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Document 52012AE0828

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Programms Kreatives Europa“ COM(2011) 785 final — 2011/0370 (COD)

ABl. C 181 vom 21.6.2012, p. 35–39 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

21.6.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 181/35


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Programms Kreatives Europa“

COM(2011) 785 final — 2011/0370 (COD)

2012/C 181/07

Hauptberichterstatter: Dumitru FORNEA

Das Europäische Parlament und der Rat beschlossen am 30. November bzw. am 15. Dezember 2011, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 173 Absatz 3 und Artikel 166 Absatz 4 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Programms Kreatives Europa

COM(2011) 785 final — 2011/0370 (COD).

Das Präsidium des Ausschusses beauftragte die Beratende Kommission für den industriellen Wandel am 6. Dezember 2011 mit der Ausarbeitung dieser Stellungnahme.

Angesichts der Dringlichkeit der Arbeiten beschloss der Ausschuss auf seiner 479. Plenartagung am 28./29. März 2012 (Sitzung vom 28. März), Dumitru FORNEA zum Hauptberichterstatter zu bestellen, und verabschiedete mit 168 Stimmen bei 1 Gegenstimme und 3 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1   Die Kreativindustrien sollten im Zusammenhang mit dem neuen Zyklus industrieller Entwicklung behandelt und nicht isoliert betrachtet werden, sondern vielmehr bereichsübergreifend und in enger Verbindung mit anderen Dienstleistungen und Produktionsverfahren. Vor diesem Hintergrund sollten sie als treibende Kraft innovativer Entwicklungen in der Industrie und im Dienstleistungssektor wahrgenommen werden.

1.2   Die Kultur- und Kreativbranche muss einen wichtigen Platz in der Europa-2020-Strategie einnehmen, da sie zu einer neuen Art des Wachstums in der EU beiträgt; hierbei muss unterstrichen werden, dass die aktuellen Entwicklungen der Kreativindustrien in ganz Europa erwünscht sind und sich nicht auf einige Länder oder Regionen beschränken sollten.

1.3   Der Ausschuss unterstreicht die Bedeutung der wirtschaftlichen Aspekte des Programms Kreatives Europa und ist überzeugt, dass dies alle Akteure der Kultur- und Kreativbranche ermutigen muss, wirtschaftliche Unabhängigkeit anzustreben. Das Programm scheint jedoch zu sehr auf das allgemeine Ziel der Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtet zu sein; die Förderung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt Europas kommt hierbei offensichtlich zu kurz.

1.4   Der Ausschuss unterstützt nachdrücklich den Vorschlag, die entsprechenden Mittel aufzustocken, und plädiert dafür, die Gesamtmittel in Höhe von 1,8 Mrd. EUR für das Programm Kreatives Europa beizubehalten. Diese Mittel wurden zwar erheblich aufgestockt; sie stellen jedoch einen relativ kleinen Betrag im Vergleich zum Haushalt der EU oder den Mitteln dar, die in einigen Mitgliedstaaten für die Förderung kultureller Aktivitäten bereitgestellt werden.

1.5   Die Zusammenlegung der Programme Kultur und MEDIA kann hingenommen werden, solange die vorgeschlagenen Aktionsbereiche klar umrissen sind und deren Status gesichert ist. Dies kann erreicht werden, indem die Prozentsätze der Gesamtmittel nach der Rechtsgrundlage aufgeschlüsselt werden, die dem jeweiligen Aktionsbereich entspricht, und indem die ihnen zugewiesenen Mindestanteile festgelegt werden. Ebenfalls ist es im Sinne einer größeren Transparenz und einer besseren Verständlichkeit zu wünschen, dass jährliche Arbeitsprogramme festgelegt werden.

1.6   Der EWSA ist der Ansicht, dass der Erfolg des Rahmenprogramms „Kreatives Europa“ in hohem Maße von der Zusammenarbeit zwischen den Bereichen MEDIA und Kultur abhängt, die mit der Ausarbeitung eines bereichsübergreifenden Ansatzes einhergehen sollte, der zur Herausbildung gemeinsamer Aktionsbereiche zwischen den verschiedenen, von der EU finanzierten Programme (1) beitragen könnte.

