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Document 52012AE0805

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Neuen Rechtsrahmen — Angleichungspaket (Umsetzung des Binnenmarktpakets für Waren)“ COM(2011) 764 final — 2011/0358 (COD); COM(2011) 765 final — 2011/0351 (COD); COM(2011) 766 final — 2011/0352 (COD); COM(2011) 768 final — 2011/0350 (COD); COM(2011) 769 final — 2011/0353 (COD); COM(2011) 770 final — 2011/0354 (COD); COM(2011) 771 final — 2011/0349 (COD); COM(2011) 772 final — 2011/0356 (COD); COM(2011) 773 final — 2011/0357 (COD)

ABl. C 181 vom 21.6.2012, p. 105–110 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

21.6.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 181/105


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Neuen Rechtsrahmen — Angleichungspaket (Umsetzung des Binnenmarktpakets für Waren)“

COM(2011) 764 final — 2011/0358 (COD)

COM(2011) 765 final — 2011/0351 (COD)

COM(2011) 766 final — 2011/0352 (COD)

COM(2011) 768 final — 2011/0350 (COD)

COM(2011) 769 final — 2011/0353 (COD)

COM(2011) 770 final — 2011/0354 (COD)

COM(2011) 771 final — 2011/0349 (COD)

COM(2011) 772 final — 2011/0356 (COD)

COM(2011) 773 final — 2011/0357 (COD)

2012/C 181/19

Alleinberichterstatter: Bernardo HERNÁNDEZ BATALLER

Der Rat und das Europäische Parlament beschlossen am 20. Dezember bzw. 30. November 2011, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 114 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

Neuer Rechtsrahmen — Angleichungspaket (Umsetzung des Binnenmarktpakets für Waren)

COM(2011) 764 final — 2011/0358 (COD)

COM(2011) 765 final — 2011/0351 (COD)

COM(2011) 766 final — 2011/0352 (COD)

COM(2011) 768 final — 2011/0350 (COD)

COM(2011) 769 final — 2011/0353 (COD)

COM(2011) 770 final — 2011/0354 (COD)

COM(2011) 771 final — 2011/0349 (COD)

COM(2011) 772 final — 2011/0356 (COD)

COM(2011) 773 final — 2011/0357 (COD).

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 9. März 2012 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 479. Plenartagung am 28./29. März 2012 (Sitzung vom 28. März) mit 115 gegen 4 Stimmen bei 10 Enthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

1.1   Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss begrüßt die Annahme der Vorschläge der Kommission zur Änderung von zehn Richtlinien über die technische Harmonisierung in Bezug auf die Umsetzung des „Binnenmarktpakets für Waren“ mittels einer bloßen Anpassung an den Beschluss Nr. 768/2008/EG (1) (ein gemeinsamer Rechtsrahmen für die Vermarktung von Produkten).

1.2   Die Art der Sanktionen, die von der Gesetzgebung der Mitgliedstaaten gewährleistet werden sollen, und die Schwelle, ab der diese Sanktionen erfolgen müssen, sollten künftig festgelegt werden, da die nationalen Behörden durch die in diesem Paket enthaltenen Bestimmungen lediglich verpflichtet werden, Regelungen für Sanktionen bei entsprechenden Verstöße festzulegen, ohne dass z.B. die Verstöße in Kategorien eingeteilt oder andere Bestrafungselemente berücksichtigt werden, die auf überstaatlicher Ebene festgelegt sind.

1.3   Die Kommission sollte die Bemerkungen des EWSA berücksichtigen, die er in seiner Stellungnahme vom 13. Dezember 2007 zum bereichsübergreifenden Rechtsrahmen (2) in Bezug auf die Notwendigkeit der Verbesserung der Koordinierung und der Ausweitung der Marktüberwachung formuliert hat.

1.4   Hinsichtlich des Rechtsschutzes der CE-Kennzeichnung sollte ein neues System entwickelt werden, mit dem die Herkunft festgestellt und die Rückverfolgbarkeit der Erzeugnisse sichergestellt wird, damit die Verbraucher besser informiert werden.

