EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52012AE0831

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Fahrplan für ein ressourceneffizientes Europa“ COM(2011) 571 final

ABl. C 181 vom 21.6.2012, p. 163–168 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

21.6.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 181/163


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Fahrplan für ein ressourceneffizientes Europa“

COM(2011) 571 final

2012/C 181/29

Berichterstatterin: Siobhán EGAN

Die Europäische Kommission beschloss am 20. September 2011, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 304 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Fahrplan für ein ressourceneffizientes Europa

COM(2011) 571 final.

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umweltschutz nahm ihre Stellungnahme am 14. März 2012 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 479. Plenartagung am 28. / 29. März 2012 (Sitzung vom 28. März) mit 146 gegen 5 Stimmen bei 4 Enthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1   Die Europäische Kommission zielt mit ihrer Europa-2020-Strategie und der Leitinitiative „Ressourcenschonendes Europa“ darauf ab, die europäische Wirtschaft widerstandsfähiger und nachhaltiger zu gestalten, indem sie sämtliche natürlichen Ressourcen weitaus effizienter nutzt. Der Ausschuss hat bereits die Leitinitiative unterstützt und begrüßt nun den ausführ–licheren „Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa“ der Europäischen Kommission, in dem sie Etappenziele für den Umbau der Wirtschaft und einen Rahmen für die erforderlichen Maßnahmen zur Einleitung dieses Prozesses vorgibt.

1.2   Der Ausschuss fordert alle Institutionen, europäischen Entscheidungsträger, europäische Unternehmen und Sozialpartner und die europäische Gesellschaft insgesamt auf, sich zu einer breit angelegten politischen und gesellschaftlichen Bewegung zur Unterstützung des erforderlichen erheblichen Wandels zusammenzuschließen und den mit diesem Fahrplan bereitge–stellten Rahmen für die Orientierung und Überwachung der Fortschritte zu nutzen.

1.3   Der Ausschuss fordert die Einrichtung eines starken Koordinierungsmechanismus auf hoher Ebene in der Europäischen Kommission und in den Mitgliedstaaten, um die Fortschritte bei der Durchführung der in dem Fahrplan vorgeschlagenen Maßnahmen zu überwachen und voranzutreiben.

1.4   Auf Ebene der Mitgliedstaaten fordert der Ausschuss die Annahme umfassender Ressourceneffizienz-Strategien einschl. fiskalische Reformen, die Abschaffung widersinniger Beihilfen, eine starke Regulierung von Produktnormen, wirksame Bildungs- und Kompetenzentwicklungsprogramme sowie die vollständige Einbindung der lokalen und regionalen Gebiets–körperschaften, Unternehmen, Sozialpartner, Verbraucher und anderer Organisationen und der Bürger. Diese Strategien sollten aktive Politikmaßnahmen zur Sicherstellung eines sozial gerechten Wandels umfassen, einschl. der Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter und ihre Einbeziehung in die Umstellung der Unternehmen in neue, ressourceneffiziente Unternehmen.

1.5   Auf europäischer Ebene unterstützt der Ausschuss sämtliche im Fahrplan vorgeschlagenen Maßnahmen und fordert, dass besondere Aufmerksamkeit auf folgende Punkte gerichtet wird:

zügige Festlegung geeigneter Indikatoren einschl. des im Fahrplan empfohlenen Leit–indikators „Ressourcenproduktivität“, d.h. eines allgemeines Indikators für die Ressourceneffizienz der nationalen Wirtschaften, eines Wirtschafts-Indikators „über das BIP hinaus“ für das Wohlergehen sowie weiterer sektorspezifischerer Maßnahmen;

wirksame Mechanismen, um der Ressourceneffizienz in den jährlichen nationalen Reformberichten und ihrer Bewertung durch Kommission und Benchmarking im Europäischen Semester zur Überwachung der Europa-2020-Strategie einen hohen Stellenwert einzuräumen;

Überarbeitung und Aktualisierung der übergeordneten EU-Strategie für nachhaltige Entwicklung nach dem Weltgipfel in Rio im Juni 2012 mit Schwerpunkt auf Ressourceneffizienz und ihrer Verbindung zu weiteren Nachhaltigkeitszielen;

detaillierte Analyse des Zusammenspiels von Ressourceneffizienz- und ökologischen Zielen wie im 7. Umweltaktionsprogramm;

Koordinierungsmechanismus zur Sicherstellung von Fortschritten in sämtlichen 20 Einzelinitiativen, die von der Europäischen Kommission als Beitrag zur Ressourcen–effizienz ermittelt wurden, und weiterer Initiativen, die in diese Liste aufgenommen werden könnten;

Aufnahme von Ressourceneffizienz-Zielen in die Kriterien für sämtliche europäische Ausgabenprogramme und in das öffentliche Beschaffungswesen;

umfassende Einbindung der Zivilgesellschaft in die regelmäßige Überwachung und Bewertung der Fortschritte.

