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Document 52010IP0238

Lage in Bosnien und Herzegowina Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Juni 2010 zur Lage in Bosnien und Herzegowina

ABl. C 236E vom 12.8.2011, p. 113–121 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

12.8.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 236/113


Donnerstag, 17. Juni 2010
Lage in Bosnien und Herzegowina

P7_TA(2010)0238

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Juni 2010 zur Lage in Bosnien und Herzegowina

2011/C 236 E/19

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf das am 16. Juni 2008 unterzeichnete Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Bosnien und Herzegowina andererseits,

in Kenntnis der Verordnung (EG) Nr. 1244/2009 des Rates (1) vom 30. November 2009 über die Liberalisierung der Visaregelung,

in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates vom 16. Juni 2003 zu den westlichen Balkanstaaten sowie vom 30. November 2009 zu Bosnien und Herzegowina,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates „Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen“ vom 16. Juni 2003 zu den westlichen Balkanstaaten und auf die ihnen hinzugefügte Anlage mit dem Titel „Agenda von Thessaloniki für die westlichen Balkanstaaten: Auf dem Weg zur Europäischen Integration“, die auf der Tagung des Europäischen Rates von Thessaloniki vom 19. und 20. Juni 2003 gebilligt wurde,

in Kenntnis des Urteils der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in den Rechtssachen Sejdić und Finci vs. Bosnien und Herzegowina (Klagen Nr. 27996/06 und Nr. 34836/06) vom 22. Dezember 2009,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. April 2009 zur Lage in Bosnien und Herzegowina (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Januar 2009 zu Srebrenica (3),

gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass die EU wiederholt ihr Eintreten für die Mitgliedschaft der westlichen Balkanstaaten, darunter Bosnien und Herzegowina, in der EU bekräftigt hat; in der Erwägung, dass die Verantwortung für den Beitritt jedoch primär bei diesen Ländern selbst und ihrer Fähigkeit und Entschlossenheit liegt, die Kriterien von Kopenhagen zu erfüllen,

B.

in der Erwägung, dass Bosnien und Herzegowina eine längere Zeit der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Stagnation mit einer weit reichenden und anhaltenden politischen Lähmung, einer Verschlechterung der Beziehungen zwischen den verschiedenen Volksgruppen aufgrund politischer Rhetorik und der Unfähigkeit der politischen Elite des Landes, sich auf eine gemeinsame Vision hinsichtlich der dringenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Problemen des Landes zu einigen, durchläuft,

C.

in der Erwägung, dass die immer schärfer werdende nationalistische und sezessionistische Rhetorik in krassem Gegensatz zu den europäischen Grundwerten, zu sozialer und wirtschaftlicher Entwicklung und zu politischer Stabilität steht, dem allgemeinen Interesse des Landes schadet, die Aussöhnung zwischen den verschiedenen Volksgruppen hemmt und das angestrebte Ziel des EU-Beitritts behindert, in der Erwägung, dass Bosnien und Herzegowina damit Gefahr läuft, weiter hinter die anderen Länder des westlichen Balkans zurückzufallen und die Chancen der europäischen Integration zu verpassen,

D.

in der Erwägung, dass das Abkommen von Dayton erforderlich war, um das Blutvergießen zu beenden, dass es jedoch keinen sich selbst tragenden und funktionierenden Staat Bosnien und Herzegowina hervorgebracht hat; in der Erwägung, dass die Fragmentierung des politischen Entscheidungsprozesses zwischen dem Gesamtstaat und den Gebietseinheiten, die durch das Abkommen geschaffen wurden, sowie die überlappenden Zuständigkeiten und die mangelnde Harmonisierung der Rechtssetzung zwischen den verschiedenen Regierungsebenen das Haupthindernis für eine effiziente Regierungsarbeit sind, wodurch auch die Fähigkeit des Landes beeinträchtigt wird, rasche Fortschritte bei den Reformen auf dem Weg zur EU-Mitgliedschaft zu machen,

E.

in der Erwägung, dass die Verfassungsreform weiterhin die wichtigste Reform ist, um Bosnien und Herzegowina in einen effektiven und uneingeschränkt funktionsfähigen Staat zu verwandeln; in der Erwägung, dass die komplizierte Struktur des Justizapparats, das Fehlen eines Gesamthaushalts und eines Obersten Gerichtshofes für Bosnien und Herzegowina, der die Harmonisierung unter den vier innerstaatlichen Rechtssystemen fördern könnte, die politische Einmischung in das Justizsystem sowie die ständigen Angriffe auf die Justiz und die Zuständigkeiten der Justizbehörden auf Ebene des Gesamtstaats durch die Regierung der Republika Srpska (RS) das Funktionieren des Justizsystems beeinträchtigen und ein Hindernis für Reformanstrengungen darstellen; in der Erwägung, dass die Strukturen der Gebietseinheiten – wie sie durch internationale Beschlüsse entstanden sind – verändert werden sollten, damit sie effizienter werden und im Einklang mit dem institutionellen Rahmen auf Ebene des Gesamtstaats stehen,

F.