1.7   Der Ausschuss nimmt den Mangel an klaren Angaben bezüglich der Art und Weise zur Kenntnis, wie die Kommission die Vertreter der Interessenträger an den Verfahren zur Umsetzung beteiligen will. Artikel 7 ist nicht ausreichend deutlich (2). Der Zugang zu Finanzmitteln muss für alle privatrechtlichen Organisationen erleichtert werden, die kulturelle und kreative Aktivitäten durchführen, die in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen. Die in diesen Bereichen tätigen Organisationen der Sozialwirtschaft und die sonstigen einschlägigen Organisationen der Zivilgesellschaft sollten ebenfalls Zugang zu diesen Förderinstrumenten erhalten.

1.8   Die Verwaltungsverfahren müssen vereinfacht werden, indem elektronische – und damit schnellere – Anwendungen und Verfahren zur Begleitung und Verwaltung der Programme entwickelt werden (3). Außerdem ist es notwendig, die Kommunikationsverfahren und die technischen Kapazitäten sowie die Bereitstellung der Zwischen- und Abschlussberichte zu verbessern; ebenso müssen die Dossiers der Empfänger von Fördermitteln effizienter bearbeitet werden.

1.9   Angesichts des sehr offenen und flexiblen Formats der Verordnung wird durch die vorgeschlagenen Ausschussverfahren nicht sichergestellt, dass die Mitgliedstaaten ausreichend Kontrolle über die Umsetzung des Programms haben werden. Das Ausschussverfahren muss dahingehend geändert werden, dass den Sachverständigen der Mitgliedstaaten die Möglichkeit gegeben wird, regelmäßig zusammenzutreten, um die ausgewählten Projekte zu besprechen. Des Weiteren muss ein vereinfachtes Verfahren für die Anpassung der spezifischen Parameter der Aktionsbereiche infolge einer regelmäßigen Bewertung vorgesehen werden.

1.10   Darüber hinaus bewirkt dieses offene und flexible Format, dass dem Handbuch dieses Programms besondere Bedeutung zukommen wird, weil dort deutlich sichtbar wird, was unternommen werden muss, welche Voraussetzungen für eine Bewerbung erfüllt sein müssen und wie hoch die Förderung ausfällt usw. Der Ausschuss fordert die Kommission auf, die Erarbeitung des Handbuchs offen und transparent zu halten, und weist darauf hin, dass er an einer Teilnahme an diesem Prozess interessiert ist.

1.11   Der Ausschuss hält es für notwendig, bei der Bewertung des Vorschlags der Kommission zur Zusammenlegung der Kontaktstellen der Programme Kultur und MEDIA innerhalb der „Kreatives Europa“-Desks flexibler vorzugehen und die besonderen regionalen Gegebenheiten der Mitgliedstaaten zu berücksichtigen. Er unterstreicht, dass die räumliche Nähe zu den Akteuren beider Sektoren gewahrt bleiben muss, ebenso wie eine gesonderte Sachkenntnis für den Bereich Kultur und für den Bereich MEDIA, da sich diese beiden Bereiche in ihrer Gestalt und in der Art, wie ihre Aktivitäten in ihrem jeweiligen Rahmen durchgeführt werden, erheblich unterscheiden. Die Einrichtung der neuen „Kreatives Europa“-Desks sollte auf den Erfahrungen aufbauen, die bisher mit den Kulturkontaktstellen und den Media-Desks gesammelt wurden.

1.12   Das vorgeschlagene Finanzierungsinstrument ist ein Schritt in die richtige Richtung, weshalb sein Bekanntheitsgrad gesteigert werden sollte, um die Perspektive zu verändern, aus der die Finanzinstitute die Unternehmer der Kultur- und Kreativbranche betrachten und bewerten. Mit dem Instrument muss eine ausgewogene geografische Abdeckung gewährleistet werden; seine Funktionsweise darf keine negativen Folgen für die Hilfsangebote in Form von Zuschüssen haben.

1.13   Die Rechte des geistigen Eigentums sind ein Schlüsselfaktor für die Ankurbelung der Schaffensprozesse und für Investitionen in kulturelle und kreative Produktionen, wie auch für die Vergütung der Urheber und für die Erweiterung der entsprechenden Beschäftigungsmöglichkeiten. In diesem Zusammenhang unterstreicht der EWSA die Bedeutung einer wirksamen Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums sowohl auf der Ebene der EU als auch weltweit.

