthalten kann.
(2)   EU Blue Economy Report von 2019 ( https://dx.doi.org/10.2771/21854 )[Jahresbericht über die blaue Wirtschaft].  
(3) Richtlinie 2008/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Meeresumwelt (Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie) (ABl. L 164 vom 25.6.2008, S. 19).
(4) Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Der europäische Grüne Deal, COM(2019) 640 final.
(5) Artikel 20 Absätze 1 und 3 der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie.
(6) Bericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament aus dem Jahr 2014 über die erste Phase der Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie - Bewertung und Hinweise der Europäischen Kommission COM(2014) 97, mit der zugehörigen Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen SWD(2014) 49.Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat aus dem Jahr 2017 zur Bewertung der Überwachungsprogramme der Mitgliedstaaten gemäß der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie COM(2017) 3, mit der zugehörigen Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen SWD(2017) 1.Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat aus dem Jahr 2018 zur Bewertung der Maßnahmenprogramme der Mitgliedstaaten gemäß der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie COM(2018) 562, mit den zugehörigen Arbeitsunterlagen der Kommissionsdienststellen SWD(2018) 393 und SWD(2019) 510.Darüber hinaus werden die technischen Berichte nach Mitgliedstaaten und Regionen auf folgender Website veröffentlicht: https://ec.europa.eu/environment/marine/eu-coast-and-marine-policy/implementation/reports_en.htm .
(7) Die biologische Vielfalt (D1), die Struktur der Nahrungsnetze (D4) und die Unversehrtheit des Meeresgrundes (D6) werden erhalten, während nicht einheimische Arten (D2), die Fischerei (D3), überschüssige Nährstoffe (D5), Veränderungen der hydrografischen Bedingungen (D7), Schadstoffe in der Umwelt (D8) und in für den menschlichen Verzehr bestimmtem Fisch und anderen Meeresfrüchten (D9) sowie Abfälle im Meer (D10) und Unterwasserlärm (D11) keine nachteiligen Auswirkungen auf die Meeresökosysteme haben.
(8) Bis zum 15. Oktober 2019, ein Jahr nach Ablauf der Frist, hatten nur zehn Länder ihre Berichte in elektronischer Form (Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Spanien, Lettland, Niederlande, Polen, Finnland und Schweden) und nur vier Länder in textbasierter Form (Griechenland, Frankreich, Italien und Rumänien) übermittelt. Neun Mitgliedstaaten hatten keine Angaben gemacht.
(9) Nach Artikel 20 Absätze 1 und 3. Ein „Evaluierungsbericht“ in einem Rechtsakt, der aus der Zeit vor der besseren Rechtsetzung stammt, wird als „Umsetzungsbericht“ ausgelegt.
(10) In der Arbeitsunterlage SWD(2020) 60 werden die wichtigsten Schritte und Schlussfolgerungen aus der Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie dargelegt. SWD (2020) 61 fasst zusammen, was über den Zustand der Meeresgewässer der EU bekannt ist, und bezieht sich auf die elf „Deskriptoren“ der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie. In SWD (2020) 62 werden Schlüsselkonzepte erläutert und Leitlinien für eine integrierte Bewertung und Bestimmung des guten Umweltzustands bereitgestellt.
(11) Den Vorschriften in Artikel 23 entsprechend.
(12) Im Kasten dargestellte Definition auf der Grundlage der CBD COP5 ( http://www.cbd.int/decision/cop/?id=7148 ) und eines breiten wissenschaftlichen Konsenses (https://www.compassscicomm.org/ebm-consensus-statement-download).
(13) Nach der Annahme der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie erklärte der Rat „Allgemeine Angelegenheiten“, dass bereichsübergreifende politische Instrumente für die Förderung der nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung, der Umweltüberwachung, der Sicherheit, der Gefahrenabwehr und der Rechtsdurchsetzung in den Ozeanen, Meeren und Küstenregionen Europas von größter Bedeutung seien. Die Mitglieder des Rats erkannten die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie mit ihrem Ökosystem-Ansatz zur Lenkung menschlicher Tätigkeit als Grundlage für eine erfolgreichere und nachhaltigere Entwicklung sämtlicher maritimer Tätigkeiten an (2973. Tagung des Rates „Allgemeine Angelegenheiten“, Brüssel, 16. November 2009).