in der Erwägung, dass die europäische Zukunft aller Bürgerinnen und Bürger des Landes in der Europäischen Union liegt; in der Erwägung, dass die Aussicht auf Mitgliedschaft in der EU zu den Faktoren zählt, die die stärkste einigende Wirkung in der Bevölkerung von Bosnien und Herzegowina entfalten; in der Erwägung, dass Bosnien und Herzegowina nur als staatliche Einheit Aussicht auf EU-Mitgliedschaft hat und dass jeder Versuch, die Einrichtungen des Gesamtstaats zu unterminieren und zu schwächen, und jeder Versuch unverantwortlicher nationalistischer Politiker, die sezessionistische Absichten verfolgen, sich der Gesellschaft zu bemächtigen, alle Bürgerinnen und Bürger der Chance berauben wird, in den Genuss der Vorteile der europäischen Integration zu kommen; in der Erwägung, dass Bosnien und Herzegowina bei den Reformen im Zusammenhang mit der Integration in die EU begrenzte Fortschritte erzielt hat; in der Erwägung, dass die vorherrschenden Strategien für die einzelnen Volksgruppen und Gebietseinheiten die Erfüllung der Auflagen für eine EU- und NATO-Mitgliedschaft behindern können,

G.

in der Erwägung, dass der Rat und die Kommission mehr Führungsstärke und Geschick unter Beweis stellen müssen, um als treibende Kraft zu fungieren, durch die weitere Reformen auf den Weg gebracht und umgesetzt werden,

H.

in der Erwägung, dass eine verfrühte Schließung des Amtes des Hohen Repräsentanten (OHR) auf der Grundlage des legitimen Wunsches, die örtliche Eigenverantwortung für den politischen Prozess zu erhöhen, Auswirkungen auf die Stabilität des Landes und auf das Tempo und das Ergebnis der unbedingt erforderlichen Reformen haben könnte; in der Erwägung, dass der Übergang vom OHR zu einem gestärkten EU-Sonderbeauftragten ein unerlässlicher Schritt zur Ebnung des Weges zum Status eines Kandidatenlandes bleibt,

I.

in der Erwägung, dass Bosnien und Herzegowina dafür beglückwünscht werden muss, nichtständiges Mitglied des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen für den Zeitraum 2010–2011 geworden zu sein, worin sich zeigt, dass das Land in der Lage ist, seinen Platz in der internationalen Gemeinschaft in vollem Umfang und verantwortungsvoll auszufüllen,

J.

in der Erwägung, dass die politischen Verantwortungsträger von Bosnien und Herzegowina nicht in angemessener Weise dafür gesorgt haben, dass Tausenden von Frauen und Mädchen, die während des Krieges zwischen 1992 und 1995 vergewaltigt wurden, Gerechtigkeit widerfährt und Wiedergutmachung zuteil wird, dass die Anzahl der Fälle von sexuellen Kriegsverbrechen, in denen eine strafrechtliche Verfolgung stattgefunden hat, noch immer extrem niedrig ist, und in der Erwägung, dass die Opfer oftmals nicht mit Würde und Respekt behandelt und nicht in ausreichendem Maße geschützt oder psychologisch und materiell unterstützt wurden, damit sie ihr Leben neu hätten aufbauen können,

K.

in der Erwägung, dass am 11. Juli 2010 der 15. Jahrestag des Völkermordes von Srebrenica-Potočari begangen wird,

L.

in der Erwägung, dass Anhang VII des Friedensabkommens von Dayton noch immer nicht vollständig umgesetzt wurde, in der Erwägung, dass noch faire, umfassende und dauerhafte Lösungen für einige der 115 000 Binnenvertriebenen, Flüchtlinge und andere Personen, die durch den Krieg geschädigt wurden, sowie dauerhafte Lösungen gefunden und dass in Bezug auf die bessere sozioökonomische Integration der zurückgekehrten Menschen Fortschritte erzielt werden müssen, in der Erwägung, dass nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz nach dem Ende des Krieges noch immer 10 000 Personen vermisst werden, deren Schicksal nach wie vor unbekannt ist,

M.

in der Erwägung, dass die Kommission am 27. Mai 2010 einen Legislativvorschlag zur Visaliberalisierung für Bosnien und Herzegowina (KOM(2010)0256) vorgelegt hat, mit dem der Weg für eine mögliche Liberalisierung im Jahr 2010 offiziell geebnet wird,

N.

in der Erwägung, dass Frankreich, Italien und Luxemburg das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen noch nicht ratifiziert haben und damit den Prozess der Integration des Landes in die EU verzögern,

O.

in der Erwägung, dass die weiterhin bestehende starke Abschottung der Volksgruppen voneinander durch ein besser integriertes, und modernes Bildungssystem, die die Trennung nach Volksgruppen aufhebt, in dem Land überwunden werden sollte,

P.

in der Erwägung, dass der Mangel an echten Bemühungen seitens der Staatsorgane von Bosnien und Herzegowina, die Korruption in dem Land wirksam zu bekämpfen, die wirtschaftliche, soziale und politische Entwicklung des Landes erheblich beeinträchtigt,

Q.

in der Erwägung, dass Menschenhandel ein schwerwiegendes Verbrechen und eine schwere Menschenrechtsverletzung ist, und dass Bosnien und Herzegowina ein Herkunftsland sowie – in geringerem Maße – ein Transit- und Zielland für den Menschenhandel, insbesondere für den Handel mit Frauen und Mädchen, ist,

R.

in der Erwägung, dass die Verfassung des Gesamtstaats und die Verfassungen der Gebietseinheiten die Gleichbehandlung aller Volksgruppen garantieren, in der Erwägung, dass die Roma weiterhin mit sehr schwierigen Lebensbedingungen und mit Diskriminierung zu kämpfen haben, in der Erwägung, dass die soziale Diskriminierung und Ausgrenzung aufgrund der Geschlechtsidentität und der sexuellen Ausrichtung noch immer weit verbreitet ist, in der Erwägung, dass tätliche Angriffe, Misshandlung und Einschüchterungsversuche zum Nachteil dieser Gruppen weiterhin stattfinden,

