ISSN 1977-088X

Amtsblatt

der Europäischen Union

C 247

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Mitteilungen und Bekanntmachungen

61. Jahrgang
13. Juli 2018


Inhalt

Seite

 

I   Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

 

STELLUNGNAHMEN

 

Ausschuss der Regionen

 

128. AdR-Plenartagung, 22.3.2018-23.3.2018

2018/C 247/01

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Umsetzung der Europäischen Migrationsagenda

1

2018/C 247/02

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Förderung des Breitbandausbaus in Europa

7

2018/C 247/03

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Halbzeitbewertung des ESF als Beitrag zur Ausarbeitung des Vorschlags für die Zeit nach 2020

11

2018/C 247/04

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Kosten und Risiken einer fehlenden Kohäsionspolitik: Der strategische Wert der Kohäsionspolitik für die Verwirklichung der Ziele des Vertrags und die Bewältigung der neuen Herausforderungen für die Regionen in Europa

16

2018/C 247/05

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Erweiterung: Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der Länder des westlichen Balkans in die makroregionalen, grenzübergreifenden und anderen Initiativen der transnationalen Kooperation in der EU

22

2018/C 247/06

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Handelspaket

28

2018/C 247/07

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Eine europäische Industriestrategie: Rolle und Perspektive der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften

38

2018/C 247/08

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Vorschlag für einen Europäischen Verteidigungsfonds

43


 

III   Vorbereitende Rechtsakte

 

AUSSCHUSS DER REGIONEN

 

128. AdR-Plenartagung, 22.3.2018-23.3.2018

2018/C 247/09

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Das geänderte Programm zur Unterstützung von Strukturreformen (SRSP) und neue Haushaltsinstrumente für das Euro-Währungsgebiet

54

2018/C 247/10

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Europäische Bürgerinitiative

62


DE

 


I Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

STELLUNGNAHMEN

Ausschuss der Regionen

128. AdR-Plenartagung, 22.3.2018-23.3.2018

13.7.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 247/1


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Umsetzung der Europäischen Migrationsagenda

(2018/C 247/01)

Berichterstatter:

Dimitrios Kalogeropoulos (EL/EVP), Politisch Verantwortlicher gegenüber dem Gemeinderat von Palaio Faliro

Referenzdokument:

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zur Umsetzung der Europäischen Migrationsagenda

COM(2017) 558 final

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

Vorbemerkungen

1.

betont, dass Migrationsbewegungen aus verschiedenen Gründen untrennbarer Bestandteil der menschlichen und vor allem der europäischen Geschichte sind; betont, dass die europäischen Städte und Regionen durch die hohe Zahl von Migranten aufgrund der Instabilität in Drittländern einer erheblichen Belastung ausgesetzt sind. Europa und insbesondere die Regionen an seinem südlichen und östlichen Rand sowie im vergangenen Jahr der westliche Mittelmeerraum und die Küstengebiete Spaniens einschließlich seiner südlichen Atlantikküste sind seit Langem Quelle von Migration, sind in den letzten Jahren jedoch auch zu einem der Hauptziele von Einwanderern und Flüchtlingen aus Drittstaaten geworden.

2.

In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Migranten und Flüchtlinge vor allem aus afrikanischen und asiatischen Ländern, aber auch aus dem Nahen Osten, die in die Mitgliedstaaten der Europäischen Union gelangen wollen, extrem gestiegen. Seit 2015 hat Europa eine so große Zahl an Migranten und Flüchtlingen aufgenommen wie seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges nicht mehr. Faktoren wie die anhaltende Krise in Syrien, die Entstehung von Unruheherden in verschiedenen Regionen Afrikas und Asiens sowie der Wunsch vieler Einwohner dieser beiden Kontinente nach einem besseren Leben in Europa haben entscheidend zur Verschärfung des Phänomens beigetragen, wobei die Ankunftsländer in der EU hauptsächlich die am Mittelmeer gelegenen Mitgliedstaaten und dabei vor allem Griechenland und Italien sind.

3.

Um dieser beispiellosen Herausforderung möglichst wirksam zu begegnen, hat die Europäische Union im Mai 2015 die Europäische Migrationsagenda (1) beschlossen. Als vordringlichste Priorität ging es darum, angesichts der humanitären Tragödien im Mittelmeer Menschenleben auf See zu retten und dafür EU-Maßnahmen in folgenden Bereichen zu entwickeln: a) die Optimierung der Such- und Rettungseinsätze, b) die Bekämpfung krimineller Schleusernetze, c) die Umverteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU, d) die Wiederansiedlung von Vertriebenen an ihren Herkunftsorten, e) die Zusammenarbeit mit Drittstaaten, um die Migration bereits an der Quelle anzugehen, und f) die Unterstützung für die Mitgliedstaaten, die den größten Zustrom an Migranten und Flüchtlingen verzeichnen. In der Europäischen Migrationsagenda sind auch vier Schwerpunkte für eine umfassende Migrationspolitik der EU festgelegt: a) die Anreize für irreguläre Migration reduzieren, b) Menschenleben retten und Außengrenzen sichern, c) die Voraussetzungen für eine kohärente Umsetzung eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems schaffen und d) eine neue Politik für legale Migration festlegen.

4.

Die Geschichte lehrt, dass Migranten gefährlichere Routen auf sich nehmen, um ihre Zielländer zu erreichen, wenn es keine legalen Migrationskanäle gibt. Deshalb liefern sie sich organisierten Schleppern aus, unter Gefahr für ihr Leben und ihre körperliche Unversehrtheit. Dabei verschärft sich besonders die Gefährdungslage für Frauen.

Besondere Bemerkungen

5.

Der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) weist eingangs darauf hin, dass die Europäische Migrationsagenda zwar in erster Linie in die Zuständigkeit der nationalen Regierungen fällt, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften jedoch in diesem Bereich auch eine wesentliche Rolle spielen;

6.

stellt fest, dass den Gebietskörperschaften eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit der gestiegenen Aufnahme von Flüchtlingen und Migranten zukommt. Sie sind es, die die Flüchtlinge und Migranten aufnehmen, versorgen, unterbringen und menschenwürdige Lebensbedingungen für sie schaffen sollen, oft für einen unbestimmt langen Zeitraum, und die sie in vielen Fällen bei der Integration unterstützen müssen. Dies betrifft insbesondere die Regionen an den äußersten Grenzen der EU (etwa die nahe der türkischen Küste gelegenen griechischen Ägäisinseln, bestimmte Inselgebiete Italiens sowie die Provinzen Cádiz, Granada und Almería an der andalusische Küste Spaniens, die spanischen Exklaven Ceuta und Melilla und die Kanarischen Inseln), wo die Migranten erstmals EU-Gebiet erreichen;

7.

betont in diesem Zusammenhang, dass die Gebietskörperschaften an allen Phasen der Gestaltung und Umsetzung der Europäischen Migrationsagenda beteiligt werden müssen, etwa an der Festlegung der Prioritäten, der Bewertung der Ergebnisse sowie der Überwachung der Auswirkungen der diesbezüglichen nationalen Strategien auf die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften. An diesem Prozess müssen alle Regierungsebenen auf transparente Weise beteiligt werden, allen voran die Gemeinden und lokalen Gebietskörperschaften;

8.

begrüßt die Anstrengungen der EU zur Unterstützung nachhaltiger Maßnahmen und Verwaltungsstrukturen in Migrations- und Asylfragen und ist der Auffassung, dass dazu auch die Hilfe bei der Schaffung oder Stärkung regionaler und lokaler Institutionen gehören muss, und zwar durch wirksame finanzielle und fachliche Unterstützung und Schulung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften mit dem Ziel, die humanitäre Hilfe sowie die derzeitigen und künftigen finanziellen Mittel vor allem bei der Erstaufnahme bestmöglich zu nutzen; diesbezüglich ist es angebracht, dass diejenigen Regionen, die am stärksten von den Migrationsströmen betroffen sind oder einen hohen Migrantenanteil aufweisen, direkten Zugang zu EU-Mitteln für Integrationsförderung erhalten;

9.

verweist darauf, dass die von ihm vertretenen nachgeordneten Gebietskörperschaften große Bemühungen aufwenden und entsprechend erhebliche Mittel in die Bewältigung humanitärer Probleme vor Ort investieren, die aus den Flüchtlings- und Migrationsströmen erwachsen. Der AdR hat sich in diesem Rahmen bereits als wertvoller Partner weiterer beteiligter Institutionen (auch der Europäischen Kommission) bei der Umsetzung der Europäischen Migrationsagenda erwiesen;

Prioritäten

10.

hält es für selbstverständlich, dass die komplizierte Natur des Problems einerseits eine enge Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten erfordert und dass andererseits jede Maßnahme, die die EU und die Mitgliedstaaten ergreifen, stets dem übergeordneten Grundsatz der Achtung und des Schutzes des internationalen Rechts und der Menschenrechte entspricht;

11.

hält es für dringend erforderlich, dass die EU ihre Anstrengungen zur Konsolidierung und Stärkung des gemeinsamen europäischen Rahmens für Migration und Asyl fortsetzt und auch ihre Präventivmaßnahmen fortführt, um das Problem der irregulären Einwanderung anzugehen, die Stabilität zu fördern und die Achtung der Grundrechte in ihrer Nachbarschaft zu gewährleisten. Die EU muss in der Lage sein, die Mitgliedstaaten zu unterstützen, die besonders durch die Migrations- und Flüchtlingsströme belastet werden, und ihre Politik auf den Grundsatz der Solidarität stützen, wobei die Mittelmeeranrainerstaaten und auch die spanischen Exklaven Ceuta und Melilla umfassender Unterstützung bedürfen;

12.

betont die Notwendigkeit von Präventivmaßnahmen in Bezug auf die irreguläre Einwanderung, damit die Hilfe auf jene Menschen konzentriert werden kann, die wirklich Schutz brauchen; äußert sich außerdem zutiefst besorgt über den modernen Sklavenhandel in einigen afrikanischen Staaten, der infolge der illegalen Schlepperrouten und -praktiken entstanden ist und vor allem durch Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung, dessen Opfer Frauen und Mädchen sind, genährt wird;

13.

ist der Meinung, dass die Europäische Union als größter Geldgeber in der Entwicklungspolitik um eine Koordinierung der Migrationspolitik und der internationalen Entwicklungszusammenarbeit bemüht sein muss; hält es allerdings für gefährlich, dass einige internationale Gremien (Entwicklungsausschuss der OECD) zulassen, dass Aufwendungen der Industrieländer für die Betreuung von Flüchtlingen auf die öffentliche Entwicklungshilfe angerechnet werden;