(14) Da sich dieser Bericht auf den Zeitraum 2008-2019 bezieht, wurde das Vereinigte Königreich für diesen Zeitraum als EU-Mitgliedstaat gezählt.
(15) Festgelegt im Beschluss (EU) 2017/848 der Kommission vom 17. Mai 2017 zur Festlegung der Kriterien und methodischen Standards für die Beschreibung eines guten Umweltzustands von Meeresgewässern und von Spezifikationen und standardisierten Verfahren für die Überwachung und Bewertung sowie zur Aufhebung des Beschlusses 2010/477/EU (ABl. L 125 vom 18.5.2017, S. 43).
(16) Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss benannte die Entwicklung, Integration und Koordinierung der europäischen Meeresforschung und maritimen Forschung als Priorität. Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zur Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Eine Europäische Strategie für die Meeresforschung und die maritime Forschung: ein kohärenter Rahmen für den Europäischen Forschungsraum zur Förderung der nachhaltigen Nutzung von Ozeanen und Meeren, KOM(2008) 534 endg. (ABl. C 306 vom 16.12.2009, S. 46).
(17) Siehe beispielsweise „LIFE and the marine environment“ ( https://doi.org/10.2779/942085 ), durch EU-Rahmenprogramme für Forschung und Innovation finanzierte Projekte wie https://cordis.europa.eu/article/id/400695-better-marine-stewardship-through-research-and-innovation/de , DEVOTES und STAGE-Projekte (http://www.devotes-project.eu/, http://www.stagesproject.eu/) oder das Projektverzeichnis in SWD(2020) 60.
(18) Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (ABl. L 327 vom 22.12.2000, S. 1).
(19) Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. L 20 vom 26.1.2010, S. 7) und Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7).
(20) Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die Gemeinsame Fischereipolitik und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1954/2003 und (EG) Nr. 1224/2009 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 2371/2002 und (EG) Nr. 639/2004 des Rates und des Beschlusses 2004/585/EG des Rates (ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 22).
(21) Expertengruppe der Kommission für die strategische Koordinierung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (2008/56/EG) (E02550).
(22) Zugänglich unter https://circabc.europa.eu/w/browse/1dfbd5c7-5177-4828-9d60-ca1340879afc .
(23) Conclusions from the Marine Strategy Coordination Group [Schlussfolgerungen der Koordinierungsgruppe für die Meeresstrategie], ausgearbeitet von Cavallo et al., 2017 ( http://dx.doi.org/10.1016/j.marpol.2017.09.035 ).
(24) Ergebnisse eines Fragebogens, der allen Mitgliedern der verschiedenen Gruppen im Rahmen der gemeinsamen Umsetzungsstrategie im April 2019 zugesandt wurde und der kritischen Überprüfung der Funktionen und des Arbeitsprogramms der Strategie diente.
(25) Ozeankompetenz ist das Verständnis des Ozeans und der Beziehung der Menschheit zu ihm.
(26)  Insbesondere durch das Übereinkommen von Aarhus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa, das 1998 angenommen wurde.
(27) Artikel 19 und Anhang VI Absatz 8 der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie.
(28) Beispielsweise CIRCABC ( https://circabc.europa.eu/w/browse/326ae5ac-0419-4167-83ca-e3c210534a69 ) und WISE Marine ( https://water.europa.eu/marine ).
(29) Der Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ betonte, dass die Zusammenarbeit mit und zwischen Mitgliedstaaten, Regionen und gegebenenfalls Drittstaaten, die sich ein Meeresbecken teilen, für den Erfolg der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie von entscheidender Bedeutung ist. Er betonte ferner die Notwendigkeit einer möglichst engen Zusammenarbeit zwischen allen Ländern, die Meeresgewässer und grenzüberschreitende Wassereinzugsgebiete gemeinsam nutzen (2973. Tagung des Rates „Allgemeine Angelegenheiten“, Brüssel, 16. November 2009 und 2988. Tagung des Rates „Umwelt“, Brüssel, 22. Dezember 2009).
(30) Artikel 4, 5 und 6 der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie. Die vereinbarte endgültige Karte der Meeresregionen und -unterregionen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie ist abrufbar unter https://www.eea.europa.eu/data-and-maps/data/europe-seas#tab-gis-data .
