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Document 22006A0720(01)

Vertrag zur Gründung der Energiegemeinschaft

ABl. L 198 vom 20.7.2006, p. 18–37 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

Dieses Dokument wurde in einer Sonderausgabe veröffentlicht. (BG, RO, HR)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/agree_internation/2006/500/oj

Related Council decision

22006A0720(01)

Vertrag zur Gründung der Energiegemeinschaft

Amtsblatt Nr. L 198 vom 20/07/2006 S. 0018 - 0037


ÜBERSETZUNG

Vertrag zur Gründung der Energiegemeinschaft

Die Parteien, nämlich:

DIE EUROPÄISCHE GEMEINSCHAFT einerseits

und

DIE FOLGENDEN VERTRAGSPARTEIEN andererseits:

- die Republik Albanien, die Republik Bulgarien, Bosnien und Herzegowina, die Republik Kroatien, die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, die Republik Montenegro, Rumänien und die Republik Serbien (nachfolgend "die beteiligten Parteien"),

sowie

- die Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen für das Kosovo gemäß der Entschließung 1244 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen —

ZUR FESTIGUNG des Athener Prozesses und der gemeinsamen Absichtserklärungen von Athen aus den Jahren 2002 und 2003,

ANGESICHTS des Umstandes, dass die Republik Bulgarien, Rumänien und die Republik Kroatien Kandidaten für einen Beitritt zur Europäischen Union sind, und dass die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien ebenfalls die Mitgliedschaft beantragt hat,

ANGESICHTS des Umstandes, dass der Europäische Rat bei seiner Tagung in Kopenhagen im Dezember 2002 die europäische Perspektive der Republik Albanien, von Bosnien-Herzegowina sowie Serbien und Montenegro als potenzielle Kandidaten für einen Beitritt zur Europäischen Union bekräftigt und seine Entschlossenheit betont hat, deren Anstrengungen für eine weitere Annäherung an die Europäische Union zu unterstützen,

IN ERINNERUNG auf den Umstand, dass der Europäische Rat im Juni 2003 in Thessaloniki "Die Agenda von Thessaloniki für die westlichen Balkanstaaten: Auf dem Weg zur Europäischen Integration" gebilligt hat, die die privilegierten Beziehungen zwischen der EU und den Staaten des westlichen Balkans weiter stärken soll und worin die Europäische Union die Staaten dieser Region aufforderte, eine rechtsverbindliche Vereinbarung zum südosteuropäischen Energiemarkt zu verabschieden,

EINGEDENK des Partnerschaftsprozesses Europa-Mittelmeer und der Europäischen Nachbarschaftspolitik,

EINGEDENK des Beitrages des Stabilitätspakts für Südosteuropa, dessen zentrales Element die Notwendigkeit zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Staaten und Völkern Südosteuropas sowie zur Förderung von Frieden, Stabilität und Wirtschaftswachstum ist,

ENTSCHLOSSEN, auf der Grundlage von Solidarität und gemeinsamem Interesse einen integrierten Erdgas- und Elektrizitätsmarkt zwischen den Parteien zu schaffen,

IN DER ERWÄGUNG, dass dieser integrierte Markt später andere Energieerzeugnisse und Energieträger wie Flüssigerdgas, Erdöl, Wasserstoff oder andere wesentliche Netzinfrastrukturen umfassen kann,

ENTSCHLOSSEN zur Schaffung eines integrierten Erdgas- und Elektrizitätsmarktes, der Investitionen in Erdgasnetze, Stromerzeugung und Elektrizitätsübertragungsnetze anziehen kann, so dass alle Beteiligten Zugang zu einer sicheren und kontinuierlichen Gas- und Stromversorgung haben, die für die wirtschaftliche Entwicklung und für stabile gesellschaftliche Verhältnisse von grundlegender Bedeutung ist,

ENTSCHLOSSEN zur Schaffung eines einheitlichen Regulierungsraumes für den Gas- und Elektrizitätshandel, der notwendig ist, um der geografischen Ausdehnung der betreffenden Produktmärkte gerecht zu werden,

IN ANERKENNUNG des Umstands, dass die Hoheitsgebiete der Republik Österreich, der Hellenischen Republik, der Republik Ungarn, der Italienischen Republik und der Republik Slowenien auf natürliche Weise in die Gas- und Elektrizitätsmärkte der Vertragsparteien integriert sind oder unmittelbar von deren Funktionieren berührt werden,

ENTSCHLOSSEN zur Förderung einer hochwertigen Gas- und Elektrizitätsversorgung für alle Bürger auf der Grundlage gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen sowie zur Verwirklichung wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts, eines hohen Beschäftigungsstands sowie einer ausgeglichenen und nachhaltigen Entwicklung durch die Schaffung eines binnengrenzenfreien Wirtschaftsraums für Gas und Elektrizität,

IN DEM WUNSCH zur Verbesserung der Versorgungssicherheit des einheitlichen Regulierungsraumes durch die Erstellung des in der Region notwendigen stabilen Regelungsrahmens, worin die Anbindung an den kaspischen Raum, Nordafrika und den Nahen Osten ausgebaut und heimische Erdgas-, Kohle- und Wasserkraftressourcen genutzt werden können,

BESTREBT, die ökologische Situation in Bezug auf Gas und Elektrizität, die damit verbundene Energieeffizienz und erneuerbare Energiequellen zu verbessern,

ENTSCHLOSSEN, den Wettbewerb auf dem Energiemarkt in größerem Umfang zu entwickeln und Größenvorteile zu nutzen,

IN DER ERWÄGUNG, dass zur Verwirklichung dieser Ziele eine weit reichende, integrierte Marktregulierungsstruktur geschaffen werden muss, die durch starke Institutionen und eine wirksame Aufsicht gestützt wird und woran der private Sektor in angemessener Weise beteiligt ist,

IN DER ERWÄGUNG, dass zur Verringerung der Belastung der staatlichen Gas- und Elektrizitätssysteme sowie zur Leistung eines Beitrages zur Überwindung lokaler Gas- und Stromversorgungsengpässe spezielle Vorschriften eingeführt werden müssen, die den Handel mit Gas und Strom erleichtern, und dass diese Vorschriften zur Schaffung eines einheitlichen Regulierungsraumes für die geografische Ausdehnung der betreffenden Produktmärkte notwendig sind —

HABEN BESCHLOSSEN, eine Energiegemeinschaft zu gründen:

TITEL I

GRUNDSÄTZE

Artikel 1

(1) Durch diesen Vertrag gründen die Parteien untereinander eine Energiegemeinschaft.

