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Document 52012AE0801

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen“ COM(2011) 684 final — 2011/0308 (COD)

ABl. C 181 vom 21.6.2012, p. 84–88 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

21.6.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 181/84


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen“

COM(2011) 684 final — 2011/0308 (COD)

2012/C 181/15

Berichterstatter: Paulo BARROS VALE

Das Europäische Parlament und der Rat beschlossen am 15. bzw. 29. November 2011, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 50 Absatz 1 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen

COM(2011) 684 final — 2011/0308 (COD).

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 8. März 2012 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 479. Plenartagung am 28./29. März 2012 (Sitzung vom 29. März) mit 125 gegen 2 Stimmen bei 8 Enthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

1.1   Kleinstunternehmen und kleine und mittlere Unternehmen machen die überwältigende Mehrheit der Unternehmen in der EU aus. Der EWSA begrüßt daher jedwede Initiative, die potenziell zu einem reibungsloseren Funktionieren des Binnenmarktes führt und Investitionen und Handel im grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr erleichtert und fördert. Die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) tragen am meisten zu Wirtschaftswachstum, Schaffung von Arbeitsplätzen und Innovation bei, sind zugleich aber auch am stärksten Veränderungen und Entwicklungen unterworfen.

1.2   Die in der Überarbeitung der Richtlinie vorgeschlagenen Vereinfachungen sind eine logische Konsequenz des in der Europa-2020-Strategie umrissenen Ziels eines nachhaltigen und integrativen Wachstums, des in der Mitteilung zur „Binnenmarktakte“ empfohlenen Vereinfachungsgrundsatzes sowie der in der Mitteilung „Vorfahrt für KMU in Europa – Ein ‚Small Business Act‘ für Europa“ bekundeten Anerkennung der zentralen Rolle der KMU bei der wirtschaftlichen Entwicklung.

1.3   Die EU-weite vollständige Harmonisierung der Größenkriterien ist ein begrüßenswerter Vorstoß und sollte nach Auffassung des EWSA auf die sogenannten Kleinstunternehmen ausgeweitet werden. Desgleichen sollte ein einziger Rechtsrahmen für sämtliche Unternehmenskategorien angestrebt werden. Diese generelle Vereinheitlichung wird EU-weit zu gleichen Bedingungen beitragen und dadurch den Wettbewerb fördern.

1.4   Außerdem ist hervorzuheben, dass die Mitgliedstaaten von kleinen Unternehmen keine über die Anforderungen der neuen Richtlinie hinausgehenden zusätzlichen Informationen verlangen dürfen. Nur so kann die mit der Überarbeitung angestrebte Vereinfachung umfassend verwirklicht und zum Nutzen aller eingesetzt werden, und zwar unter Wahrung der Interessen der Nutzer der Rechnungslegungsinformationen, seien es Investoren, Gläubiger, der Staat oder die Allgemeinheit.

1.5   Nach Auffassung des EWSA muss – die Wahrung der vorgenannten Interessen vorausgesetzt – die vorgeschlagene Vereinfachung und Vereinheitlichung auch im steuerlichen Bereich Anwendung finden, um zu vermeiden, dass die Mitgliedstaaten zusätzliche Informationen für die Steuererhebung verlangen. Auch der Bankensektor muss auf die Änderungen und die mögliche Anpassung seiner Analyseverfahren an die neuen Bestimmungen für Abschlüsse aufmerksam gemacht werden, um zusätzliche Informationsanforderungen zu vermeiden.

1.6   Es steht nicht zu erwarten, dass die Vereinfachung des Abschlusses allein als Anreiz für die Gründung von Unternehmen und die Verbesserung des Unternehmensumfeldes ausreicht. Dieses Ziel ist mit Sicherheit nur dann zu verwirklichen, wenn gleichzeitig weitere Maßnahmen zur Förderung des Wirtschaftswachstums ergriffen werden. Des ungeachtet ist diese wie auch jede andere Initiative zu begrüßen, die eine Senkung der administrativen Kosten und sonstige Maßnahmen zur Verringerung des Verwaltungsaufwands (Offenlegungspflichten, Beantragung von Genehmigungen und Zulassungen usw.) erlaubt.