(31) Die EU-Meeresgewässer sind Gegenstand der folgenden vier regionalen Meeresübereinkommen: dem Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt der Ostsee (Helsinki-Übereinkommen – HELCOM), dem Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks (Oslo-Pariser Übereinkommen – OSPAR), dem Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt und der Küstengebiete des Mittelmeers (Übereinkommen von Barcelona – UNEP-MAP) und dem Übereinkommen zum Schutz des Schwarzen Meeres vor Verschmutzung (Bukarester Übereinkommen, dem die EU noch beizutreten versucht). Das OSPAR deckt jedoch nicht die gesamte europäische Subregion Makaronesien ab, sondern nur die Azoren.
(32) Angaben zu der von den Mitgliedstaaten und der Kommission angenommenen gemeinsamen Strategie zur Umsetzung der Richtlinie 2008/56/EG sind Abschnitt 2.3 dieses Berichts zu entnehmen.
(33) UNEP/MAP Mediterranean Quality Status Report [Bericht über den Qualitätsstatus des Mittelmeeres] ( https://www.medqsr.org/ ), OSPAR Intermediate Assessment [Zwischenbewertung] ( https://oap.ospar.org/en/ospar-assessments/intermediate-assessment-2017/ ), HELCOM second Holistic Assessment [zweite ganzheitliche Bewertung] ( http://stateofthebalticsea.helcom.fi/ ), Black Sea State of Environment Report [Bericht über den Umweltzustand des Schwarzen Meeres] 2009-2014 ( http://www.blacksea-commission.org/SoE2009-2014/SoE2009-2014.pdf ).
(34) Zum Beispiel Life +, Horizont 2020, Mittel aus den europäischen Struktur- und Investitionsfonds, einschließlich des Europäischen Meeres- und Fischereifonds, sowie regionale Mittel, Mittel im Rahmen der Nachbarschaftspolitik, Mittel aus dem Partnerschaftsinstruments und Mittel aus der Entwicklungsförderung.
(35) Internationale Meerespolitik: Der Beitrag der EU zum verantwortungsvollen Umgang mit den Weltmeeren, JOIN(2016) 49 final.
(36)  „Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ (A/RES/70/1), die im September 2015 als Aktionsplan für Menschen, Planet und Wohlstand angenommen wurde. Sie umfasst 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung und 169 Zielvorgaben.
(37) Beispielsweise die Erklärung von Rio über Umwelt und Entwicklung der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung (UNCED) von 1992 oder das Abschlussdokument von Rio+20 „Die Zukunft, die wir wollen“ (A/CONF.216/L.1).
(38) Siehe beispielsweise die am 6. März 2018 angenommene HELCOM-Ministererklärung (auf Englisch) ( http://www.helcom.fi/Documents/HELCOM%20at%20work/HELCOM%20Brussels%20Ministerial%20Declaration.pdf ).
(39) Insbesondere CBD Aichi Ziel 11: Bis 2020 sind mindestens 17 Prozent der Land- und Binnenwassergebiete und 10 Prozent der Küsten- und Meeresgebiete, insbesondere Gebiete von besonderer Bedeutung für die biologische Vielfalt und für die Ökosystemleistungen, durch effektiv und gerecht gemanagte, ökologisch repräsentative und gut vernetzte Schutzgebietssysteme und andere wirksame gebietsbezogene Erhaltungsmaßnahmen geschützt und in die umgebende (terrestrische/marine) Landschaft integriert.
(40) Das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (United Nations Convention on the Law of the Sea – UNCLOS) legt die Verantwortlichkeiten und Rechte der Nationen in Bezug auf Meere und Ozeane fest und enthält eine Reihe von Verpflichtungen zum Schutz und zur Bewahrung der Meeresumwelt.
(41) Das erste rechtsverbindliche, universelle Übereinkommen zur Vermeidung des Klimawandels durch die Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter 2 °C und die Fortsetzung der Bemühungen um eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C, das im Dezember 2015 in Paris angenommen wurde ( https://unfccc.int/documents/9097 ).
(42) Im Rahmen des Übereinkommens von Paris eingegangene Verpflichtungen zum Schutz der Ozeane ( https://doi.org/10.1038/nclimate3422 ).
