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Document 52003AR0312

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen: Ein europäischer Aktionsplan

ABl. C 121 vom 30.4.2004, p. 28–31 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

30.4.2004   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 121/28


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen: Ein europäischer Aktionsplan

(2004/C 121/07)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN,

verabschiedete auf seiner 54. Plenartagung am 21./22. April 2004 (Sitzung vom 21. April) einstimmig folgende Stellungnahme.

1.   Bemerkungen des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

1.1

ist der Ansicht, dass durch das Europäische Jahr der Menschen mit Behinderungen 2003 das Behindertenprogramm in der Europäischen Union vorangebracht wurde. Daher sollte das Jahr als Anfang eines unumkehrbaren Prozesses angesehen werden, der sich weit über das Jahr hinaus fortsetzen wird. Er weist in diesem Zusammenhang auf die Kommunikationsmedien hin, die sich für die Verbreitung dieses Europäischen Jahres engagiert haben, sowie auf die Notwendigkeit, Anschlussmaßnahmen zu ergreifen und die regionalen und lokalen Medien in diese Initiative einzubeziehen;

1.2

betont, dass die neue Ausrichtung der Behindertenpolitik im Rahmen des Jahres 2003 sämtliche Stellen betrifft, insbesondere jedoch jene auf regionaler und lokaler Ebene, da sie dem Alltag behinderter Menschen am nächsten sind und somit direkten Einfluss nehmen können;

1.3

ist sich bewusst, dass die Behindertenpolitik hauptsächlich in der nationalen Zuständigkeit liegt. Allerdings wird sie in zunehmendem Maße durch verschiedene einschlägige EU-Initiativen entweder in Form von Richtlinien oder der Anwendung der Methode der offenen Koordinierung beeinflusst. Deshalb ist bei der künftigen Behindertenpolitik auf die erforderliche Komplementarität von EU-Politik und einzelstaatlichen Politiken zu achten, wobei natürlich noch die wachsenden Kompetenzen der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in diesem Bereich zu bedenken sind;

1.4

befürwortet all jene Maßnahmen, mit denen die Situation von Menschen mit Behinderungen verbessert wird, weil sie langfristig zu einer besseren Gesellschaft führen. Werden Dienstleistungen behindertengerecht gestaltet, werden sie allen Bürgern und insbesondere älteren Menschen zugänglich sein;

1.5

betont, wie wichtig es ist, dass der Grundsatz der partizipativen Demokratie auch im Bereich der Behindertenthematik Anwendung findet. Das bedeutet, dass die lokalen, regionalen, nationalen und internationalen Organisationen, die zur Verteidigung der Rechte und Interessen von behinderten Menschen gegründet wurden, gleichberechtigt mit allen Anderen als wichtige Ansprechpartner betrachtet werden;

1.6

vertritt die Auffassung, dass die Achtung von Menschen mit Behinderungen endlich als Teil der Achtung der Menschenrechte angesehen und jeglicher Form der Diskriminierung ein Ende bereitet werden muss. Dies kann nur geschehen, indem sowohl entsprechende Gesetzesinitiativen als auch sich an die Allgemeinheit richtende Sensibilisierungskampagnen verwirklicht werden;

1.7

betont, wie wichtig es ist, dass die Europäische Kommission den Aktionsplan zur Behindertenthematik verabschiedet, der Maßnahmen bis zum Jahr 2010 enthält.

2.   Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

2.1

würdigt die jüngsten Fortschritte in den Bereichen Sozialpolitik, Informationsgesellschaft und Verkehr, zumal die meisten neueren Initiativen Menschen mit Behinderungen Rechnung tragen. Er weist jedoch darauf hin, dass die Integration in anderen Bereichen — etwa Arbeitsmarkt, Ausbildung, behindertengerechte Städte und Gebäude oder Wohnungswesen — stärker vorangetrieben werden muss;