1.6   Der Ausschuss wird nach Kräften bei der Einbindung der Interessenträger und der Über–wachung der Fortschritte in dieser wichtigen Frage mitwirken und dabei gern mit den anderen Institutionen zusammenarbeiten.

2.   Hintergrund

2.1   Im Januar 2011 veröffentlichte die Europäische Kommission die Leitinitiative „Ressourcenschonendes Europa“ als eine von sieben neuen Leitinitiativen der Europa-2020-Strategie (1), um ein grundlegendes Umdenken bei der Nutzung von materiellen Ressourcen in der gesamten europäischen Wirtschaft herbeizuführen und wirtschaftliches Wohlergehen vom Ressourcenverbrauch abzukoppeln.

2.2   In einer früheren Stellungnahme zur Leitinitiative „Ressourcenschonendes Europa“ begrüßte der Ausschuss die allgemeinen Ziele dieser Ressourceneffizienz-Initiative und forderte, dass sie in eine überarbeitete und aktualisierte Fassung der übergreifenden EU-Strategie für nachhaltige Entwicklung eingebunden wird (2). Er forderte außerdem, dass die Europäische Kommission im Zuge der Durchführung der sektorspezifischen Einzelinitiativen und des Fahrplans detailliertere Informationen bereitstellen sollte.

2.3   Im Laufe des Jahres 2011 brachte die Europäische Kommission zahlreiche Einzelinitiativen (3) auf den Weg, um die Ressourceneffizienz in bestimmten Sektoren zu fördern. In dem Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa werden all diese Maßnahmen nun zusammengeführt. In einem Zukunftsbild wird beschrieben, wie die umgestaltete Wirtschaft im Jahr 2050 aussehen soll, wobei bis 2020 Etappenziele zu erreichen sind. Es werden Sektoren benannt, in denen weitere Maßnahmen seitens der Europäischen Kommission und der Mitgliedstaaten erforderlich sind, damit diese Ziele auch wirklich erreicht werden können.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1   Der Ausschuss stimmt der entscheidenden Bedeutung zu, die die Europäische Kommission einer größeren Effizienz bei der Ressourcennutzung in Europa und weltweit beimisst. Eine höhere Ressourceneffizienz ist ein wichtiger Aspekt, um das anhaltende Streben nach Wirtschaftswachstum mit der Notwendigkeit in Einklang zu bringen, die Endlichkeit vieler natürlicher Ressourcen zu berücksichtigen und die Grenzen anzuerkennen, die die Kapazitäten der Erde dem kontinuierlichen Zuwachs von Produktion und Verbrauch setzen. Sie ist auch wesentlich, um den Anstieg von Treibhausgas- und anderen Schadstoffemissionen einzuschränken, die biotischen Ressourcen zu schützen und den öffentlichen Nutzen der Ökosysteme zu wahren. Die Förderung von Ressourceneffizienz sollte im Mittelpunkt der Weltwirtschaftspolitik und des Handelns der weltweit führenden Unternehmen stehen.

3.2   Alle möglichen Unternehmen haben bereits seit jeher den unmittelbaren Kostenanreiz, um in allen Produktionsabschnitten effizient mit ihren Ressourcen umzugehen. Auf der Ergebnisseite jedoch besteht schon immer die gewinnorientierte Motivation, die Verbraucher zu einem möglichst hohen Verbrauch anzuregen. Die Ressourceneffizienz allein dem Marktgeschehen zu überlassen wird daher nicht ausreichen, um den Wandel herbeizuführen, der angesichts der Belastungen aufgrund der rasch zunehmenden Weltbevölkerung, des steilen Anstiegs der Verbrauchernachfrage, insbesondere in den Schwellenländern, und der zunehmenden Ressourcenknappheit und Umweltverschmutzung notwendig ist. Wir brauchen ein neuartiges „nachhaltiges“ oder „grünes“ Wachstum, bei dem der Anstieg der Wirtschaftstätigkeit und die Zunahme von Wohlergehen oder Wohlstand nicht automatisch mit einer Zunahme des Res–sourcenverbrauchs einhergehen, sondern im Gegenteil mit einem sinkenden Ressourcen–verbrauch erzielt werden können.

