EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52012AE0839

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Entwicklungspolitik und Entwicklungszusammenarbeit der Europäischen Union“ ( Sondierungsstellungnahme )

ABl. C 181 vom 21.6.2012, p. 28–34 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

21.6.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 181/28


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Entwicklungspolitik und Entwicklungszusammenarbeit der Europäischen Union“ (Sondierungsstellungnahme)

2012/C 181/06

Berichterstatter: José María ZUFIAUR NARVAIZA

Mit Schreiben vom 20. Oktober 2011 ersuchte die Europäische Kommission den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 304 AEUV um die Erarbeitung einer Sondierungs–stellungnahme zum Thema:

Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Entwicklungspolitik und Entwicklungs–zusammenarbeit der Europäischen Union“.

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Außenbeziehungen nahm ihre Stellungnahme am 6. März 2012 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 479. Plenartagung am 28./29. März 2012 (Sitzung vom 28. März) mit 167 gegen 15 Stimmen bei 5 Enthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1   In einer Situation, in der wirtschaftliche, ökologische und soziale Krisen die Zukunft der Menschheit prägen, hält es der EWSA für vorrangig, dass sich die verschiedenen Interessenträger der Entwicklungszusammenarbeit darauf einigen, welche Art von Entwicklung sie fördern wollen (1).

1.2   Für eine wirksame Zusammenarbeit ist die Kohärenz aller Politikfelder der EU mit der Entwicklungspolitik ganz wesentlich. Auch sollten die Organisationen der Zivilgesellschaft (nachfolgend: OZG) zu verstärkter und verbesserter Koordinierung und Kohärenz mit diesen Politiken angehalten werden.

1.3   Die OZG sind eigenständige und maßgebliche Akteure der Entwicklungs- und damit zwangsläufig auch der Kooperationspolitik. Sie müssen in die Festlegung, Anwendung und Begleitung der Kooperationsmaßnahmen und -programme eingebunden werden und zu den Instanzen gehören, die bei der Lenkung der verfügbaren Finanzmittel eine strategische Rolle spielen.

1.4   Der EWSA plädiert für eine stärker strategisch ausgerichtete Zusammenarbeit zwischen den EU-Institutionen und den OZG im Zuge eines politischen Dialogs sowie von Rahmenabkommen und effizienteren Mechanismen zur Weiterleitung der Fördermittel.

1.5   Die Europäische Kommission und alle Regierungen müssen die „Istanbul-Prinzipien“ für die Entwicklungseffizienz der OZG unterstützen.

1.6   Die OZG sollten in den neuen Modalitäten der Zusammenarbeit – wie etwa der Süd-Süd- oder der dreiseitigen Zusammenarbeit – stärker anerkannt werden.

1.7   Die Entwicklungs- und Kooperationspolitik – insbesondere die europäische – muss der Eigenheit und Unterschiedlichkeit der OZG sowie deren Erfahrungen im Zusammenhang mit den Partnerländern Rechnung tragen.

1.8   In einer globalisierten Welt ist es notwendig, die Internationalität der OZG anzuerkennen und ihre Möglichkeiten als global agierende Akteure auszuschöpfen.

1.9   Es bedarf Änderungen am System zur Gewährung von Mitteln aus den europäischen Entwicklungsfonds über die OZG. Es müssen u.a. dringend Modalitäten wie „Rahmenabkommen“, Betriebskostenzuschüsse, Finanzhilfen nach dem Kaskadenprinzip, Vereinbarungen mit mehrjähriger Laufzeit, Nothilfen oder die Umsetzung des im strukturierten Dialog festgelegten Instrumentariums eingeführt werden. Netze, Bündnisse und Vereinigungen der OZG sollten nach Auffassung des EWSA die Hauptzielgruppe dieser Finanzierungsmodalitäten sein.

1.10   Es muss ein günstiges Umfeld für die OZG gewährleistet werden, damit sie ihre Arbeit in allen Ländern ausüben können. Dies setzt die Achtung grundlegender Standards wie der Vereinigungs-, Meinungs-, Versammlungs- und Handlungsfreiheit voraus. Dieses Ziel sollte in die staatliche Politik für die Zusammenarbeit aufgenommen werden.

1.11   Die Beteiligung der Zivilgesellschaft muss eine reale Komponente der Regierungsführung sein und deshalb von der EU als ein Handlungskriterium in ihren Beziehungen zu den Partnerländern berücksichtigt werden.

1.12   Der EWSA begrüßt zwar die Einbeziehung der lokalen Gebietskörperschaften in die EU-Entwicklungspolitik (2), ist aber der Ansicht, dass die Vermischung von OZG und lokalen Gebietskörperschaften im Rahmen der Entwicklungs- und Kooperationspolitik – unbeschadet ihrer notwendigen Komplementarität und Zusammenarbeit – zu begrifflichen Unklarheiten und funktionellen Nachteilen führen kann.

1.13   Die Einbindung des Privatsektors in die Entwicklungsmaßnahmen ist eine Voraussetzung für die Steigerung ihrer Wirkung. Es gilt jedoch zu vermeiden, dass dies als Alibi für die Reduzierung des öffentlichen Beitrags dient oder dass ihre Beteiligung oder die jeden anderen Sektors zur Festlegung neuer „Bedingungen“ für die Kooperationsvorhaben führt. Außerdem bedarf es eines auf bereits definierten internationalen Normen beruhenden Rahmens für ein wirksames Engagement eines jeden Sektors im Einklang mit den Zielen der Entwicklungszusammenarbeit.

