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Documento 52012AR1269

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: „Paket zum Schutz der legalen Wirtschaft“

ABl. C 391 vom 18.12.2012, p. 134/139 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

18.12.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 391/134


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: „Paket zum Schutz der legalen Wirtschaft“

2012/C 391/14

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

begrüßt die Vorschläge der Europäischen Kommission, mit denen die normativen Maßnahmen und die künftigen Strategien kohärent zusammengefasst werden, um den Schutz der legalen Wirtschaft zweckmäßig und umgehend zu gewährleisten;

befürwortet die Initiativen der Kommission zur Vorbeugung unlauterer Praktiken wie Interessenkonflikte, Günstlingswirtschaft und Korruption durch die strafrechtliche Ahndung von Verhaltensweisen, die bestimmte Mitgliedstaaten noch immer nicht unter Strafe stellen und die den freien Zugang zu öffentlichen Märkten beeinträchtigen;

befürwortet die Schaffung eines neuen Bewertungssystems durch den künftigen europäischen Korruptionsbekämpfungsbericht, der ab 2013 alle zwei Jahre veröffentlicht werden soll;

bewertet den Richtlinienvorschlag zur Sicherstellung und Einziehung von Erträgen aus Straftaten in der EU positiv, da es sich hierbei um unerlässliche Instrumente zum Schutz der weltweiten Wirtschaft handelt nach dem Grundsatz "Straftaten dürfen sich nicht lohnen" und "Unrecht Gut gedeihet nicht";

befürwortet die Logik des Stockholmer Programms, nach der es besser ist, die Mitgliedstaaten zur Einführung von Mindestvorschriften nach Artikel 83 AEUV zu verpflichten (einschließlich der erweiterten Einziehung, der Einziehung des Wertersatzes, der Dritteinziehung und der Einziehung ohne vorherige Verurteilung) als zu versuchen, die derzeitigen Rechtsvorschriften der Union zu verbessern, die jeder wirksamen Verbindlichkeit entbehren;

ruft die Mitgliedstaaten dazu auf, einen Teil der beschlagnahmten Vermögenswerte, die aus der organisierten Kriminalität stammen, an die lokalen bzw. regionalen Gebietskörperschaften zurückfließen zu lassen (nachdem die berechtigten Rückgabeansprüche erfüllt wurden), da ihnen die größten Nachteile durch kriminelle Organisationen entstehen, die die soziale Ordnung in den Gebietskörperschaften destabilisieren. Sie sind außerdem in der besten Position, um vor Ort dafür zu sorgen, dass die tieferen Gründe für Kriminalität beseitigt werden. Es geht hierbei im Wesentlichen darum, das Handeln der Behörden auf positive Weise sichtbar zu machen und ein System der Redlichkeit herbeizuführen, das die gewählten Vertreter, die Zivilgesellschaft und die Familien vereinigt;

fordert die lokalen gewählten Vertreter auf, zu Beginn ihres Mandats einen Verhaltenskodex zu unterzeichnen – "obliti privatorum, publica curate" ("Vergiss das Privatinteresse, kümmere dich um das Gemeinwohl"), der dazu beitragen kann, ein Verhältnis des Vertrauens zwischen den Bürgern und denen, die sie regieren, aufzubauen und zu pflegen;

hält die gewählten Vertreter dazu an, bei einer unabhängigen Behörde eine Vermögenserklärung über ihren Immobilienbesitz und ihre wirtschaftlichen oder geschäftlichen Verbindungen abzugeben.

Hauptberichterstatter

Christophe ROUILLON (FR/SPE), Bürgermeister von Coulaines

Referenzdokumente

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Sicherstellung und Einziehung von Erträgen aus Straftaten in der Europäischen Union

COM(2012) 85 final

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union durch strafrechtliche Vorschriften und verwaltungsrechtliche Untersuchungen Gesamtkonzept zum Schutz von Steuergeldern

COM(2011) 293 final

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Korruptionsbekämpfung in der EU

COM(2011) 308 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Europäischen Union gerichtetem Betrug

COM(2012) 363 final

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Allgemeine Bemerkungen

1.

