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Document 52011AE0796

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 2003/71/EG und 2009/138/EG im Hinblick auf die Befugnisse der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung und der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde“ KOM(2011) 8 endg. — 2011/0006 (COD)

ABl. C 218 vom 23.7.2011, p. 82–86 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

23.7.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 218/82


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 2003/71/EG und 2009/138/EG im Hinblick auf die Befugnisse der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung und der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde“

KOM(2011) 8 endg. — 2011/0006 (COD)

2011/C 218/15

Berichterstatter: Joachim WUERMELING

Das Europäische Parlament beschloss am 3. Februar 2011 und der Rat am 2. März 2011, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 114 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 2003/71/EG und 2009/138/EG im Hinblick auf die Befugnisse der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung und der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde

KOM(2011) 8 endg. — 2011/0006 (COD).

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 5. April 2011 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 471. Plenartagung am 4./5. Mai 2011 (Sitzung vom 5. Mai) mit 111 Stimmen gegen 1 Stimme bei 4 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss begrüßt ausdrücklich den Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinien 2003/71/EG und 2009/138/EG. Er unterstützt die Anstrengungen der Kommission, die sektorspezifischen Vorschriften so zu ändern, dass das Europäische Finanzaufsichtssystem (ESFS) wirkungsvoll arbeiten kann. Der EWSA bekräftigt seine uneingeschränkte Unterstützung der neuen Aufsichtsbestimmungen für das Versicherungswesen („Solvabilität II“), insbesondere vor den Hintergrund der Erfahrungen mit der jüngsten Finanzkrise.

1.2

Allerdings sollte bei der Suche nach soliden Solvenznormen die notwendige Gewährleistung der Fähigkeit der Versicherungsmärkte berücksichtigt werden, die Risiken ihrer Kunden zu tragen und ihrer Rolle als Geldgeber für Personengesamtheiten und Unternehmen jeder Größe gerecht zu werden.

1.3

Der EWSA begrüßt die weiteren Änderungen an der Solvabilität-II-Richtlinie bei den Übergangsbestimmungen zusätzlich zur Verlängerung der Umsetzungsfrist um zwei Monate.

1.4

Der EWSA unterstreicht, dass es grundsätzlich einen Übergang von dem derzeitigen System (Solvabilität I) zum neuen System (Solvabilität II) geben muss, wobei dieser Übergang reibungslos verlaufen sollte. Marktstörungen sind durch einen Ansatz zu vermeiden, bei dem aufsichtliche Maßnahmen konsequent auf die Übergangsbestimmungen abgestimmt werden. Solvabilität II darf nicht zu einer Marktkonsolidierung führen, insbesondere nicht bei kleinen und mittelgroßen Versicherungsunternehmen.

1.5

Mit den vorgeschlagenen Übergangsbestimmungen sollte ein Prozess des Anlaufens und Auslaufens ermöglicht werden, bei dem die Fähigkeit der Unternehmen berücksichtigt wird, die Änderungen umzusetzen. Die als Übergangszeit angesetzte Höchstdauer könnte von der Kommission jedoch entsprechend verkürzt werden, wenn die Gegebenheiten es eindeutig zulassen. Natürlich werden die Übergangszeiträume je nach Bereich unterschiedlich ausfallen.

1.6

Im Umsetzungszeitplan muss realistisch berücksichtigt werden, inwieweit sowohl die Aufsichtsbehörden als auch die Versicherungsunternehmen - auch die kleineren Unternehmen - die in der Solvabiliät-II-Richtlinie festgelegten Ziele erreichen können. Der EWSA fordert die Kommission und die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) auf, zu gewährleisten, dass die Neuregelung weder zu administrativer Überlastung führt noch von nicht zu bewältigender Komplexität ist, da sonst die Dienstequalität für die Kunden darunter leiden würde.

1.7

Der EWSA befürwortet die demokratische Legitimierung des künftigen europäischen Regelwerks für Versicherungsunternehmen („einheitliches Regelwerk“). Die Festlegung eines angemessenen Anwendungsbereichs der technischen Normen ist auch als ein zusätzliches Mittel zur Erreichung von Aufsichtskonvergenz und zur Entwicklung eines einheitlichen Regelwerks anzusehen.

1.8

Der EWSA ist der Ansicht, dass eine klare Unterscheidung getroffen werden muss zwischen einerseits rein technischen Fragen und anderseits politischen Fragen, für die die Institutionen der Union, die über ein politisches Mandat verfügen, zuständig sind.

