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Document 52006AE0729

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Bemerkungen zu der Fünfjahresbewertung der Forschungsaktivitäten der Gemeinschaft (1999-2003) durch ein hochrangiges unabhängiges Sachverständigengremium KOM(2005) 387 endg.

ABl. C 195 vom 18.8.2006, p. 1–6 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

18.8.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 195/1


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Bemerkungen zu der Fünfjahresbewertung der Forschungsaktivitäten der Gemeinschaft (1999-2003) durch ein hochrangiges unabhängiges Sachverständigengremium“

KOM(2005) 387 endg.

(2006/C 195/01)

Die Kommission beschloss am 24. August 2005, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu obenerwähnter Vorlage zu ersuchen.

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 25. April 2006 an. Berichterstatter war Herr BRAGHIN.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss verabschiedete auf seiner 427. Plenartagung am 17. Mai 2006 mit 108 Stimmen bei 1 Gegenstimme und 1 Stimmenthaltung folgende Stellungnahme:

1.   Zusammenfassung der Stellungnahme

1.1

Der EWSA begrüßt und unterstützt die bei der dritten Fünfjahresbewertung unternommenen Anstrengungen und die umfassende Hinzuziehung solch hochrangiger Experten. Nach Ansicht des EWSA sollten die in den verschiedenen Expertengruppen und insbesondere im für die allgemeine Bewertung zuständigen Gremium (1) ausgearbeiteten Empfehlungen bei der Umsetzung der Rahmenprogramme, bei der zukünftigen Gestaltung der Forschungs- und Innovationspolitik sowie im Allgemeinen bei den politischen Maßnahmen, die zur Umsetzung der Lissabonstrategie beitragen, einen festen Bezugspunkt bilden.

1.2

Der EWSA hat sich wiederholt für eine erhebliche Aufstockung des europäischen Forschungsbudgets ausgesprochen, bedauert folglich die angekündigte Kürzung dieses Betrags, da dies im Widerspruch zum vorrangigen Ziel der Entwicklung steht, das von den Herausforderungen des weltweiten Wettbewerbs und von der Lissabon-Strategie vorgegeben wird.

1.3

Der EWSA betont die Bedeutung einer umfassenderen Beteiligung und eines stärkeren Engagements der Industrie in Forschung und innovativer Entwicklung als Voraussetzung für die Erreichung des Ziels des Rates von Barcelona und ist der Auffassung, dass gezielter auf die Kommunikation und die Einbeziehung von Unternehmen, Herstellerorganisationen und -verbänden hingewirkt werden muss, auch um Themenbereiche zu ermitteln, in denen die europäische Forschung ihre Spitzenqualität unter Beweis stellen kann.

1.4

Nach Auffassung des EWSA müssen geeignete Instrumente zur Ankurbelung privater Investitionen in die Forschung und technologische Entwicklung (FTE) entwickelt werden, vom Risikokapital bis hin zur EIB-Finanzierung und zinsgünstigen Krediten für den Forschungsbereich, um die Umsetzung von Forschungsergebnissen in konkrete unternehmerische Initiativen zu erleichtern.

1.5

Der EWSA stimmt mit dem Sachverständigengremium darin überein, dass den Forschern (unter Einhaltung der ethischen Grundprinzipien) mehr Autonomie und Verantwortung eingeräumt und die wissenschaftlichen Berufe verstärkt in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt werden müssen. Er teilt ferner die Auffassung, dass neben der räumlichen auch eine größere interdisziplinäre Mobilität gewährleistet werden sollte und dass die Marie-Curie-Stipendien mit den nationalen und regionalen Programmen verknüpft und dazu genutzt werden sollten, die Mobilität zwischen der öffentlichen und der privaten Forschung zu fördern.

1.6

Der EWSA fordert, dass vorrangig politische Maßnahmen konzipiert werden, die darauf abzielen, die Hochschulbildung in den Bereichen Wissenschaft und Ingenieurwesen auszubauen, den Anteil an Forscherinnen zu erhöhen, die Karriere im wissenschaftlichen Bereich attraktiver zu gestalten und Forscher, die im Ausland tätig sind, in die Europäische Union zurückzuholen. Wünschenswert wäre außerdem ein größeres naturwissenschaftlich-technisches Unterrichtsangebot in den höheren Schulen sowie eine Politik zur Förderung der Hochschulausbildung im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich.

