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Document 52012AE0815

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zur „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss — Doppelbesteuerung im Binnenmarkt“ COM(2011) 712 final

ABl. C 181 vom 21.6.2012, p. 40–44 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

21.6.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 181/40


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zur „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss — Doppelbesteuerung im Binnenmarkt“

COM(2011) 712 final

2012/C 181/08

Berichterstatter: Vincent FARRUGIA

Die Europäische Kommission beschloss am 11. November 2011, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 304 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss — Doppelbesteuerung im Binnenmarkt

COM(2011) 712 final.

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt nahm ihre Stellungnahme am 7. März 2012 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 479. Plenartagung am 28./29. März 2012 (Sitzung vom 28. März) mit 135 Stimmen gegen 1 Stimme bei 10 Enthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1   Doppelbesteuerung ist ein beträchtliches Hemmnis für die grenzübergreifende Tätigkeit und behindert das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts, was sich in wirtschaftlicher Hinsicht wiederum negativ auf Investitionen und Beschäftigung auswirkt. Doppelbesteuerung hat eine abschreckende Wirkung für Investitionen, ist eine Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit und deshalb dem Wirtschaftswachstum und der Umsetzung der Europa-2020-Ziele abträglich.

1.2   Der EWSA hat in zahlreichen Stellungnahmen betont, wie wichtig die Beseitigung der Doppelbesteuerung ist. Er hat Vorschläge unterstützt, die darauf abzielen, Maßnahmen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung zu beschleunigen, und sich für eine stärkere Vereinfachung der Verwaltungsverfahren in grenzübergreifenden Fällen sowie für die Förderung eines Binnenmarkts ausgesprochen, auf dem ein fairer Wettbewerb herrscht.

1.3   Deshalb befürwortet der EWSA Initiativen zur Beseitigung der Doppelbesteuerung, wie sie in der Mitteilung der Kommission (1) dargelegt werden, indem die verschiedenen Steuerregelungen effizient miteinander verknüpft werden.

1.4   Der EWSA ist auch der Auffassung, dass die Beseitigung der Doppelbesteuerung auf eine den angestrebten Zielen angemessene Weise und unter Wahrung der steuerlichen Souveränität der einzelnen Mitgliedstaaten erfolgen muss.

1.5   Der EWSA ist zudem der Auffassung, dass die Doppelbesteuerung unverhältnismäßig stärkere Auswirkungen auf Einzelpersonen und kleine und mittlere Unternehmen hat, die in der Regel nicht für den Umgang mit solchen Problemen gerüstet sind. Der EWSA begrüßt zwar die Mitteilung, betont angesichts dessen jedoch, dass Vorschläge zur Bewältigung der Doppelbesteuerung im Einklang mit den Maßnahmen im Bereich der Doppelbesteuerung von Bürgern stehen und auch Lösungen für Einzelpersonen und für KMU umfassen müssen.

1.6   Der EWSA teilt die Auffassung, dass die Einrichtung eines EU-Forums zur Doppelbesteuerung auf denselben Grundsätzen beruhen sollte wie das durchaus effiziente Gemeinsame EU-Verrechnungspreisforum. Er schlägt jedoch vor, das Forum als ersten Schritt hin zur Schaffung einer Beobachtungsstelle der Europäischen Kommission zu betrachten, die der EWSA bereits als Beitrag zur Beseitigung grenzübergreifender Hindernisse für Bürger empfohlen hat (2). Zu diesem Zweck könnten die Aufgaben der Beobachtungsstelle ausgedehnt werden und dann auch die Prüfung der Wirksamkeit der Anstrengungen zur Beseitigung der Doppelbesteuerung für Bürger, KMU und große Unternehmen umfassen.

1.7   Der EWSA empfiehlt, dass auch die organisierte Zivilgesellschaft im EU-Forum zur Doppelbesteuerung vertreten ist.

1.8   Der EWSA unterstützt ferner die Erarbeitung eines Verhaltenskodexes, der eine gemeinsame Auslegung und Anwendung steuerlicher Konzepte in den verschiedenen Mitgliedstaaten gewährleisten könnte, so dass Doppelbesteuerung vermieden wird und es nicht zu Fällen kommt, in denen Doppelbesteuerungsabkommen nicht greifen. Dies würde wiederum dazu führen, dass weniger Schiedsverfahren eingeleitet werden müssten.