2.2

wünscht besondere Anstrengungen, um die Behindertenperspektive in sämtliche Politikbereiche der EU einzubeziehen. Diese Anstrengungen müssen über das Europäische Jahr 2003 hinaus in den Folgejahren fortgesetzt werden. Zwar sind die Menschen mit Behinderungen formell aus keinem dieser Bereiche ausgenommen, doch führt ihre mangelnde Sichtbarkeit dazu, dass sie in der Praxis ausgegrenzt werden. Deshalb ist es notwendig, bei allen relevanten Initiativen ausdrücklich auf die behinderten Menschen einzugehen und die Initiativen nötigenfalls so anzupassen, dass die Menschen mit Behinderungen von ihnen voll profitieren und daran mitarbeiten können. Es wäre ratsam, dass alle Initiativen bei ihrer Umsetzung die Auswirkungen im Blick haben, die sie ggf. auf die Menschen mit Behinderungen haben könnten;

2.3

empfiehlt, dass die EU ein Aktionsprogramm ausarbeitet, das in erster Linie darauf angelegt ist, den Querschnittscharakter der Behindertenthematik in sämtlichen Politik- und Zuständigkeitsbereichen der Union zu gewährleisten;

2.4

drängt darauf, dass die Maßnahmen der EU spezifische Verweise auf Menschen mit Behinderungen beinhalten müssen, wie etwa die Verbraucherpolitik, das öffentliche Auftragswesen, die Menschenrechtsmaßnahmen, Verkehr, das Aktionsprogramm Jugend, die Bildungsprogramme und -initiativen (Sokrates, Comenius, Leonardo da Vinci), die Kultur- und Medienprogramme, Programme für den Übergang von der Schule in die Arbeitswelt, Programme zur Erleichterung des Zugangs zur Informationsgesellschaft und zu den neuen Technologien, der Arbeitsmarkt sowie Aktivitäten im Bereich des Sports, insbesondere im Hinblick auf das Europäische Jahr der Erziehung durch Sport 2004;

2.5

drängt die EU, auch nach der Strukturfondsreform die Gemeinschaftsinitiative EQUAL, in deren Rahmen wichtige Maßnahmen zur Integration der behinderten Menschen in den Arbeitsmarkt finanziert werden, fortzuführen und aufzuwerten;

2.6

schlägt vor, dass die behinderten Menschen, ihre nächsten Verwandten und ihre Vertreter in die Arbeiten der verschiedenen EU-Prozesse eingebunden werden, bei denen die offene Koordinierungsmethode angewandt wird, wie z.B. im Bildungs-, Jugend- und Rentenbereich. Dies ist nur bei entsprechendem Engagement und aktiven Maßnahmen der EU-Institutionen, der Mitgliedstaaten und der Regionen möglich, die gewährleisten, dass die Behindertenprobleme bei diesen Arbeiten berücksichtigt und repräsentative Behindertenorganisationen an ihnen beteiligt werden. Werden zur Unterstützung dieses Prozesses statistische Indikatoren entwickelt, so müssen diese über die Lage der Menschen mit Behinderungen Aufschluss geben;

2.7

empfiehlt, dass die EU-Institutionen den Aufbau eines Netzwerks lokaler und regionaler Behörden unterstützen, das einen besseren Austausch zwischen den Mitgliedstaaten über politische Maßnahmen für Menschen mit Behinderungen und vorbildliche Verfahrensweisen ermöglicht. Ein gegenseitiger Austausch über die Entwicklung und Umsetzung politischer Maßnahmen für behinderte Menschen auf lokaler und regionaler Ebene wird insgesamt die Qualität der Angebote für Menschen mit Behinderungen verbessern. Ein solches Netzwerk sollte in enger Zusammenarbeit mit Behindertenorganisationen funktionieren, um den Erfahrungsaustausch und nachahmenswerte Verfahrensweisen auf allen Ebenen zu fördern;

2.8

wünscht, dass behinderte Menschen zu den gleichen Einrichtungen und Dienstleistungen Zugang haben, die allen anderen Bürgern zugänglich sind. Dies bedeutet, dass ihren Bedürfnissen schon in den Anfangsphasen der Planung Rechnung getragen werden muss. Dies gilt u.a. für Planungsentscheidungen, die öffentliche Räume wie Gaststätten, Kinos, Theater, Schulen, Universitäten, Einkaufszentren, Museen, Parks und Stadien betreffen. Sehr hilfreich wäre die Erstellung allgemeiner Behindertenpläne, die einen Gesamtüberblick über die für diese Bevölkerungsgruppe ergriffenen Maßnahmen geben;