1.7

Zum Zwecke der Vereinfachung fordert der EWSA im Hinblick auf die Ausschreibungen eine Spezifizierung der verschiedenen Schemata, der verschiedenen Aktivitäten sowie der Kategorien der Teilnehmer, mehr Flexibilität und Entscheidungsfreiheit für die Antragsteller sowie einfache Leitlinien für die verwaltungs- und finanztechnische Abwicklung, insbesondere für die vertraglichen Vereinbarungen der Teilnehmer.

1.8

Der EWSA schlägt eine kontinuierliche Bewertung der Qualität der angewandten Verfahren und der formellen Kontroll- und Bewertungsverfahren vor sowie, bei wohldefinierten Entwicklungsprojekten, die Festsetzung von Überprüfungen der Tätigkeiten und Ergebnisse, die an zuvor genau festgelegten Prüfpunkten des Projekts vorgesehen sind und an die die Mittelauszahlungen und die Weiterführung des Projekts geknüpft werden.

1.9

Ferner schlägt der EWSA vor, sich insbesondere der Anwendung einer Reihe von Indikatoren zu widmen, mit denen die tatsächliche Leistung im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit und die Entwicklung bewertet werden kann. Mit solchen Leistungsindikatoren im Bereich Forschung soll die Wirksamkeit der finanzierten Aktivitäten für den wissenschaftlichen Fortschritt und für die Gesamtentwicklung der EU gemessen werden, um daran die Prioritäten für die künftigen Aktivitäten auszurichten.

2.   Die Herausforderungen für die europäische Forschung

2.1

Die dritte Fünfjahresbewertung der Forschungsrahmenprogramme (1999-2003) ist aufgrund der inhaltlich umfassenden und tiefgreifenden Untersuchungen eine überaus bedeutende Analyse (2). Der EWSA schließt sich den Analysen und Empfehlungen des Sachverständigengremiums, die sich die Kommission zu Eigen gemacht hat, im Wesentlichen an. Angesichts des internationalen Wettbewerbsumfelds sowie der in der Lissabon-Strategie und auf der Tagung des Rates von Barcelona gesteckten Ziele betont der EWSA die Notwendigkeit und Dringlichkeit, die grundlegenden Prioritäten und Ziele der gemeinschaftlichen Forschung zu überdenken, insbesondere im Hinblick auf eine weitreichendere Beteiligung der Produktionssektoren.

2.2

Heutzutage verlaufen wissenschaftlich-technischer Fortschritt und Innovation zunehmend auch in Prozessen, bei denen sich unterschiedliche Disziplinen gegenseitig befruchten und eine umfassende multidisziplinäre Interaktion zwischen Universität, Unternehmen und anderen Akteuren stattfindet. Sie folgen nicht mehr ausschließlich dem linearen Modell, wonach die Innovation im Rahmen der Grundlagenforschung (und meistens auf wissenschaftlicher Ebene) erfolgt, während die Entwicklung und Anwendung Aufgabe der industriellen Forschung ist. Die wissenschaftliche Entwicklung war noch bis vor kurzem (3) am linearen Modell ausgerichtet. Zusammenarbeit, interaktives Lernen, Ungewissheit und Risiko werden zu grundlegenden Merkmalen der Forschungstätigkeit.

2.3

Mit dem interaktiven Modell lässt sich der Erfolg der regionalen Cluster erklären. Diese Cluster bilden ein „System“, das das Verhalten von Wirtschaft und Hochschule positiv beeinflussen und ein geeignetes soziales und kulturelles Umfeld, einen wirksamen institutionellen und Organisationsrahmen, ein Infrastrukturnetz sowie den Herausforderungen des Wettbewerbs angemessene Regelungen hervorbringen kann.

2.4   Das internationale Wettbewerbsumfeld

2.4.1

Europa steht in Bezug auf internationale Wettbewerbsfähigkeit und Wachstumspotenzial derzeit vor noch nie da gewesenen Herausforderungen. So bleibt es nicht nur hinter seinen traditionellen Konkurrenten, sondern auch hinter den größeren neu auf den Markt drängenden Ländern zurück. Insbesondere in Indien und China wachsen die Ausgaben für FTE mit ungemein hohen Raten, in China um bis zu 20 %, wobei erwartet wird, dass dieses Land im Jahr 2010 den gleichen Prozentsatz seines BIP für FTE aufwenden wird wie die EU. Viele europäische Unternehmen investieren nicht nur wegen der niedrigeren Kosten in China, sondern auch aufgrund der günstigen Kombination gut ausgebildeter Arbeitskräfte und großer dynamischer Technologie- und Hightech-Märkte (4). Da Forschung und Innovation für die Bewältigung solcher Herausforderungen ausschlaggebend sind (5), muss Europa angemessene Finanzmittel bereitstellen und sein ganzes intellektuelles Potenzial einsetzen, um Wissenschaft, Technologie und Innovation voranzutreiben (6).