2.   Vorbemerkungen

2.1   Der freie Verkehr von Waren gehört zu den vier Grundfreiheiten, die die Grundlage des Binnenmarktes bilden, und wird in den Verträgen (Artikel 28 ff. AEUV) ausdrücklich anerkannt; des Weiteren gibt es diesbezüglich eine umfangreiche Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, die Teil des gemeinschaftlichen Besitzstands ist.

2.1.1   Mit der Verabschiedung der Rechtsetzungstechnik nach dem neuen Konzept im Jahr 1985 wurden die Rechtsvorschriften auf jene Anforderungen beschränkt, die wesentlich sind; auf detaillierte technische Fragen wird seitdem in harmonisierten europäischen Normen eingegangen, was dazu beigetragen hat, den Harmonisierungsprozess zu beschleunigen, so dass ganze Industriebereiche von den Vorteilen des freien Warenverkehrs profitieren konnten.

2.1.2   In den sekundären Rechtsvorschriften wurde mit dem Beschluss 90/683/EWG (3) des Rates das sogenannte globale Konzept eingeführt, das später durch den Beschluss 93/465/EWG (4) ersetzt wurde; sie enthalten allgemeine Vorgaben und detaillierte Verfahrensweisen für die Konformitätsbewertung, die in den Richtlinien des neuen Konzepts zu verwenden sind.

2.2   Im Juli 2008 verabschiedeten das Europäische Parlament und der Rat mit der Annahme der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 (5) über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung und dem Beschluss Nr. 768/2008/EG über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für die Vermarktung von Produkten einen neuen Rechtsrahmen zur Verbesserung der Funktionsweise der Vermarktung von Waren im Binnenmarkt.

2.2.1   Mit diesem Paket von 2008 soll der freie Verkehr für sichere Waren durch eine verbesserte Wirksamkeit der Rechtsvorschriften der EU für die Produktsicherheit, durch eine Stärkung des Verbraucherschutzes und durch die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen für die Wirtschaftsakteure gefördert werden. Bezüglich des freien Warenverkehrs muss dieser neue bereichsübergreifende Rechtsrahmen von 2008 durch die Rechtsvorschriften über Produktstandardisierung ergänzt werden.

2.2.2   Diese Rechtsakte gehen weit über eine reine Überprüfung des neuen Konzepts hinaus und schaffen eine neue Rechtslage im harmonisierten Bereich. Es handelt sich um einander ergänzende Rechtsakte, die untrennbar miteinander verknüpft sind und einen engen Bezug zu den sektoralen Rechtsvorschriften aufweisen, die sie unterstützen und ergänzen.

2.3   Mit der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 werden die geltenden Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung verstärkt, damit nicht konforme Produkte rasch erkannt und vom Markt genommen werden können. Hauptziel ist es, den freien Warenverkehr im harmonisierten Sektor zu gewährleisten mittels:

Stärkung der europäischen Kooperation, damit die Akkreditierung bei der ordnungsgemäßen Durchführung gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften wirkungsvoll als letzte Kontrollinstanz fungieren kann;

Errichtung eines Regelungsrahmens für die Anerkennung einer bereits bestehenden Einrichtung, der Europäischen Kooperation für Akkreditierung (EA), so dass das ordnungsgemäße Funktionieren einer strengen Beurteilung unter Gleichrangigen (peer evaluation) seitens der nationalen Akkreditierungsstellen gewährleistet ist;

eines gemeinschaftlichen Rahmens für Marktüberwachung und -kontrolle bei Produkten, die aus Drittländern auf den Binnenmarkt gelangen, der eine engere Zusammenarbeit zwischen den internen Behörden und den Zollbehörden, den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden, falls Produkte in mehr als einem Mitgliedstaat in Verkehr sind, gewährleisten;

Anwendung standardisierter und klarer Vorschriften in allen Sektoren, rechtlicher Stabilität und Kohärenz, Entlastung durch Reduktion der Auflagen bei der Konformitätsbewertung im Vorfeld der Vermarktung.