3.3   Regierungen wie auch die Gesellschaft insgesamt haben daher eine wichtige Verantwortung, um diese Umstellung über die nächste Generation hinweg in dem erforderlichen Umfang und Tempo voranzubringen. Die Regierungen müssen handeln, um

die korrekte Bepreisung der Externalitäten durch fiskalische Maßnahmen sicherzustellen;

schädliche Beihilfen abzuschaffen;

Mindestnormen für die Ressourceneffizienz für bestimmte Sektoren durch angemessene Auflagen festzusetzen;

geeignete Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zu fördern;

Investitionen in ressourceneffiziente Verfahren zu fördern und ineffiziente Verfahren zu sanktionieren;

ein besseres Verständnis von Ressourceneffizienz über die Medien sowie in der schulischen und beruflichen Bildung zu fördern.

3.4   Die Umstellung wird aufgrund des erforderlichen Umfangs und Tempos erhebliche Aus–wirkungen auf den Arbeitsmarkt haben. Unternehmen, die ihre Ressourcen ineffizient nutzen bzw. abfallintensive Produkte herstellen, werden unter Druck geraten und müssen möglicherweise Arbeitskräfte entlassen. Unternehmen, die hingegen ihre Ressourcen effizient nutzen und effiziente Produkte und Dienstleistungen herstellen, sollten mit dem wirtschaftlichen Aufschwung florieren und neue Arbeitsplätze schaffen. Die Länder, die dabei als Vorreiter auftreten, werden in der neuen Welt begrenzter natürlicher Ressourcen am erfolgreichsten und wettbewerbfähigsten sein und die meisten neuen Arbeitsplätze in dieser neuen grünen Wirtschaft schaffen.

3.5   Um eine gerechte Umstellung zu gewährleisten, in deren Rahmen wirklich qualitativ hochwertige Arbeitsplätze geschaffen und der Erwerb neuer Kompetenzen gefördert werden, sind ggf. aktive Weiterbildungsprogramme und Wiedereinstellungshilfen erforderlich (4). Dieser und weitere Aspekte der sozialen Dimension werden bislang in dem Fahrplan vernachlässigt und müssen weiter entwickelt werden.

3.6   Die Verwirklichung einer höheren Ressourceneffizienz in dem geforderten Umfang ist eine große und dringliche Herausforderung für ganz Europa und die gesamte Gesellschaft. Hierfür sind ein starkes politisches und gesellschaftliches Engagement auf allen Ebenen sowie ehrgeizige und weitreichende Initiativen und Maßnahmen seitens der EU und der einzelnen Mitgliedstaaten auf nationaler und lokaler Ebene erforderlich.

3.7   Der Fahrplan sollte den Rahmen bieten, um dieses europaweite politische Momentum zu erzeugen, und eine inspirierende Vision dessen, was möglich wäre. Der Ausschuss begrüßt seinen allgemeinen Ansatz und die für 2050 entworfene Vision.

3.8   Auf die praktische Durchführung kommt es an. Die in dem Fahrplan für 2020 vorgeschlagenen Etappenziele sind zweckdienlich, um die längerfristige Vision an konkreteren und unmittelbareren Zielen festzumachen, die umgehend verfolgt werden müssen. Es bleibt jedoch noch viel zu tun, um die Umstellung von Wirtschaftspolitik, Industriestrategien und Investitionsströmen auf den Weg zu bringen, die für die Umsetzung des Fahrplans erforderlich ist. Die Europäische Kommission hat die wesentliche Bedeutung der Verwirk–lichung einer höheren Ressourceneffizienz hervorgehoben; und der Rat (Umwelt) hat dies in gewissem Maße auch unterstützt (Schlussfolgerungen des Rates (Umwelt) vom 19. Dezember 2011). Für eine erfolgreiche Umstellung sind jedoch das Engagement und der Wille der Europäischen Kommission insgesamt und aller Regierungen erforderlich. Die Förderung der Ressourceneffizienz muss einen weitaus höheren Stellenwert auf der Agenda der Staats- und Regierungschefs sowie des Rates der Europäischen Union in all seinen Formationen ein–nehmen, denn auf dieser Ebene müssen sowohl die Gesamtvision als auch die erforderlichen Einzeletappen für ihre Verwirklichung aktiv und kontinuierlich unterstützt und die Umsetzung der festgelegten Etappenziele entschieden vorangetrieben werden.