2.4.2

Bedauerlicherweise sind die aktuellen Daten alarmierend: Die Forschungsaufwendungen liegen im Wesentlichen stabil bei 1,9 % des BIP von 2001, und ausgehend von der im Zeitraum 2000-2003 verzeichneten jährlichen Wachstumsrate von 0,7 % wäre bei einer Hochrechnung für das Jahr 2010 mit einem Anteil von lediglich 2,2 % des Bruttoinlandsprodukts zu rechnen. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass die Forschung und Entwicklung in den USA aufgrund der ganz anderen Ausmaße des dortigen BIP absolut gesehen einen viel größeren Umfang haben und damit leichter die erforderliche kritische Masse erreicht wird. Die Kluft zwischen den Aufwendungen Europas für Forschung und Entwicklung und jener seiner größten Konkurrenten ist insbesondere auf die schwächere Beteiligung des privaten Sektors zurückzuführen (2002 war der private Sektor in der EU an den Gesamtausgaben mit 55,6 % beteiligt, im Vergleich zu 63,1 % in den USA und 73,9 % in Japan). Einen noch größeren Anlass zur Sorge gibt die Tatsache, dass die privaten Ausgaben in die Forschung in demselben Zeitraum geschrumpft sind und die europäische Wirtschaft offenbar wegen besserer Rahmenbedingungen verstärkt in andere Weltregionen investiert: Die europäischen Unternehmen haben ihre Investitionen in die US-amerikanische Forschung von 1997 bis 2002 real um 54 % erhöht, während bei den amerikanischen Investitionen in der EU lediglich ein Anstieg von 38 % zu verzeichnen war (7).

2.5   Die wichtigsten Ziele

2.5.1

Der EWSA schließt sich der Analyse an, die in die Festlegung der vier wichtigsten Ziele mündete:

für die besten Köpfe attraktiver zu werden und ihre Leistung angemessen zu vergüten;

ein optimales Umfeld für industrielle Forschung und technologische Entwicklung (FTE) zu schaffen;

Mittel für Innovation und nachhaltiges Wachstum zu mobilisieren;

Vertrauen in Wissenschaft und Technik herzustellen.

2.5.2

Das auf der Tagung des Rates von Barcelona gesteckte grundlegende Ziel, bis 2010 drei Prozent des Bruttoinlandprodukts für Forschung und Entwicklung aufzuwenden und dabei den Anteil der vom privaten Sektor finanzierten Forschung auf 2/3 dieses Wertes zu erhöhen, macht einen Vergleich und eine Koordinierung der gemeinschaftlichen und nationalen Forschungspolitiken notwendig. Die Erreichung dieses Ziels setzt größere Anreize für Forschungsinvestitionen in Europa, eine höhere Effizienz des Forschungssystems mit geeigneten Rahmenbedingungen, eine bessere Hebelwirkung der öffentlichen Ausgaben auf die private Forschung sowie wirksamere und kohärentere forschungspolitische Maßnahmen sowohl auf der gemeinschaftlichen als auch auf der nationalen Ebene voraus (8).

2.5.3

Ausgehend von den im Rahmen des Bewertungsprozesses durchgeführten Analysen und den vorgetragenen Standpunkten zahlreicher Betroffener ist es nach Auffassung des Ausschusses erforderlich, mittels zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten abgestimmter Maßnahmen gezielter auf die Rahmenbedingungen einzuwirken, die für Forschungsaktivitäten nicht ausreichend förderlich sind. Es müssen direkte Maßnahmen zugunsten der Innovation und der Wettbewerbsfähigkeit des Systems auf europäischer Ebene festgelegt werden. Aufgrund der Zersplitterung und der mangelnden Koordinierung der Bemühungen ist es nicht möglich, die erforderliche kritische Masse und Konzentration zu erreichen. Ferner müssen die einzelstaatlichen Politiken nicht nur im Bereich der Forschung, sondern auch in den Bereichen Aus- und Weiterbildung der Arbeitskräfte, Schutz des geistigen Eigentums und Innovationsförderung mithilfe von steuerlichen Maßnahmen und einer konstruktiven und die Synergien nutzenden Zusammenarbeit zwischen Hochschule und Wirtschaft usw. sehr viel stärker miteinander verglichen und koordiniert werden.