1.9

Allerdings unterstreicht der EWSA, dass die EIOPA ein unabhängiges Gremium ist. Wenn sie zur Entwicklung eines einheitlichen Regelwerks beiträgt, so handelt sie im Rahmen ihres von den gesetzgebenden Organen festgelegten Mandats mit einer politischen Verantwortung.

1.10

Der EWSA ist der Ansicht, dass die Versicherungswirtschaft den Kunden auch weiterhin langfristig sichere Rentenversicherungen anbieten und ein verlässlicher Partner für ihre Altersvorsorge bleiben muss. Daher ist eine angemessene Zinskurve für die Berechnung des Solvenzkapitals unerlässlich. Der EWSA spricht sich für eine Lösung aus, die es ermöglicht, die wirtschaftliche Tragfähigkeit solcher Produkte zu sichern.

1.11

Der EWSA empfiehlt des Weiteren, die für die entsprechenden Berechnungen angewandten Methoden nicht nur als eine technische Angelegenheit zu betrachten, sondern unter Aufsicht des Parlaments und des Rates festzulegen, damit die politischen Auswirkungen berücksichtigt werden, die die Festlegung dieser Methoden auf die Gesamtvorsorgebereitschaft der Bürger im Hinblick auf die steigende Lebenserwartung und die niedrige Ersetzungsrate durch jüngere Generationen haben kann.

1.12

Der EWSA unterstreicht die Bedeutung einer kontinuierlichen Konsultation der von der EIOPA betroffenen Interessengruppen, u.a. um Vertreter der Wirtschaft, Gewerkschaften, Verbraucher von Finanzdienstleistungen sowie Wissenschaftler im Bereich der Regulierung und Aufsicht.

2.   Kontext und allgemeine Bemerkungen

2.1

Die Europäische Kommission nahm am 19. Januar 2011 einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung von zwei früheren Richtlinien an, die Aktivitäten im Bereich der Finanzdienstleistungen zum Gegenstand haben, nämlich die Prospektrichtlinie und die Solvabilität-II-Richtlinie. Der Vorschlag nennt sich „Omnibus-II-Richtlinie“, da es sich hierbei um die zweite Richtlinie handelt, mit der mehrere Änderungen bestehender Richtlinien zusammengefasst werden, um sie an die neue europäische Struktur für die Finanzaufsicht anzupassen.

2.2

Die Solvabilität-II-Richtlinie bezieht sich auf die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit. Mit der gründlich vorbereiteten Reform der europäischen Versicherungsaufsicht soll das Versicherungswesen nachhaltig gestärkt und wettbewerbsfähiger gemacht werden. So richten sich die Kapitalanforderungen für Versicherungsunternehmen in viel stärkerem Maße nach den Risiken (Säule I); die Anforderungen für qualitatives Risikomanagement (Säule II) und die Rechnungslegung der Versicherungsunternehmen (Säule III) werden ebenfalls modernisiert.

2.3

Ziel der Omnibus-II-Richtlinie ist die Anpassung der europäischen Aufsichtsregeln entsprechend den Schlussfolgerungen der hochrangigen Gruppe unter dem Vorsitz von Jacques de Larosière und der Kommissionsmitteilung von Mai 2009, in der die Einrichtung eines europäischen Finanzaufsichtssystems vorgeschlagen wurde, in dem die nationalen Aufsichtsbehörden vernetzt mit den neuen europäischen Aufsichtsbehörden zusammenarbeiten.

2.4

Der EWSA hat bereits mehrere Stellungnahmen (u.a. CESE 100/2010 und CESE 446/2010) zum neuen Aufsichtsgefüge verabschiedet, breite Unterstützung für die Reformen zugesagt und betont, dass zwischen technischen und politischen Fragen unterschieden werden muss, wobei Letztere von den europäischen Institutionen beantwortet werden müssen, die ein politisches Mandat haben. In seinen Stellungnahmen hob der EWSA hervor, dass die neuen Behörden mit den Verbänden der Finanzdienstleistungsbranche, den Gewerkschaften und den Kunden von Finanzdienstleistungen im Dialog bleiben müssen, ebenso wie mit dem EWSA als der Vertretung der organisierten Zivilgesellschaft in Europa.