1.9   Der EWSA ist durchaus der Auffassung, dass die Schaffung eines wirksamen Streitbeilegungsmechanismus erwogen werden sollte, betont jedoch, dass es vor allem darum gehen sollte, dass der Bedarf an solch einem Mechanismus möglichst gar nicht erst entsteht.

1.10   Der EWSA spricht sich dafür aus, das ganze Ausmaß der doppelten Nichtbesteuerung sowie deren wirtschaftliche und soziale Auswirkungen zu untersuchen und auch zu prüfen, welche Folgen die Maßnahmen zur Beseitigung dieses Phänomens haben können.

1.11   Schließlich betont der EWSA, dass alle Vorschläge einer gründlichen Prüfung der sozialen und wirtschaftlichen Folgen für jeden einzelnen Mitgliedstaat unterzogen werden sollten.

2.   Inhalt und Hintergrund des Vorschlags

2.1   Doppelbesteuerung führt zu Rechtsunsicherheit und behindert damit die wirtschaftliche Tätigkeit von Bürgern und Unternehmen. Sie erhöht die Gesamtsteuerbelastung, bewirkt unwiederbringliche Wohlfahrtsverluste und unnötigen Verwaltungsaufwand und wirkt sich negativ auf Investitionen und das Funktionieren des Binnenmarkts aus, was wiederum der Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung schadet. Bei den Anhörungen der Kommission wurde das Ausmaß des Problems der Doppelbesteuerung deutlich: So ging es bei mehr als 20 % der gemeldeten Fälle der Körperschaftssteuerpflichtigen um über 1 Mio. EUR und bei mehr als 35 % der Einzelpersonen um über 100 000 EUR.

2.2   In der Mitteilung der Kommission (3) wird betont, wie wichtig die Beseitigung der Doppelbesteuerung (4) als Mittel zur Sicherstellung der Effizienz des Binnenmarkts und zur Umsetzung der Ziele der Strategie Europa 2020 ist.

2.3   In der Mitteilung wird mehr Abstimmung bei der Besteuerung gefordert, um bessere wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen im Euroraum zu gewährleisten. In der Binnenmarktakte (5) wird hervorgehoben, wie wichtig die Beseitigung grenzübergreifender Hindernisse für Unionsbürger sowie steuerlicher Verwaltungslasten für Unternehmen ist. Zu letzterem Problem hat die Kommission kürzlich einen Vorschlag für eine Gemeinsame konsolidierte Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) (6) vorgelegt. In der Mitteilung wird auch auf die Notwendigkeit eines wirksamen Netzes von Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den Mitgliedstaaten sowie der Lösung von Fragen der Doppelbesteuerung von Erbschaften verwiesen.

2.4   In der Mitteilung geht es vor allem um die Behebung von Problemen im Zusammenhang mit der Doppelbesteuerung, die in wirtschaftlichen Krisenzeiten dringender denn je ist. Es wird festgestellt, dass die Beseitigung der Doppelbesteuerung und Maßnahmen gegen die doppelte Nichtbesteuerung perspektivisch eine Quelle von Steuereinnahmen für die Regierungen sein können.

2.5   Es wird eingeräumt, dass etliche Mitgliedstaaten das Problem der Doppelbesteuerung zwar bereits durch den Abschluss unilateraler, bilateraler und multilateraler Abkommen angegangen haben, sie nach dem EU-Vertrag jedoch nicht verpflichtet sind, Doppelbesteuerung zu beseitigen.

2.6   In der Mitteilung wird eine Reihe von Bereichen genannt, die die Kommission bereits mit Blick auf die Problematik der Doppelbesteuerung geprüft hat, darunter die Richtlinie über Mutter- und Tochtergesellschaften, die Richtlinie über Zinserträge und Lizenzgebühren, das Schiedsübereinkommen, das Gemeinsame EU-Verrechnungspreisforum, die Empfehlung über Verfahren zur Quellensteuererleichterung und der Vorschlag einer Richtlinie zu einer Gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer–Bemessungsgrundlage.

