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Document 52017AE6069

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, den Ausschuss der Regionen und die Europäische Investitionsbank: Dritter Bericht zur Lage der Energieunion“ (COM(2017) 688 final)

EESC 2017/06069

ABl. C 262 vom 25.7.2018, p. 86–93 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

25.7.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 262/86


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, den Ausschuss der Regionen und die Europäische Investitionsbank: Dritter Bericht zur Lage der Energieunion“

(COM(2017) 688 final)

(2018/C 262/15)

Berichterstatter:

Toni VIDAN

Mitberichterstatter:

Christophe QUAREZ

Befassung

Europäische Kommission, 18.1.2018

Rechtsgrundlage

Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

 

 

Zuständige Fachgruppe

Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft

Annahme in der Fachgruppe

5.4.2018

Verabschiedung auf der Plenartagung

19.4.2018

Plenartagung Nr.

534

Ergebnis der Abstimmung

(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

159/5/5

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) begrüßt den Dritten Bericht zur Lage der Energieunion (im Folgenden: „Dritter Bericht“), unterstützt die Ziele des Projekts Energieunion und befürwortet, dass der Akzent auf der Einbindung und Mobilisierung der Gesellschaft der EU liegt, damit sie ihre Rolle im Rahmen der Energieunion umfassend wahrnehmen kann. Er wiederholt seine Vorschläge für einen effektiven Energiedialog mit der organisierten Zivilgesellschaft auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene.

1.2.

Der EWSA hat stets die Meinung vertreten, dass die Energieunion außerordentlich wichtig für den Erfolg der Europäischen Union ist. Er stimmt mit der Europäischen Kommission darin überein, dass die Energieunion mehr beinhaltet als nur Klima- und Energiepolitik. Der EWSA betrachtet die Energiewende als eine Gelegenheit, Europa demokratischer, geeinter, wettbewerbsfähiger und gerechter zu gestalten. Durch die gemeinsamen Anstrengungen zur Schaffung der Energieunion muss die ökologische, politische, wirtschaftliche und soziale Nachhaltigkeit der Europäischen Union im Einklang mit ihren Grundwerten gestärkt werden.

1.3.

Der EWSA begrüßt das Paket „Saubere Energie“ als einen Schritt in die richtige Richtung, bedauert jedoch, dass im Dritten Bericht nicht der Tatsache Rechnung getragen wird, dass die in diesem Paket enthaltenen Zielvorgaben unzureichend sind. Der EWSA unterstützt die Initiativen des Europäischen Parlaments zur Stärkung des rechtlichen Rahmens und ist besorgt über Bestrebungen des Rates, künftige Bestimmungen abzuschwächen. Der EWSA fordert die EU auf, ihre Maßnahmen zu intensivieren, um Europa und die Welt dem Ziel der Klimaneutralität näher zu bringen, das im von allen Mitgliedstaaten ratifizierten Übereinkommen von Paris verankert ist.

1.4.

Der EWSA bedauert, dass im Dritten Bericht nicht auf die langfristigen Perspektiven der Energieunion eingegangen wird, und fordert die Europäische Kommission auf, die Perspektiven bis 2050 vollumfänglich in die Energieunion einzubeziehen sowie einen Vorschlag für einen aktualisierten Fahrplan bis 2050 im Einklang mit dem Übereinkommen von Paris vorzulegen. Dies stünde im Einklang mit der Entschließung des Europäischen Parlaments, in der die Kommission aufgefordert wird, bis 2018 eine bis Mitte des Jahrhunderts reichende EU-Emissionsvermeidungsstrategie auszuarbeiten (2017/2620(RSP)).

1.5.

In diesem Zusammenhang betont der EWSA die wesentliche Bedeutung der Governance der Energieunion. Wie schon in der EWSA-Stellungnahme zum Governance-System der Energieunion (1) dargelegt, ist es von entscheidender Bedeutung, dass im Rahmen des Governancesystems die Entscheidungsträger auf allen Ebenen gehalten sind, langfristige Pläne über den Zeithorizont 2030 hinaus auszuarbeiten, die Interessen und Ansichten aller Interessenträger innerhalb der Gesellschaft, insbesondere auch gefährdeter Gruppen, zu berücksichtigen, dem regulatorischen und technischen Wandel Rechnung zu tragen und der Öffentlichkeit gegenüber Rechenschaft abzulegen.

1.6.

Der EWSA weist darauf hin, dass die Energiewende in Europa bereits begonnen hat: Effiziente Technologien und die Präferenzen der Bürger für saubere Energie führen einerseits zu einem Rückgang des Energieverbrauchs und andererseits zu einer Zunahme der Erzeugung erneuerbarer Energie. In mancherlei Hinsicht scheinen die erzielten Fortschritte allerdings im Dritten Bericht zu optimistisch beurteilt zu werden. Der EWSA begrüßt die Schlussfolgerungen des Dritten Berichts in Bezug auf die Bedeutung des Talanoa-Dialogs 2018 und betont, dass in puncto Innovation, Investition, weltweite Zusammenarbeit und Handel weitere Anstrengungen erforderlich sind, damit die EU die angestrebte weltweite Führungsrolle übernehmen kann.