stellt fest, dass der Europäischen Union durch Korruption, organisierte Kriminalität und Betrug enormer Schaden entsteht. Nach Angaben der NGO Transparency International gehen ihr dadurch jährlich 120 Mrd. EUR verloren, was 1 % des BIP der EU entspricht. Die Schattenwirtschaft führt zu einem Anstieg der Staatsdefizite und einer Verringerung der Investitionen, behindert die Antikrisenmaßnahmen der Behörden, leistet der Kapitalflucht Vorschub und untergräbt das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in ihre Vertreter und in die Institutionen;

2.

erinnert daran, dass durch den Vertrag von Lissabon, der den Auftrag von EUROJUST definiert und die Möglichkeit der Einsetzung einer europäischen Staatsanwaltschaft (Artikel 85 und 86 AEUV) vorsieht und Bestimmungen zur Bekämpfung von Betrug und sonstigen gegen die finanziellen Interessen der Union gerichteten rechtswidrigen Handlungen enthält (Artikel 310 Absatz 6 und Artikel 325 AEUV), der EU erweiterte Instrumente zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität an die Hand gegeben wurden;

3.

hebt hervor, dass laut Eurobarometer 75 % der Europäerinnen und Europäer der Auffassung sind, dass Korruption in den Mitgliedstaaten ein ernstzunehmendes Problem darstellt;

4.

stellt fest, dass die Sicherstellung und Einziehung von aus Straftaten stammenden Vermögenswerten als wirksame Mechanismen zur Bekämpfung der schweren organisierten Kriminalität anerkannt und zu einer strategischen Priorität auf der EU-Ebene erhoben worden sind;

5.

ist der Ansicht, dass der Schutz der Interessen der Union eine besseren Kontrolle der Verwendung der Mittel aus den Sozial- und Kohäsionsfonds der EU oder der Gemeinsamen Agrarpolitik erfordert, da die Berechtigung dieser integrierten europäischen Maßnahmen für die Regionen durch Betrugsfälle in Frage gestellt werden könnte;

6.

unterstreicht, dass die Entscheidungsträger der Gebietskörperschaften im Zusammenhang mit öffentlichen Aufträgen, der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen und der Erteilung von Bau- oder Betriebsgenehmigungen das Ziel organisierter Kriminalität auf lokaler Ebene sind;

7.

stellt fest, dass die öffentliche Ordnung und Gesundheit sowie der soziale Zusammenhalt durch organisierte Kriminalität – etwa den Drogen- und Menschenhandel – dauerhaft gefährdet werden;

8.

erinnert daran, dass die organisierte Kriminalität durch einen scheinbar legalen Umgang mit den steuerrechtlichen Maßnahmen in der Union – etwa im Falle der Kohlenstoffsteuer mit der innovativsten Maßnahme – die Mitgliedstaaten, aber auch die Gebietskörperschaften plündert und arm macht;

9.

betont, dass Korruption im Sport (Wettskandale, Schmiergelder für die Auswahl der Austragungsorte großer Wettbewerbe, geheime Gremien im Zusammenhang mit Spielertransfers usw.) Anlass zur Sorge gibt, da sie den humanistischen Werten von Millionen Amateursportlern und Ehrenamtlichen zuwiderläuft;

10.

vertritt den Standpunkt, dass die lokalen Gebietskörperschaften, die die europäische Politik in den Bereichen Freiheit, Sicherheit und Justiz umsetzen, gemäß dem Subsidiaritätsprinzip grundlegende Akteure für den Schutz der legalen Wirtschaft sind;

11.

weist auf die Unzulänglichkeiten im derzeitigen EU-Recht bezüglich der Betrugs- und Korruptionsbekämpfung und der Einziehung des Vermögens von Straftätern hin;

Betrugsbekämpfung

12.

nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission in ihrem zweiten Bericht zur Umsetzung des Übereinkommens zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union von 1995 (COM(2008) 77) zu dem Ergebnis gelangt, dass lediglich von fünf Mitgliedstaaten "alle" erforderlichen Maßnahmen für eine "zufrieden stellende" Umsetzung getroffen worden seien;

Korruptionsbekämpfung

13.

bedauert, dass der Rahmenbeschluss 2003/568/JI, in dem Bestechung und Bestechlichkeit im privaten Sektor als Straftaten eingestuft und Regeln für die Verantwortlichkeit juristischer Personen festgelegt werden, noch nicht umgesetzt wurde;