1.14   Die Auswahl und die Umsetzung der Projekte, die über das Programm „Kreatives Europa“ finanziert werden, müssen unter umfassender Wahrung der Grundsätze und Werte der EU bezüglich Demokratie, Menschen- und Arbeitnehmerrechte sowie sozialer Verantwortung erfolgen. Gleichfalls muss ein Verfahren vorgesehen werden, mit dem vermieden wird, dass bei der Realisierung von entsprechend finanzierten Projekten Gewalt und Diskriminierung entstehen.

2.   Der Verordnungsvorschlag der Kommission

2.1   Mit dieser Verordnung wird für den Zeitraum 1. Januar 2014 bis 31. Dezember 2020 das Förderprogramm Kreatives Europa für die Unterstützung der Kultur- und Kreativbranche eingerichtet. Das Programm unterstützt ausschließlich Aktionen und Aktivitäten mit einem potenziellen europäischen Mehrwert, die zur Erreichung der Europa-2020-Ziele und zu den Leitinitiativen dieser Strategie beitragen.

2.2   Die allgemeinen Ziele des Programms sind die Wahrung und Förderung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt Europas und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Kultur- und Kreativbranche im Sinne der Förderung eines intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wachstums.

2.3   Zu den spezifischen Zielen gehören

die Förderung der Fähigkeit der europäischen Kultur- und Kreativbranche, transnational zu arbeiten;

die Förderung der transnationalen Zirkulation kultureller und kreativer Werke und Akteure sowie der Erschließung neuer Publikumsschichten in Europa und darüber hinaus;

die Stärkung der Finanzkraft der Kultur- und Kreativbranche, vor allem kleiner und mittlerer Unternehmen und Organisationen;

die Unterstützung für die transnationale politische Zusammenarbeit, um die Politikgestaltung, Innovation, den Auf- und Ausbau von Publikumsschichten und neue Geschäftsmodelle zu fördern.

2.4   Der Aufbau des Programms umfasst

einen branchenübergreifenden Aktionsbereich für die gesamte Kultur- und Kreativbranche (15 % der Gesamtmittel);

einen Aktionsbereich Kultur für die Kultur- und Kreativbranche (30 % der Gesamtmittel);

einen Aktionsbereich MEDIA für die AV-Branche (50 % der Gesamtmittel).

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1   2008 waren in Europa 3,8 % der Arbeitskräfte in der Kultur- und Kreativbranche beschäftigt, deren Anteil am BIP der EU bei 4,5 % lag. Der EWSA ist überzeugt, dass das Rahmenprogramm Kreatives Europa bei der Umsetzung der Europa-2020-Strategie behilflich sein wird, und pflichtet der Kommission in ihrer Einschätzung bei, dass Innovation, Kreativität und Kultur eine wesentliche Rolle in der modernen Bildung der europäischen Bürger einnehmen müssen und hierdurch zur Herausbildung von Unternehmergeist, intelligentem und nachhaltigem Wachstum und dem Erreichen der Ziele für soziale Integration in der EU beitragen.

3.2   Die vielschichtige Beziehung zwischen Kultur und Wirtschaft und der Beitrag der Kultur- und Kreativbranche zur Entwicklung der Mitgliedstaaten, zur Verbesserung des sozialen Zusammenhalts und zur Vertiefung des Gefühls, zu Europa zu gehören, müssen als politische Faktoren die Neubewertung der Rolle der Kultur in der nationalen und europäischen Politik bestimmen. Folglich ist es notwendig, dass das neue Förderprogramm die Bedürfnisse der Kultur- und Kreativbranche im digitalen Zeitalter durch einen pragmatischeren und umfassenderen Ansatz widerspiegelt.

3.3   Die Kulturbranche ist nicht homogen und weist verschiedene spezifische Funktionsweisen auf. So folgen z.B. die Aktivitäten im Bereich der Musik- und Tonträgerindustrie einem eigenen Wirtschaftsmodell und entfalten sich in einer Umgebung, die sich radikal von der der darstellenden Kunst unterscheidet. Daher sollte das Programm Kreatives Europa durch seine Aktionsbereiche flexible Herangehensweisen ermöglichen, was zu einem leichteren Zugang und einer effizienteren Nutzung des Programms durch die potenziellen Empfänger führt, auf die dieser Verordnungsvorschlag ausgerichtet ist.