2.7   In der Mitteilung wird auch darauf verwiesen, dass diese durchaus wichtigen Bemühungen nicht immer ausreichend Wirkung gezeigt haben. Deshalb werden folgende Lösungsmöglichkeiten genannt, jedoch nicht im Detail ausgeführt:

Stärkung vorhandener Instrumente, insbesondere mit Blick auf die Richtlinie über Zinsen und Lizenzgebühren. Die Kommission hat gleichzeitig mit der Vorlage von KOM(2011) 712 eine Neufassung dieser Richtlinie vorgeschlagen, in der Bestimmungen zur Reduzierung der Doppelbesteuerung bei der Quellensteuer vorgesehen sind. Der EWSA hat eine Stellungnahme (7) zu dieser Mitteilung verabschiedet,

Ausdehnung des Geltungsbereichs und der Reichweite von Doppelbesteuerungsabkommen, dabei Prüfung, wie mit Dreieckssachverhalten umzugehen ist und wie Unternehmen und Steuern zu behandeln sind, die innerhalb der EU nicht unter Doppelbesteuerungsabkommen fallen, Vorschlag für einen verstärkten Dialog zwischen den Mitgliedstaaten bei Streitfällen,

geplante Schritte für eine einheitlichere Auslegung und Anwendung der Bestimmungen von Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den EU-Mitgliedstaaten. Dies bezieht sich auf die mögliche Einrichtung eines EU-Forums zur Doppelbesteuerung, das einen Verhaltenskodex zur Besteuerung erarbeitet, um das Problem der unterschiedlichen Auslegung von Begriffen in den Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den Mitgliedstaaten anzugehen,

angesichts des Fehlens eines allgemein verbindlichen Streitbeilegungsverfahrens schlägt die Kommission eine Lösung vor, die sich an der neuesten Fassung von Artikel 25 des OECD-Musterabkommens (2008) orientiert, die ein Verständigungsverfahren mit einem bindenden Streitbeilegungsverfahren für alle ungelösten Doppelbesteuerungsfälle vorsieht.

2.8   Schließlich werden in der Mitteilung weitere Schritte vorgeschlagen, u.a.:

Arbeit an der Entwicklung der in der Mitteilung umrissenen Optionen, insbesondere Einrichtung eines Forums, Erarbeitung eines Verhaltenskodexes und Prüfung der Durchführbarkeit eines effizienten Streitbeilegungsmechanismus,

Vorlage von Möglichkeiten zur Beseitigung von Hemmnissen bei der grenzübergreifenden Besteuerung von Erbschaften innerhalb der EU, wie kürzlich von der Kommission in die Wege geleitet (8),

weitere Heranziehung des unlängst neugestalteten Verrechnungspreisforums, um Fragen der Doppelbesteuerung bei Verrechnungspreisen zu behandeln,

Vorstellung von Lösungen für die grenzübergreifende Doppelbesteuerung von Dividendenzahlungen an Aktionäre in diesem Jahr,

Einleitung einer Konsultation, um den vollen Umfang der Doppelbesteuerung auszuloten.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1   Der EWSA spricht sich für die Beseitigung der Doppelbesteuerung aus, die als Hindernis für Investitionen und damit für die Entstehung von Arbeitsplätzen und für die wirtschaftliche Tätigkeit betrachtet wird. Der EWSA hat bereits in zahlreichen Stellungnahmen betont, wie wichtig die Beseitigung der Doppelbesteuerung ist. Er hat Vorschläge unterstützt, die darauf abzielen, Maßnahmen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung zu beschleunigen, und sich für eine stärkere Vereinfachung der Verwaltungsverfahren in grenzübergreifenden Fällen (9) sowie für die Einführung gemeinsamer Grundsätze zur Förderung eines Binnenmarkts ausgesprochen, auf dem ein fairer Wettbewerb herrscht (10).

