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Document 52013IP0094

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. März 2013 mit Empfehlungen an die Kommission zum Statut der Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft (2012/2039(INL))

ABl. C 36 vom 29.1.2016, p. 111–118 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

29.1.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 36/111


P7_TA(2013)0094

Statut der Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. März 2013 mit Empfehlungen an die Kommission zum Statut der Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft (2012/2039(INL))

(2016/C 036/17)

Das Europäische Parlament,

gestützt auf Artikel 225 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

in Kenntnis des Vorschlags der Kommission für eine Verordnung des Rates über das Statut der Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft (COM(1991)0273) und des geänderten Vorschlags (COM(1993)0252),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 27. September 2005 zu dem Ergebnis der Überprüfung von Vorschlägen, die sich derzeit im Gesetzgebungsverfahren befinden (COM(2005)0462),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Binnenmarktakte — Zwölf Hebel zur Förderung von Wachstum und Vertrauen — Gemeinsam für neues Wachstum“ vom 13. April 2011 (COM(2011)0206),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 25. Oktober 2011 mit dem Titel „Initiative für soziales Unternehmertum — Schaffung eines ‚Ökosystems‘ zur Förderung der Sozialunternehmen als Schlüsselakteure der Sozialwirtschaft und der sozialen Innovation“ (COM(2011)0682),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Mai 2006 zu dem Ergebnis der Überprüfung von Vorschlägen, die sich derzeit im Gesetzgebungsverfahren befinden (1),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 4. Juli 2006 zu den jüngsten Entwicklungen und den Perspektiven des Gesellschaftsrechts (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Februar 2009 zur Sozialwirtschaft (3),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. November 2010 zu zivil-, handels- und familienrechtlichen Aspekten sowie zu Aspekten des internationalen Privatrechts des Aktionsplans zur Umsetzung des Stockholmer Programms (4),

unter Hinweis auf die schriftliche Erklärung vom 10. März 2011 zur Einführung eines Europäischen Statuts für Gesellschaften auf Gegenseitigkeit, Verbände und Stiftungen (5),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. Juni 2012 zur Zukunft des Europäischen Gesellschaftsrechts (6),

in Kenntnis der von dem Referat Europäischer Mehrwert dem Rechtsausschuss am 21. Januar 2013 vorgelegten Bewertung des europäischen Mehrwerts eine Statuts für europäische Gegenseitigkeitsgesellschaften (7),

gestützt auf die Artikel 42 und 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Rechtsausschusses und der Stellungnahme des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (A7-0018/2013),

A.

in der Erwägung, dass die Kommission ihren Entwurf eines Vorschlags für eine Verordnung über das Statut der Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft im März 2006 zurückgezogen hat;

B.

in der Erwägung, dass eine Verordnung über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (8) im Jahr 2003 angenommen wurde, und in der Erwägung, dass die Kommission am 8. Februar 2012 einen Vorschlag für eine Verordnung über das Statut der Europäischen Stiftung (FE) vorgelegt hat;

C.

in der Erwägung, dass eine vom Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten des Parlaments in Auftrag gegebene Studie im Jahr 2011 ein klares Bild von den sozialen, politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen eines Tätigwerdens der Union im Bereich der Gegenseitigkeitsgesellschaften gegeben hat;

D.

in der Erwägung, dass das Parlament in den vergangenen Jahren mehrere Entschließungen angenommen hat, in denen die Annahme einer Verordnung über das Statut der Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft gefordert wurde; in der Erwägung, dass es bedauerlich ist, dass die Kommission, die ihren Vorschlag für ein Europäisches Statut für die Gegenseitigkeitsgesellschaft im Jahre 2006 zurückgezogen hatte, keinen neuen Vorschlag vorgelegt hat, der den Gegenseitigkeitsgesellschaften ein rechtliches Mittel zur Erleichterung ihrer grenzüberschreitenden Tätigkeit an die Hand geben würde;

E.

in der Erwägung, dass die Kommission zugesagt hat, einige der früheren Vorschläge zum Statut der Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft zu überprüfen und erneut zu prüfen, ob ein legislatives Tätigwerden im Hinblick auf eine umfassende Folgenabschätzung erforderlich ist; in der Erwägung, dass das Parlament die Studie begrüßt, die die Kommission in diesem Zusammenhang zur derzeitigen Lage von Gegenseitigkeitsgesellschaften in der Union und deren Perspektiven in Auftrag gegeben hat, in der die Schwierigkeiten untersucht werden, die für Gegenseitigkeitsgesellschaften aufgrund des in einigen Mitgliedstaaten fehlenden rechtlichen Rahmens bestehen, sowie die Probleme hinsichtlich der Gründung neuer Gegenseitigkeitsgesellschaften angesichts der Kapitalanforderungen und des Fehlens von Lösungen für Zusammenschlüsse; in der Überzeugung, dass die Kommission angemessene Lösungen für diese Probleme, einschließlich eines Statuts, vorschlagen sollte, um die Beiträge, die Gegenseitigkeitsgesellschaften zur Sozialwirtschaft leisten, in stärkerem Maße anzuerkennen;

