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Document 52002AE1008

Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG im Hinblick auf traditionelle pflanzliche Arzneimittel"

ABl. C 61 vom 14.3.2003, p. 9–13 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

52002AE1008

Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG im Hinblick auf traditionelle pflanzliche Arzneimittel"

Amtsblatt Nr. C 061 vom 14/03/2003 S. 0009 - 0013


Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG im Hinblick auf traditionelle pflanzliche Arzneimittel"

(2003/C 61/02)

Der Rat beschloss am 22. Februar 2002, den Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 95 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu dem vorgenannten Vorschlag zu ersuchen.

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 11. September 2002 an. Berichterstatter war Herr Braghin.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 393. Plenartagung am 18. September 2002 mit 124 Ja-Stimmen bei 2 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme.

1. Vorbemerkungen

1.1. Der Richtlinienvorschlag bezieht sich ausdrücklich auf seit langem gebräuchliche (als "traditionell" definierte) pflanzliche Arzneimittel und betrifft nicht die Verwendung von pflanzlichen Stoffen oder Zubereitungen, die nicht der Definition von Arzneimitteln gemäß dem Vorschlag zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG(1) entsprechen, d. h. von Stoffen oder Zubereitungen, die nicht der "Heilung oder Verhütung menschlicher Krankheiten" oder der "Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der menschlichen physiologischen Funktionen"(2) dienen.

1.2. Der Markt für pflanzliche Stoffe und Zubereitungen (Pflanzen, Pflanzenteile, Algen, Pilze, Flechten und deren Zubereitungen, die dadurch hergestellt werden, dass pflanzliche Stoffe verschiedenen Behandlungen unterzogen werden) entwickelt sich sehr rasch und diese Entwicklung vollzieht sich in einigen Mitgliedstaaten in einer noch nicht befriedigend geregelten Weise; auf diesem Markt sind in zunehmendem Maße Stoffe anzutreffen, die in Europa nicht traditionell verwendet werden, was häufig auf die Verbreitung von unkonventionellen therapeutischen Ansätzen aus anderen Kulturkreisen zurückzuführen ist.

1.3. Diese Entwicklung wird durch vielfältige Faktoren bestimmt, die von der Auffassung, dass etwas "Natürliches" weniger Gesundheitsrisiken birgt, bis zur Unzufriedenheit mit manchen gängigen Arzneimitteltherapien für Bagatellkrankheiten, vom Vorhandensein von alternativen Vertriebskanälen (Geschäfte, die Heilpflanzen oder Gesundheitsprodukte verkaufen, Versandgeschäfte, die speziell über das Internet erfolgen, usw.) bis zu dem wachsenden Bedürfnis der Patienten, sich selbst zu behandeln, reichen. Dabei wird die Attraktivität solcher Erzeugnisse für die breite Öffentlichkeit vor allem dadurch erreicht, dass sie als gesundheitsfördernd oder dem Aussehen förderlich angepriesen werden; dies geschieht in allen Kommunikationsmedien, insbesondere aber in den Printmedien, die sich an für solche Werbebehauptungen empfängliche Bevölkerungsgruppen richten, sowie in Verkaufsstellen, die sich einen wissenschaftlich fundierten Anstrich geben. Häufig aber sind die gepriesenen Eigenschaften nicht dokumentiert, werden entsprechende Assoziationen durch angeblich mögliche Synergieeffekte und weniger durch wissenschaftliche Studien geweckt und bei der Verwendung wird nicht immer die angegebene Dosierung eingehalten, in der irrigen Annahme, dass ein Kräutermittel der Gesundheit keineswegs schaden könne.

1.4. Zweckmäßigerweise sollte die Verwendung von pflanzlichen Stoffen und Zubereitungen so bald wie möglich geregelt werden, um einer Gefährdung der Gesundheit der Bürger (durch eine nicht immer hinreichende Qualität des Zubereitungsverfahrens, durch chemische, physikalische oder biologische Kontamination der Ausgangsstoffe, durch ein etwaiges Vorhandensein von unerwünschten Pflanzen oder durch eine dem Verbraucher nicht immer bekannte Wechselwirkung von Lebens- und/oder Arzneimitteln) vorzubeugen und unlautere Wettbewerbspraktiken oder ungerechtfertigte Einschränkungen des freien Spiels der Marktkräfte zu verhindern.