3.2   Der EWSA hat auch die Bemühungen der Kommission zur Beseitigung oder zumindest Reduzierung der juristischen und wirtschaftlichen Doppel- oder Mehrfachbesteuerung der von einem Tochterunternehmen im Niederlassungsstaat des Mutterunternehmens ausgeschütteten Gewinne unterstützt (11). Durch seine Unterstützung für den Vorschlag für eine GKKB als Mittel zur Angleichung der Grundsätze für die Körperschaftssteuer hat der EWSA dies weiter untermauert, dabei jedoch festgestellt, dass der Vorschlag für eine Richtlinie in einigen Details weiterer Klarstellungen bedarf (12).

3.3   Der EWSA betont auch, wie wichtig ein aufkommensneutraler Ansatz bei der Anwendung der GKKB für jedes einzelne Land ist, und unterstreicht, dass die Einführung der GKKB nicht dazu führen darf, dass Europa weniger flexibel und weniger attraktiv für ausländische Direktinvestitionen wird. Diese Fragen sind gegebenenfalls durch Folgenabschätzungen zu untermauern.

3.4   Der EWSA empfiehlt, dass diese Ziele vor allem durch eine engere Zusammenarbeit und eine wirksamere Verknüpfung der verschiedenen nationalen Steuergebiete umgesetzt werden, einschließlich einer besseren Kommunikation zwischen den einzelnen Steuerbehörden sowie zwischen den Steuerbehörden und den Steuerzahlern. Die Fortschritte in diesen Bereichen sind im Verhältnis zu den Zielen angemessen und beeinträchtigen die Souveränität der unterschiedlichen nationalen Steuergebiete nicht. Diese Überlegungen stehen im Einklang mit der Mitteilung der EU zur Koordinierung der Regelungen der Mitgliedstaaten zu den direkten Steuern im Binnenmarkt (13).

3.5   Der EWSA unterstützt deshalb die Bemühungen zur Stärkung der bestehenden Instrumente sowie die weiteren in der Mitteilung dargelegten Schritte zur Beseitigung der Doppelbesteuerung, um zu gewährleisten, dass die verschiedenen Steuerregelungen wirksam verknüpft werden und dass die Wirtschaftsakteure nur einmal und in der von ihnen erwarteten Weise besteuert werden.

3.6   Der EWSA betont ferner, dass die Beseitigung der Doppelbesteuerung zwar eine unabdingbare Voraussetzung für einen funktionierenden Binnenmarkt ist, dass sich die Vorschläge jedoch darauf konzentrieren müssen, die wirksame Beseitigung steuerlicher Hemmnisse und die Gewährleistung der Effizienz der Doppelbesteuerungsabkommen innerhalb der durch die Rechtsgrundlage - den Vertrag über die Arbeitsweise der EU – abgesteckten Grenzen zu bewirken. Bei den Maßnahmen zur Beseitigung der Doppelbesteuerung ist die steuerliche Souveränität der einzelnen Mitgliedstaaten zu wahren.

4.   Besondere Bemerkungen

4.1   Der EWSA betont, dass Probleme der Doppelbesteuerung erhebliche Auswirkungen auf Einzelpersonen und kleine und mittlere Unternehmen haben. Große Unternehmen verfügen in der Regel über die finanziellen und personellen Ressourcen, um Fragen der Doppelbesteuerung und entsprechende Schiedsverfahren zu bewältigen. Einzelpersonen und KMU haben diese Ressourcen jedoch nicht, insbesondere was Informationen und Kenntnisse im Bereich der juristischen und administrativen Verfahren betrifft (14). Besondere Probleme in Bezug auf die Doppelbesteuerung ergeben sich für die Bürger bei der Erbschaftssteuer. Zwar geht es in der Mitteilung der Kommission vor allem um die Beseitigung der Doppelbesteuerung von Unternehmen, insbesondere von Großunternehmen, doch sollten darüber hinaus auch konkrete Probleme von Bürgern und KMU angegangen werden.