2.5

Der EWSA bekundet seine allgemeine Unterstützung für die Arbeit der Kommission bei der Ausstattung der neu eingerichteten Behörden mit Befugnissen, die es ihnen gestatten, technische Normen festzulegen und bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den nationalen Aufsichtsbehörden zu schlichten, eine Möglichkeit, die in dem vorliegenden Vorschlag für den Wertpapierbereich, das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung vorgesehen wird.

2.6

Der EWSA begrüßt die übergreifenden Ziele der Richtlinie, nämlich alle Kunden von Finanzdienstleistungen zu schützen und die Stabilität des Marktes durch einen flexiblen Ansatz zu gewährleisten, die Tatsache, dass die Richtlinie auf dem Grundsatz der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit auf dem Weg zur Konvergenz der Aufsichtspraktiken fußt, sowie die Entwicklung eines einheitlichen Regelwerks. Diese Ziele können zur konkreten Verwirklichung des Binnenmarktes beitragen; Europa kann so Vorreiter bei den internationalen Normen und gleichzeitig auf Tuchfühlung mit den internationalen Finanzdienstleistungsmärkten bleiben.

2.7

Durch Omnibus II wird in erster Linie die Solvabiliät-II-Richtlinie geändert, indem neue Befugnisse für bindende technische Normen geschaffen und die Verfahren für die Umsetzung von Maßnahmen im Zuge des Lissabon-Vertrags aufeinander abgestimmt werden. Der Vorschlag enthält allgemeine Änderungen, die in den meisten finanzsektorspezifischen Rechtsvorschriften der Omnibus-I-Richtlinie vorgenommen werden müssen, damit die Richtlinien auch im Kontext der neuen Behörden funktionieren, wie etwa die Umbenennung von CEIOPS in „EIOPA“ oder die Gewährleistung angemessener Kanäle für den Informationsaustausch.

2.8

Auch wird die bestehende Regelung der Durchführungsbefugnisse („Stufe 2“) an den Lissabon-Vertrag angepasst. Die Solvabiliät-II-Richtlinie trat vor dem neuen Vertrag in Kraft. Daher müssen die bestehenden Stufe-2-Mandate in Mandate für delegierte Rechtsakte, für Durchführungsvorschriften oder für technische Normen umgewandelt werden. Es sollten geeignete Kontrollverfahren vorgesehen werden.

2.9

Übergangsbestimmungen werden ebenfalls in der Solvabiliät-II-Richtlinie eingeführt, was für eine reibungslose Umstellung auf das neue System notwendig ist. Marktstörungen sollten vermieden werden; darüber hinaus sollte es möglich sein, die Auswirkungen auf die Bandbreite an wichtigen Versicherungsprodukten zu berücksichtigen.

3.   Änderungen an der Solvabiliät-II-Richtlinie

3.1

In seiner Stellungnahme zur Solvabiliät-II-Richtlinie (CESE 976/2008) begrüßte der EWSA die grundlegenden Anstrengungen zur Stärkung der Versicherungswirtschaft und zur Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit durch bessere Kapitalzuweisung, besseres Risikomanagement und besseres Berichtswesen. In dieser Hinsicht ist Solvabilität II aus Sicht des EWSA auch die richtige Antwort angesichts der Erfahrungen mit der jüngsten Finanzkrise. Der EWSA befürwortet den Ansatz der Kommission, keine grundlegenden Änderungen an der Solvabiliät-II-Richtlinie vorzunehmen. Allerdings könnten in Fällen, in denen die Anpassung von Durchführungsbestimmungen unangemessen erscheint, in spezifischen Bereichen weitere Änderungen erforderlich sein, die in ihrer Reichweite begrenzt sind.

3.2

Da die durch den Handel mit Kreditderivaten ausgelöste Krise Zweifel an der Unbedenklichkeit aller Finanzaktivitäten weckte, kamen auch Befürchtungen auf, dass bei der Feinabstimmung der Solvabilitätsnormen für Versicherungsgeschäfte von Annahmen ausgegangen werden würde, die sich aus einem Hang zu übergroßer Risikovermeidung ergeben. Der EWSA begrüßt die Aussagen der Kommission, sie bemühe sich um eine ausgeglichene Sicht dieser Normen. Er ruft die Kommission auf, das Entstehen von Problemen aufgrund von Volatilität zu vermeiden, da in dieser Branche langfristige Verpflichtungen die Regel sind.