14.

beklagt, dass einige Mitgliedstaaten die internationalen strafrechtlichen Übereinkommen des Europarates, der Vereinten Nationen oder der OECD noch immer nicht ratifiziert haben;

Sicherstellung und Einziehung von Vermögensgegenständen

15.

stellt Unzulänglichkeiten bezüglich der Umsetzung der fünf einschlägigen Rahmenbeschlüsse fest:

der Rahmenbeschluss 2005/212/JI, der die Einziehung des Wertersatzes und die erweiterte Einziehung ermöglicht, wurde von den meisten Mitgliedstaaten lediglich teilweise übernommen;

obwohl im Rahmenbeschluss 2003/577/JI der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von Sicherstellungsentscheidungen vorgesehen ist, hat die Kommission mit Bedauern festgestellt, dass sie nur über sehr wenig Information über dessen Umsetzung verfügt;

der Rahmenbeschluss 2006/783/JI, in dem die gegenseitige Anerkennung von Einziehungsentscheidungen geregelt wird, vermochte nicht, die im Rahmenbeschluss 2005/212/JI eingeführten verschiedenen Optionen für eine erweiterte Einziehung auszubauen. Des Weiteren ist der Rahmenbeschluss 2006/783/JI nicht auf die Einziehungsentscheidungen anwendbar, die im Rahmen von strafrechtlichen, nicht jedoch von zivilrechtlichen Einziehungsverfahren getroffen werden, obwohl letztere immer gebräuchlicher werden;

der Beschluss 2007/845/JI des Rates über die Zusammenarbeit zwischen den Vermögensabschöpfungsstellen, mit dem die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, solche Stellen einzurichten, um deren Zusammenarbeit zu ermöglichen und das Aufspüren von Vermögen zu fördern, wurde nicht in allen Mitgliedstaaten umgesetzt;

16.

begrüßt die Vorschläge der Europäischen Kommission, mit denen die normativen Maßnahmen und die künftigen Strategien kohärent zusammengefasst werden, um den Schutz der legalen Wirtschaft zweckmäßig und umgehend zu gewährleisten;

17.

erinnert daran, dass die Rechtsgrundlagen für den Erlass von Rechtsvorschriften in diesem Bereich im AEUV (Artikel 82, 83, 310 Absatz 6 und Artikel 325) verankert sind;

18.

misst dem Schutz der öffentlichen Mittel der EU vor Betrug und Missbrauch erhebliche Bedeutung bei, weist zugleich aber darauf hin, dass strafrechtliche Rechtsakte der Union aus Gründen der Subsidiarität wie der Effektivität nur insoweit sinnvoll sind, als sie konkret festgestellten Mängeln der Strafverfolgungspraxis der Mitgliedstaaten abzuhelfen in der Lage sind;

19.

begrüßt die Definition auf EU-Ebene von zentralen Straftatbeständen wie Betrug und Veruntreuung öffentlicher Mittel;

20.

befürwortet die Initiativen der Kommission zur Vorbeugung unlauterer Praktiken wie Interessenkonflikte, Günstlingswirtschaft und Korruption durch die strafrechtliche Ahndung von Verhaltensweisen, die bestimmte Mitgliedstaaten noch immer nicht unter Strafe stellen und die den freien Zugang zu öffentlichen Märkten beeinträchtigen (1);

21.

billigt die Leitlinien der Reform von OLAF zum Schutz der Steuergelder:

gemäß einer De-minimis-Regelung, durch die die Untersuchungen von schwerem Betrug für OLAF Priorität haben;

Pflicht zur Weiterverfolgung verwaltungsrechtlicher Untersuchungen, aufgrund derer die Mitgliedstaaten (die bisher die Untersuchungen von OLAF nicht weiterverfolgen mussten) OLAF über die Folgemaßnahmen zu den Dossiers zumindest informieren müssen;

22.

bekundet seine vollste Zufriedenheit über den politischen Elan, mit dem die Korruptionsbekämpfung innerhalb der Union vorangetrieben wird, und den allgemeinen Ansatz, den die Kommission in dieser Frage verfolgt;

23.