1.7.

Der EWSA bedauert, dass im Dritten Bericht das Hauptgewicht auf Hemmnisse in Verbindung mit der technischen Infrastruktur gelegt wird. Künftig sollte sehr viel mehr Aufmerksamkeit auf andere Markthemmnisse und institutionelle Hürden gerichtet werden, welche die Bürger, Verbraucher, Gemeinschaften und KMU daran hindern, an der Energiewende und den zugehörigen EU-Fördermechanismen teilzuhaben. Zu den nicht berücksichtigten Hindernissen gehören beispielsweise Unterschiede bei den Kapitalkosten für Investitionen in erneuerbare Energien innerhalb der EU, die mangelhafte Umsetzung der Rechtsstaatlichkeit, Korruption, unzureichende Verwaltungskapazitäten, Schwierigkeiten beim Netzzugang sowie mangelnde Digitalisierung und fehlende demokratische Strukturen im Energiesystem.

1.8.

Der EWSA begrüßt, dass im Dritten Bericht auf die sinkenden Kosten der Erneuerbare-Energien- und anderen Saubere-Energien-Technologien hingewiesen wird. Er fordert die Kommission auf, diesen Fortschritten im Rahmen ihrer künftigen Politik- und Investitionsinstrumente Rechnung zu tragen und sicherzustellen, dass die gesellschaftliche Perspektive im Mittelpunkt des aktualisierten Fahrplans bis 2050 steht.

2.   Hintergrund und Betrachtungen zu früheren Empfehlungen des EWSA

2.1.

Die Ziele der Energieunion und eine ehrgeizigere Klima- und Energiepolitik stoßen auf eine breite und immer weiter zunehmende öffentliche Akzeptanz in der EU. Bei der letzten Eurobarometer-Erhebung zum Klimawandel (2) im März 2017 gaben 74 % der Befragten an, dass sie den Klimawandel für ein sehr ernstes Problem halten; 79 % vertraten die Auffassung, dass Klimaschutz und effizientere Energienutzung die EU-Wirtschaft stimulieren und Arbeitsplätze schaffen können; 77 % waren der Ansicht, dass die Weitergabe der in der EU vorhandenen Fachkenntnisse auf dem Gebiet neuer sauberer Technologien an Drittländer der EU wirtschaftliche Vorteile bringen kann, wobei 65 % außerdem zustimmten, dass es für die EU von wirtschaftlichem Vorteil sein kann, die Einfuhren fossiler Brennstoffe aus Drittländern zu reduzieren. Eine große Mehrheit der Befragten stimmte ebenfalls zu, dass die öffentlichen Finanzmittel für den Übergang zu sauberer Energie aufgestockt werden sollten, selbst wenn dies eine Kürzung der Zuschüsse für fossile Brennstoffe bedeuten würde (79 %), und dass die Reduzierung der Einfuhren fossiler Brennstoffe die Energieversorgungssicherheit der EU erhöhen kann (64 %).

2.2.

Zunehmende Unterstützung erhalten die Ziele der Energieunion auch von den europäischen Unternehmen innerhalb und außerhalb des Energiesektors. Beispielhaft hierfür ist die neue Visionserklärung der Union der Elektrizitätswirtschaft, EURELECTRIC (3), in der die Energiebranche sich im Lichte des Übereinkommens von Paris und in Anbetracht der dringenden Notwendigkeit, den Klimawandel, die Luftverschmutzung und die Erschöpfung der natürlichen Ressourcen zu bekämpfen, verpflichtet, in eine saubere Energieerzeugung sowie Übergangslösungen zu investieren, die Emissionen zu reduzieren und deutlich vor der Mitte des Jahrhunderts einen kohlenstoffneutralen Strommix zu erreichen, die dringend erforderliche Umstellung von einer ressourcenbasierten auf eine technologiebasierte europäische Wirtschaft zu fördern, soziale und ökologische Nachhaltigkeit zu ermöglichen, die gesamte Wertschöpfungskette auf Nachhaltigkeit auszurichten und die Umrüstung der vorhandenen Wirtschaftsgüter auf dem Weg zu einer emissionsfreien Gesellschaft zu unterstützen.

2.3.

Immer mehr Gutachten und wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen, dass der rasante Preisverfall bei Photovoltaik, Windenergie und Technologien für den Systemausgleich von großem Vorteil für den Strom- und Energiesektor der EU sein kann. Einem jüngst von der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien (Irena) veröffentlichten Bericht (4) zufolge kann die EU den Anteil erneuerbarer Energien an ihrem Energiemix bis 2030 auf 34 % steigern, was eine Verdoppelung des 2016 erreichten Anteils wäre, und am Ende positive wirtschaftliche Auswirkungen verbuchen. Bis 2030 würden dadurch Einsparungen in Höhe von 44-113 Mrd. EUR jährlich aufgrund vermiedener Energie-, Umwelt- und Gesundheitskosten erzielt. Eine weitere neue, von der Energy Union Choices-Gruppe vorgelegte Studie (5) gelangt zu dem Schluss, dass das wirtschaftlichste Szenario ein weit höherer als der von der Europäischen Kommission angestrebte Stromversorgungsanteil erneuerbarer Energien wäre, nämlich 61 % (anstatt 49 %) bis 2030. Bei diesem Szenario würde die EU bis 2030 jährlich weitere 265 Mio. t CO2 sowie 600 Mio. EUR an Energiesystemkosten vermeiden und (netto) 90 000 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen.

