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Document 31997D0039

97/39/EG: Entscheidung der Kommission vom 18. Dezember 1996 in einem Verfahren nach Artikel 85 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache IV/35.518 - Iridium) (Nur der englische Text ist verbindlich) (Text von Bedeutung für den EWR)

ABl. L 16 vom 18.1.1997, p. 87–95 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/1997/39(1)/oj

31997D0039

97/39/EG: Entscheidung der Kommission vom 18. Dezember 1996 in einem Verfahren nach Artikel 85 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache IV/35.518 - Iridium) (Nur der englische Text ist verbindlich) (Text von Bedeutung für den EWR)

Amtsblatt Nr. L 016 vom 18/01/1997 S. 0087 - 0095


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION vom 18. Dezember 1996 in einem Verfahren nach Artikel 85 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache IV/35.518 - Iridium) (Nur der englische Text ist verbindlich) (Text von Bedeutung für den EWR) (97/39/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum,

gestützt auf die Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrags (1), zuletzt geändert durch die Akte über den Beitritt Österreichs, Schwedens und Finnlands, insbesondere auf Artikel 2,

im Hinblick auf den Antrag auf Erteilung eines Negativattests und die Anmeldung zur Erlangung der Freistellung, die gemäß den Artikeln 2 und 4 der Verordnung Nr. 17 am 11. August 1995 eingereicht wurden,

im Hinblick auf die Zusammenfassung des Antrags und der Anmeldung, die gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 und Artikel 3 des Protokolls 21 zum EWR-Abkommen veröffentlicht wurde (2),

nach Beratung mit dem Beratenden Ausschuß für Kartell- und Monopolfragen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I. SACHVERHALT

A. Einleitung

(1) Das Iridium-System wurde vom US-Unternehmen Motorola Inc. 1987 konzipiert und soll weltweit digitale drahtlose Kommunikationsdienste unter Einsatz erdnaher Satelliten anbieten. Die Dienste sollen Sprachtelefonie, Funkruf und einfache Datendienste (wie Telefax) umfassen und über Handapparate für den Einfach- oder Zweifachbetrieb, in Fahrzeugen installierte Telefone, Funkrufempfänger oder andere Teilnehmereinrichtungen erbracht werden.

Iridium wird nach eigenen Erwartungen der erste Anbieter weltweiter Dienste für die satellitengestützte persönliche Kommunikation (S-PCS, Satellite Personal-Communications Services) sein. Das System soll den kommerziellen Betrieb bis 1. Oktober 1998 aufnehmen. Dazu müssen während der nächsten 24 Monate 66 Satelliten in die Umlaufbahn gebracht werden.

B. Die Parteien

(2) Motorola Inc. ist ein US-amerikanischer Anbieter von Geräten für die drahtlose Kommunikation und von elektronischen Geräten, Systemen, Komponenten und Dienstleistungen für weltweite Märkte. Das Unternehmen ist der Urheber des Iridium-Konzepts und Iridiums Hauptlieferant für die Bereitstellung des Raumsegments sowie ein bedeutender Zulieferer für andere Iridium-Systemkomponenten.

Motorola ist mit 20,1 % an Iridium beteiligt. Das Unternehmen hat für sich selbst den mexikanischen/mittelamerikanischen Netzübergang (3) (Gateway) reserviert, ist am südamerikanischen Netzübergang beteiligt und teilt sich den nordamerikanischen Netzübergang mit Iridium Canada und Sprint.

Motorola hat sich im Vertrag über das Raumsystem verpflichtet, für sich selbst oder für andere ohne schriftliche Einwilligung durch Iridium bis zur Kündigung des Vertrags über das Raumsystem, längstens jedoch bis 31. Juli 2003, kein ähnliches satellitengestütztes System zu errichten.

(3) Außer Motorola sind an Iridium 16 weitere strategische Gesellschafter beteiligt, zu denen eine Reihe von Telekommunikationsdiensteanbietern und Hersteller von Ausrüstungen aus verschiedenen Ländern gehören. Alle diese Unternehmen (mit Ausnahme von Lockheed Martin und Raytheon) sollen einzeln oder gemeinsam Eigentümer und Betreiber eines Netzübergangs sein und können sich innerhalb des Gebiets, das ihnen für Netzübergänge ausschließlich vorbehalten ist, auch als Diensteanbieter betätigen (oder andere Diensteanbieter benennen).

Die Gesellschafter sind: Iridium China (Hong Kong) Ltd (im Eigentum des China Great Wall Industry Corporation Konzerns; Beteiligung 4,4 %), Iridium Africa Co. (vom saudischen Konzern Mawarid Overseas Co. gebildet; 2,5 %), Iridium Canada Inc. (im Eigentum eines Motorola-Tochterunternehmens (33 %) und zweier Tochterunternehmen des kanadischen Unternehmens BCE Inc.; 4,4 %), Iridium India Telecom Private Ltd (Indien; 3,9 %), Iridium Middle East Co. (im Eigentum zweier saudischer Konzerne; 5 %), Khrunichev State Research and Production Space Center (Rußland; 4,4 %), Iridium Sudamérica (im Eigentum eines Motorola-Tochterunternehmens, eines venezolanischen Konsortiums und eines brasilianischen Konzerns; 8,8 %), Korea Mobile Telecommunications (vom südkoreanischen Mischkonzern Sunkyong Business Group kontrolliert; 4,4 %), Lockheed Martin (USA; 1,3 %), Nippon Iridium Co. (ein Konsortium zweier japanischer Konzerne, DDI Co. und Kyocera Co. und einer Reihe weiterer japanischer Teilhaber; 13,2 %), Pacific Electric Wire & Cable Co. (Taiwan; 4,4 %), Raytheon Co. (USA; 0,7 %), Sprint (USA; 4,4 %) und Thai Satellite Telecommunications Co. Ltd (Thailand; 4,4 %).