befürwortet die Schaffung eines neuen Bewertungssystems durch den künftigen europäischen Korruptionsbekämpfungsbericht, der ab 2013 alle zwei Jahre veröffentlicht werden soll;

24.

unterstützt den Vorschlag der Kommission, sich nach den bereits bestehenden Mechanismen zu richten, etwa denen der OECD oder des Europarates;

25.

lenkt allerdings die Aufmerksamkeit der Kommission auf die Notwendigkeit, umgehend Lehren aus diesem umfassenden Regelwerk zu ziehen, dass sich auf das Vertrauen der Staaten untereinander stützt, und erinnert daran, dass es gemäß Artikel 83 AEUV eines Rechtsaktes bedarf, um lautere Vorgehensweisen durchzusetzen;

26.

zeigt sich mit dem Gesamtkonzept der Kommission rundum zufrieden, in dessen Rahmen diese sich auch mit den Rechnungslegungsvorschriften und der Abschlussprüfung der Unternehmen der EU beschäftigt;

27.

bewertet den Richtlinienvorschlag zur Sicherstellung und Einziehung von Erträgen aus Straftaten in der EU positiv, da es sich hierbei um unerlässliche Instrumente zum Schutz der weltweiten Wirtschaft handelt nach dem Grundsatz "Straftaten dürfen sich nicht lohnen" und "Unrecht Gut gedeihet nicht";

28.

befürwortet die Logik des Stockholmer Programms, nach der es besser ist, die Mitgliedstaaten zur Einführung von Mindestvorschriften nach Artikel 83 AEUV zu verpflichten (einschließlich der erweiterten Einziehung, der Einziehung des Wertersatzes, der Dritteinziehung und der Einziehung ohne vorherige Verurteilung) als zu versuchen, die derzeitigen Rechtsvorschriften der Union zu verbessern, die jeder wirksamen Verbindlichkeit entbehren;

29.

unterstützt den Richtlinienvorschlag dahingehend, dass die bereits in den früheren Rahmenbeschlüssen zur Einziehung von Tatmitteln und Erträgen aus Straftaten sowie der Einziehung ihres Wertersatzes festgelegten rechtlichen Vorschriften und Konzepte aufgenommen werden;

30.

begrüßt, dass in dem Vorschlag anderseits Bestimmungen eingeführt werden, die eine breite Auslegung des Begriffes "Ertrag aus Straftaten" (einschließlich der Verwendung derartiger Erträge in Form von Rechten oder Vermögenswerten) und eine vorsorgliche Beschlagnahme der Vermögenswerte während der für eine Urteilsfindung notwendigen Zeitspanne ermöglicht.

31.

Auch wenn der AdR hinsichtlich der erweiterten Einziehung die Abschaffung der Möglichkeiten befürwortet, die den Mitgliedstaaten im Rahmenbeschluss von 2005 zur Verfügung standen, und dies für eine Verbesserung der bestehenden Vorschriften zur erweiterten Einziehung hält, vertritt er die Ansicht, dass eine Nachbesserung des – zu unscharfen – ersten Absatzes von Artikel 4 wünschenswert ist. Bei einer erweiterten Einziehung soll das Gesetz die Einziehung von mehr als nur dem direkten Ertrag der Straftat ermöglichen, gerade weil davon ausgegangen wird, dass eine Zusammenhang zwischen der Straftat und dem einzuziehenden Vermögenswert oder dem Recht besteht. Der AdR regt an, die "konkreten Tatsachen", auf deren Grundlage das Gericht eine Entscheidung trifft, z.B. durch das Missverhältnis zwischen dem Wert der Vermögensgegenstände und dem legalen Einkommen zu illustrieren. Dieses am häufigsten vorkommende Beispiel für "konkrete Tatsachen" hat außerdem den Vorzug, dass hervorgehoben wird, dass die Beweislast bei der betroffenen Person liegt; sie muss beweisen können, dass die für die Einziehung vorgesehenen Vermögenswerte oder Rechte, die keine unmittelbar aus Straftaten erlangten Erträge sind, aus anderen, legalen Einkommensquellen stammen;

32.

