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Document 52012DC0337

BERICHT DER KOMMISSION AN DEN RAT über die Anwendung von Artikel 263 Absatz 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates bezüglich der Verkürzung von Fristen

/* COM/2012/0337 final */

52012DC0337

BERICHT DER KOMMISSION AN DEN RAT über die Anwendung von Artikel 263 Absatz 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates bezüglich der Verkürzung von Fristen /* COM/2012/0337 final */


BERICHT DER KOMMISSION AN DEN RAT

über die Anwendung von Artikel 263 Absatz 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates bezüglich der Verkürzung von Fristen

1.           Einführung

Gemäß Artikel 2 der Richtlinie 2008/117/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 legt die Kommission auf der Grundlage der von den Mitgliedstaaten übermittelten Informationen bis zum 30. Juni 2011 einen Bericht vor, in dem die Auswirkungen von Artikel 263 Absatz 1 der Richtlinie 2006/112/EG auf die Fähigkeit der Mitgliedstaaten, MwSt-Betrug bei der innergemeinschaftlichen Lieferung von Gegenständen und der innergemeinschaftlichen Erbringung von Dienstleistungen zu bekämpfen, und die Zweckmäßigkeit der Möglichkeiten, die in Artikel 263 Absätze 1a, 1b und 1c vorgesehen sind, evaluiert werden, und fügt diesem Bericht erforderlichenfalls geeignete Vorschläge bei.

Ein Problem, mit dem die Mitgliedstaaten bei betrügerischen Geschäften in erster Linie konfrontiert waren, war die Tatsache, dass die Informationen in den zusammenfassenden Meldungen erst nach sechs Monaten verfügbar waren, also viel zu spät für eine Risikoanalyse. Die erste Initiative der Kommission in diesem Zusammenhang war daher die Vorlage eines Vorschlags zur Änderung der MwSt-Richtlinie mit dem Ziel, die Frist für die Abgabe der zusammenfassenden Meldung auf einen Monat zu verkürzen.

Die Verabschiedung der Richtlinie 2008/117/EG vom 16. Dezember 2008 war eine erste Reaktion auf die Forderung der Mitgliedstaaten, das MwSt-System zu stärken und sie bei ihren Bemühungen zur Bekämpfung von MwSt-Betrug zu unterstützen. Mit der genannten Richtlinie wurde Artikel 263 Absatz 1 der Richtlinie 2006/112/EG dahin gehend geändert, dass die Fristen für die Meldung grenzüberschreitender Umsätze für MwSt-Zwecke und die Fristen für den Austausch dieser Informationen zwischen den Mitgliedstaaten verkürzt wurden, damit betrügerische Geschäfte, insbesondere „MwSt-Karussells“, schneller aufgedeckt werden können. Dieser Artikel, der bis 1. Januar 2010 hätte umgesetzt werden sollen, sieht Folgendes vor:

In der Regel sind grenzüberschreitende Umsätze für MwSt-Zwecke ab dem 1. Januar 2010 monatlich zu melden.

Die Mitgliedstaaten können jedoch Steuerpflichtigen, deren Lieferungen von Gegenständen im Quartal insgesamt weniger als 50 000 EUR (ohne MwSt) betragen (optional 100 000 EUR bis zum 31. Dezember 2011), und allen Erbringern von Dienstleistungen gestatten, die zusammenfassenden Meldungen weiterhin vierteljährlich abzugeben.

Der Bericht der Kommission befasst sich im Wesentlichen mit folgenden Fragen:

· Inwieweit hat die Beschleunigung des Informationsaustauschs die Fähigkeit der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von MwSt-Betrug verbessert? Hat sie z. B. zu einer schnelleren Entdeckung von „missing traders“ (Scheinfirmen) oder zu einem besseren nationalen Risikomanagementsystem geführt?

· Haben sich die in Artikel 263 der Richtlinie 2006/112/EG vorgesehenen Optionen auf das Ziel, die Fähigkeit der Mitgliedstaaten zur Betrugsbekämpfung zu verbessern, ausgewirkt und gleichzeitig im Einklang mit der Lissabonner Agenda zu einer Verringerung des Verwaltungsaufwands für die Unternehmen geführt?