1.5. Die rechtliche und praktische Situation dieser Erzeugnisse ist in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich; deshalb wären umfassendere Maßnahmen der Gemeinschaft zur Gewährleistung eines besseren Gesundheitsschutzes und eines (auch von Wettbewerbsverzerrungen) freien Verkehrs mit diesen Erzeugnissen in der EU wünschenswert; damit würde zum einen bezweckt, die rechtlichen Lücken wie auch die verschiedenen im Bereich der Diätlebensmittel, der Nahrungsergänzungsmittel, der Kräutermittel und der pflanzlichen Arzneimittel vorhandenen Grauzonen zu beseitigen, und zum anderen, die Äußerung von auf die Gesundheit oder das Wohlbefinden zielenden Werbebehauptungen, die bei den Verbrauchern manchmal Missverständnisse wecken oder die Hersteller zuweilen gar zu irreführenden oder betrügerischen Verhaltensweisen verleiten, zu reglementieren oder zumindest zu harmonisieren.

1.6. Daher begrüßt der EWSA den Vorschlag der Kommission, der darauf abzielt, die Lage hinsichtlich der traditionellen pflanzlichen Arzneimittel durch Schließung einer Lücke im bestehenden Recht zu harmonisieren, fordert aber auch dazu auf, rascher Vorschläge zur Regelung des gesamten Bereichs der pflanzlichen Stoffe vorzulegen.

2. Wesentlicher Inhalt des Kommissionsvorschlags

2.1. Der Richtlinienvorschlag bezweckt die Änderung der Richtlinie 2001/83/EG(3) im Hinblick auf traditionelle pflanzliche Arzneimittel, deren rechtliche und praktische Lage in den einzelnen Mitgliedstaaten recht unterschiedlich ist; hierzu sieht er ein besonderes Registrierungsverfahren vor, das keine Angaben und Unterlagen über Tests und Prüfungen zur Unbedenklichkeit und Wirksamkeit verlangt, wie dies in der o. g. Richtlinie vorgesehen war. Über viele dieser Arzneimittel liegt nämlich keine ausreichende wissenschaftliche Literatur vor, und die Durchführung neuer Tests und Prüfungen ist auch nicht gerechtfertigt, da die traditionelle Verwendung der betreffenden Arzneimittel zuverlässige Schlussfolgerungen hinsichtlich ihrer Unbedenklichkeit und Wirksamkeit zulässt.

2.2. Der Hauptzweck des Richtlinienvorschlags liegt in der Schaffung eines harmonisierten Rechtsrahmens für traditionelle pflanzliche Arzneimittel, indem Vorschriften aufgestellt werden, die zur Erreichung eines ausreichenden Harmonisierungsgrades als unerlässlich gelten und gleichzeitig den größtmöglichen Schutz der Volksgesundheit gewährleisten, und dies unter Wahrung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Subsidiarität.

2.3. In den Geltungsbereich der vorgeschlagenen Richtlinie fallen traditionelle pflanzliche Arzneimittel, die nicht nach dem normalen oder dem vereinfachten Registrierungsverfahren zugelassen werden können. Der Vorschlag legt die Anforderungen hinsichtlich der Anwendungsgebiete, der Verabreichungswege, der "speziellen Stärke" und des Mindestzeitraums (Länge der Tradition), seitdem das betreffende Arzneimittel medizinisch verwendet wird, fest und bekräftigt außerdem die Notwendigkeit der Vorlage von entsprechenden Unterlagen über die Ergebnisse physikalisch-chemischer, biologischer oder mikrobiologischer Tests sowie über die Qualität des Arzneimittels, damit dessen Zulassung erfolgen kann (diese Anforderungen entsprechen denen der Richtlinie 2001/83/EG). Außerdem werden die Bedingungen genannt, unter denen der Registrierungsantrag abgelehnt werden kann.