3.3

Seit Beginn des Solvabiliät-II-Reformprozesses wurden mehrere Phasen einer quantitativen Folgenabschätzung durchlaufen, wobei die jüngste Phase - „QIS 5“ - rund zwei Drittel des europäischen Versicherungsmarktes umfasst. Die Ergebnisse wurden vor Kurzem von der EIOPA veröffentlicht und müssen noch weiter analysiert werden. Aus den bisherigen Folgenabschätzungen ging eindeutig hervor, dass der Zeitplan und der Umfang des Übergangs zur neuen Regelung schwerwiegende Folgen für die Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit von Versicherungen für Körperschaften, Unternehmen und Privathaushalte sowie für die Geschäftsbedingungen der Versicherungsunternehmen haben könnten.

3.4

Der EWSA erneuert seine bereits früher geäußerte Unterstützung für die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Flexibilität. Er bestand darauf, dass sich dies in klaren und angemessenen Anforderungen niederschlagen müsse, bei denen der Vielfalt des Versicherungsmarktes sowohl hinsichtlich der Größe als auch der Art der Versicherungsunternehmen angemessen Rechnung getragen werden sollte. Zum jetzigen Zeitpunkt ist der EWSA besorgt, dass die Umsetzung von Solvabilität II ein Maß an Komplexität mit sich bringen wird, zu deren Bewältigung kleine und mittelgroße Versicherungsunternehmen nicht imstande sein werden.

3.5

Eine angemessene Ausgestaltung der Übergangsbestimmungen zu Solvabilität II und der europäischen Finanzaufsicht ist für die Gewährleistung der Stabilität der Versicherungsmärkte von wesentlicher Bedeutung. Diese Ziele sind in Gefahr, wenn jetzt nicht die richtige Richtung vorgegeben wird.

Aufschub bis 1. Januar 2013

3.6

Der EWSA begrüßt die Verlängerung der Frist für die Umsetzung der Solvabiliät-II-Richtlinie um zwei Monate, die jetzt zum 1. Januar 2013 in Kraft treten wird.

3.7

Der EWSA stimmt mit der Kommission darin überein, dass es besser ist, die neue Solvabilität-II-Regelung mit entsprechend neuen Berechnungs-, Berichts- und sonstigen Anforderungen gleichzeitig mit dem für die Mehrzahl der Versicherungsunternehmen üblichen Beginn des Geschäftsjahres (1. Januar) einzuführen, als im Laufe des Geschäftsjahres zu beginnen, wie in der Solvabiliät-II-Richtlinie vorgeschlagen (1. November). Die anderen in der Solvabiliät-II-Richtlinie genannten Fristen müssen daher insbesondere bezüglich der Übergangsbestimmungen und der Überprüfungsklausel ebenfalls um zwei Monate verlängert werden, wie es in Omnibus II vorgesehen ist.

Übergangsregelung

3.8

Im Vorschlag der Kommission wird die Forderung berücksichtigt, den Übergang von den aktualisierten Solvabilität-I-Normen zu den Solvabilität-II-Normen reibungsloser zu gestalten und Marktstörungen zu vermeiden. Konzerne, die sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU tätig sind, sollten die Entwicklung ihrer Geschäfte wirksamer steuern können.

3.9

Es ist von großer Bedeutung, dass der Übergang alle drei Säulen von Solvabilität II abdeckt: Der EWSA stimmt der Kommission dahingehend zu, dass Übergangsregelungen hinsichtlich der Berechnungen, der Governance und der Berichtspflichten möglich sein sollten. Die Folgen für die Bandbreite der für nationale Märkte wichtigen Versicherungsprodukte müssen berücksichtigt werden. Überlegungen hinsichtlich der Übergangsbestimmungen sollten sich vorrangig von der fünften Phase der quantitativen Folgenabschätzung (QIS 5) leiten lassen. Aus QIS5 geht hervor, dass dringend ein kohärentes Übergangskonzept (Anlauf- und Auslaufphase) nötig ist, damit die Unternehmen und die Kontrolleure ausreichend Zeit haben, sich darauf einzustellen.

3.10

Der EWSA empfiehlt, eine angemessene Bewertung der Frage vorzunehmen, wie diese Übergangsregelungen kohärent mit aufsichtlichen Maßnahmen verbunden werden können für den Fall, dass die neuen Bestimmungen nicht eingehalten werden. Für einen reibungslosen Übergang sind auch die derzeitigen aufsichtlichen Interventionsebenen zu berücksichtigen, die sicherstellten, dass der Schutz der Versicherungsnehmer nicht niedriger ist als heute.