2.4   Der Beschluss Nr. 768/2008/EG ist ein „sui generis“-Beschluss, mit dem der EU-Gesetzgeber dazu verpflichtet wird, dessen Inhalt so systematisch wie möglich auf alle früher, heute und in Zukunft erlassenen Rechtsvorschriften für Produkte anzuwenden und deren Umsetzung damit allen Beteiligten zu erleichtern.

2.4.1   Mit dem Beschluss wird ein gemeinsamer horizontaler einheitlicher Rechtsrahmen für den freien Verkehr von Waren geschaffen; dieser enthält

harmonisierte Begriffsbestimmungen, einheitliche Verpflichtungen für die Wirtschaftsakteure, Kriterien für die Auswahl der Konformitätsbewertungsstellen und Kriterien für die nationalen notifizierenden Stellen sowie Vorschriften für das Notifizierungsverfahren;

Regeln für die Auswahl der Art der Konformitätsbewertungsverfahren und eine Reihe harmonisierter Verfahren, um belastende Überlappungen zu vermeiden;

eine einheitliche Definition für die CE-Kennzeichnung (mit entsprechenden Zuständigkeiten und Schutzrechten);

ein Informations- und Marktüberwachungsverfahren in Erweiterung des mit der Produktsicherheitsrichtlinie eingeführten Systems;

harmonisierte Bestimmungen für künftige Schutzklauselmechanismen als Ergänzung zu den Marktüberwachungsverfahren.

2.5   Der EWSA bekräftigte in seiner Stellungnahme zu den beiden Vorschlägen,

dass die uneingeschränkte Anwendung des Grundsatzes des freien Warenverkehrs sichergestellt werden muss, damit die in einem Mitgliedstaat legal auf den Markt gebrachten Produkte auch ohne Probleme im gesamten Unionsgebiet vermarktet werden können;

dass der freie Warenverkehr einer der wichtigsten Motoren für die Wettbewerbsfähigkeit und die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des europäischen Binnenmarkts ist und dass die Konkretisierung und Modernisierung der Bedingungen für die Vermarktung sicherer Qualitätsprodukte für die Verbraucher, die Unternehmen und die Unionsbürger von zentraler Bedeutung sind.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der EWSA die Vorschläge der Kommission befürwortet und eine Reihe von Beobachtungen und Empfehlungen zu den beiden Rechtsakten abgibt.

2.6   Die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 765/2008, die am 1. Januar 2010 in Kraft getreten ist, haben seitdem unmittelbare Geltung und werden von den nationalen Behörden durchgeführt, wobei die Kommission unterstützend zu einem koordinierten Vorgehen beiträgt.

2.7   Der Beschluss Nr. 768/2008/EG richtet sich an die Institutionen der Union und ist ein für Unternehmen, natürliche Personen und Mitgliedstaaten unverbindlicher Rechtsakt. Er soll als horizontaler Rahmen für die Bestimmungen dienen, die die gemeinsamen Elemente der Gesetzgebung zur technischen Harmonisierung bilden. Diese standardisierten Bestimmungen müssen in alle neuen bzw. überarbeiteten Rechtsakte integriert werden.

3.   Die Hindernisse für den freien Warenverkehr

3.1   Das Ziel beider Rechtsakte besteht darin, diverse Probleme zu lösen, die in den verschiedenen, durch europäische Rechtsvorschriften zur technischen Harmonisierung regulierten Wirtschaftszweigen beobachtet wurden, also durch die Rechtsvorschriften, mit denen die gemeinsamen Anforderungen bezüglich der Vermarktung von Waren festgelegt werden.

3.2   Die größte Sorge gilt der Gewährleistung der Sicherheit der Bürger und der Verringerung der im Handel befindlichen Produkte, die den Anforderungen der gemeinsamen Rechtsvorschriften nicht entsprechen. Ein weiteres Ziel ist die Verbesserung der Qualität der Arbeit, die von den Prüf- und Zertifizierungsstellen geleistet wird. Außerdem sollte dieser neue horizontale Rahmen den gesamten Rechtsrahmen für Waren weiter vereinheitlichen und dessen Anwendung vereinfachen.