4.   Besondere Bemerkungen

4.1   Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss hat seine Standpunkte zu den Kultur- und Kreativindustrien bereits in einer gleichnamigen Stellungnahme (Berichterstatter: Claudio Cappellini, Ko-Berichterstatter Jörg Lennardt) dargelegt, die er auf der Plenartagung im Oktober 2010 verabschiedet hat. Jene Stellungnahme wurde im Rahmen der Konsultationen zum Grünbuch „Erschließung des Potenzials der Kultur- und Kreativindustrien“ erarbeitet.

4.2   Die vorliegende Stellungnahme bezieht sich auf den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Programms Kreatives Europa. Die bereits in der Stellungnahme zum Grünbuch behandelten Fragen werden hier nicht nochmals aufgegriffen, vielmehr will der Ausschuss der Kommission unmittelbar seine Bemerkungen zu dem Text unterbreiten, den sie in dem Dokument COM(2011) 785 final vom 23. November 2011 vorgeschlagen hat.

4.3   Die Mittelaufstockung auf 1,8 Mrd. EUR für den Zeitraum 2014-2020 wurde von den in dieser Branche tätigen Akteuren begrüßt, auch wenn bei dieser Zunahme zu berücksichtigen ist, dass sich die Zahl der potenziellen Empfängerländer vergrößert hat und dass mehr kreative Wirtschaftszweige abgedeckt werden. Der Begriff „Kreativindustrien“ wird in der Verordnung nicht klar definiert; im Text hätte mehr Deutlichkeit hinsichtlich der abgedeckten Handlungsbereiche sowie der betroffenen Akteure geschaffen werden müssen.

4.4   Die Akteure des Kultur- und des audiovisuellen Sektors sehen die Zusammenlegung der derzeitigen Programme Kultur 2007, MEDIA und MEDIA Mundus in einem einzigen Rahmenprogramm mit der Bezeichnung „Kreatives Europa“ als positive und konstruktive Initiative der Europäischen Kommission. Allerdings muss stärker darauf geachtet werden, wie Maßnahmen oder allgemeine Prozesse in jeden der beiden Bereiche im Rahmen des Programms transferiert werden, da die jeweiligen branchenspezifischen Eigenschaften zu berücksichtigen sind, die sich hinsichtlich der Schlüsselakteure und der Finanzierungs-, Produktions- und Vertriebssysteme voneinander unterscheiden.

4.5   Kulturschaffende werden in erster Linie auf die verfügbaren Arten öffentlicher Mittel sowie auf die in dem Programm festgelegten Zugangsbedingungen und die Kriterien für die Förderfähigkeit achten. Von diesen Parametern wird abhängen, in welchem Maße sie sich für die in dem neuen Rahmenprogramm vorgeschlagenen Maßnahmen einsetzen und diese unterstützen.

4.6   Aus professioneller Sicht scheint im audiovisuellen Sektor allgemeine Zufriedenheit in Bezug auf die Wirksamkeit des derzeitigen Programms MEDIA sowie auf die im Rahmenprogramm Kreatives Europa vorgesehenen neuen Maßnahmen zu herrschen. Das Programm MEDIA wird von den in diesem Wirtschaftszweig Tätigen aufgrund seiner Hilfe und seiner Bedeutung für den audiovisuellen Markt geschätzt. Der im neuen Rahmenprogramm vorgesehene Aktionsbereich MEDIA unterscheidet sich kaum vom derzeitigen Programm. Der Wortlaut der neuen Verordnung könnte jedoch mehr in die Tiefe gehen, etwa in Form von Anhängen, in denen jede Maßnahme im Einzelnen erläutert und die für ihre Umsetzung vorgesehenen Mittel beziffert werden.

4.7   Der EWSA begrüßt die Initiative der Kommission zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren für die Programme Kultur und MEDIA dank der breiteren Anwendung der Pauschalsätze, dem Einsatz von Partnerschaftsrahmenvereinbarungen und von elektronischen Verfahren sowie der Reform der Arbeitsinstrumente der Exekutivagentur Bildung, Audiovisuelles und Kultur.