2.9

Wird Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit des Zugangs zu diesen Einrichtungen oder Anlagen nicht gewährleistet, so stellt dies nicht nur eine Verletzung grundlegender Menschenrechte dar, sondern hat auch wirtschaftliche Konsequenzen, weil die betreffenden Unternehmer hierdurch einen nicht unbeträchtlichen Teil ihrer potenziellen Besucher/Kunden verlieren. Die Verbraucherorganisationen können hier einen wichtigen Beitrag leisten. Als gutes Beispiel sei die Veröffentlichung der jüngsten Studie eines spanischen Verbraucherverbandes erwähnt, die ergeben hat, dass die Hälfte solcher Einrichtungen oder Anlagen behinderten Menschen unzugänglich waren;

2.10

besteht darauf, dass Menschen mit Behinderungen wie alle anderen Bürger aktive Mitglieder der Gesellschaft und in der Lage sein sollten, sich aktiv in verschiedenen Organisationen wie Parteien, Gewerkschaften, Berufsorganisationen, religiösen Vereinigungen, Sportvereinen, Umweltverbänden und sonstigen Vereinigungen zu betätigen. All diese Organisationen müssen so organisiert sein, dass behinderte Menschen in ihnen mitarbeiten können;

2.11

ist der Ansicht, dass die Darstellung der Menschen mit Behinderungen in den Massenmedien verbesserungsbedürftig ist. In den Informationen und Programmen müssen die Rechte der behinderten Menschen anerkannt werden, und es muss auf die Barrieren aufmerksam gemacht werden, die Menschen mit Behinderungen an der vollen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben hindern. Gleichzeitig muss Stereotypen und überkommenen Vorstellungen entgegengewirkt werden, denen zufolge Behinderung Synonym für schlechtes oder schmerzhaftes Leben ist, das Verachtung, Mitleid oder Gleichgültigkeit verdient. Nur im Zuge öffentlicher Sensibilisierungskampagnen können ein Umdenken bewirkt und die „Unsichtbarkeit“ bekämpft werden;

2.12

empfiehlt, dass das spezifische europäische Aktionsprogramm zugunsten der behinderten Menschen folgende Bereiche miteinbeziehen sollte:

2.12.1

Förderung der systematischen Berücksichtigung der Menschen mit Behinderungen in allen relevanten Bereichen der Gemeinschaftspolitik, um die derzeitigen Konsultations- und Begleitmechanismen auszubauen und die Sensibilisierung der maßgeblichen Entscheidungsträger zu fördern, wobei der Schwerpunkt auf die vorhandenen Möglichkeiten für behinderte Menschen zu legen wäre;

2.12.2

Förderung einer Methode der offenen Koordinierung auf dem Gebiet der Behindertenpolitik, die auf gemeinsamen Ergebnisindikatoren beruht, anhand derer die im Laufe der Zeit erzielten Fortschritte bei der sozialen Eingliederung von behinderten Menschen verfolgt werden könnten. Diese Methode wäre auf alle relevanten Bereiche der Behindertenpolitik wie Bildung, Ausbildung, lebenslanges Lernen, Beschäftigung, Weiterbeschäftigung, Verkehr, Informationsgesellschaft, soziale Leistungssysteme und Einrichtungen/Dienstleistungen für Menschen mit Mehrfachbehinderungen und ihre Familienangehörigen anzuwenden. Um voneinander lernen zu können, sollten Beispiele für vorbildliche Verfahrensweisen in all diesen Bereichen geliefert werden. Die Methode der offenen Koordinierung der Behindertenpolitiken wäre für alle Mitgliedstaaten und insbesondere für die Länder, die der Europäischen Union bald beitreten werden, nützlich;

2.12.3

Sicherstellung und Verstärkung der Teilnahme repräsentativer Behindertenorganisationen am zivilen Dialog auf EU-Ebene, u.a. durch Bereitstellung angemessener finanzieller Mittel und Einführung entsprechender Konsultationsverfahren;