1.14   Die Mechanismen für die Transparenz und Rechenschaftspflicht im Bereich der Zusammenarbeit sowie für die Korruptionsbekämpfung sollten ausgebaut werden, einschließlich jener, welche die OZG betreffen.

1.15   Die OZG sollten auch das im Lissabon-Vertrag genannte „Europäische Freiwilligenkorps für humanitäre Hilfe“ in die Entwicklungspolitik mit einbeziehen.

1.16   Über einen langen Zeitraum hinweg haben die internationalen Tätigkeiten des EWSA, wie im Falle des Mandats des EWSA gemäß dem Abkommen von Cotonou zur Anerkennung der institutionellen Dimension der OZG beigetragen. Dies zählt zu den wichtigsten Wesensmerkmalen des Abkommens von Cotonou, das im Juni 2000 zwischen der EU und den AKP-Staaten geschlossen wurde. Damit wurde erstmalig in einem von der EU unterzeichneten Abkommen die wesentliche Rolle „nichtstaatlicher Akteure“ als Partner in der Entwicklungszusammenarbeit ausdrücklich anerkannt (3). Insbesondere ist im Abkommen festgelegt, dass nichtstaatliche Akteure Finanzmittel für den Kapazitätenaufbau erhalten sollten, damit sie wirksame Partner im Rahmen des Abkommens werden. Dieses Mandat hat zur Einsetzung des Begleitausschusses AKP/EU, des ersten partitätischen Arbeitsorgans der OZG, geführt. Diesem durch den EEF finanzierten Ausschuss gehören Vertreter der AKP-Staaten und Mitglieder des EWSA an. Die Aufgabe des Begleitausschusses besteht, wie sein Name bereits andeutet, in der Begleitung der Umsetzung des Abkommens von Cotonou und der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen. Darüber hinaus hat er eine entscheidende Rolle bei der Festlegung der Klausel über nachhaltige Entwicklung gespielt. Diese Arbeitsstruktur, die seither ein wichtige Bezugsgröße für die Aufgaben des EWSA in anderen Weltregionen ist, war sehr produktiv und hat z.B. zur Stärkung der Organisationskapazitäten der OZG, zur Einrichtung von Plattformen und zur Festlegung von Kontaktstellen mit den OZG in den Delegationen der EU sowie zur Erleichterung des Zugangs zur EU-Finanzierung und zur Beteiligung an den Verhandlungen über Handelsabkommen beigetragen.

1.17   Der EWSA ist der Ansicht, dass solche Erfahrungen durch die Unterstützung der Kooperationsmaßnahmen verstärkt und ausgeweitet werden sollten. Vor allem aber fordert er unter Berücksichtigung der Standpunkte vieler großer OZG den Europäischen Auswärtigen Dienst dazu auf sicherzustellen, dass sich die EU-Delegationen effektiv um ihre Unterstützung bemühen, mit ihnen Kontakt aufnehmen, sich mit ihren Aktivitäten vertraut machen und diese fördern, gleich ob sie auf europäische Länder oder auf Partnerländer beziehen. Im Zuge der Stärkung der Delegationen des Auswärtigen Diensts der EU darf mehr als jemals zuvor gefordert werden, dass sie diese Anstrengungen als eine eigene und verbindliche Aufgabe betrachten – und nicht als eine fakultative oder freiwillige Aktion.

1.18   Im Zusammenhang mit der Dezentralisierung der europäischen Entwicklungszusammenarbeit ist der EWSA der Auffassung, dass er im Rahmen des Dialogs zwischen den Delegationen und den lokalen OZG mit dem Europäischen Auswärtigen Dienst höchst effizient kooperieren kann. Ein Grund dafür ist, dass der EWSA die EU-Seite in den unterschiedlichen Beratungsgremien vertritt, die derzeit u.a. im Einklang mit den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (Cariforum), Handelsabkommen (Südkorea) und Assoziierungsabkommen (Mittelamerika, Chile) eingerichtet werden. Ein weiterer Grund ist, dass er bereits seit langem stabile Beziehungen zu zivilgesellschaftlichen Organisationen und ihren Vertretungseinrichtungen auf allen Kontinenten unterhält, insbesondere in den AKP-, lateinamerikanischen und Mittel–meerländern (4).

1.19   Der EWSA unterstreicht erneut, wie wichtig es ist, dass die OZG in diesen Krisenzeiten, in denen entwicklungspolitische Verpflichtungen in Vergessenheit geraten können, die Sensibilisierung und Aufklärung der Unionsbürger bezüglich der Zusammenarbeit fördern. Zu diesem Zweck sollte eine spezifische, mit ausreichenden Mitteln ausgestattete Finanzierungslinie geschaffen werden, vorbehaltlich ausreichender Garantien in Bezug auf Transparenz und Rechenschaftspflicht.

2.   Grundsätze und allgemeine Ziele

2.1   Die EU hat im letzten Jahrzehnt dem Dialog mit den OZG zunehmend Aufmerksamkeit geschenkt. Der Europäische Konsens über die Entwicklungspolitik, das Instrument für die Entwicklungszusammenarbeit, der Bericht des Europäischen Rechnungshofs und schließlich der strukturierte Dialog haben den Teilnehmerkreis und die Reichweite des Dialogs so ausgedehnt, dass er jetzt die Europäische Kommission und das Europäische Parlament, den Ausschuss der Regionen und den EWSA, die Mitgliedstaaten und die zivilgesellschaftlichen Organisationen umfasst: u.a. Gewerkschaften, Genossenschaften, sozialwirtschaftliche Unternehmen, Verbände von Landwirten und Verbrauchern, Unternehmerverbände, die NRO-Plattformen und die Mitgliederorganisationen der Partnerländer.