1.7   Was die Verringerung des personellen und finanziellen Aufwands angeht, werden durch die vorgeschlagenen Vereinfachungen zweifellos Mittel freiwerden, die in anderen Unternehmensbereichen eingesetzt werden können.

1.8   Die Befreiung kleiner Unternehmen von der Abschlussprüfung – unabhängig davon, ob es sich um Aktiengesellschaften handelt oder nicht – ist ein wichtiger Schritt und sehr zu begrüßen; der EWSA ist jedoch der Auffassung, dass dieses Verfahren für Unternehmen mit mehr als 25 Beschäftigten zwingend vorgeschrieben bleiben muss. Da diese Berichtspflicht für einige der kleinen Unternehmen ein sehr kostspieliges Verfahren bedeutet, muss die Befreiung nicht börsennotierter kleiner Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform gewährleistet werden. Die Durchführung des Verfahrens muss fakultativ sein und dem Ermessen der Gesellschafter oder Aktionäre überlassen werden.

1.9   Wenn die Rechnungslegungsverfahren auf elektronischem Wege durchgeführt und die Abschlüsse mithilfe der auf dem Markt verfügbaren Buchhaltungssoftware aufgestellt werden, können die Vereinfachungen aufgrund der notwendigen, nicht zu unterschätzenden Aktualisierung dieser Buchhaltungsprogramme anfangs sogar zu höheren Kosten führen.

1.10   Überdies müssen die Kosten berücksichtigt werden, die den Statistik- und Finanzämtern durch die Anpassung der Datenerhebung entstehen werden.

1.11   Für die meisten kleinen Unternehmen sind die Abschlüsse nach wie vor ein rein formelles gesetzliches Erfordernis im Interesse der Finanzverwaltung. Zu dieser Sicht der Dinge kann auch die geringe Unternehmensgröße beitragen, die eine Einstellung interner Rechnungsprüfer unmöglich macht, aber der wichtigste Faktor ist in vielen KMU weiterhin die mangelnde Ausbildung der Unternehmer und Manager. Die Weiterführung und der Ausbau der Schulungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen für Unternehmer hinsichtlich der Interpretation der verfügbaren Informationen ist daher zu begrüßen, weil dadurch einige der durch ein „Navigieren auf Sicht“ bedingten Fehler in der Unternehmensführung vermieden werden können. Parallel dazu muss auch an Weiterbildungsmaßnahmen für die Fachleute in den Buchhaltungskanzleien gedacht werden, wo die Abschlüsse kleiner Unternehmen zumeist aufgestellt werden. Auch für sie müssen Schulungsmaßnahmen über die Aktualisierung von Rechtsvorschriften gefördert und unterstützt werden.

1.12   Was die Meldepflicht für Zahlungen der mineralgewinnenden Industrie und der Industrie des Holzeinschlags an staatliche Stellen angeht, begrüßt der EWSA die Einführung dieser Maßnahme, spricht sich jedoch für ihre Ausweitung auf weitere relevante Sektoren aus. Aus Gründen der Transparenz sollte sich diese Pflicht auch auf Konzessionen an privatwirtschaftliche Akteure erstrecken wie z.B. bei Transaktionen im Zusammenhang mit dem Verkehrs-, Wasser-, Energie- und Kommunikationsnetz sowie im Bereich des Glücksspiels, wo es um stattliche Beträge geht und die – mit Ausnahme des Glücksspiels – die elementarsten Gemeinwohlaufgaben betreffen.