· Wie haben sich die Verkürzung der Frist für die Abgabe der zusammenfassenden Meldungen und die verschiedenen Optionsregelungen mit Blick auf die Ziele der Lissabonner Agenda zur Minimierung des Verwaltungsaufwands für die Unternehmen auf die Unternehmen ausgewirkt?

Die Kommission hat beschlossen, die Frist für die Abgabe des Berichts zu verlängern, damit die Mitgliedstaaten mehr Zeit haben, Erfahrungen mit den neuen Bestimmungen zu sammeln.

2.           Informationsquellen für die Bewertung der Anwendung des Artikels 263 Absatz 1

Für die Umsetzung und Anwendung des Artikels 263 Absatz 1 sind die Mitgliedstaaten zuständig. Die vorliegende Evaluierung kann sich daher nur auf die von den Mitgliedstaaten erhaltenen Informationen stützen. Um die erforderlichen Informationen zur Evaluierung der Auswirkungen dieser neuen Vorschriften einzuholen, schickte die Kommission den Mitgliedstaaten zwei Fragebögen, einen vor der Umsetzung der neuen Vorschriften und einen nach ihrer Umsetzung. Hauptziel der Fragebögen war ein Vergleich der Situation in den Mitgliedstaaten vor Umsetzung der verkürzten Fristen mit der Situation nach Umsetzung der neuen Vorschriften. Es muss darauf hingewiesen werden, dass nicht alle Mitgliedstaaten in der Lage waren, die neuen Vorschriften ab dem 1. Januar 2010 anzuwenden. Außerdem beantworteten nur 22 Mitgliedstaaten die Fragebögen, z. T. mit so wenig Detailtiefe, dass eine ordnungsgemäße Auswertung nicht möglich war.

Um Informationen über die Auswirkungen der Verkürzung der Fristen und der Optionsregelungen auf die Unternehmen einzuholen, führte die Kommission eine Studie[1] durch. Hierzu beauftragte sie PwC mit einer Expertenstudie zur Untersuchung der Auswirkungen aus Sicht der Unternehmen. Die Studie wurde im Oktober 2011 fertig gestellt und ist auf der Website der Kommission unter folgender Adresse zu finden:

http://ec.europa.eu/taxation_customs/common/publications/studies/index_de.htm.

3.           Wichtigste Ergebnisse

3.1.        Kurze Beschreibung der Umsetzung der Vorschriften des neuen Artikels 263 Absatz 1 in die innerstaatlichen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten[2]

Gemäß dem neuen Artikel 263 Absatz 1 der Richtlinie 2006/112/EG sind zusammenfassende Meldungen über die innergemeinschaftliche Lieferung von Gegenständen, einschließlich fiktiver Lieferungen, und die innergemeinschaftliche Erbringung von Dienstleistungen für jeden Kalendermonat innerhalb einer Frist von höchstens einem Monat und nach den Modalitäten abzugeben, die von den Mitgliedstaaten festzulegen sind.

Aus der Analyse geht hervor, dass Artikel 263 Absatz 1 der Richtlinie 2006/112/EG und insbesondere die darin festgelegten Optionen (in der Praxis) nicht einheitlich umgesetzt werden.

Beispiele:

– 17 Mitgliedstaaten haben die abweichende Regelung, wonach die zusammenfassenden Meldungen vierteljährlich abgegeben werden können, umgesetzt, 10 Mitgliedstaaten haben sie nicht umgesetzt;

– in 5 Mitgliedstaaten ist die abweichende Regelung obligatorisch, in 12 Mitgliedstaaten ist sie fakultativ;

– in 2 Mitgliedstaaten gibt es getrennte zusammenfassende Meldungen für Gegenstände und Dienstleitungen, in den übrigen 25 Mitgliedstaaten gibt es eine kombinierte zusammenfassende Meldung. In 4 Mitgliedstaaten sind unterschiedliche Meldefristen für innergemeinschaftliche Lieferungen von Gegenständen, einschließlich fiktiver Lieferungen, einerseits und die Erbringung von Dienstleistungen andererseits möglich;

– in 22 Mitgliedstaaten ist die elektronische Abgabe vorgeschrieben (wobei es allerdings in 10 Mitgliedstaaten Ausnahmen gibt), während 5 Mitgliedstaaten die elektronische Abgabe fakultativ anbieten.