F.

in Erwägung der Tatsache, dass die Kommission dankenswerterweise die Erforderlichkeit eines Statuts anerkannt und sich dazu verpflichtet hat, für die Organisationen der Sozialwirtschaft (einschließlich der Gesellschaften auf Gegenseitigkeit) bessere Rechtsvorschriften vorzulegen, wobei sie betont hat, dass die Gegenseitigkeitsgesellschaften in der Lage sein sollten, als Beitrag zu den europäischen Bemühungen um die „Förderung von Wachstum und Vertrauen“ im Europäischen Wirtschaftsraum über die Grenzen hinweg tätig zu sein (9);

G.

in der Erwägung, dass man deshalb darauf hoffen sollte, dass dieses Europäische Statut ehrgeizig und innovativ sein wird, was den Schutz der Arbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen im Falle der Mobilität innerhalb der Union betrifft;

H.

in der Erwägung, dass Gegenseitigkeitsgesellschaften freiwillige Vereinigungen natürlicher oder juristischer Personen sind, deren Zweck darin besteht, die Bedürfnisse ihrer Mitglieder zu befriedigen und nicht eine Investitionsrendite zu erwirtschaften; in der Erwägung, dass sie im Einklang mit den Grundsätzen der freiwilligen und offenen Mitgliedschaft sowie der Solidarität zwischen den Mitgliedern handeln und gemäß demokratischen Grundsätzen (beispielsweise der für Gegenseitigkeitsgesellschaften, die als Einzelperson bestehen, geltende Grundsatz, dass jedes Mitglied über eine Stimme verfügt) verwaltet werden, wodurch sie zu einer verantwortlichen und nachhaltigen Verwaltung beitragen;

I.

in der Erwägung, dass es wegen ihrer Vielfalt in Europa Gegenseitigkeitsgesellschaften in einem sehr vielfältigen Rahmen gibt, was die von ihnen erbrachten Dienstleistungen, ihre Größe, ihren Auftrag oder ihre geographische Wirkung angeht;

J.

in Kenntnis der Tatsache, dass es in Europa vor allem zwei Hauptformen von Gegenseitigkeitsgesellschaften gibt, und zwar „Hilfsvereine auf Gegenseitigkeit“ (oder Gesundheitsvereine) und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit; in der Erwägung, dass „Hilfsvereine auf Gegenseitigkeit“ eine soziale Absicherung zusätzlich oder ergänzend zum gesetzlichen Sozialschutz bieten oder auch in diesen integriert werden können; in der Erwägung, dass „Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit“ alle Arten von Sach- und Lebensrisiken abdecken können und dass Gegenseitigkeitsgesellschaften in manchen Mitgliedstaaten sogar Leistungen in anderen Bereichen anbieten, beispielsweise Wohnraum oder Kredite;

K.

in der Erwägung, dass Gegenseitigkeitsgesellschaften trotz ihrer Vielfalt Dienst- und Versorgungsleistungen im Interesse ihrer Mitglieder auf der Grundlage von Solidarität und auf eine kollektiv finanzierte Weise organisieren; in der Erwägung, dass sie sich selbst demokratisch organisieren und die Überschüsse aus ihren Tätigkeiten zugunsten ihrer Mitglieder verwenden;

L.

in der Überzeugung, dass die Union angesichts ihres Ziels, gleiche Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten und zu ihrer wirtschaftlichen Entwicklung beizutragen, Gegenseitigkeitsgesellschaften, die eine in den meisten Mitgliedstaaten anerkannte Organisationsform darstellen, mit angemessenen rechtlichen Instrumenten ausstatten sollte, durch die die Entwicklung ihrer grenzübergreifenden Tätigkeiten erleichtert werden kann und ihnen ermöglicht wird, Nutzen aus dem Binnenmarkt zu ziehen;

M.

in der Erwägung, dass Gegenseitigkeitsgesellschaften eine wichtige Rolle in der Wirtschaft der Union spielen, indem sie mehr als 160 Millionen europäischen Bürgern Dienste der Gesundheitsversorgung, Sozialdienste und erschwingliche Versicherungsdienstleistungen bieten; in der Erwägung, dass auf sie mehr als 180 Milliarden EUR an Versicherungsprämien entfallen und dass sie mehr als 350 000 Menschen beschäftigen;

N.

in der Erwägung, dass die Gegenseitigkeitsgesellschaften den Zugang zur Gesundheitsfürsorge und die soziale Eingliederung erleichtern und in vollem Umfang an der Erbringung von Leistungen der Daseinsvorsorge in der Union mitwirken;

O.

in der Erwägung, dass 2010 12,3 Millionen Unionsbürger in einem anderen Mitgliedstaat beschäftigt waren, was 2,5 % der Erwerbsbevölkerung der Union entspricht;

P.

in der Erwägung, dass in einigen Mitgliedstaaten gesetzliche Krankenversicherungen nicht als Unternehmen des Privatsektors fungieren dürfen;

Q.