2.12.4

Einbeziehung von Wohlfahrtsverbänden und Stiftungen, soweit sie soziale Dienstleistungen für behinderte Menschen anbieten;

2.12.5

unmissverständliche Anerkennung — als Gesprächspartner und Akteur des zivilen Dialogs — des Europäischen Forums für Menschen mit Behinderungen (European Disability Forum — EDF) als Organisation, die behinderte Menschen und ihre Familienangehörigen vereinigt und vertritt, die dies nicht selbst können. Das EDF muss in sämtlichen Phasen der strukturierten Konsultation zwischen den EU-Institutionen und den Verbänden einen Sonderstatus erhalten, insbesondere in Gestalt der hochrangigen Expertengruppe für Behinderung;

2.13

drängt darauf, dass unbedingt eine auf Artikel 13 gestützte spezifische EU-Richtlinie verabschiedet wird, welche die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen untersagt. Gleichwohl weist er darauf hin, dass Rechtsvorschriften alleine nicht ausreichen, wenn nicht geeignete Maßnahmen für ihre Umsetzung, Weiterentwicklung und Effizienz ergriffen und ihre wirksame Durchsetzung gewährleistet wird. Diese die behinderten Menschen betreffende spezifische Richtlinie sollte unter anderem den Schwerpunkt auf den — auf der Bildung und der positiven Diskriminierung bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt beruhenden — Zugang zur Beschäftigung als wesentliches Element der Selbstständigkeit und sozialen Eignung sowie die Einführung von Dienstleistungen und Unterstützungsmaßnahmen für diese soziale und persönliche Selbstständigkeit legen. In diesem Sinne wiederholt der Ausschuss die Empfehlung, bei den Vorschriften, die die Verpflichtung beinhalten, einen gewissen Prozentsatz der Arbeitsplätze Menschen mit Behinderungen vorzubehalten, auch Kontroll- und Sanktionsmechanismen vorzusehen, die die Einhaltung dieser Verpflichtung sicherstellen;

2.14

schlägt vor, dass die neue Methode der offenen Koordinierung im Bildungsbereich behinderte Kinder und Jugendliche zu den Hauptzielgruppen zählen sollte, und dass alle Aktionen und Indikatoren ihnen Rechnung tragen sollten;

2.15

plädiert dafür, dass sowohl die allgemeinen als auch die unterstützenden neuen Technologien so entwickelt werden, dass sie entscheidend zur Überwindung einiger der Barrieren beitragen, denen sich behinderte Menschen gegenübersehen. Deshalb sollte gefordert werden, die Behindertenproblematik als horizontales Thema zu betrachten und spezielle Unterstützungsmaßnahmen für Menschen mit Behinderungen umzusetzen. Außerdem bedarf es größerer Anstrengungen, um alle gesetzlichen und sonstigen Barrieren zu beseitigen, die bislang die Entstehung eines wirklichen europäischen Marktes für technische Hilfsmittel verhindern, und um auf nationaler Ebene den behinderten Menschen, die diese technischen Hilfen benötigen, eine angemessene finanzielle Unterstützung zu gewähren;

2.16

empfiehlt allen öffentlichen und privaten, lokalen, nationalen und EU-Akteuren, bei der Inangriffnahme der Aktionen während des Europäischen Jahres und danach die unlängst proklamierte Erklärung von Madrid im Auge zu behalten, in der der konzeptionelle Rahmen des Jahres abgesteckt und konkrete Aktionen für die jeweiligen Akteure vorgeschlagen wurden. Insbesondere sollten Massenmedien, Verbraucherverbände, Jugendorganisationen, Sportvereine, religiöse und sonstige Vereinigungen sowie sonstige Akteure das Europäische Jahr dazu nutzen, ihre Einrichtungen zu verbessern, und darauf hinarbeiten, dass die Menschen mit Behinderungen in vollem Umfang sowohl von ihnen profitieren als auch in ihnen mitarbeiten können;

2.17

plädiert dafür, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in Europa als bürgernächste Behörden maßgeblich zur Festlegung und Konsolidierung neuer politischer Leitlinien für die Behindertenthematik im Zuge des Europäischen Jahres beitragen;