Anhang I enthält eine Tabelle mit einer Übersicht über diese komplexe Situation.

3.2.        Folgen für die Steuerverwaltungen

3.2.1.     Auswirkungen auf die Tätigkeit der Steuerverwaltungen

Die meisten Mitgliedstaaten haben bestätigt, dass die Daten aus den zusammenfassenden Meldungen ähnlich genutzt werden wie vor der Einführung der monatlichen Meldefrist. Es gebe jetzt jedoch sowohl für Gegenstände als auch für Dienstleistungen eine höhere Zahl zusammenfassender Meldungen.

Mehrere Mitgliedstaaten (darunter CY, DE, PL, SK, SI und UK) erklärten, der Verwaltungsaufwand für die Steuerverwaltung habe zugenommen, da die zusammenfassenden Meldungen nun häufiger abgegeben würden. Andere Mitgliedstaaten (z. B. ES) dagegen äußerten sich positiv zu dieser Veränderung mit dem Argument, dass sie die Arbeitsbelastung nun besser über das ganze Jahr verteilen und somit Engpässe in jedem Kalendervierteljahr vermeiden könnten. Als zusätzlicher Grund für die gestiegene Arbeitsbelastung wird die Aufnahme von Dienstleistungen in die zusammenfassende Meldung genannt, eine weitere Neuerung, die mit der Annahme des MwSt-Pakets eingeführt wurde.

Die Mehrheit der Mitgliedstaaten ist der Auffassung, dass die Verkürzung der Fristen die Effizienz der Steuerverwaltung aufgrund des schnelleren Informationsaustauschs, einer effizienteren Risikoanalyse, effizienterer Steuerprüfungen und eines größeren Nutzens für Eurofisc verbessern könnte.

Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass Entscheidungen nun tendenziell auf einer fundierteren Grundlage getroffen werden können und weniger häufig Informationen angefordert werden müssten.

3.2.2.     Auswirkungen auf Risikoanalysen

Die Mitgliedstaaten berichteten im Allgemeinen, dass sie ihre Praktiken der Risikoanalyse bislang noch nicht geändert hätten, obwohl sie die Daten aus den zusammenfassenden Meldungen nun monatlich erhalten. In zahlreichen Mitgliedstaaten werden dieselben Parameter angewendet wie zuvor. Mehrere Mitgliedstaaten (z. B. HU und FI) kündigten an, dass sie ihre Risikoanalysesysteme durch Einführung zusätzlicher Parameter modernisieren wollen. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass zwar dieselben Daten wie zuvor verwendet werden, aber die Steuerverwaltungen rascher auf Anomalien reagieren könnten, da sie die Informationen früher erhalten.

Was die Zeit für die Verarbeitung der Daten betrifft, so antworteten die meisten Mitgliedstaaten, dass keine zusätzlichen Ressourcen für den Risikoanalyseprozess benötigt würden, da die aus der zusammenfassenden Meldung stammenden Daten bereits Bestandteil der Gesamtrisikobewertung von Steuerpflichtigen seien. Es scheint schwierig zu sein, die lediglich für die Risikoanalyse benötigten Ressourcen zu berechnen. Mehrere Mitgliedstaaten erklärten, dass sie die Risikoanalysen mitunter nur deshalb weiterhin vierteljährlich durchführen, da sie sehr zeitaufwändig sind; andere dagegen erklärten ausdrücklich, dass die Steuerverwaltungen wegen der Verkürzung der Fristen mehr Personal und mehr IT-Ressourcen bereitstellen müssten, um die Vorteile der monatlich eingehenden Informationen wirklich in vollem Umfang nutzen zu können.