3.3   Probleme bei Verstößen gegen die geltenden Anforderungen

3.3.1   Eine erhebliche Zahl von Produkten, die auf dem Markt sind, entsprechen nicht den detaillierten Anforderungen der Richtlinien. Einige Unternehmen bringen die CE-Kennzeichnung auf ihren Produkten an, obwohl diese nicht den entsprechenden Anforderungen genügen.

3.3.2   Nicht alle Importeure und Händler lassen die notwendigen Prüfungen durchführen, um sich zu vergewissern, dass sie ausschließlich Waren vertreiben, die den Normen entsprechen. Die Marktkontrollbehörden haben in der Regel Schwierigkeiten, die Wirtschaftsakteure aufzuspüren, die solche Produkte liefern, insbesondere wenn diese aus Drittländern kommen.

3.4   Die Mitgliedstaaten stellen außerdem unterschiedliche Anforderungen an die Importeure und Händler, damit diese die Konformität der Produkte gewährleisten, und die von den nationalen Behörden ergriffenen Maßnahmen in Bezug auf Produkte, die nicht den Normen entsprechen, variieren teilweise zwischen den Mitgliedstaaten.

3.5   Probleme bezüglich der Tätigkeit bestimmter Zertifizierungsstellen

3.5.1   Einige Richtlinien sehen eine Zertifizierung der Waren durch „Zertifizierungsstellen“ (Organe, die die Produkte prüfen, inspizieren und zertifizieren) vor. Auch wenn die Mehrheit der Zertifizierungsstellen ihrer Arbeit gewissenhaft und verantwortlich nachgeht, gab es Fälle, die an ihrer Qualifizierung und an der Glaubwürdigkeit der von ihnen verliehenen Zertifikate zweifeln lassen.

3.5.2   Die Zertifizierung durch die zugelassenen Stellen wird nicht von allen Mitgliedstaaten auf die gleiche Art und gleich streng bewertet und kontrolliert. So stellt sich insbesondere die Frage der Qualifizierung der Filialen bzw. Subunternehmer in Drittländern.

3.6   Konkrete Probleme der Uneinheitlichkeit geltender Rechtsvorschriften

3.6.1   Die Richtlinien über den freien Warenverkehr verfolgen oft einen risikobasierten Ansatz, und manchmal kann ein einziges Produkt unter mehrere Richtlinien fallen. Für die Produzenten bedeutet dies, dass dieses Produkt allen in den Richtlinien genannten Anforderungen entsprechen muss.

3.6.2   Die gleichzeitige Anwendung mehrerer Richtlinien auf ein Produkt kann zu Schwierigkeiten bei der Konformitätsbewertung führen, insbesondere wenn die Richtlinien dasselbe „Modul“ verwenden, der Wortlaut des Moduls jedoch von einer zur anderen Richtlinie variiert.

4.   Kommissionsvorschlag

4.1   Nach der Annahme des neuen Rechtsrahmens im Juli 2008 haben die Kommissionsdienststellen in den Rechtsvorschriften für Produkte alle Rechtsakte ausfindig gemacht, die in den kommenden Jahren aus sektorspezifischen Gründen überarbeitet werden müssen; hierbei handelt es sich größtenteils um punktuelle Revisionen, die im Arbeitsprogramm der Kommission vorgesehen sind.