4.2   Der EWSA verweist auf die Effizienz des Gemeinsamen EU-Verrechnungspreisforums, das sich mit Fragen der Doppelbesteuerung bei Verrechnungspreisen befasst, und geht davon aus, dass das EU-Forum zur Doppelbesteuerung ähnlich vorgehen wird. Das Gemeinsame EU-Verrechnungspreisforum, das sich in seiner Arbeit nach den OECD-Verrechnungspreisleitlinien richtet, konsensorientiert arbeitet und bemüht ist, der Kommission für praktische Probleme bei der Verrechnungspreisgestaltung in der EU pragmatische, nicht legislative Lösungen vorzuschlagen, hat eine Reihe von Ergebnissen vorzuweisen, darunter einen Verhaltenskodex zur Verrechnungspreisdokumentation für verbundene Unternehmen in der EU, Leitlinien für Verrechnungspreiszusagen in der EU sowie Leitlinien für konzerninterne Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung. Dass das Forum so effizient arbeitet, ist auch darauf zurückzuführen, dass die Mitgliedstaaten sowie die Unternehmen umfassend darin vertreten sind.

4.3   Der EWSA spricht sich deshalb dafür aus, dass die Einrichtung des EU-Forums zur Doppelbesteuerung auf demselben Grundsatz beruht und eine wirksame Vertretung aller Beteiligten, einschließlich der organisierten Zivilgesellschaft, gewährleistet.

4.4   Der EWSA unterstützt die Einrichtung des EU-Forums zur Doppelbesteuerung, stellt jedoch fest, dass in der Mitteilung keine detaillierten Aussagen zu seiner Arbeitsweise gemacht werden. Der EWSA schlägt vor, das EU-Forum zur Doppelbesteuerung als ersten Schritt und Vorläufer einer Beobachtungsstelle zu betrachten. Die Umwandlung des Forums in eine Beobachtungsstelle entspricht den Empfehlungen des EWSA zur Beseitigung grenzübergreifender Hemmnisse, in denen er auf die Einrichtung einer EU-Beobachtungsstelle verwies, die bestehende Steuerhemmnisse, einschließlich Doppelbesteuerung, und deren Entwicklung kontinuierlich und eingehend untersuchen soll (15).

4.5   Die Aufgaben der Beobachtungsstelle für Besteuerung unter der Aufsicht der EU-Kommission könnten auf die Prüfung von steuerlichen Hemmnissen für Unternehmen, d.h. sowohl KMU als auch Großunternehmen, sowie die Prüfung der praktischen Wirksamkeit der Maßnahmen zur Beseitigung der Doppelbesteuerung ausgedehnt werden. Zu diesem Zweck könnte die Beobachtungsstelle einen erheblichen Beitrag dazu leisten, den Geltungsbereich und die Reichweite von Doppelbesteuerungsabkommen auszudehnen, Möglichkeiten des Umgangs mit Dreieckssachverhalten zu prüfen und die Regierungen zu ermutigen, Lösungen für die Vermeidung von Doppelbesteuerung zu entwickeln, die ihre Steuerhoheit nicht beeinträchtigen.

4.6   Der EWSA unterstützt auch die Erarbeitung eines Verhaltenskodexes mit Grundsätzen, auf die sich die Regierungen vorab einigen können. Der Verhaltenskodex wird eine gemeinsame Auslegung der in den Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Mitgliedstaaten verwendeten Begriffe, die oft Anlass zu Fehlinterpretationen und Streitigkeiten geben, ermöglichen.

4.7   Der EWSA ist jedoch der Auffassung, dass der Verhaltenskodex praktisch als wirksam angesehen werden kann, wenn er einen gewissen Gruppenzwang bewirkt, so dass sich die Mitgliedstaaten bewusst sind, dass sie an den Pranger gestellt werden können.

4.8   Der EWSA spricht sich auch dafür aus zu prüfen, ob ein wirksames Streitbeilegungsverfahren praktikabel ist, um so die effizientesten Mittel und Wege für die Beseitigung der Doppelbesteuerung zu bestimmen. Er räumt ein, dass bis zum Abschluss der Verfahren der gegenseitigen Amtshilfe, in deren Rahmen Länder Probleme gemeinsam lösen können, sehr viel Zeit vergeht, und dass Verbesserungen an der Schiedsvereinbarung vorgenommen werden könnten, da auch das Schiedsverfahren längere Zeit beansprucht. Diese Verfahrensdauer wiederum führt zu übermäßigen Kosten und Unsicherheit für die Unternehmen.