Zwei europäische Unternehmen sind ebenfalls als strategische Gesellschafter beteiligt: Stet (Italien; 3,8 %) und Vebacom (Deutschland; 10 %). Beide Unternehmen verfügen jeweils über ihr eigenes Gebiet für Netzübergangsdienste, das jeweils einen anderen Teil Europas abdeckt, sowie über das zugehörige ausschließliche Recht zur Einrichtung und zum Betrieb eines Netzübergangs in dem betreffenden Gebiet. Die beiden Unternehmen haben jedoch vereinbart, ihre Netzübergänge gemeinsam einzurichten und zu betreiben. Zu diesem Zweck werden sie ein Gemeinschaftsunternehmen gründen. Als erstes wird der Netzübergang in Italien eingerichtet.

Die meisten obengenannten Gesellschafter haben die Geschäftstätigkeit noch nicht aufgenommen. Sie wurden zum Zweck der Beteiligung an Iridium gegründet. In der Phase des Systemaufbaus werden viele Gesellschafter einige Dienstleistungen für Iridium erbringen, im wesentlichen als Unterauftragnehmer von Motorola. Die Unternehmen China Great Wall und Khrunichev werden Satellitenstart-Dienstleistungen erbringen, Lockheed Martin ist wichtigster Unterauftragnehmer für den Bau der Iridium-Satelliten, Raytheon ist Hauptverantwortlicher für die Bereitstellung der Satelliten-antennen und Stet wird über sein Tochterunternehmen Telespazio das Reservekontrollzentrum des Systems errichten und betreiben.

(4) Iridium LLC, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in den USA, wurde zur Errichtung und Vermarktung des Iridium-Kommunikationssystems gegründet. Es wird Eigentümer des raumsegmentbezogenen Systemteils einschließlich der Satelliten und der zugehörigen Bodeninfrastruktur zur Erbringung der Iridium-Dienstleistungen sein.

(5) Bei der Vermarktung der Iridium-Dienstleistungen wird das Unternehmen eine zentrale Rolle spielen und Leitlinien für die Benennung von Diensteanbietern durch Netzübergangsbetreiber herausgeben sowie die Geschäfts- und Preispolitik festlegen. Außerdem wird es einige geschäftsunterstützende Funktionen für Netzübergangsbetreiber und Diensteanbieter wahrnehmen, einschließlich des Betriebs einer Verrechnungsstelle, die die von Iridium und den einzelnen Netzübergangsbetreibern einander geschuldeten Beträge berechnet.

(6) Iridium wird einen Board of Directors mit 24 Mitgliedern haben. Die Gesellschafter benennen 23 Mitglieder, die den Board-Vorsitzenden selbst wählen. Der Board wird bestimmte Geschäftsführungsbefugnisse auf das Managementteam des Unternehmens übertragen, das einen Chief Executive Officer (CEO) und einen Präsidenten umfassen wird. Der Board-Vorsitzende wird gleichzeitig CEO und allgemein für sämtliche Geschäfte des Unternehmens verantwortlich sein. Der Präsident des Managementteams wird allgemein für die Geschäfte und das Vermögen des Unternehmens unter Aufsicht des Boards und des CEOs verantwortlich sein. Das Management führt die Anweisungen des Boards aus und hat es über die Entwicklung und Lage des Unternehmens zu unterrichten.

(7) Entscheidungen des Boards werden mit einfacher Mehrheit getroffen.

C. Das Iridium-System

1. Das Netz

(8) Das System (4) wird aus dem Raumsegment, den Netzübergängen und den mobilen Endgeräten bestehen. Iridium ist Eigentümer des Raumsegments, während die Gesellschafter, die Netzübergänge betreiben, Eigentümer und Betreiber dieser Netzübergänge sind. Die Teilnehmer werden Endgeräte von Diensteanbietern oder anderen Einzelhändlern erwerben oder mieten.

(9) Das Raumsegment umfaßt die Satelliten (5) und das Systemsteuerungssegment (SCS, System Control Segment), das zur Überwachung und Steuerung der Satelliten und zur Dienstleistungserbringung erforderlich ist.

(10) Iridium beabsichtigt, eine aus 66 Satelliten (6) bestehende Konstellation in erdnaher Umlaufbahn (in 780 km Höhe) zu installieren. Die Satelliten werden in sechs Ebenen zu je elf Satelliten in polnaher Umlaufbahn angeordnet. Die Umlaufzeit eines Satelliten um die Erde wird 100 Minuten betragen. Jeder Satellit wird am Erdboden eine Kreisfläche mit einem Durchmesser von rund 4 700 km abdecken.

Die Satelliten sind für die Kommunikation mit Teilnehmerendgeräten ausgerüstet und können den Nachrichtenverkehr unmittelbar an andere Satelliten weiterleiten. Dazu wird jeder Iridium-Satellit über vier Querverbindungsantennen verfügen, mit denen jeweils die beiden vor und hinter dem Satelliten in derselben Bahnebene gelegenen Satelliten sowie benachbarte Satelliten in den angrenzenden mitumlaufenden Bahnebenen erreicht werden. Die Vernetzung der Satelliten untereinander ermöglicht den Zugang zum Iridium-System unabhängig vom jeweiligen Netzübergang, indem ein Anruf von einem Satelliten zum nächsten weitergeleitet wird, bis die Verbindung mit demjenigen Netzübergang hergestellt ist, der für das Ziel des betreffenden Anrufs am günstigsten liegt. Das System ermöglicht es daher jedem Benutzer in einem Land, das den Iridium-Dienst genehmigt hat, Anrufe zu empfangen, die von einem beliebigen Netzübergang kommen.

(11) Das SCS umfaßt ein Hauptkontrollzentrum (7) (in den USA), ein Reservekontrollzentrum (in Italien) und zwei Bahnverfolgungs-, Telemetrie- und Kontrollstationen (TT& C-Stationen) (8) in Kanada und auf Hawaii.

(12) Netzübergänge sind Vermittlungsstellen, die mit den Teilnehmerendgeräten und anderen Satelliten über das SCS und die Satellitenkonstellation kommunizieren. Sie dienen als Schnittstelle zwischen der Satellitenkonstellation und den öffentlichen Fernsprechnetzen. Wie bereits ausgeführt, werden sie den Gesellschaftern gehören. Insgesamt sollen dreizehn Netzübergänge betrieben werden.

Konkrete Funktionen eines Netzübergangs sind die Gewährleistung der Gesprächsabrechnung, die Anrufbearbeitung, die ständige Ermittlung aller Teilnehmerstandorte und die Kommunikation mit dem öffentlichen Fernsprechnetz, mit dem (bei Anrufen für fest installierte Telefone) der Netzübergang zusammengeschaltet wird.