2.6   Bemerkungen zur künftigen europäischen Forschungspolitik

2.6.1

Der EWSA hat sich wiederholt für eine erhebliche Aufstockung des europäischen Forschungsbudgets ausgesprochen und seine Unterstützung für den Vorschlag der Kommission, die für das 7. RP bereitgestellten Mittel im Vorgriff auf eine weitere, langfristig angestrebte Erhöhung der Finanzmittel aufzustocken, nachhaltig bekräftigt (9). Die vom Rat angekündigte umfassende Kürzung dieses Betrags auf ungefähr 5 % des Gesamthaushalts der EU statt der von der Kommission angestrebten 8 % ist bedauerlich und steht im Widerspruch zum vorrangigen Ziel der Entwicklung, das von den Herausforderungen des weltweiten Wettbewerbs und von der Lissabon-Strategie vorgegeben wird.

2.6.2

Der EWSA unterstützt von jeher die Errichtung eines Europäischen Forschungsraums (EFR) (10) und hält auch die Schaffung eines Gremiums wie des Europäischen Forschungsrats für zweckmäßig, dem bei der Förderung von wissenschaftlicher Spitzenleistung durch im Zuge eines „bottom up“-Ansatzes ermittelte Forschungsschwerpunkte „an den Grenzen des Wissens“ eine Schlüsselrolle zukommt. Der EWSA begrüßt, dass man seinen Empfehlungen insbesondere im Hinblick auf die Unabhängigkeit des EFR und die Zusammensetzung seines wissenschaftlichen Ausschusses gefolgt ist, und bekräftigt, dass unbedingt Spitzenkräfte auch aus der Industrieforschung einbezogen werden sollten (11).

2.6.3

Der EWSA teilt die Auffassung, dass es notwendig ist, eine breite Palette von koordinierten Maßnahmen zur bestmöglichen Integration der neuen Mitgliedstaaten zu ergreifen, hält die hierfür bislang vorgesehenen Instrumente jedoch für unzulänglich. Aufgrund des Umstellungsprozesses in diesen Ländern in der Zeit der fraglichen Bewertung ist es schwierig, die geeignetsten Methoden für die Schaffung einer Wirtschaft zu ermitteln, die auf der Entwicklung von Kenntnissen und Forschung basiert. Das verfolgte Ziel der „Stärkung der Forschung“ ist für die neuen Mitgliedstaaten sicherlich von besonderer Bedeutung, muss jedoch auf die „Erzeugung von Innovation“ ausgerichtet werden, um die für sie notwendigen Entwicklungsmaßnahmen zu fördern.

3.   Überlegungen zu den Empfehlungen für die RP

3.1   Die Beteiligung des privaten Sektors

3.1.1

Der EWSA schließt sich den Empfehlungen des Gremiums an und betont insbesondere die Bedeutung einer umfassenderen Beteiligung und eines stärkeren Engagements der Industrie als Grundvoraussetzung für die Erreichung des Ziels des Rates von Barcelona. Die Verfolgung dieses Ziel kann dadurch erleichtert werden, dass die Wirtschaft aktiver an den strategischen Entscheidungen und der Ermittlung jener Themenbereiche mitwirkt, in denen die Spitzenqualität der europäischen Forschung deutlicher hervortreten kann.

3.1.2

Um eine solche Beteiligung zu gewährleisten, ist es nach Auffassung des EWSA notwendig, gezielter auf die Kommunikation und die Einbeziehung von Unternehmen, Herstellerorganisationen und -verbänden hinzuwirken, auch um die Beteiligung von KMU zu erleichtern, und dadurch die derzeitige Teilnahmequote von 13 %, die alles andere als zufrieden stellend ist, anzuheben. Das 7. RP und das RP für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation dürfen aufgrund ihrer Natur nicht als Alternativen, sondern müssen als Ergänzungen zueinander betrachtet werden, die Synergien hervorbringen.