2.18

schlägt den Regionen und Städten für ihre eigenen Entscheidungsprozesse vor:

2.18.1

die „Erklärung von Madrid“ der 1. Konferenz über Behindertenpolitik offiziell anzunehmen, in der der konzeptionelle Rahmen für künftige politische Maßnahmen in diesem Bereich abgesteckt wird (1);

2.18.2

die Verbreitung und Anwendung der Agenda 22 in den meisten europäischen Städten zu fördern. Die Agenda 22 ist ein Regelwerk zur Behindertenthematik, das konkrete Zielvorgaben in puncto Eingliederung in den Arbeitsmarkt, Ausbildung, Bildung und Integration umfasst. Die Regionen und Städte, die diese Agenda verabschieden, verpflichten sich, die darin enthaltenen Maßnahmen umzusetzen und sie an die jeweiligen Erfordernisse vor Ort und an die Erwartungen der örtlichen Vereinigungen anzupassen;

2.18.3

ggf. die europäischen und nationalen Rechtsvorschriften für Antidiskriminierungsmaßnahmen und positive Maßnahmen zur Förderung von Menschen mit Behinderungen durch entsprechend erweiternde Vorschriften und Bestimmungen auf regionaler oder lokaler Ebene zu ergänzen. Diese sollen auf den jeweiligen Ebenen die Ziele der Chancengleichheit und uneingeschränkten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen fördern;

2.18.4

die Behindertenperspektive ganz oben auf die politische Agenda der Gebietskörperschaften zu setzen;

2.18.5

den Querschnittscharakter der Behindertenproblematik prinzipiell in die politischen Maßnahmen der Gebietskörperschaften zu integrieren, damit diese Realität als horizontale Aktionsachse in allen Politikbereichen Berücksichtigung findet;

2.18.6

anzuerkennen, wie wichtig es ist, die sozialpolitischen Maßnahmen der Unternehmen als Aspekt der sozialen Verantwortung der Unternehmen zu fördern;

2.18.7

die Einführung und Entwicklung von Programmen zur Erleichterung des Zugangs zum regulären Arbeitsmarkt für behinderte Menschen voranzutreiben, da die beste Form der sozialen Integration behinderter Menschen darin besteht, sie wirtschaftlich unabhängig zu machen, wobei die Schaffung geschützter Arbeitsplätze zugegebenermaßen eine immer wichtigere Rolle spielt, aber höhere Integrationsraten erforderlich sind;

2.18.8

finanziell und sonst gut ausgestattete mehrjährige Aktionsprogramme zur Förderung der Chancengleichheit von Menschen mit Behinderungen zu verabschieden, an deren Ausarbeitung, Verwaltung, Durchführung und Bewertung die behinderten Menschen in Form ihrer repräsentativen Organisationen beteiligt werden. Mit Blick auf die Erfordernisse und dringendsten Forderungen von Menschen mit Behinderungen sollten diese Programme folgende Schwerpunkte setzen:

im Bereich der Bildung und Beschäftigung: Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen als besondere Aktionslinie in die von den Gebietskörperschaften umgesetzten Politiken und lokalen Entwicklungsprogramme aufzunehmen. Ferner sollten sie sich verpflichten, im Rahmen ihres jeweiligen Zuständigkeitsbereichs die Richtlinie 78/2000/EG über die Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf anzuwenden. Bei der Entwicklung von Maßnahmen zur Verbesserung des Zugangs zur Beschäftigung auf lokaler Ebene bieten sich vielfache Möglichkeiten an. Unter diesen ist die Einführung von Sozialklauseln in die Vertragsgrundlagen zum Zweck der positiven Diskriminierung der Unternehmen und Einrichtungen, die Menschen mit Behinderungen einstellen, hervorzuheben;

im Bereich der Informationsgesellschaft und des Zugangs zu den neuen Technologien: Entwicklung von Programmen zur Förderung des Zugangs behinderter Menschen zur Information im Rahmen der neuen Wissensgesellschaft. Ebenso sollten öffentliche Systeme für Assistenztechnik und technische Hilfen geschaffen werden, die Menschen mit Behinderungen zu mehr Eigenständigkeit und einer höheren Lebensqualität gewähren;