3.2.3.     Auswirkungen auf Steuerprüfungen

Die Daten aus den zusammenfassenden Meldungen werden in der Regel in der Auswahlphase (Auswahl von Steuerprüfungen) und in der Prüfungsphase (Durchführung von Steuerprüfungen) verwendet.

Diese Daten werden für Steuerprüfungen in allen Mitgliedstaaten verwendet. Sie sind ein wichtiger Teil des Risikobewertungssystems im Allgemeinen, da die Daten aus den zusammenfassenden Meldungen ausführlichere Informationen über innergemeinschaftliche Umsätze während eines bestimmten Zeitraums liefern. Das Verfahren besteht im Allgemeinen darin, die zusammenfassenden Meldungen mit den MwSt-Erklärungen abzugleichen und die Gültigkeit der MwSt-Nummer über das MwSt-Informationsaustauschsystem (MIAS) zu überprüfen. Liegt ein Risiko vor, führen erste Feststellungen aufgrund nicht übereinstimmender Daten in der Regel zu weiteren Ermittlungen, bei innergemeinschaftlichem Handel auch zur Anforderung von Informationen von anderen Mitgliedstaaten. Je früher diese Analyse erfolgt, desto schneller kann eine Steuerprüfung durchgeführt werden. Die verkürzten Fristen haben nichts an dieser Praxis geändert, aber sie haben die Steuerprüfungsbehörden in die Lage versetzt, schnellere Anfragen oder spontane Informationen an den Mitgliedstaat des Erwerbs zu senden.

3.2.4.     Auswirkungen auf die Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten und Betrug

Einige Mitgliedstaaten (darunter GR, LT und RO) meldeten zwar einen Anstieg bei der Zahl aufgedeckter „missing trader“, doch die große Mehrheit der Mitgliedstaaten gab an, es sei noch zu früh um festzustellen, ob durch die verkürzte Frist mehr Unregelmäßigkeiten aufgedeckt werden konnten. Es wurden keine diesbezüglichen Zahlenangaben übermittelt.

Wenngleich die eigentliche Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten nicht zugenommen habe, müsse doch festgestellt werden, dass die kürzere Frist für die Abgabe der zusammenfassenden Meldung in Kombination mit einer monatlichen MwSt-Erklärung den Zeitraum verkürzt habe, in dem eine Zwischengesellschaft tätig sein könne, bevor sie entdeckt werde.

Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass es wegen der Tatsache, dass die Mitgliedstaaten unterschiedliche Zeiträume für die Abgabe der zusammenfassenden Meldungen und der MwSt-Erklärungen beibehalten können, nicht möglich sei, die Daten in den MwSt-Erklärungen systematisch mit den monatlich im Rahmen der zusammenfassenden Meldungen eingehenden Daten abzugleichen.

Die Rolle von EUROFISC bei der systematischeren Aufdeckung von Zwischengesellschaften wurde als hilfreich angesehen, und die frühe Entdeckung führte zu mehreren Steuerprüfungen, die früher eingeleitet wurden als es sonst der Fall wäre. Leider gaben die meisten Mitgliedstaaten nicht an, wie viele Betrugsfälle seit Einführung der neuen Vorschriften aufgedeckt wurden und um welche Steuerbeträge es sich dabei handelte.

Einige wenige Mitgliedstaaten (LT, GR und EE) deckten einige (potenzielle) Betrugsfälle bei Dienstleistungen auf, doch die meisten Mitgliedstaaten machten keine Angaben zur Höhe der durch diese Betrugsfälle entstandenen MwSt-Verluste. Es scheint noch zu früh zu sein, um bewerten zu können, wie wirksam die Aufnahme von Daten über Dienstleistungen in die zusammenfassenden Meldungen ist.