2.2   Trotz dieser positiven Entwicklungen und der internationalen Übereinkommen (5) besteht der allgemeine Eindruck, dass es sich dabei immer noch um Lippenbekenntnisse handelt und dass die praktischen Fortschritte deutlich in der Minderzahl sind. In vielen Ländern – sowohl Geber- als auch Entwicklungsländern – treffen die OZG weiterhin auf große Schwierigkeiten, und auch ihre Arbeitsbedingungen haben sich verschlechtert. Dies ist etwa der Fall bei den Gewerkschaftsorganisationen, die beim Zugang zur offiziellen Entwicklungshilfe in den Geberländern Probleme haben, während diese Möglichkeit in den Partnerländern, sowohl was die Mittel als auch den politischen Dialog betrifft, eingeschränkt ist oder überhaupt nicht besteht. Gemeinhin ist die Unterstützung für die OZG und ihre Rolle als Entwicklungsakteure bedroht (wie z.B. die Maßnahmen zeigen, die die Regierung von Simbabwe vor kurzem ergriffen hat).

2.3   Der EWSA ist der Auffassung, dass eine größere und bessere Anerkennung der OZG die Akzeptanz eines Bündels von Kriterien, Prinzipien und Werten im Bereich der Entwicklungs- und Kooperationspolitik impliziert.

2.4   Als erstes ist es von grundlegender Bedeutung, dass die OZG untereinander und mit den EU-Institutionen erörtern, was „Entwicklung“ bedeutet. Dies ist äußert wichtig und dringend in einer Zeit, in der drei Krisen aufeinander treffen: Umweltkrise (Klimawandel, Verlust an biologischer Vielfalt usw.), Sozialkrise (Zunahme von Ungleichheiten usw.) und Wirtschaftskrise (Arbeitslosigkeit, Prekarisierung der Arbeit, Dominanz der Finanzen über der Realwirtschaft usw.). Diese drei Krisen haben eine vierte hervorgerufen: die Lebensmittelkrise. Die Daten über das Ausmaß dieser (sich gegenseitig verstärkenden) Krisen lassen erkennen, dass die Zukunft aller Menschen in Gefahr ist. Und die einzige Möglichkeit, die Schäden weitgehend zu begrenzen, ist ein qualitativer Sprung in den Bereichen Gleichheit, Zusammenarbeit und Vorsorge. Deshalb kann „Entwicklung“ nicht mit „Wirtschaftswachstum“ gleichgesetzt werden, und „Wohlstand“ und „Fortschritt“ können nicht mit BIP-Indikatoren gemessen werden.

2.5   Der EWSA ist weiterhin der Auffassung, dass die Entwicklungszusammenarbeit – unbeschadet der Notwendigkeit einer Reform ihrer Umsetzungskriterien, eines der wichtigsten Instrumente zur Förderung der Entwicklung – vor allem in den ärmsten Ländern – ist.

2.5.1   Vor diesem Hintergrund bekräftigt der EWSA die Notwendigkeit, die internationalen Verpflichtungen zur Entwicklungsfinanzierung einzuhalten, die für die Geberländer und insbesondere die EU unveräußerlich bleiben müssen. Die Entwicklungszusammenarbeit ist ein öffentlicher Politikbereich in den Geberländern, der auf bewährten Methoden beruht und mit den für seine Verwirklichung erforderlichen Mitteln ausgestattet werden sollte.

2.5.2   Der EWSA betont erneut, dass, wie im Lissabon-Vertrag vorgesehen, auf die Kohärenz zwischen der Entwicklungs- und Kooperationspolitik und den übrigen Politikbereichen (Handel, Investitionen, Finanzen usw.) geachtet werden sollte. Die OZG sollten auch zu einer verstärkten und verbesserten Koordinierung und Kohärenz mit diesen Politiken angehalten werden.

2.6   In den letzten zehn Jahren haben wichtige Veränderungen auf dem Gebiet der Zusammenarbeit stattgefunden, namentlich die Süd-Süd-Zusammenarbeit und die dreiseitige Zusammenarbeit. Die Rolle der OZG und ihrer Netze sollte im Rahmen dieser neuen Kooperationsmodalitäten stärker anerkannt werden.

2.7   Außerdem haben bestimmte Finanzierungskanäle wie die Haushaltsunterstützung, die auf eine stärkere Eigenverantwortung abzielen, zur Marginalisierung der Zivilgesellschaft in den Partnerländern geführt. Der EWSA unterstreicht, dass die einheimischen OZG hinsichtlich der demokratischen Eigenverantwortung und der thematische Programme – einschließlich der finanziellen Komponente - eine angemessene Rolle erhalten sollten.

2.8   Wegen der Einbeziehung des EWSA in verschiedene strategische Partnerschaften der EU (z.B. mit Brasilien und China), der stärkeren Anerkennung seiner Rolle in den internationalen Abkommen (z.B. Cotonou) und seiner Beteiligung an weltweiten Programmen (z.B. Rio+20) sollte der EWSA auch in die thematischen Entwicklungs- und Kooperationsprogramme der EU involviert werden.