(2) Die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft können gemäß Artikel 95 dieses Vertrags Mitglieder der Energiegemeinschaft werden.

Artikel 2

(1) Der Zweck der Energiegemeinschaft besteht darin, die Beziehungen zwischen den Parteien zu gestalten und einen rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmen in Bezug auf Netzenergie im Sinne von Absatz 2 zu schaffen, um damit folgenden Zielen zu dienen:

a) Schaffung eines integrierten Erdgas- und Elektrizitätsmarktes, der Investitionen in Erdgasnetze, Stromerzeugung und Elektrizitätsübertragungs- und -versorgungsnetze anziehen kann, so dass alle Beteiligten Zugang zu einer sicheren und kontinuierlichen Energieversorgung haben, die für die wirtschaftliche Entwicklung und für stabile gesellschaftliche Verhältnisse von grundlegender Bedeutung ist,

b) Schaffung eines einheitlichen Regulierungsraumes für den Handel mit Netzenergie, der notwendig ist, um der geografischen Ausdehnung der betreffenden Produktmärkte gerecht zu werden,

c) Verbesserung der Versorgungssicherheit des einheitlichen Regulierungsraumes durch die Erzeugung eines stabilen Investitionsklimas, worin die Anbindung an den kaspischen Raum, Nordafrika und den Nahen Osten ausgebaut und heimische Energiequellen wie Erdgas, Kohle und Wasserkraft genutzt werden können,

d) Verbesserung der ökologischen Situation in Bezug auf Netzenergie und die damit verbundene Energieeffizienz, Förderung der Nutzung erneuerbarer Energiequellen und Festlegung der Bedingungen für den Energiehandel im einheitlichen Regulierungsraum,

e) Entwicklung des Wettbewerbs auf dem Netzenergiemarkt in größerem geografischen Umfang und Nutzung von Größenvorteilen.

(2) Der Begriff "Netzenergie" umfasst die in den Anwendungsbereich der Richtlinien 2003/54/EG und 2003/55/EG [1] fallenden Sektoren für Elektrizität und Erdgas.

Artikel 3

Für die Zwecke von Artikel 2 umfasst die Tätigkeit der Energiegemeinschaft

a) die Verwirklichung des an den institutionellen Rahmen der Energiegemeinschaft und die besondere Situation der einzelnen Vertragsparteien angepassten gemeinschaftlichen Besitzstandes in den Bereichen Energie, Umwelt, Wettbewerb und erneuerbare Energiequellen durch die Vertragsparteien (nachfolgend "Ausdehnung des gemeinschaftlichen Besitzstandes") gemäß Titel II;

b) die Errichtung eines speziellen Regelungsrahmens, der das effiziente Funktionieren der Netzenergiemärkte auf dem Hoheitsgebiet der Vertragsparteien und einem Teil des Hoheitsgebiets der Europäischen Gemeinschaft ermöglicht, einschließlich der Schaffung eines einheitlichen Mechanismus für die grenzüberschreitende Übertragung und/oder Beförderung von Netzenergie und die Beaufsichtigung einseitiger Schutzmaßnahmen (nachfolgend "der Mechanismus für den Netzenergiemarktbetrieb") gemäß Titel III;

c) die Schaffung eines binnengrenzenfreien Netzenergiemarktes für die Parteien mit Koordinierung der gegenseitigen Unterstützung im Falle ernsthafter Beeinträchtigungen der Energienetze oder externer Störungen, was die Verwirklichung einer gemeinsamen Außenhandelspolitik im Energiesektor einschließen kann (nachfolgend "die Schaffung eines einheitlichen Energiemarktes"), gemäß Titel IV.

Artikel 4

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften (nachfolgend "die Europäische Kommission") fungiert als Koordinator der drei in Artikel 3 genannten Tätigkeiten.

Artikel 5

Die Energiegemeinschaft befolgt den in Titel II beschriebenen, sowohl an den institutionellen Rahmen dieses Vertrages als auch an die spezifische Situation jeder einzelnen Vertragspartei angepassten gemeinschaftlichen Besitzstand zur Gewährleistung eines hohen Maßes von Investitionssicherheit und optimaler Investitionen.

Artikel 6

Die Parteien treffen alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner und besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus diesem Vertrag ergeben. Sie erleichtern die Erfüllung der Aufgaben der Energiegemeinschaft. Sie unterlassen alle Maßnahmen, welche die Verwirklichung der Ziele dieses Vertrags gefährden könnten.

Artikel 7

Jegliche Diskriminierung im Rahmen dieses Vertrages ist unzulässig.

Artikel 8

Dieser Vertrag berührt in keiner Weise die Rechte einer Partei in Bezug auf die Festlegung der Bedingungen für die Nutzung ihrer Energieressourcen, die Wahl zwischen verschiedenen Energiequellen und die allgemeine Gestaltung ihrer Energieversorgung.

TITEL II

DIE AUSDEHNUNG DES GEMEINSCHAFTLICHEN BESITZSTANDES

KAPITEL I

Geografischer Geltungsbereich

Artikel 9

Die Bestimmungen dieses Titels und die danach getroffenen Maßnahmen gelten für das Hoheitsgebiet der beteiligten Parteien und für das Gebiet, das der Gerichtsbarkeit der Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen für das Kosovo untersteht.

KAPITEL II

Der gemeinschaftliche Besitzstand im Energiebereich

Artikel 10

Die Vertragsparteien verwirklichen den gemeinschaftlichen Besitzstand im Energiebereich nach dem in Anhang I angeführten Zeitplan für die betreffenden Maßnahmen.