3.2.5.     Auswirkungen der Optionen

Die Mitgliedstaaten wurden gefragt, ob die Anwendung unterschiedlicher Optionen durch mehrere Mitgliedstaaten Nachteile für die Fähigkeit zur Verwendung der erhaltenen Informationen habe. Aus den Antworten geht hervor, dass der Abgleich von Daten des Mitgliedstaats der Lieferung mit Daten des Mitgliedstaats des Erwerbs problematisch ist. Die Anwendung unterschiedlicher Berichtszeiträume und Optionen durch andere Mitgliedstaaten haben einen schnelleren Datenabgleich im Mitgliedstaat des Erwerbs erschwert. Es liegt auf der Hand, dass es praktisch unmöglich ist, einen systematischen monatlichen Abgleich durchzuführen, wenn die Informationen (teilweise) nur vierteljährlich übermittelt werden.

In diesem Zusammenhang wurde jedoch auch argumentiert, dass die Optionen nur für Gebiete mit geringem Risiko in Anspruch genommen werden könnten und, da jeder die in den verschiedenen Mitgliedstaaten angewandten Optionen kenne, die mit ihnen verbundenen Schwierigkeiten nicht übertrieben werden sollten.

Aus den Antworten geht also deutlich hervor, dass die meisten Mitgliedstaaten in der Anwendung der unterschiedlichen Optionen und Berichtszeiträume ein großes Hindernis für eine zügige und korrekte Datenevaluierung sehen. Die potenziellen Vorteile aus der Verkürzung der Fristen können daher nicht im vollen Umfang genutzt werden.

3.2.6.     Fazit

Die Mitgliedstaaten brauchen insgesamt noch mehr Zeit, um die neue Situation genau bewerten und eine fundierte Analyse mit Zahlenangaben liefern zu können. Mehrere Mitgliedstaaten haben die neuen Vorschriften auch erst spät vollständig umgesetzt, so dass sie keine gründlichere Analyse erstellen konnten.

Dennoch scheinen die neuen Vorschriften des Artikels 263 Absatz 1 positive Auswirkungen auf die Effizienz der Betrugsbekämpfungsmaßnahmen gehabt zu haben. Die Mitgliedstaaten betrachten die Einführung einer kürzeren Frist für die Abgabe der zusammenfassenden Meldungen und die Berichterstattung an das MwSt-Informationsaustauschsystem (MIAS) als große Verbesserung für ihre Risikoanalysen. Ein schnellerer Informationsaustausch führt folglich zu schnelleren Kontrollen und Steuerprüfungen.

Die Anwendung unterschiedlicher Schwellen, Optionen und Berichtszeiträume ist nunmehr das größte Hindernis für effizientere Betrugsbekämpfungs- und Risikobewertungsverfahren. Durch eine einheitlichere Anwendung der Vorschriften sowohl in Bezug auf die unterschiedlichen Berichtszeiträume als auch auf die Abweichungen unter den Mitgliedstaaten könnten die Mitgliedstaaten noch größere Vorteile aus den verkürzten Fristen für die Abgabe der zusammenfassenden Meldungen ziehen.

3.3.        Erfahrungen aus Sicht der Unternehmen

3.3.1.     Vorbemerkung

Bei der Evaluierung der Schlussfolgerungen der Studie des Auftragnehmers sind gewisse Vorbehalte angebracht. So ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Stichprobe mit 23 in die Fallstudie einbezogenen Unternehmen zu klein ist, um eindeutige Schlussfolgerungen ziehen zu können. Der Auftragnehmer räumte ein, dass keines der Unternehmen in der Stichprobe von den Optionen betroffen war. Der Grund hierfür war, dass die in der Stichprobe ausgewählten Unternehmen entweder die Schwelle gemäß Artikel 263 Absatz 1a überschritten oder sich dafür entschieden hatten, von der Möglichkeit eines anderen Berichtszeitraums keinen Gebrauch zu machen.

Da das MwSt-Paket zur gleichen Zeit umgesetzt werden musste wie die Vorschriften des Artikels 263 Absatz 1, können die Unternehmen außerdem die durch die letztgenannte Maßnahme verursachten Kosten nur schwer von denen unterscheiden, die auf die Umsetzung des MwSt-Pakets zurückzuführen sind. Es erwies sich auch als unmöglich, die Kosten der Aufnahme von Angaben über die innergemeinschaftliche Erbringung von Dienstleistungen in die zusammenfassenden Meldungen zu identifizieren, da die Bündelung von Lieferungen und Dienstleistungsumsätzen gängige Geschäftspraxis ist.