(43) Laut der Mitteilung der Kommission „Ein sauberer Planet für alle – Eine Europäische strategische, langfristige Vision für eine wohlhabende, moderne, wettbewerbsfähige und klimaneutrale Wirtschaft“ (COM(2018) 773 final) werden 80 % des erzeugten Stroms aus erneuerbaren Energieträgern (die sich zunehmend Off-shore befinden) stammen.
(44) In Artikel 20 Absatz 3 Buchstabe g wird eine Zusammenfassung der Beiträge anderer einschlägiger gemeinschaftlicher Politikbereiche zur Erreichung der Ziele dieser Richtlinie verlangt. Diese Zusammenfassung ersetzt nicht die künftige Analyse der Politikkohärenz, die im Rahmen der Bewertung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie entwickelt werden soll.
(45) „Schwellenwert“ ist ein Wert oder eine Spanne von Werten, der bzw. die eine Bewertung des für ein bestimmtes Kriterium erreichten Qualitätsniveaus ermöglicht und damit zur Bewertung beiträgt, inwieweit ein guter Umweltzustand erreicht wird. (Beschluss (EU) 2017/848 der Kommission, Artikel 2 Absatz 5). Schwellenwerte umfassen eine „akzeptable Abweichung“ vom Referenzzustand oder ursprünglichen Zustand. Dies ermöglicht eine nachhaltige Nutzung des Meeres, wodurch ein gewisses Maß an Belastungen bewältigt werden kann, sofern die Umweltqualität insgesamt erhalten bleibt (SWD(2020) 62).
(46) Diese können auch mit anderen Begriffen, beispielsweise Umweltqualitätsstandards, bezeichnet werden.
(47) Richtlinie 91/271/EWG des Rates vom 21. Mai 1991 über die Behandlung von kommunalem Abwasser (ABl. L 135 vom 30.5.1991, S. 40).
(48) Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen – Bericht über die Fortschritte bei der Umsetzung der Maßnahmenprogramme der Wasserrahmenrichtlinie, Begleitunterlage zur Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat – Wasserrahmenrichtlinie und Hochwasserrichtlinie: Maßnahmen zur Verbesserung des „guten Zustands“ des Wassers in der EU und zur Verringerung des Hochwasserrisikos (SWD/2015/50 final).
(49) Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen – Eignungsprüfung der Wasserrahmenrichtlinie, der Grundwasserrichtlinie, der Richtlinie über Umweltqualitätsnormen und der Hochwasserrichtlinie (SWD/2019/439).
(50) Wasserbericht der EUA von 2018 (auf Englisch) (https://www.eea.europa.eu/publications/state-of-water#tab-data-references).
(51) Siehe https://ec.europa.eu/environment/water/water-urbanwaste/evaluation/index_en.htm und in dieser Website verfügbare Unterlagen.
(52) Daten von Pistocchi et al., 2019 ( https://doi.org/10.2760/303163 ).
(53) Arten von europäischem Interesse: https://www.eea.europa.eu/data-and-maps/indicators/species-of-european-interest-2/assessment .
(54) Die Kommission hat eine Studie in Auftrag gegeben, um die Übereinstimmung der gemeldeten Daten und politischen Ziele im Rahmen der Vogelschutz-, der Habitat- und der Meeresrichtlinie mit der Bewertung von im Meer lebenden Arten und Meereslebensräumen zu untersuchen.
(55) Daten von ETC/ICM, 2017 ( https://www.eea.europa.eu/data-and-maps/data/external/spatial-analysis-of-marine-protected ).
(56) OSPAR-Bewertungsportal, Ausmaß physischer Schäden an vorherrschenden und besonderen Lebensräumen (https://oap.ospar.org/en/ospar-assessments/intermediate-assessment-2017/biodiversity-status/habitats/extent-physical-damagepredominant-and-special-habitats/)
(57) Richtlinie 2014/89/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Schaffung eines Rahmens für die maritime Raumplanung (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 135).
(58) Bulgarien, Irland, Polen.
(59) Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (ABl. L 197 vom 21.7.2001, S. 30) und Richtlinie 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 124 vom 25.4.2014, S. 1).