2.4. Vorgesehen ist, dass das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung nicht auf die Registrierung von traditionellen pflanzlichen Arzneimitteln angewandt werden kann, und die Mitgliedstaaten werden gebeten, die für ein bestimmtes Produkt (in anderen Mitgliedstaaten) gewährten Registrierungen oder Zulassungen gebührend zu berücksichtigen. Um die Beantragung der Zulassung zu vereinfachen, soll eine Liste der pflanzlichen Stoffe erstellt werden, die die erforderlichen Voraussetzungen erfuellen.

2.5. Außerdem enthält der Vorschlag die Verpflichtung, in der Etikettierung, der Packungsbeilage und generell in der Werbung anzugeben, dass es sich bei dem Produkt um ein traditionelles pflanzliches Arzneimittel handelt, dessen Wirksamkeit klinisch nicht nachgewiesen wurde.

2.6. Im Rahmen der Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln wird ein neuer Ausschuss für (traditionelle) pflanzliche Arzneimittel eingesetzt, der sich mit wissenschaftlichen Fragen im Zusammenhang mit pflanzlichen Arzneimitteln und pflanzlichen Stoffen zu befassen hat und in engem Einvernehmen mit dem Ausschuss für Arzneispezialitäten tätig sein soll; zu den Aufgaben dieses neuen Ausschusses gehört ausdrücklich die Erstellung von gemeinschaftlichen Monographien (die als Grundlage für jeden nach den neuen Bestimmungen eingereichten Antrag dienen werden) sowie einer Liste pflanzlicher Stoffe, die als traditionelle pflanzliche Arzneimittel betrachtet werden können.

3. Allgemeine Bemerkungen

3.1. Harmonisierung und Binnenmarkt

3.1.1. Der Wirtschafts- und Sozialausschuss teilt die Auffassung, dass Maßnahmen zur schrittweisen Harmonisierung der rechtlichen Rahmenbedingungen für traditionelle pflanzliche Arzneimittel und besonders dringend zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Bürger erforderlich sind. Es geht darum, die Grauzone zu beseitigen, die hinsichtlich alteingebürgerter Arzneimittel besteht, die teilweise schon vor Inkrafttreten der ersten Arzneimittelrichtlinie der Gemeinschaft gebräuchlich waren.

3.1.2. Die ausdrückliche Aufnahme der traditionellen pflanzlichen Arzneimittel in die unlängst kodifizierte Regelung für Humanarzneimittel(4) ist zweifellos einem besseren Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Bürger förderlich, da die betreffende Richtlinie die Erfuellung qualitativer Mindestanforderungen bei der Herstellung, die Harmonisierung und die Kohärenz der Pharmakovigilanzsysteme und somit eine effizientere Sammlung von Meldungen etwaiger schädlicher Nebenwirkungen und ein einheitliches Vorgehen der einzelstaatlichen Behörden bei der Einstufung der entsprechenden Produkte, die nicht überall als Arzneimittel gelten, vorschreibt.

3.1.3. Der EWSA findet, dass der Vorschlag zweckmäßig und auch im Hinblick auf die Bewerberländer angebracht ist und rechtzeitig erfolgt, zumal in einigen von ihnen besondere therapeutische Gepflogenheiten mit dem Einsatz von pflanzlichen Arzneimitteln herrschen; er bittet die Kommission zu prüfen, ob in diesem spezifischen Bereich vielleicht Übergangsvereinbarungen erforderlich sind, und die Besonderheiten auszumachen, die künftig im "Aquis communautaire" zusätzlich berücksichtigt werden sollten.

3.1.4. Der EWSA teilt die Auffassung, dass traditionelle pflanzliche Arzneimittel, die trotz ihrer langen Tradition nicht den in der derzeitigen Regelung genannten Anforderungen gerecht werden, auf dem Markt gelassen werden sollten, und begrüßt es, dass sie durch ihre Aufnahme in die Richtlinie 2001/83/EG die gleichen Sicherheits- und Qualitätsbedingungen erfuellen müssen wie alle Humanarzneimittel.