14.

hebt die Bedeutung der internationalen Entwicklungszusammenarbeit als öffentliche Politik zur Verbesserung der Lebensbedingungen in Drittländern hervor, die zum Ziel hat, Ungleichheiten abzubauen und im Rahmen humanitärer Maßnahmen auf die Gegebenheiten einzuwirken, die unfreiwilliger Migration zugrunde liegen;

15.

teilt die Auffassung, dass angesichts der gegenwärtigen Bedingungen Maßnahmen in sechs Bereichen ergriffen werden müssen: a) Sofortmaßnahmen und Unterstützung für Mitgliedstaaten, die aufgrund der gestiegenen Flüchtlings- und Migrationsströme in eine Notlage geraten sind, b) Reduzierung der Anreize für eine andauernde irreguläre Migration, c) Kontrolle der Außengrenzen der EU, d) Asylpolitik, e) Kontrolle der regulären Einwanderung und Integration der Migranten in die Gesellschaft sowie f) Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern;

Reaktion auf Notsituationen

16.

begrüßt die bisherigen Maßnahmen der EU zur Bewältigung kritischer Situationen, die aufgrund der gestiegenen Migrations- und Flüchtlingsströme in den letzten Jahren entstanden sind. Zu diesen Maßnahmen gehören:

die gemeinsamen Operationen Triton und Poseidon im zentralen bzw. im östlichen Mittelmeerraum,

die Gewährung wirtschaftlicher Soforthilfe für die Mitgliedstaaten, die am stärksten betroffen sind und die die grundlegenden sanitären, sozialen und juristischen Dienstleistungen der Regionen für die Migranten und Flüchtlinge verstärken müssen,

die Schaffung und der Betrieb von Erstaufnahme- und Registrierungszentren (Hotspots) in Griechenland und Italien, wobei auch die Ankunftsorte in Andalusien berücksichtigt werden müssen,

die Vereinbarung zwischen der EU und der Türkei, in deren Ergebnis der unkontrollierte Zustrom aus der Türkei nach Griechenland erheblich zurückgegangen ist (wobei diese nicht als Modell zur Bewältigung der Migrationsprobleme dienen darf), die jedoch zugleich Bedenken in Bezug auf ihre Vereinbarkeit mit internationalen Menschenrechtsstandards und ihre „Nachhaltigkeit“ als Teil einer umfassenden politischen Reaktion der EU auf die Krise ausgelöst hat,

die Gewährung von Unterstützung für die libysche Küstenwache, die im Rahmen der Operation EUNAVFOR MED SOPHIA zur Verringerung des Zustroms nach Italien beigetragen hat,

die Aufstockung der Mittel des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds, aus dem die Mitgliedstaaten stärker unterstützt werden konnten, wobei diese Mittel in die Regionen fließen müssen;

17.

räumt ein, dass die EU noch konsequentere Maßnahmen ergreifen muss, um

die Unterstützung in den Erstaufnahmeländern der Flüchtlinge und Migranten zu verstärken, mit besonderem Schwerpunkt auf den Gebietskörperschaften in Regionen, die aufgrund ihrer geografischen Lage den Hauptteil der Flüchtlinge und Migranten aufnehmen (etwa den griechischen Inseln der Ägäis oder Italien sowie der Südküste Spaniens und den spanischen Inseln),

die Regionen zu entlasten, die, wie bereits dargelegt, den Hauptteil der Flüchtlinge und Migranten aufnehmen, und dabei unter anderem Aspekte zu berücksichtigen wie die Besonderheiten infolge der Insellage,

die Vereinbarung zwischen der EU und der Türkei unter uneingeschränkter Wahrung der humanitären und völkerrechtlichen Standards umzusetzen, einschließlich der Vorkehrungen für die Rückführung von Personen in die Türkei bei gleichzeitiger Gewährleistung des Zugangs zu ordnungsgemäßen Asylverfahren für all jene, die Anspruch darauf haben,

denjenigen Gruppen die erforderliche Unterstützung zu gewähren, die am meisten unter der erzwungenen Migration leiden, insbesondere den unbegleiteten Minderjährigen;

18.

weist auf die positive Rolle hin, die einige NGO bei der Bewältigung der größten Probleme in Bezug auf Unterbringung, Verpflegung, gesundheitliche Versorgung usw. der Flüchtlinge und Migranten gespielt haben, vor allem in Regionen, die den Hauptteil der Flüchtlinge und Migranten aufnehmen; betont jedoch, dass die Maßnahmen der NGO in enger Zusammenarbeit mit den Gebietskörperschaften besser koordiniert werden müssen, einerseits um sie rationeller und effizienter zu gestalten und andererseits damit sie dem Bedarf und den Gegebenheiten vor Ort entsprechen, aber auch damit sie der erforderlichen Transparenz und Rechenschaftspflicht unterliegen; ist der Ansicht, dass der Europäische Freiwilligendienst in Zusammenarbeit mit NGO und Behörden eine wichtige Rolle bei der Aufnahme von Flüchtlingen und Migranten übernehmen könnte;

19.

unterstreicht die Bedeutung der von der EU und ihren Mitgliedstaaten geleisteten internationalen humanitären Hilfe für Drittländer in Krisensituationen, die in engem Zusammenhang mit der Zunahme der Migrationsströme stehen;

Beseitigung der Anreize zur irregulären Migration

20.

hält es für unabdingbar, dass die EU die Bemühungen fortsetzt, die sie in Zusammenarbeit mit Drittstaaten zur Bekämpfung von Schleusernetzen unternimmt, insbesondere in den Herkunftsländern der irregulären Migranten und in den Transitländern;

21.

betont, dass eine solide Rechtsgrundlage für die Operation EUNAVFOR MED SOPHIA nötig ist, um deren Wirksamkeit zu verstärken und dafür zu sorgen, dass sie der weiteren Zerschlagung des Geschäftsmodells von Schleusern und Menschenhändlern dient; fordert die EU-Organe etwa auf, mit der libyschen Küstenwache zusammenzuarbeiten, um das illegale Ablegen von Schlauchbooten und Booten Richtung EU zu unterbinden; stellt fest, dass sich die Patrouillentätigkeiten, darunter auch die Unterstützung bei Such- und Rettungsmaßnahmen, allmählich von den Gewässern nahe Italien hin zu den Gewässern in der Nähe zu Libyen verlagert haben; räumt ein, dass dies u. a. zu einem Wandel des Geschäftsmodells der Schleuser geführt hat, die irreguläre Migranten und Flüchtlinge in billige und völlig seeuntüchtige Schlauchboote ohne jegliche Aussicht auf das Erreichen der italienischen Küste setzen, in der Annahme, dass sie in libyschen Gewässern bzw. in ihrer Nähe aufgegriffen werden;

22.

begrüßt die Einrichtung des Europäischen Zentrums zur Bekämpfung von Schleusernetzen als besonders konstruktiven Schritt;

23.

fordert die Europäische Kommission auf, weitere Initiativen zur Erstellung eines kohärenten Aktionsplans einzuleiten, wobei alle Mitgliedstaaten, die zuständigen Institutionen der EU sowie andere einschlägige Organisationen einzubeziehen sind, damit Schleusernetze wirksamer bekämpft werden können;

24.

hält es für notwendig, die Effizienz des europäischen Rahmens für die Rückführung von Personen ohne Aufenthaltsrecht zu verbessern, sodass mehr Personen zurückgeführt werden können, wobei die europäischen und internationalen Standards einzuhalten sind;

Grenzmanagement

25.

begrüßt die Einrichtung der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache als besonders wichtige Entwicklung und als entscheidenden Schritt in Richtung eines wirksameren Schutzes der Außengrenzen der EU. Die Tätigkeit der Agentur bietet die Möglichkeit einer engeren Abstimmung der Mitgliedstaaten und gewährleistet die rechtzeitige und effiziente Reaktion auf jene Fälle, in denen dringendes Handeln an den Außengrenzen geboten ist;

26.

räumt ein, dass die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache in einigen Bereichen noch stärker tätig werden könnte. Dies betrifft etwa a) die Gewährung technischer und operativer Unterstützung für Einsätze zur Suche und Rettung von in Seenot geratenen Personen bei Grenzüberwachungseinsätzen, b) die Organisation, Koordinierung und Durchführung von Rückführungsmaßnahmen und -einsätzen und c) die Förderung der operativen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten bei der Kontrolle der EU-Außengrenzen; betont, dass die Zahl der Überfahrten reduziert und das illegale Ablegen von Schlauchbooten und Booten in Richtung EU unterbunden werden muss;

27.

bestärkt die Europäische Kommission darin, Leitlinien für die Einrichtung und Tätigkeit von Erstaufnahme- und Registrierungszentren (Hotspots) an allen Außengrenzen der Mitgliedstaaten zu erstellen, die unter anderem die umfassende Einhaltung der Grundrechte der EU und der internationalen Grundrechte gewährleisten und einen konkreten Rahmen für deren Verwaltung vorgeben. Dazu sollten die Erfahrungen genutzt werden, die bei der Einrichtung und Tätigkeit der Erstaufnahme- und Registrierungszentren in Griechenland und Italien (unter anderem auch in den einschlägigen Gebietskörperschaften) gemacht wurden und die unter anderem zeigen, dass der spezifische Umgang mit Flüchtlingen einerseits und Migranten andererseits geprüft werden muss;

Gemeinsame Asylpolitik

28.

hält es für dringend notwendig, dass das Gemeinsame Europäische Asylsystem an den aktuellen dringenden Bedarf angepasst wird, und ist in diesem Zusammenhang der Auffassung, dass das Dublin-System, in dem die Kriterien und Verfahren festgelegt sind, nach denen ermittelt wird, welcher Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist, unbedingt überprüft werden muss; fordert die Mitgliedstaaten in diesem Zusammenhang auf, Fortschritte bei der vorgeschlagenen Reform der einschlägigen EU-Rechtsvorschrift zu erzielen, die zwar wahrscheinlich nicht ausreichend ist, jedoch in die richtige Richtung geht;

29.