3.9   Das Bewusstsein für die Notwendigkeit eines ressourceneffizienten Verhaltens muss bei Unternehmen und Organisationen der Zivilgesellschaft ebenso wie bei der breiten Öffentlichkeit und den Verbrauchern allgemein geschärft und u.a. durch die Schaffung von Dialog–strukturen zur Begleitung des Wandels mit allen Mitteln aktiv gefördert werden (5).

3.10   Der Fahrplan steht und fällt mit seiner Fähigkeit, mehr Entschlusskraft und Engagement in der Politik für eine höhere Ressourceneffizienz mobilisieren zu können. Er muss zu einem echten Umdenken in der Wirtschaftspolitik führen. Über zentral koordinierte Follow-up-Maßnahmen müssen Impulse für die bereits in dem Fahrplan erfassten Einzelinitiativen gegeben, alle Hindernisse beseitigt und weitere Maßnahmen entwickelt werden, wenn die Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele ausbleiben.

4.   Durchführung in den Mitgliedstaaten

4.1   In einigen europäischen Ländern wurden die ersten Schritte gesetzt, um die übermäßige Abhängigkeit von endlichen fossilen Kraftstoffen zu verringern, indem u.a. erneuerbare Energiequellen gefördert, das Abfallaufkommen verringert sowie effizientere Gebäude und Fahrzeuge entwickelt werden. Die Fortschritte sind jedoch eher sporadisch, und in einigen Ländern laufen die Investitionen gerade in diesem kritischen Moment Gefahr, gedrosselt zu werden, da die erforderlichen Anreize für den Wandel vorzeitig wieder abgeschafft werden. Der Ausschuss empfiehlt, gute Erfahrungen mit den und Beispiele für die bislang unter–nommenen Anstrengungen systematisch zu sammeln und zu verbreiten, damit in Ländern und Sektoren, in denen bisher noch keine nennenswerten wünschenswerten Fortschritte erzielt wurden, möglichst rasch eine Wirkung erzielt wird. Kohärenz und Konsistenz sind von grundlegender Bedeutung.

4.2   Die Mitgliedstaaten müssen ihren jeweiligen nationalen Wirtschaftsstrategien und –programmen das Gebot der Ressourceneffizienz als Leitmotiv voranstellen und sie in allen Wirtschaftssektoren vorantreiben. Nach Meinung des Ausschusses müssen in jedem Mitgliedstaat auf hoher Ebene politische Leitungs- und Koordinierungsmechanismen eingerichtet werden, um zügigere, regelmäßigere und konsequentere Fortschritte als bislang sicherzustellen.

4.3   Der Erfolg dieses „Kreuzzugs“ für Ressourceneffizienz wird letztlich in gleichem Maße von einem Wandel der Ansprüche der Öffentlichkeit und der Verbrauchernachfrage wie von der Umstellung der Produktionsmethoden abhängen.

4.4   Die Mitgliedstaaten müssen sich in einem intensiven Dialog mit den Meinungsbildern einschl. den Medien der Frage widmen, wie die elementare Botschaft der Ressourceneffizienz am besten in den Köpfen der Bürger verankert werden kann, damit sie mit der Zeit von selbst die Umstellung von unnötig ressourcen- und abfallintensiven Erzeugnissen auf ressourceneffizientere Waren und Dienstleistungen in ihren Vorlieben und Entscheidungen vollziehen.

4.5   Ressourceneffizienz sollte ein wichtiges Ziel auf lokaler und regionaler wie auch auf nationaler Ebene sein. Die Mitgliedstaaten müssen sich überlegen, wie sie ihre lokalen und regionalen Gebietskörperschaften am besten von diesem Ziel überzeugen können.