3.11

Der EWSA empfiehlt, dass bei der Umstellung ausdrücklicher auf die aktualisierten Solvabilität-I-Normen als (optimalem) Mindestniveau Bezug genommen werden sollte.

3.12

In Bezug auf die Berichtspflichten empfiehlt der EWSA, nicht nur die Methoden, sondern auch den Inhalt und die Frage des Zeitpunkts während der Übergangszeit detaillierter auszuarbeiten. Da Zweifel bestehen, was in den Quartalsberichten oder auch in der Eröffnungsbilanz enthalten sein muss, erscheint es angebracht, die Möglichkeit vorzusehen, dass die Berichterstattungsnormen auch noch nach dem 1. Januar 2013 angepasst werden können. Dies wird von grundlegender Bedeutung für kleine und mittelgroße Unternehmen sein. Insbesondere sollten Gegenseitigkeitsgesellschaften und andere Versicherer, die keinen Zugang zum Aktienmarkt haben, nicht denselben Berichterstattungsanforderungen unterliegen wie internationale börsennotierte Unternehmen, die von Anfang an Abschlüsse nach IFRS erstellt haben, bzw. gezwungen sein, dieselben kurzen Fristen einzuhalten.

Langfristige Rentengarantien

3.13

Der EWSA hat die Bedeutung solider, gut verwalteter Rentenversicherungen und anderer Formen der Altersvorsorge vor dem Hintergrund der alternden Bevölkerung in Europa hervorgehoben, etwa jüngst in seiner Stellungnahme zu dem Grünbuch der Kommission über angemessene, nachhaltige und sichere europäische Pensions- und Rentensysteme (CESE 72/2011).

3.14

Die Erarbeitung von Maßnahmen zur Zinsberechnung für Renten ist von grundlegender Bedeutung für die Bedingungen, zu denen die Verbraucher einen solchen Schutz in Anspruch nehmen können. Der EWSA betrachtet die derzeit zur Debatte stehende Zinskurve mit Sorge, die wahrscheinlich zu einem erheblichen Rückgang des Angebots und höheren Kosten für Versicherungsprodukte führen wird.

3.15

In dieser Hinsicht sieht der EWSA es kritisch, dass die Zinskurve und Illiquiditätsprämien dem Omnibus-II-Vorschlag der Kommission zufolge nicht von gesetzgebenden Organen festgelegt werden. Die Zinskurve und das Zinsrisiko sind bestimmend für die Zukunft der privaten Altersversorgung. Solch eine wichtige politische Entscheidung kann nicht allein auf der Verwaltungsebene der EIOPA getroffen werden.

Herausforderungen für die EIOPA

3.16

Da sowohl dieser Vorschlag als auch die Durchführungsmaßnahmen erst noch angenommen werden müssen, besteht ein noch schwerwiegenderes Problem darin, dass der Zeitrahmen für den tatsächlichen Start von Solvabilität II besonders ehrgeizig erscheint. Versicherungsunternehmen können nicht dafür verantwortlich gemacht werden, wenn Anweisungen im letzten Moment veröffentlicht werden. Daher fordert der EWSA die Kommission auf, solche Anweisungen sofort herauszugeben oder angemessene Anpassungsfristen einzuräumen.

3.17

So sieht der EWSA auch den erheblichen Arbeitsaufwand, den die EIOPA sich selbst zugewiesen hat, insbesondere da sie sich noch im Ausbau befindet und ihre Personaldecke noch nicht den erwarteten Umfang erreicht hat. Deshalb ist der EWSA der Ansicht, dass der entsprechende Vorschlag ihre verfügbare Kapazität überdehnen könnte, und erwartet, dass die Kommission für ein Gleichmaß der zuzuweisenden Prioritäten sorgt.

3.18

Der EWSA ist der Ansicht, dass sorgfältig zu prüfen ist, ob die EIOPA zum Zeitpunkt des Inkrafttretens von Solvabilität II über ausreichende Ressourcen für die ihr in der Omnibus-II-Richtlinie zugewiesenen Befugnisse und Aufgaben verfügen wird, insbesondere in Bezug auf technische Input-Daten und die verbindliche Vermittlung. Der Vorschlag, die EIOPA solle bis spätestens 31. Dezember 2011 einen Entwurf der Durchführungsmaßnahmen entwickeln, erscheint etwas optimistisch.