3.1.3

Nach Auffassung des EWSA sollten die bisherigen sowie die neuen, bereits für das 6. RP vorgesehenen Finanzierungsinstrumente (12) im Wesentlichen unverändert bleiben, damit nicht unabsichtlich neue Zugangsschranken geschaffen werden (die zu Beginn des 6. RP von den Sachverständigen festgestellt wurden). Vielmehr sollten diese Finanzierungsinstrumente auf der Grundlage der erworbenen Erfahrung angepasst und leichter nutzbar gemacht werden.

3.1.4

So sollten die Integrated Projects (IP) und die Specific Targeted Research Projects (STREP), auf die die KMU vorzugsweise zurückgreifen, optimiert werden, um die Beteiligung der KMU zu erleichtern. Die technologischen Plattformen sowie die Joint Technology Initiatives sind Instrumente, die sicherlich zur Erreichung dieses Ziels beitragen. Die Network of Excellence, die bei den Universitäten und den öffentlichen Forschungszentren Wertschätzung und großen Zuspruch finden, sollten dahingehend weiterentwickelt werden, dass eine stärkere Beteiligung der Industrie gefördert wird und diese Instrumente zur Steigerung der Mobilität der Forschenden in Verbindung mit einem erstrebenswerten stärkeren Austausch zwischen dem privaten und dem öffentlichen Sektor beitragen.

3.2   Einfachere Verwaltung und Verfahren

3.2.1

Die Vereinfachung der Verwaltung und der Verfahren kommt bei jeder Verlängerung der RP zur Sprache: Im Laufe der Jahre wurden zahlreiche Verbesserungen vorgenommen — von unterschiedlichen Dokumenten über die Vereinfachung bis hin zur vom Kommissionsmitglied Potočnik eingerichteten Konsultationsgruppe („sounding board“) aus Vertretern kleiner Forschungseinrichtungen -, doch scheinen die konkreten Vorschläge die Schwierigkeiten und Probleme der Teilnehmer nicht gelöst zu haben.

3.2.2

Ausgehend von den Erfahrungen der Fachleute und unmittelbar Beteiligten, die im Zuge der Konsultation erhoben wurden, schlägt der EWSA vor, die Schwierigkeiten, mit denen die Teilnehmer an den Projekten des derzeitigen RP zu kämpfen haben, systematisch festzuhalten und zu bewerten, um Mechanismen vorschlagen zu können, die besser an die derzeitigen Gegebenheiten angepasst sind. Dies könnte der kontinuierlichen Bewertung der Qualität der angewandten Verfahren sowie der formellen Kontroll- und Bewertungsverfahren förderlich sein.

3.2.3

Es wäre auch zweckmäßig, bei wohldefinierten Entwicklungsprojekten regelmäßige Überprüfungen der vorgesehenen Tätigkeiten und Ergebnisse festzusetzen. An diese Kontrolltermine für zuvor genau festgelegte Prüfpunkte des Projekts sollten die Mittelauszahlungen und die Weiterführung des jeweiligen Projekts geknüpft werden.

3.2.4

In Bezug auf die Teilnahmemodalitäten und die verwaltungs- und finanztechnische Abwicklung könnten sich ausführlichere und einheitlich ausgelegte Leitlinien für die vertraglichen Vereinbarungen der Teilnehmer, mehr Flexibilität und Entscheidungsfreiheit für die Antragsteller sowie Ausschreibungen, in denen die verschiedenen Schemata, die verschiedenen Aktivitäten sowie die Kategorien der Teilnehmer spezifiziert sind, als nützlich erweisen.

3.2.5

Es hat sich herausgestellt, dass eine relativ kleine Gruppe von Organisationen mehrfach und an mehreren Programmen teilnahm — oftmals als Prime Contractors (Generalunternehmer) — und schätzungsweise ca. ein Fünftel der Projekte durchgeführt hat (13). Eine solche Konzentration gibt Anlass zur Sorge: Einerseits verdeutlicht sie die Schwierigkeiten bei der Teilnahme, mit denen insbesondere Erstteilnehmer an einer Ausschreibung im Bereich Forschung zu kämpfen haben. Andererseits schmälert diese Konzentration die Möglichkeit, neue, auf radikale Innovationen und risikobehaftete Forschung ausgerichtete Projekte (wie in Empfehlung 2 gefordert) durchzuführen.