2.9   Die international erreichten und in der Erklärung von Paris formulierten Vereinbarungen, der Aktionsplan von Accra und das Hochrangige Forum von Busan sind wichtige Schritte hin zu einer effizienteren Entwicklungshilfe. Dennoch sind die OZG der Ansicht, dass einige Kriterien und Konzepte in diesen Dokumenten weiter gefasst werden sollten: So sollte geklärt werden, was unter Eigenverantwortung, Harmonisierung, Angleichung, Leistungsmanagement, gegenseitiger Verantwortung und Effizienz der Hilfe zu verstehen ist. OZG und europäische Institutionen sollten im Dialog miteinander eine Definition festlegen, die diesen Kriterien besser entspricht.

2.10   Es geht darum, die Effizienz der Hilfe von einem auf den verschiedenen Aspekten des Konzepts der Menschenrechte beruhenden Ansatz aus zu bewerten und sie an ihrem Beitrag zur Verringerung von Armut und Ungleichheit, einschließlich der Beseitigung der Abhängigkeit von der Hilfe, zu messen.

2.11   Die Ansätze verschiedener Organisationen und die internationale Erklärung bestätigen, dass die OZG eingeständige Entwicklungsakteure sind  (6). Der EWSA fordert die Europäische Kommission und alle Regierungen auf, die „Istanbul-Prinzipien“ für die Entwicklungseffizienz der OZG zu unterstützen.

2.12   Die Entwicklungs- und Kooperationspolitik muss der Eigenheit und Unterschiedlichkeit der OZG Rechnung tragen. Einige Beispiele für die verschiedenartigen Beiträge, die die OZG, gestützt auf angemessene Kooperationsmaßnahmen, zur Entwicklung leisten können, sind der Mehrwert, den eine Umweltschutz- oder Menschenrechts-NRO zur Entwicklung beisteuern kann; eine Gewerkschaftsorganisation, die die Achtung der Arbeitsrechte, die primäre Verteilung des Reichtums durch Tarifverhandlungen und den Sozialschutz der Arbeitnehmer gewährleistet; eine Agrargenossenschaft, die unmittelbaren Einfluss auf die Lebensmittelversorgung und –souveränität ausübt; ein Migrantenverband und sein Beitrag zur gemeinsamen Entwicklung; oder eine Arbeitgeber- oder Selbstständigenorganisation und ihr entscheidender Beitrag zur Schaffung von Produktionsstrukturen und Arbeitsplätzen. Der EWSA hält es für wesentlich, dass die Entwicklungs- und Kooperationsmaßnahmen der öffentlichen Institutionen miteinander verknüpft werden, indem die Möglichkeiten, die diese Vielfalt eröffnet, genutzt werden.

2.13   Der EWSA fordert für die OZG in allen Ländern einen Rahmen, der hinsichtlich der Normen, Institutionen, Kapazitäten und Handlungsmöglichkeiten ihre Existenz, Entwicklung und Intervention begünstigt. Die Beteiligung der Zivilgesellschaft sollte zu einem Kernelement der demokratischen Regierungsführung werden (7).

2.14   Die Zusammenarbeit mit dem Privatsektor ist eine Voraussetzung für eine größere Wirkung der Politik der Entwicklungszusammenarbeit. Es ist auf die große Vielfalt des Privatsektors (darunter sozialwirtschaftliche Organisationen und gemeinnützige Vereinigungen) und die aus sozial verantwortlichen Initiativen (soziale Verantwortung der Unternehmen, CSR) erwachsenden erheblichen Zugewinne hinzuweisen. Die Herausforderung besteht darin, deren Beitrag zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung und zur menschlichen Sicherheit in einer globalisierten Welt zu optimieren. Dennoch sorgt das Konzept der öffentlich-privaten Partnerschaft oder der rein privaten Unterstützung durch Großunternehmen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit zunehmend für eine Diskussion über die Frage, inwieweit diese Partnerschaften die Entwicklungsziele beeinträchtigen könnten. Die öffentlich-private Partnerschaft könnte als Instrument zur Bündelung der Entwicklungsprogramme und der wirksamen Instrumente zum Austausch von Kenntnissen und Ressourcen zwischen den einzelnen Partnern dienen. Vor diesem Hintergrund wäre es notwendig, einen Rahmen für den wirksamen und verantwortlichen Beitrag des Privatsektors festzulegen, in Einklang mit bereits vereinbarten internationalen Normen, z.B. den Arbeitsnormen der ILO, den Leitlinien der OECD für multinationale Unternehmen und den Leitlinien der Vereinten Nationen für Unternehmen und Menschenrechte. Auch sollte auf internationale Transparenzinitiativen wie die Prinzipien der „EITT“ (Initiative für Transparenz in der Rohstoffindustrie) oder den internationale Geschäfte und Investitionen betreffenden „Kimberley-Prozess“ Bezug genommen werden.

2.14.1   Die Beteiligung des Privatsektors darf auch nicht zu einem geringerem finanziellen Engagement der Staaten im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit führen und nicht die Hilfe z.B. von der Privatisierung der für die Gemeinschaft strategisch wichtigen Sektoren oder wesentlichen Dienstleistungen abhängig machen.

2.14.2   Darüber hinaus ist es in Einklang mit Ziffer 1.13 von grundlegender Bedeutung, die Beteiligung der OZG an öffentlich-privaten Partnerschaften wie auch die Rolle der Sozialpartner und des sozialen Dialogs zu fördern.