3.19

Dem EWSA ist klar, dass die EIOPA erst noch im Begriff ist, ihr Personal und ihre Kompetenz aufzubauen. Die Übergangsregelung muss sich an den Ressourcen orientieren, die EIOPA zugewiesen wurden, um keine Störungen hervorzurufen. Die Ressourcen müssen im Verhältnis zu den Befugnissen und Aufgaben stehen.

3.20

Dies könnte die gleichmäßige Verteilung der Aufgaben zwischen der neuen Behörde und den Aufsichtsbehörden der Mitgliedstaaten beeinträchtigen, die die alltägliche Aufsicht über die in ihren Aufgabenbereich fallenden Unternehmen kohärent ausüben sollen.

3.21

Der EWSA hält es insbesondere für angezeigt, dass die führende Rolle der für die Gruppenaufsicht zuständigen Behörde bei der Genehmigung gruppeninterner Modelle bestätigt wird und dass die Richtlinie bezüglich der jeweiligen Befugnisse und Verantwortlichkeiten unzweideutig ist.

3.22

Der EWSA meint, dass die Kommission zu Recht die verschiedenen Rollen der nationalen Aufsichtsbehörden und der EIOPA als der neuen europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen anspricht. Es kommt darauf an, in geeigneter Weise der EIOPA die Möglichkeit zu geben, im Fall von Meinungsverschiedenheiten einen Ausgleich in den Bereichen herbeizuführen, in denen die Solvabilität-II-Richtlinie oder andere sektorspezifische Rechtsvorschriften bereits eine gemeinsame Beschlussfassung vorsehen.

Durchführungsbefugnis

3.23

Der EWSA steht auf dem Standpunkt, dass das Funktionieren des „Lamfalussy-Systems“ zum Umsetzen von Finanzvorschriften auf verschiedenen rechtlichen Ebenen ein kohärentes abgestuftes System voraussetzt, mit dem sichergestellt wird, dass technische Normen auf Durchführungsmaßnahmen fußen, sodass keine Fragen ohne eine politisch verantwortliche Grundlage geregelt werden, insbesondere hinsichtlich der Subsidiarität; der Fokus der Durchführungsmaßnahmen muss einheitlich und eindeutig sein.

3.24

Der EWSA nimmt den Kommissionsvorschlag für bindende technische Normen (Stufe 3) in Bereichen, in denen Durchführungsmaßnahmen (Stufe 2) bereits vorgesehen sind, zur Kenntnis. Zusätzliche bindende technische Normen sollten in ihrem Umfang begrenzt sein. Es wäre erstrebenswert, im künftigen Gleichgewicht zwischen den europäischen Institutionen durch Durchführungsbefugnisse eine größere Klarheit herzustellen.

3.25

Der EWSA ist der Ansicht, dass die Priorisierung bindender technischer Normen ausschlaggebend für die Qualität der harmonisierten Regeln sein könnte. Gewisse technische Durchführungsnormen sind zu Beginn von Solvabilität II vielleicht noch nicht notwendig, wodurch die EIOPA mehr Zeit für deren Entwicklung hätte und damit die Praxis der Branche und die Erfahrungen der Aufsichtsbehörden berücksichtigen könnte. Andere technische Durchführungsnormen könnten als optional (Kann-Bestimmungen) behandelt und sollten nur dort erlassen werden, wo künftig Bedarf an Harmonisierung besteht.

3.26

Dem Umfang der technischen Normen sollte besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Es stellt sich die Frage, ob die vorgesehene Regelungsdichte auf europäischer Ebene im Sinne der Subsidiarität wirklich notwendig ist. Im Zweifelsfall sollten für individuelle Durchführungsmaßnahmen (Stufe 2) keine zusätzlichen technischen Normen (Stufe 3) vorgesehen werden; so scheint z.B. Stufe 3 in Bezug auf die interne Risiko- und Solvenzbewertung (ORSA), die Klassifizierung des Eigenkapitals oder Sonderverbände nicht notwendig zu sein.

3.27

Die Regeln auf mehreren Ebenen wären nicht transparent. Darüber hinaus könnte es von einem Mitgliedstaat zum anderen Abweichungen bei den gleichen Regulierungsobjekten geben. Dies würde eine zu große Komplexität bedeuten, insbesondere für KMU. Ein Aspekt, der ebenfalls sorgfältig erwogen werden muss, ist die vorgeschlagene Ausweitung bestimmter Durchführungsmaßnahmen zum Inhalt.

Brüssel, den 5. Mai 2011

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Staffan NILSSON


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