S.

in der Erwägung, dass die Arbeitslosenquote weiterhin hoch ist und aufgrund der Wirtschaftskrise gestiegen ist, in der Erwägung, dass fehlende Aussichten auf Beschäftigung, besonders unter jungen Menschen, hinderlich für Fortschritte des Landes sind, was wiederum zu politischen Spannungen beiträgt, in der Erwägung, dass der wirtschaftliche Wohlstand entscheidend für die weitere Entwicklung des Landes und die Aussöhnung in Bosnien und Herzegowina ist,

Die europäische Perspektive

1.

bekundet seine Unzufriedenheit darüber, dass Bosnien und Herzegowina auf dem Weg in Richtung EU in Bezug auf seine Stabilisierung und Entwicklung sowie als potenzielles Bewerberland für die Mitgliedschaft in der Union nur mäßige Fortschritte vorzuweisen hat; stellt mit zunehmender Besorgnis das instabile politische Klima und das Fehlen einer gemeinsamen Vision aller politischen Kräfte fest und verurteilt nachdrücklich die Tatsache, dass hetzerische Parolen verwendet werden, da dies den Prozess der Aussöhnung zwischen den Volksgruppen und das Funktionieren der staatlichen Strukturen beeinträchtigt; betrachtet die Erklärung der politischen Führung der Republika Srpska zu einem Referendum über die „friedliche Trennung“ als eine Provokation und eine Bedrohung der Stabilität, Souveränität und territorialen Integrität von Bosnien und Herzegowina;

2.

ruft dringend dazu auf, von spaltender nationalistischer und sezessionistischer Rhetorik, die die Gesellschaft polarisiert und den Kern des Abkommens von Dayton untergräbt, Abstand zu nehmen, sich ernsthaft für dauerhafte Vereinbarungen einzusetzen, durch die ein gut funktionierender Staat geschaffen wird, die Institutionen von Bosnien und Herzegowina für die Integration in die EU gerüstet sein werden und sich die Gesamtsituation des Landes verbessern wird und solche Vereinbarungen zu erzielen;

3.

weist darauf hin, dass mit dem Beitritt zur Europäischen Union die Übernahme der Werte und Regeln verbunden ist, auf die sich die Europäische Union gründet, namentlich die Achtung der Menschenrechte, einschließlich der Rechte der Angehörigen nationaler Minderheiten, Solidarität, Toleranz, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, darunter die Achtung der Unabhängigkeit der Justiz;

4.

fordert die Vizepräsidentin/Hohe Vertreterin (VP/HV) und das für Erweiterung und die Europäische Nachbarschaftspolitik zuständige Kommissionsmitglied auf, umfassenden Gebrauch von dem Einfluss der EU auf die Politiker von Bosnien und Herzegowina zu machen, damit sie gemeinsame Anstrengungen unternehmen, um die Erfordernisse der Europäischen Partnerschaft und alle sich aus dem Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen ergebenden Verpflichtungen zu erfüllen; weist alle politischen Akteure darauf hin, dass diese beiden Dokumente den Fahrplan für die Integration in die EU darstellen und dass sie gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern in der Verantwortung stehen, Kompromisse zu finden und Einigung über Reformen zu erzielen; ermutigt die VP/HV und die Kommission, kohärenter und ergebnisorientiert Gebrauch von der EU-Konditionalität zu machen, um den tatsächlichen Bedürfnissen der Volksgruppen von Bosnien und Herzegowina gerecht zu werden;

5.

bekundet seine nachdrückliche Unterstützung für das Amt des Hohen Repräsentanten (OHR) und betont, dass der Übergang erst abgeschlossen werden kann, wenn die fünf Ziele und zwei Bedingungen in vollem Umfang von den Staatsorganen von Bosnien und Herzegowina erfüllt wurden; fordert die Staatsorgane der Republika Srpska auf, der verbleibenden Verpflichtung (betreffend das Stromgesetz der RS) nachzukommen und es dem „Supervisor“ von Brčko zu ermöglichen, die Beendigung der Aufsichtsregelung für den Bezirk Brčko zu empfehlen;

6.

fordert die Regierung der Republika Srpska auf, weiterhin aktiv an den Verhandlungen über die Aufteilung des vom Amt des Hohen Repräsentanten (OHR) aufgelisteten Staatseigentums teilzunehmen, und fordert sie auf, keine Rechtsvorschriften über öffentliches Eigentum in der Republika Srpska (RS) zu beschließen, da dies einen schwerwiegenden Verstoß gegen den Beschluss des Hohen Repräsentanten, den Verkauf von öffentlichem Eigentum zu verbieten, darstellen würde, wodurch die Schließung des Amtes des Hohen Repräsentanten verzögert würde;

7.

begrüßt die Annahme der Verfassungsänderung, durch die der Bezirk Brčko als eine Einheit der lokalen Selbstverwaltung festgelegt wird, womit ein weiteres Ziel erfüllt ist, das der Rat für die Umsetzung des Friedens (PIC) für eine künftige Schließung des Amtes des Hohen Repräsentanten aufgestellt hat;

8.