4.6   Für die Umstellung müssen sämtliche Politikinstrumente eingesetzt werden, die den Regierungen zur Verfügung stehen. Die Steuerpolitik muss überarbeitet werden, um die ineffiziente Nutzung von Energie und anderen Ressourcen zu bestrafen sowie die effizientere Nutzung zu belohnen. Neutrale Steuerreformen zur Erhöhung der Steuern auf fossile Brennstoffe und andere natürliche Ressourcen bei gleichzeitiger Förderung von Beschäftigung und Sozialschutz sind für die Umstellung auf eine CO2-arme und ressourceneffiziente Wirtschaft (6) und die Schaffung von Arbeitsplätzen (7) von grundlegender Bedeutung. Schädliche Beihilfen, die eine ineffiziente Nutzung von Energie und Misswirtschaft mit anderen Ressourcen fördern oder absegnen, müssen schrittweise abgeschafft werden. Dieses Ziel wird zwar immer wieder genannt, aber bislang nicht konsequent verfolgt. Durch ehrgeizige ordnungspolitische Gestaltung ist effiziente Ressourcennutzung in Schlüsselsektoren wie Gebäude, Verkehr und Landwirtschaft durchzusetzen. Zur weiteren Vermeidung sowie zur Wiederverwendung und –verwertung von Abfall ist eine effiziente Abfallbewirtschaftungspolitik erforderlich. Erziehung, öffentliche Informationsprogramme, Entwicklung von Kompetenzen und Innovationen sind unerlässlich, damit diese Botschaft alle gesellschaftlichen Gruppen erreicht. Hierfür ist ein abgestimmtes Vorgehen der Mitgliedstaaten und der EU auf breiter Front erforderlich.

4.7   Die Mitgliedstaaten sollten sich öffentlich dazu verpflichten, offen und regelmäßig zu berichten, welche Fortschritte bei der Ressourceneffizienz erzielt werden und wie die Politik sowie öffentliche und private Investitionen den Wandel fördern. Die Europäische Kommission könnte die verschiedenen in den Mitgliedstaaten angewendeten Methoden zur Förderung der Ressourceneffizienz analysieren und eine weitreichendere und kohärentere Anwendung der besten Verfahren fördern.

5.   Umsetzung auf europäischer Ebene

5.1   Die EU muss eine wesentliche Rolle bei der Förderung und Unterstützung von Maßnahmen der Mitgliedstaaten sowie bei der Lancierung von EU-Initiativen zur Umstellung auf eine ressourceneffiziente Wirtschaft übernehmen. Der Ausschuss befürwortet sämtliche in dem Fahrplan dargelegten Maßnahmen und Initiativen und äußerst sich zu folgenden Punkten:

Messung und Indikatoren;

Integration mit der Europa-2020-Strategie und dem Europäischen Semester;

EU-Strategie für nachhaltige Entwicklung und 7. Umweltaktionsprogramm;

20 Einzelinitiativen und drei Schlüsselsektoren des Fahrplans;

europäische Ausgabenprogramme und öffentliches Beschaffungswesen;

Einbindung der Zivilgesellschaft und der Öffentlichkeit.

5.2   Messung, Indikatoren, Ziele und Etappenziele

Im Rahmen des Prozesses müssen spezifische Fortschrittsindikatoren für die verschiedenen Aspekte der Ressourceneffizienz festgelegt werden; außerdem muss sichergestellt werden, dass zuverlässige, kohärente und aktuelle Informationen zu den Indikatoren bereitgestellt werden. Nach Ansicht des Ausschusses sollte im Zuge der Überwachung außerdem erfasst werden,

welche Fortschritte in Bezug auf die wichtigsten Instrumente für die Förderung der Ressourceneffizienz (fiskalische, ordnungspolitische usw. Maßnahmen) erzielt werden;

inwieweit öffentliche und private Investitionsströme neu ausgerichtet werden, um Ressourceneffizienz in Produktion und Verbrauch zu fördern und ineffiziente und abfallintensive Verfahren zu sanktionieren;

inwieweit die Beschäftigung auf ressourceneffiziente Arbeitsplätze zur Erzeugung ressourceneffizienter Waren und Dienstleistungen ausgerichtet wird und welche Fortschritte bei Bildungs- und weiteren Maßnahmen zur Förderung dieses Wandels erzielt werden.

5.3   Der Ausschuss begrüßt die mögliche Einführung eines neuen Leitindikators „Ressourcen–produktivität“ als übergeordnete Messeinheit für den Fortschritt, indem das allgemeine Wohl–ergehen vom Ressourcenverbrauch abgekoppelt wird. Er fordert, dass der Entwicklung robuster Indikatoren für das Natur- und Sozialkapital sowie für die Verfügbarkeit und den Zustand der natürlichen Ressourcen die gleiche Priorität eingeräumt wird.