2.15   Die Mechanismen für Transparenz und Rechenschaftspflicht für alle im Bereich der Zusammenarbeit Beteiligten sollten in Zukunft noch stärker unterstützt werden. Ebenso sollte das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption angewandt werden, denn Korruption lässt die Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger für die Kooperationspolitik schwinden. Die OZG sind in dieser Hinsicht gut aufgestellt, da sie einerseits über ihre eigenen Tätigkeiten Rechenschaft ablegen müssen und andererseits eine soziale Kontrolle über die Zusammenarbeit im Allgemeinen ausüben. Die gesteckten Entwicklungsziele können nur erreicht werden, wenn eine Verbindung und eine konkrete Interaktion mit den Bürgern aufrechterhalten werden.

2.16   In einer globalisierten Welt ist es notwendig, den internationalen Charakter der OZG anzuerkennen und ihre Möglichkeiten als verantwortungsvolle, global agierende Akteure auszuschöpfen. Im Übrigen verliert die Unterscheidung zwischen OZG des Nordens und des Südens in einer multipolaren Welt an Bedeutung. Die Unterstützung der Netze der OZG, ihrer Koordinierungsplattformen, ihrer föderativen Mechanismen, ihrer Mitgliedsstrukturen usw. sollte deshalb Teil der Entwicklungsmaßnahmen sein, welche von den Gebern und ganz besonders im Rahmen der Zusammenarbeit seitens der EU finanziert werden.

3.   Stärkung der Rolle der Organisationen der Zivilgesellschaft

3.1   Die im Schlussdokument der Konferenz von Budapest (8) zusammengefassten Ergebnisse des strukturierten Dialogs bestehen in sehr zweckdienlichen Anmerkungen und Vorschlägen, die sich an alle Interessenträger richten. Der EWSA hält es für notwendig, diesen Dialog zu festigen und einen Koordinierungsmechanismus einzurichten bzw. eine Kontaktgruppe einzusetzen, die regelmäßig zusammenkommen und für die Komponenten des EEF repräsentativ sein sollte, um die Einhaltung und Anwendung der Empfehlungen zu gewährleisten (9). Dieses Forum sollte ein ständiges politisches Gremium (Diskussion über die Kooperationspolitik mit von der Europäischen Kommission zur Verfügung gestellten Mitteln und Instrumenten) und repräsentativ sein (OZG, Kommission, EP, Mitgliedstaaten usw.). Der EWSA ist der Ansicht, dass er in diesem Dialogforum aufgrund seines institutionellen Auftrags und seiner Erfahrung eine besondere Rolle spielen sollte.

3.2   Es sollte sichergestellt werden, dass die OZG an der Konzipierung, Umsetzung und Überwachung der Entwicklungspolitik beteiligt werden und ihren Beitrag leisten können. Um die Stärkung der weltweit tätigen OZG zu erleichtern und die Zusammenarbeit der europäischen Organisationen auszubauen, sollte die EU prüfen, inwiefern die Einführung eines Rechtsstatus für die europäischen OZG auf der Grundlage genauer Kriterien, die von allen Teilnehmern des strukturierten Dialogs geteilt werden, zweckmäßig ist.

3.3   Seit dem Inkrafttreten des Abkommens von Cotonou spielt der EWSA eine zentrale Rolle bei der Stärkung der Beteiligung nichtstaatlicher Akteure, im Wesentlichen infolge des ihm darin erteilten Auftrags (10). Konkret hat dies u.a. zur Einsetzung des ständigen Begleitausschusses AKP/EU, regelmäßigen Regionalseminaren und den AKP-Konferenzen und weiteren Veranstaltungen dieser Art geführt, die über die Jahre zur Umsetzung der für das Abkommen von Cotonou kennzeichnenden Grundsätze der Eigenverantwortung, Transparenz, verantwortungsvollen Regierungsführung und Partnerschaft unmittelbar beigetragen haben (11).

3.4   Darüber hinaus sollte bei der Schaffung eines ständigen politischen Dialogs auf Ebene des Empfängerlands der Eigenheiten der einzelnen Akteure und zivilgesellschaftlichen Organisationen Rechnung getragen werden.

3.5   Der strukturierte Dialog sollte eine stärker strategisch ausgerichtete Zusammenarbeit zwischen den EU-Institutionen und den OZG zur Folge haben. In dieser Hinsicht hält es der EWSA für notwendig, Rahmenbedingungen für die Beziehungen und die Teilhabe über die Finanzierung von Projekten hinaus festzulegen. So sollte z.B. ein im strukturierten Dialog definiertes Instrumentarium (tool box) eingeführt werden, und zwar nicht nur auf lokaler Ebene (EU-Delegationen), sondern auch auf zentraler Ebene. Ergebnis wäre eine flexiblere und wirksamere Partnerschaft zwischen der EU und den OZG auf globaler Ebene.

3.6   Die OZG spielen ihrerseits eine entscheidende Rolle, indem sie mit ihrem Anregungen und Forderungen Fortschritte bei der Kohärenz der Entwicklungsmaßnahmen bewirken und zur Förderung eines neues weltweiten Pakts für die Zeit nach 2015 beitragen, um damit die Reduzierung der Ungleichheiten, den Sozialschutz für alle, die gerechte Verteilung des Reichtums und die Erhaltung der natürlichen Ressourcen auf die Entwicklungsagenda zu setzen.

3.7   Die OZG sind sehr vielfältiger und heterogener Natur, weshalb sie möglicherweise genauer definiert werden sollten. Darüber hinaus müssen diese Vielfalt, die Erfahrungen und Beziehungen mit den Partnerländern im Rahmen der europäischen Zusammenarbeit anerkannt und genutzt werden, indem auf die Möglichkeiten und Besonderheiten der einzelnen Akteure zurückgegriffen wird.