fordert die beiden Gebietseinheiten und alle politischen Kräfte, insbesondere die Regierung der Republika Srpska auf, das Friedensabkommen von Dayton in seiner Gesamtheit einzuhalten und keine Maßnahmen in Frage zu stellen, die auf der Grundlage dieses Abkommens und von Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen ergriffen wurden; ist der Auffassung, dass der Hohe Repräsentant die letzte Instanz für die Auslegung der Anwendung des Friedensabkommens im zivilen Bereich ist; fordert alle politischen Akteure auf, den Hohen Repräsentanten und das gesamte internationale Personal im Land mit dem gebührenden Respekt zu behandeln und persönliche Angriffe zu unterlassen;

9.

begrüßt den beachtlichen Beitrag, den die Polizeimission der Europäischen Union (EUPM) und die Operation Althea zu Stabilität und Sicherheit in Bosnien und Herzegowina leisten; begrüßt den Beschluss des Rates, den Kapazitätsaufbau und die Ausbildung zu unterstützen; begrüßt die Ausweitung des EUFOR-Mandats gemäß der Resolution 1895 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen; begrüßt, dass Bosnien und Herzegowina von der NATO aufgefordert wurde, sich am Aktionsplan für die Mitgliedschaft zu beteiligen;

10.

betont die Leistungen der EUPM, die zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität und der Korruption durch die Strafverfolgungs- und Justizbehörden von Bosnien und Herzegowina beigetragen hat; begrüßt die Verlängerung der Mission um weitere zwei Jahre mit einem neu ausgerichteten Mandat und die Ausarbeitung eines Folgeprojekts für die EUPM im Rahmen des Instruments für Heranführungshilfe 2010 seitens der Kommission;

11.

fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, durch die Einrichtung einer privilegierten Partnerschaft und die Unterstützung der Bürgergesellschaft, unabhängiger Medien und der Wirtschaft gegen die Gleichgültigkeit großer Teile des politischen Establishments vorzugehen und Projekte ins Leben zu rufen, die die aktive politische Beteiligung, insbesondere von jungen Bosniern, fördern;

12.

betont, dass die Freiheit und die Unabhängigkeit der Medien – sowohl der öffentlichen als auch privaten – grundlegende demokratische Anforderungen sind; fordert die staatlichen Stellen von Bosnien und Herzegowina auf, unabhängige und vielfältige Medien zu fördern und es den Medien durch Gewährleistung des Zugangs zu Informationen zu ermöglichen, aus allen Teilen des Landes frei zu berichten; verurteilt scharf die Angriffe auf Journalisten und fordert die zuständigen Behörden auf, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um dies in Zukunft zu verhindern; fordert die Medien einschließlich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf, keinerlei Toleranz gegenüber Hassreden zu üben; betont, dass die Regulierungsbehörden auf dem Gebiet der Kommunikation politisch unabhängig sein müssen; fordert den Rat der Minister auf, dringend einen ständigen Direktor der Kommunikationsbehörde zu ernennen;

Verfassungs- und Justizreform

13.

bekräftigt seinen Standpunkt zu den Erfordernissen, denen mit einer Verfassungsreform entsprochen werden sollte:

a)

der Staat sollte über ausreichende Befugnisse in den Bereichen Legislative, Haushalt, Exekutive und Judikative verfügen, um in der Lage zu sein, die Kriterien für den EU-Beitritt zu erfüllen, einen funktionsfähigen einheitlichen Wirtschaftsraum zu errichten und aufrechtzuerhalten, den wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Zusammenhalt zu fördern und die Gesamtinteressen des Landes im Ausland zu vertreten und zu verteidigen; die Wahrung der wesentlichen nationalen Interessen innerhalb von Bosnien und Herzegowina muss mit der Handlungsfähigkeit des Landes vereinbar sein;

b)

die Zahl der Verwaltungsebenen, die an der Führung des Landes beteiligt sind, sollte in einem angemessenen Verhältnis zu den finanziellen Ressourcen von Bosnien und Herzegowina stehen und auf einer effizienten, kohärenten und effektiven Aufteilung der Zuständigkeiten beruhen;

c)

alle Bürgerinnen und Bürger müssen in voller Übereinstimmung mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und mit Artikel 2 des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens, in dem die Achtung der demokratischen Grundsätze und der Menschenrechte gefordert wird, dieselben Rechte genießen;

d)

vertritt die Auffassung, dass den Rechten von Minderheiten und gefährdeten Gruppen, die gegen direkte oder indirekte Diskriminierung und Gewalt geschützt werden sollten, besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte; ermutigt Bosnien und Herzegowina, Aufklärungsprogramme im Bereich der Menschenrechte zur Förderung von Werten wie Toleranz, Pluralismus und Vielfalt durchzuführen;

14.

weist darauf hin, dass die Stärkung des Zentralstaats nicht notwendigerweise eine Schwächung der Gebietseinheiten bedeutet, sondern auf der Grundlage des Subsidiaritätsprinzips die Voraussetzungen für eine effiziente Verwaltung schafft, die in der Lage ist, nationale Reformanstrengungen umzusetzen, effiziente internationale Beziehungen zu unterhalten und dadurch das gesamte Land auf den Beitritt zur EU vorzubereiten;

15.

fordert die staatlichen Stellen von Bosnien und Herzegowina auf, im Zuge der umfassenden Verfassungsreform die einschlägigen Verfassungsbestimmungen und die entsprechenden Bestimmungen im Wahlgesetz von Bosnien und Herzegowina umgehend zu ändern, um das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Rechtssache Sejdić-Finci umzusetzen, in dem klar zum Ausdruck kommt, dass durch die Verfassung von Bosnien und Herzegowina in ihrer derzeitigen Fassung Menschen diskriminiert werden, die als „Andere“ bezeichnet werden; stellt fest, dass die Annahme dieser Reformen ein wesentlicher Schritt hin zu einer funktionierenden multiethnischen Gesellschaft ist;