5.4   Der Ausschuss vertritt die Auffassung, dass die meisten der vorgeschlagenen Etappenziele für umweltschädliche Subventionen, für Biodiversität sowie für die drei Schlüsselsektoren Lebensmittel, Gebäude und Mobilität bislang noch zu ungenau sind und besser ausformuliert werden müssen. Das Programm zur Entwicklung von Indikatoren muss eine höhere Priorität erhalten und mit angemessenen Mitteln ausgestattet werden, um schneller Fortschritte zu erzielen.

5.5   Insbesondere bedarf es eines besseren Indikators für die Wirtschaftsleistung der einzelnen Mitgliedstaaten, aus dem hervorgeht, wie Verbesserungen der Ressourceneffizienz der Wirtschaft eine reale Steigerung des Wohlergehens der betreffenden Gesellschaft und der globalen Nachhaltigkeit bewirken. Nach Meinung des Ausschusses müssen die langfristigen Studien für bessere Alternativen zum BIP abgeschlossen und umgesetzt werden, um den Fortschritt als solchen korrekt auf eine höhere Ressourceneffizienz und die damit verbundenen Verbes–serungen in Wohlergehen und Nachhaltigkeit auszurichten (8).

5.6   Integration mit der Europa-2020-Strategie und dem Europäischen Semester

Da die Leitinitiative „Ressourcenschonendes Europa“ bereichsübergreifend angelegt ist und ihr auch in Zukunft ein hohes politisches Gewicht beigemessen werden muss, ist sie auf europäischer Ebene durch einen wirksamen, zentral koordinierten und angemessen ausgestatten Durchführungsmechanismus zu untermauern, der offen und transparent angelegt ist und die größtmögliche Teilhabe der Interessenträger ermöglicht.

5.7   Der Ausschuss begrüßt das Ziel, das Europäische Semester zu nutzen, um sicherzustellen, dass die Ressourceneffizienz den ihr gebührenden Stellenwert im Mittelpunkt der wirtschaftspolitischen Gestaltung im Europäischen Rat und im Dialog auf hoher Ebene mit den Mitgliedstaaten erhält. Nach Ansicht des Ausschusses muss die Berichterstattung auf genauen und strikt festgelegten Überwachungsauflagen beruhen, um einen akkuraten und aktuellen Überblick über die Fortschritte bei der Verbesserung der Ressourceneffizienz zu bieten. Unzu–reichende Fortschritte in bestimmten Bereichen müssen unmittelbar erkannt und Abhilfemaßnahmen eingeleitet werden.

5.8   Der Ausschuss ist enttäuscht, dass die Programmländer vorläufig offenbar von der Berichterstattungspflicht im Europäischen Semester ausgenommen sind. Er ist sich bewusst, dass diese Länder derzeit besonderen Problemen bei der wirtschaftlichen Anpassung gegenüberstehen, ist jedoch der Ansicht, dass sie besondere Nutzen aus der starken Verankerung der Ressourceneffizienz in ihren Konjunkturplänen ziehen könnten und von Beginn an umfassend an diesem Aspekt des Europäischen Semesters teilhaben sollten.

5.9   Um das Berichtsverfahren stärker in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken und ihm mehr politische Zugkraft zu verleihen, fordert der Ausschuss, dass die nationalen Berichte, die der Überprüfung im Rahmen des Europäischen Semesters zugrunde liegen, in einer öffentlichen Konsultation bzw. Debatte mit den verschiedenen Interessenträgern in jedem Mitgliedstaat erörtert werden. Außerdem sollten die Peer Reviews für die nationalen Berichte für Mitwirkung und Debatte geöffnet werden. Der Ausschuss könnte selbst als zweckdienliches Forum für eine regelmäßige Debatte mit den Interessenträgern auf europäische Ebene über die Fortschritte bei der Umstellung und die erforderlichen Maßnahmen zu ihrer Verwirklichung fungieren.

5.10   Aus Sicht des Ausschusses ist es wichtig, dass die Europäische Kommission sich nicht einzig und allein auf das Europäische Semester stützt, um die praktische Umsetzung von Ressourceneffizienz zu fördern. Andere einschlägige Programme und Strategien sollten ebenfalls berücksichtigt werden.