1.13   Einige Bestimmungen des hier erörterten Richtlinienvorschlags stehen im Widerspruch zu den Internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS – International Financial Reporting Standards); dies gilt insbesondere für die Ausweisung von ausstehenden Einlagen auf das gezeichnete Kapital in der Bilanz und den Höchstzeitraum für die Abschreibung des Geschäfts- oder Firmenwerts. Der EWSA begrüßt, dass in der vorgeschlagenen Richtlinie nicht die zwingende Übernahme der IFRS-Standards durch KMU vorgesehen ist, da zunächst sämtliche Lehren aus der seit kurzem weltweiten Anwendung dieser Standards gezogen werden sollten.

1.14   In der Diskussion ist außerdem eine gesonderte Rechtsvorschrift für Kleinstunternehmen. Diese muss mit dem hier behandelten Richtlinienvorschlag in Einklang gebracht werden, um eine unübersichtliche Informationslage infolge der Verteilung auf verschiedene Dokumente zu vermeiden.

2.   Hintergrund des Vorschlags

2.1   Der Richtlinienvorschlag sieht vor, die Vierte Richtlinie über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (78/660/EWG) und die Siebente Richtlinie über den konsolidierten Abschluss (83/349/EWG) durch eine einzige Richtlinie über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen zu ersetzen.

2.2   Die gegenwärtige Überprüfung steht im Zusammenhang mit weiteren Initiativen der Kommission zur Vereinfachung der Pflichten für KMU und somit zur Verringerung ihres Verwaltungsaufwands und ergänzt den Richtlinienvorschlag aus dem Jahr 2009 über den Jahresabschluss von Kleinstunternehmen. Die Erstellung von Abschlüssen gilt als eine der aufwändigsten gesetzlichen Pflichten für Unternehmen, insbesondere für kleinere Firmen.

2.3   Die Überprüfung der Rechnungslegungsrichtlinien wird in der Kommissionsmitteilung „Binnenmarktakte – Zwölf Hebel zur Förderung von Wachstum und Vertrauen – ‚Gemeinsam für neues Wachstum‘ “ als einer der Hebel zur Belebung des Wachstums angeführt, wobei die Notwendigkeit unterstrichen wird, die gesetzlichen Pflichten für KMU auf europäischer wie auch nationaler Ebene zu verringern.

2.4   Mit der Überprüfung werden folgende Ziele verfolgt: Verringerung und Vereinfachung des Verwaltungsaufwands, den die Erstellung der Abschlüsse insbesondere für die kleinen Unternehmen bedeutet; mehr Klarheit und bessere Vergleichbarkeit der Abschlüsse, was insbesondere für grenzübergreifend tätige Unternehmen wichtig ist; Schutz der Nutzer von Rechnungslegungsinformationen; Erhöhung der Transparenz hinsichtlich der von der mineralgewinnenden Industrie und der Industrie des Holzeinschlags in Primärwäldern geleisteten Zahlungen an staatliche Stellen.

2.5   Die Konsultation der beteiligten Akteure, die sich auf die Ersteller und Nutzer der Abschlüsse sowie Normungsgremien und Behörden erstreckte, und eine Folgenabschätzung führten zu folgenden Schlüssen:

2.5.1

Was die Aufstellung von Abschlüssen betrifft, die als große Belastung für die Unternehmen und insbesondere für kleinere Unternehmen betrachtet wird, werden die in den Richtlinien vorgesehenen Pflichten geändert: Es wird eine „Mini-Regelung“ speziell für die KMU geschaffen, die die Anforderungen bezüglich der in den Anhang aufzunehmenden Informationen verringert, die Abschlussprüfung lockert und kleine Gruppen von der Pflicht zur Erstellung eines konsolidierten Abschlusses befreit.

2.5.2

Die Schwellenwerte für die Einstufung nach Unternehmensgröße werden vereinheitlicht, um EU-weit die Gleichbehandlung von Unternehmen gleicher Größe sicherzustellen.

2.5.3

Die Wahlmöglichkeiten der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Vorlage zusätzlicher Informationen werden begrenzt, um EU-weit die Verfahren zu vereinheitlichen und die Vergleichbarkeit der Abschlüsse zu verbessern.