(13) Die Handapparate werden von maßgebenden Endgeräteherstellern produziert. Motorola wird anderen Anbietern zu angemessenen, beiderseits akzeptablen Konditionen Lizenzen für die Nutzung seiner urheberrechtlich geschützten Informationen und für den Verkauf mit Iridium kompatibler Teilnehmerendgeräte einräumen. Die meisten Handgeräte werden für den Zweifachbetrieb ausgelegt sein und damit sowohl Satellitenfunksysteme als auch terrestrische zellulare Systeme (einschließlich GSM) nutzen können, wobei sie entweder automatisch oder durch Vorgabe des Benutzers eines der beiden Systeme auswählen können.

2. Vertrieb der Dienstleistungen

(14) Am Vertrieb der Iridium-Dienstleistungen werden verschiedene Parteien der angemeldeten Vereinbarungen beteiligt sein.

- Iridium ist für zentrale Funktionen wie das Raumsegment und bestimmte geschäftsunterstützende Systeme, einschließlich der Verrechnungsstelle, verantwortlich,

- die Netzübergangsbetreiber sind für den Netzübergang verantwortlich

und

- die Diensteanbieter bieten den Kunden Dienstleistungen an und verkaufen und/oder vermieten Teilnehmerendgeräte.

a) Netzübergangsbetreiber

(15) Gemäß den Aktienübernahmevereinbarungen erhält jeder Iridium-Gesellschafter, der als Netzübergangsbetreiber benannt wurde, das ausschließliche Recht zur Erbringung von Iridium-Dienstleistungen innerhalb des vertraglich festgelegten Gebiets. Iridium wird keiner anderen Person die Erbringung von Netzübergangsdiensten oder die Errichtung von Netzübergängen im Gebiet des Gesellschafters erlauben.

(16) Außerdem verfügen die Netzübergangsbetreiber über das ausschließliche Recht, als Diensteanbieter zu fungieren und/oder andere als Diensteanbieter innerhalb ihres festgelegten Netzübergangsgebiets zu benennen.

(17) Im Rahmen der Netzübergangsvereinbarungen stellt Iridium den ständigen Zugang der Netzübergangsbetreiber und deren benannter Diensteanbieter zum Iridium-Raumsegment sicher. Voraussetzung für die Ausübung des Zugangsrechts ist die Einhaltung der in den "Iridium System Practices" festgelegten zwingenden Bestimmungen (9).

(18) Im Gegenzug haben die Netzübergangsbetreiber folgende Pflichten:

- die Beantragung, Einholung und Aufrechterhaltung aller amtlichen Genehmigungen und Frequenzzuweisungen, die für das Einrichten und Betreiben des Netzübergangs und das Erbringen der Dienstleistungen in allen Ländern, die das Gebiet für Netzübergangsdienstleistungen umfaßt, erforderlich sind,

- das Einrichten, Betreiben und Aufrechterhalten des Netzübergangs,

- das Einrichten und Aufrechterhalten der entsprechenden Zusammenschaltungen und Abmachungen über den Zugang zu allen öffentlichen Fernsprechnetzen, die innerhalb des Gebiets für Netzübergangsdienstleistungen betrieben werden, und über die Abrechnung mit den Netzbetreibern sowie

- das Bereitstellen von Netzübergangsdienstleistungen für die benannten Diensteanbieter in allen Ländern innerhalb des zugewiesenen Dienstleistungsgebiets.

b) Diensteanbieter

(19) Die Diensteanbieter sind für die Vermarktung und den Einzelhandelsverkauf der Dienstleistungen und Endgeräte verantwortlich und werden in erster Linie Ansprechpartner der Endbenutzer sein. Sie sind ebenfalls für alle Aspekte der Kontenführung und des Kundendienstes einschließlich der Einräumung von Kundenkrediten, Fakturierung, Buchhaltung und Übernahme des Kundenkreditrisikos verantwortlich. Ferner haben sie die Netzübergangsbetreiber bei der Erlangung der behördlichen Genehmigungen und der Frequenzzuweisung innerhalb ihrer Vertriebsgebiete zu unterstützen.

(20) Die Benennung der Diensteanbieter erfolgt grundsätzlich nicht ausschließlich, um den Zugang zu einer möglichst großen Kundenbasis sicherzustellen und eine angemessene Verfügbarkeit der Teilnehmerendgeräte sowie einen angemessenen Kundendienst in dem vom Netzübergang bedienten Gebiet zu gewährleisten. Dies wäre bei Mobilfunkmärkten, die wettbewerbsoffen sind, der Fall. In anderen Märkten können jedoch auch Ausschließlichkeitsvereinbarungen mit Diensteanbietern geschlossen werden. Es ist davon auszugehen, daß die meisten von ihnen lokale Mobilfunk-Diensteanbieter sein werden. In dieser Hinsicht werden S-PCS-Dienste in der Regel über terrestrische Funknetze als höherwertige Dienstleistung angeboten, um Gebiete außerhalb des terrestrischen Mobilfunknetzes oder Gebiete, in denen das terrestrische Roaming nicht möglich ist, zu erschließen.

Es wird in Betracht gezogen, daß ein einziges Unternehmen als Diensteanbieter für mehr als einen Netzübergangsbetreiber tätig sein kann. Außerdem können Diensteanbieter in mehr als einem Land innerhalb eines Gebiets für Netzübergangsdienstleistungen tätig sein.