weist darauf hin, dass die Flüchtlinge und Migranten nach dem gegenwärtigen System nicht gleichmäßig auf die Mitgliedstaaten verteilt werden, wobei die größte Belastung jene Mitgliedstaaten zu tragen haben (vor allem Griechenland und Italien), auf die aufgrund ihrer geografischen Lage der bei Weitem größte Anteil des Zustroms entfällt. Die aktuelle Situation schürt soziale Spannungen und Unzufriedenheit in den Ländern, die von dem unverhältnismäßigen Zustrom von Flüchtlingen und irregulären Migranten betroffen sind, insbesondere auf lokaler Ebene, und führt zu Sekundärmigration innerhalb der EU. Für eine effizientere Bewältigung des Problems ist es nötig, unter Einbeziehung der am stärksten betroffenen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu prüfen, ob langfristig die Möglichkeit besteht, die Zuständigkeit für die Prüfung der Asylanträge von der nationalen Ebene auf die EU-Ebene zu verlagern; fordert die Mitgliedstaaten zudem auf, das Verfahren zur Prüfung eines Asylantrags zu beschleunigen, ohne die Rechtssicherheit auszuhöhlen;

30.

bewertet den Plan für eine anteilmäßige Verteilung der Flüchtlinge auf alle Mitgliedstaaten als konstruktiv, räumt jedoch ein, dass der Plan trotz erzielter Fortschritte noch nicht gänzlich funktioniert;

31.

unterstreicht, dass Voraussetzung für eine wirksame Steuerung der großen Zahl an Asylbewerbern die Umsetzung des Grundsatzes der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten ist;

32.

betont, dass Frauen (vor allem Mütter und Schwangere) und Kinder (vor allem unbegleitete), die die schwächsten Gruppen unter den Flüchtlingen sind, besonderen Schutz erfahren müssen. In den Ländern, in denen die Verwaltungszuständigkeit für die Vormundschaft für unbegleitete Minderjährige bei den Regionen liegt, müssen diese Regionen eine finanzielle Unterstützung für die Betreuung dieser unbegleiteten minderjährigen Migranten erhalten;

Legale Migration und Integration

33.

verweist mit Nachdruck darauf, dass für Menschen, die legal einwandern bzw. nach dem Völkerrecht Anspruch auf internationalen Schutz haben, sichere Wege für die Migration in die EU geschaffen werden müssen, bspw. Visa aus humanitären Gründen, erweiterte Familienzusammenführung und private Förderprogramme. Dazu müssen die bestehenden Formen der Zusammenarbeit mit Drittstaaten einerseits konsolidiert und andererseits erweitert werden, unabhängig davon, ob es sich um die Herkunftsländer der Migranten oder um die Transitländer auf ihrem Weg in die EU handelt. Die Schaffung von Erstaufnahme- und Registrierungszentren auf dem Gebiet von Drittstaaten ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung, weshalb die EU alle notwendigen Maßnahmen ergreifen muss, damit entsprechende Vereinbarungen mit Drittstaaten unter umfassender Wahrung des Unionsrechts und internationaler Menschenrechtsstandards geschlossen werden können. Parallel muss ein kohärenter Rahmen von Leitlinien und Regeln geschaffen werden, damit die Einhaltung aller erforderlichen Voraussetzungen für die reibungslose Tätigkeit der Hotspots gewährleistet ist.

34.

Priorität hat die möglichst rasche und umfassende Integration der Drittstaatsangehörigen (reguläre Migranten und Flüchtlinge) in die Gesellschaften der Mitgliedstaaten, die zudem auf vielen Ebenen und in kohärenter Weise zu erfolgen hat. Allerdings sind einerseits die lokalen Besonderheiten der Aufnahmeländer und andererseits die Besonderheiten und die (ethnische, sprachliche, religiöse usw.) Vielfalt der Drittstaatsangehörigen zu berücksichtigen. Das gewählte Konzept muss deshalb auf die besonderen Bedingungen in jedem einzelnen Fall abgestimmt sein;

35.

stellt fest, dass die Integrationsmaßnahmen nur dann erfolgreich sein werden, wenn sie auf den Grundsätzen der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte, der Gleichheit von Mann und Frau, der Toleranz, der Freiheit der Meinungsäußerung und der Rechtsstaatlichkeit beruhen, die die Eckpfeiler der europäischen Werte sind;

36.

erachtet es als wesentlich, dass Zivilgesellschaft und Privatsektor auf lokaler und regionaler Ebene in jeden Fahrplan zur Integration von Migranten eingebunden werden, wobei der Erfolg eines jeden Integrationsprojekts entscheidend vom Zugang zu menschenwürdiger Arbeit abhängt; macht die Europäische Kommission diesbezüglich auf einschlägige bewährte Verfahren auf internationaler Ebene aufmerksam, deren Erfolg genau darauf beruht, dass die Einwohner vor Ort von Anfang an eingebunden wurden;

37.

ist der Meinung, dass den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eine wichtige Rolle bei der Aufstellung von Fahrplänen für eine vollständige Integration von Migranten und Flüchtlingen zukommt; appelliert diesbezüglich an die Europäische Kommission, bewährte Verfahren und Pilotprojekte zu berücksichtigen, die von internationalen Gremien wie dem UNHCR unterstützt und von europäischen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bereits umgesetzt werden;

Die Rolle der Gebietskörperschaften und des AdR

38.

betont die besondere Rolle, die die Gebietskörperschaften in allen genannten Bereichen spielen können und müssen. Sie kümmern sich vor Ort um alle Fragen im Zusammenhang mit den Migrations- und Flüchtlingsströmen und müssen deshalb mit den notwendigen finanziellen Mitteln ausgestattet werden, um diese Herausforderungen zu bewältigen. Dies erfordert einen EU-Haushalt, der dem erhöhten Bedarf im Hinblick auf die — auf die verschiedenen Ebenen gemäß der tatsächlich durchgeführten Aktivitäten verteilten — Verantwortung der EU für den Schutz ihrer Außengrenzen und für die Migration entspricht; hält eine enge Einbindung der subnationalen Verwaltungen und Behörden bei der Einführung einer Steuerung für hilfreich, mit der zwischen den verschiedenen Ebenen koordinierte und kohärente Maßnahmen konzipiert und umgesetzt werden können; ist der Auffassung, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in diesem Sinne in die Verwaltung des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds eingebunden werden sollten;

39.

betont schließlich die Rolle des AdR, einerseits als institutionelles Sprachrohr der Gebietskörperschaften auf EU-Ebene und andererseits als Gremium, das den Dialog mit den Herkunftsländern der Flüchtlinge und Migranten sowie den Transitländern aktiv vorantreiben kann, und zwar durch Institutionen wie die Versammlung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften Europa-Mittelmeer (ARLEM) und die Konferenz der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften der Länder der Europäischen Union und der Östlichen Partnerschaft (CORLEAP).

Brüssel, den 22. März 2018

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Karl-Heinz LAMBERTZ


(1)  COM(2015) 240 final.


13.7.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 247/7


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Förderung des Breitbandausbaus in Europa

(2018/C 247/02)

Berichterstatter:

Mart Võrklaev (EE/ALDE), Bürgermeister der Gemeinde Rae

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

Allgemeine Bemerkungen

1.

weist darauf hin, dass nach Angaben der Weltbank (1) das rasche Wachstum der digitalen Technologien weltweit einen tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel ausgelöst hat und das Internet mittlerweile zu einer wesentlichen Infrastruktur geworden ist, die die Kosten für den Informationsaustausch senkt und zu Innovationen beiträgt, die ihrerseits wiederum zu einer besseren Konnektivität zwischen den Menschen, den Unternehmen und dem Staat führen;

2.

begrüßt die Arbeit der gemeinsamen Breitbandplattform zusammen mit der Europäischen Kommission mit dem Ziel einer besseren Zusammenarbeit, einer besseren Regulierung und Umsetzung der digitalen Konnektivität in Europa und natürlich deren besserer Finanzierung;

3.

ist sich der Tatsache bewusst, dass die in der Union verfügbare Grundversorgung mit Festnetz-Breitbandanschlüssen bei den Haushalten 2015 bei 97 % lag (mit einer Nutzungsrate von 72 %) und dass die Reichweite der auf der Drahtlostechnologie basierenden Dienste sogar noch höher lag. Allerdings ist die Situation in Bezug auf die Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit von Festnetz-Breitbandanschlüssen in Ballungsräumen und ländlichen Gebieten in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich;

4.

macht darauf aufmerksam, dass laut dem Siebten Kohäsionsbericht mehr Investitionen erforderlich sind, da zwar in allen Haushalten in der EU eine grundlegende Breitbandversorgung verfügbar ist, die sehr viel schnelleren Breitbandnetze der neuen Generation (NGA) aber nur 40 % der Bewohner ländlicher Gebiete im Vergleich zu 90 % der Stadtbewohner zur Verfügung stehen;

5.

weist darauf hin, dass eine langsame Internetverbindung und die geringe Durchdringung in ländlichen Gebieten sowie die spezifischen Probleme in dünn besiedelten Gebieten und in Regionen in äußerster Randlage der EU zu einem Hindernis für das Erreichen der ehrgeizigen Ziele der EU für 2020 bis 2025 werden könnten. Die Verwirklichung dieser Ziele könnte der Europäischen Kommission zufolge der EU jährlich schätzungsweise 146,5 Mrd. EUR einbringen, und gleichzeitig könnten bis zu 2,4 Mio. neue Arbeitsplätze geschaffen werden;

6.

teilt die Auffassung der G20 (2), dass mit der Überwindung der digitalen Kluft letztlich angestrebt wird, allen Bürgern auf inklusive Weise die Möglichkeit zu geben, zu gleichen Bedingungen von der digitalen Entwicklung zu profitieren, deren Vorteile von mehr Effizienz über eine stärkere soziale und wirtschaftliche Teilhabe bis hin zu mehr Teilhabemöglichkeiten an einer neuen Wirtschaft reichen. Die digitale Kluft hat zwei Dimensionen: die Möglichkeit des Zugangs zu einer guten Breitband-Internetverbindung sowie die Möglichkeit und die Motivation, Internetdienste zu nutzen;

7.

weist darauf hin, dass es für die Entwicklung der gesamten EU wichtig ist, das Problem der so genannten „letzten Meile“ zu lösen und dass für die Lösung dieses Problems flexible Maßnahmen erforderlich sind;

8.

verweist auf die mögliche wichtige Rolle der IKT-Infrastruktur und der Breitbandanbindung in Verbindung mit dem Kapazitätsausbau bei dem durch den Bevölkerungsrückgang bedingten Strukturwandel in ländlichen Gebieten, denn Landflucht und die Marginalisierung ländlicher Gebiete sind ein wachsendes Problem in ganz Europa;

Konnektivitätsprobleme und mögliche Lösungen

9.

ist der Auffassung, dass mehrere große Herausforderungen angegangen werden müssen, wie z. B.:

begrenzte Netzanbindungen mit sehr hoher Geschwindigkeit für feste und mobile Infrastrukturen in der ganzen EU;

die Gefahr unzureichender Kapazitäten für die Reaktion auf einen schnellen Wandel auf dem Markt und bei der Technologie, wie etwa das Aufkommen des Internets der Dinge;

administrative Hürden aufgrund von Überregulierung und mangelnder Kohärenz, einschließlich der Vorschriften für staatliche Beihilfen;

10.