4.2   Mit diesem Vorschlag der Europäischen Kommission sollen die auf bestimmte Wirtschaftszweige anzuwendenden Rechtsvorschriften des „neuen Konzepts“ in Bezug auf die neuen Normen aktualisiert werden, die im Beschluss Nr. 768/2008/EG des Europäischen Parlaments und des Rates festgelegt wurden. Hierzu sollen folgende zehn Richtlinien mit dem Beschluss in Einklang gebracht werden:

Richtlinie 2006/95/EG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend elektrische Betriebsmittel zur Verwendung innerhalb bestimmter Spannungsgrenzen;

Richtlinie 2009/105/EG über einfache Druckbehälter;

Richtlinie 2009/23/EG über nichtselbsttätige Waagen;

Richtlinie 93/15/EWG zur Harmonisierung der Bestimmungen über das Inverkehrbringen und die Kontrolle von Explosivstoffen für zivile Zwecke;

Richtlinie 94/9/EG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für Geräte und Schutzsysteme zur bestimmungsgemäßen Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen;

Richtlinie 95/16/EG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Aufzüge;

Richtlinie 97/23/EG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Druckgeräte;

Richtlinie 2004/22/EG über Messgeräte;

Richtlinie 2004/108/EG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die elektromagnetische Verträglichkeit und zur Aufhebung der Richtlinie 89/336/EWG;

Richtlinie 2007/23/EG über das Inverkehrbringen pyrotechnischer Gegenstände.

4.2.1   Die wichtigste Gemeinsamkeit dieser Richtlinien besteht darin, dass sie eine ähnliche Struktur aufweisen: Begriffsbestimmungen, wesentliche Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen, Verweise auf harmonisierte Europäische Normen, Anforderungen an die Hersteller, Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit und Konformitätsbewertungsanforderungen sowie Schutzklauselmechanismen.

4.2.2   Bei den betroffenen Sektoren handelt es sich um sehr wichtige Bereiche der Industrie, die einem harten internationalen Wettbewerb ausgesetzt sind und daher von einer Vereinfachung und der Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen in der EU profitieren können.

4.2.3   Dennoch schlägt die Kommission vor, ein Paket von Richtlinien, die nicht zur Überprüfung anstehen, aber für die die Einfügung von Bestimmungen zur Marktüberwachung und zu anderen sektorübergreifenden Fragen von Vorteil wäre, an den Beschluss 2008/768/EG anzugleichen, wobei rein sektorbezogene Elemente nicht in Frage gestellt werden.

4.2.4   Mit diesem Paket wird die Änderung dieser Richtlinien ausschließlich zur Einfügung der horizontalen Bestimmungen des Beschlusses im Zuge eines einmaligen, vereinfachten Verfahrens ohne Änderung sektoraler Fragen bezweckt, damit die unmittelbaren Vorteile des neuen Rechtsrahmens möglichst vielen Branchen zugute kommen können. Angeglichen werden einzig und allein die Begriffsbestimmungen, die Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit, die Verpflichtungen der Wirtschaftsakteure, die Kriterien und Verfahren für die Auswahl von Konformitätsbewertungsstellen und die Konformitätsbewertungsanforderungen.

4.2.5   Um für größtmögliche rechtliche Klarheit zu sorgen, hat sich die Kommission für die Rechtsetzungstechnik der Neufassung entschieden, die „in der Annahme eines neuen Rechtsakts (besteht), der in einem einzigen Text die inhaltlichen Änderungen, die an einem bisherigen Rechtsakt vorgenommen werden, und die unveränderten Bestimmungen dieses Rechtsakts zusammenfasst. Der neue Rechtsakt tritt an die Stelle des bisherigen Rechtsakts und hebt diesen auf“. Auch muss der Text an die Terminologie und die Bestimmungen des Vertrags von Lissabon angepasst werden.

4.3   Laut Kommission lässt sich die Angleichung der zehn Richtlinien wie folgt zusammenfassen:

4.3.1

Maßnahmen gegen das Problem der Nichtübereinstimmung:

Verpflichtung der Einführer und Händler,

Verpflichtung der Hersteller,

Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit,

Neugestaltung des Schutzklauselverfahrens (Marktüberwachung).

4.3.2

Neugestaltung des Schutzklauselverfahrens (Marktüberwachung):

Verschärfung der Anforderungen an die Notifizierung,

überarbeitetes Notifizierungsverfahren,

Anforderungen an die notifizierenden Behörden,

Informationspflichten.