(21) Die Diensteanbieter werden von den Netzübergangsbetreibern im Einklang mit den von Iridium herausgegebenen Leitlinien benannt. Laut der Anmeldung werden in einer Vorabprüfung der potentiellen Diensteanbieter deren Finanzlage, Ruf, Kundennähe und materiellen und personellen Mittel bewertet. Hauptkriterien für die Auswahl sind das Vorhandensein einer umfangreichen Basis von Mobilfunkkunden und die Leistungsfähigkeit des potentiellen Diensteanbieters in den Bereichen Kundendienst und Fakturierungsdienstleistungen, die wesentliche Voraussetzungen für eine angemessene Erbringung der Dienstleistung sind.

c) Entgelte

(22) Das Teilnehmerentgelt wird durch die folgenden vier Bestandteile bestimmt:

1) ein vom Iridium-Board festzusetzendes und vom Netzübergangsbetreiber für die Nutzung des Raumsegments an Iridium zu entrichtendes Entgelt,

2) ein an den Netzübergangsbetreiber für die Nutzung der Netzübergangsverbindung zu entrichtendes Entgelt, das vom Netzübergangsbetreiber festgesetzt wird, wobei die Iridium-Leitlinien und -Empfehlungen im Rahmen des gesetzlich und behördlich Zulässigen zu berücksichtigen sind,

3) ein an den Diensteanbieter zu entrichtendes Entgelt

und

4) eventuelle vor- und nachgeschaltete Entgelte für Anrufe mit Ursprung oder Ziel im öffentlichen Telefonnetz.

(23) Die Diensteanbieter ziehen die Entgelte von den Teilnehmern ein. Die Erlöse werden durch die von Iridium betriebene Verrechnungsstelle aufgeteilt.

Die Verrechnungsstelle wird daher als zentrale Sammelstelle für die Einzelverbindungsdaten fungieren und den Netto-Ausgleich zwischen Iridium und allen Netzübergangsbetreibern vornehmen.

(24) Endkunden für Sprachtelefondienste werden voraussichtlich im Durchschnitt aller Länder eine Monatsgebühr von rund 50 US-Dollar und ein Entgelt pro Minute von rund 3 US-Dollar zuzüglich etwaiger vor- und nachgeschalteter Entgelte für das öffentliche Telefonnetz zahlen (10).

D. Relevanter Markt

1. Produktmarkt

(25) Mit S-PCS wird ein Netz bezeichnet, mit dem satellitengestützte persönliche Kommunikationsdienste, in der Regel weltweit, angeboten werden. Ein S-PCS-System umfaßt eine Konstellation von Satelliten in erdnaher, mittlerer oder geostationärer Umlaufbahn (11), deren Bodenkontrollzentren und eine Reihe von Netzübergangsbodenstationen, über die der Zugang von terrestrischen Festnetzen oder Mobilfunknetzen aus ermöglicht wird. Mit einer solchen Konfiguration werden die völlige Mobilität und die weltweite Erreichbarkeit des Teilnehmers unter einer einzigen Rufnummer durch den Einsatz "intelligenter" Funktionen ermöglicht, die denen von terrestrischen zellularen Digital-Mobilfunknetzen (wie GSM) ähneln und entweder in Bodenstationen oder, wie im vorliegenden Fall, in den Satelliten selbst verwirklicht sind.

(26) Es wird erwartet, daß der Sprachtelefondienst die Hauptanwendung für diese Systeme darstellen wird, wobei auch andere Segmente Bedeutung erlangen werden, die die mobile Nutzung sogenannter persönlicher digitaler Assistenten (PDA), die Datenübertragung und Funkrufdienste betreffen.

(27) Satelliten in erdnahen und mittleren Umlaufbahnen (wie sie in den meisten der zur Zeit angekündigten S-PCS-Systeme eingesetzt werden sollen) sind durch eine niedrige Austauschbarkeit mit bestehenden oder geplanten Systemen gekennzeichnet, in denen geostationäre Satelliten eingesetzt werden. Geostationäre Satelliten sind komplexer und teurer als andere Satelliten. Sie erfordern eine stärkere Kooperation des Endbenutzers, der "freie Sicht" zu einem der Satelliten haben muß. Wegen der hohen Sendeleistungsverluste über die großen Distanzen von der Erde ist außerdem die Nutzung portabler Handapparate zur Zeit nicht möglich (12). Die großen Entfernungen von der Erde führen auch zu Echos und Zeitverzögerungen (in einer Größenordnung von rund einer halben Sekunde, was im Vergleich zu 20-151 Millisekunden bei Systemen mit erdnahen Satelliten wie Iridium eine deutliche Verschlechterung darstellt), die die Qualität normaler Sprachverbindungen stark beeinträchtigen. In hohen Breiten (d. h. in Polnähe) befindlichen Teilnehmern von Systemen mit geostationären Satelliten wird die erfolgreiche Verbindungsaufnahme außerdem durch Abschattungseffekte erschwert.

(28) Erwartungsgemäß sollen S-PCS-Systeme die beiden drahtlosen terrestrischen Mobilkommunikationstechniken GSM und DECT, das reichweitenbegrenzte schnurlose Digital-Kommunikationssystem, ergänzen. Dies wird insbesondere in Gebieten der Fall sein, in die das zellulare Netz nicht vordringen konnte (z. B. im ländlichen Raum der industrialisierten Länder und sowohl in städtischen als auch ländlichen Gebieten ärmerer Länder) oder wo das terrestrische Roaming wegen miteinander nicht kompatibler Technologien nicht genutzt werden kann. Insofern werden S-PCS-Systeme von GSM-Netzbetreibern als Zusatzfunktion mit einem Preisaufschlag angeboten werden.

S-PCS-Systeme sollen jedoch nicht mit terrestrischen zellularen Mobilfunk- und Funkrufsystemen in städtischen oder dicht bevölkerten Gegenden konkurrieren, da solche zellularen und Funkrufsysteme Vorteile bei den Kosten, der Sprachqualität und der Signalstärke aufweisen. Ein S-PCS-System wird in städtischen Gebieten wegen der vielen eng beieinanderstehenden Hindernisse (z. B. Gebäude) weniger gute Ergebnisse erzielen. Dies gilt in noch höherem Maße für die Nutzung in fahrenden Kraftfahrzeugen ohne Außenantenne und insbesondere in Gebäuden.

(29) Außerdem werden S-PCS-Systeme nach allgemeiner Einschätzung das öffentliche Telefon-Festnetz ergänzen oder sogar ersetzen und das Angebot in abgelegenen, dünnbesiedelten Gebieten oder Gegenden mit sehr schlechter terrestrischer Infrastruktur verbessern.

(30) Hauptnutzer von S-PCS-Systemen werden internationale Geschäftsreisende sein, die ihre für den Zweifachbetrieb ausgelegten Endgeräte (13) für den terrestrischen Betrieb innerhalb eines bestimmten Netzes einsetzen und in Gebieten außerhalb des terrestrischen Netzbereichs oder zur Kommunikation mit nichtkompatiblen Netzen auf den Satellitenbetrieb umschalten. Weitere wichtige Benutzergruppen werden die Landbevölkerung, staatliche Stellen und die Luftfahrt sein.