4.9   Der EWSA betont jedoch, dass die Anstrengungen darauf gerichtet sein sollten, ein Schiedsverfahren von vornherein möglichst unnötig zu machen, und dass das Gewicht, wie in der Mitteilung ausgeführt, auf die Erarbeitung eines Verhaltenskodexes sowie auf die Festlegung klarer und transparenter Leitlinien gelegt werden sollte, die als erstes und wirksames Mittel zur Lösung von Streitfällen herangezogen werden sollten.

4.10   Das EU-Forum zur Doppelbesteuerung sollte einen wichtigen Beitrag zur Förderung von Steuerabkommen leisten, die ein Verständigungsverfahren mit einem bindenden Streitbeilegungsverfahren für alle ungelösten Doppelbesteuerungsfälle vorsehen.

4.11   Der EWSA befürwortet den Vorschlag der Kommission, das ganze Ausmaß der doppelten Nichtbesteuerung auszuloten. Der EWSA empfiehlt ferner, deren wirtschaftliche und soziale Auswirkungen zu untersuchen und auch zu prüfen, welche Folgen die Maßnahmen zur Beseitigung dieses Phänomens haben können.

4.12   Der EWSA bekräftigt, wie wichtig eine gründliche Bewertung der sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen ist, um zu bestimmen, inwieweit die Annahme der Vorschläge der Mitteilung zu nachteiligen wirtschaftlichen und sozialen Folgen führen kann (16). Eine solche Bewertung muss erschöpfend sein und alle Mitgliedstaaten, die von den Vorschlägen betroffen sind, einschließen.

4.13   Der EWSA erwartet weitere Vorschläge zur Doppelbesteuerung, die die Kommission prüfen und vorlegen sollte, darunter

Empfehlungen zur grenzübergreifenden Besteuerung von Erbschaften, die die Kommission kürzlich veröffentlicht hat,

Vorstellung von Lösungen für die grenzübergreifende Doppelbesteuerung von Dividendenzahlungen an Aktionäre,

weitere Informationen zur Einrichtung des Forums, zum Verhaltenskodex und zur Möglichkeit eines verbindlichen Beilegungsverfahrens,

eine Bewertung des Ausmaßes und der Auswirkungen der doppelten Nichtbesteuerung.

Brüssel, den 28. März 2012

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Staffan NILSSON


(1)  COM(2011) 712 final.

(2)  Siehe Stellungnahme des EWSA „Beseitigung grenzübergreifender steuerlicher Hindernisse für die Bürgerinnen und Bürger der EU“, ABl. C 318 vom 29. 10. 2011, S. 95.

(3)  COM(2011) 712 final.

(4)  Doppelbesteuerung wird definiert als Erhebung vergleichbarer Steuern auf dasselbe steuerbare Einkommen oder Kapital durch zwei oder mehr Steuergebiete.

(5)  COM(2011) 206 final.

(6)  COM(2011) 121 final.

(7)  Siehe Stellungnahme des EWSA (ABl. C 143 vom 22.05.2012, S. 46) zum Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über eine gemeinsame Steuerregelung für Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten (Neufassung), COM(2011)714 final.

(8)  Empfehlung der Kommission vom 15. Dezember 2011 zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Erbschaften (2011/856/EU).

(9)  Vgl. Fußnote 2.

(10)  Vgl. die Stellungnahme des EWSA zum Thema „Direktbesteuerung von Unternehmen“, ABl. C 241 vom 7.10.2002, S. 75.

(11)  Siehe Stellungnahme des EWSA zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 90/435/EWG über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten“, ABl. C 32 vom 5.2.2004, S. 118.

(12)  Siehe Stellungnahme des EWSA zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über eine Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB)“, ABl. C 24 vom 28.01.2012, S. 63.

(13)  COM(2006) 823 final.

(14)  Nach dem von der Kommission vorgelegten zusammenfassenden Bericht der Konsultation zu Doppelbesteuerungsabkommen und Binnenmarkt haben 85 % der Unternehmen, jedoch nur 69 % der Einzelpersonen, die Probleme in Bezug auf Doppelbesteuerung hatten, Maßnahmen zu deren Bewältigung eingeleitet.

(15)  Vgl. Fußnote 2.

(16)  Vgl. Fußnote 12.


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