Artikel 11

Für die Zwecke dieses Vertrages bezeichnet der Begriff "gemeinschaftlicher Besitzstand im Energiebereich" i) die Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt, ii) die Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und iii) die Verordnung (EG) Nr. 1228/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel [2].

KAPITEL III

Der gemeinschaftliche Besitzstand im Umweltbereich

Artikel 12

Die Vertragsparteien verwirklichen den gemeinschaftlichen Besitzstand im Umweltbereich nach dem in Anhang II angeführten Zeitplan für die betreffenden Maßnahmen.

Artikel 13

Die Parteien erkennen die Bedeutung des Kyoto-Protokolls an. Die Vertragsparteien bemühen sich um den Beitritt zu diesem Protokoll.

Artikel 14

Die Parteien erkennen die Bedeutung der in der Richtlinie 96/61/EG des Rates vom 24. September 1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung festgelegten Regeln an. Die Vertragsparteien bemühen sich um die Umsetzung dieser Richtlinie.

Artikel 15

Nach dem Inkrafttreten dieses Vertrages müssen Bau und Betrieb neuer Kraftwerke dem gemeinschaftlichen Besitzstand im Umweltbereich entsprechen.

Artikel 16

Für die Zwecke dieses Vertrages bezeichnet der Begriff "gemeinschaftlicher Besitzstand im Umweltbereich" i) die Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der durch die Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3. März 1997 und die Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 geänderten Fassung, ii) die Richtlinie 1999/32/EG des Rates vom 26. April 1999 über eine Verringerung des Schwefelgehalts bestimmter flüssiger Kraft- oder Brennstoffe und zur Änderung der Richtlinie 93/12/EWG, iii) die Richtlinie 2001/80/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2001 zur Begrenzung von Schadstoffemissionen von Großfeuerungsanlagen in die Luft sowie iv) Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten.

Artikel 17

Die Bestimmungen dieses Kapitels und die danach getroffenen Maßnahmen gelten nur für Netzenergie.

KAPITEL IV

Der gemeinschaftliche Besitzstand im Wettbewerbsbereich

Artikel 18

(1) Folgende Maßnahmen können den Netzenergiehandel zwischen den Vertragsparteien beeinträchtigen und sind daher mit dem reibungslosen Funktionieren des Vertrages nicht vereinbar:

a) alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken,

b) die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Markt zwischen den Vertragsparteien oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen,

c) staatliche Beihilfen jeglicher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Energiequellen den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen.

(2) Jegliches Vorgehen, das im Gegensatz zu diesem Artikel steht, wird nach den Kriterien beurteilt, die sich aus den Artikeln 81, 82 und 87 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (als Anhang III beigefügt) ergeben.

Artikel 19

Die Vertragsparteien gewährleisten in Bezug auf öffentliche Unternehmen und auf Unternehmen, denen sie besondere oder ausschließliche Rechte gewährt haben, dass nach Ablauf von sechs Monaten nach Inkrafttreten dieses Vertrages die Grundsätze des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere dessen Artikel 86 Absätze 1 und 2 (als Anhang III beigefügt) beachtet werden.

KAPITEL V

Der gemeinschaftliche Besitzstand im Bereich der erneuerbaren Energiequellen

Artikel 20

Jede Vertragspartei übermittelt der Europäischen Kommission innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Vertrages einen Plan zur Umsetzung der Richtlinie 2001/77/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2001 zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt und der Richtlinie 2003/30/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Mai 2003 zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren Kraftstoffen im Verkehrssektor. Die Europäische Kommission legt dem Ministerrat die Pläne aller Vertragsparteien zur Annahme vor.

KAPITEL VI

Einhaltung allgemein gültiger Normen der Europäischen Gemeinschaft

Artikel 21

Das Sekretariat erstellt innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Vertrages eine Liste der allgemein gültigen Normen der Europäischen Gemeinschaft, die dem Ministerrat zur Annahme vorgelegt wird.

Artikel 22

Die Vertragsparteien verabschieden innerhalb eines Jahres nach Annahme dieser Liste Entwicklungspläne, um ihre Netzenergiesektoren mit diesen allgemein gültigen Normen der Europäischen Gemeinschaft in Einklang zu bringen.

Artikel 23

Der Begriff "allgemein gültige Normen der Europäischen Gemeinschaft" bezieht sich auf alle in der Europäischen Gemeinschaft angewandten und für den sicheren und effizienten Betrieb von Netzsystemen notwendigen technischen Systemnormen, insbesondere für Aspekte der Übertragung, grenzüberschreitender Verbindungen und der Modulation sowie allgemeine technische Systemsicherheitsnormen, die gegebenenfalls durch das Europäische Komitee für Normung (CEN), das Europäische Komitee für elektrotechnische Normung (CENELEC) oder ähnliche Normungsgremien verabschiedet oder von der Union für die Koordinierung des Transports elektrischer Energie (UCTE) und dem Europäischen Verband für die Rationalisierung des Energiehandels (European Association for the Streamlining of Energy Exchanges — Easeegas) zur Festlegung gemeinsamer Regeln und Geschäftspraktiken herausgegeben worden sind.

KAPITEL VII

Anpassung und Weiterentwicklung des gemeinschaftlichen Besitzstandes

Artikel 24

Die Energiegemeinschaft beschließt zur Umsetzung dieses Titels Maßnahmen zur Anpassung des hier beschriebenen gemeinschaftlichen Besitzstandes, wobei sie sowohl dem institutionellen Rahmen dieses Vertrages als auch der besonderen Situation jeder Vertragspartei Rechnung trägt.

Artikel 25

Die Energiegemeinschaft kann in Übereinstimmung mit der Entwicklung des Rechts der Europäischen Gemeinschaft Maßnahmen zur Änderung des in diesem Titel beschriebenen gemeinschaftlichen Besitzstandes treffen.