2. Räumlicher Markt

(31) Nach vollständiger Inbetriebnahme wird das Iridium-System technisch weltweit einsetzbar sein. Die genaue Ausdehnung des räumlichen Markts ist jedoch schwer zu ermitteln. Die Schlußfolgerungen der Kommission in dieser Sache werden im übrigen nicht davon berührt, ob es sich letztlich um einen weltweiten Markt oder einen kleineren Markt handelt. Die Frage nach der genauen Ausdehnung des räumlichen Markts kann daher unbeantwortet bleiben.

3. Wettbewerb im künftigen weltweiten S-PCS-Markt

(32) S-PCS-Systeme stellen einen Markt dar, auf dem im nächsten Jahrzehnt Umsatzerlöse von 10 bis 20 Mrd. ECU erzielt werden sollen. Es ist ein sehr intensiver Wettbewerb zu erwarten, der außer von anderen S-PCS-Systemen auch von terrestrischen Netzen ausgeht.

(33) Es ist eine Reihe von alternativen Vorhaben bekannt, die satellitengestützte Telekommunikationsdienste mit Handapparaten anbieten wollen, von denen einige (die sogenannten "Little LEOs") ein begrenzteres Produktspektrum und/oder geographisches Versorgungsgebiet haben, während andere (die sogenannten "Big LEOs") auf demselben relevanten Markt wie Iridium tätig werden wollen. Die meisten S-PCS-Vorhaben basieren auf US-amerikanischen Initiativen. Die europäische Industrie ist jedoch bereits wesentlich an angekündigten S-PCS-Systemen beteiligt. Hauptwettbewerber von Iridium werden sein:

- Inmarsat-P/ICO (14)

(34) ICO ist ein S-PCS-System, das von Inmarsat und einer großen Zahl von Inmarsat-Unterzeichnerstaaten lanciert wird. Im Gegensatz zu Iridium wird es zehn Satelliten in intermediären kreisförmigen Umlaufbahnen (die zu den mittleren Umlaufbahnen zählen) umfassen, und damit weltweit mobile und andere zugehörige Telekommunikationsdienste anbieten. Das System soll bis Ende 2000 in Betrieb genommen werden. Die Kosten betragen fast 3 Mrd. US-Dollar.

- Globalstar

(35) Globalstar beabsichtigt, ein S-PCS-System mit 48 erdnahen Satelliten zu installieren. Das Globalstar-Konsortium wird von Loral Corporation geleitet, einem führenden US-amerikanischen Unternehmen der Elektronik- und Raumfahrtindustrie. Zu den Partnern/Auftragnehmern gehören die europäischen Luft- und Raumfahrtunternehmen Alcatel (Frankreich), Aerospatiale (Frankreich), Alenia (Italien), Deutsche Aerospace (Deutschland) und TESAM, ein Gemeinschaftsunternehmen von Alcatel und France Télécom. Die Gesamtkosten des Systems werden auf 2 Mrd. US-Dollar geschätzt.

Globalstar will in der zweiten Jahreshälfte 1997 erste Satelliten in die Umlaufbahn bringen und 1998 den kommerziellen Betrieb zuerst mit einer Konstellation aus 24 Satelliten aufnehmen. Die globale Versorgung mit der aus 48 Satelliten bestehenden Konstellation soll in der ersten Jahreshälfte 1999 gegeben sein.

- Odyssey

(36) Dieses S-PCS-System wird vom US-amerikanischen Luft- und Raumfahrtunternehmen TRW und dem kanadischen Telekommunikationsbetreiber Teleglobe Inc. getragen. Odyssey umfaßt 12 Satelliten auf mittlerer Umlaufbahn und soll 1999 in Betrieb genommen werden.

E. Die angemeldeten Vereinbarungen

(37) Angemeldet wurden die folgenden Vereinbarungen:

- der Vertrag zur Entwicklung des terrestrischen Netzes ("Terrestrial Network Development Contract") zwischen Iridium und Motorola,

- die Aktienübernahmevereinbarungen ("Stock Purchase Agreements"), einschließlich der mit Stet und Vebacom geschlossenen Vereinbarungen,

- der Vertrag über das Raumsegmentsystem ("Space System Contract") zwischen Iridium und Motorola,

- der Betriebs- und Wartungsvertrag für das Iridium-Kommunikationssystem ("Iridium Communications System Operations and Maintenance Contract") zwischen Iridium und Motorola sowie

- die Netzübergangsvereinbarungen ("Gateway Authorization Agreements") zwischen Iridium, Stet und Vebacom.

(38) Die Parteien haben zu einem späteren Zeitpunkt außerdem eine (nichtverbindliche) Standardvereinbarung, die von Netzübergangsbetreibern für die Benennung von Diensteanbietern zu verwenden ist, sowie den Leitfaden für Iridium-Netzübergangsbetreiber zur Benennung von Diensteanbietern ("Service Provider Appointment Guide for Iridium Gateway Operators") nachgereicht.

F. Bemerkungen Dritter

(39) Nach der Veröffentlichung gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 und Artikel 3 des Protokolls 21 zum EWR-Abkommen gingen Bemerkungen dreier Parteien ein. Diese Bemerkungen wurden von der Kommission sorgfältig geprüft, konnten die Kommission jedoch nicht zu einer Änderung ihrer ursprünglichen befürwortenden Haltung veranlassen.

II. RECHTLICHE WÜRDIGUNG

A. Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen auf die Errichtung von Iridium

(40) Wegen der folgenden Gründe sind die Iridium-Partner nicht als bestehende oder potentielle Wettbewerber im S-PCS-Markt anzusehen:

- Das S-PCS-Konzept ist noch unerprobt. Aufgrund seiner Art handelt es sich bei der Errichtung des S-PCS-Netzes um ein komplexes Programm, das mit erheblichen Risiken verbunden ist und dessen Funktionsfähigkeit sich erst erweisen kann, wenn das System in der für den Betrieb vorgesehenen Konfiguration errichtet und mit einem erheblichen Verkehrsvolumen belastet ist, was erst Anfang des nächsten Jahrhunderts der Fall sein wird.