Der Auftragnehmer hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die quantitativen Ergebnisse der Studie nur hinweisenden Charakter haben und mit Vorsicht verwendet werden sollten. Deshalb konzentriert sich der folgende Abschnitt dieses Kommissionspapiers auf das qualitative Feedback der in die Studie einbezogenen Unternehmen.

3.3.2.     Auswirkungen auf Verwaltungsaufwand und Befolgungskosten

Das qualitative Feedback der 23 in der Studie erfassten Unternehmen zeigt einige relevante Erkenntnisse zu den Auswirkungen der Durchführung des Artikels 263 Absatz 1 der Richtlinie 2006/112/EG auf.

Wenngleich die Unternehmen die monatliche Abgabe der zusammenfassenden Meldungen und die monatliche Überprüfung der Daten als zusätzlichen Verwaltungsaufwand empfinden, fühlen sie sich dennoch auch motiviert, häufigere interne Kontrollen durchzuführen. Dies wird sich positiv auf die Qualität der Unternehmensdaten auswirken. Für die Zukunft geht die Mehrheit der Unternehmen daher davon aus, dass die Vorteile in Form von besserer Qualität und Zuverlässigkeit der Daten die höheren Verwaltungskosten aufwiegen werden.

Der Automatisierungsgrad wirkt sich erheblich auf die empfundene Komplexität und auf die Verwaltungskosten aus. Die Einführung automatisierter interner Verfahren ist für die Unternehmen mit hohen einmaligen Kosten verbunden, da sie ihre Systeme ändern/aktualisieren und die internen Umstellungen in ihrer Verwaltung einführen müssen. Die Unternehmen erkennen jedoch auch an, dass dies langfristig die laufenden Kosten senkt.

Für Unternehmen, die an mehreren Standorten in der EU ansässig oder eingetragen sind, ist die mangelnde Harmonisierung von Berichtszeiträumen, Format und Detailtiefe innerhalb der EU mit besonders hohem Aufwand verbunden. Die befragten Unternehmen weisen darauf hin, dass die Harmonisierung der Fristen mit einer Harmonisierung der Abgabeverfahren einhergehen sollte, d. h. einer Umstellung auf die elektronische Abgabe der Meldungen und insbesondere der Einführung einer einfachen, benutzerfreundlichen Schnittstelle, die die monatliche Abgabe so einfach wie möglich machen würde.

Für Unternehmen, die sowohl innergemeinschaftlich Gegenstände liefern als auch Dienstleistungen erbringen oder die nur innergemeinschaftlich Dienstleistungen erbringen, ist es schwer, vollständige Informationen für zusammenfassende Meldungen zusammenzutragen. Sie vertreten insbesondere die Auffassung, dass die Aufnahme von Dienstleistungen eine größere Detailtiefe erfordert als vor dem 1. Januar 2010.

Die in der Fallstudie erfassten Unternehmen geben an, dass die Kommunikation mit den Steuerbehörden zugenommen hat. Da mehr Umsätze (innergemeinschaftliche Erbringung von Dienstleistungen) in häufiger abzugebenden zusammenfassenden Meldungen anzugeben sind und auch häufiger Berichtigungen vorgenommen werden müssen, haben die Steuerbehörden im Allgemeinen mehr Fragen, die von den Unternehmen bearbeitet werden müssen, als vor Einführung der neuen Vorschriften.

Bei den von den Unternehmen der Fallstudie geäußerten Ansichten kristallisieren sich drei Schwerpunkte heraus:

– Einige Unternehmen betrachten die Auswirkungen der geänderten Vorschriften auf ihre Geschäfte als neutral; ausgenommen davon sind allerdings die einmaligen Kosten der Aktualisierung/Änderung ihres Systems, die als bedeutender Kostenfaktor angesehen werden.