4.   Beteiligung der Zivilgesellschaft an den verschiedenen Instrumenten und Programmen für die EU-Außenhilfe

4.1   Der EWSA hat sich bereits zum Engagement der OZG im Zusammenhang mit dem Instrument für die Entwicklungszusammenarbeit (DCI) geäußert (12). Im Übrigen ist der EWSA der Auffassung, dass die Zivilgesellschaft bezüglich aller Kooperationsinstrumente im Sinne der Feststellungen im Rahmen des strukturierten Dialogs und der Bestimmungen der kürzlich gebilligten Agenda für den Wandel tätig werden sollte.

4.2   Im Einklang mit den Vorschlägen im Rahmen des strukturierten Dialogs vertritt der EWSA die Auffassung, dass Änderungen am System zur Gewährung von Mitteln aus den europäischen Entwicklungsfonds über die OZG vorgenommen werden müssen. Für die in der Finanziellen Vorausschau 2014-2020 vorgesehenen Instrumente sollten neue Modalitäten erwogen werden, die über die traditionellen Mechanismen für projektabhängige Beihilfen hinausgehen. Es müssen u.a. dringend Modalitäten wie „Rahmenabkommen“, Betriebskostenzuschüsse, Subventionen nach dem Kaskadenprinzip oder Vereinbarungen mit mehrjähriger Laufzeit eingeführt werden, bei denen es sich um Instrumente handelt, die mittel- und langfristig eine größere Wirkung im Bereich der Entwicklung gewährleisten würden.

4.3   Darüber hinaus sollten Sonderfonds für Notfälle eingerichtet werden, z.B. für die demokratischen Prozesse im Mittelmeerraum, bei denen nicht gewartet werden kann, bis die Aufforderungen zur Abgabe von Vorschlägen für Beihilfen genehmigt sind, und die nur von den Netzen der verschiedenen OZG – z.B. Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen und Verbände von Genossenschaften, KMU und Frauenorganisationen – erfolgreich umgesetzt werden können.

4.3.1   In diesem Sinne sollten die Netze, Bündnisse und Vereinigungen der OZG die Hauptzielgruppe dieser Finanzierungsmodalitäten sein. Diesbezüglich wären Mechanismen wie Betriebskostenzuschüsse und Subventionen nach dem Kaskadenprinzip gut geeignet, um den Mehrwert der Netze der im Bereich der Entwicklung tätigen OZG zu steigern.

4.3.2   Im Rahmen der Agenda für den Wandel müssen auf Ebene der europäischen Zusammenarbeit die einschlägigen Mechanismen für die Planung und Verwaltung des Projektzyklus ange–gangen und überdacht werden, und zwar mit besonderem Augenmerk auf Aspekten wie einer angemesseneren Bereitstellung der Mittel und einer situationsabhängigen Flexibilität. Ebenso sollte der Unterstützung in den Phasen der Analyse und der Untersuchung der Machbarkeit von Entwicklungsmaßnahmen mehr Bedeutung beigemessen werden, um ihren Erfolg besser zu gewährleisten.

4.3.3   Die Finanzierungsmodelle sollten drei Arten von Anreizen umfassen: 1) solche, die die Rechenschaft über die Entwicklungsergebnisse fördern; 2) solche, die die Verzahnung und Verschmelzung von Organisationen sowie die Einrichtung globaler OZG fördern; 3) solche, die neue Typen von Netzen und Bündnisse verschiedener Akteure fördern.

4.3.4   Der Lissabon-Vertrag sieht ein europäisches Freiwilligenkorps im Bereich der humanitären Hilfe (EVHAC) vor, das sich in einer Pilotphase unter Leitung der GD ECHO befindet, und die Ergebnisse dieser Pilotphase sollten vor Einsetzung des EVHAC sorgfältig bewertet werden. Der EWSA ist davon überzeugt, dass die OZG konkret in der Lage sind, die Anstrengungen der europäischen Freiwilligentätigkeit in allen Bereichen und ganz besonders im Bereich der Entwicklung zu kanalisieren. Er ist der Ansicht, dass die Freiwilligentätigkeit auf der Grundlage wohldurchdachter Kriterien im Falle von Vorhaben, die der Kofinanzierung unterliegen, als Sachleistung angesehen werden könnte (13).

5.   Stärkung der Zivilgesellschaft und der OZG in den Partnerländern des Südens und Osteuropas

5.1   Die OZG sind vielfach und verschiedenen Ländern mit großen politischen, institutionellen oder wirtschaftlichen Risiken, die ihre Arbeit erschweren, oder auch mit Anfeindungen, Einschüchterungen und Kriminalisierungen konfrontiert. Häufig ist dies Ergebnis restriktiver Praktiken aufseiten der Regierungen. Der EWSA wiederholt die Notwendigkeit, den Aspekt der Überwachung der Rechtsrahmen, Grundfreiheiten und Maßnahmen zur Unterstützung der OZG in der Politik der Entwicklungszusammenarbeit sowie der Rechtsvorschriften über Entwicklungs- und Kooperationsmaßnahmen zu berücksichtigen.