- Von keinem der an Iridium beteiligten Investoren ist vernünftigerweise zu erwarten, daß er die notwendigen Mittel für den Aufbau und Betrieb eines weltweiten S-PCS-Systems investiert. Wie bereits ausgeführt, belaufen sich die Investitionen für die Errichtung des Iridium-Systems auf fast 5 Mrd. US-Dollar. Ein solcher Betrag ist mit dem konkurrierender S-PCS-Systeme vergleichbar.

- Ferner ist keiner der an Iridium beteiligten Investoren in der Lage, die erheblichen Risiken eines technischen Fehlschlags zu tragen, die mit der Raumfahrt verbunden sind. Satellitenfehlstarts (15), Satelliten, die ihre Endposition von der Transitumlaufbahn aus nicht erreichen können, Satelliten, die nicht ordnungsgemäß funktionieren oder in ihrer Endposition außer Kontrolle geraten, dies alles sind noch immer übliche Risiken im Raumfahrtbetrieb. Tritt eines dieser Ereignisse ein, bedeutet dies in der Regel den Totalverlust des Satelliten (es ist zwar bereits möglich, einen Satelliten in der Umlaufbahn zu bergen oder instandzusetzen, doch ist dies mit exorbitanten Kosten verbunden).

Diesen Risiken gesellt sich noch die Möglichkeit eines kommerziellen Fehlschlags zu, die sich aus der Tatsache ergibt, daß S-PCS-Systeme ein vollkommen neuartiges, sogar revolutionäres Konzept darstellen und in den entwickelten Ländern der Welt einem harten Wettbewerb durch zellulare terrestrische Mobilfunkdienste und konkurrierende S-PCS-Systeme ausgesetzt sein dürften.

- Darüber hinaus verfügt angesichts der globalen Reichweite des Systems keiner der an Iridium beteiligten Investoren über die notwendigen Genehmigungen und Lizenzen zur Erbringung internationaler Telekommunikationsdienstleistungen auf weltweiter Basis via Satellit. Für Errichtung und Betrieb eines S-PCS-Systems wie Iridium ist die Erfuellung der folgenden Vorschriften und Bedingungen erforderlich:

a) die internationale Zuweisung des für die Teilnehmer-, Netzübergangs- und Satelliten-verbindungen erforderlichen Frequenzspektrums durch eine World Radiocommunications Conference (WRC) der Internationalen Fernmelde-Organisation (ITU); die Frage der Frequenzzuweisung wurde auf den Konferenzen WRC-92 und WRC-95 behandelt;

b) eine Lizenz der zuständigen Behörde für Bau, Start und Betrieb der Satellitenkonstellation (Iridium wurden die erforderlichen Lizenzen im Januar 1995 durch die Federal Communications Commission der USA erteilt; vier weitere US-amerikanische S-PCS-Systeme, darunter Globalstar und Odyssey, erhielten ebenfalls Lizenzen);

c) eine Genehmigung für jedes Land, in dem ein Netzübergang oder eine Systemsteuerstelle errichtet werden soll, für den Bau und Betrieb dieser Einrichtungen;

d) eine Genehmigung für jedes Land, in dem Teilnehmerendgeräte betrieben werden, für den Betrieb dieser Geräte mit dem System, einschließlich des erforderlichen Frequenzspektrums für die Teilnehmerverbindungen (16);

e) die internationale Koordinierung des Systems mit anderen Stellen, die das für das System erforderliche Frequenzspektrum nutzen oder nutzen wollen, um Beeinträchtigungen durch Interferenzen zu vermeiden;

f) Abstimmung mit Intelsat und Inmarsat, um die technische Kompatibilität mit diesen sicherzustellen und größeren wirtschaftlichen Schaden von ihnen abzuwenden.

- Letztendlich übersteigt die Vielfalt der für die Errichtung eines S-PCS-Systems einzusetzenden Technologien auch die Fähigkeiten der einzelnen an Iridium beteiligten Investoren. Zwar hält Motorola die Schutzrechte an vielen der für das Iridium-System nötigen Technologien, doch hat eine Reihe von Investoren einen entscheidenden Anteil, weil die Entwicklung wichtiger Systemelemente die Fähigkeiten von Motorola übersteigt. Dies gilt für Lockheed Martin bezüglich der Satelliten selbst, für Raytheon bezüglich der Antennen, für China Great Wall und Khrunichev bezüglich der Satellitenstarts usw.

(41) Angesichts dessen ist der Schluß zu ziehen, daß die Errichtung von Iridium den Marktzutritt eines lebensfähigen Wettbewerbers in einem völlig neuen Mobilfunkbereich bedeutet und als solches nicht von Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag oder Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen erfaßt wird.

B. Anwendung der Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen auf die Iridium-Preispolitik und den Vertrieb von Iridium-Dienstleistungen: wettbewerbsbeschränkende Nebenabreden

(42) Nach § 3 Absatz 1 der Netzübergangsvereinbarungen (Gateway Authorization Agreements) wird der Board of Directors von Iridium das Entgelt für den Zugang zum Raumsegment (das im Besitz von Iridium ist) festlegen. Außerdem kann der Board eine Preispolitik im Rahmen von Leitlinien vorschlagen. Nach diesen Leitlinien, in denen das von Iridium erhobene Entgelt für den Zugang zum Raumsegment berücksichtigt wird, können die Netzübergangsbetreiber ihre Preise innerhalb einer gewissen Spanne selbst festlegen. Die Leitlinien verweisen auch auf Regeln zur Entgeltaufteilung zwischen mehreren Netzübergängen, wenn an einem Anruf mehr als ein Netzübergang beteiligt ist, sowie auf Regeln zu Rechnungswährungen und Wechselkursen. Vom Netzübergangsbetreiber wird die Einhaltung dieser Leitlinien in dem Umfang erwartet, den die anwendbaren Rechtsvorschriften zulassen.