in der Erwägung, dass Gegenseitigkeitsgesellschaften mehr als 25 % des Versicherungsmarktes und 70 % der Gesamtzahl der Unternehmen in der Branche ausmachen; in der Erwägung, dass Gegenseitigkeitsgesellschaften vom Binnenmarkt nicht länger außer Acht gelassen werden dürfen (10) und ein Europäisches Statut erhalten sollten, um gegenüber den anderen Unternehmensformen in der Union gleichgestellt zu werden; in der Erwägung, dass die Vielfalt der Unternehmensformen einen großen Gewinn darstellt, der in vollem Umfang gewürdigt und gefördert werden sollte;

R.

in der Erwägung, dass die Gegenseitigkeitsgesellschaften eine wichtige Rolle in der Wirtschaft der einzelnen Mitgliedstaaten spielen oder spielen sollten, da sie zu den — durch demographische Trends bestätigten — strategischen Zielen der Union beitragen, die darin bestehen, ein integratives Wachstum mit einem Zugang zu Grundressourcen, zu Rechten und zu Sozialdienstleistungen für alle sowie eine angemessene Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege auf der Grundlage der Solidarität, der Erschwinglichkeit, der Nichtdiskriminierung und der Nichtausgrenzung sowie der Garantie zu gewährleisten, dass der Bedarf an zusätzlicher Pflege für ältere Menschen nicht zu Armut und finanzieller Abhängigkeit führt;

S.

in der Erwägung, dass Gegenseitigkeitsgesellschaften insbesondere in den Bereichen Gesundheit, Langzeitpflege, Rente und Sozialfürsorge, einschließlich der Bedürfnisse einer alternden Bevölkerung, tätig sind; in der Erwägung, dass die Einbeziehung der Gegenseitigkeitsgesellschaften als wichtige Interessenträger für ein langfristiges Bestehen des Sozialschutzes unter dem Aspekt von entscheidender Bedeutung ist, dass die Alterung der Bevölkerung gegenwärtig große Herausforderungen für Europa mit sich bringt, durch die die Haushaltsgleichgewichte der Mitgliedstaaten einer Belastungsprobe ausgesetzt sind und die Gefahr eines Kostendrucks bei den öffentlichen Ausgaben für Sozialschutz besteht, und in der Erwägung, dass Gegenseitigkeitsgesellschaften zwar eine wichtige Rolle spielen, indem sie sozialverträgliche Rentensysteme im Privatsektor anbieten, jedoch keinen Ersatz für eine starke erste Säule des Rentensystems darstellen können;

T.

in der Erwägung, dass auch der private Sektor dazu beitragen sollte, Lösungen für die Herausforderungen der Reform des Wohlfahrtsystems und der Sozialwirtschaft der Union zu finden; in der Erwägung, dass ganz konkret Gegenseitigkeitsgesellschaften eine natürliche Rolle als Beteiligte bei der Erreichung dieses Ziels zu spielen haben;

U.

in der Erwägung, dass Gegenseitigkeitsgesellschaften mit ihren Kernprinzipien, wie Solidarität, demokratische Leitung und die Tatsache, dass es keine Anteilseigner gibt, zum Nutzen ihrer Mitglieder handeln und somit ihrem Wesen nach sozial verantwortungsbewusst sind;

V.

in der Erwägung, dass die Werte der Gegenseitigkeitsgesellschaften den Grundwerten des europäischen Sozialmodells entsprechen; in der Erwägung, dass Gegenseitigkeitsgesellschaften, da sie auf Werten der Solidarität beruhen, wichtige Akteure der sozialen Marktwirtschaft in der Union sind, die insbesondere durch die Einführung des Europäischen Statuts stärkere Anerkennung finden sollten;

W.

in der Erwägung, dass die Zunahme der Ausgaben im Bereich der Gesundheits- und der Altersversorgung beträchtliche Auswirkungen auf den Fortbestand und die Sicherstellung der derzeitigen Sozialschutzsysteme haben könnte; in der Erwägung, dass Gegenseitigkeitsgesellschaften die Schlüsselwerte des Sozialstaats fördern, beispielsweise Solidarität, Nichtdiskriminierung und den gleichberechtigten Zugang zu hochwertigen sozialen Leistungen im Privatsektor; in der Erwägung, dass die Verstärkung des Beitrags der Gegenseitigkeitsgesellschaften zur europäischen sozialen Marktwirtschaft nicht zu Lasten der Maßnahmen der Mitgliedstaaten im Bereich des sozialen Schutzes gehen darf; in der Erwägung, dass jedoch der freiwillige Sozialschutz den gesetzlichen Sozialschutz nicht ersetzen darf; in der Erwägung, dass die Vielfalt der sozialen Sicherungssysteme die zum Teil in vollem Umfang vom Staat, von den Gegenseitigkeitsgesellschaften oder gemeinsam von beiden getragen werden, gewahrt werden muss; in der Erwägung, dass das Europäische Statut für die Gegenseitigkeitsgesellschaften zwar von wesentlicher Bedeutung ist, jedoch nicht dazu dienen darf, die Versäumnisse der Mitgliedstaaten im Bereich des sozialen Schutzes zu beheben;