(60) Richtlinie (EU) 2018/851 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie 2008/98/EG über Abfälle (ABl. L 150 vom 14.6.2018, S. 109).
(61) Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Eine europäische Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft“ (COM(2018) 028 final).
(62) Richtlinie (EU) 2019/904 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über die Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt (ABl. L 155 vom 12.6.2019, S. 1).
(63) Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Ein neuer Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft – Für ein saubereres und wettbewerbsfähigeres Europa (COM(2020) 98 final).
(64) Der Rückgang der biologischen Vielfalt der Meere in Europa wird in „The European Environment – State and Outlook 2020“ [Die Umwelt in Europa – Zustand und Ausblick] ( https://www.eea.europa.eu/soer-2020/intro )‚ „The IPBES Regional Assessment Report on biodiversity and ecosystem services for Europe and Central Asia“ [Regionaler Bewertungsbericht der IPBES über biologische Vielfalt und Ökosystemdienstleistungen für Europa und Mittelasien] ( https://ipbes.net/assessment-reports/eca ) nachgewiesen; weitere Verweise und Einzelheiten finden sich in SWD(2020) 61.
(65) Unter Elasmobranchen (Plattenkiemer) fallen Haie und verschiedene Rochenarten.
(66) Zu Cetaceen zählen Wale, Delfine und Tümmler.
(67) Auf der Grundlage einer Analyse von 47 Beständen, die unter Umständen die Hälfte der gesamten kommerziell befischen Bestände in diesem Gebiet darstellen.
(68) Am Meeresgrund vorkommende Lebensräume.
(69) Unter einer trophischen Gilde wird eine Gruppe von Arten verstanden, welche auf ähnliche Weise dieselben Ressourcenarten nutzt.
(70) Auf der Grundlage einer Bewertung von etwa einem Drittel der kommerziell genutzten Fisch- bzw. Schalentierbestände in dem Gebiet.
(71) STEFC-Daten von 2019 (http://dx.doi.org/10.2760/22641).
(72) Nieto et al., 2015 (https://www.iucn.org/ja/content/european-red-list-marine-fishes).
(73) https://www.eea.europa.eu/data-and-maps/data/wise-wfd-3
(74) Weitere Anstrengungen laufen. So haben beispielsweise die EU-Mitgliedstaaten und die Kommission kürzlich eine Änderung des Übereinkommens der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) über die Kontrolle schädlicher Bewuchsschutzsysteme auf Schiffen vorgeschlagen, um Kontrollen des Biozids Cybutryn aufzunehmen, das für Algen, Seegras und Korallen hochgiftig ist.
(75) Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 der Kommission vom 19. Dezember 2006 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln (ABl. L 364 vom 20.12.2006, S. 5).
(76) Chemische Schadstoffe, insbesondere Kunststoffzusätze, können ein ökotoxikologisches Risiko mit Auswirkungen und Übertragungen auf Meerestiere darstellen (z. B. Hermabessiere et al. 2017, http://dx.doi.org/10.1016/j.chemosphere.2017.05.096).
(77) Richtlinie (EU) 2019/883 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über Hafenauffangeinrichtungen für die Entladung von Abfällen von Schiffen, zur Änderung der Richtlinie 2010/65/EU und zur Aufhebung der Richtlinie 2000/59/EG.
(78) Ein Beispiel ist der Bericht der HELCOM aus dem Jahr 2019 ( http://www.helcom.fi/Lists/Publications/BSEP167.pdf ).
(79) Wie in Artikel 20 Absatz 3 Buchstabe c der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie vorgeschrieben.
(80) Vor diesem Hintergrund drang der Ausschuss der Regionen auf einen politischen Leistungssprung, als er den Mangel an Ehrgeiz und Kohärenz in den von den Mitgliedstaaten gesetzten Zielen feststellte, durch den es erschwert wird, zu erkennen, wie viel noch getan werden muss, um das Ziel zu erreichen (112. Plenartagung des AdR am 3. und 4. Juni 2015, einstimmig verabschiedete Stellungnahme „Besserer Schutz der Meeresumwelt“).