äußert Besorgnis in Bezug auf die Nachfrage nach Anbindung in bestimmten Gebieten, was erkennen lässt, wie wichtig schulische Lehrpläne und E-Learning-Programme für Erwachsene sind. Bei Breitband geht es nicht nur um die Finanzierungsproblematik, sondern auch um die Nachfrage nach Aufbau und Nutzung der Infrastruktur. Alle öffentlichen Einrichtungen, Schulen und Bildungseinrichtungen müssen mit einer schnellen Breitbandverbindung ausgestattet sein;

11.

stellt fest, dass in einigen Ländern und Regionen auch das begrenzte technische Wissen und die fehlenden Informationen über die Finanzierungsmöglichkeiten für die Breitband-Infrastrukturen und die sog. bewährten Vorgehensweisen ein Problem sein können;

12.

begrüßt nachdrücklich die Schaffung fachkundiger Breitband-Kompetenzzentren (Broadband Competence Offices) sowie die Kooperation der verschiedenen Generaldirektionen der Europäischen Kommission zur Verfolgung des gemeinsamen Ziels, was sich auch im künftigen EU-Haushalt widerspiegeln sollte;

13.

hält es für erforderlich, dass in allen Mitgliedstaaten Kompetenzzentren eingerichtet werden, die ein gemeinsames Kooperationsnetz bilden, und dass die Regionen und lokalen Behörden diese Zentren auch kontaktieren, bevor nach Lösungen gesucht wird — schon im Vorfeld sollen Konsultationen durchgeführt und optimale Lösungen auf der Grundlage der nationalen und regionalen Besonderheiten gesucht werden;

14.

begrüßt das Fünf-Punkte-Instrumentarium für die ländlichen Gebiete der EU, das Fortschritte im Sinne einer besseren Breitbandversorgung verspricht;

15.

verfolgt aufmerksam, wie das Intelligente-Dörfer-Konzept der Cork-2.0-Erklärung „Für ein besseres Leben im ländlichen Raum“ sein Potenzial entfaltet. Dabei geht es um Investitionen in den IKT-Sektor, um die Lebensqualität zu verbessern und den Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen und Infrastrukturen zu gewährleisten, wobei gleichzeitig territoriale Besonderheiten berücksichtigt werden müssen;

16.

begrüßt diesbezüglich den stärkeren Fokus auf maßvoller Regulierung und Infrastrukturwettbewerb zur Investitionsförderung, der die Bestimmungen über den Netzzugang kennzeichnet, sowie den Schwerpunkt auf marktorientierten kollaborativen Lösungen zur Förderung des weiteren Infrastrukturausbaus auf lokaler und regionaler Ebene, wo dies aus geschäftlicher Sicht nicht einfach ist. Es ist wichtig, dass die Zugangsregulierung dazu beiträgt, eine digitale Kluft bei Netzen mit sehr hoher Kapazität zu verhindern und den territorialen Zusammenhalt zu stärken;

17.

ist der Ansicht, dass es im Sinne des Wettbewerbs sowohl im Festnetz- als auch im 5G-Markt erforderlich ist, eine Trennung von Diensten und Netzen nach dem Vorbild des Energiesektors (Entflechtung) durchzuführen. So wurde beispielsweise in einer Reihe von EU-Mitgliedstaaten (Schweden, Vereinigtes Königreich usw.) eine völlige Trennung zwischen Telekommunikationsdienstleistungen und Netzbetrieb vorgenommen. Der AdR ist der Auffassung, dass die Glasfasernetze solchen Telekommunikationsunternehmen gehören sollten, deren Geschäftsmodell auf dem gleichberechtigten Netzzugang aller Dienstleister beruht. Auf diese Weise könnten viele Dienstleister auf dem Markt agieren, die Verbraucher könnten Dienste mit dem gewünschten Preis-Leistungsverhältnis wählen, und überdies würde auch noch die langfristige Entwicklung des Bereichs gewährleistet;

18.

ist der Ansicht, dass es in einem solchen Fall gleiche Chancen für alle bei der Entwicklung von 5G-Netzen gibt — es sollte keine Abhängigkeit von grundlegenden Infrastrukturen der marktbeherrschenden Telekommunikationsunternehmen bestehen. Demnach sollte die EU gerade den Aufbau offener Netze unterstützen und auch die Mitgliedstaaten in diese Richtung lenken, sodass alle neuen und bereits bestehenden Glasfasernetze betreiberunabhängig gemacht werden;

19.

betont die Bedeutung genauerer geografischer Erhebungen aus marktanalytischer Perspektive über bestehende Infrastrukturen und künftig geplante Vorhaben zur Ermittlung von Gebieten mit Netzausbaudefizit. Da solche Gebiete tendenziell eher in dünn besiedelten und strukturschwachen Regionen zu finden sind, dürfte die Wirksamkeit öffentlicher Fördermittel durch eine korrekte Erfassung dieser Gebiete erhöht werden;

20.

plädiert für gesetzliche Regelungen in den Mitgliedstaaten, um bestehende Infrastrukturen (Stromnetze, Strommasten usw.) beim Ausbau des Breitbandnetzes möglichst flexibel nutzen zu können und dadurch Geld und Zeit bei der Bereitstellung neuer Breitbandstrukturen zu sparen;

21.

hebt hervor, dass im derzeitigen Programmplanungszeitraum 14 Mrd. EUR aus den ESI-Fonds für die Schaffung von Breitbandstrukturen vorgesehen sind;

22.

unterstützt die Bemühungen zur Förderung des Breitbandausbaus durch eine Stärkung der Kohäsionspolitik, um unter anderem sicherzustellen, dass mit der Hilfe der Kohäsionspolitik die schwerwiegendsten Fälle von Marktversagen in den ländlichen, dünn besiedelten Gebieten der EU behoben werden können. Dies schließt eine Aufstockung der Finanzinstrumente (beispielsweise Darlehensfinanzierungen) in Zusammenarbeit mit der Europäischen Investitionsbank und anderen Förderbanken nicht aus;

23.

tritt für eine stärkere Rolle der Fazilität „Connecting Europe“ und des EFSI bei der Finanzierung von Finanzierungsinstrumenten und Mischfinanzierungsfazilitäten (Kombinierung von Finanzhilfen mit Finanzierungsinstrumenten) ein, um nicht so schwerwiegende Fälle von Marktversagen anzugehen, wie z. B. den Mangel an Beteiligungskapital bei kleineren Projekten in wirtschaftlich rentableren Gebieten. Solche ergänzenden Maßnahmen würden qualitativ hochwertige Breitbandverbindungen in allen Regionen der EU gewährleisten;

24.

empfiehlt, eine gemeinsame Breitbandplattform als Instrument der Zusammenarbeit zu nutzen und auch die Generaldirektion REGIO in die Arbeit dieser Plattform einzubinden;

25.

unterstützt die Förderung der Inanspruchnahme von EU-Programmen und die Entwicklung neuer Konzepte für öffentlich-private Partnerschaften zugunsten von Investitionen in den Breitbandausbau;

26.

bekräftigt seine Forderung, dass in Gebieten, in denen Großunternehmen nicht an Investitionen interessiert sind und kleine Unternehmen Schwierigkeiten bei der Erfüllung der Anforderungen haben, vereinfachte Modelle entwickelt werden müssen, damit kleine Unternehmen leichter investieren können, um Lösungen für diese unterversorgten Gebieten bereitzustellen, oder Projekte für den Breitbandausbau als Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (3) aufgefasst werden sollten;

27.

weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es wichtig ist, die Verfahren zu vereinfachen, da sich die Technik schneller entwickelt als der Ausbau entsprechender Strukturen;

28.

ist der Auffassung, dass wirklich funktionierende Entwicklungspläne für den Breitbandausbau nur im Konsens zwischen den Telekommunikationsunternehmen, den Staaten sowie den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften erarbeitet werden können, wodurch eine Berücksichtigung der Interessen aller Staaten, Städte und Regionen gewährleistet wird. In Ländern, in denen eine solche Einigung erzielt wurde (Schweden, Vereinigtes Königreich usw.), ist der Breitbandausbau bereits weiter fortgeschritten. Wenn keine Einigung erzielt wird, besteht die Gefahr, dass die Breitbandabdeckung außerhalb der Ballungszentren unzureichend bleibt;

29.

begrüßt die hervorragende Initiative der Europäischen Investitionsbank zur Einrichtung eines Fonds für den Breitbandausbau und drängt auf deren zügige Umsetzung; hofft, dass dies zur Finanzierung insbesondere kleiner Projekte und zur Beseitigung „weißer Flecken“ beitragen wird;

30.

erinnert an die Empfehlungen des AdR an die hochrangige Gruppe zur Vereinfachung für die Zeit nach 2020, in denen die Notwendigkeit einer Angleichung der Bestimmungen für staatliche Beihilfen und die Vergabe öffentlicher Aufträge im Rahmen der ESI-Fonds an die Bestimmungen für zentral verwaltete Programme unterstrichen wurde. Der AdR bekräftigt seine Forderung nach einer Prüfung, ob einige oder alle ESI-Fonds-Ausgaben ggf. von Verfahren für staatliche Beihilfe für die Zeit nach 2020 befreit werden könnten. In diesem Zusammenhang begrüßt der AdR, dass die hochrangige Gruppe seine Empfehlungen bezüglich der Notwendigkeit gemeinsamer Definitionen, die die Vergleichbarkeit von Mitteln und ihre Kombination ermöglichen sollen, aufgegriffen hat (4);

31.

stellt nachdrücklich fest, dass die EU-Leitlinien für die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen mit Blick auf den schnellen Ausbau der Breitbandnetze auf die unterschiedlichen zur Finanzierung des Breitbandausbaus zur Verfügung stehenden EU-Mittel abgestimmt werden sollten, und zeigt sich besorgt über die Zahl der abgelehnten Voranmeldungen, die letztendlich dazu führen, dass die Inanspruchnahme der Investitionen verlangsamt oder sogar verhindert wird, und die daher für den schleppenden Ausbau von Breitbandverbindungen in diesen Gebieten verantwortlich sind;

32.