5.2   Der EWSA ist sich bewusst, dass die Rechtsrahmen für OZG in der EU wie auch in den Partnerländern große Unterschiede aufweisen. Dieser Umstand darf Fortschritte bei der Einhaltung internationaler Standards wie der Vereinigungs-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit nicht verhindern – damit die Möglichkeit besteht, völlig frei zu operieren, kommunizieren und kooperieren, Wege der Finanzierung zu suchen und staatlichen Schutz zu erhalten, und das unter allen Umständen und auf allen Ebenen. Die Präsenz und Beteiligung der Zivilgesellschaft und der OZG höhlen die Legitimität der repräsentativen Demokratie keineswegs aus – vielmehr stärken sie diese, wenn entsprechende Handlungsmöglichkeiten bestehen (14). Die Beteiligung der Zivilgesellschaft muss eine reale Komponente der Regierungsführung sein und deshalb von der EU als ein Kriterium in ihren Beziehungen zu den Partnerländern berücksichtigt werden.

5.3   Die institutionelle Dimension und der Ausbau der Organisationskapazitäten der Partnerorganisationen in den Drittstaaten müssen im Rahmen der europäischen Zusammenarbeit stärker anerkannt werden. Neben der Möglichkeit zur Projektverwaltung trägt die Stärkung der OZG als solchen zur umfassenden Entwicklung der betreffenden Gesellschaften bei. Deshalb sollte der Auf- und Ausbau der Kapazitäten dieser OZG in den Partnerländern sowohl im Allgemeinen als auch hinsichtlich der Verfahren für den Zugang zur EU-Finanzierung, auch für kleinere lokale Projekte, oder zur Beteiligung an den Verhandlungen über Handelsabkommen usw. gefördert werden.

5.4   Gleichzeitig empfiehlt der EWSA, dass im Bereich der Politik der EU für Entwicklungszusammenarbeit jene Organisationen ausgegrenzt werden, die sich zwar als zur Zivilgesellschaft zugehörig bezeichnen, aber undemokratisch oder unmittelbar vom Staat abhängig sind.

5.5   Die Zusammenlegung der OZG und ihre rechtliche Anerkennung als Beteiligungsgremien in den Partnerländern sowie ihre Zusammenarbeit untereinander und mit Institutionen sollte gefördert werden. Wie beispielsweise im Cotonou-Abkommen oder für Lateinamerika vorgeschlagen wurde, sollten weiterhin Plattformen und Netze geschaffen werden, die die verschiedenen Ebenen vertreten, um Synergieeffekte zwischen ihnen zu erzeugen und die Beziehungen zwischen den öffentlichen Stellen in geeignetere Bahnen zu lenken.

5.6   In mehreren Fällen haben sich die Kontaktstellen bzw. die für die Beziehungen zur Zivil–gesellschaft zuständigen Vertreter der EU-Delegationen in den Partnerländern als nützlich erwiesen. Ihre Rolle und ihre Fähigkeit, die Situation in den jeweiligen Ländern zu analysieren, sollten ebenso wie ihre Kontakte mit den OZG verstärkt werden. Auch bedarf es einer engeren Koordinierung zwischen diesen Kontaktstellen und dem EWSA, um einschlägige Lehren und bewährte Methoden zu ermitteln.

5.7   Die Einführung des Konzepts der demokratischen Eigenverantwortung sollte ihrerseits mit erweiterten Möglichkeiten des Zugangs der OZG in den Partnerländern zur EU-Kooperationsfinanzierung einhergehen, besonders im Falle der Vereinigungen, Netze und repräsentativsten Organisationen.

5.8   Gleichzeitig bedarf es Fortschritten hin zu neuen Formen der Zusammenarbeit zwischen OZG durch die Eröffnung von Möglichkeiten für die dreiseitige Zusammenarbeit und die Süd-Süd-Zusammenarbeit oder durch den Austausch von Fachkenntnissen, technische Unterstützung seitens europäischer OZG und Verwaltungstechnik usw. Diese neuen Kooperationsformen können für die OZG in Ländern mit mittlerem Einkommen sehr wichtig sein, die mit einer Verringerung der traditionellen Zusammenarbeit der EU konfrontiert sein werden. Dabei spielen die OZG eine Schlüsselrolle bei der Festigung der Demokratie und der Förderung der Anerkennung der Bürgerrechte, der Verminderung von Ungleichheiten, der Teilhabe der Bürger, der Gleichstellung von Mann und Frau, der Steuerumverteilung, der Transparenz und der Sicherung von Umweltrechten.

6.   Sensibilisierung der Öffentlichkeit und Bildung für Entwicklung

6.1   Die EU hat auch in Zeiten der Wirtschaftskrise an ihrer Geberrolle im Bereich der Entwicklung festgehalten. Die Fortschreibung dieses Engagements ist für sämtliche Staaten und Institutionen der EU eine Herausforderung. Dieses Engagement wird in hohem Maße von der Unterstützung durch die Bevölkerung und deren Information und Sensibilisierung in Bezug auf Entwicklungsfragen und weltweite, alle Länder betreffende Probleme abhängen.

6.2   Die OZG sind geeignete Träger im Bereich der Bildung für Entwicklung und der Sensibilisierung der Bevölkerung. Der EWSA bekräftigt, dass diesem Thema, insbesondere in Krisenzeiten, Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Die Bildung für Entwicklung erfordert innovative Herangehensweisen, die ihre Fähigkeit widerspiegeln, Einstellungsänderungen hervorzurufen und Botschaften an größere Zielgruppen als Kinder und Jugendliche zu ver–mitteln. Darüber hinaus erfordert die Innovation in diesem Bereich die Schaffung von Bündnissen mit verschiedenen Interessenträgern. Dies ist insbesondere in den Ländern relevant, die vor kurzem der EU beigetreten sind und die über eine geringere Tradition der Entwicklungszusammenarbeit und weniger entwickelte OZG verfügen.