TITEL III

DER MECHANISMUS FÜR DEN NETZENERGIEMARKTBETRIEB

KAPITEL I

Geografischer Geltungsbereich

Artikel 26

Die Bestimmungen dieses Titels und die danach getroffenen Maßnahmen gelten für das Hoheitsgebiet der beteiligten Parteien, für das Gebiet unter der Gerichtsbarkeit der Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen für das Kosovo und für die in Artikel 27 genannten Teile des Hoheitsgebiets der Europäischen Gemeinschaft.

Artikel 27

In Bezug auf die Europäische Gemeinschaft gelten die Bestimmungen dieses Titels und die danach getroffenen Maßnahmen für das Hoheitsgebiet der Republik Österreich, der Hellenischen Republik, der Republik Ungarn, der Italienischen Republik und der Republik Slowenien. Beim Beitritt einer beteiligten Partei zur Europäischen Union gelten die Bestimmungen dieses Titels und die danach getroffenen Maßnahmen ohne weitere Formalität auch für das Hoheitsgebiet dieses neuen Mitgliedstaats.

KAPITEL II

Der Mechanismus für die Langstreckenübertragung von Netzenergie

Artikel 28

Die Energiegemeinschaft trifft zusätzliche Maßnahmen zur Schaffung eines einheitlichen Mechanismus für die grenzüberschreitende Übertragung und/oder Beförderung von Netzenergie.

KAPITEL III

Versorgungssicherheit

Artikel 29

Die Parteien verabschieden innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Vertrages Erklärungen zur Versorgungssicherheit, in denen insbesondere die Vielfalt der Versorgungsquellen, die technische Sicherheit und die geografische Herkunft eingeführter Brennstoffe beschrieben werden. Die Erklärungen werden dem Sekretariat übermittelt und stehen jeder Partei dieses Vertrages zur Verfügung. Sie werden alle zwei Jahre aktualisiert. Das Sekretariat bietet im Zusammenhang mit den Erklärungen Orientierung und Unterstützung.

Artikel 30

Artikel 29 impliziert nicht die Notwendigkeit zur Änderung der Energiepolitik oder der Beschaffung.

KAPITEL IV

Versorgung der Bürger mit Energie

Artikel 31

Die Energiegemeinschaft fördert eine gute Versorgung aller Bürger mit Netzenergie im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen im einschlägigen gemeinschaftlichen Besitzstand im Energiebereich.

Artikel 32

Zu diesem Zweck kann die Energiegemeinschaft Maßnahmen treffen, um

a) eine umfassende Elektrizitätsversorgung zu ermöglichen,

b) wirksame Strategien zur Nachfragesteuerung zu fördern,

c) fairen Wettbewerb zu gewährleisten.

Artikel 33

Daneben kann die Energiegemeinschaft Empfehlungen für eine wirksame Reform der Netzenergiesektoren der Parteien abgeben, unter anderem zur Ausdehnung des Umfangs, in dem alle Kunden für ihren Energieverbrauch aufkommen, sowie zur Verbesserung der Erschwinglichkeit von Netzenergiepreisen für die Kunden.

KAPITEL V

Harmonisierung

Artikel 34

Die Energiegemeinschaft kann Maßnahmen in Bezug auf die Vereinbarkeit von Modellen für den Netzenergiemarktbetrieb und die gegenseitige Anerkennung von Genehmigungen sowie Maßnahmen zur Förderung der Niederlassungsfreiheit von Netzenergieunternehmen treffen.

KAPITEL VI

Erneuerbare Energiequellen und Energieeffizienz

Artikel 35

Die Energiegemeinschaft kann Maßnahmen zur Förderung der Entwicklung von erneuerbaren Energiequellen und Energieeffizienz treffen, wobei sie deren Vorteilen im Hinblick auf Versorgungssicherheit, Umweltschutz, sozialen Zusammenhalt und Regionalentwicklung Rechnung trägt.

KAPITEL VII

Schutzmaßnahmen

Artikel 36

Im Falle einer unvermittelt eintretenden Krise des Netzenergiemarktes im Hoheitsgebiet einer beteiligten Partei, im Gebiet unter der Gerichtsbarkeit der Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen für das Kosovo oder einem in Artikel 27 genannten Teil des Hoheitsgebiets der Europäischen Gemeinschaft oder im Falle einer Gefährdung der Sicherheit von Personen, Geräten, Anlagen oder der Netzintegrität kann die betreffende Partei vorübergehend die notwendigen Schutzmaßnahmen ergreifen.

Artikel 37

Diese Schutzmaßnahmen beschränken Störungen im Funktionieren des Netzenergiemarktes der Partien auf den geringstmöglichen Umfang und gehen nicht über das zur Behebung der plötzlich aufgetretenen Schwierigkeiten unbedingt erforderliche Maß hinaus. Sie führen nicht zu Wettbewerbsverzerrungen und beeinträchtigen den Handel nicht in einer Weise, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft.

Artikel 38

Die betreffende Partei notifiziert diese Schutzmaßnahmen unverzüglich dem Sekretariat, das sofort die anderen Parteien informiert.

Artikel 39

Die Energiegemeinschaft kann zu dem Schluss kommen, dass die von der betreffenden Partei ergriffenen Schutzmaßnahmen nicht mit den Bestimmungen dieses Kapitels im Einklang stehen, und die betreffende Partei ersuchen, diese abzustellen oder zu ändern.

TITEL IV

SCHAFFUNG EINES EINHEITLICHEN ENERGIEMARKTES

KAPITEL I

Geografischer Geltungsbereich

Artikel 40

Die Bestimmungen dieses Titels und die danach getroffenen Maßnahmen gelten nach den im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft festgelegten Bedingungen für den Geltungsbereich desselben, für die Hoheitsgebiete der beteiligten Parteien und für das Gebiet, das der Gerichtsbarkeit der Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen für das Kosovo untersteht.

KAPITEL II

Energiebinnenmarkt

Artikel 41

(1) Zölle und mengenmäßige Beschränkungen der Ein- und Ausfuhr von Netzenergie sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung sind zwischen den Mitgliedstaaten verboten. Dieses Verbot gilt auch für Finanzzölle.