16.

ermutigt die Bürgerinnen und Bürger von Bosnien und Herzegowina, bei den bevorstehenden Parlamentswahlen im Oktober 2010 ihre Stimme abzugeben; ist der Auffassung, dass es bei diesen Wahlen auch darum geht, wie rasch sich Bosnien und Herzegowina an die EU annähert, und dass diejenigen, die nicht zur Wahl gehen, es damit letztendlich anderen überlassen, über ihre Zukunft zu entscheiden; weist darauf hin, dass alle erdenklichen Anstrengungen unternommen werden müssen, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass bei den bevorstehenden Wahlen die europäischen Standards uneingeschränkt eingehalten werden und dass der Wahlkampf friedlich und demokratisch geführt wird;

17.

weist darauf hin, dass ein Oberster Gerichtshof auf Ebene des Gesamtstaats eingerichtet und im Verfassungsrahmen verankert werden muss, damit er eine integrierende Funktion für die Rechtsprechung im Land ausüben und für eine allmähliche Harmonisierung der vier verschiedenen Rechtssysteme von Bosnien und Herzegowina sorgen kann;

18.

fordert alle politischen Akteure auf, die 69 Tätigkeiten, die in dem Aktionsplan zur Unterstützung der Strategie für die Reform des Justizsektors vorgesehen sind, zu verabschieden;

Bekämpfung von Kriegsverbrechen, organisierter Kriminalität und Korruption

19.

begrüßt, dass die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (IStGHJ) weiterhin in zufrieden stellender Weise verläuft und die Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den Organen des Gesamtstaats und der Gebietseinheiten ordnungsgemäß erfolgte; betont, dass die Verpflichtungen weiterhin erfüllt, die Festnahme aller vom IStGHJ angeklagten Personen erleichtert sowie die Netzwerke, die ihrer Unterstützung dienen, zerschlagen werden müssen; fordert eine effektivere Zusammenarbeit zwischen den Polizeibehörden in Serbien und Bosnien und Herzegowina, damit Ratko Mladić and Goran Hadžić gefunden und festgenommen werden können; fordert die Staatsorgane von Bosnien und Herzegowina auf, die Umsetzung der nationalen Strategie gegen Kriegsverbrecher zu beschleunigen und mit der Abarbeitung des Rückstaus von etwa zehntausend im gesamten Land anhängigen Verfahren wegen Kriegsverbrechen zu beginnen und anzugeben, welche Unterlagen und technischen Ressourcen im Einzelnen erforderlich sind, um gegen alle Verbrecher ein Verfahren einzuleiten, auch gegen diejenigen, die sich der Vergewaltigung und sexueller Gewalt schuldig gemacht haben;

20.

weist darauf hin, dass der 11. Juli als der Gedenktag des Völkermords von Srebrenica EU-weit anerkannt wird, und fordert alle Länder der Region auf, dasselbe zu tun; begrüßt, dass die Parlamente von vier Staaten auf dem westlichen Balkan verschiedene Entschließungen zu Srebrenica angenommen haben, insbesondere die Nationalversammlung der Republik Serbien, und fordert das Parlament des Gesamtstaats und die Parlamente der Gebietseinheiten auf, in naher Zukunft ähnliche Entschließungen zu verabschieden, hält diese Erklärungen für wichtige Schritte bei der Aufarbeitung der tragischen Vergangenheit dieser Region und hofft, dass sie den Weg für ein Verständnis der gemeinsamen Geschichte ebnen, das einer echten Aussöhnung in der gesamten Region förderlich ist; hebt hervor, dass es einen bedeutenden Schritt in Richtung Stabilität und Frieden in der Region darstellt, wenn diejenigen vor Gericht gestellt werden, die für den Völkermord in und um Srebrenica verantwortlich sind;

21.

fordert die Staatsorgane von Bosnien und Herzegowina auf, im Einklang mit internationalen Standards eine Definition von sexueller Gewalt in das Strafgesetz aufzunehmen, Opfern eine sofortige angemessene Entschädigung sowie wirtschaftliche, soziale und psychologische Unterstützung zuteil werden zu lassen, unter anderem bestmögliche Dienste zur Unterstützung der psychischen und physischen Gesundheit, Programme zu entwickeln und angemessene Mittel für den langfristigen Zeugenschutz bereitzustellen; unterstreicht in diesem Zusammenhang, dass die Koordinierung zwischen den verschiedenen Justizbehörden verbessert und die Verfahren zur strafrechtlichen Verfolgung von während des Krieges begangenen sexuellen Verbrechen beschleunigt werden müssen; fordert die Kommission und andere internationale Geber auf, die Staatsorgane von Bosnien und Herzegowina in diesen Anstrengungen mit finanziellen Mitteln und Fachwissen in Bezug auf Opfer von sexuellen Kriegsverbrechen zu unterstützen; fordert die staatlichen Stellen von Bosnien und Herzegowina auf, eine Strategie zu beschließen und umzusetzen, die den Opfern sexueller Kriegsverbrechen höchste Priorität einräumt;

22.

fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, strafrechtliche Ermittlungen gegen Personen, die in Kriegshandlungen sexuelle Gewalttaten begangen haben, einzuleiten, die in Mitgliedstaaten eingewandert sind und eine ständige Aufenthaltsgenehmigung, einschließlich der Staatsangehörigkeit, erhalten haben, und anzuerkennen, dass derartige Straftaten faktisch Kriegsverbrechen sind und dass sie nicht als allgemeine Sexualstraftaten behandelt und keinen Verjährungsfristen unterliegen sollten;