6.3   Die europäischen OZG und der EWSA sind aufgrund ihrer Verbindungen zur europäischen Zivilgesellschaft in der Lage, diese Aufgabe der Sensibilisierung der Öffentlichkeit zu erfüllen. Sie können zudem die Glaubwürdigkeit beisteuern, die aus ihrer Arbeit in unterschiedlichen sozialen Bereichen – einschließlich der besonders risikoanfälligen Bereiche – in der EU resultiert. In diesem Zusammenhang ist es wesentlich, die Sichtbarkeit der von den OZG durchgeführten Projekte in den Partnerländern oder im Rahmen der EU-Nachbarschaftspolitik in die Sensibilisierungsziele aufzunehmen.

6.4   In dieser Hinsicht ist die Beibehaltung der spezifischen Finanzierungslinien für Maßnahmen der Sensibilisierung und der Bildung für Entwicklung sowie für europäische Aufklärungskampagnen über Themen der Entwicklung und Zusammenarbeit von grundlegender Bedeutung.

Brüssel, den 28. März 2012

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Staffan NILSSON


(1)  ABl. C 376 vom 22.12.2011, S. 102/109; siehe Ziffer 1.5, Berichterstatter: Hans-Joachim Wilms.

(2)  „Für eine EU-Entwicklungspolitik mit größerer Wirkung: Agenda für den Wandel“ABl. C 113 vom 18.4.2012, S. 52-55.

(3)  So ist in Kapitel 2 Artikel 4 des Abkommens von Cotonou vorgesehen, dass nichtstaatliche Akteure bezüglich der Kooperationsmaßnahmen und -strategien von der EU und den AKP-Behörden unterrichtet und angehört sowie in die Umsetzung dieser Strategien einbezogen werden sollten.

(4)  http://www.eesc.europa.eu/?i=portal.en.external-relations-other-continents.

(5)  Pariser Erklärung zur Wirksamkeit der Entwicklungshilfe (März 2005); Hochrangiges Forum von Accra (2008); Istanbul-Prinzipien für die Entwicklungspolitik (http://www.cso-ffectiveness.org/IMG/pdf/final_istanbul_cso_development_effectiveness_principles_footnote_december_2010-2.pdf); Internationaler Rahmen für die Entwicklungseffizienz der OZG (http://www.cso-effectiveness.org/IMG/pdf/final_framework_for_cso_dev_eff_07_2011-3.pdf); Erklärung des Hochrangigen Forums von Busan (2011).

(6)  Artikel 20 des Aktionsprogramms von Accra; Schlussfolgerungen von Busan vom 1. Dezember 2011; Istanbul-Prinzipien.

(7)  Schlusserklärung des 10. regionalen Seminars der wirtschaftlichen und sozialen Organisationen AKP/EU vom 28. bis 30. Juni 2009: http://www.eesc.europa.eu/?i=portal.en.acp-eu-tenth-regional-seminar-reports&itemCode=5706.

(8)  https://webgate.ec.europa.eu/fpfis/mwikis/aidco/images/f/fb/Joint_Final_Statement_May_2011.pdf.

(9)  So wie dies in verschiedenen, für andere Themen zuständigen Direktionen der Europäischen Kommission der Fall ist.

(10)  Das Protokoll Nr. 1 zum Cotonou-Abkommen sieht vor, dass der EWSA Konsultationstreffen und Sitzungen der wirtschaftlichen und sozialen Akteure der EU und der AKP-Staaten veranstaltet. Dieser Auftrag wurde durch das Ersuchen des ehemaligen EU-Handelskommissars Pascal Lamy um die Beobachtung der Verhandlungen über die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) ergänzt. In diesem Zusammenhang plädierte der EWSA für die Aufnahme von Sozial- und Umweltkapiteln in das WPA CARIFORUM-EG sowie die Einsetzung eines beratenden Ausschusses der Zivilgesellschaft zur Überwachung der Umsetzung dieses WPA; all dies wurde im endgültigen Handelsabkommen mit der Region festgeschrieben. Es zeigt sich also, dass durch die institutionellen Bestimmungen des Abkommens von Cotonou wie auch des WPA mit den Karibikstaaten nicht nur dem EWSA Aufträge erteilt wurden, sondern auch die Rolle der zivilgesellschaftlichen Organisationen in der Entwicklungszusammenarbeit gestärkt wurde.

(11)  Eine umfassende Einschätzung der Rolle nichtstaatlicher Akteure bei der Umsetzung des Abkommens von Cotonou enthält die Schlusserklärung des 11. Regionalseminars der wirtschaftlichen und sozialen Interessengruppen 2010 in Äthiopien: http://www.eesc.europa.eu/resources/docs/f_ces6152-2010_decl_en.doc.

(12)  Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Finanzierungsinstrument für die Entwicklungszusammenarbeit der EU: die Rolle der organisierten Zivilgesellschaft und der Sozialpartner“ABl. C 44 vom 11.2.2011, S. 123/128,

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Für eine EU-Entwicklungspolitik mit größerer Wirkung: Agenda für den Wandel“ COM(2011) 637 final (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(13)  Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zur „Mitteilung zu EU-Politik und Freiwilligentätigkeit: Anerkennung und Förderung grenzüberschreitender Freiwilligenaktivitäten in der EU“ (Siehe Seite 150 dieses Amtsblatts).

(14)  Die Feststellungen des Aktionsprogramms von Accra und des Forums von Busan bedeuten eine Verpflichtung für alle Länder.


Top