(2) Absatz 1 steht mengenmäßigen Beschränkungen oder Maßnahmen mit gleicher Wirkung nicht entgegen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit, zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen oder zum Schutz gewerblichen und kommerziellen Eigentums gerechtfertigt sind. Derartige Beschränkungen oder Maßnahmen dürfen jedoch weder ein Mittel der willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Parteien darstellen.

Artikel 42

(1) Die Energiegemeinschaft kann Maßnahmen zur Schaffung eines einheitlichen Marktes ohne Binnengrenzen für Netzenergie treffen.

(2) Absatz 1 gilt nicht für Maßnahmen fiskalischer Art und für Maßnahmen in Bezug auf die Freizügigkeit sowie in Bezug auf die Rechte und Interessen der Arbeitnehmer.

KAPITEL III

Außenhandelspolitik im Energiesektor

Artikel 43

Die Energiegemeinschaft kann die notwendigen Maßnahmen zur Regulierung der Ein- und Ausfuhr von Netzenergie im Handel mit Drittstaaten im Hinblick auf gleichen Marktzugang unter Einhaltung grundlegender Umweltschutznormen oder zur Gewährleistung des sicheren Funktionierens des Energiebinnenmarktes treffen.

KAPITEL IV

Gegenseitige Unterstützung bei Unterbrechungen der Energieversorgung

Artikel 44

Ist eine Partei von einer Unterbrechung der Netzenergieversorgung betroffen, die auch eine andere Partei oder einen Drittstaat berührt, bemühen sich die Parteien um eine rasche Lösung in Übereinstimmung mit den Bestimmungen dieses Kapitels.

Artikel 45

Auf Ersuchen der unmittelbar von der Versorgungsunterbrechung betroffenen Partei tritt der Ministerrat zusammen. Der Ministerrat kann die zur Reaktion auf die Versorgungsunterbrechung notwendigen Maßnahmen treffen.

Artikel 46

Der Ministerrat verabschiedet innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Vertrages einen Verfahrensakt zur Handhabung der in diesem Kapitel vorgesehenen Verpflichtung zur gegenseitigen Unterstützung, wodurch der ständigen hochrangigen Gruppe die Befugnis übertragen werden kann, einstweilige Maßnahmen zu treffen.

TITEL V

ORGANE DER ENERGIEGEMEINSCHAFT

KAPITEL I

Der Ministerrat

Artikel 47

Der Ministerrat gewährleistet die Verwirklichung der in diesem Vertrag genannten Ziele. Der Ministerrat

a) erteilt allgemeine Leitlinien;

b) trifft Maßnahmen;

c) verabschiedet Verfahrensakte, wodurch unter genau festgelegten Bedingungen bestimmte Aufgaben, Befugnisse und Verpflichtungen zur Durchführung der Politik der Energiegemeinschaft auf die ständige hochrangige Gruppe, den Regulierungsausschuss oder das Sekretariat übertragen werden können.

Artikel 48

Der Ministerrat setzt sich aus einem Vertreter jeder Vertragspartei und zwei Vertretern der Europäischen Gemeinschaft zusammen. Alle Mitglieder können einen Vertreter ohne Stimmrecht zur Teilnahme an den Tagungen des Ministerrates entsenden.

Artikel 49

Der Ministerrat erlässt seine Geschäftsordnung durch einen Verfahrensakt.

Artikel 50

Der Vorsitz wird von jeder Vertragspartei jeweils für die Dauer von sechs Monaten in der durch einen Verfahrensakt des Ministerrats festgelegten Reihenfolge geführt. Der Vorsitz beruft den Ministerrat an einem von ihm festgelegten Ort ein. Der Ministerrat tagt mindestens einmal halbjährlich. Die Tagungen werden vom Sekretariat vorbereitet.

Artikel 51

Der Vorsitz leitet den Ministerrat und wird von einem Vertreter der Europäischen Gemeinschaft und einem Vertreter des künftigen Vorsitzes als stellvertretende Vorsitzende unterstützt. Der Vorsitzende und die stellvertretenden Vorsitzenden erarbeiten den Entwurf der Tagesordnung.

Artikel 52

Der Ministerrat legt dem Europäischen Parlament und den Parlamenten der beteiligten Parteien und der Mitglieder jährlich einen Bericht über die Tätigkeiten der Energiegemeinschaft vor.

KAPITEL II

Die ständige hochrangige Gruppe

Artikel 53

Die ständige hochrangige Gruppe

a) bereitet die Arbeit des Ministerrates vor;

b) kommt Ersuchen um technische Unterstützung von Seiten internationaler Geberorganisationen, internationaler Finanzinstitutionen und bilateraler Geber nach;

c) erstattet dem Ministerrat über Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele dieses Vertrages Bericht;

d) trifft Maßnahmen, soweit sie vom Ministerrat entsprechend befugt ist;

e) nimmt Verfahrensakte an, die nicht mit einer Übertragung von Aufgaben, Befugnissen und Verpflichtungen auf andere Organe der Energiegemeinschaft einhergehen;

f) erörtert die Entwicklung des in Titel II beschriebenen gemeinschaftlichen Besitzstandes auf der Grundlage eines von der Europäischen Kommission regelmäßig vorgelegten Berichts.

Artikel 54

Die ständige hochrangige Gruppe setzt sich aus einem Vertreter jeder Vertragspartei und zwei Vertretern der Europäischen Gemeinschaft zusammen. Alle Mitglieder können einen Vertreter ohne Stimmrecht zur Teilnahme an den Tagungen des Ministerrates entsenden.

Artikel 55

Die ständige hochrangige Gruppe erlässt ihre Geschäftsordnung durch einen Verfahrensakt.

Artikel 56

Der Vorsitz beruft die ständige hochrangige Gruppe an einem von ihm festgelegten Ort ein. Die Tagungen werden vom Sekretariat vorbereitet.