2.4.

Es wurden wichtige Initiativen eingeleitet, darunter die Erklärung von Malta im Mai 2017, um den Übergang zu sauberer Energie auf den Inseln sowie in den Gebieten in äußerster Randlage in Europa zu beschleunigen, das „Industrieforum für saubere Energie und Wettbewerbsfähigkeit“ (Clean Energy Industrial Competitiveness Forum), die Mitteilung über „Eine neue Strategie für die Industriepolitik der EU“ und die Batterieinitiative. All diese Initiativen sind wesentliche Voraussetzung für eine integrierte Industriepolitik, die die Energiewende unterstützen kann und gleichzeitig die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze fördert. Sie sollten als eine Gelegenheit für die Industrie gesehen werden, Europas Problemlösungsfähigkeit unter Beweis zu stellen.

2.5.

Der EWSA hat wiederholt festgestellt, dass die Energieunion europäischen Unternehmen stabile und günstige Rahmenbedingungen bieten muss, um Investitionen und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu fördern, wobei insbesondere das Potenzial der KMU zu berücksichtigen ist. Dies erfordert die gemeinsame Festlegung eines tragfähigen Governance-Systems der Energieunion, was nur geschehen kann, wenn an der von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Verordnung über das Governance-System der Energieunion weitreichende Änderungen vorgenommen werden.

2.6.

Der EWSA hat stets die Auffassung vertreten, dass die Verfügbarkeit und der physische Zugang zu erschwinglicher Energie wesentliche Voraussetzungen für die Vermeidung von Energiearmut sind, die ihrerseits verhindert, dass die Menschen auf emissionsarme Lösungen umsteigen. Daher begrüßt er die Einrichtung der Beobachtungsstelle für Energiearmut als einen ersten Schritt hin zur Entwicklung weiterreichender europäischer Maßnahmen zur Beseitigung der Energiearmut in Europa.

2.7.

Der EWSA hat sich dafür ausgesprochen, im folgenden Bericht zur Lage der Energieunion die soziale Dimension in die Bewertungskriterien aufzunehmen. Daher begrüßt er nachdrücklich die von der Europäischen Kommission eingeleiteten sozialen Initiativen, u. a. im Zusammenhang mit CO2-intensiven Regionen und Energiearmut, wie auch die Aufnahme eines eigenen Unterabschnitts zur sozialen Dimension der Energieunion in den Bericht. Dieser lobenswerte erste Schritt sollte nachfolgend weiter ausgebaut werden, beispielsweise durch die gemeinsame Abfassung eines „Sozialpakts für eine bürgergetriebene Energiewende“.

2.8.

Der EWSA weist darauf hin, dass die Energiewende keine wesentlich höheren Investitionen erfordert als die Aufrechterhaltung des gegenwärtigen, auf vornehmlich eingeführten fossilen Brennstoffen basierenden Energiesystems. Allerdings bedarf es ganz anderer Arten von Investitionen, die u. a. auf Dekarbonisierung, Digitalisierung, Demokratisierung und Dezentralisierung abzielen. Die zentrale Herausforderung besteht darin, Kapital umzuverteilen und von kohlenstoffintensiven auf emissionsarme Anlagen und Infrastrukturen zu übertragen. Bei dieser Umwidmung sollten gemeinschaftliche und nationale öffentliche Mittel effizient verwendet werden, indem beispielsweise Beihilfen für fossile Brennstoffe schrittweise eingestellt werden, auch die öffentliche Förderung von Gaspipelines durch die EU, ohne dass dadurch die industrielle Wettbewerbsfähigkeit oder die Beschäftigungslage beeinträchtigt oder der Binnenmarkt verzerrt werden.

2.9.

Zur Unterstützung der privaten Investoren bei dieser Kapitalumschichtung sollten die öffentlichen Behörden wirksame und vorhersehbare Kohlenstoffpreise für alle wirtschaftlichen Tätigkeiten gewährleisten. Denkbar wäre beispielsweise ein Kohlenstoffmindestpreis im EHS in Verbindung mit der Harmonisierung der Energiesteuern. Dazu wäre es notwendig, die EU-Politikinstrumente zu straffen und die Überschneidung von Instrumenten, die zu einer Verzerrung der Investitionssignale führt, zu vermeiden. Der EWSA hat die Kommission außerdem aufgefordert, aktiv auf die Einführung eines weltweiten Systems für die Kohlenstoffbepreisung hinzuwirken, das gleiche Ausgangsbedingungen für die europäischen Unternehmen auf den Export- und Importmärkten begünstigen würde.

3.   Bemerkungen zum Dritten Bericht zur Lage der Energieunion und zu Folgemaßnahmen

3.1.   Eine starke und demokratische Governance für Europas Energiewende schaffen

3.1.1.