3.3   Die Forschung vorantreiben

3.3.1

Die Modalitäten für die Ankurbelung privater Investitionen in die FTE sind nach wie vor nicht festgelegt, und die Marktmechanismen, die eine synergetische Kettenreaktion auslösen könnten, scheinen bislang nicht ermittelt und können somit nicht so schnell angewandt werden, wie sie eigentlich sollten. Steuerliche Anreize, Stärkung der Rechte an geistigem Eigentum, Erleichterungen beim Einsatz von Risikokapital und engere Beziehungen zwischen der Industrie und den Hochschulen sind Zielvorgaben und keine Handlungsinstrumente.

3.3.2

Insbesondere spricht sich der EWSA dafür aus, Instrumente zur Entfaltung des Unternehmergeistes der europäischen Forscher zu entwickeln sowie Mittel und Wege zu erschließen (vom Risikokapital bis hin zur EIB-Finanzierung und zinsgünstigen Krediten für den Forschungsbereich), um die Umsetzung von Forschungsergebnissen in konkrete unternehmerische Initiativen zu erleichtern.

3.3.3

Im Rahmen der Empfehlung, High-Tech-KMU stärker zu beteiligen, die der EWSA in vielen früheren Stellungnahmen selbst formuliert hat und der er sich hier in vollem Umfang anschließt, sollten neben den „gemeinsamen Technologieinitiativen“, den technologischen Plattformen und den Möglichkeiten des Programms „Ideen“ weitere spezifische Instrumente geschaffen werden. Der EWSA hält es für wünschenswert, dass dies ein vorrangiges Ziel darstellt und im Rahmen der offenen Koordinierungsmethode besondere Berücksichtigung findet.

3.3.4

Um eine innovativere, auf konkurrenzfähige Ergebnisse ausgerichtete Forschung voranzutreiben, müssen nach Auffassung des EWSA die bislang ungelösten Probleme im Bereich der Rechte an geistigem Eigentum dringend angegangen werden — insbesondere Fragen im Zusammenhang mit dem Gemeinschaftspatent, der Patentierbarkeit computergenerierter Erfindungen und Erfindungen in neuen Wissensbereichen sowie der vollständigen Umsetzung der Richtlinie über die Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen.

3.4   Humanressourcen

3.4.1

Der EWSA hält es für vorrangig, die Karriere im wissenschaftlichen und technischen Bereich durch eine Aufwertung des Forscherberufs nicht nur unter dem finanziellen, sondern auch unter dem gesellschaftlichen Aspekt attraktiver zu machen. Die steigende Tendenz zu Postgraduierten-Studien und Forschungsaufenthalten in anderen Ländern im und außerhalb des Hochschulbereichs ist zweifellos eine positive Form der Mobilität im Ausbildungsprozess der Forschungskräfte, denn der Austausch von Wissen und Arbeitsmethoden stellt eine wertvolle Bereicherung dar. Diese Mobilität wird jedoch zu einem kritischen Faktor, wenn sie nur in einer Richtung besteht, weil die Forscher in ihrem Herkunftsland nicht die Arbeitsbedingungen, Karrierechancen, das soziale Ansehen und die entsprechende finanzielle Anerkennung finden, die sie zur Rückkehr bewegen könnten (14). Europa muss in allen seinen Mitgliedstaaten für junge Leute, die sich für eine Forschungskarriere entscheiden, attraktiv sein. Insbesondere wird angestrebt, dass jungen Forschungskräften aus aufstrebenden Wirtschaftsmächten wie China und Indien unter anderem durch Formen des gesteuerten Austausches der Weg in die EU geebnet wird.

3.4.2

Die Programme zur Entwicklung der Humanressourcen und zur Förderung der Mobilität erscheinen nicht ausreichend, den Qualitätssprung zu schaffen, mit dem das erste der wesentlichen Ziele — für die besten Köpfe attraktiv zu werden und ihre Leistung angemessen zu vergüten — erreicht werden kann. Es fehlt eine klare Perspektive zum Status eines „europäischen Forschers“, der im Mittelpunkt einer solchen Aktion stehen sollte.