Artikel 57

Der Vorsitz leitet die ständige hochrangige Gruppe und wird von einem Vertreter der Europäischen Gemeinschaft und einem Vertreter des künftigen Vorsitzes als stellvertretende Vorsitzende unterstützt. Der Vorsitzende und die stellvertretenden Vorsitzenden erarbeiten den Entwurf der Tagesordnung.

KAPITEL III

Der Regulierungsausschuss

Artikel 58

Der Regulierungsausschuss

a) berät den Ministerrat oder die ständige hochrangige Gruppe in spezifischen Fragen zu den gesetzlichen, technischen und regulatorischen Vorschriften;

b) gibt bei grenzüberschreitenden Streitfällen zwischen zwei oder mehreren Regulierungsbehörden auf Ersuchen einer der Streitparteien Empfehlungen ab;

c) trifft Maßnahmen, soweit er vom Ministerrat entsprechend befugt ist;

d) nimmt Verfahrensakte an.

Artikel 59

Der Regulierungsausschuss setzt sich gemäß den einschlägigen Teilen des gemeinschaftlichen Besitzstandes im Energiebereich aus je einem Vertreter des Energieregulators jeder Vertragspartei zusammen. Die Europäische Gemeinschaft wird durch die Europäische Kommission vertreten, die von einem Regulator jedes Mitglieds und einem Vertreter der "Gruppe der europäischen Regulierungsbehörden für Elektrizität und Erdgas" (ERGEG) unterstützt wird. Verfügt eine Vertragspartei oder ein Mitglied über einen Regulator für Erdgas und einen für Elektrizität, so bestimmt die Vertragspartei bzw. das Mitglied anhand der Tagesordnung, welcher der beiden an einer Regulierungsausschusssitzung teilnimmt.

Artikel 60

Der Regulierungsausschuss erlässt seine Geschäftsordnung durch einen Verfahrensakt.

Artikel 61

Der Regulierungsausschuss wählt einen Vorsitzenden für eine von ihm festgesetzte Amtszeit. Die Europäische Kommission fungiert als stellvertretender Vorsitzender. Der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende erarbeiten den Entwurf der Tagesordnung.

Artikel 62

Der Regulierungsausschuss tagt in Athen.

KAPITEL IV

Die Foren

Artikel 63

Die Energiegemeinschaft wird von zwei Foren beraten, die sich aus Vertretern aller Betroffenen, wie Industrie, Regulierungsbehörden und Verbraucher, zusammensetzt.

Artikel 64

Den Vorsitz der Foren führt ein Vertreter der Europäischen Kommission.

Artikel 65

Die Schlussfolgerungen der Foren werden einvernehmlich angenommen. Sie werden der ständigen hochrangigen Gruppe übermittelt.

Artikel 66

Das Elektrizitätsforum tagt in Athen. Das Gasforum tagt an einem Ort, der vom Ministerrat festgelegt wird.

KAPITEL V

Das Sekretariat

Artikel 67

Das Sekretariat

a) leistet dem Ministerrat, der ständigen hochrangigen Gruppe, dem Regulierungsausschuss und den Foren administrative Unterstützung;

b) prüft, ob die Parteien den ihnen nach diesem Vertrag obliegenden Verpflichtungen ordnungsgemäß nachkommen und legt dem Ministerrat jährlich Fortschrittsberichte vor;

c) prüft die Gebertätigkeiten im Hoheitsgebiet der beteiligten Parteien und in dem Gebiet unter der Gerichtsbarkeit der Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen für das Kosovo, unterstützt die Europäische Kommission bei deren Koordinierung und leistet den Gebern administrative Unterstützung.

d) erledigt andere Aufgaben, die ihm im Rahmen dieses Vertrages oder durch einen Verfahrensakt des Ministerrates übertragen werden, wobei die Befugnis zur Anordnung von Maßnahmen ausgeschlossen ist; und

e) nimmt Verfahrensakte an.

Artikel 68

Das Sekretariat ist mit einem Direktor und mit Personal nach Maßgabe der Erfordernisse der Energiegemeinschaft besetzt.

Artikel 69

Der Direktor des Sekretariats wird vom Ministerrat durch einen Verfahrensakt ernannt. Der Ministerrat legt durch einen Verfahrensakt Regeln für die Einstellung, die Arbeitsbedingungen und die geografische Ausgewogenheit des Sekretariatspersonals fest. Mitarbeiter werden vom Direktor ausgewählt und ernannt.

Artikel 70

Der Direktor und die Mitarbeiter des Sekretariats dürfen bei der Erfüllung ihrer Pflichten von keiner Partei dieses Vertrages Weisungen einholen oder entgegennehmen. Sie erfüllen ihre Funktion unparteiisch und fördern die Interessen der Energiegemeinschaft.

Artikel 71

Der Direktor des Sekretariats oder ein ernannter Stellvertreter nehmen an Tagungen des Ministerrats, der ständigen hochrangigen Gruppe, des Regulierungsausschusses und der Foren teil.

Artikel 72

Der Sitz des Sekretariats ist in Wien.

KAPITEL VI

Haushalt

Artikel 73

Jede Partei trägt gemäß Anhang IV zum Haushalt der Energiegemeinschaft bei. Die Höhe der Beiträge kann alle fünf Jahre auf Ersuchen einer Partei durch einen Verfahrensakt des Ministerrates neu festgesetzt werden.

Artikel 74

Der Ministerrat verabschiedet den Haushalt der Energiegemeinschaft alle zwei Jahre durch einen Verfahrensakt. Der Haushalt deckt die für das Funktionieren der Energiegemeinschaft und ihrer Organe nötigen Betriebsausgaben ab. Die Ausgaben der einzelnen Organe werden in verschiedenen Teilen des Haushalts festgelegt. Der Ministerrat verabschiedet einen Verfahrensakt zur Festlegung des Verfahrens für die Ausführung des Haushaltsplans sowie für Rechnungslegung, Rechnungsprüfung und Inspektion.