(81) In Anbetracht des Rahmencharakters der Richtlinie und angesichts der Tatsache, dass Daten für die Beurteilung dessen, ob die Frist für den guten Umweltzustand 2020 erfüllt wurde, erst bei der nächsten Aktualisierung der Bewertungen (bis 2024) gemeldet werden, hat die Kommission bisher keine Vertragsverletzungsverfahren bezüglich der Erreichung des Zwecks oder wegen mangelnder Kooperation bei der Erarbeitung regionaler oder unterregionaler Definitionen des guten Umweltzustands eingeleitet.
(82) Für Bulgarien, Zypern, Griechenland, Italien, Malta und Portugal liegen noch immer keine Berichte nach Artikel 18 der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie vor (Stand: Ende Oktober 2019).
(83) Einige Mitglieder des Europäischen Parlaments bedauerten, dass es keine stärkere Kontrolle seitens der Europäischen Kommission darüber gebe, wie die Überwachung erfolgen solle (Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit des Europäischen Parlaments vom 24. April 2017, Tagesordnungspunkt 5). Seit 2014 wurde den Empfehlungen nachgegangen und es wurden weitere Anstrengungen zur Stärkung der regionalen Zusammenarbeit unternommen.
(84) In der Vogelschutz- und der Habitat-Richtlinie sowie der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie ist die Ausweisung und Bewirtschaftung geschützter Meeresgebiete in der EU vorgeschrieben und erhält durch die Ziele der EU-Biodiversitätsstrategie weitere Unterstützung. Andere politische Strategien wie die Richtlinie über die maritime Raumplanung und die gemeinsame Fischereipolitik tragen zur kohärenten Bewirtschaftung dieser Meeresgebiete bei.
(85) Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 – Mehr Raum für die Natur in unserem Leben, COM(2020) 380 final.
(86) Seit 2012 wurden insgesamt 52 Pilot- und Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten wegen Verzögerungen bei der Berichterstattung eingeleitet.
(87) Der Europäische Meeres- und Fischereifonds unterstützt die Umsetzung der gemeinsamen Fischereipolitik und der integrierten Meerespolitik, einschließlich ihrer Umweltsäule, der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie. Der Fonds fördert nachhaltige und ressourceneffiziente Fischerei- und Aquakulturtätigkeiten, indem er unter anderem stärker integrierte Erhaltungsmaßnahmen, eine bessere Kontrolle und Durchsetzung, eine bessere Datenerhebung und größeres Wissen über die Meere unterstützt.
(88) Nach Artikel 5 Absatz 2 und Artikel 17 Absatz 2 der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie.
(89) Durch die Bestimmungen der Artikel 17 Absatz 3, Artikel 18 und Artikel 19 Absatz 3 der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie.
(90)   https://water.europa.eu/marine
(91) Mitteilung der Kommission: Innovation in der Blauen Wirtschaft: das Potenzial unserer Meere und Ozeane für Wachstum und Beschäftigung ausschöpfen, COM(2014) 254/2.
(92) Unter anderem Richtlinie 2013/30/EU über die Sicherheit von Offshore-Erdöl- und -Erdgasaktivitäten; Richtlinie 2009/28/EG zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen; Verordnung (EU) 2015/757 über die Überwachung von Kohlendioxidemissionen aus dem Seeverkehr, die Berichterstattung darüber und die Prüfung dieser Emissionen.
(93) Die Kommission schlug beispielsweise in ihrer Mitteilung zum Grünen Deal vor, den europäischen Emissionshandel auf den Seeverkehr auszudehnen.
(94) IPCC, 2019 (https://www.ipcc.ch/srocc/home/).
(95)   https://water.europa.eu/marine/topics/state-of-marine-ecosystem  
(96) Palialexis et al., 2014 ( https://doi.org/10.2788/64014 ).
(97)   https://indicit-europa.eu/  
(98)   http://mistic-seas.madeira.gov.pt/en/content/mistic-seas-2  
(99) Beispielsweise Borja et al., 2016 ( https://doi.org/10.3389/fmars.2016.00020 ), Danovaro et al., 2016 ( https://doi.org/10.3389/fmars.2016.00213 ) oder Lynam et al., 2016 ( https://doi.org/10.3389/fmars.2016.00182 ).
(100) Die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit: Stärkung ihrer Rolle bei der Politikgestaltung der EU, COM(2018) 703 final.
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