Der EWSA ist der Ansicht, dass die EU und die meisten ihrer Mitgliedstaaten die Gestaltung der Energiepolitik weiter demokratisieren müssen, indem sie beispielsweise die effiziente Nutzung von Instrumenten wie Deliberationsforen und Europäischen Bürgerinitiativen fördern und die Voraussetzungen für die systemische Einbindung der organisierten Zivilgesellschaft in die Ausarbeitung und Durchführung der nationalen Energie- und Klimapläne schaffen.

3.1.2.

Nach Meinung des EWSA erfordert eine starke und demokratische Governance der Energieunion die Schaffung eines „Europäischen Energieinformationsdienstes“ innerhalb der Europäischen Umweltagentur, der imstande wäre, die Qualität der von den Mitgliedstaaten übermittelten Daten zu gewährleisten, eine zentrale Eingangsstelle für alle zur Bewertung des Fortschritts der Energieunion erforderlichen Daten zu entwickeln, mit den Interessenträgern die Annahmen für die verschiedenen Szenarien auszuarbeiten, Open-Source-Modelle zum Prüfen der verschiedenen Annahmen bereitzustellen und die Kohärenz zwischen den verschiedenen Projektionen zu prüfen. Seine Arbeit sollte allen Entscheidungsträgern, den Unternehmen und der Öffentlichkeit ohne Einschränkung zur Verfügung stehen.

3.1.3.

Um stabile und günstige wirtschaftliche Rahmenbedingungen für die europäischen Unternehmen, insbesondere KMU, zu schaffen, sollten die EU und alle ihre Mitgliedstaaten langfristige Energiepläne zur Erreichung des im Übereinkommen von Paris vereinbarten Ziels der Klimaneutralität ausarbeiten. Diese Pläne sollten auf möglichst inklusive Weise ausgearbeitet werden und in die Pläne bis 2030 und die längerfristigen Pläne einfließen, die in der Verordnung über das Governance-System der Energieunion vorgesehen sind. Sektorspezifische und regionale Dekarbonisierungsstrategien sollten ebenfalls ausgearbeitet werden, um Geschäftsmöglichkeiten und Chancen auf lokaler Ebene zu ermitteln sowie die Gewinne und Verluste an Arbeitsplätzen vorauszusehen und so einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten.

3.1.4.

Der EWSA begrüßt die Initiativen zur Unterstützung der kohlenstoffintensiven Regionen und der Inseln bei ihrer Umstellung ihres Energiesystems. Er fordert die Europäische Kommission auf, regionale Konzepte für die Energiewende weiterhin zu unterstützen. In diesem Zusammenhang sollte die Europäische Kommission alle betroffenen Mitgliedstaaten und Regionen einbinden, um gemeinsam eine Bestandsaufnahme der Stärken und Schwächen der einzelnen europäischen Regionen im Hinblick auf die Energiewende vorzunehmen. Diese sollte in ihre Industriestrategien einfließen und ihnen auch die Folgenabschätzung im Hinblick auf die Schaffung, den Verlust und die Umgestaltung von Arbeitsplätzen aufgrund des Übergangs erleichtern.

3.1.5.

Der EWSA fordert die Kommission ferner auf, die Indikatoren weiterzuentwickeln, um die Folgen der Energiewende für energierelevante Wirtschaftstätigkeiten und ihre Entwicklung zu überwachen; dabei sollten die sozialen Indikatoren verbessert, verfeinerte Daten erhoben und neue, in Bezug auf die Öffentlichkeit und die Zivilgesellschaft aussagekräftige Indikatoren berücksichtigt werden, wie bereits den einschlägigen Stellungnahmen des EWSA (6) zu entnehmen ist.

3.2.   Gemeinsame Abfassung eines Sozialpakts für eine bürgergetriebene Energiewende

3.2.1.

Der EWSA vertritt die Auffassung, dass Europa einen „Sozialpakt für eine bürgergetriebene Energiewende“ benötigt, der zwischen der EU, den Mitgliedstaaten, den Regionen, den Städten, den Sozialpartnern und der organisierten Zivilgesellschaft vereinbart werden muss, um sicherzustellen, dass beim Übergang niemand zurückgelassen wird. Er sollte die sechste Dimension der Energieunion werden und alle sozialen Aspekte umfassen, darunter die Schaffung von guten Arbeitsplätzen, Berufsbildung, Verbrauchererziehung und -schulung, Sozialschutz, spezifische Pläne für Strukturwandelregionen, in denen Arbeitsplätze verloren gehen, Gesundheitsschutz und Energiearmut.

3.2.2.

Der EWSA ist der Ansicht, dass die Energieunion einen Europäischen Fonds für die Anpassung an die Energiewende benötigt, um Arbeitnehmern beizustehen, deren Arbeitsplatz infolge der Energiewende gefährdet ist. Hierdurch würde Europa seinen Willen bekunden, bei der Energiewende niemanden zurückzulassen.

3.2.3.