23.

fordert die Staatsorgane von Bosnien und Herzegowina auf, die dauerhafte Rückkehr von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen zu fördern und zum Abschluss zu bringen sowie eine einschlägige Strategie anzunehmen, wie sie in Anhang VII zum Friedensabkommen von Dayton gefordert wird; ermuntert sie, zum einen die Bedürfnisse derer zu berücksichtigen, die immer noch in Sammelunterkünften leben, und Maßnahmen für ihre soziale Integration umzusetzen und zum anderen sich für die Rückkehr derer einzusetzen, die immer noch nicht in ihre Heimat – beispielsweise das verwüstete Gebiet Posavina – zurückkehren dürfen; fordert die Kommission und andere internationale Geber auf, die Staatsorgane von Bosnien und Herzegowina in diesen Anstrengungen mit finanziellen Mitteln und Fachwissen zu unterstützen;

24.

weist darauf hin, dass umgehend Hochsicherheitsgefängnisse gebaut und bestehende Einrichtungen wiederaufgebaut werden müssen, auch um alle angeklagten und verurteilten Straftäter sicher unterzubringen;

25.

bedauert, dass bei der Bekämpfung der Korruption kaum Fortschritte zu verzeichnen sind, da die Anstrengungen zur Bekämpfung der Korruption auf Gesamtstaatsebene nur unzulänglich koordiniert werden und es weder effiziente Ermittlungen noch eine wirksame Verfolgung von Verdächtigen in gravierenden Fällen von Korruption gibt, wie sie in den Regierungsstrukturen und in anderen Strukturen des Gesamtstaats und der Gebietseinheiten, bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, der Erteilung einer Gewerbeerlaubnis sowie in den Sektoren Gesundheit, Energie, Verkehr und Bau weit verbreitet sind; fordert in diesem Zusammenhang die unverzügliche Einrichtung einer unparteiischen und rechenschaftspflichtigen Stelle für die Korruptionsbekämpfung, um das Vertrauen der Bürger von Bosnien und Herzegowina in ihre Institutionen wiederherzustellen, sowie die abgestimmte Umsetzung der neuen Strategie für die Bekämpfung der Korruption (2009-2014) und des diesbezüglichen Aktionsplans;

26.

fordert die Staatsorgane von Bosnien und Herzegowina auf, den Menschenhandel wirksam zu bekämpfen, Straftäter in Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft effektiv zu verfolgen, den Opfern Schutz und Entschädigung zu gewähren und Sensibilisierungsmaßnahmen durchzuführen, damit verhindert wird, dass sie von staatlichen Stellen und der Gesellschaft erneut zu Opfern gemacht werden;

Visaliberalisierung

27.

nimmt mit Befriedigung zur Kenntnis, dass die staatlichen Stellen von Bosnien und Herzegowina ihre Reformen beschleunigt und erhebliche Fortschritte bei der Erreichung der ausstehenden Referenzwerte gemacht haben, die in dem Fahrplan für die Visafreiheit enthalten waren, was beweist, dass mit den notwendigen Willen erhebliche Fortschritte bei Reformen erreicht werden können; ermuntert die staatlichen Stellen von Bosnien und Herzegowina nachdrücklich, die ausstehenden Teile der maßgeblichen Legislativpakete anzunehmen;

28.

begrüßt die Annahme des Legislativvorschlags durch die Kommission zur Visaliberalisierung am 27. Mai 2010 und fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob die übrigen Referenzwerte in den kommenden Monaten eingehalten werden, damit der Rat und das Parlament die Einführung der Visumfreiheit für bosnische Bürger bis Ende 2010 genehmigen können;

29.

erkennt die Bedeutung der Visaliberalisierung für alle Bürgerinnen und Bürger von Bosnien und Herzegowina an, durch die sie in die Lage versetzt werden, innerhalb der EU zu reisen; betrachtet sie als einen wichtigen Faktor für die weitere Integration in die EU und die Aussöhnung zwischen den Volksgruppen, wodurch eine Isolierung vermieden wird und sich für die Bürgerinnen und Bürger eine Chance bietet, ihren Horizont zu erweitern, sich auf die Mitgliedschaft in der EU vorzubereiten und ihren führenden Politikern gegenüber ihren Willen zum Ausdruck zu bringen, so dass die Integration in die EU gefördert wird;

Die Lage des Bildungssystems

30.

erkennt zwar die Fortschritte auf institutioneller Ebene an, fordert die Staatsorgane von Bosnien und Herzegowina dennoch auf, das Gesetz über die Hochschulbildung auf Ebene des Gesamtstaats zu verabschieden und sich auf die vollständige Umsetzung der Rahmengesetze im Bildungsbereich zu konzentrieren und dabei die Zersplitterung des Bildungswesens zu verringern und unter umfassender Nutzung der Europäischen Partnerschaft Maßnahmen zu ergreifen, die die Qualität der Bildung insgesamt verbessern, um somit den Bedarf auf dem Arbeitsmarkt zu decken und die Zielvorgaben des Bologna-Prozesses zu erfüllen sowie mit der Unterstützung der EU Schulungs- und Umschulungsprogramme für Personen einzurichten, die von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind; ermutigt die Staatsorgane zur Umsetzung von internationalen Austauschprogrammen zwischen allen Universitäten in Bosnien und Herzegowina und in EU-Mitgliedstaaten, indem die bestehenden EU-Programme und -Netze genutzt werden; betont, dass die Zahl der Studenten, Lehrer und Forscher, die an Mobilitätsprogrammen der EU teilnehmen, erheblich steigen muss;

