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Document 62012CJ0139

Caixa d'Estalvis i Pensions de Barcelona

Rechtssache C‑139/12

Caixa d’Estalvis i Pensions de Barcelona

gegen

Generalidad de Cataluña

(Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal Supremo)

„Vorabentscheidungsersuchen — Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie — Befreiungen — Umsätze, die den Verkauf von Wertpapieren betreffen und die Übertragung des Eigentums an unbeweglichen Sachen mit sich bringen — Erhebung einer von der Mehrwertsteuer verschiedenen indirekten Steuer — Art. 49 AEUV und 63 AEUV — Rein innerstaatlicher Sachverhalt“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Zehnte Kammer) vom 20. März 2014

  1. Harmonisierung des Steuerrechts – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – Verbot, andere nationale Steuern zu erheben, die den Charakter von Umsatzsteuern haben – Begriff „Umsatzsteuern“ – Tragweite – Steuer auf vermögensrechtliche Übertragungen und beurkundete Rechtsakte – Zulässigkeit

    (Richtlinien 77/388 und 91/680 des Rates)

  2. Vorabentscheidungsverfahren – Zuständigkeit des Gerichtshofs – Grenzen – Offensichtlich unerhebliche Fragen und hypothetische Fragen, die in einem eine zweckdienliche Antwort ausschließenden Zusammenhang gestellt werden – Fragen, die in keinem Zusammenhang mit dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits stehen

    (Art. 267 AEUV)

  3. Vorabentscheidungsverfahren – Zuständigkeit des Gerichtshofs – Grenzen – Frage in Bezug auf einen Rechtsstreit, der nicht über die Grenzen eines einzigen Mitgliedstaats hinausweist – Einbeziehung aufgrund der aus einer Verweisung durch das innerstaatliche Recht resultierenden Anwendbarkeit einer Unionsvorschrift oder aufgrund des im nationalen Recht aufgestellten Diskriminierungsverbots

    (Art. 267 AEUV)

  1.  Die Sechste Richtlinie 77/388 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern in der durch die Richtlinie 91/680 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Vorschrift nicht entgegensteht, wonach auf die Erlangung der Mehrheit des Kapitals einer Gesellschaft, deren Aktiva im Wesentlichen aus Grundvermögen bestehen, eine von der Mehrwertsteuer verschiedene indirekte Steuer erhoben wird.

    Der Gerichtshof hat nämlich zur Vereinbarkeit dieser Regelung mit Art. 33 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie bereits im Rahmen der Rechtssache, in der der Beschluss vom 27. November 2008, Renta (C‑151/08), ergangen ist, Stellung genommen. In diesem Beschluss hat der Gerichtshof festgestellt, dass sich eine Steuer, die die Merkmale der Steuer auf vermögensrechtliche Übertragungen aufweist, in einer Weise von der Mehrwertsteuer unterscheidet, dass sie nicht als Steuer mit dem Charakter einer Umsatzsteuer im Sinne des Art. 33 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie eingestuft werden kann.

    Da das Unionsrecht demnach konkurrierende Abgabenregelungen zulässt, kann eine solche Steuer darüber hinaus auch dann erhoben werden, wenn dies zu einer Kumulierung mit der Mehrwertsteuer bei ein und demselben Umsatz führt.

    (vgl. Rn. 28, 29, 31 und Tenor)

  2.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 33-36)

  3.  Zwar ist es nach der Verteilung der Zuständigkeiten im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens allein Sache des nationalen Gerichts, den Gegenstand der Fragen festzulegen, die es dem Gerichtshof vorlegen möchte, doch obliegt es Letzterem, zur Prüfung seiner eigenen Zuständigkeit die Umstände zu untersuchen, unter denen er vom nationalen Gericht angerufen wird. Insoweit ist der Gerichtshof für die Beantwortung einer Vorlagefrage nicht zuständig, wenn die ihm zur Auslegung vorgelegte unionsrechtliche Vorschrift offensichtlich keine Anwendung finden kann.

    Die Bestimmungen des AEU-Vertrags über die Niederlassungsfreiheit und den freien Kapitalverkehr finden auf einen Sachverhalt, dessen Merkmale sämtlich nicht über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen, keine Anwendung.

    Der rein innerstaatliche Charakter des betreffenden Sachverhalts hindert den Gerichtshof jedoch unter bestimmten, sehr genauen Voraussetzungen nicht daran, eine nach Art. 267 AEUV vorgelegte Frage zu beantworten. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn das nationale Recht dem vorlegenden Gericht vorschreibt, einem Staatsbürger seines Mitgliedstaats die gleichen Rechte zuzuerkennen, die dem Staatsbürger eines anderen Mitgliedstaats in der gleichen Lage aufgrund des Unionsrechts zustünden, oder wenn das Vorabentscheidungsersuchen unionsrechtliche Vorschriften betrifft, auf die das innerstaatliche Recht eines Mitgliedstaats verweist, um die auf einen rein innerstaatlichen Sachverhalt anwendbaren Regelungen zu bestimmen.

    (vgl. Rn. 40-44)

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