X.

in der Erwägung, dass man deshalb darauf hoffen sollte, dass die Möglichkeit der Mitgliedschaft in einer Gegenseitigkeitsgesellschaft für alle Arbeitnehmer, insbesondere solche, die in kleinen Unternehmen beschäftigt sind, erleichtert und gefördert wird;

Y.

in der Erwägung, dass man deshalb darauf hoffen sollte, dass die Mitgliedschaft eines Arbeitnehmers in einem System von Gegenseitigkeitsgesellschaften durch Befreiungen von Sozial- oder Steuerabgaben gefördert wird;

Z.

in der Erwägung, dass Gegenseitigkeitsgesellschaften angesichts der Herausforderungen, denen sich Regierungen im Bereich des sozialen Schutzes gegenübersehen, dazu beitragen könnten, ein erschwingliches Sicherheitsnetz für diejenigen, die gefährdet sind, zur Verfügung zu stellen; in der Erwägung, dass Gegenseitigkeitsgesellschaften Unionsbürgern zusätzliche und erschwingliche Möglichkeiten bieten;

AA.

in der Erwägung, dass einige Gegenseitigkeitsgesellschaften eine stark ausgeprägte Komponente der Freiwilligkeit aufweisen und dass dieses Ethos der Freiwilligkeit erhalten bleiben und gefördert werden muss;

AB.

in der Erwägung, dass in einigen Mitgliedstaaten die Gegenseitigkeitsgesellschaften ihren Mitgliedern neben Versicherungsdienstleistungen zinsgünstige oder zinslose Kredite anbieten;

AC.

in der Erwägung, dass der Mehrwert von Gegenseitigkeitsgesellschaften im Vergleich zu kommerziell ausgerichteten Einrichtungen auf Unionsebene sogar noch größer sein wird, wenn man ihr wirtschaftliches Gewicht und die positiven Auswirkungen gleicher Wettbewerbbedingungen in der gesamten Union berücksichtigt;

AD.

in der Erwägung, dass die Sozialwirtschaft, insbesondere die Gegenseitigkeitsgesellschaften, dadurch eine wesentliche Rolle in der Wirtschaft der Union spielt, dass sie Einträglichkeit und Solidarität miteinander vereint, hochwertige Arbeitsplätze und Arbeitsplätze vor Ort schafft, den sozialen, wirtschaftlichen und regionalen Zusammenhalt stärkt, Sozialkapital entstehen lässt, die aktive Bürgerschaft, Sozialfürsorge auf der Grundlage der Solidarität und eine Art von Wirtschaft mit demokratischen Werten fördert, die die Menschen an die erste Stelle setzt, und zwar zusätzlich zur Unterstützung der nachhaltigen Entwicklung und der sozialen, ökologischen und technologischen Innovation;

AE.

in der Erwägung, dass die Gegenseitigkeitsgesellschaften bei diesen Herausforderungen an der Seite des Privatsektors eine Rolle zu spielen haben und sie deshalb in der Lage sein müssen, innerhalb der Union unter den gleichen Wettbewerbsbedingungen, wie sie für die übrigen Gesellschaftsformen gelten, tätig zu sein; in der Erwägung, dass die vorhandenen europäischen Statute, wie das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) oder der Europäischen Gesellschaft (SE), für Gegenseitigkeitsgesellschaften aufgrund der unterschiedlichen Steuerungsmodelle nicht geeignet sind;

AF.

in der Erwägung, dass die Lücke im Unionsrecht bedauerlich ist, da die Gegenseitigkeitsgesellschaften in den Verträgen nicht eigens genannt werden und die Achtung dieser Unternehmensform nicht in den Sekundärrechtsvorschriften verankert ist, die sich lediglich auf öffentliche und private Unternehmen beziehen, wodurch die Stellung der Gegenseitigkeitsgesellschaften, ihre Entwicklung und die Einrichtung grenzüberschreitender Gruppen beeinträchtigt wird;

AG.

in der Erwägung, dass das Europäische Statut der Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft von entscheidender Bedeutung für eine bessere Integration in den Binnenmarkt, eine stärkere Anerkennung ihrer Besonderheiten und dafür ist, dass Gegenseitigkeitsgesellschaften einen größeren Beitrag zur Verwirklichung der Wachstums- und Beschäftigungsziele der Strategie Europa 2020 leisten können; in der Erwägung, dass mit einem europäisches Statut auch die Mobilität der Bürger gefördert würde, indem es Gegenseitigkeitsgesellschaften ermöglicht würde, in mehreren Mitgliedstaaten Dienste zu erbringen, was zu einer höheren Kontinuität und Kohärenz des Binnenmarktes führen würde;

AH.