2.5.4

Im Einklang mit der von der Kommission bekundeten Unterstützung für die internationale Initiative für Transparenz in der Rohstoffwirtschaft („Extractive Industry Transparency Initiative“, EITI) und der in der Abschlusserklärung des G8-Gipfeltreffens von Deauville enthaltenen Zusage wird nun die Offenlegung der an staatliche Stellen geleisteten Zahlungen auf der Ebene des einzelnen Unternehmens oder auf konsolidierter Ebene verlangt.

2.6   Um die beteiligten Akteure vor einer eventuellen Verringerung des Umfangs der verfügbaren Informationen zu schützen, müssen Garantien und Verpflichtungen sowie Geschäfte mit nahestehenden Unternehmen und Personen nun offengelegt werden. Diese Verpflichtung besteht bereits in einigen Ländern.

2.7   Von der Vereinfachung der Rechnungslegungsanforderungen für die KMU erhofft man sich eine Verbesserung des Unternehmensumfelds und Anreize für die Gründung von Unternehmen mit den damit einhergehenden positiven Auswirkungen auf die Schaffung von Arbeitsplätzen. Da ein Teil der erzielten Einsparungen aus der Senkung der Honorare für Rechnungsprüfungsfirmen oder externe Rechnungsprüfer resultieren würde, sind parallel dazu leicht negative Auswirkungen auf die Beschäftigung zu erwarten, wodurch diese Maßnahme nach Auffassung der Kommission insgesamt betrachtet beschäftigungsneutral zu Buche schlagen dürfte.

2.8   Die Vereinfachung der Aufstellung der Rechnungslegungsunterlagen dürfte für die kleinsten Unternehmen kein Grund sein, auf Wachstum zu verzichten. Der mit einer Veränderung der Unternehmensgröße entstehende Kostenanstieg wird nicht als maßgeblicher Faktor bei Expansionsentscheidungen angesehen.

3.   Wichtigste Maßnahmen

3.1   Zur Verringerung des Verwaltungsaufwands im Zusammenhang mit der Erstellung der Abschlüsse wird für kleine Unternehmen eine spezielle Regelung eingeführt, mit der die Pflicht zur Offenlegung bestimmter Angaben im Anhang zum Abschluss begrenzt wird. Nur folgende Angaben werden zwingend vorgeschrieben: Rechnungslegungsmethoden; Garantien, Verpflichtungen, Eventualverbindlichkeiten und Vereinbarungen, die nicht Gegenstand der Bilanz sind; nach Erstellung der Bilanz eingetretene Ereignisse, die nicht Gegenstand der Bilanz sind; langfristige und besicherte Verbindlichkeiten; Geschäftsvorfälle mit nahestehenden Unternehmen und Personen. Angaben zu nach Erstellung der Bilanz eingetretenen Ereignissen und zu Geschäftsvorfällen mit nahestehenden Unternehmen und Personen sind zwar in einigen Mitgliedstaaten zwingend vorgeschrieben, aber die meisten Mitgliedstaaten sehen eine Befreiung von der Berichtspflicht für diese Angaben vor, da diese womöglich zusätzliche Verpflichtungen bedeuten. Die Aufnahme dieser Pflicht wird jedoch für notwendig erachtet, um die Verringerung der verfügbaren Angaben auszugleichen und die Nutzer der Informationen zu schützen.

3.2   Die (in Abhängigkeit von Bilanzsumme, Umsatzerlös und Zahl der Beschäftigten berechneten) Schwellenwerte für die Einstufung nach Unternehmensgröße werden vereinheitlicht, um eine EU-weit einheitliche Einstufung zu gewährleisten. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass Unternehmen gleicher Größe in den verschiedenen Mitgliedstaaten gleich behandelt werden und die mit dem Vorschlag angestrebte Verringerung des Verwaltungsaufwands den kleinen Unternehmen in allen Mitgliedstaaten gleichermaßen zugutekommt.