zeigt sich — wie er es auch in seinen Empfehlungen an die erwähnte hochrangige Gruppe zur Vereinfachung zum Ausdruck gebracht hat — erfreut darüber, dass auch der Grundsatz eines differenzierten Ansatzes geprüft wird. Ein solcher Ansatz sollte erheblich weniger Verwaltungsaufwand und eine bessere Berücksichtigung der Besonderheiten im Zusammenhang mit einer Umsetzung in den betreffenden Regionen ermöglichen und somit einen gebietsbezogenen Ansatz erleichtern und passgenaue Investitionen in den Breitbandausbau fördern;

33.

rät zu einem möglichst raschen Aufbau flächendeckender schneller Breitbandverbindungen, um die Voraussetzungen für die Gigabit-Gesellschaft zu schaffen, die Chancen des digitalen Binnenmarkts möglichst umfassend zu nutzen und so zur Entwicklung aller Mitgliedstaaten in diesem Bereich beizutragen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen unterschiedliche Lösungsansätze verfolgt werden, denn die Anbindung eines jeden Hauses an das Glasfasernetz kann insbesondere in dünn besiedelten Gebieten kostspielig und zeitraubend sein;

34.

abgesehen von den Kabelverbindungen sollte in Streusiedlungen und an unzugänglichen Orten überlegt und geprüft werden, welche Möglichkeiten mobile Breitbanddienste, das Satelliten-Breitband und der Aufbau öffentlicher WIFI-Netze im öffentlichen Raum und in öffentlichen Einrichtungen, beispielsweise die Initiative „WIFI4EU“, bieten können. Durch alternative Lösungen wird der Netzausbau beschleunigt und gleichzeitig Geld gespart, doch muss überlegt und systematisch vorgegangen werden, damit die Lösungen bedarfsgerecht und die eingesetzten Technologien langfristig nutzbar sind;

35.

betont, dass es wichtig ist, die durch den raschen Ausbau der 5G-Kommunikationsnetze entstehenden Probleme in Bezug auf die Verwaltung der Funkfrequenzen anzugehen, denn die 5G-Technologie erfordert leistungsfähige Netze in der gesamten EU. Es ist sehr wichtig, einen gemeinsamen Ansatz für die Aufteilung der Lizenzen (Nutzungslizenzen) für die künftig genutzten höheren Frequenzen (bzw. Funkfrequenzen) zu finden, was gegebenenfalls auch eine größere Verlässlichkeit des Rechtsrahmens bei der gemeinsamen Nutzung des Spektrums und mehr Flexibilität umfasst, damit auf nationaler oder regionaler Ebene den Unterschieden in der Nachfrage nach harmonisierten Frequenzbändern entsprochen werden kann;

36.

befürwortet die grundlegenden Maßnahmen des Kodex für die elektronische Kommunikation wie beispielsweise die Einführung neuer Bestimmungen zur Förderung des Aufbaus sehr schneller Netze in ganz Europa, mit denen Geschwindigkeiten von Gigabits pro Sekunde möglich sind, die Ausweitung des Anwendungsbereichs des Rechtsrahmens, damit er neue Kommunikationsinstrumente, die sogenannten „Over-the-top-Dienste“, erfasst, und die Versorgung der Endnutzer mit bezahlbaren funktionalen Internetverbindungen;

37.

begrüßt den Wettbewerb „European Broadband Awards“ der Europäischen Kommission, der dazu beiträgt, Lösungsvarianten für das Problem der Breitbandversorgung und bewährte Verfahrensweisen zu verbreiten.

Brüssel, den 22. März 2018

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Karl-Heinz LAMBERTZ


(1)  „World Development Report 2016: Digital dividends“.

(2)  „Digital infrastructure: Overcoming the Digital Divide in Emerging Economies“, G20 Insights, April 2017.

(3)  COR-2016-02880.

(4)  COR-2017-04842-00-00-PAC-TRA (DE).


13.7.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 247/11


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Halbzeitbewertung des ESF als Beitrag zur Ausarbeitung des Vorschlags für die Zeit nach 2020

(2018/C 247/03)

Berichterstatterin:

Catiuscia Marini (IT/SPE), Präsidentin der Region Umbrien

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

Kohäsionspolitik

1.

verweist auf die Bedeutung der Kohäsionspolitik als grundlegende Politik der Europäischen Union mit dem Zweck, die in den EU-Verträgen verankerten Ziele der Union unter Beteiligung und Stärkung der Verantwortung aller Regierungs- und Verwaltungsebenen zu verfolgen und den territorialen Gegebenheiten Rechnung zu tragen;

2.

betont, dass die Kohäsionspolitik zu den am besten überwachten und bewerteten Politikbereichen der Union gehört, wie sich leicht anhand der zahlreichen durchgeführten Bewertungsverfahren überprüfen lässt und wie aus den regelmäßig von der Europäischen Kommission erarbeiteten und in einer Reihe von Foren erörterten Kohäsionsberichten hervorgeht;

3.

macht auf den viele Bereiche durchdringenden Charakter dieser Politik aufmerksam, weshalb sie bei den Unionsbürgern allgemein bekannt ist und damit zur positiven Wahrnehmung Europas in einer Zeit beiträgt, in der die EU eine Verbesserung ihres Images dringend benötigt;

4.

erachtet einen neuen rechtlich bindenden gemeinsamen strategischen Rahmen für alle EU-Politikbereiche und das Beibehalten der bestehenden fondsübergreifenden territorialen Umsetzungsinstrumente (CLLD und ITI) sowie eine solide Dachverordnung, die alle ESI-Fonds abdeckt, für wichtig, um die nötigen Synergien zwischen den Maßnahmen, die einander ergänzende Ziele verfolgen, zu gewährleisten;

5.

verweist auf seine im Mai 2017 verabschiedete Stellungnahme zur Zukunft der Kohäsionspolitik (1) sowie auf die Stellungnahme zur Vereinfachung (2) (verabschiedet im Februar 2018), in denen die wichtigsten Leitlinien für eine weitere Verbesserung dieser Politik, insbesondere im Sinne einer größeren Ergebnisorientierung und Vereinfachung erläutert werden;

6.

ist sich gleichwohl der unzureichenden Vermittlung der Ergebnisse und Wirkung der Kohäsionspolitik bewusst, weshalb diese Politik nicht angemessen bewertet wird, was mitunter negative Folgen für die öffentliche Wahrnehmung der Strukturfonds zeitigt;

7.

fordert daher, eine wirksamere und inklusive Kommunikation zu konzipieren, die ein positives und bezüglich der Nutzung der Mittel zu einer stärkeren Beteiligung führendes Bild vermitteln kann;

Rolle des Europäischen Sozialfonds

8.

erinnert daran, dass der Europäische Sozialfonds (ESF) das erste mit dem Vertrag von Rom (1957) geschaffene EU-Finanzierungsinstrument war, das wichtigste direkt für die Bürger konzipierte Instrument der Europäischen Union für Maßnahmen in den Bereichen Beschäftigung, soziale Eingliederung und Bildung bleibt und eine wichtige Rolle bei der Reform der öffentlicher Verwaltungen und der Justiz spielt. Denn der ESF trägt zur Förderung der Vollbeschäftigung bei, fördert die Produktivität der Arbeit, die Chancengleichheit und die soziale Inklusion, verringert die Unterschiede bei der Beschäftigungsquote zwischen den europäischen Regionen sowie auch innerhalb der Regionen und zwischen verschiedenen Städten und ländlichen Gebieten;

9.

verweist auf die positiven Auswirkungen der durch den ESF unterstützten Programme: schätzungsweise haben zwischen 2007 und 2014 dank ESF-Mitteln 9,4 Mio. Unionsbürger einen Arbeitsplatz gefunden und 8,7 Mio. eine berufliche Qualifizierung erhalten (3);

10.

bedauert, dass viele Mitgliedstaaten — häufig auch im Gefolge der Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen — die Kofinanzierung von ESF-Maßnahmen verringert haben, und fordert die Mitgliedstaaten daher auf, für eine ausreichende nationale Kofinanzierung zu sorgen;

11.

hebt indes die — seit den letzten Jahren des vorhergegangenen Programmplanungszeitraums verstärkten — Maßnahmen des ESF als automatisches Stabilisierungsinstrument zur Unterstützung des Europäischen Konjunkturprogramms während der Wirtschaftskrise hervor. Bei der Reaktion auf die Herausforderungen und der Intervention zugunsten der schutzbedürftigsten und am meisten gefährdeten Gruppen hat der ESF durch Erhöhung der EU-Kofinanzierungssätze und Modulation der Vorfinanzierungen zum Schutz sozialer Investitionen in Regionen, die von asymmetrischen wirtschaftlichen Schocks betroffen sind, die nötige Flexibilität gezeigt;

12.

fordert einen engeren Bezug zwischen dem Gesamtanteil der von sozialer Ausgrenzung Betroffenen und der Mittelzuweisung; betont, dass ein territorial besser ausgerichteter und stärker ortsbezogener Ansatz dazu beitragen würde, dass Fördermittel effizienter verwendet werden und wirksamere Unterstützung geleistet wird;

13.

betont auch, dass die Rolle des ESF mit Blick auf den Gesamtanteil öffentlicher Investitionen an den sozialpolitischen Maßnahmen umso wichtiger ist angesichts der Tatsache, dass die Lücke bei den Investitionen in die soziale Infrastruktur in der EU auf mindestens 100 bis 150 Mrd. EUR jährlich veranschlagt wird und sich im Zeitraum 2018-2030 auf insgesamt 1,5 Billionen EUR beläuft. Der Europäische Fonds für strategische Investitionen (EFSI) kann diesem Mangel nur sehr begrenzt Abhilfe schaffen, da derzeit nur 4 % der genehmigten Finanzierungen in den Bereich der sozialen Infrastruktur fließen; betont, dass bezüglich geplanter und vom ESF kofinanzierter Investitionen in Sozialkapital zum einen und Investitionen in Sozialkapital, Kompetenzen und Humankapital durch einen eventuellen künftigen InvestEU-Fonds zum anderen ein Gleichgewicht gefunden und Überschneidungen vermieden werden müssen;

14.

begrüßt die im Zeitraum 2014-2020 zur Stärkung der Rolle des ESF ergriffenen Maßnahmen: sowohl aktive Arbeitsmarktmaßnahmen als auch Maßnahmen zur sozialen Inklusion wie die Einführung eines Mindestanteils für den ESF, die spezifischen Initiativen für die Jugendbeschäftigung (YEI) sowie den Schwerpunkt auf Ergebnisse und Effizienz;

15.