in der Erwägung, dass das Europäische Statut für Gegenseitigkeitsgesellschaften einen Weg darstellen würde, das Modell der Gegenseitigkeit in einer erweiterten Union zu fördern, insbesondere in den neuen Mitgliedstaaten, wo es in manchen Rechtssystemen nicht vorgesehen ist; in der Erwägung, dass eine Verordnung der Union, die naturgemäß in der ganzen Union Anwendung finden würde, zwei Vorteile mit sich bringen würde, nämlich, dass diesen Ländern ein europäisches Referenzstatut zur Verfügung gestellt und zu dem Status und dem Profil derartiger Unternehmen in der Öffentlichkeit beigetragen würde;

AI.

in der Erwägung, dass mit dem Statut für Gegenseitigkeitsgesellschaften die Möglichkeit großer Einsparungen geschaffen werden könnte, um ihre Wettbewerbsfähigkeit in der Zukunft zu sichern, und dass mit dem Statut die Anerkennung des Werts der Gegenseitigkeitsgesellschaften im Rahmen der Politikgestaltung der Union gesteigert würde;

AJ.

in der Erwägung, dass es sich bei den Gegenseitigkeitsgesellschaften in allen Volkswirtschaften um solide und nachhaltige Organisationen, insbesondere im Bereich der Versicherung und des Sozialschutzes, handelt, die die Finanzkrise gut überstanden und zu einem widerstandsfähigeren, diversifizierteren Markt beigetragen haben; in der Erwägung, dass die Gegenseitigkeitsgesellschaften besonders aktiv im Bereich der Alterung der Bevölkerung und der sozialen Bedürfnisse sind; in der Erwägung, dass die Einbindung der Gegenseitigkeitsgesellschaften in den Bereich der Altersversorgung den Unionsbürgern zusätzliche Möglichkeiten bietet und dass den Gegenseitigkeitsgesellschaften eine zentrale Rolle bei der Wahrung des europäischen Sozialmodells zukommt;

AK.

in der Erwägung, dass bei Gegenseitigkeitsgesellschaften keine Anteile ausgegeben werden, sondern diese in gemeinschaftlichem Besitz sind, und dass Überschüsse eher investiert denn an die Mitglieder ausgeschüttet werden; in der Erwägung, dass dies dazu beigetragen hat, dass Gegenseitigkeitsgesellschaften die Krise besser überstanden haben als andere Unternehmen des Privatsektors;

AL.

in der Erwägung, dass es sich bei einem europäischen Statut um ein freiwilliges Instrument handeln würde, mit dem die bestehenden Rechtsvorschriften für Gegenseitigkeitsgesellschaften ergänzt würden, und dass es daher die bestehenden Statute unberührt lassen und eher ein „28.“ System darstellen würde, mit dem es Gegenseitigkeitsgesellschaften erleichtert würde, grenzüberschreitend tätig zu werden;

AM.

in der Erwägung, dass die Kommission die speziellen Merkmale der Gegenseitigkeitsgesellschaften berücksichtigen sollte, um gleiche Wettbewerbsbedingungen zu garantieren und so eine zusätzliche Diskriminierung zu verhindern, und um dafür zu sorgen, dass neue Rechtsvorschriften verhältnismäßig sind, und um einen fairen, wettbewerbsorientierten und nachhaltigen Markt zu gewährleisten;

AN.

in der Erwägung, dass immer mehr für eine Diversifizierung im Versicherungssektor plädiert wird, wodurch die Rolle, die Gegenseitigkeitsgesellschaften gegenüber den in diesem Bereich tätigen Kapitalgesellschaften spielen können, betont wird, wenn es darum geht, den Sektor insgesamt wettbewerbsfähiger, weniger risikobehaftet und widerstandsfähiger gegenüber sich verändernden finanziellen und wirtschaftlichen Gegebenheiten zu machen;

AO.

in der Erwägung, dass es bei Gegenseitigkeitsgesellschaften einen scharfen und zunehmenden Wettbewerb gibt, insbesondere im Versicherungssektor, und in der Erwägung, dass einige von ihnen dazu übergehen, die Gegenseitigkeit zu Gunsten einer Kapitalisierung aufzugeben;

AP.

in Kenntnis der Tatsache, dass es in mindestens sechs Mitgliedstaaten der Union und des Europäischen Wirtschaftsraums rechtlich unmöglich ist, eine Organisation vom Typ Gegenseitigkeit zu gründen; in der Erwägung, dass dies zu Marktverzerrungen führt; in der Erwägung, dass dieser Situation mit einem europäischen Statut abgeholfen werden könnte, und dass mit dem Statut die Gründung von Gegenseitigkeitsgesellschaften in diesen Mitgliedstaaten angeregt werden könnte;

AQ.

in der Erwägung, dass die Gegenseitigkeitsgesellschaften nicht über die rechtlichen Mittel verfügen, die es ihnen erlauben, ihre Entwicklung sowie ihre grenzüberschreitende Tätigkeit im Binnenmarkt zu erleichtern; in der Überzeugung, dass Gegenseitigkeitsgesellschaften angesichts der Verfügbarkeit europäischer Statute für andere Gesellschaftsformen noch immer benachteiligt sind; in der Erwägung, dass Gegenseitigkeitsgesellschaften aufgrund der Tatsache, dass es für sie kein europäisches Statut gibt, oft gezwungen sind, für ihre grenzüberschreitenden Tätigkeiten auf unangemessene Rechtsinstrumente zurückzugreifen, was zu Demutualisierung (Aufgabe der Gegenseitigkeit) führt;