3.3   Die Abschlussprüfung ist für kleine Unternehmen nicht mehr zwingend vorgeschrieben. In Anbetracht der Größe der betreffenden Unternehmen scheint die geforderte Transparenz bei der Rechnungslegung davon generell unberührt zu bleiben. Die unabhängige Bestätigung des – wenn auch vereinfachten - Abschlusses und die geforderte Transparenz der Rechnungslegung sowie der den beteiligten Akteuren vermittelten Informationen, auch im Hinblick auf den sozialen Dialog, bleiben für kleine Unternehmen unverzichtbar.

3.4   Ein konsolidierter Abschluss ist für kleine Gruppen (d.h. bei denen Mutter- und Tochterunternehmen auf konsolidierter Basis die Grenzen von zwei der vorgesehenen Größenmerkmale nicht überschreiten) nicht länger zwingend vorgeschrieben.

3.5   Verbindlich eingeführt werden die allgemeinen Grundsätze der „Wesentlichkeit“ und der „wirtschaftlichen Betrachtungsweise“, die – in Verbindung mit den verringerten Wahlmöglichkeiten der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Vorlage zusätzlicher Informationen –zur EU-weiten Vereinheitlichung der Verfahren und Verbesserung der Vergleichbarkeit der Abschlüsse beitragen.

3.6   Es soll eine neue Pflicht für große Unternehmen und Unternehmen von öffentlichem Interesse eingeführt werden, die an staatliche Stellen geleisteten Zahlungen im Zusammenhang mit den Tätigkeiten der mineralgewinnenden Industrie und der Industrie des Holzeinschlags offenzulegen.

4.   Bemerkungen

4.1   Angesichts der gegenwärtigen hohen Belastung durch die Aufstellung des Jahresabschlusses unterstützt der EWSA die von der Kommission angestrebte Vereinfachung nach dem Grundsatz „Vorfahrt für KMU“. Da der Verwaltungsaufwand und die Alternativkosten der Aufstellung von Abschlüssen bei den kleinsten, kleinen und mittleren Unternehmen am stärksten zu Buche schlagen, werden die geplanten Vereinfachungen der großen Mehrheit der europäischen Unternehmen zugutekommen.

4.2   Fast 20 Jahre nach der Errichtung des Binnenmarktes will die Kommission nun die Verfahren vereinfachen, die den Unternehmen das Leben schwer machen. Die Bemühungen um Vereinfachung sind unbestreitbar wichtig und die zugrundeliegenden Ziele begrüßenswert. Des ungeachtet ist Vorsicht geboten, damit das Streben nach Vereinfachung nicht über das Ziel hinausschießt und damit das Vertrauen und die Information der beteiligten Akteure und der Nutzer der Rechnungslegungsinformationen gewahrt werden, was in dem hier erörterten Vorschlag der Fall zu sein scheint. Die Vereinfachung darf nicht dazu führen, dass die in den Abschlüssen enthaltenen Angaben durch weitere zusätzliche Elemente ergänzt werden müssen, um die Auflagen für steuerliche Informationen oder die Anforderungen der Banken zu erfüllen. Eine derartige Entwicklung wäre schädlich und würde den Zielen des Vorschlags zuwiderlaufen, da die Kosten für die Unternehmen noch weiter zunehmen würden, weil sie für gesetzliche, für steuerliche und für Finanzierungszwecke drei verschiedene Arten von Angaben bereitstellen müssten.