begrüßt die Möglichkeit der Dritteinziehung ; Straftäter lassen Vermögenswerte oder Rechte niemals unter ihrem Namen laufen – bei der dritten Person, die die Vermögenswerte verbergen oder in Umlauf bringen soll, handelt es sich sehr oft um eine juristische Person, und die organisierte Kriminalität benutzt seit langem äußerst ausgefeilte rechtliche Techniken, um die Vermögenswerte dem Zugriff der Behörden zu entziehen. Der AdR empfiehlt daher dringend Nachbesserungen bei dem Grundsatz der strafrechtlichen Haftung juristischer Personen und die Einführung des Begriffes des "wirtschaftlichen Nutznießers";

33.

schlägt außerdem vor, in dem Vorschlag die Möglichkeit zu berücksichtigen, dass sich ein Dritter wie der tatsächliche Eigentümer bzw. wie der einzige wirtschaftliche Eigentümer verhält. Der entsprechende Beweis kann durch folgende Feststellungen erbracht werden: rechtliche oder tatsächliche Verwaltung einer juristischen Person für persönliche Zwecke, Finanzierung eines Guts, Überlassung eines Guts ohne finanzielle Gegenleistung usw. Dieses Konzept, das z.B. in Luxemburg allgemein bekannt ist, ermöglicht somit einen Zugriff auf den tatsächlichen Inhaber eines Unternehmens und vervollständigt dementsprechend den Grundsatz der Haftung juristischer Personen;

34.

äußert Vorbehalte in Bezug auf die Einziehung ohne vorherige Verurteilung, da die Einziehung in den meisten Mitgliedstaaten eine an eine strafrechtliche Verurteilung gebundene Sanktion darstellt. Im Übrigen ist eine Einziehung ohne vorherige Verurteilung eine Einziehung aufgrund zivilrechtlicher Verfahren und stützt sich nicht auf die angegebene Rechtsgrundlage: der vorliegende Vorschlag stützt sich ausdrücklich auf Artikel 82 Absatz 2 AEUV, der sich ausschließlich auf strafrechtliche Sanktionen bezieht. Die Einziehung ohne vorherige Verurteilung ist des Weiteren mit den Rechtstraditionen bestimmter Staaten wie Frankreich unvereinbar, wo das Eigentumsrecht in der Verfassung verankert ist;

35.

verweist darauf, dass die Einziehung ohne vorherige Verurteilung ebenso wenig unter Artikel 83 Absatz 1 fällt, der da lautet: "Das Europäische Parlament und der Rat können (…) Mindestvorschriften zur Festlegung von Straftaten und Strafen in Bereichen besonders schwerer Kriminalität festlegen, die (…) eine grenzüberschreitende Dimension haben";

36.

schlägt strafrechtliche Lösungen vor, um – ausgehend von bewährten strafrechtlichen Bestimmungen – bezüglich des Beschlagnahme- und Einziehungsrechts ein gleiches Maß an Wirksamkeit zu erreichen;

37.

erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass sich die zivilrechtliche Einziehung auf eine der Empfehlungen der Financial Action Task Force (FATF Nr. 3) der OECD stützt, die ihren Mitgliedstaaten die Einführung von Maßnahmen nahelegt, die die Einziehung von Erträgen aus Straftaten oder Tatwerkzeugen auch "ohne strafrechtliche Verurteilung" zulassen. In diesen Empfehlungen heißt es außerdem, dass die Staaten Maßnahmen ergreifen können, "die die Beweislast für den rechtmäßigen Ursprung des als einziehbar angesehenen Vermögens dem Täter auferlegen". Das Ziel scheint also darin zu bestehen, die Beweislast umzukehren – hierin liegt der wesentliche Aspekt der Einziehung ohne vorherige Verurteilung. Die Einführung eines neuen Straftatbestands – Besitz "unbegründeter" Vermögensgegenstände bzw. Ermangelung einer Erklärung ihres Ursprungs – könnte jedoch zu demselben Ergebnis führen. (S. z.B. den neuen Artikel 321-6 des französischen Strafrechts, in dem im weitesten Sinne bereits die Tatsache strafbar ist, dass eine Person, die üblicherweise Umgang mit Urhebern von mit mindestens fünf Jahren Freiheitsentzug sanktionierten Straftaten oder Vergehen haben, den Ursprung der für ihren Lebensstil benötigten Mittel oder eines Guts nicht erklären können.) Die beabsichtigte Umkehr der Beweislast ist damit hergestellt.