4.3.3

Maßnahmen zur Sicherstellung einer größeren Kohärenz zwischen den Richtlinien:

Angleichung der gemeinsamen Begriffsbestimmungen und Terminologie,

Angleichung der Rechtsvorschriften über die Konformitätsbewertungsverfahren.

4.3.4

In dem Vorschlag nicht behandelt werden hingegen die Fragen bezüglich der Umsetzung der EU-Normungspolitik, die Auswirkungen auf die Anwendung der betroffenen Richtlinien haben könnten und die im Rahmen einer anderen Gesetzgebungsinitiative berücksichtigt werden.

5.   Allgemeine Beobachtungen

5.1   Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss begrüßt die Annahme der Vorschläge der Kommission zur Änderung von zehn Richtlinien über die technische Harmonisierung in Bezug auf die Umsetzung des „Binnenmarktpakets für Waren“ mittels einer bloßen Anpassung an den Beschluss Nr. 768/2008/EG (ein gemeinsamer Rechtsrahmen für die Vermarktung von Produkten).

5.2   Der Beschluss Nr. 768/2008/EG wurde zusammen mit der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 (über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung) angenommen. In ihnen werden Kriterien festgelegt für die Verbesserung der Funktionsweise des Binnenmarkts durch die Festlegung eines einheitlicheren Konzepts für die technische Harmonisierung der Sicherheit der Produkte sowie eines wirksameren Überwachungssystems für alle auf den Markt gebrachten Waren aus der EU oder Drittländern und durch die Verbesserung des Verbraucherschutzes in der EU.

5.2.1   Da dieser Beschluss an sich gegenüber Dritten rechtlich nicht bindend ist (was eine rechtliche Prüfung durch den Europäischen Gerichtshof nicht ausschließt) handelt es sich hierbei um einen „sui generis“-Rechtsakt, der eine institutionelle Vereinbarung widerspiegelt. Durch die Anwendung eines Teils der Bestimmungen auf die genannten Richtlinien wird der Mechanismus der Marktüberwachung wirksamer, ohne dass jede einzelne Richtlinie geändert werden muss.

5.2.2   Mittels der Rechtsetzungstechnik der Neufassung bei gleichzeitiger Angleichung des Richtlinienpakets an die Terminologie und an gewisse Bestimmungen des Vertrags von Lissabon können die rechtlichen Folgen der betroffenen Bestimmungen dann auch flexibler und einfacher verdeutlicht werden.

5.3   Der Ausschuss unterstreicht außerdem den Beitrag der genannten Änderungen hinsichtlich der wesentlichen politischen Ziele der EU, etwa die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen, die Stärkung der Strategien der wirtschaftlichen Akteure in den betroffenen Wirtschaftszweigen und eine bessere Gewährleistung des Verbraucherschutzes auf hohem Niveau.

6.   Besondere Bemerkungen

6.1   Angesichts der hier von der Kommission angewandten einzigartigen Rechtsetzungstechnik und der geteilten Zuständigkeit für den entsprechenden Anwendungsbereich (Funktionsweise des Binnenmarkts – Buchstabe a) des zweiten Absatzes von Artikel 4 AEUV und Artikel 114 AEUV) erscheint es angebracht, eine Reihe von Bemerkungen bezüglich der in einigen Bestimmungen des Beschlusses Nr. 768/2008/EG verwendeten Terminologie, der Anwendung des Subsidiaritätsprinzips sowie der Rolle der zivilgesellschaftlichen Organisationen bei der künftigen Umsetzung des Pakets der zehn Richtlinien zu formulieren.

6.2   Der Wortlaut des Beschlusses ist nicht konkret genug, da die Begriffe „allgemeine Grundsätze“ (Art. 1 des Beschlusses und Art. R11 Anhang I) und „gemeinsame Grundsätze“ (Erwägungsgründe 5 und 6 des Beschlusses) beliebig verwendet werden, ohne dass im Wortlaut des Beschlusses noch in einer der geänderten Richtlinien ihre genaue Bedeutung oder die eventuell vorhandenen Unterschiede zwischen beiden angeführt werden. Gleichermaßen wird der Begriff des „öffentlichen Interesses“ verwendet (Erwägungsgrund 8 und Art. 3 des Beschlusses sowie Art R31 und R 33 Anhang I), ohne zu präzisieren, was dies für die Anwendung der genannten Bestimmungen beinhaltet.