Die Leitlinien sollen die Kohärenz und den integralen Charakter der weltweiten Dienstleistung sicherstellen, die Iridium erbringen wird. Diese Kohärenz ist für potentielle Nutzer des Systems besonders wichtig, die sich häufig in verschiedenen Teilen der Welt aufhalten werden, aber nur eine Rechnung in einer Währung haben möchten. Wie in der Entscheidung in der Sache IPSP (17) anerkannt wurde, scheint daher der Grundsatz einheitlicher Preise und sonstiger Bedingungen in verschiedenen Gebieten zusammen mit der dezentralisierten Umsetzung dieser Vermarktungspraxis zur Erfuellung der Kundenbedürfnisse angemessen zu sein.

(43) Der Vertrieb der Iridium-Dienstleistungen wird einerseits durch die Netzübergangsbetreiber - die strategischen Iridium-Investoren -, die in ihren jeweiligen Gebieten über ausschließliche Rechte verfügen, andererseits durch die Diensteanbieter erfolgen, die von den Netzübergangsbetreibern im allgemeinen auf nichtausschließlicher Basis benannt werden. Iridium als "Ersteller" der Dienstleistungen wird einige zentrale Funktionen wahrnehmen, um die Kohärenz des Systems zu gewährleisten.

(44) Nach § 3 der Aktienübernahmevereinbarungen ("Stock Purchase Agreements") werden den Investoren, die sich am Iridium-System beteiligen (d. h. die Netzübergangsbetreiber), ausschließliche Rechte für das jeweilige Gebiet verliehen. Die ausschließlichen Rechte bedeuten im Grunde, daß Iridium keinem anderen Unternehmen für i) den Bau und Betrieb eines Netzübergangs in dem betreffenden Gebiet und ii) die Erbringung von Iridium-Dienstleistungen in dem Gebiet Rechte übertragen wird. Ihrerseits müssen die Netzübergangsbetreiber den Netzübergang errichten, warten und betreiben sowie verschiedene sonstige Aufgaben übernehmen, wie etwa die Einholung der erforderlichen Genehmigungen für das Iridium-System in den Ländern, die das jeweilige Gebiet umfaßt, was aufwendig und kostenintensiv sein kann. Unter diesem Aspekt und bei Berücksichtigung der sehr hohen Risiken des Iridium-Systems sowie der Notwendigkeit, Netzübergangsbetreiber in allen Teilen der Welt zu gewinnen, kann eine solche Ausschließlichkeit als Anreiz für Investoren angesehen werden, diese Risiken auf sich zu nehmen.

(45) Mögliche Wettbewerbsbeschränkungen, die sich aus der Ausschließlichkeit ergeben, werden darüber hinaus durch folgende Tatsachen vermindert:

1) Weder Netzübergangsbetreibern noch Diensteanbietern ist es verwehrt, mit konkurrierenden Systemen zusammenzuarbeiten. Was die Diensteanbieter angeht, wird sogar davon ausgegangen, daß einige von ihnen (in der Regel Betreiber von terrestrischen zellularen Mobilfunkdiensten) Diensteanbieter für so viele S-PCS-Systeme wie möglich sein werden, um die Attraktivität ihres eigenen Mobilfunkangebots für die Kunden zu erhöhen (S-PCS-Systeme werden höherwertige Dienstleistungen sein, die zusätzlich zum terrestrischen zellularen Mobilfunk angeboten werden).

Was Stet in dieser Hinsicht angeht, die der einzige Partner ist, der noch über ausschließliche Rechte für die Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen und -infrastrukturen verfügt, so haben die Parteien bestätigt, daß die Iridium-Vereinbarungen die Möglichkeit anderer Unternehmen oder Personen, Zugang zur Telekommunikationsinfrastruktur von Stet zu erhalten, außer im Fall ausdrücklich für das Iridium-System entwickelter Stet-Einrichtungen nicht beeinträchtigen werden.

2) Die Vereinbarungen untersagen es Diensteanbietern nicht, die Iridium-Dienstleistungen Kunden anzubieten, die nicht in demselben Gebiet oder Land wie der Investor, der den Netzübergang betreibt, angesiedelt sind.

3) Die an Bord der Satelliten installierte Technik ermöglicht es, jeden Teilnehmer von jedem Netzübergang aus zu erreichen. Es ist vorgesehen, daß Kunden eines bestimmten Netzübergangs, die ihren Sitz in ein anderes Gebiet verlegen, ihren alten Vertrag behalten und nicht zum Abschluß eines neuen Vertrags mit einem Diensteanbieter des Netzübergangsbetreibers verpflichtet werden, der über die ausschließlichen Rechte für das Land verfügt, in das die Kunden ihren Sitz verlegt haben.

4) Angesichts der weltumspannenden Dienstleistung werden an einem Anruf meist mehrere Netzübergänge beteiligt sein.

5) Von anderen S-PCS-Systemen wird voraussichtlich ein intensiver Wettbewerb bei den von Iridium erbrachten Dienstleistungen ausgehen.

6) Die gesamte von den Satelliten des Iridium-Systems bereitgestellte Kapazität wird von Iridium, den Investoren, die Netzübergänge betreiben, und den benannten Diensteanbietern für ihre Telekommunikationsdienstleistungen genutzt. Für Dritte wird keine überschüssige Kapazität bereitstehen.

(46) Die Ausschließlichkeit ist auch das Ergebnis der Satellitenkonfiguration: Die Antennen eines jeden Satelliten können zu einem Zeitpunkt nur mit drei Netzübergängen im Ausleuchtbereich des Satelliten Verbindungen herstellen (eine vierte Antenne dient als Reserve bei Ausfällen). Dies erfordert eine zahlenmäßige Beschränkung der Netzübergänge.

(47) Was die Leitlinien für die Benennung von Diensteanbietern angeht, so erscheinen der Kommission die obengenannten Auswahlkriterien als objektiv und qualitätsbezogen.

(48) Aufgrund der besonderen Umstände dieser Sache kann der Schluß gezogen werden, daß die Preispolitik im Rahmen der Leitlinien, die den Netzübergangsbetreibern gewährte Ausschließlichkeit und die Leitlinien für die Auswahl der Diensteanbieter in unmittelbarem Zusammenhang mit der erfolgreichen Errichtung und dem erfolgreichen Betrieb des Iridium-Systems stehen und Voraussetzungen für diesen Erfolg darstellen. Daher sind sie gemäß den Wettbewerbsregeln des EG-Vertrags und des EWR-Abkommens im Hinblick auf das Iridium-System als Nebenabreden anzusehen.