AR.

in der Erwägung, dass es innerhalb der Union beträchtliche Unterschiede bezüglich der nationalen Rechtsvorschriften für die Gegenseitigkeitsgesellschaften gibt und dass das Europäische Statut als Mittel zur Schaffung grenzüberschreitender Gegenseitigkeitsgesellschaften dienen könnte, wodurch das europäische Sozialschutzmodell gestärkt würde;

AS.

in der Erwägung, dass Gegenseitigkeitsgesellschaften selbst das Konzept der Gegenseitigkeit als ihrem Kernwert verbreiten und künftige Mitglieder davon überzeugen sollten, dass dies eine kosteneffiziente und nachhaltige Alternative zu kommerziellen Dienstleistungserbringern darstellt;

AT.

in der Überzeugung, dass Gegenseitigkeitsgesellschaften daran gehindert werden müssen, zur Erhaltung ihrer Wettbewerbsfähigkeit Schritte zu unternehmen, um Kopien ihrer kommerziellen Mitbewerber zu werden, beispielsweise indem sie eine Risikoauswahl oder strengere Kriterien für die Mitgliedschaft einführen oder sogar Aktien ausgeben, um ihre Solvabilitätsspanne zu erhöhen;

AU.

in der Erwägung, dass Gegenseitigkeitsgesellschaften, insbesondere solche mittlerer Größe, gezwungen sein könnten, Teil von größeren Organisationen, sogar Aktiengesellschaften (und damit Aufgabe der Gegenseitigkeit), zu werden, wodurch die Distanz zwischen der betreffenden Organisation und den Versicherten größer würde;

AV.

in der Erwägung, dass das Fehlen eines Statuts eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit und die Zusammenlegung von Gegenseitigkeitsgesellschaften immer noch verhindert;

1.

fordert angesichts des Ergebnisses der vor kurzem vorgelegten Studie über die Lage von Gegenseitigkeitsgesellschaften in der Union und unter Berücksichtigung der eindeutigen vom Parlament mehrfach geäußerten Präferenz für ein Statut für eine europäische Gegenseitigkeitsgesellschaft von der Kommission, rasch auf der Grundlage des Artikels 352 oder möglicherweise des Artikels 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union einen oder mehrere Vorschläge vorzulegen, durch die es Gegenseitigkeitsgesellschaften gestattet wird, in einem europäischen und grenzübergreifenden Umfang tätig zu werden, einschließlich eines Statuts für die Europäische Gegenseitigkeitsgesellschaft, wobei sie die detaillierten Empfehlungen befolgen sollte, die sich in der beiliegenden Anlage finden;

2.

bekräftigt, dass die genannten Empfehlungen mit den Grundrechten und dem Grundsatz der Subsidiarität in Einklang stehen;

3.

ist der Ansicht, dass die finanziellen Auswirkungen des verlangten Vorschlags von angemessenen Mittelzuweisungen abgedeckt werden sollten;

4.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung und die als Anlage beigefügten ausführlichen Empfehlungen der Kommission und dem Rat zu übermitteln.


(1)  ABl. C 297 E vom 7.12.2006, S. 140.

(2)  ABl. C 303 E vom 13.12.2006, S. 114.

(3)  ABl. C 76 E vom 25.3.2010, S. 16.

(4)  ABl. C 99 E vom 3.4.2012, S. 19.

(5)  ABl. C 199 E vom 7.7.2012, S. 187.

(6)  Angenommene Texte, P7_TA(2012)0259.

(7)  http://www.europarl.europa.eu/committees/en/studiesdownload.html?languageDocument=EN&file=83593

(8)  Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (ABl. L 207 vom 18.8.2003, S. 1).

(9)  Mitteilung der Kommission vom 13. April 2011 mit dem Titel „Binnenmarktakte — Zwölf Hebel zur Förderung von Wachstum und Vertrauen — Gemeinsam für neues Wachstum“ (COM(2011)0206),

(10)  Siehe vorstehend genanntes Dokument COM(2011)0206.


ANLAGE

AUSFÜHRLICHE EMPFEHLUNGEN ZUM INHALT DES VERLANGTEN VORSCHLAGS

Empfehlungen zum Statut der Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft

Empfehlung 1 (zu den Zielen des Statuts der Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft)

Das Europäische Parlament ist der Auffassung, dass die Unternehmensvielfalt eindeutig im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union verankert sein sollte, und schlägt vor, die Gegenseitigkeitsgesellschaften in dessen Artikel 54 aufzunehmen.