– Andere Unternehmen sprechen sich deutlich für die Situation vor Umsetzung des Artikels 263 Absatz 1 der Richtlinie 2006/112/EG aus, da die neuen Vorschriften zu deutlichen Kostensteigerungen geführt hätten; sie konnten jedoch nicht genauer angeben, ob diese höheren Kosten hauptsächlich auf die Aufnahme von Dienstleistungen oder auf die Verkürzung der Abgabefrist auf einen Monat zurückzuführen sind.

– Mehrere Unternehmen erwarten sich von der neuen Situation Vorteile für die Zukunft und weisen unter anderem auf die bessere Datenqualität und weniger Fälle von Steuerbetrug hin.

3.3.3.     Potenzielle Auswirkungen einer stärkeren Harmonisierung mit einheitlichen Fristen ohne Abweichungen und Schwellen in den Mitgliedstaaten

Eine stärkere Harmonisierung dürfte sich in qualitativer Hinsicht positiv auswirken. Die Unternehmen gaben an, dass sie sich von einer Harmonisierung in den Mitgliedstaaten eine Senkung der Kosten erwarten. Sie wiesen auch darauf hin, dass die Harmonisierung der Fristen mit einer Harmonisierung des Abgabeverfahrens einhergehen sollte - d. h. dem Übergang zu obligatorischer elektronischer Abgabe in allen Mitgliedstaaten und insbesondere der Einführung einer benutzerfreundlichen Schnittstelle, die die monatliche Abgabe so einfach wie möglich macht.

3.3.4.     Fazit

Die Studie führt zu dem Schluss, dass noch weitere Analysen notwendig sind, um die zusätzlichen einmaligen Kosten und die regelmäßigen Kosten, die den Unternehmen durch die neuen MwSt-Vorschriften entstehen, gegen die Ziele und Vorteile der neuen Vorschriften, nämlich die Verringerung der MwSt-Ausfälle durch eine schnellere Aufdeckung von Betrugsfällen und eine Verringerung des Risikos von MwSt-Karussells, abwägen zu können.

Ein Vorteil für die Unternehmen könnte auch darin bestehen, dass ein geringeres Risiko dafür besteht, unfreiwillig in einen MwSt-Betrug verwickelt zu werden und dafür haften zu müssen. Die neuen Vorschriften könnten so dazu beitragen, MwSt-Betrug und unlauteren Wettbewerb durch betrügerische Unternehmen zu verringern.

Es können noch weitere Analysen dazu durchgeführt werden, wie die laufenden Kosten gesenkt werden können, z. B. durch die Harmonisierung des Abgabeverfahren durch Einführung einer einzigen, benutzerfreundlichen Schnittstelle für alle Mitgliedstaaten und/oder durch die Möglichkeit, XML-Dateien in allen Mitgliedstaaten in demselben Format heraufzuladen.

4.           Abschliessende Bemerkungen

Die Mitgliedstaaten waren im Allgemeinen der Auffassung, dass es noch zu früh ist, um die Auswirkungen der verkürzten Frist für die Abgabe der zusammenfassenden Meldungen in vollem Umfang zu bewerten. Die Kommission erkennt an, dass die Mitgliedstaaten noch mehr Zeit brauchen, um ihre Risikoanalysesysteme anzupassen und die Vorteile dieser geänderten Rechtsvorschriften in vollem Umfang nutzen zu können.

Dennoch ist bereits jetzt klar, dass die Mitgliedstaaten die schnellere Verfügbarkeit der Informationen in den zusammenfassenden Meldungen weitgehend als echten Vorteil für ihre Fähigkeit ansehen, betrügerische Geschäfte schneller festzustellen. Zusätzlich zum schnellen Informationsaustausch über das Eurofisc-Netz geben diese neuen Bestimmungen den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, Betrüger schneller ausfindig zu machen als zuvor.