unterstreicht die im aktuellen Programmplanungszeitraum bislang erzielten positiven Ergebnisse, wie aus dem Strategischen Bericht 2017 hervorgeht: 4,2 Mio. Arbeitslose und 2,1 Mio. Nichterwerbspersonen wurden von Maßnahmen zur Erleichterung des Zugangs zum Arbeitsmarkt erreicht; 14,6 Mrd. EUR wurden in Bildung und Ausbildung investiert, wodurch 700 000 Menschen ihre Kompetenzen verbessern konnten; 634 000 Menschen mit Behinderungen wurden dabei unterstützt, einen Arbeitsplatz zu finden;

16.

verweist auf den hohen europäischen Mehrwert des ESF in dem vorhergehenden und dem gegenwärtigen Programmzeitraum, da ESF-Interventionen in zahlreichen Mitgliedstaaten und Regionen greifbare und quantifizierbare Auswirkungen hatten auf die Bewältigung von Problemen wie hohe Arbeitslosenraten, Bevölkerungsrückgang und Armut, die im Rahmen der Strategie Europa 2020 als prioritäre Handlungsbereiche ausgewiesen wurden;

17.

betont, wie wichtig es ist, dass ein erheblicher Teil der Mittel für Maßnahmen für den Kapazitätsaufbau öffentlicher Verwaltungen auf lokaler und regionaler Ebene vorgesehen wurde, um diese bei der Durchführung von Strukturreformen vor allem im Einklang mit den nationalen Reformplänen zu unterstützen;

18.

ist jedoch besorgt über die Verzögerungen bei der Durchführung von Maßnahmen zur Förderung der Integration von entlegenen und ländlichen Gebieten und fordert mehr Aufmerksamkeit für die Förderung der sozialen Inklusion in benachteiligten städtischen und ländlichen Gebieten, insbesondere hinsichtlich der wirtschaftlichen und sozialen Integration junger Menschen;

Die soziale Dimension der EU-Maßnahmen

19.

erachtet die europäische Säule der sozialen Rechte als einen wichtigen Beitrag der EU zu dem wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt, dem Kampf gegen Diskriminierung und soziale Ausgrenzung, der Unterstützung der Bürger bei der Anpassung an die Erfordernisse des Arbeitsmarkts, bei der Vermittlung der Kompetenzen, damit sie die digitale Revolution nutzen können, und ihrem Schutz gegen immer stärkere Bedrohungen und Unsicherheiten innerhalb und außerhalb Europas;

20.

wiederholt die Bedeutung der Förderung einer echten grenzüberschreitenden Arbeitskräftemobilität für die Grenzregionen, indem die Hindernisse im Bereich des Arbeitsrechts und der sozialen Sicherheit beseitigt werden (Beseitigung der Steuerhindernisse und Möglichkeit der Übertragung von Leistungen der Arbeitslosenunterstützung sowie von Ruhegehaltsansprüchen über die Grenzen hinweg). Er bekräftigt ebenfalls, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften durch die Nutzung der EURES-Dienstleistungen oder den Rückgriff auf bestehende grenzübergreifende Strukturen auch bei der Beratung von Pendlern eine wichtige Rolle spielen können (4);

21.

unterstreicht folglich die besondere Bedeutung der europäischen Säule sozialer Rechte, die die soziale Dimension ins Zentrum der europäischen Agenda rückt; betont diesbezüglich die Notwendigkeit der Koordinierung von Strategien und Zielen zwischen der sozialen Säule und dem ESF (5) und fordert mit Nachdruck, dass die einschlägigen in der Säule vorgesehenen 20 Grundsätze in den vom ESF unterstützten Programmen eine Entsprechung finden sollten;

22.

empfiehlt, bei der Umsetzung der Grundsätze der sozialen Säule im Bereich der Programmplanung des ESF der Notwendigkeit integrierter Maßnahmen — unter Berücksichtigung der von den lokalen und regionalen Behörden festgestellten territorialen Besonderheiten und mittelfristigen Arbeitsmarkttrends sowie der Beschäftigungsperspektiven in der Europäischen Union — gebührend Rechnung zu tragen;

23.

verweist auf stark verflochtene Bereiche der sozialen Säule und der Kohäsionspolitik, zumal letztgenannte dank ihres besonderen Modells der Steuerung auf mehreren Ebenen europäische Projekte im Einklang mit den jeweiligen „Sozialverträgen“ einzelnen Mitgliedstaaten realisieren kann;

24.

ist der Auffassung, dass die Debatte über die Säule sozialer Rechte mit einer ersten Bewertung auf europäischer Ebene des Verfahrens und der Ergebnisse bezüglich der Anwendung des thematischen Ziels Nr. 9 (soziale Inklusion und Bekämpfung der Armut) einhergehen muss, wobei die Sozialschutzmodelle der verschiedenen Mitgliedstaaten und die sich in ihnen vollziehenden Krisen/Veränderungen zu berücksichtigen sind. Ohne solche Hinweise auf die Realität wäre der Beitrag zu der Säule kaum zu verstehen;

25.

warnt vor möglichen Überschneidungen zwischen einem künftigen Programm zur Unterstützung von Strukturreformen und potenziellen Bereichen zur Unterstützung von Strukturreformen im Rahmen der europäischen Struktur- und Investitionsfonds durch die thematische Konzentration auf der Grundlage der Ziele der Strategie Europa 2020 und — zu einem späteren Zeitpunkt — der Ziele ihrer Folgestrategien; fordert zu diesem Zweck eine Definition des Bereichs der Strukturreformen, die aufgrund der Zuständigkeiten und des europäischen Mehrwerts für eine Unterstützung durch die EU infrage kommen sowie eine klare Unterscheidung zwischen Förderfähigkeit im Rahmen der Kohäsionspolitik (Artikel 175) und Förderfähigkeit auf der Grundlage der Verwaltungszusammenarbeit (Artikel 197);

Empfehlungen für die Zeit nach 2020

26.

hofft, dass die Erarbeitung des Vorschlags für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) rechtzeitig beginnt, um eine angemessene Beteiligung der Bürger und der einschlägigen Interessenträger zu ermöglichen und folglich Verzögerungen beim Erlass der Verordnungen und Leitlinien — wie beim Start des aktuellen Programmzeitraums — zu vermeiden;

27.

verweist — gestützt auf die Studie des AdR zum Thema „Stand und künftige Herausforderungen des Europäischen Sozialfonds bei der Förderung des sozialen Zusammenhalts in Europas Städten und Regionen“ — auf die steigende Bedeutung des ESF in den nächsten Jahren und insbesondere auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit: der Langzeitarbeitslosigkeit, der Integration junger Menschen in den Arbeitsmarkt, einer alternden Bevölkerung und der Marginalisierung der Binnenland-, Rand- und Grenzregionen, der Abwanderung aus dem ländlichen Raum, dem demografischen Wandel aufgrund der Migration, der Integration der Flüchtlinge und regulären Migranten, der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung in den städtischen Gebieten, dem Fachkräftemangel und der Anpassung der allgemeinen, der beruflichen und der Hochschulbildung an die technische Entwicklung, der Bekämpfung des sozialen Ausschlusses benachteiligter Gruppen, der Förderung von Bildung vom Vorschulniveau bis hin zur Weiterbildung von Senioren sowie den Maßnahmen für Erwachsene mit geringem Bildungsgrad bzw. geringen Qualifikationen sowie der Anpassung der Ausbildungsstandards an die Entwicklung der Arbeitsmarkterfordernisse in der EU;

28.

unterstreicht die Komplementarität von EGF und ESF als Teil der europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESIF), da der EGF ein Mechanismus für kurzfristige Unterstützung ist, wohingegen durch die ESI-Fonds langfristige Maßnahmen unterstützt werden, die in den Unterstützungsbereichen des EGF als Folgemaßnahmen zum Einsatz kommen können;

29.

unterstreicht die historische Tragweite der gegenwärtigen digitalen Revolution und die tief greifenden Umwälzungen, die sie auf den Arbeitsmarkt bewirkt und in erhöhtem Maße bewirken wird; verweist dabei auf die Herausforderungen dieses Phänomens für die Schul- und Bildungssysteme in puncto Anpassung an die neuen erforderlichen Kompetenzen und Ausbau der Bildungschancen für alle auf sämtlichen Niveaus sowohl der allgemeinen als auch der beruflichen Bildung sowie der Hochschulbildung;

30.

empfiehlt, künftig im Rahmen des ESF ein Basispaket auszuarbeiten, um benachteiligten jungen Menschen für den Erwerb angemessener Kompetenzen den Zugang zu einem Mindestbildungsniveau zu garantieren und ihnen die hierfür erforderlichen Instrumente bereitzustellen;

31.

hält es für sehr sinnvoll, die notwendige Flexibilität zu gewährleisten, um die ESF-Programmplanung in der Zukunft an neu auftretende Herausforderungen anpassen zu können;

32.

bekräftigt, dass die digitale Revolution unterstützt werden muss, indem Investitionen in den digitalen Bereich mit personenorientierten Maßnahmen, u. a. auch für die Bediensteten der lokalen und regionalen Behörden, verknüpft werden;

33.

hält es daher im Sinne einer erfolgreichen Bewältigung der Probleme bei der notwendigen Anpassung an den technologischen Wandel und die Globalisierung für erforderlich, die verschiedenen europäischen Anreiz- und Förderinstrumente zu integrieren, um Synergien bezüglich der in den verschiedenen Strategien für eine intelligente Spezialisierung festgelegten Ziele zu erreichen;

34.

ist davon überzeugt, dass der ESF weiterhin integraler Bestandteil der ESI-Fonds und zentrale Komponente der regionalen Kohäsionspolitik bleiben sollte, wenn diese Probleme angemessen bewältigt werden sollen. Nur so können potenzielle Synergien mit den durch andere Strukturfonds wie durch den Fonds für die ländliche Entwicklung finanzierten Maßnahmen erzielt werden. Der ESF muss mit anderen Strukturfonds — insbesondere dem EFRE — effektiv zusammenwirken, damit durch gemeinsame Maßnahmen mehrerer Strukturfonds eine integrierte Regionalpolitik erreicht wird;

35.

ist ferner der Überzeugung, dass die Möglichkeit, dass der ESF ein Fonds mit geteilter Mittelverwaltung bleibt, weiter bestehen muss, und lehnt folglich alle Vorschläge der Kommission, den ESF ihr direkt zu unterstellen, entschieden ab; weist zudem jeden Vorschlag der Zentralisierung unter ausschließlicher Zuständigkeit der Mitgliedstaaten zurück, sofern dies nicht zwingend durch die institutionelle Ordnung des Mitgliedstaats vorgegeben ist;