3.1.5. Allerdings löst der Vorschlag nach Ansicht des EWSA nicht alle vorhandenen Probleme, die bewirken, dass der Binnenmarkt für diese Art von Produkten extrem uneinheitlich ist und keine oder zumindest keine harmonisierten Regeln aufweist. Er hält deshalb einschneidendere Maßnahmen für erforderlich, die das Inverkehrbringen dieser Produkte, sofern sie die in dem Vorschlag festgelegten Mindestanforderungen erfuellen, in anderen Ländern als denjenigen, in denen sie ursprünglich in den Verkehr gebracht und/oder zugelassen wurden, erleichtern.

3.1.6. Außerdem meint der EWSA, dass der Vorschlag sich nicht mit der tatsächlichen Marktsituation auseinandersetzt, die dadurch gekennzeichnet ist, dass im Wesentlichen übereinstimmende Produkte in einigen Mitgliedstaaten als Arzneimittel und in anderen Mitgliedstaaten als Lebensmittel eingestuft werden: diesbezüglich hielte er es für wünschenswert, in Zweifelsfällen das Vorsorgeprinzip anzuwenden, d. h. die betreffenden Produkte gemeinschaftsweit als traditionelle pflanzliche Arzneimittel einzustufen, um eine stärkere Kontrolle der Qualität und Unbedenklichkeit dieser Produkte zu gewährleisten.

3.2. Begriffsbestimmungen

3.2.1. Die Definition des "pflanzlichen Arzneimittels" dürfte nicht geeignet sein, die derzeitigen Meinungsverschiedenheiten zwischen den Mitgliedstaaten auszuräumen: Erstens ist von "Wirkstoffen" die Rede, als ob diese in ihrer Besonderheit leicht zu identifizieren wären, wo doch all diese Arzneimittel eine Vielzahl von Wirkstoffen enthalten, deren jeweiliger therapeutischer Beitrag nicht immer genau definiert oder definierbar ist, wie auch der Synergieeffekt zwischen den verschiedenen Wirkstoffen oft nicht nachweisbar ist. Zweitens werden die "pflanzlichen Zubereitungen" sehr weit und damit sehr allgemein definiert, ohne dass die notwendigen und hinreichenden Merkmale genannt werden, die sie aufweisen müssen, damit sie als solche bezeichnet werden dürfen, und damit ein Vergleich zwischen Arzneimitteln, die aus der gleichen Pflanze gewonnen wurden, möglich ist.

3.2.2. Für besonders wichtig hält der EWSA diesen Aspekt auch im Hinblick auf die Unterscheidung zwischen Zubereitungen, die aus der gleichen Pflanze gewonnen und als Arzneimittel eingestuft werden, und Zubereitungen, die nicht als Arzneimittel gelten, weil Konzentration und Dosierung des Wirkstoffs nicht den therapeutischen Effekt haben, der eine Einstufung als Arzneimittel rechtfertigen würde.

3.2.3. Es besteht eine Diskrepanz zwischen der Definition der "pflanzlichen Stoffe" und "pflanzlichen Zubereitungen" in den neuen Ziffern 31 bzw. 32 und der Definition der "Stoffe pflanzlichen Ursprungs" in Artikel 1 Ziffer 3 der Richtlinie 2001/83/EG.

3.2.4. Ein weiterer festzustellender Mangel ist das Fehlen jeder Stellungnahme zu der Frage, ob auch Spezialitäten, die nicht nur einen oder mehrere pflanzliche Stoffe oder eine oder mehrere pflanzliche Zubereitungen oder eine Kombination aus solchen Stoffen und Zubereitungen, sondern auch andere Inhaltsstoffe nicht pflanzlichen Ursprungs wie beispielsweise Vitamine, Mineralien oder Mineralstoffe enthalten, als "traditionelle pflanzliche Arzneimittel" betrachtet werden können.