Auch wenn die Flexibilität dieser Technik zur Änderung von Richtlinien lobenswert ist, sollte es nicht an einer präzisen und detaillierten Definition der für ihre Umsetzung relevanten Artikel mangeln.

6.3   Einer der Vorteile des Inkrafttretens der Richtlinien wird in der Stärkung der Überwachungs- und Meldungsmechanismen bestehen. So werden auch die Marktakteure selbst Unregelmäßigkeiten oder illegale Praktiken melden können. Nichtsdestotrotz sollten die Art der Sanktionen, die von der Gesetzgebung der Mitgliedstaaten gewährleistet werden sollen, sowie die Schwelle festgelegt werden, ab der diese Sanktionen erfolgen müssen, da aus den betreffenden Bestimmungen lediglich hervorgeht, dass es den nationalen Behörden obliegt, für diese Verstöße “Sanktionen vorzusehen (s. Erwägungsgrund 24 des Vorschlags COM(2011) 773.

6.3.1   Innerhalb eines normativ und administrativ sowohl auf der Ebene der Mitgliedstaaten als auch auf europäischer Ebene fragmentierten Rechtsrahmens droht die Verfolgung der wesentlichen Ziele ineffizient zu werden, wenn die Verpflichtungen auf supranationaler Ebene nicht konkreter festgelegt werden.

6.3.2   Der EWSA fordert die Kommission auf, dieses Problem zu lösen, durch das die Funktionsweise des Binnenmarktes derzeit beeinträchtigt wird, und entsprechende Vorschläge wie auch in anderen EU-Politikbereichen vorlegt.

6.4   Die Änderungen der Bestimmungen führen nicht zu einer Stärkung noch Aufwertung der Rolle der Verbraucherschutzorganisationen in den Bereichen Überwachung, Information und Anzeige, die paradoxerweise hauptsächlich den Marktakteuren überlassen werden.

6.5   Das im EUV und AEUV erteilte Mandat zur Stärkung der horizontalen Subsidiarität - und damit auch des Prinzips der partizipativen Demokratie und der Rolle der organisierten Zivilgesellschaft in der EU – wird sich kaum verwirklichen lassen, wenn den Verbraucherschutzorganisationen lediglich in einer einzigen Bestimmung des Beschlusses (Erwägungsgrund 35) eine entsprechende Rolle zugewiesen wird (nämlich von der Kommission über die Sensibilisierungskampagnen zur CE-Kennzeichnung informiert zu werden). Verbraucherschutzorganisationen sollten die gleiche Rolle einnehmen können wie die Hersteller.

6.6   Mit dem derzeitigen System zur Kennzeichnung wird nicht sichergestellt, dass das Erzeugnis ein Verfahren zur Qualitäts- und Sicherheitsprüfung durchlaufen hat, weshalb es nicht den Erwartungen der Verbraucher entspricht. Die Kommission, die Hersteller und die Verbraucher sollten die Schaffung eines neuen Systems zur Kennzeichnung erwägen, bei dem die Herkunft der Produkte festgestellt und deren Rückverfolgbarkeit gewährleistet wird, damit die Verbraucher besser informiert werden.

Brüssel, den 28. März 2012

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Staffan NILSSON


(1)  ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 82; Stellungnahme des EWSA: ABl. C 120 vom 16.5.2008, S. 1.

(2)  ABl. C 120 vom 16.5.2008, S. 1.

(3)  ABl. L 380 vom 31.12.1990, S. 13.

(4)  ABl. L 220 vom 30.8.1993, S. 23.

(5)  ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 30; Stellungnahme des EWSA: ABl. C 120 vom 16.5.2008, S. 1.


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