36.

ist der Auffassung, dass das basisorientierte Konzept bei der Umsetzung des ESF ein wichtiger Erfolgsfaktor ist, weil dadurch eine bessere Ausrichtung der Maßnahmen auf die Bedürfnisse der Begünstigten gemäß dem Partnerschaftsprinzip zwischen den EU-Organen, den Mitgliedstaaten, den regionalen und lokalen Regierungen und Verwaltungen sowie den wirtschaftlichen und sozialen Kräften vor Ort ermöglicht wird;

37.

fordert die Schaffung spezifischer Mechanismen zur Koordinierung zwischen ESF und anderen ESI-Fonds und Instrumenten auf lokaler und regionaler Ebene. Diese sollten Komplementaritäten auf operationeller Ebene ermöglichen und die eventuelle Unterstützung eines Projekts durch mehrere Finanzierungsquellen umfassen;

38.

begrüßt die mögliche Integration anderer Fonds im Bereich Sozial- und Beschäftigungspolitik (ESF+ oder Umbrellafonds) in den ESF, sofern dies zur Realisierung eindeutiger Synergien führt und diese Fonds auch weiterhin dem Ansatz der geteilten Mittelverwaltung entsprechen. Insbesondere mit dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF), der mit einer geteilten Mittelverwaltung funktioniert, könnten deutliche Synergien erzielt werden;

39.

weist darauf hin, dass der ESF auf der regionalen und lokalen Ebene auch weiterhin wichtig sein wird, um die Problematik des vorzeitigen Schulabbruchs und des Übergangs von Schul- und Ausbildungswesen ins Erwerbsleben anzugehen und die Kapazitäten des Bildungssystems zur Lösung dieser Probleme auszubauen;

40.

macht darauf aufmerksam, dass durch eine regionale Anpassung des ESF für die Deckung des Qualifikationsbedarfs der Unternehmen in verschiedenen Regionen gesorgt werden kann, und zwar durch geeignete Qualifizierungsmaßnahmen und die Zusammenführung von Arbeitsuchenden und Arbeitgebern. Der ESF ist für Qualifizierungsmaßnahmen auf der regionalen Ebene von wesentlicher Bedeutung, um ein Angebot qualifizierter Arbeitskräfte bereitzustellen. Ebenso wichtig ist er für die Umstellung in einigen Branchen, die z. B. vor großen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Digitalisierung stehen;

41.

ist gleichzeitig darüber besorgt, dass die Einrichtung eines ESF-Umbrellafonds zu einer Verringerung der insgesamt für Beschäftigung und soziale Integration bestimmten Mittel und zu einer Schwächung der Gebietskörperschaften bei der Programmplanung und der Verwaltung dieser Mittel führen könnte;

42.

hält auch eine größere Sichtbarkeit des ESF im Rahmen des MFR für erforderlich; dabei sollten innerhalb des Kapitels der Kohäsionspolitik weitere Untertitel für den wirtschaftlichen, territorialen und sozialen Zusammenhalt geschaffen werden; wünscht im Allgemeinen eine transparentere Struktur des MFR, damit die Unionsbürger die Prioritäten der Europäischen Union besser erkennen können;

43.

bedauert, dass in einer aktuellen Mitteilung der Europäischen Kommission mit dem Titel „Ein neuer, moderner mehrjähriger Finanzrahmen für eine Europäische Union, die ihre Prioritäten nach 2020 effizient erfüllt“ (6) die Informationen darüber fehlen, wie mit dem nächsten mehrjährigen Finanzrahmen die sozialen Herausforderungen für die Europäische Union bewältigt werden, und dass wenig Spielraum für die Interessenträger bleibt, den Vorschlag der Europäischen Kommission, der voraussichtlich am 2. Mai 2018 vorgelegt wird, mitzugestalten;

44.

bekräftigt, dass die Ziele der wirtschaftlichen Entwicklung sowie der sozialen Inklusion eines organischen und integrierten Ansatzes bedürfen, der besser im Rahmen von Programmen, die auf verschiedenen Fonds oder auf einem Fonds mit einem breiten und flexiblen Anwendungsbereich basieren, erreicht werden kann. Der AdR anerkennt daher die Bedeutung fondsübergreifender Instrumente für die territoriale Entwicklung wie die operationellen „Multifonds“-Programme, ITI und CLLD und lehnt jedes Bestreben ab, Monofonds-Programme obligatorisch zu machen;

45.

hält indes eine weitere Harmonisierung — neben einer Vereinfachung — der Verordnung mit gemeinsamen Bestimmungen für erforderlich; plädiert dafür, die Unterschiede, Lücken und Überschneidungen zwischen den Vorschriften über die Arbeitsweise der Fonds auf ein Mindestmaß zu reduzieren und die Vorschriften einfach und transparent zu fassen, um für auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene angepasste Lösungen ausreichend Spielraum zu lassen, u. a. für die Ausweitung der Instrumente zur ergebnisorientierten Zahlung wie den Gemeinsamen Aktionsplänen und vereinfachten Kostenoptionen; fordert diesbezüglich die Europäische Kommission auf, weitere Anleitung in Bezug auf die Verwendung der vereinfachten Kostenoptionen auf allen Ebenen ohne jedwede Einschränkungen oder Anforderungen bezüglich der Mindestschwellen zu erteilen;

46.

verweist auf die wichtige Rolle des ESF bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen in den Bereichen Beschäftigung, Bildung und soziale Inklusion und spricht sich für eine bessere Abstimmung zwischen einem überarbeiteten Europäischen Semester und der Kohäsionspolitik aus. Das Europäische Semester sollte auf europäischer und nationaler Ebene weiter demokratisiert, in Bezug auf den europäischen Mehrwert sowie auf die Zuständigkeiten der EU besser definiert und darüber hinaus stärker auf Eigenverantwortung ausgerichtet werden. Dazu könnten ein Verhaltenskodex, in dem die Standards für die Beteiligung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften festgelegt werden, und die Einrichtung eines strukturierten Dialogs über den Stand der Kohäsion in Europa im Rahmen des Europäischen Semesters beitragen;

47.

lehnt indes eine bloße Unterordnung der Kohäsionspolitik unter das Europäische Semester ab, die ihren in den Verträgen verankerten Status verletzen würde; fordert vielmehr die strukturierte und partnerschaftliche Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften beim Europäischen Semester, die Aufnahme einer territorialen Analyse in den gesamten Prozess und die Einführung gebietsspezifischer Empfehlungen, soweit dies möglich ist;

48.

schlägt im Einklang mit den Stellungnahmen des AdR zum Thema „Indikatoren für die territoriale Entwicklung — über das BIP hinaus“ und zum Thema „Die Zukunft der Kohäsionspolitik nach 2020“ vor, zu prüfen, ob neben dem BIP auch andere Indikatoren herangezogen werden könnten, die demografische, soziale und ökologische Daten erfassen, wie z. B. den Index der EU für sozialen Fortschritt (EU-SPI) der Regionen in der EU.

Brüssel, den 22. März 2018

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Karl-Heinz LAMBERTZ


(1)  COR 1814/2016.

(2)  COR 4842/2017.

(3)  Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen — Ex-Post-Evaluierung der ESF-Programme 2007-2013 (SWD(2016) 452 final).

(4)  COR 1319/2014.

(5)  COR-03141/2017.

(6)  COM(2018) 98 final vom 14. Februar 2018.


13.7.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 247/16


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Kosten und Risiken einer fehlenden Kohäsionspolitik: Der strategische Wert der Kohäsionspolitik für die Verwirklichung der Ziele des Vertrags und die Bewältigung der neuen Herausforderungen für die Regionen in Europa

(2018/C 247/04)

Berichterstatter:

Mieczysław Struk (PL/EVP), Marschall der Woiwodschaft Pomorskie (Pommern)

Referenzdokumente:

Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Meine Region, mein Europa, unsere Zukunft: Siebter Bericht über den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt

COM(2017) 583 final

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

Allgemeine Bemerkungen

1.

begrüßt die Veröffentlichung des 7. Kohäsionsberichts, der eine wichtige Grundlage für die Debatte über die neue Kohäsionspolitik nach 2020 bildet; betont in diesem Zusammenhang, dass die Kohäsionspolitik im Zeitraum 2014-2020 unter anderem dazu beitragen soll, dass mehr als 7,4 Mio. Arbeitsplätze geschaffen werden, fast 9 Mio. Menschen eine bessere Qualifikation erwerben und etwa 15 Mio. Haushalte einen Breitband-Internetanschluss erhalten, dass sie aber auch darauf ausgerichtet ist, 1,1 Mio. KMU zu fördern und 16 Mrd. EUR in die digitale Wirtschaft zu investieren; verweist daher auf die kaum abschätzbaren Kosten einer fehlenden Kohäsionspolitik, ist doch die territoriale Konvergenz Europas für Europa und seine Bürger, für seine Wirtschaft sowie für seine Städte und Regionen wichtiger als je zuvor;

2.

begrüßt, dass das Europäische Parlament regelmäßig einen Überblick über die Kosten des Nicht-Europas erarbeitet, aus dem hervorgeht, dass das Fehlen gemeinsamer Maßnahmen auf europäischer Ebene auf einigen Gebieten eine deutlich geringere Effizienz der Wirtschaft sowie eine begrenzte Verfügbarkeit wichtiger öffentlicher Güter zur Folge hat;

3.

bedauert, dass in den Analysen und Beschlussfassungsprozessen des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission die Frage der Kosten einer fehlenden Kohäsionspolitik bislang nicht berücksichtigt worden ist;

4.

dankt dem bulgarischen Ratsvorsitz für sein Ersuchen an den AdR, eine Stellungnahme zum Thema „Kosten und Risiken einer fehlenden Kohäsionspolitik“ zu erarbeiten, was dem AdR die ausgezeichnete Möglichkeit bietet, umfassendere Überlegungen zur strategischen Rolle der Kohäsionspolitik anzustellen;

5.

erinnert daran, dass die Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts laut Artikel 174 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union eines der Hauptziele der EU ist; betont daher, dass die Kohäsionspolitik auch weiterhin ihre Aufgabe erfüllen und die Unterstützung für die rückständigsten und von großen Problemen betroffenen Gebiete mit einem Förderangebot an alle Regionen verknüpfen muss. Ziel ist es dabei, die jeweiligen Herausforderungen und das Potenzial der einzelnen Regionen zu berücksichtigen und eine harmonische Entwicklung der EU insgesamt zu gewährleisten, damit den Menschen vor Ort klar vor Augen geführt wird, dass die EU-Finanzierung einen zusätzlichen Nutzen bietet; erinnert in diesem Zusammenhang an die in Artikel 349 AEUV aufgeführten besonderen Merkmale der Regionen;