31.

weist darauf hin, dass Bildung das Mittel schlechthin ist, um eine echte Aussöhnung zwischen den Volksgruppen herbeizuführen; ist der Auffassung, dass im Rahmen der EU-Hilfe der Förderung eines alle einbeziehenden, nicht diskriminierenden Bildungssystems größere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte, das auf Toleranz und der Achtung der Vielfalt basiert, in dessen Rahmen Anstrengungen unternommen werden, zu einem Verständnis der gemeinsamen Geschichte zu kommen, und die Trennung zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppen aufgehoben wird (zwei Schulen unter einem Dach), indem in beiden Gebietseinheiten gemeinsame Bildungsprogramme entwickelt und Integrationsklassen eingerichtet werden; begrüßt in diesem Zusammenhang die Einrichtung eines Schülerrates für das gesamte Staatsgebiet von Bosnien und Herzegowina;

32.

fordert die staatlichen Stellen von Bosnien und Herzegowina auf, die derzeit starren und kostspieligen Methoden der Nostrifizierung von Diplomen zu überarbeiten und eine Stelle für die Anerkennung von Diplomen auf der Ebene des Gesamtstaates einzurichten; erinnert die Staatsorgane von Bosnien und Herzegowina daran, dass qualifizierte Arbeitnehmer ermutigt statt entmutigt werden sollten, in dem Land eine Beschäftigung zu suchen;

Wirtschaftslage, Sozialpolitik

33.

begrüßt die letzte Evaluierungsrunde des MONEYVAL (4); fordert alle Akteure auf, beständige wirtschaftspolitische Reformanstrengungen zu unternehmen, gemeinsame Maßnahmen in den Rechtsräumen zu ergreifen und wirtschaftliche Tätigkeiten zu erleichtern, einschließlich der Beseitigung bürokratischer Hindernisse, eine langfristige Strategie für eine nachhaltige Entwicklung auszuarbeiten, die Maßnahmen unter anderem in den Bereichen Bildung, Forschung und Entwicklung (FuE), Infrastruktur, Landwirtschaft, Umwelt sowie Energie vorsieht; ermuntert die Verantwortlichen in den staatlichen Stellen und in der Wirtschaft, alle Anstrengungen zu unternehmen, um das Vertrauen der Anleger wiederherzustellen und unternehmensfreundliche Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Bosnien und Herzegowina in dieser Region nicht weiter ins Hintertreffen gerät;

34.

weist darauf hin, dass das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen die Stärkung der wirtschaftspolitischen Koordinierung zwischen den Regierungen der Gebietseinheiten und – als ein wesentliches Element der Wirtschaftsreform – die Errichtung eines einheitlichen Wirtschaftsraums erfordert, der die weitere interne Integration fördern und einen besseren Markt für Grund und Boden sowie Arbeit schaffen soll; bedauert in diesem Zusammenhang, dass die fragmentierten internen arbeitsrechtlichen Vorschriften und Sozialversicherungssysteme weiterhin ein Haupthindernis für den freien Personenverkehr innerhalb des Landes sind; vertritt die Auffassung, dass der wirtschaftliche Wohlstand und die Aussicht auf Beschäftigung, insbesondere für die jungen Menschen in Bosnien und Herzegowina, von entscheidender Bedeutung für die weitere Entwicklung des Landes sind und die Aussöhnung zwischen den Volksgruppen fördern können;

35.

befürwortet die Stärkung der steuerpolitischen Koordinierung durch die Gewährleistung der reibungslosen Tätigkeit der Behörde für indirekte Steuern und des Nationalen Finanzrates; fordert den Ministerrat auf, nach langer Verzögerung einen ständigen Direktor für die Behörde für indirekte Steuern zu ernennen;

36.

fordert das Parlament von Bosnien und Herzegowina auf, im Hinblick auf die Durchführung einer landesweiten Volkszählung 2011 das Gesetz über die Volkszählung dringend zu verabschieden, was eine klare Voraussetzung für den Beitritt zur EU ist und unerlässlich für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung sowie für die weitere Unterstützung der EU ist; betont, dass die Beantwortung von Fragen zur ethnischen Zugehörigkeit aufgrund der Sensibilität der Thematik nicht obligatorisch sein sollte;

37.

fordert die Staatsorgane von Bosnien und Herzegowina auf, Maßnahmen zu ergreifen, mit denen die Armut gemildert und ein Netz der sozialen Sicherheit entwickelt wird, das besser auf Arme, sozial Ausgegrenzte und schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen, insbesondere Roma, zugeschnitten ist, und ein effizientes und nachhaltiges Sozialschutz- und Integrationssystem zu entwickeln; fordert die Staatsorgane von Bosnien und Herzegowina auf, sich entschlossener für beschäftigungspolitische Maßnahmen, den sozialen Zusammenhalt und die Gleichstellung der Geschlechter einzusetzen;

38.

begrüßt die von den staatlichen Stellen von Bosnien und Herzegowina ergriffenen Initiativen, die Lage der Roma zu verbessern, und bekräftigt, wie wichtig es ist, eine Strategie anzunehmen, deren Schwerpunkte auf dem Wohnungsbau, der Gesundheitsfürsorge sowie der Beschäftigung und der Bildung der Roma liegen; fordert die Staatsorgane auf, angemessene Mittel für die Umsetzung dieser Strategie in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft, einschließlich der Gemeinschaft der Roma, bereitzustellen, damit die Diskriminierung bekämpft wird und die Vertretung der Roma in öffentlichen Ämtern gefördert wird;