Artikel 75

Der Direktor und das Sekretariat führen den Haushaltsplan in Übereinstimmung mit dem nach Artikel 74 verabschiedeten Verfahrensakt aus und berichten dem Ministerrat jährlich über den Haushaltsvollzug. Der Ministerrat kann gegebenenfalls per Verfahrensakt beschließen, unabhängige Rechnungsprüfer mit der Überprüfung des ordnungsgemäßen Haushaltsvollzugs zu beauftragen.

TITEL VI

BESCHLUSSFASSUNG

KAPITEL I

Allgemeine Bestimmungen

Artikel 76

Maßnahmen der Energiegemeinschaft können die Form eines Beschlusses oder einer Empfehlung annehmen.

Ein Beschluss ist in allen Teilen für diejenigen verbindlich, an die er sich richtet.

Empfehlungen sind nicht verbindlich. Die Parteien bemühen sich nach besten Kräften, Empfehlungen nachzukommen.

Artikel 77

Unbeschadet der Bestimmungen von Artikel 80 hat bei Abstimmungen jede Partei eine Stimme.

Artikel 78

Der Ministerrat, die ständige hochrangige Gruppe und der Regulierungsausschuss können nur tätig werden, wenn zwei Drittel der Parteien vertreten sind. Bei Abstimmungen gelten Stimmenthaltungen anwesender Parteien nicht als abgegebene Stimmen.

KAPITEL II

Maßnahmen gemäß Titel II

Artikel 79

Der Ministerrat, die ständige hochrangige Gruppe und der Regulierungsausschuss treffen Maßnahmen gemäß Titel II auf Vorschlag der Europäischen Kommission. Die Kommission kann ihren Vorschlag im Verlauf des Verfahrens zur Annahme der Maßnahmen jederzeit ändern oder zurückziehen.

Artikel 80

Jede Vertragspartei hat bei Abstimmungen eine Stimme.

Artikel 81

Der Ministerrat, die ständige hochrangige Gruppe und der Regulierungsausschuss entscheiden mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

KAPITEL III

Maßnahmen gemäß Titel III

Artikel 82

Der Ministerrat, die ständige hochrangige Gruppe und der Regulierungsausschuss treffen Maßnahmen gemäß Titel III auf Vorschlag einer Partei oder des Sekretariats.

Artikel 83

Der Ministerrat, die ständige hochrangige Gruppe und der Regulierungsausschuss entscheiden mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, darunter die Zustimmung der Europäischen Gemeinschaft.

KAPITEL IV

Maßnahmen gemäß Titel IV

Artikel 84

Der Ministerrat, die ständige hochrangige Gruppe und der Regulierungsausschuss treffen Maßnahmen gemäß Titel IV auf Vorschlag einer Partei.

Artikel 85

Der Ministerrat, die ständige hochrangige Gruppe und der Regulierungsausschuss treffen ihre Maßnahmen einstimmig.

KAPITEL V

Verfahrensakte

Artikel 86

Verfahrensakte regeln Fragen der Organisation, des Haushalts und der Transparenz der Energiegemeinschaft sowie die Delegation von Befugnissen vom Ministerrat an die ständige hochrangige Gruppe, den Regulierungsausschuss oder das Sekretariat. Verfahrensakte sind für die Organe der Energiegemeinschaft und — falls sie eine entsprechende Bestimmung enthalten — für die Parteien verbindlich.

Artikel 87

Unbeschadet der Bestimmungen von Artikel 88 werden Verfahrensakte nach dem in Kapitel III dieses Titels beschriebenen Beschlussfassungsprozess angenommen.

Artikel 88

Der Verfahrensakt zur Ernennung des Direktors des Sekretariats gemäß Artikel 69 wird mit einfacher Mehrheit auf Vorschlag der Europäischen Kommission angenommen. Verfahrensakte in Bezug auf Haushaltsfragen gemäß Artikel 73 und 74 werden einstimmig auf Vorschlag der Europäischen Kommission angenommen. Verfahrensakte zur Übertragung von Befugnissen auf den Regulierungsausschuss gemäß Artikel 47 Buchstabe c werden einstimmig auf Vorschlag einer Partei oder des Sekretariats angenommen.

TITEL VII

DURCHFÜHRUNG VON BESCHLÜSSEN UND BEILEGUNG VON STREITIGKEITEN

Artikel 89

Die Parteien setzen die an sie gerichteten Beschlüsse innerhalb der darin genannten Frist in ihr nationales Recht um.

Artikel 90

(1) Das Versäumnis einer Partei, einer Verpflichtung aus dem Vertrag nachzukommen oder einen an sie gerichteten Beschluss innerhalb der vorgeschriebenen Frist durchzuführen, kann dem Ministerrat durch ein begründetes Ersuchen einer Partei, des Sekretariats oder des Regulierungsausschusses zur Kenntnis gebracht werden. Private Stellen können Beschwerden an das Sekretariat richten.

(2) Die betreffende Partei kann zu solchen Ersuchen oder Beschwerden Stellung nehmen.

Artikel 91

(1) Der Ministerrat kann feststellen, dass eine Partei gegen ihre vertraglichen Verpflichtungen verstoßen hat. Der Ministerrat entscheidet

a) mit einfacher Mehrheit, falls der Vertragsverstoß Titel II betrifft;

b) mit Zweidrittelmehrheit, falls der Vertragsverstoß Titel III betrifft;

c) einstimmig, falls der Vertragsverstoß Titel IV betrifft.

(2) Der Ministerrat kann zu einem späteren Zeitpunkt die nach diesem Artikel gefassten Beschlüsse mit einfacher Mehrheit widerrufen.

Artikel 92

(1) Der Ministerrat kann auf Ersuchen einer Partei, des Sekretariats oder des Regulierungsausschusses einstimmig feststellen, dass eine Partei ihre vertraglichen Pflichten in ernsthafter und dauerhafter Weise verletzt, und bestimmte vertragliche Rechte für dieselbe aussetzen, u. a. Wahlrechte und das Recht zur Beteiligung an Tagungen oder vertraglich vorgesehenen Mechanismen.