5.11   Die EU-Strategie für nachhaltige Entwicklung und das 7. Umweltaktionsprogramm

Die Strategie für Ressourceneffizienz und die Europa-2020-Strategie werden von der Europäischen Kommission zu Recht als wichtiger Beitrag zur Verwirklichung der übergeordneten Ziele der nachhaltigen Entwicklung erachtet. Ressourceneffizienz deckt allerdings nicht alle Aspekte der Nachhaltigkeit ab, so dass über der ihr beigemessenen Bedeutung die weiteren Aspekte einer nachhaltigen Entwicklung nicht vergessen werden dürfen. Die diesjährige UN-Konferenz für nachhaltige Entwicklung in Rio sollte genutzt werden, um die Umstellung auf eine ressourceneffiziente Wirtschaft in den Mittelpunkt der globalen Bemühungen für eine grünere Wirtschaft in einen übergeordneten Rahmen für nachhaltige Entwicklung zu stellen. Nach Auffassung des Ausschusses sollte die übergeordnete EU-Strategie für nachhaltige Entwicklung als Teil der Maßnahmen im Nachgang zu dem Rio-Weltgipfel überarbeitet und neu belebt und um eine integrierte nationale Berichterstattung über nachhaltige Entwicklung und Ressourceneffizienz erweitert werden, um die Fortschritte in allen Bereichen zu überwachen.

5.12   Die Europäische Kommission hat angekündigt, dass sie 2012 ein 7. Umweltaktionsprogramm vorlegen will. Der Rat hat sie aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass dieses neue Programm so angelegt ist, dass sich Umweltmaßnahmen und -pläne und die Ziele des Fahrplans für die Ressourceneffizienz ergänzen. Dies ist ein begrüßenswertes Ziel, doch ist noch viel Arbeit erforderlich, um es mit einem sinnvollen Inhalt zu füllen.

5.13   Die 20 Einzelinitiativen und drei Schlüsselsektoren

Der Ausschuss ist derzeit damit befasst, zu den meisten der in der Europa-2020-Strategie dargelegten 20 Einzelinitiativen Stellung zu nehmen; er begrüßt ausdrücklich die in dem Fahrplan enthaltene Absicht, alle Einzelinitiativen parallel voranzubringen, um so den maximalen Nutzen für die Ressourceneffizienz zu erzielen. Diese Initiativen sollten sowohl einzeln als auch gesamt einer regelmäßigen Überprüfung unterzogen werden, um sicherzustellen, dass sie gemeinsam die gewünschte kumulative Wirkung zeitigen.

5.14   Der Ausschuss stimmt der Europäischen Kommission zu, dass die drei von ihr ermittelten Schlüsselsektoren (Lebensmittel, Gebäude und Mobilität) von besonderer Bedeutung für die Förderung der Ressourceneffizienz sind. Nach Meinung des Ausschusses sollten die Wasser- und die Landnutzung auch als maßgebliche Sektoren eingestuft werden Die für die Über–wachung der Gesamtfortschritte bei der Ressourceneffizienz zuständigen Dienststellen müssen all diese Sektoren regelmäßig gezielt überprüfen und sicherstellen, dass sie einen angemessenen Beitrag zur Umstellung auf eine ressourceneffiziente Wirtschaft leisten.

5.15   Europäische Ausgabenprogramme und öffentliches Beschaffungswesen

Bislang wurde dem Ziel der Förderung der Ressourceneffizienz in den Strukturfonds und anderen europäischen Ausgabenprogrammen nicht immer ausreichend Rechnung getragen. Jede Überarbeitung dieser Programme muss als Gelegenheit genutzt werden, um die Ressourceneffizienz immer stärker in ihren Prioritäten und Kriterien zu verankern. Der Ausschuss nimmt erfreut zur Kenntnis, dass die Europäische Kommission der Ressourceneffizienz und den weiteren Zielen der Europa-2020-Strategie in ihren jüngsten Haushaltsvorschlägen eine höhere Priorität eingeräumt hat. Es ist wichtig, dass diesem Vorschlag in den detaillierten Haushaltsverhandlungen dann auch wirklich Rechnung getragen wird.