4.3   Wie bei jeder Umstellung werden auch die jetzt vorgeschlagenen Änderungen Anpassungen erfordern, die möglicherweise anfangs nicht unstrittig sind oder sogar größere wirtschaftliche Auswirkungen haben, aber zwangsläufig EU-weit zur Senkung der Kosten und zu Vereinheitlichung der Kriterien und Berichtspflichten führen werden. Zu Beginn könnten sogar negative Auswirkungen auf die Kosten auftreten, da Softwareaktualisierungen sowie Schulungs- und Anpassungsmaßnahmen für die Erhebung der steuerlichen und statistischen Daten unabdingbar sind. Dieser Aufwand wird mit Sicherheit rasch durch die Vorteile aufgewogen, die die Änderungen bringen werden. Die Vereinfachungsbemühungen müssen daher entsprechend unterstützt werden; sehr hilfreich wäre in diesem Zusammenhang ihre Flankierung durch Maßnahmen z.B. zur Förderung der Schulung und Sensibilisierung der Unternehmer, der Rechnungsprüfer und der Nutzer der in den Abschlüssen bereitgestellten Angaben.

4.4   Von besonderer Bedeutung ist im Rahmen des vorliegenden Änderungsvorschlags die vorgesehene Befreiung kleiner Unternehmen von der Abschlussprüfung, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Aktiengesellschaften handelt oder nicht. Der EWSA spricht sich gegen diese Befreiung für Unternehmen mit mehr als 25 Beschäftigten aus, denn die Bestätigung des Jahresabschlusses durch eine unabhängige zugelassene Stelle ist für KMU dieser Größe eine große Hilfe und eine Gewähr. Die Abschlussprüfung erfüllt die gesellschaftliche Funktion, die Richtigkeit des Jahresabschlusses festzustellen – eine unabdingbare Voraussetzung für eine Gesellschaft, die maßgeblich von der Leistungsfähigkeit der Unternehmen in einer Marktwirtschaft abhängig ist. Diese Maßnahme hat sehr erhebliche finanzielle Auswirkungen auf nicht börsennotierte kleine Unternehmen, die nur aufgrund ihrer Rechtsform und nicht wegen ihrer Größe zur Abschlussprüfung verpflichtet sind. Es ergibt keinen Sinn, ein kleines nicht notiertes Unternehmen, das von den Offenlegungs- und Transparenzanforderungen im Zusammenhang mit einer Börsennotierung befreit ist (was auch so bleiben muss), zu einem aufwändigen Verfahren zu zwingen, nur weil es sich bei seiner Gründung für eine Rechtsform entschieden hat, aufgrund derer es gesetzlich zu diesem Verfahren verpflichtet ist. Die gesetzliche Abschlussprüfung muss den Adressaten der Abschlüsse nützen und darf nicht blindlings nur den durch die Rechtsform der Unternehmen bedingten formalrechtlichen Pflichten folgen. Die Entscheidung, ob eine Abschlussprüfung durchgeführt werden soll oder nicht, muss bei kleinen Unternehmen Sache Aktionäre, Geschäftsführer und Manager sein; die Mitgliedstaaten müssen daran gehindert werden, die Abschlussprüfung verbindlich vorzuschreiben, und es darf auch keine Änderung des nationalen Rechts hinsichtlich der rechtlichen Einordnung der Unternehmensformen erforderlich werden.

Für Unternehmen mit mehr als 25 Beschäftigten kann die Abschlussprüfung zur Auflage gemacht werden.

4.5   Wie bereits in seiner Stellungnahme zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 78/660/EWG des Rates über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen im Hinblick auf Kleinstunternehmen“ begrüßt der EWSA den Vorschlag zur Vereinfachung als einen Anreiz für unternehmerische Initiative und Wettbewerbsfähigkeit und somit als Beitrag zur Vollendung des Binnenmarktes. Er begrüßt auch das Bemühen, die Vereinheitlichung, wie er dies seinerzeit gefordert hatte, durch eine Vereinfachungspflicht für alle Mitgliedstaaten durchzusetzen.