38.

Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip muss der Vorschlag den Mitgliedstaaten die Wahl lassen, ob sie die Einziehung ohne vorherige Verurteilung einführen oder nicht, solange sie nachweisen können, dass ihre Gesetzgebung gleichermaßen wirksam ist und sie sich dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung nicht widersetzen;

39.

äußert eher leichte Vorbehalte hinsichtlich der Gewährung von zu sehr in die Einzelheiten gehenden Garantien anlässlich der unterschiedlichen Etappen des Verfahrens zur Sicherstellung und Einziehung des Vermögens von Straftätern, da dies die neue rechtliche Grundlage für die Beschlagnahme und Einziehung von Vermögensgegenständen innerhalb der EU möglicherweise lähmen könnte;

40.

beharrt jedoch auf der Notwendigkeit, eine Europäische Staatsanwaltschaft einzusetzen, und unterstreicht bereits jetzt den Bedarf an verstärkten polizeilichen und justiziellen Strukturen zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität in den Mitgliedstaaten;

41.

vertritt den Standpunkt, dass die Einsetzung einer Europäischen Staatsanwaltschaft zu einer besseren Wirkung der Reform von OLAF beitragen kann;

42.

ist der Ansicht, dass die Finanzermittlungen zu Korruptionsfällen und zur Verwicklung einflussreicher Wirtschaftsakteure und Politiker oder die Untersuchungen zu grenzübergreifenden Verbrecherorganisationen wirksamer und sicherer von einer Europäischen Staatsanwaltschaft geführt würden;

43.

hält die Entwicklung von Eurojust als Grundlage für eine Europäische Staatsanwaltschaft mit der Berechtigung, strafrechtliche Ermittlungsverfahren zumindest dann einzuleiten, wenn die Interessen der Europäischen Union ernsthaft bedroht sind, sowie mit der Möglichkeit, Ermittlungsverfahren durchzuführen, für ein wirksames Mittel zur Vermeidung von Situationen, wie sie in der hier behandelten Kommissionsmitteilung zum Schutz der finanziellen Interessen (COM(2011) 293 final) genannt werden. Der AdR möchte daran erinnern, dass Artikel 85 und 86 AEUV diese Entwicklung vorsehen, die sich angesichts der doppelten Herausforderung – die Bedrohungen durch die Finanzkrise und die Schwerkriminalität – als notwendig erweist;

44.

ist der Meinung, dass diese Entwicklung von einem gemeinsamen europäischen Programm zur Ausbildung von Finanzermittlern flankiert werden sollte, das von der Kommission vorrangig vorzubereiten und umzusetzen ist;

45.

hält den wirksamen Schutz von Informanten vor Repressalien für einen zentralen Aspekt der Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung, wie dies auch im Rahmen der Bekämpfung der organisierten Kriminalität der Fall ist. Der diesbezügliche Rechtsrahmen ist innerhalb der Union jedoch uneinheitlich. Der AdR befürwortet daher auch ausdrücklich die Initiativen der Kommission zum Schutz von Informanten;

Stärkung der Rolle der lokalen Gebietskörperschaften bei der Bekämpfung der Korruption und des organisierten Verbrechens

46.

ruft die Mitgliedstaaten dazu auf, einen Teil der beschlagnahmten Vermögenswerte, die aus der organisierten Kriminalität stammen, an die lokalen bzw. regionalen Gebietskörperschaften zurückfließen zu lassen (nachdem die berechtigten Rückgabeansprüche erfüllt wurden), da ihnen die größten Nachteile durch kriminelle Organisationen entstehen, die die soziale Ordnung in den Gebietskörperschaften destabilisieren. Sie sind außerdem in der besten Position, um vor Ort dafür zu sorgen, dass die tieferen Gründe für Kriminalität beseitigt werden. Dieses Verfahren kommt bereits in Italien zum Einsatz, wo ein Drittel der 12 000 beschlagnahmten Gebäude den lokalen Gebietskörperschaften für soziale Zwecke zugeteilt oder zu ihren Gunsten verkauft wurden. Es geht hierbei im Wesentlichen darum, das Handeln der Behörden auf positive Weise sichtbar zu machen und ein System der Redlichkeit herbeizuführen, das die gewählten Vertreter, die Zivilgesellschaft und die Familien vereinigt;