4.8   Die Maßnahmen müssen so zugeschnitten sein, dass vergleichbarere „Ausgangsbedingungen in der europäischen Kultur- und Kreativbranche [dadurch gewährleistet werden], dass Länder mit niedriger Produktionskapazität und/oder Länder oder Regionen, die einen geografisch und sprachlich eingeschränkten Raum umfassen, berücksichtigt werden“ (4).

4.9   Der EWSA hält es für notwendig, bei den Prioritäten Maßnahmen zur Förderung der Mobilität der Künstler, des interkulturellen Dialogs und der künstlerischen Bildung wiedereinzuführen sowie die Bestimmungen der vorliegenden Verordnung auf andere, für diese Branchen relevante Texten abzustimmen und Strukturen zu entwickeln, denen Instrumente zur Förderung der Kunstschaffenden zugrunde liegen, die an kulturellen Aktivitäten oder Tourneen außerhalb ihres Herkunftslandes teilnehmen.

4.10   Im Verordnungsvorschlag wird KMU und individuellen Kunst- und Kulturschaffenden besondere Aufmerksamkeit entgegengebracht. Die Gewerkschaften bedauern jedoch, dass die Kulturschaffenden und die kreativen Einzelpersonen und Unternehmen lediglich als gewöhnliche Erbringer von Dienstleistungen angesehen werden; sie sehen ein spürbares Bedürfnis danach, dass die Gewährung finanzieller Förderung nicht höher als die Frage der Sozialschutzstandards geachtet wird. Letztere sollten so gestaltet sein, dass die prekären Verhältnisse beseitigt werden, die mit den für diese Branche so charakteristischen Verträgen mit kurzen Laufzeiten verbunden sind.

Herausforderungen und Schwachpunkte des neuen Verordnungsvorschlags

Allgemein

4.11

Die Aufstockung der Mittel ist eine gute Nachricht; allerdings müssen folgende Aspekte berücksichtigt werden:

die höhere Zahl der Empfängerländer,

die Erweiterung der Förderbereiche,

die neuen Bedürfnisse für den Übergang zur digitalen Gesellschaft,

der Wertverlust des Geldes,

der Sinn für das Verhältnis der in der Verordnung vorgeschlagenen Mittel – 1,8 Mrd. EUR für den Zeitraum 2014-2020 – zu den Beträgen, die jährlich etwa von Frankreich (7,5 Mrd. EUR) oder von Deutschland (1,1 Mrd. EUR) zur Verfügung gestellt werden, sowie zu dem Gesamthaushalt der EU.

4.12

Die erheblichen Unterschiede bei den Maßnahmen der Mitgliedstaaten führen zu Verzerrungen zwischen den Akteuren von einem Land zum anderen, wenn es um den Zugang zu öffentlichen Förderprogrammen für den audiovisuellen Sektor und die Kulturbranche geht.

4.13

Bezüglich der Kreativindustrien gibt es nur wenig oder gar keine Synergien zwischen den Programmen für Innovation und für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und der KMU einerseits und dem Programm Kreatives Europa andererseits. Die Möglichkeiten, die die Entwicklung der digitalen Technologien bietet, sollten Schritte zu einer engeren Verbindung zwischen diesen Programmen erleichtern.

Praktisch

4.14

Die Verwaltung und die Begleitung der Umsetzung des Programms durch die betroffenen Akteure bringt eine große administrative Komplexität mit sich, die sich in erhöhten Verwaltungskosten niederschlägt, was wiederum die Mittel für die Verwirklichung der Projekte und ihren Vertrieb schmälert.

4.15

Eines der systematisch wiederkehrenden Probleme, das von den Akteuren genannt wird und das insbesondere die kleinen Unternehmen betrifft, besteht in der Länge der Wartezeit für die Genehmigung von Fördermitteln.

4.16

In Bezug auf die neue Finanzfazilität, die eingerichtet wurde, damit KMU und andere Akteure eine leichteren Zugang zu Krediten erhalten, ist darauf hinzuweisen, dass diese Art von Finanzinstrument im Kulturbereich üblicherweise kaum genutzt wird. Es besteht die Gefahr, dass die Finanzinstitute nicht an einer Mitwirkung interessiert sind, da die betreffenden Summen bescheiden sind und sie sich mit den spezifischen Problemen der Kulturbranche zu wenig auskennen; auch ist die Rentabilität bestimmter Projektarten gering, die ohne öffentliche Fördermittel nicht bestehen könnten.