Der EWSA sieht die Energiewende als Chance an, die Energiearmut in Europa zu beseitigen und die Lebensqualität, die Beschäftigungslage und die soziale Inklusion zu verbessern. Auf der Grundlage der Befunde der Europäischen Beobachtungsstelle für Energiearmut sollte in Zusammenarbeit mit den Interessenträgern, einschließlich der Verbraucherorganisationen, ein europäischer Aktionsplan zur Beseitigung der Energiearmut ausgearbeitet werden, um sicherzustellen, dass das öffentliche Handeln zunehmend die der Energiearmut zugrunde liegenden Ursachen ins Visier nimmt. Der EWSA verweist auf die Feststellung in seiner Stellungnahme zum Thema „Saubere Energie für alle Europäer“ (7), dass Energiearmut investitionsabhängig ist und insbesondere die gefährdeten Haushalte Schwierigkeiten beim Zugang zu Finanzierung haben, und betont, dass schrittweise Linderungsmaßnahmen von Vorbeugungsmaßnahmen abgelöst und so zum Beispiel alte Gebäude saniert und in Netto-Nullenergiegebäude umgebaut werden sollten. In diesem Zusammenhang können Sozialtarife nur eine vorübergehende Entlastung darstellen, an deren Stelle nach und nach Mechanismen wie Energieschecks oder Subventionen für umfassende Gebäudesanierungen und den Kauf von Elektroautos treten sollten.

3.2.4.

Um eine bürgergetriebene Energiewende sicherzustellen und den gesamtgesellschaftlich maximalen sozialen und wirtschaftlichen Nutzen zu erreichen, ist es wesentlich, die Eigenverantwortung der Bürger und Gemeinschaften für die lokalen erneuerbaren Energieressourcen zu erkennen und zu fördern. Alle Unterstützungsmechanismen und Energiemarktreformen sollten die lokalen Gemeinschaften in die Lage versetzen, sich aktiv an der Energieerzeugung zu beteiligen und einen fairen Zugang zum Energiemarkt zu haben. Aktive Hilfestellung sollten diejenigen Mitgliedstaaten erhalten, denen es an den institutionellen Kapazitäten mangelt, um diese öffentliche Beteiligung an der Energiewende zu gewährleisten und insbesondere gemeinschaftseigene Projekte beim Zugang zu den Finanzierungsmechanismen der EU zu unterstützen.

3.2.5.

Der EWSA ist der Auffassung, dass die Europäische Kommission ein „Grünes Programm ErasmusPro“, das auf ihrem Pilotprojekt ErasmusPro aufbaut, sowie auch andere Programme auflegen sollte, die mehr junge Menschen für die an der Energiewende beteiligten Wachstumsbranchen begeistern können, indem sie das Image und die Arbeitsbedingungen dieser Tätigkeitsfelder verbessern.

3.2.6.

Der EWSA begrüßt das Bestreben der Europäischen Kommission, die Zahl der durch Luftverschmutzung verursachten vorzeitigen Todesfälle bis 2030 zu halbieren (2015 gab es in Europa 400 000 vorzeitige Todesfälle). Er ist der Ansicht, dass die EU und all ihre Mitgliedstaaten die Bekämpfung der Luftverunreinigung zu einer hohen politischen Priorität machen sollten. Regulierungsmaßnahmen zur Verringerung der Schadstoffemissionen von Kraftfahrzeugen und Kraftwerken sollten verstärkt werden, und es sollten Maßnahmen ergriffen werden, um letztendlich den Einsatz von fossilen Energieträgern im Verkehrssektor und zur Stromerzeugung stufenweise zu beenden.

3.2.7.

Der EWSA begrüßt die verbesserte Information im Dritten Bericht über die Nutzung der EU-Investitionsinstrumente und ihre Relevanz für die Bürger, Gemeinschaften und KMU, weist jedoch darauf hin, dass die Möglichkeiten der bürgergetriebenen und der gemeinschaftlichen Projekte für den Zugang zu diesen Ressourcen verbessert werden müssen (z. B. durch die Förderung von Finanzplattformen, insbesondere in den Mitgliedstaaten, in denen es keine derartigen Dienste gibt).

3.2.8.

Der EWSA möchte die Schlussfolgerungen und Feststellungen der Studie über Prosumer-Haushalte in der europäischen Energieunion („Study on Residential Prosumers in the European Energy Union“) — ein Begleitdokument zum Dritten Bericht — hervorheben, und zwar insbesondere die Feststellung, dass es in der EU keinen harmonisierten Regulierungsrahmen für Prosumer-Haushalte gibt und die Mitgliedstaaten unterschiedliche Ansätze verfolgen, sowie die Anregung, dass eine gemeinsame, umfassende Definition von „Prosumer-Haushalt“ der Aufstellung eines klaren und starken EU-Politik- und Regulierungsrahmens zur Förderung der Eigenstromerzeugung durch die Verbraucher förderlich sein könnte (8).

3.3.   Verkehr

3.3.1.

Bei der Energiewende erfordert der Aspekt der Elektrifizierung eine erhöhte politische und rechtliche Kohärenz zwischen traditionell getrennten Segmenten des Energiesektors. Die verstärkte Interaktion zwischen dem Energie- und dem Verkehrssektor ist bereits Realität, und der EWSA begrüßt die Bemühungen um Kohärenz zwischen den Legislativpaketen „Saubere Energie für alle Europäer“ und „Saubere Mobilität“.

3.3.2.