47.

fordert die lokalen gewählten Vertreter auf, zu Beginn ihres Mandats einen Verhaltenskodex zu unterzeichnen – "obliti privatorum, publica curate" ("Vergiss das Privatinteresse, kümmere dich um das Gemeinwohl"), der dazu beitragen kann, ein Verhältnis des Vertrauens zwischen den Bürgern und denen, die sie regieren, aufzubauen und zu pflegen. In diesem Kodex würden die Regeln für Unparteilichkeit (Verbot von Interessenkonflikten, Ablehnung von Einladungen zu einem Privataufenthalt durch eine natürliche oder eine juristische Person, deren Tätigkeit in Verbindung mit der Gebietskörperschaft steht, Weitergabe von Geschenken mit einem Wert von über 150 EUR an die öffentliche Hand, keine Intervention zugunsten Familienangehöriger usw.) und für Integrität (keinerlei Verwendung von Mitteln der Gebietskörperschaften zu persönlichen Zwecken oder zu Wahlkampagnen, Beachtung der Regeln für das öffentliche Auftragswesen);

48.

hält die gewählten Vertreter dazu an, bei einer unabhängigen Behörde eine Vermögenserklärung über ihren Immobilienbesitz und ihre wirtschaftlichen oder geschäftlichen Verbindungen abzugeben;

49.

ruft die Mitgliedstaaten dazu auf, eine öffentliche Wahlkampffinanzierung einzuführen und Spenden juristischer Personen zu verbieten sowie einen neuen Rechtsstatus für gewählte lokale Vertreter einzuführen, der deren – auch finanzielle – Unabhängigkeit gewährleistet;

50.

plädiert für eine wirksame Bekämpfung der Geldwäsche von im Wege der Korruption und des organisierten Verbrechens erzielten Erlösen in den Steuerparadiesen;

51.

fordert die Mitgliedstaaten auf, echte Instrumente zur Vorbeugung und zur Aufspürung von Verletzungen der Integrität zu schaffen, etwa Dienste zur Bewertung der Korruptionsbekämpfungsmaßnahmen und der Kontrolle der öffentlichen Auftragsvergabe bzw. der Übertragung öffentlicher Dienstleistungen;

52.

ruft dazu auf, eine europäische Plattform einzurichten für den Austausch bewährter Verfahren auf lokaler Ebene zur Bekämpfung der Korruption und des organisierten Verbrechens sowie für die Rückgabe eingezogener Erträge aus kriminellen Aktivitäten; ebenso empfiehlt sich die Veranstaltung einer europäische Konferenz für die Bekämpfung der Korruption und des organisierten Verbrechens;

53.

fordert die lokalen Gebietskörperschaften auf, ihre Subventionen für Hochleistungssportlerinnen und -sportler sowie für Profivereine an ethische Verpflichtungen und strikte finanzielle Transparenz zu koppeln;

54.

schlägt vor, dass der Ausschuss der Regionen einen Beobachter in den Sonderausschuss des Europäischen Parlaments für Korruption und in die Gruppe der Staaten gegen Korruption (GRECO) des Europarates entsendet;

55.

wird seine Überlegungen zu den bewährten Verfahren zur Governance und Verwaltung im Bereich des Schutzes der legalen Wirtschaft auf die Partnerländer der Europäischen Nachbarschaftspolitik ausweiten, die Mitglied der Versammlung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften Europa-Mittelmeer (ARLEM) oder der Konferenz der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften der Östlichen Partnerschaft (CORLEAP) sind.

Brüssel, den 10. Oktober 2012

Der Präsident des Ausschusses der Regionen

Ramón Luis VALCÁRCEL SISO


(1)  COM(2007) 328 final und COM(2011) 309 final. Aus dem Bericht geht hervor, dass lediglich neun Mitgliedstaaten (Belgien, Bulgarien, Zypern, Finnland, Frankreich, Irland, Portugal, die Tschechische Republik und das Vereinigte Königreich) alle im Rahmenbeschluss von 2003 festgelegten Tatbestandsmerkmale von Korruption korrekt umgesetzt haben.


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