Andererseits wird die Option, die den Mitgliedstaaten unterschiedliche Berichtszeiträume ermöglicht, noch als Hindernis dafür angesehen, dass die Maßnahme in Bezug auf die Risikobewertung und die Betrugsbekämpfung ihre volle Wirkung entfaltet.

Aus der Perspektive der Unternehmen ist klar, dass eine Verkürzung der Frist für die Abgabe der zusammenfassenden Meldung zu höheren Bearbeitungskosten führt, da erheblich mehr Meldungen abgegeben werden müssen. Dies hat außerdem zu mehr Kontakten mit den Steuerverwaltungen geführt, da die Daten öfter berichtigt oder überprüft werden müssen. Die Tatsache, dass die Informationen nun öfter, nämlich monatlich übermittelt werden müssen, bedeutet jedoch, dass ihre Zuverlässigkeit zunehmen dürfte.

Die Kommission stellt abschließend fest, dass dieser Bericht keine ausreichende Grundlage darstellt, die zum jetzigen Zeitpunkt einen Vorschlag zur Änderung der geltenden Vorschriften rechtfertigen würde. Sollten sich in Zukunft jedoch neue Aspekte erheben, kann die Kommission eine Änderung der Vorschriften in Betracht ziehen.

ANHANG

Tabelle 1: Anwendung von Optionen

1. Keine Abweichung von der monatlichen zusammenfassenden Meldung || 2. Abweichung von der monatlichen zusammenfassenden Meldung

2a. Abweichung fakultativ || 2b. Abweichung obligatorisch

Vor (1) und ab dem 1. Januar 2010 || Ab 1. Januar 2010 || Vor (1) und ab dem 1. Januar 2010 || Ab 1. Januar 2010 || Vor (1) und ab dem 1. Januar 2010 || Ab Januar 2010

Bulgarien Frankreich || Zypern Estland Finnland Griechenland Lettland Litauen Rumänien Slowenien || Österreich Irland Italien || Belgien Dänemark Deutschland Luxemburg Malta Polen Schweden Niederlande Vereinigtes Königreich || Portugal || Tschechische Republik Ungarn Slowakei Spanien

(1) Nur für Gegenstände

Tabelle 2: Getrennte und kombinierte zusammenfassende Meldungen

1. Getrennte zusammenfassende Meldungen || 2. Kombinierte zusammenfassende Meldungen

2a. Gleiche Periodizität || 2b. Unterschiedliche Periodizität

Frankreich Luxemburg || Österreich                          Italien Belgien                              Lettland Bulgarien                           Litauen Zypern                               Malta Tschechische Republik       Polen Dänemark                          Portugal Estland                              Rumänien Finnland                             Slowakei Griechenland                      Slowenien Ungarn                              Spanien Schweden || Deutschland Irland Niederlande Vereinigtes Königreich

Tabelle 3: Abgabe der zusammenfassenden Meldungen auf Papier und/oder in elektronischer Form

Elektronische Abgabe

1. Obligatorisch || 2. Obligatorisch, aber Ausnahmen möglich || 3. Fakultativ

1a. Vor und ab dem 1. Januar 2010 || 1b. Ab 1. Januar 2010 || 2a. Vor und ab dem 1. Januar 2010 || 2b. Ab 1. Januar 2010

Bulgarien Portugal Slowenien Spanien || Zypern (1) Tschechische Republik Dänemark(1) Ungarn Italien Lettland [2] Malta Slowakei || Österreich Belgien Frankreich Deutschland Griechenland Irland Niederlande || Finnland Luxemburg Rumänien || Estland Litauen Polen Schweden Vereinigtes Königreich

(1) Berichtigungsmeldungen können auf Papier abgegeben werden. (2) Am und nach dem 1. Januar 2011.

[1]               PricewaterhouseCoopers: Expertenstudie über die Folgen der Verkürzung des Zeitraums zur Abgabe der zusammenfassenden Meldungen - Anwendung von Artikel 263 Absatz 1 der Richtlinie 2006/112/EG (geändert durch die Richtlinie 2008/117/EG).

[2]               Diese kurze Beschreibung ist der Studie von PwC entnommen.

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