5.16   So muss insbesondere mehr Gewicht auf die Abschaffung schädlicher Anreize, die Sicher–stellung von Finanzierung und Innovation im Bereich der Wertbestimmung des Naturkapitals, sowie die Entwicklung fiskalischer Maßnahmen zur Internalisierung der externen Kosten und Ermittlung der echten Kosten für die Gesellschaft gelegt und proaktiv gehandelt werden. Die spezifischen Maßnahmen betreffen einige der 20 Einzelinitiativen und sind auch für die Kohäsionspolitik und weitere wichtige Kernpolitikbereiche von Belang.

5.17   In gleicher Weise kann auch das öffentliche Beschaffungswesen auf europäischer und nationaler Ebene ein wirkungsvolles Instrument zur Förderung der Ressourceneffizienz sein, indem effiziente Normen für alle beschafften Waren und Dienstleistungen gefordert werden und diese Priorität so in die Lieferkette Eingang findet. Die Europäische Kommission sollte in diesem Bereich Initiativen neu beleben, um darauf hinzuwirken, dass Ressourceneffizienzan–forderungen zum wesentlichen Bestandteil der Spezifikationen für sämtliche öffentliche Auf–träge gemacht werden.

5.18   Einbindung der Interessenträger, der Zivilgesellschaft und der Öffentlichkeit

Die in dem Fahrplan vorgeschlagene Umstellung auf eine ressourceneffiziente Wirtschaft ist für die Welt und für Europa von grundlegender Bedeutung. Sie kann nicht mit technischen Mitteln allein bewerkstelligt werden. Alle Teile der Bevölkerung müssen die Notwendigkeit dieser Umstellung begreifen und akzeptieren, und alle müssen dazu gemeinsam an einem Strang ziehen.

5.19   Der Ausschuss betont, wie wichtig es ist, die Verbraucher für das Erfordernis der Ressourceneffizienz zu sensibilisieren. Er fordert die Europäische Kommission auf, weitere Überlegungen dazu anzustellen, wie Initiativen wie der Aktionsplan für Nachhaltigkeit in Produktion und Verbrauch und für eine nachhaltige Industriepolitik aus dem Jahr 2008 (9) am besten in die neuen Arbeiten zur Ressourceneffizienz integriert werden können, und insbesondere auch der Frage nachzugehen, wie auch auf europäischer Ebene mehr getan werden kann, um die Bürger stärker für Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz zu sensibilisieren.

5.20   Der Ausschuss wird nach Kräften dazu beitragen, die verschiedenen Interessenträger in die Bemühungen um größere Ressourceneffizienz einzubinden. Er wird die Fortschritte in dieser wichtigen Frage überwachen und dabei gerne mit den anderen Institutionen zusammenarbeiten.

Brüssel, den 28. März 2012

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Staffan NILSSON


(1)  COM(2011) 571 final.

(2)  Siehe Stellungnahme des EWSA zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Ressourcenschonendes Europa - eine Leitinitiative innerhalb der Strategie Europa 2020“, ABl. C 376 vom 22.12.2011, S. 97.

(3)  COM(2011) 21 final, Anhang I.

(4)  Siehe Stellungnahme des EWSA zum Thema „Förderung nachhaltiger grüner Arbeitsplätze für das Energie- und Klimapaket der EU,ABl. C 44 vom 11.2.2011, S. 110.

(5)  Siehe Stellungnahme des EWSA zum Thema „Nachhaltige Wirtschaft durch Konsumwandel“, ABl. C 44 vom 11.2.2011, S. 57.

(6)  Siehe Stellungnahme des EWSA zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Fahrplan für den Übergang zu einer wettbewerbsfähigen CO2 -armen Wirtschaft bis 2050“, Ziffer 3.15, ABl. C 376 vom 22.12.2011, S. 110.

(7)  Siehe Stellungnahme des EWSA zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Rio+ 20: Hin zu einer umweltverträglichen Wirtschaft und besserer Governance“, Ziffer 4.15, ABl. C 376 vom 22.12.2011, S. 102.

(8)  Siehe Stellungnahmen des EWSA zum Thema „Jenseits des BIP - Messgrößen für nachhaltige Entwicklung“, ABl. C 100 vom 30.4.2009, S. 53, und zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament: Das BIP und mehr – Die Messung des Fortschritts in einer Welt im Wandel“, ABl. C 18 vom 19.1.2011, S. 64.

(9)  COM(2008) 397 final.


Top