Die Bewertung der ausschließlichen Rechte, die den Investoren, die Netzübergänge betreiben, gewährt werden, könnte jedoch einer Überprüfung unterzogen werden, falls sich die Umstände in dieser Sache wesentlich ändern. Dies wäre insbesondere der Fall, wenn Iridium eine beherrschende Stellung bei der tatsächlichen Erbringung von S-PCS-Dienstleistungen erreichen sollte.

(49) Die Nebenabreden sind vor dem Hintergrund der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens zu würdigen. Daher wurde die Schlußfolgerung gezogen, daß Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen nicht auf die genannten Bestimmungen anzuwenden sind, da sie auch auf Iridium keine Anwendung finden -

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Aufgrund des ihr bekannten Sachverhalts besteht für die Kommission kein Anlaß, aufgrund Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag bzw. Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen wegen der angemeldeten Vereinbarungen über die Errichtung von Iridium einzuschreiten.

Artikel 2

Aufgrund des ihr bekannten Sachverhalts besteht für die Kommission kein Anlaß, aufgrund Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag bzw. Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen wegen der von Iridium nach § 3 Absatz 1 der Netzübergangsvereinbarungen ("Gateway Authorization Agreements") als Leitlinie festzulegenden Preispolitik, wegen der ausschließlichen Vertriebsrechte, die den Investoren als Netzübergangsbetreiber nach § 3 gewährt werden, sowie wegen der Leitlinien für die Auswahl von Diensteanbietern in der angemeldeten Form einzuschreiten.

Artikel 3

Diese Entscheidung ist gerichtet an:

Iridium LLC

1401 H. Street, NW

Washington, DC 20005

USA.

Brüssel, den 18. Dezember 1996

Für die Kommission

Karel VAN MIERT

Mitglied der Kommission

(1) ABl. Nr. 13 vom 21. 2. 1962, S. 204/62.

(2) ABl. Nr. C 255 vom 3. 9. 1996, S. 2.

(3) Erläuterungen zum Netzübergang siehe Randnummer 12.

(4) Die Gesamtkosten für die Einrichtung des Systems (ohne Handapparate) werden auf rund 4,7 Mrd. US-Dollar geschätzt.

(5) Das System wird für Teilnehmerverbindungen eine Frequenz im Bereich 1616-1626,5 MHz (dem von WRC-92 für S-PCS reservierten Frequenzbereich), für Feeder- und Netzübergangsverbindungen (Raumsegment/Erde und Erde/Raumsegment) in den Bereichen 19,4-19,6 GHz und 29,1-29,3 GHz und für die Verbindung der Satelliten untereinander im Bereich 23,18-23,38 GHz nutzen.

(6) Das System umfaßt außerdem eine Reihe von bereits umlaufenden Reservesatelliten, die ausgefallene Satelliten ersetzen können.

(7) Das Hauptkontrollzentrum kontrolliert Leistung und Zustand der Satelliten und steuert das Netz. Das Reservekontrollzentrum ersetzt das Hauptkontrollzentrum bei einem Ausfall und steuert die in der Umlaufbahn befindlichen Reservesatelliten.

(8) TT& C-Stationen verfolgen die Satelliten und passen deren Umlaufbahn so an, daß die Konstellation erhalten bleibt.

(9) Die "Iridium Systems Practices" (ISP) sind Leitlinien, Empfehlungen, Regeln, Pläne und andere Anweisungen zu technischen und betrieblichen Angelegenheiten bezüglich des Betriebs des Iridium-Systems. Einige technische und betriebliche Teile dieser ISP sollen im Interesse einer hohen Netzintegrität zwingend sein. Die ISP liegen bislang noch nicht vollständig vor (auch nicht als Entwurf).

(10) Iridium wird einen Teil des Zugangsentgelts und der Nutzungsgebühr einbehalten. Außerdem wird Iridium einen weiteren Betrag als Entgelt für den Betrieb der Verrechnungsstelle erheben. Der Restbetrag dient der Vergütung der Netzübergangsbetreiber, Diensteanbieter und sonstigen Beteiligten.

(11) Erdnahe Satelliten befinden sich in rund 900 km Höhe über der Erde. Für die vollständige Abdeckung der Erdoberfläche sind mindestens 66 erdnahe Satelliten erforderlich. Die Iridium-Satelliten befinden sich auf einer solchen erdnahen Umlaufbahn.

Satelliten in mittlerer Umlaufbahn umkreisen die Erde in einer Höhe von rund 10 000 km. Für die vollständige Abdeckung der Erdoberfläche sind dabei mindestens zehn Satelliten erforderlich.

Geostationäre Satelliten befinden sich in einer Höhe von 36 000 km über der Erde. Für die vollständige Abdeckung der Erdoberfläche sind dabei nur drei Satelliten erforderlich.

(12) Das kleinste Empfangsgerät für geostationäre Satelliten hat die Ausmaße eines kleinen Aktenkoffers.

(13) Der Preisunterschied für den Zweifachbetrieb (Satelliten- und GSM-Kommunikation) soll gegenüber dem Einfachbetrieb (nur GSM) voraussichtlich nur 10 % betragen.

(14) Zu Einzelheiten des Inmarsat-P-Systems siehe die Mitteilung nach Artikel 19 Absatz 3 (ABl. Nr. C 304 vom 15. 11. 1995, S. 6).

(15) Die für Iridium vorgesehene Dichte des Satelliteneinschusses (66 Satelliten - jeweils mehrere auf einmal - sollen in nur 24 Monaten in die Umlaufbahn eingeschossen werden) wurde noch nie im Rahmen kommerzieller Vorhaben erreicht.

(16) In der EU wurden zwar ausschließliche und besondere Rechte hinsichtlich der Benutzung von Endgeräten und der Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen (ausgenommen Sprachtelefondienste bis 1998) vor kurzem abgeschafft (Richtlinie 94/46/EG der Kommission, ABl. Nr. L 268 vom 19. 10. 1995, S. 15), es wurde jedoch noch kein gemeinsames Verfahren für die Frequenzvergabe entwickelt.

(17) ABl. Nr. L 354 vom 31. 12. 1994, S. 75, Randnummer 55.

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