Der EWSA weist darauf hin, dass im Dritten Bericht die jüngst von mehreren Mitgliedstaaten und Städten wie den Niederlanden und Paris angekündigte Abkehr von Verbrennungsmotoren nicht berücksichtigt wird. Der Abgasskandal und die Folgen für den Klimawandel, die Luftverschmutzung, die Gesundheit und die Umwelt verdeutlichen den dringenden Handlungsbedarf. Der EWSA ist der Meinung, dass die EU einen koordinierten Rahmen für die Abschaffung von Diesel- und Benzinmotoren in Personenkraftwagen aufstellen sollte, um zu verhindern, dass sich unkoordinierte und unvorhersehbare, auf nationaler und subnationaler Ebene getroffene Entscheidungen nachteilig auf die industrielle Wettbewerbsfähigkeit und die Beschäftigung auswirken und zu einer Verzerrung des Binnenmarkts führen.

3.3.3.

Um zu verhindern, dass Fahrzeughalter mit niedrigem Einkommen mit umweltschädlichen Fahrzeugen, die aus immer mehr städtischen Gebieten ausgesperrt werden, zurückgelassen werden, sollten EU-weit gesetzgeberische und finanzielle Anreize eingeführt werden, um die kostengünstige Nach- oder Umrüstung der Antriebe bereits zugelassener Fahrzeuge von fossil auf emissionsfrei zu ermöglichen. Diese Maßnahme würde außerdem den Ressourceneinsatz und die sozialen Kosten der Umstellung von fossil betriebenen Personenkraftwagen auf Elektrofahrzeuge minimieren und könnte dazu beitragen, dass der Übergang von einem stärkeren Zusammenhalt zwischen den Regionen und Mitgliedstaaten mit niedrigerem und höherem Einkommensniveau geprägt ist.

3.3.4.

Der EWSA begrüßt die Tatsache, dass im Dritten Bericht anerkannt wird, dass die Batterien „ein strategisch wichtiger Teil der […] Innovationsprioritäten“ sind und „zu einer wesentlichen Schlüsseltechnologie“ werden, „auf die es ankommt, damit die Ziele der Energieunion erreicht werden können“. Der EWSA unterstützt Initiativen, die darauf ausgerichtet sind, für „Batterien und Batteriezellentechnik beträchtliche Fördermittel“ sicherzustellen und zu gewährleisten, dass die EU eine ambitionierte Rolle auf dem globalen Markt spielen wird.

3.4.   Infrastruktur und Industrieentwicklung für die Energiewende

3.4.1.

Die Energiewende hat erhebliche Konsequenzen für eine Reihe von Branchen: erstens für die Energieerzeuger oder den Energiesektor selbst; zweitens für die Branchen, die Energie als Produktionsfaktor nutzen, insbesondere für die energieintensiven Branchen; und drittens für die Branchen, die Energie- und Klimatechnologien und -lösungen anbieten. Die Unternehmen sehen sich sowohl Risiken als auch Vorteilen gegenüber, und es ist von entscheidender Bedeutung, dass die EU die Branchen dabei unterstützt, die Chancen wahrzunehmen und die Herausforderungen zu bewältigen.

3.4.2.

Der EWSA weist darauf hin, dass im Dritten Bericht nicht der Tatsache Rechnung getragen wird, dass der angekündigte Rückzug der USA aus dem Übereinkommen von Paris eine historische Chance für die europäischen Unternehmen, Innovatoren, Arbeitnehmer und Investoren darstellt, ihre globale Führungsrolle auf den Märkten der sauberen Energie zu behaupten. Die EU sollte sich in allen Bereichen der sauberen Energie — von der Energieeffizienz bis zur Elektromobilität — ehrgeizigere Ziele setzen, um einen gesunden Binnenmarkt für die europäischen Unternehmen zu schaffen, auf dem Innovationen sicher umgesetzt werden können, und sie sollte eine integrierte Industriestrategie ausarbeiten, die darauf ausgerichtet ist, Lösungen für die Nutzung sauberer Energie in die übrige Welt zu exportieren.

3.4.3.

Der EWSA fordert die Europäische Kommission erneut auf, eine umfassende Bewertung der gegenwärtigen politischen Instrumente zur Förderung von Niedrigemission durchzuführen, um sicherzustellen, dass geeignete Instrumente genutzt werden, um die Ziele so effizient wie möglich in gut regulierten Märkten zu erreichen. Ungebührliche Belastungen der Energieverbraucher aufgrund von mangelndem Wettbewerb und fehlender Transparenz, wie bspw. auch unübersichtliche Energierechnungen, sollten vermieden werden.

3.4.4.

Die dem Dritten Bericht beigefügte neue Liste der „Vorhaben von gemeinsamem Interesse“ (Projects of Common Interest, PCI), die für öffentliche Subventionen der EU infrage kommen, zeigt einen Rückgang der Vorhaben, die fossile Brennstoffe betreffen, auf 53 Gasvorhaben gegenüber 77 Vorhaben in der vorherigen Liste. Allerdings machen einige Analysten geltend, dass dies nur das Ergebnis der Zusammenfassung und Bündelung mehrerer Vorhaben ist und dass die neue Liste rund 90 Gasvorhaben umfasst, was tatsächlich eine Zunahme der Gasvorhaben darstellt. In Anbetracht der hohen ökologischen und wirtschaftlichen Risiken verlorener Vermögenswerte bei Investitionen in Infrastrukturen für fossile Brennstoffe sollten diese Vorhaben sowie die Ausweisung von Projekten als PCI baldmöglichst überprüft werden.