3.2.5. Es wäre deshalb angebracht, den Wortlaut von Ziffer 30 in Artikel 1 Absatz 1 am Ende wie folgt zu ergänzen: "... in Kombination mit einer oder mehreren solcher pflanzlichen Zubereitungen, auch in Kombination mit Inhaltsstoffen nicht pflanzlichen Ursprungs". Nach Ansicht des Ausschusses sollten solche Produkte ebenfalls als traditionelle pflanzliche Arzneimittel gelten, sofern ihre pharmakologische Wirkung hauptsächlich auf die in ihnen enthaltenen pflanzlichen Stoffe oder pflanzlichen Zubereitungen zurückzuführen ist, um auf diese Weise den Fortbestand einer großen Grauzone im Arzneimittelmarkt zu verhindern.

3.2.6. Was den Begriff des "entsprechenden" Arzneimittels (Artikel 16c Absatz 2) anbelangt, der sich auf Produkte bezieht, die dieselben Wirkstoffe enthalten und eine äquivalente Stärke haben, so wird er nach Ansicht des Ausschusses nicht definiert oder dürfte zumindest schwer handhabbar sein, es sei denn es wird spezifiziert, dass es sich um aus derselben Pflanze gewonnene Stoffe handelt.

3.2.7. In diesem Zusammenhang wäre es zweckmäßig, auf die Monographien zu verweisen, die in den bestehenden offiziell anerkannten Arzneibüchern enthalten sind und anhand derer als entsprechende Arzneimittel jene Produkte bestimmt werden können, die pflanzliche Stoffe enthalten, deren Merkmale sich mit den Spezifikationen der Arzneibuch-Monographien decken.

3.2.8. Am Ende des 11. Erwägungsgrunds sollte nach Ansicht des Ausschusses der Zusatz: "außer wenn erhebliche Bedenken bezüglich der Volksgesundheit bestehen" gestrichen werden, der zu sehr unterschiedlichen und missbräuchlichen Anwendungsweisen geführt hat, zumal in der Monographie die Voraussetzungen für eine völlige Unbedenklichkeit der Anwendung ausdrücklich genannt sind.

3.3. Dauer der Anwendung und sonstige Verfahrensfragen

3.3.1. Die Forderung einer dreißigjährigen medizinischen Verwendung erscheint insofern übertrieben, als eine langjährige und doppelt so lange Zeit wie sie für eine einfache Registrierung verlangt wird, d. h. ein Zeitraum von zwanzig Jahren, zur Gewährleistung eines guten Sicherheitsniveaus beim Gebrauch ausreichen dürfte. Der Ausschuss ist deshalb mit der vorgesehenen Möglichkeit einverstanden, bei der Berechnung dieses Zeitraums die langjährige Verwendung in einem außergemeinschaftlichen Land zu berücksichtigen, wenn diese mindestens so lang wie die in der EU registrierte Verwendung ist, da auf diese Weise gewährleistet wird, dass das therapeutische Arsenal auch um Pflanzen außereuropäischen Ursprungs bereichert wird.

3.3.2. Im Falle der langjährigen Verwendung in Bewerberländern wäre es zweckmäßig, bei deren EU-Beitritt ausdrücklich Übergangsbestimmungen vorzusehen, die geeignet sind, die Verwendung ihrer traditionellen pflanzlichen Arzneimittel zu fördern und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass deren Qualität und Unbedenklichkeit dem in der EU bereits erreichten Standard entsprechen.

3.3.3. Die Ablehnung eines Registrierungsantrags (Artikel 16e) kann nur erfolgen, wenn hierfür bestimmte Bedingungen erfuellt sind. In diesem Zusammenhang wünscht der EWSA, dass für den Fall, dass ein Produkt abgelehnt wird, weil es unter normalen Anwendungsbedingungen schädlich sein könnte, unverzüglich Maßnahmen zum Rückruf dieses Produkts und anderer entsprechender Produkte, die in anderen Mitgliedstaaten in Verkehr befindlich sind, sowie eine angemessene und begründete Aufklärung der Öffentlichkeit über die Ablehnung vorgesehen werden, und dass für den Fall von Meinungsverschiedenheiten zwischen einzelstaatlichen Behörden ein Schlichtungsverfahren festgelegt wird.