3.4.3

Um diese problematische Situation zu bewältigen, müssen innovative Maßnahmen ergriffen werden. Investitionen sind zu tätigen, um die Hochschulbildung in den Bereichen Wissenschaft und Ingenieurwesen auszubauen, was ein stärker naturwissenschaftlich-technisch ausgerichtetes Unterrichtsangebot in den höheren Schulen sowie eine Politik zur Förderung der Hochschulausbildung im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich voraussetzt. Zugleich ist der Anteil an Hochschulabsolventen in denjenigen Studiengängen zu senken, in denen kein entsprechendes Beschäftigungsangebot besteht (eine negative Situation, die in den neuen Mitgliedstaaten sowie in Italien, Portugal und Österreich verzeichnet wird), einen Anstieg des Anteils an Forscherinnen zu fördern (knapp ein Drittel aller Forscher, aber über 63 % aller Hochschulabsolventen in naturwissenschaftlichen und Ingenieurstudiengängen sind Frauen) (15) und die Karriere im wissenschaftlichen Bereich attraktiver zu gestalten.

3.4.4

Nach Ansicht des EWSA sollten diese politischen Maßnahmen, für die in erster Linie die Mitgliedstaaten verantwortlich sind, eingehender im Rahmen der offenen Koordinierungsmethode behandelt werden, die sich für die Anwendung auf die Systeme der höheren und universitären Bildung sowie der Forschung anbietet, um vorbildliche Verfahren zu verbreiten, geeignete Formen des „Peer review“ zu ermitteln, zwischen den Mitgliedstaaten und den Regionen abgestimmte Maßnahmen zu ergreifen und prioritäre Themen für die grenzüberschreitende Forschung festzulegen.

3.4.5

Der Anteil der Forscher an der erwerbstätigen Bevölkerung ist in Europa wesentlich geringer als in den konkurrierenden Ländern (5,4‰ in der EU im Vergleich zu 9‰ in den USA und 10,1‰ in Japan; in allen neuen Mitgliedstaaten und in den südeuropäischen Ländern liegt der Anteil jedoch bei unter 5‰), und das Alter der Beschäftigten in Wissenschaft und Technologie gibt allmählich Anlass zur Sorge (35 %, in manchen Mitgliedstaaten gar 40 %, sind im Alter von 45-64 gegenüber 31 % im Alter von 25-34) (16). Ferner sollte die Tatsache, dass derzeit 150 000 europäische Forscher in den USA tätig sind, und dass für die Erreichung des Ziels von Barcelona in den nächsten zehn Jahren 500 000 — 700 000 weitere Forscher notwendig sein werden, ebenfalls zum Nachdenken veranlassen (17).

3.4.6

Der EWSA stimmt mit dem Sachverständigengremium darin überein, dass den Forschern (unter Einhaltung der ethischen Grundprinzipien) mehr Autonomie und Verantwortung eingeräumt und die wissenschaftlichen Berufe verstärkt in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt werden müssen. Er teilt ferner die Auffassung, dass neben der räumlichen auch eine größere interdisziplinäre Mobilität gewährleistet werden sollte und dass die Marie-Curie-Stipendien mit den nationalen und regionalen Programmen verknüpft und dazu genutzt werden sollten, um die Mobilität zwischen der öffentlichen und der privaten Forschung zu fördern.

3.4.7

Der EWSA begrüßt ferner die Bemühungen der Kommission um eine „Europäische Charta für Forscher“ (18), die einen ersten Schritt in die richtige Richtung darstellt, ist jedoch der Auffassung, dass sich auch die Mitgliedstaaten stärker und koordinierter um effizientere und besser aufeinander abgestimmte Maßnahmen in den Bereichen Bildung, Karriere, Gehälter und Senkung der Sozialabgaben (einschließlich der Beitrags-, Renten- und Steuersysteme) bemühen müssen (19).

3.4.8

Die Lösung der Frage des Vertrauens in die europäische Wissenschaft und Forschung sowie deren Legitimierung, der der EWSA eine große Bedeutung beimisst, ist eine der Voraussetzungen für die Legitimierung der Forscher und die wirtschaftliche Anerkennung ihrer Arbeit. Nicht zuletzt im Lichte dieses Ziels muss dringend eine aktive und zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten abgestimmte Politik konzipiert und mit angemessenen Instrumenten und Ressourcen ausgestattet werden.

3.5   Der Bewertungsprozess

3.5.1

Der EWSA nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission sehr um eine Verbesserung des Bewertungsprozesses bemüht war und eine Reihe von Dokumenten ausgearbeitet hat, die der Arbeit der Bewertungsexperten dienten. Das tatsächliche Problem liegt vielmehr in der Ex-post-Bewertung: Wird diese auf die Überprüfung der formalen Kohärenz im Hinblick auf die Ziele beschränkt, so besteht die Gefahr, dass dabei das wahre strategische Ziel aus den Augen verloren wird: die Bewertung der strukturellen Auswirkungen der RP auf die Wirtschafts- und Forschungslandschaft der EU sowie der zu verfolgenden Prioritäten und der entsprechenden Mittelzuweisung.