Das Europäische Parlament ist der Auffassung, dass eine Kombination von Strategien und Maßnahmen, einschließlich eines europäischen Statuts, erforderlich ist, um für Gegenseitigkeitsgesellschaften gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, wodurch ihnen in gleichem Maße die Möglichkeit gegeben würde, ihrer Organisation und ihren Tätigkeiten eine europäische Dimension hinzuzufügen, und ihnen ein geeignetes Rechtsinstrument an die Hand gegeben würde, um ihre grenzübergreifenden und transnationalen Tätigkeiten zu erleichtern. Insofern könnten Gegenseitigkeitsgesellschaften in der gesamten Union entsprechend ihrer spezifischen Leitungsstruktur tätig sein.

Das Europäische Parlament ist der Auffassung, dass ein Statut der Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft ein freiwilliges System in der Form eines optionalen Instruments schaffen wird, durch das es Gegenseitigkeitsgesellschaften ermöglicht wird, in verschiedenen Mitgliedstaaten tätig zu werden und selbst in Ländern eingeführt zu werden, in denen es sie derzeit nicht gibt, und besteht deshalb darauf, dass die Europäische Gegenseitigkeitsgesellschaft als eine europäische Rechtsform mit einem spezifischen Unionscharakter angesehen wird.

Das Europäische Parlament erinnert gleichzeitig daran, dass eine etwaige legislative Initiative nicht zu einer Änderung der verschiedenen bereits bestehenden einzelstaatlichen Rechtsvorschriften führen wird und nicht als eine Initiative angesehen werden kann, die auf die Angleichung der für Gegenseitigkeitsgesellschaften geltenden Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten ausgerichtet ist.

Das Europäische Parlament bekräftigt, dass mit einer Verordnung über das Statut der Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft folgende wesentliche Ziele verfolgt werden:

alle Hindernisse für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gegenseitigkeitsgesellschaften unter Berücksichtigung ihrer spezifischen Merkmale, die in den jeweiligen nationalen Rechtssystemen fest verwurzelt sind, beseitigen und Gegenseitigkeitsgesellschaften gestatten, frei auf dem Binnenmarkt zu agieren, wodurch wiederum die Grundsätze des Binnenmarkts gestärkt würden;

die Errichtung einer Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft durch natürliche Personen mit Wohnsitz in unterschiedlichen Mitgliedstaaten oder juristischen Personen, die nach dem Recht unterschiedlicher Mitgliedstaaten gegründet wurden, gestatten;

die Errichtung einer Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft durch eine grenzübergreifende Fusion von zwei oder mehr bestehenden Gegenseitigkeitsgesellschaften angesichts der Tatsache ermöglichen, dass die Richtlinie über grenzübergreifende Fusionen (1) nicht auf Gegenseitigkeitsgesellschaften anwendbar ist;

die Errichtung einer Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft durch Umwandlung oder Umstrukturierung einer nationalen Gegenseitigkeitsgesellschaft in eine neue Form ermöglichen, ohne dass sie vorher abgewickelt werden muss, wenn die betreffende Gesellschaft ihren Sitz und ihre Hauptverwaltung in ein und demselben Mitgliedstaat hat;

die Errichtung einer Europäischen Gegenseitigkeitsgruppe gestatten und Gegenseitigkeitsgesellschaften ermöglichen, von den Vorteilen zu profitieren, die sich aus einem europäischen Zusammenschluss von Gegenseitigkeitsgesellschaften ergeben, insbesondere im Zusammenhang mit der Solvabilität-II-Richtlinie (2) für solche Gegenseitigkeitsgesellschaften, die Versicherungen anbieten.

Empfehlung 2 (zu den Elementen des Statuts der Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft)

Das Europäische Parlament fordert die Kommission auf zu berücksichtigen, dass die Merkmale und Grundsätze der Leitung von Gegenseitigkeitsgesellschaften einbezogen werden sollten, wenn eine solche optionale Verordnung im Recht der Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt wird.

Das Europäische Parlament erinnert daran, dass bei einem Vorschlag für das Statut der Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft die besondere Funktionsweise von Gegenseitigkeitsgesellschaften zu berücksichtigen ist, die sich von denjenigen anderer Wirtschaftsakteure unterscheidet:

Gegenseitigkeitsgesellschaften erbringen eine breite Palette von Versicherungs- und Kreditdienstleistungen und anderen Dienstleistungen im Interesse ihrer Mitglieder auf der Grundlage von Solidarität und auf eine kollektiv finanzierte Weise.

Im Gegenzug zahlen die Mitglieder einen Beitrag oder Gleichwertiges, dessen Betrag variabel sein kann.

Die Mitglieder können keine individuellen Rechte an den Vermögenswerten der Gegenseitigkeitsgesellschaft ausüben.

Das Europäische Parlament meint, dass durch das Statut genaue und klare Bedingungen für die Schaffung einer echten und wirksamen neuen Kategorie von Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaften festgelegt werden müssen, und ist der Auffassung, dass in dieser Hinsicht frühere Modelle für Statuten europäischer Einrichtungen zu berücksichtigen sind, bei denen die beträchtliche Flexibilität, die den Mitgliedstaaten eingeräumt wurde, und der Mangel an Mehrwert dazu geführt haben, dass die Bedingungen für die erfolgreiche Verwendung eines solchen europäischen Instruments nicht geschaffen wurden.