39.

begrüßt die jüngsten Gesetzesänderungen durch das Parlament der Föderation, mit denen der Grundsatz der bedarfsabhängigen sozialen Geldleistungen und Haushaltsbeschränkungen eingeführt wurden, die für alle Nutznießer von Haushaltsmitteln, einschließlich Veteranen, gelten; begrüßt, dass der im Rahmen der Entwicklungspolitik gewährte Kredit der Weltbank und die zweite und dritte Tranche der Bereitschaftskreditvereinbarung des IWF ausbezahlt wurden; ermutigt das Parlament der Föderation, weitere Maßnahmen zu beschließen, die auf größere Haushaltsdisziplin abzielen;

40.

fordert die Staatsorgane von Bosnien und Herzegowina eindringlich auf, eine nationale Energiestrategie zu entwickeln, die sich auf erneuerbare Energieträger, Energieeinsparungen und Energieeffizienz sowie auf die Modernisierung des Stromnetzes stützt; erinnert sowohl die Staatsorgane von Bosnien und Herzegowina als auch die Kommission daran, dass sichergestellt werden muss, dass die Projekte für Wasserkraftwerke im Einklang mit den EU-Kriterien für Umweltverträglichkeitsprüfungen und den allgemeinen Nachhaltigkeitsstandards geplant und umgesetzt werden;

41.

bedauert, dass die Verwaltungskapazitäten im Umweltbereich weiterhin schwach und begrenzt sind; fordert in diesem Zusammenhang, dass auf Ebene des Gesamtstaats ein umfassendes Umweltgesetz angenommen wird, welches einen harmonisierten Umweltschutz gewährleistet, und dass eine gesamtstaatliche Umweltschutzbehörde eingerichtet wird;

42.

fordert die staatlichen Stellen von Bosnien und Herzegowina auf, das Gesetz über die Krankenversicherung auf Ebene des Gesamtstaates zu verabschieden, um die Qualität der Leistungen des öffentlichen Gesundheitssystems zu harmonisieren und zu verbessern, und es den Bürgerinnen und Bürgern zu ermöglichen, eine angemessene medizinische Versorgung im gesamten Staatsgebiet von Bosnien und Herzegowina zu erhalten, unabhängig von ihrem Wohnsitz und ihrem Beschäftigungsort;

Regionale Zusammenarbeit

43.

unterstreicht die Bedeutung der regionalen Zusammenarbeit und guter nachbarschaftlicher Beziehungen und hält sie für ein wesentliches Element des Aussöhnungsprozesses, indem sie die Kontakte zwischen den Menschen verbessert; betont den wichtigen Beitrag, den Akteure der Bürgergesellschaft zur Verbesserung der regionalen Zusammenarbeit in Bezug auf soziale und politische Aspekte leisten; fordert die bosnischen Staatsorgane auf, eine Lösung zu finden, die die regionale Mobilität der Bürgerinnen und Bürger des Kosovo und ihre Möglichkeit, nach Bosnien und Herzegowina zu reisen, gewährleistet;

44.

begrüßt die Erklärungen des Präsidenten Kroatiens aus jüngster Zeit, der sich für die kroatische Politik in Bosnien und Herzegowina in den 1990er-Jahren entschuldigt und die Opfer aus beiden Gemeinschaften gewürdigt hat; betrachtet diese Geste als wichtigen Schritt bei der Förderung der ethnischen Aussöhnung der Balkannationen; fordert die anderen Nachbarstaaten Bosniens und Herzegowinas auf, diesem Beispiel zu folgen;

45.

fordert Kroatien und Bosnien und Herzegowina auf, eine Verhandlungslösung für die Pläne Kroatiens zum Bau der Brücke von Pelješac zu finden, gegen die Bosnien und Herzegowina sich wendet; zeigt sich besorgt angesichts der kürzlich erfolgten Ankündigung des kroatischen Ministerpräsidenten, Kroatien erwäge, EU-Mittel zu beantragen, um den umstrittenen Bau dieser Brücke zu beschleunigen; weist darauf hin, dass das Projekt die zukünftige Entwicklung des bosnischen Hafens Neum beeinträchtigen könnte und in beiden Ländern ökologische Bedenken hervorruft;

46.

stellt fest, dass dauerhafte Stabilität und regionale Zusammenarbeit in den westlichen Balkanstaaten und in der gesamten EU nicht zu erwarten sind, solange der politische Stillstand in Bosnien und Herzegowina anhält;

47.

begrüßt die aktive Beteiligung von Bosnien und Herzegowina an der regionalen Zusammenarbeit, insbesondere die Unterzeichnung der Vereinbarungen über die internationale Rechtshilfe in Straf- und Zivilsachen mit Kroatien und Serbien, die auf die Vollstreckung strafrechtlicher Sanktionen gegen Personen abzielt, die in einem Unterzeichnerstaat verurteilt wurden und sich in einen anderen abgesetzt haben;

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48.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin/Hohen Vertreterin, dem Rat, der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten von Bosnien und Herzegowina und seinen Gebietseinheiten zu übermitteln.


(1)  ABl. L 336 vom 18.12.2009, S. 1.

(2)  Angenommene Texte, P6_TA(2009)0332.

(3)  ABl. C 46 E vom 24.2.2010, S. 111.

(4)  Expertenausschuss zur Bewertung von Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (Europarat).


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