4.6   Eine weitere erwähnenswerte Neuerung, die sicherlich viel zur Förderung des Binnenmarkts beitragen wird, ist die Festlegung von Kriterien für die Bestimmung der Unternehmensgröße und deren Anwendung in allen Mitgliedstaaten. Nur so kann die Gleichbehandlung von Unternehmen gleicher Größe in allen Mitgliedstaaten gewährleistet werden. In den Unternehmenskategorien gemäß Artikel 3 des Richtlinienvorschlags sind die Kleinstunternehmen jedoch nicht aufgeführt, was den in bestimmten anderen Bereichen wie z.B. bei staatlichen Beihilfen oder bei der Durchführung der Strukturfonds oder der Gemeinschaftsprogramme verwendeten Definition widerspricht. Diese Unternehmenskategorie, die anerkanntermaßen die unternehmerische Dynamik fördert und Arbeitsplätze schafft, wird in der Empfehlung 2003/361/EG genannt. Daher muss die Definition der Kleinstunternehmen auch in die vorgeschlagene Richtlinie aufgenommen werden, damit alle in der EU gemeinhin üblichen Unternehmenskategorien in einem einzigen Dokument erfasst sind.

4.7   Der Richtlinienvorschlag von 2009 über Kleinstunternehmen befindet sich noch in der Verhandlungsphase. Es ergibt keinen Sinn, die gleichen Fragen in zwei verschiedenen Dokumenten zu behandeln. Diese unübersichtliche Informationslage verursacht Kosten und stiftet Verwirrung bei den Nutzern, was vermieden werden muss und in diesem Fall auch vermieden werden kann. Die Rechtsvorschriften für Kleinstunternehmen müssen daher mit dem vorliegenden Richtlinienvorschlag in Einklang gebracht und eventuell sogar zusammengeführt werden, um zu verhindern, dass die Unternehmen und Rechnungsprüfer wegen dieser unübersichtlichen Informationslage verschiedene Dokumente konsultieren müssen.

4.8   Bezüglich der Offenlegung von Zahlungen an staatliche Stellen gibt es möglicherweise Widerstände dagegen, diese Maßnahme über die im Richtlinienvorschlag vorgesehenen Sektoren der Mineralgewinnung und des Holzeinschlags hinaus auf weitere Wirtschaftstätigkeiten von öffentlichem Interesse oder mittels Konzessionen übertragene öffentliche Aufgaben auszuweiten; dennoch muss dieses Ziel nach Ansicht des Ausschusses weiterverfolgt werden, um Aufschluss über die Beziehungen zwischen Unternehmen und öffentlichem Sektor bei Transaktionen im Zusammenhang mit dem Verkehrs-, Wasser-, Energie- und Kommunikationsnetz sowie im Bereich des Glücksspiels zu erhalten. Diese Maßnahme ist innovativ, aber könnte – und sollte – noch darüber hinausgehen.

4.9   Einige Bestimmungen stehen im Widerspruch zu den Internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS). Obwohl die Anwendung der IFRS für KMU in der EU nicht allgemein verbindlich ist, wurden diese Normen bereits von den meisten EU-Mitgliedstaaten übernommen. Für die Aufstellung der Abschlüsse börsennotierter Unternehmen sind die IFRS bereits verbindlich, und dem Trend hin zur Vereinheitlichung der Rechnungslegungsverfahren mittels dieser Normen sollte sich auch die vorgeschlagene Richtlinie nicht entgegenstellen. Die Widersprüche betreffen zwei Bereiche: die Bilanzierung von ausstehenden Einlagen auf das gezeichnete Kapital unter Eigenkapital und die Abschreibung des Geschäfts- oder Firmenwerts über einem Zeitraum von maximal fünf Jahren. Erst wenn sämtliche Lehren aus der seit kurzem weltweiten Anwendung der IFRS in Bezug auf KMU gezogen wurden und die Korrektur dieser Widersprüche mit der Vereinfachung der Verfahren kompatibel erscheint, sollten die in der EU angewandten Vorschriften mit den international anerkannten Normen in Einklang gebracht werden.

Brüssel, den 29. März 2012

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Staffan NILSSON


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