Das Europäische Parlament fordert die Kommission auf, auf der Grundlage von Artikel 352 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union die wesentlichen Merkmale von Gegenseitigkeitsgesellschaften, die auf Personen beruhen — den Grundsatz der Nichtdiskriminierung hinsichtlich der Risikoauswahl und die demokratische Ausrichtung durch ihre Mitglieder — in den Vorschlag für eine Verordnung aufzunehmen, mit dem Ziel, die soziale Lage lokaler Gemeinschaften und der breiteren Gesellschaft im Geiste der Gegenseitigkeit zu verbessern.

Das Europäische Parlament misst dem Grundsatz der Solidarität in Gegenseitigkeitsgesellschaften große Bedeutung bei, da die Mitglieder gleichzeitig auch Kunden sind und daher dieselben Interessen verfolgen, verweist auf den Grundsatz des gemeinsamen Kapitaleigentums und die Unteilbarkeit des Kapitals und betont, wie wichtig der Grundsatz der uneigennützigen Aufteilung ist, falls es zu einer Abwicklung kommt, d. h. der Grundsatz, dass die Vermögenswerte auf andere Gegenseitigkeitsgesellschaften verteilt oder an eine Einrichtung gegeben werden sollten, deren Ziel es ist, Gegenseitigkeitsgesellschaften zu unterstützen und zu fördern.

Empfehlung 3 (zu dem Umfang und Geltungsbereich des Statuts der Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft)

Das Europäische Parlament betont die folgenden Aspekte hinsichtlich des Umfangs und Geltungsbereichs der künftigen Verordnung für ein europäisches Statut:

Sie sollte weder Pflichtsysteme und/oder gesetzliche Systeme der sozialen Sicherheit, die in einigen Mitgliedstaaten durch Gegenseitigkeitsgesellschaften verwaltet werden, noch die Freiheit der Mitgliedstaaten zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen die Verwaltung solcher Systeme Gegenseitigkeitsgesellschaften übertragen werden soll, berühren.

Angesichts des spezifischen Unionscharakters einer Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft sollten die durch das Statut eingeführten Regelungen für die Leitung die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten unberührt lassen und nicht die Möglichkeiten der Wahl einschränken, die für andere Unionstexte zum Gesellschaftsrecht zu treffen ist.

Die Verordnung sollte nicht für andere Bereiche gelten, wie etwa die Vorschriften für die Arbeitnehmerbeteiligung am Entscheidungsprozess, Arbeitsrecht, Steuerrecht, Wettbewerbsrecht, das Recht des geistigen oder gewerblichen Eigentums oder die Vorschriften über Insolvenz und Zahlungseinstellung.

Da der Rahmen, innerhalb dessen die Gegenseitigkeitsgesellschaften operieren, in jedem Mitgliedstaat unterschiedlich ist, sollte die Verordnung den europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaften die Möglichkeit gewährleisten, ihre eigenen Ziele frei zu bestimmen und ihren Mitgliedern eine breite Palette an Dienstleistungen anzubieten, einschließlich Sozial- und Krankenversicherung und die Gewährung von Darlehen.

Empfehlung 4 (zur Leitungsstruktur Europäischer Gegenseitigkeitsgesellschaften)

Die europäische Gegenseitigkeitsgesellschaft sollte demokratisch verwaltet und kollektiv zum Nutzen ihrer Mitglieder finanziert werden. In dem Statut sollte festgelegt werden, das die Mitglieder die kollektiven Eigentümer der Gegenseitigkeitsorganisation sind.

Das Statut einer Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft sollte Regelungen für die Unternehmensführungs- und Leitungsstruktur enthalten, durch die Folgendes vorgesehen wird: eine Hauptversammlung (u. U. in Form einer Versammlung aller Mitglieder oder einer Versammlung von Delegierten der Mitglieder), ein Aufsichtsorgan und ein Leitungs- oder Verwaltungsorgan, je nach der Form, die im Gesellschaftsvertrag bzw. Statut gewählt wird.

Jedes Mitglied (natürliche oder juristische Person) oder jeder Delegierte sollte in der Hauptversammlung grundsätzlich das gleiche Stimmrecht haben.

Das Mitglied bzw. die Mitglieder des Leitungsorgans sollten vom Aufsichtsorgan bestellt und abberufen werden. Allerdings kann ein Mitgliedstaat vorschreiben oder zulassen, dass der Gesellschaftsvertrag bzw. das Statut vorsieht, dass das Mitglied bzw. die Mitglieder des Leitungsorgans von der Hauptversammlung ernannt werden.

Niemand sollte gleichzeitig Mitglied des Leitungsorgans und Mitglied des Aufsichtsorgans sein.

Die Auswirkungen der Solvabilität-II-Richtlinie auf die Unternehmensführung von Gegenseitigkeitsorganisationen sollte genau beobachtet werden.


(1)  Richtlinie 2005/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten (ABl. L 310 vom 25.11.2005, S. 1).

(2)  Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (Neufassung) (ABl. L 335 vom 17.12.2009, S. 1).


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