3.5.   Energieversorgungssicherheit und geopolitische Dimension der Energieunion

3.5.1.

Wie schon in seiner Stellungnahme vom vergangenen Jahr plädiert der EWSA erneut dafür, dass die Energieversorgungssicherheit ein wesentliches Ziel der Energieunion bleibt. Eine energieeffiziente Wirtschaft und eine nachhaltige und zuverlässige dezentrale Energieerzeugung, Übertragungs- und Speicherinfrastruktur, gut funktionierende EU-konforme Energiemärkte und Handelsbeziehungen sind notwendige Voraussetzungen. Das Ziel der Energieversorgungssicherheit muss besser definiert werden, indem über die Aspekte der Energieeinfuhren und der einheimischen Erzeugung hinaus auch das Potenzial für eine erhöhte Resilienz im gesamten Energiesystem, gesellschaftliche Innovation, Verhaltensänderungen und Cybersicherheit berücksichtigt werden.

3.5.2.

Der EWSA begrüßt die im Dritten Bericht dargelegte externe Dimension der Energieunion und teilt die Auffassung, dass „die Außen- und Entwicklungspolitik der EU […] von grundlegender Bedeutung [sind], um den globalen Übergang zu sauberen Energien und weniger CO2-Emissionen sowie zur Verbesserung der Energieversorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit der EU voranzutreiben“. Bedauerlicherweise gibt es zunehmend Belege dafür, dass einige Staaten und Unternehmen, die an der Einfuhr fossiler Brennstoffe in die EU beteiligt sind, unangemessene geschäftliche Praktiken anwenden und mitunter aggressiv die Energie- und Klimapolitik von Mitgliedstaaten und anderen maßgeblichen Interessenträgern zu beeinflussen versuchen. Derartige Aktivitäten müssen systematisch überwacht, öffentlich gemacht und aktiv abgewehrt werden, um ein glaubwürdiges und demokratisches Umfeld für die politische Debatte über die Umsetzung der Energieunion zu gewährleisten.

3.5.3.

Angesichts der Digitalisierung der Energiesysteme muss eine moderne digitale Infrastruktur aufgebaut werden. Dabei ist Maßnahmen zur Verbesserung der Cybersicherheit im Rahmen der Bemühungen zur Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit ein hoher Stellenwert zu geben. In Anbetracht der Interaktion zwischen intelligenten Netzen und Elektroautos wird die Strominfrastruktur auch zu einem zentralen Element des Verkehrssystems. In diesem Zusammenhang gewinnt die Cybersicherheit der miteinander verbundenen Sektoren Energie und Verkehr und ihrer digitalen Infrastrukturen sogar noch an Bedeutung.

3.5.4.

Der Erfolg der Europäischen Energieunion hängt davon ab, ob für die Einhaltung der EU-Rechtsvorschriften gesorgt und sichergestellt werden kann, dass Energieprojekte in Europa EU-Marktvorschriften unterliegen. Von besonderem Belang ist dies bei Investitionsvorhaben, die möglicherweise bzw. verbreiteter Meinung zufolge deutlich im Widerspruch zu den Zielen der Energieunion stehen. In einigen Mitgliedstaaten gibt dies Anlass zu politischer und wirtschaftlicher Besorgnis und führt dort zum Verlust des gesellschaftlichen Vertrauens in die Werte, aufgrund derer sie der EU beigetreten sind. Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit dienen denjenigen Politikern, die der europäischen Integration zögerlich gegenüberstehen, als Beispiel für Schwachstellen der Integration, was der Einheit und Integrität der EU noch weiter schadet. Der EWSA empfiehlt deshalb nachdrücklich, Projekte wie die geplante Erdgaspipeline Nord Stream 2 und andere strategisch wichtige Projekte im Einklang mit dem Regelwerk der Energieunion zu entwickeln.

4.   Einbeziehung der Zivilgesellschaft und Beitrag des EWSA

4.1.

Der EWSA ist überzeugt, dass es nicht nur aus Gründen der Demokratie, sondern auch im Hinblick auf die Effizienz der Energiewende von entscheidender Bedeutung ist, den Erfolg des Jahres 2018 als „Jahr der Teilhabe“ an der Energieunion sicherzustellen. Der Umbau des europäischen Energiesystems wird nämlich zügiger, kostengünstiger und demokratischer vonstattengehen, wenn er von Bürgerinnen und Bürgern angetrieben wird, die vermehrt zu aktiven Verbrauchern und Prosumenten oder Mitarbeitern, Crowdsourcern und Crowdfundern der Energiewende werden. Mikrofinanzmittel, die z. B. durch lokal gewährte Darlehen zur Verfügung gestellt werden, und Investitionsförderung sind entscheidende Faktoren, die die Demokratisierung, die breite gesellschaftliche Partizipation und die soziale Nachhaltigkeit der Energiewende begünstigen. Die Europäische Union sollte danach streben, dass die Energiepolitik, auch auf nationaler Ebene, nicht von wenigen Entscheidungsträgern abhängt, sondern tatsächlich durch das Zutun aller angetrieben wird.