3.4. Der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel

3.4.1. Der EWSA befürwortet den Vorschlag, einen Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel zu schaffen, der der Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln angehört und zwei prioritäre Aufgaben hätte: Erstellung einer Liste pflanzlicher Stoffe mit den erforderlichen Angaben zu ihrer sicheren Verwendung und Erstellung gemeinschaftlicher Monographien, die als Unterlage für jede Antragstellung herangezogen werden könnten.

3.4.2. Der EWSA fände es allerdings zweckmäßig, für den Abschluss der jeweiligen Arbeiten Fristen vorzusehen, damit alle Akteure auf diesem Sektor nach einer angemessenen Zeit wissen, von welchen Rahmenbedingungen sie ausgehen können.

3.4.3. Es wäre wünschenswert, wenn der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel bei der Abfassung der gemeinschaftlichen Monographien hierzu auch die diesbezüglich vorhandenen Angaben in den offiziellen Arzneibüchern heranziehen würde, die das Ergebnis über hundertjähriger Bemühungen sind, und wenn diese Arbeit zur Schaffung einer Datenbank über pflanzliche Arzneimittel und ihre sichere Verwendung führen würde, wobei es besonders auf die Erfassung von Gegenanzeigen und Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln ankäme.

3.4.4. Nach Ansicht des EWSA müsste der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel zur Erreichung der erklärten Ziele des Gesundheitsschutzes und des freien Verkehrs mit pflanzlichen Arzneimitteln auch die Aufgabe haben, die vorhandenen Unterlagen über die Produkte zu bewerten und die Ergebnisse der Pharmakovigilanz, insbesondere was die Wechselwirkung mit Lebensmitteln und anderen Arzneimitteln anbelangt, zu analysieren; außerdem sollte er bei Meinungsverschiedenheiten zwischen einzelstaatlichen Behörden eine Schlichtungsfunktion übernehmen.

3.4.5. Auch müssten die Verantwortlichkeiten des besagten Ausschusses bezüglich der Bewertung sämtlicher (und nicht nur traditioneller) aus pflanzlichen Stoffen hergestellter Arzneimittel, des ggf. auf Anfrage vorsorglich zu erstellenden wissenschaftlichen Gutachtens, des verbindlichen Charakters seiner Gutachten sowie der von ihm auftragsgemäß zu erstellenden Listen und Monographien besser geklärt werden.

3.4.6. Ferner ist eine mangelnde Übereinstimmung mit den allgemeinen rechtlichen Rahmenbedingungen festzustellen, und zwar insofern als die Beschlüsse des besagten Ausschusses (Aufnahme in die oder Streichung aus der Liste der pflanzlichen Stoffe, erstellte Monographien) für die Registrierungsinhaber künftig unmittelbar verbindlich sind, ohne dass ein vorheriger Gemeinschaftsbeschluss erfolgt, durch den diese Listen oder Monographien gemeinschaftsweit verbindlich würden. Es besteht daher die Gefahr, dass die Arbeit des Ausschusses für pflanzliche Arzneimittel als nicht verbindliches wissenschaftliches Gutachten betrachtet und wertlos wird, weil es von den einzelstaatlichen Behörden nicht anerkannt wird, die weiterhin souverän über die Genehmigung und Registrierung von Arzneimitteln befinden.

3.5. Einstufung und Etikettierung

3.5.1. Es wäre zweckmäßig, Artikel 16a Buchstabe a) dahingehend zu vereinfachen, dass lediglich von "eingebürgerten Anwendungsgebieten, die das Inverkehrbringen ohne ärztliche Verschreibung gestatten" gesprochen wird.

3.5.2. Wenn traditionelle pflanzliche Arzneimittel ohne ärztliche Verschreibung verkauft werden, ist es ganz wichtig, dass die Packungsbeilage sich durch Klarheit, Einfachheit, Lesbarkeit, Vollständigkeit der Warnhinweise sowie Angabe von Gegenanzeigen und bekannten Wechselwirkungen auszeichnet, sodass sie zu einer vernünftigen Verwendung des Produkts anleitet. Deshalb hält es der EWSA für sinnvoll, dass der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel bei der Erstellung der Monographien auch diesen Aspekten Rechnung trägt.