(2) Der Ministerrat kann zu einem späteren Zeitpunkt die nach diesem Artikel gefassten Beschlüsse mit einfacher Mehrheit widerrufen.

Artikel 93

Bei der Beschlussfassung nach Artikel 91 und 92 entscheidet der Rat ohne Berücksichtigung der Stimme des Vertreters der betreffenden Partei.

TITEL VIII

AUSLEGUNG

Artikel 94

Die Organe legen in diesem Vertrag verwendete, aus dem Gemeinschaftsrecht abgeleitete Bezeichnungen oder Begriffe im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs oder des Gerichts Erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften aus. Soweit keine Auslegung dieser Gerichte vorliegt, orientiert sich die Auslegung an Vorgaben des Ministerrats. Der Ministerrat kann diese Auslegungsbefugnis der ständigen hochrangigen Gruppe übertragen. Die Auslegungsvorgaben präjudizieren in keiner Weise eine spätere Auslegung des gemeinschaftlichen Besitzstands durch den Europäischen Gerichtshof oder das Gericht Erster Instanz.

TITEL IX

MITGLIEDER UND BEOBACHTER

Artikel 95

Auf Antrag an den Ministerrat kann jeder Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft nach den in Artikel 48, 54 und 59 festgelegten Bedingungen im Ministerrat, in der ständigen hochrangigen Gruppe und im Regulierungsausschuss als Mitglied vertreten sein und sich an den Diskussionen in diesen Organen sowie in den Foren beteiligen.

Artikel 96

(1) Der Ministerrat kann einen benachbarten Drittstaat auf begründeten Antrag einstimmig als Beobachter zulassen. Die Republik Moldau wird auf Antrag an den Ministerrat innerhalb von sechs Monaten nach dem Inkrafttreten dieses Vertrages als Beobachter zugelassen.

(2) Beobachter können an den Tagungen des Ministerrates, der ständigen hochrangigen Gruppe, des Regulierungsausschusses und der Foren teilnehmen, ohne sich an den Diskussionen zu beteiligen.

TITEL X

VERTRAGSDAUER

Artikel 97

Der Vertrag ist auf 10 Jahre ab seinem Inkrafttreten befristet. Der Ministerrat kann einstimmig eine Verlängerung der Vertragsdauer beschließen. Falls keine Vertragsverlängerung beschlossen wird, kann der Vertrag weiterhin zwischen den Parteien gelten, die für eine Verlängerung der Vertragsdauer gestimmt haben, sofern deren Anzahl mindestens zwei Drittel der Parteien der Energiegemeinschaft ausmacht.

Artikel 98

Jede Partei kann unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist dem Sekretariat ihr Ausscheiden aus dem Vertrag bekannt geben.

Artikel 99

Eine beteiligte Partei wird mit dem Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft gemäß Artikel 95 zum Mitglied.

TITEL XI

ÄNDERUNG UND BEITRITT

Artikel 100

Der Ministerrat kann durch einstimmigen Beschluss seiner Mitglieder

i) die Bestimmungen der Titel I bis VII ändern,

ii) weitere Teile des gemeinschaftlichen Besitzstands in Bezug auf Netzenergie verwirklichen,

iii) diesen Vertrag auf weitere Energieerzeugnisse und Energieträger oder andere wesentliche Netzinfrastrukturen ausdehnen,

iv) den Beitritt einer neuen Partei zur Energiegemeinschaft genehmigen.

TITEL XII

SCHLUSS- UND ÜBERGANGSBESTIMMUNGEN

Artikel 101

Unbeschadet der Artikel 102 und 103 bleiben die Rechte und Pflichten aus Übereinkünften, die eine Vertragspartei vor Unterzeichnung dieses Vertrages getroffen hat, von den Bestimmungen dieses Vertrages unberührt. Soweit diese Übereinkünfte mit diesem Vertrag nicht vereinbar sind, ergreift die betreffende Vertragspartei alle geeigneten Maßnahmen, um die festgestellten Unvereinbarkeiten bis spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten dieses Vertrages zu beheben.

Artikel 102

Die aus diesem Vertrag erwachsenden Verpflichtungen lassen bestehende rechtliche Verpflichtungen der Parteien nach dem Übereinkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation unberührt.

Artikel 103

Verpflichtungen aus einer Übereinkunft zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und einer Vertragspartei andererseits bleiben von diesem Vertrag unberührt. Im Rahmen von Verhandlungen über den Beitritt zur Europäischen Union eingegangene Verpflichtungen bleiben von diesem Vertrag unberührt.

Artikel 104

Bis zur Verabschiedung des in Artikel 50 genannten Verfahrensakts wird die Reihenfolge für die Ausübung des Vorsitzes durch die Athener Absichtserklärung [3] aus dem Jahr 2003 vorgegeben.

Artikel 105

Dieser Vertrag wird von den Parteien gemäß ihren eigenen Verfahren genehmigt.

Dieser Vertrag tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf das Datum folgt, an dem die Europäische Gemeinschaft und sechs Vertragsparteien den Abschluss der zu diesem Zweck notwendigen Verfahren notifiziert haben.

Die Notifizierungen sind dem Generalsekretariat des Rates der Europäischen Union zu übermitteln, bei dem dieser Vertrag hinterlegt wird.

ZU URKUND DESSEN haben die gehörig befugten Vertreter diesen Vertrag unterzeichnet.

Geschehen zu Athen am fünfundzwanzigsten Oktober zweitausendundfünf.

[1] Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt, Amtsblatt der Europäischen Union L 176 vom 15. Juli 2003, S. 37—56; Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt, Amtsblatt der Europäischen Union L 176 vom 15. Juli 2003, S. 57—78.

[2] Amtsblatt der Europäischen Union L 176 vom 15.7.2003, S. 1—10.

[3] Gemeinsame Absichtserklärung über den regionalen Energiemarkt in Südosteuropa und seine Integration in den Energiebinnenmarkt der Gemeinschaft, unterzeichnet in Athen am 8. Dezember 2003.

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