4.2.

Der EWSA begrüßt die Tatsache, dass im Dritten Bericht dazu aufgerufen wird, alle Bereiche der Gesellschaft zu mobilisieren. Es bleibt unklar, wie die Kommission sicherstellen wird, dass dies auch geschieht, da es hierzu keinen konkreten Vorschlag gibt. Vielmehr werden in dem Bericht äußerst problematische Beispiele von „Vorreitern“ des Übergangs zu sauberer Energie genannt. Der EWSA fordert die Europäische Kommission auf, verstärkt mit Entscheidungsträgern und Interessenträgern zusammenzuarbeiten und sich insbesondere mit den nationalen und regionalen Wirtschafts- und Sozialräten und der organisierten Zivilgesellschaft zusammenzutun, um gemeinsam alle Europäer mit sauberer Energie zu versorgen.

4.3.

Der EWSA ist besorgt über den Grad der Partizipation von Bürgern und Gemeinschaften an der Erarbeitung von Legislativvorschlägen nach der im vergangenen Jahr angekündigten und durchgeführten „umfassenden öffentlichen Debatte“. Er schlägt vor, dass in den künftigen Berichten zur Lage der Energieunion die Verbesserungen in Politik und Praxis innerhalb der Energieunion aufgrund öffentlicher Debatten und öffentlicher Beteiligung dargelegt und ausführlich erläutert werden.

4.4.

In diesem Zusammenhang unterstützt der EWSA den jüngst vom Europäischen Parlament angenommenen Bericht, in dem es heißt: „Die Mitgliedstaaten sollten eine Plattform einrichten, über die mehrere Ebenen — lokale Behörden, Organisationen der Zivilgesellschaft, Unternehmer, Investoren und sonstige einschlägige Interessenträger — in Energiefragen im ständigen Dialog stehen, um die verschiedenen Optionen zu erörtern, die in der Energie- und Klimapolitik ins Auge gefasst werden“. Er betont erneut die Notwendigkeit, Gewerkschaften, Verbraucherorganisationen und Umweltorganisationen der Zivilgesellschaft an diesen Plattformen zu beteiligen und die Voraussetzungen für eine effektive Teilhabe zu schaffen.

4.5.

Der EWSA möchte aktiv zur weiteren Entwicklung der Synergien und der Zusammenarbeit zwischen den Institutionen auf EU-Ebene, der organisierten Zivilgesellschaft sowie den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und ihren Einrichtungen beitragen, die für die Ziele der Energieunion von Bedeutung sind. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften können dank ihrer Bürgernähe und ihrer Kenntnis der jeweiligen örtlichen Gegebenheiten eine Schlüsselrolle bei der effizienten Anpassung und Umsetzung der Energiepolitik spielen. Sie repräsentieren eine wesentliche Entscheidungsebene in Sektoren wie Verkehr, Stadtplanung, Gebäude und Gemeinwohl, weshalb sie äußerst wichtig für koordinierte Maßnahmen zur Förderung der Energieeffizienz und erneuerbarer Energiequellen sind.

4.6.

Der EWSA vertritt die Auffassung, dass die Sozial- und Geisteswissenschaften eine wesentliche Rolle spielen, da sie den wirtschaftlichen und politischen Entscheidungsträgern ebenso wie der Öffentlichkeit die richtigen Werkzeuge an die Hand geben, damit sie verstehen, auf welcher Grundlage die Endnutzer, einschließlich KMU und Bürger, ihre die Energieversorgung betreffenden Entscheidungen treffen. Die Energieunion benötigt daher ein missionsorientiertes EU-Forschungs- und Innovationsprogramm nach 2020, das die Sozial- und Geisteswissenschaften vollumfänglich einbezieht, wie es im Bericht der Europäischen Kommission von der unabhängigen Hochrangigen Expertengruppe zur Maximierung der EU-Forschungs- und Innovationsprogramme (Lamy-Bericht) vorgeschlagen wird.

Brüssel, den 19. April 2018

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Luca JAHIER


(1)  ABl. C 246 vom 28.7.2017, S. 34.

(2)  https://ec.europa.eu/clima/news/eu-citizens-increasingly-concerned-about-climate-change-and-see-economic-benefits-taking-action_en.

(3)  https://cdn.eurelectric.org/media/2189/vision-of-the-european-electricity-industry-02-08-2018-h-864A4394.pdf.

(4)  http://irena.org/newsroom/pressreleases/2018/Feb/EU-Doubling-Renewables-by-2030-Positive-for-Economy.

(5)  http://www.energyunionchoices.eu/cleanersmartercheaper/.

(6)  ABl. C 264 vom 20.7.2016, S. 117, ABl. C 288 vom 31.8.2017, S. 100.

(7)  ABl. C 246 vom 28.7.2017, S. 64.

(8)  Studie JUST/2015/CONS/FW/COO6/0127.


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