3.5.3. Der EWSA hält es ferner für wichtig, dass in der Richtlinie darauf hingewiesen wird, dass das Etikett die genaue Definition des Produkts enthalten muss (z. B. ob es sich um ein Arzneipulver oder um einen Trocken- oder Weichextrakt handelt, wie das Mittel standardisiert ist usw.), weil die verschiedenen Verarbeitungsverfahren einen Einfluss auf die Bioverfügbarkeit der Wirkstoffe haben können.

3.5.4. In der Packungsbeilage und auf der Verpackung muss ein deutlicher Hinweis auf die Zweckmäßigkeit stehen, bei hartnäckigen Symptomen einen Arzt, Apotheker oder Heilkräuterspezialisten zu Rate zu ziehen: nach Ansicht des EWSA sollte Artikel 16g Absatz 2 Buchstabe b) zur besseren Orientierung des Patienten durch die oben dargelegten Erläuterungen ergänzt werden.

3.5.5. Die für solche Arzneimittel vorgesehene Etikettierung dürfte den Merkmalen dieser Produkte nicht gerecht werden, da auf der einen Seite von "einem spezifischen Anwendungsgebiet" die Rede ist, während es für sie normalerweise mehrere Anwendungsgebiete gibt, und auf der anderen Seite der Hinweis, dass "die Wirksamkeit des Produkts klinisch nicht nachgewiesen wurde" im Verbraucher ungerechtfertigte Zweifel an der Unbedenklichkeit des Produkts aufkommen lassen könnte, wodurch sich die Nachfrage auf noch weniger dokumentierte und schlechter kontrollierte pflanzliche Präparate verlagern könnte.

3.5.6. Artikel 16g Absatz 2 Buchstabe a), bei dem es um das Etikett und die Packungsbeilage geht, sollte folgendermaßen umformuliert werden: "das Produkt ein pflanzliches Arzneimittel zur traditionellen Verwendung in spezifizierten Anwendungsgebieten ist, dessen Wirksamkeit ausschließlich durch die Erfahrung und die langjährige Gebräuchlichkeit belegt ist".

3.5.7. Der EWSA hält es für sinnvoll, Artikel 16h Absatz 3 Unterabsatz 2 durch folgenden Satz zu ergänzen: "Der Registrierungsinhaber kann jedoch, wenn ihm dies zweckmäßig erscheint, auf andere Monographien offizieller Arzneibücher, Veröffentlichungen und sonstige Datenunterlagen verweisen."

Brüssel, den 18. September 2002.

Der Präsident

des Wirtschafts- und Sozialausschusses

Göke Frerichs

(1) Mit der Richtlinie 2001/83/EG - ABl. L 311 vom 28.11.2001 - wird der neue Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel geschaffen, der die früheren Arzneimittelrichtlinien, die hierdurch aufgehoben werden, zu einem einzigen Rechtsakt zusammenfasst. Die Kommission hat am 26. Januar 2001 den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung dieser Richtlinie sowohl bezüglich der Humanarzneimittel als auch der Tierarzneimittel vorgelegt (KOM(2001) 404 endg.).

(2) In dem Dokument KOM(2001) 404 endg. für Artikel 1 der Richtlinie 2001/83/EG vorgeschlagene Änderung.

(3) Die Richtlinie 2001/83/EG - ABl. L 311 vom 28.11.2001 - enthält einen neuen Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel, der die früheren Arzneimittelrichtlinien, die hierdurch aufgehoben werden, zu einem einzigen Rechtsakt zusammenfasst.

(4) Die Richtlinie 2001/83/EG - ABl. L 311 vom 28.11.2001 - enthält einen neuen Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel, der die früheren Arzneimittelrichtlinien, die hierdurch aufgehoben werden, zu einem einzigen Rechtsakt zusammenfasst.

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