3.5.2

Der EWSA schlägt vor, sich insbesondere der Anwendung einer Reihe von Indikatoren zu widmen, mit denen die tatsächliche Leistung im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit und die Entwicklung bewertet werden soll. Solche Leistungsindikatoren im Bereich Forschung sollten es ermöglichen, die Wirksamkeit der finanzierten Aktivitäten für die Gesamtentwicklung der EU zu messen und die künftigen Aktivitäten an den ermittelten Prioritäten auszurichten. Der EWSA ist sich jedoch dessen bewusst, dass eine automatische Bewertung keinesfalls die differenzierte und auf den Einzelfall abgestimmte Beurteilung durch die entsprechenden Experten ersetzen kann.

Brüssel, den 17. Mai 2006

Die Präsidentin

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Anne-Marie SIGMUND


(1)  Five-Year Assessment of the EU Research Framework Programme 1999-2003, Europäische Kommission, GD Forschung, 15. Dezember 2004.

(2)  Im Zuge des Bewertungsprozesses wurden zahlreiche Dokumente und Berichte erstellt, die unter http://forum.europa.eu.int/Public/irc/rtd/fiveyearasskb/library abrufbar sind.

(3)  Vgl. Keith Smith, The Framework Programmes and the Changing Economic Landscape, Europäische Kommission, GBA-IPTS, Sevilla, Dezember 2004, S. 11-12.

(4)  Siehe Vorwort von J. Potočnik in „Key Figures 2005. Towards a European Research Area: Science, Technology and Innovation“. Europäische Kommission, GD Forschung, 2005, S. 5.

(5)  Siehe CESE 305/2004, Stellungnahme zur Mitteilung Forscher im europäischen Forschungsraum, Berichterstatter: Herr Wolf, ABl. C 110 vom 30.4.2004. ABl. C 65 vom 17.3.2006

(6)  Siehe Einleitung des Vorsitzenden der Expertengruppe, Erkki Ormala, zum Five-Year Assessment of the EU Research Framework Programmes 1999-2003.

(7)  Alle Angaben dieses Abschnitts aus: Key Figures 2005. S. 9-10.

(8)  Siehe Einleitung in Key Figures 2005, S. 3.

(9)  INT 269 - CESE 1484/2005, bereits zitiert, Ziffer 1.4, S. 2, und 4.1 bis 4.6, S. 9 u. 10. ABl. C 65 vom 17.3.2006

(10)  Zuletzt insbesondere in der Stellungnahme zu der Mitteilung „Wissenschaft und Technologie: Schlüssel zur Zukunft Europas“ (INT/246 - CESE 1647/2004, ABl. C 156 vom 28.6.2005, Berichterstatter: Herr WOLF) sowie in einer zusätzlichen Stellungnahme zum gleichen Thema (CCMI/015 - CESE 1353/2004, Berichterstatter: Herr VAN IERSEL, Ko-Berichterstatter: Herr GIBILLIERI).

(11)  INT 269 - CESE 1484/2005, bereits zitiert, Ziffer 4.11. ABl. C 65 vom 17.3.2006

(12)  Siehe dazu die in Vorbereitung befindliche Stellungnahme des Ausschusses INT/309.

(13)  Fünfjahresbewertung, S. 7.

(14)  Der EWSA hat sich zu dieser Frage bereits in zahlreichen Stellungnahmen geäußert, zuletzt in INT 269 - CESE 1484/2005, Ziffer 4.12ff. ABl. C 65 vom 17.3.2006

(15)  Key Figures 2005, S. 53-57.

(16)  Key Figures 2005, S. 47-51.

(17)  Fünfjahresbewertung 2005, S. 12.

(18)  Empfehlung der Kommission vom 11.3.2005 bezüglich der Europäischen Charta für Forscher und eines Verhaltenskodex für die Einstellung von Forschern, ABl. L 75 vom 22.3.2005, S. 67.

(19)  Vgl. die Stellungnahme des EWSA zu der Mitteilung „Forscher im europäischen Forschungsraum“ (CESE 305/2004, Berichterstatter: Herr Wolf, ABl. C 110 vom 30.4.2004).


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