4.17

Die operative Begleitung und die Verwaltung der im Rahmen der Fazilität gewährten Bürgschaften erfolgt durch den Europäischen Investitionsfonds, der nicht fachspezifisch auf den Kulturbereich ausgerichtet ist.

4.18

Der 2010 geschaffene und für seinen einschlägigen Sachverstand bekannte MEDIA-Produktion-Garantiefonds zeugt von der Notwendigkeit einer höheren Synergie zwischen dem neuen Finanzinstrument und den bereits bestehenden Instrumenten (5).

4.19

Die Zusammenlegung der Kontaktstellen der Programme Kultur und MEDIA innerhalb eines einzigen „Kreatives Europa“-Desks ist in der Theorie eine gute Idee, da das Ziel dieser Neuordnung darin besteht, eine Zentralisierung der Informationen über die vorhandenen Programme zu gewährleisten und Skaleneffekte dank einer gemeinsamen Nutzung der Ressourcen zu erzielen.

4.20

In der Praxis kann es in der Tat zu Synergien insbesondere bei der gemeinsamen Verwaltung und der Kommunikation kommen; beachtet werden muss jedoch, dass bestimmte Länder wie Frankreich oder Deutschland ein System regionaler Kontaktstellen entwickelt haben, in denen sich die kulturelle Vielfalt widerspiegelt und die die Aufgabe haben, enge Beziehungen zu den Akteuren vor Ort zu unterhalten. Außerdem zeichnen sich die Kulturbranche und der audiovisuelle Sektor durch recht verschiedene Kerntätigkeiten aus: sie nutzen unterschiedliche Produktions- und Vertriebsnetze und ihre Hauptakteure brauchen jeweils andere Fachkenntnisse.

4.21

Aus diesem Blickwinkel könnte eine solche Zentralisierung den unerwünschten Effekt einer Kompetenznivellierung haben. Die so erzielten Einsparungen sind wahrscheinlich unbedeutend und würden die vorgeschlagene strukturelle Änderung nicht rechtfertigen. Recht kritisch gesehen wird außerdem die Ausweitung der Zuständigkeiten der „Desks“ auf die Erhebung statistischer Daten und die Unterstützung der Kommission bei der Sicherstellung einer angemessenen Kommunikation und der Verbreitung der Ergebnisse und der Wirkung des Programms, ohne dass die für die Wahrnehmung dieser Aufgaben notwendigen Mittel vorgesehen werden.

4.22

Die vorgeschlagenen Änderungen bezüglich der Komitologie könnten gewisse Empfindlichkeiten berühren, da die Kommission Änderungen der Verfahren in den Ausschüssen für alle Programme vorschlägt. Die Vertreter der Mitgliedstaaten würden ihre Mitentscheidungs- und Mitverwaltungsbefugnis an die Europäische Kommission verlieren; ihre Rolle würde sich fortan auf die Bestätigung der in die engere Wahl kommenden Projekte beschränken.

Brüssel, den 28. März 2012

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Staffan NILSSON


(1)  Es handelt sich hierbei um die Programme, die in Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe b des Verordnungsvorschlags einzeln aufgeführt werden.

(2)  Der Wortlaut von Artikel 7 des Verordnungsvorschlags bezieht sich auf die Fazilität, durch die der Zugang „zu Finanzierungen für kleine und mittlere Unternehmen und Organisationen der europäischen Kultur- und Kreativbranche“ erleichtert wird.

(3)  Das derzeitige Verfahren erweist sich als kompliziert, da die gesamte Dokumentation per Post übermittelt werden muss und die Antworten manchmal erst drei oder vier Monate später kommen.

(4)  Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe d des Verordnungsvorschlags.

(5)  Dies wären z.B. das französische IFCIC (Institut für die Finanzierung der Film- und Kulturbranche) und die spanische Beteiligungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit „Audiovisual SGR“ (Ende 2005 auf Betreiben des spanischen Kultusministeriums gegründet unter Beteiligung des spanischen Instituts für Film und audiovisuelle Künste (ICAA) und einer Reihe von Organen, die die Rechte audiovisueller Produzenten in Spanien verwalten).


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