im Bereich der Zugänglichkeit und der Gestaltung und Formgebung für alle: Verabschiedung allgemeiner Zugänglichkeitspläne, welche Gestaltung und Formgebung für alle als Prämisse in sämtliche Zuständigkeitsbereiche der Gebietskörperschaften einbeziehen (Gebäude, Städteplanung, Infrastrukturen, Verkehrsnetze, virtuelle Räume, Telekommunikation, Kommunikationsmittel, öffentliche Güter und Dienste, öffentliche Dienstleistungen, u.a.);

insbesondere in Bezug auf schwerere Behinderungen von auf Hilfe angewiesenen Menschen zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen im Sinne der Gleichbehandlung nach ihren eigenen Vorstellungen ein selbstständiges Leben führen können und damit in das wohnliche und soziale Umfeld ihrer eigenen Wohngemeinde integriert werden. Dies setzt voraus, dass ihnen Pflege und Unterstützung gewährt wird, so dass sie bei ihren Eltern oder Angehörigen wohnen bleiben und als Erwachsene in eine eigene Wohnung ziehen können. Falls behinderte Menschen nicht bei ihrer Familie oder in einer eigenen Wohnung leben können, müssen für sie besondere, auf ihre persönlichen Bedürfnisse zugeschnittene Heimstrukturen bereitgestellt werden;

in Bezug auf die Bekämpfung der Armut und der sozialen Ausgrenzung vor Ort: Menschen mit Behinderungen in einer prekären sozialen Lage als vorrangige Zielgruppe in die regionalen und lokalen Strategien zur Förderung der sozialen Eingliederung aufzunehmen;

Programme und Maßnahmen für Menschen mit Behinderungen entfalten ihre volle Wirkung auf lokaler und regionaler Ebene durch die Förderung und Unterstützung der persönlichen und sozialen Selbstständigkeit dieser Menschen. In diesem Sinne muss ein grundlegendes Ziel darin bestehen, ihnen sowohl im Hinblick auf das Anmieten als auch den Erwerb den Zugang zu Wohnraum mit Hilfe einer Reihe alternativer Lösungen, wie z.B. Wohngemeinschaften, betreutes Wohnen sowie die Bereitstellung und Anpassung von Sozialwohnungen zu erleichtern;

2.18.9

Indikatoren und statistische Daten über die soziale Situation behinderter Menschen aufzustellen, und vorzugsweise die unterschiedlichen Formen von Behinderung bei der statistischen Erhebung zu berücksichtigen;

2.18.10

Auf ihrem Gebiet ständige Stellen zur Überwachung der Einhaltung der Chancengleichheit und Nichtdiskriminierung von Menschen mit Behinderungen zu schaffen, die den Gebietskörperschaften unterstellt sind;

2.18.11

Gemeinsam mit den örtlichen Behindertenorganisationen dem zivilen Dialog im Bereich der von den Gebietskörperschaften umgesetzten Behindertenpolitik eine ständige Struktur zu geben. Zu diesem Zweck ist es sinnvoll, dass alle Regionen und Städte paritätische Mitbestimmungsräte auf territorialer Ebene einrichten, in denen die regionalen und lokalen Behörden und die entsprechenden repräsentativen Organisationen der Menschen mit Behinderungen vertreten sind;

2.19

erachtet es für notwendig, dass der Ausschuss der Regionen gleichberechtigten Zugang zu seinen Aktivitäten gewährleistet. Ein besonderes Augenmerk muss hierbei auf die Personalpolitik, den räumlichen Zugang und die behindertenfreundliche Gestaltung seiner Internetwebsite gerichtet werden;

2.20

betont, wie wichtig Treffen wie das Seminar zur regionalen Dimension der Behindertenpolitiken sind, da sie den Austausch guter Praktiken und die Vorstellung von Lösungskonzepten ermöglichen, die sich in anderen Ländern für dieselben Probleme als wirksam erwiesen haben.

Brüssel, den 21. April 2004

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


(1)  http://www.europarl.eu.int/comparl/empl/conferences/20031110/note_de.doc (Seite 26, Anhang 1).


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