6.

betont, dass die Kohäsionspolitik die wichtigste Investitionspolitik der EU ist, mit der die vorgenannten Ziele des Vertrags umgesetzt werden sollen, die aber auch imstande ist, Innovation zu stimulieren, die Auswirkungen des Klimawandels und den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft zu bewältigen sowie asymmetrische wirtschaftliche Schocks abzufedern, indem die öffentlichen wachstumsfördernden Investitionen in den Regionen gesichert werden und ein Beitrag zur Reduzierung der Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit sowie zur Förderung der sozialen Inklusion geleistet wird; unterstreicht daher erneut seine nachdrückliche Unterstützung für die Kohäsionsallianz (#CohesionAlliance) (1);

7.

weist darauf hin, dass die Kohäsionspolitik einen der besten Leistungsrahmen unter den EU-Politikbereichen hat und gleichzeitig der am genauesten überwachte und evaluierte EU-Politikbereich ist, der in den letzten zehn Jahren seine Wirksamkeit immer weiter verbessern konnte;

Wirtschaftlicher Zusammenhalt

8.

begrüßt die im 7. Kohäsionsbericht getroffene Feststellung, dass sich die Wirtschaft der EU von der Krise erholt und die regionalen Ungleichheiten sich langsam wieder verringern. Nichtsdestoweniger haben zahlreiche Regionen noch nicht das Pro-Kopf-BIP und den Beschäftigungsstand der Zeit vor der Krise erreicht, waren aber zudem mit einem erheblichen Rückstau bei den öffentlichen Investitionen konfrontiert, sodass die Folgen der Wirtschaftskrise noch nicht überwunden sind;

9.

begrüßt, dass auf die Daten verwiesen wird, die zeigen, dass die Regionen mit geringerem Entwicklungsstand von 2000 bis 2015 zum EU-Durchschnitt aufschließen konnten, was insbesondere auf die meisten Regionen der EU-13 zutrifft; weist jedoch mit Besorgnis darauf hin, dass sich die Lage in einer Reihe von hauptsächlich südeuropäischen Regionen nicht verbessert hat und sogar noch schlechter ist als vor der Krise;

10.

betont, dass Regionen, deren BIP bereits deutlich über dem EU-Durchschnitt liegt, sowie viele großstädtische Ballungsgebiete als stärkste Motoren der regionalen Wettbewerbsfähigkeit ein deutlich höheres Wirtschaftswachstum verzeichneten, während Regionen, deren Pro-Kopf-BIP in etwa dem EU-Durchschnitt entspricht, in einer „Falle der mittleren Einkommen“ mit Wachstumsraten festzusitzen scheinen, die deutlich unter dem EU-Durchschnitt liegen;

11.

zeigt sich besorgt über die großen Unterschiede im Bereich der Innovationskraft, die nach wie vor in den am stärksten entwickelten Regionen im Nordwesten Europas konzentriert ist, wobei sich diese Tendenz noch zu verstärken scheint und führende Regionen ihre Leistung weiter steigern können, während Regionen in Randlage, jene mit Entwicklungsrückständen und Übergangsregionen immer noch schlechtere Ergebnisse erzielen. Dies macht deutlich, wie wichtig ein von unten nach oben gerichteter territorialer Ansatz, der durch die Strategien für eine intelligente Spezialisierung verkörpert wird, für den Ausbau der Innovationskapazitäten der Regionen ist;

Sozialer Zusammenhalt

12.

begrüßt, dass sich die Beschäftigungslage in der EU im Zuge der wirtschaftlichen Erholung bessert. Nichtsdestoweniger bestehen noch immer erhebliche regionale Unterschiede bei den Arbeitslosenquoten, die in einigen südeuropäischen Mitgliedstaaten über 20 Prozent betragen;

13.

zeigt sich besorgt über die Jugendarbeitslosigkeit, die nach wie vor ein dringliches Problem ist, da sie weiter über dem Niveau der Zeit vor der Krise liegt und mehr als doppelt so hoch wie die allgemeine Arbeitslosenrate ist. Besonders besorgniserregend ist die Lage in weniger entwickelten Regionen und Übergangsregionen;

14.

weist auf die Lage von Menschen hin, die von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind, wobei dieses Risiko trotz einiger positiver Entwicklungen nach wie vor unakzeptabel groß ist;

15.

betont, dass sich viele Gebiete, vor allem die Regionen und ländlichen Gebiete der EU-13, einem signifikanten Bevölkerungsschwund gegenübersehen, der sowohl auf den natürlichen Wandel als auch auf Abwanderung zurückzuführen ist, während andere Regionen einen starken Zuwachs der Gesamtbevölkerung verzeichnen. Auch die hohe Zahl an Migranten und Flüchtlingen, die seit 2015 in der EU ankommen, wirkt sich signifikant auf die Demographie und den sozialen Zusammenhalt in bestimmten Mitgliedstaaten, Regionen und Städten aus;

Territorialer Zusammenhalt

16.

hebt die Bedeutung der ökologischen Dimension für die nachhaltige Entwicklung der Städte und Regionen Europas sowie für die Gesundheit und das Wohlbefinden seiner Bürgerinnen und Bürger hervor. Die steigende Zahl an Umweltbelangen, insbesondere der Klimawandel und die dadurch bedingte Zunahme der Häufigkeit und Intensität von Naturkatastrophen, die Ausweitung von menschlichen Siedlungen, bebauten Flächen und Industrieaktivitäten, der Rückgang der Artenvielfalt und die Zersplitterung von Lebensräumen sowie weitere Umweltbelastungen wie Luft- und Wasserverschmutzung, wirken sich potenziell negativ auf die Volkswirtschaften und Gesellschaften der EU aus; bringt seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass die wichtigsten Umweltziele trotz der erzielten Fortschritte bei der Verringerung der Umweltbelastungen insbesondere in den mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten noch nicht erreicht wurden;

17.

begrüßt die erheblichen Fortschritte, die bei der Eindämmung des Energieverbrauchs und der Treibhausgasemissionen erzielt wurden, weist jedoch auch darauf hin, dass diese teilweise auf den Rückgang der Wirtschaftstätigkeit während der Krise zurückzuführen sind, weshalb zusätzliche Bemühungen erforderlich sind, um den Übergang hin zu sauberen Energieträgern einschließlich erneuerbarer Energien und zu einer energieeffizienteren Wirtschaft mit einem emissionsarmen Verkehr zu bewerkstelligen;

18.

weist auf die territoriale Dimension des Klimawandels und klimabedingter Naturkatastrophen hin, die sich nicht auf alle Regionen gleich auswirken werden; betont daher die Bedeutung, die einer eingehenden Beurteilung von Schwachstellen, den Anpassungsmaßnahmen für die Städte und Regionen Europas und der Schaffung grüner Infrastruktur zukommt;

19.

hebt hervor, dass das EU-Verkehrsnetz und insbesondere das Schienennetz vor allem in den Regionen der EU-13 sehr zu wünschen übrig lässt; betont in diesem Zusammenhang, dass die Vollendung von TEN-V, insbesondere die Verknüpfung der Hauptknotenpunkte des TEN-V-Kernnetzes (Core Network), und die Integration in die nationalen und regionalen Verkehrssysteme nicht nur notwendig sind, um Verkehrsengpässe zu beseitigen, Reisezeiten zu verkürzen und die negativen Auswirkungen der Randlage einzelner Regionen abzufedern, sondern vor allem, um die Wirtschaftsentwicklung der EU insgesamt zu stimulieren, indem für einen effizienteren Binnenmarkt gesorgt wird; weist aus diesen Gründen darauf hin, dass die Digitalisierung eine der größten Herausforderungen ist, mit denen alle Regionen der EU konfrontiert sind, und dass es ausgesprochen wichtig ist, verstärkt in die Breitbandinfrastruktur und in digitale Kompetenzen zu investieren;

20.

weist darauf hin, dass knapp ein Drittel der Unionsbürgerinnen und -bürger in Grenzregionen leben und arbeiten, deren Wirtschaftsleistung im Allgemeinen jener anderer Regionen hinterherhinkt. Trotz der in den letzten Jahrzehnten erzielten großen Fortschritte behindern Grenzen nach wie vor den freien Verkehr von Waren, Personen, Kapital und Ideen. Aus diesem Grund können die Vorteile der Integration nicht vollständig ausgeschöpft werden; Die Beseitigung von grenzbedingten Hindernissen brächte den Grenzregionen beträchtliche Vorteile in Bezug auf das BIP und würde darüber hinaus zu einer erheblichen Reduzierung der durch Grenzen verursachten Kosten führen;

Herausforderungen für die Städte und Regionen

21.

weist darauf hin, dass der demografische Wandel eine der größten Herausforderungen für die EU darstellt und weitreichende wirtschaftliche, soziale und ökologische Auswirkungen hat. Die Folgen sind u. a. eine alternde Bevölkerung, ein Rückgang der Zahl junger Menschen, eine niedrige Geburtenrate, ein Rückgang der Erwerbsbevölkerung und die Abwanderung hoch qualifizierter Arbeitskräfte. Aus diesem Grund hängt das Bevölkerungswachstum in hohem Maße von der Migration ab, wobei in den einzelnen Regionen der EU diesbezüglich jedoch große Unterschiede bestehen. Diese Ungleichgewichte haben sowohl in den Gebieten — meist Übergangsregionen — mit Bevölkerungsrückgang und -alterung, die häufig eine Verlagerung hin zu nicht handelbaren lokalen Dienstleistungen sowie eine dadurch bedingte Verringerung ihres Ausfuhr-, Wachstums- und Innovationspotenzials verzeichnen, als auch in den großen städtischen Zuwanderungsgebieten signifikante sozioökonomische Folgen; weist darauf hin, dass die Kohäsionspolitik einen stärkeren Beitrag zur Bewältigung sozialer Probleme wie Bevölkerungsalterung, Krankheiten aufgrund von Lebensführung und Arbeitslosigkeit, insbesondere bei jungen Menschen und solchen, die weder einen Arbeitsplatz haben noch eine schulische oder berufliche Ausbildung absolvieren (NEET), sowie Integration von Migranten und Flüchtlingen, Armut und soziale Ausgrenzung leisten sollte;

22.

betont, dass es in ganz Europa in Zukunft wahrscheinlich häufiger zu extremen Wetterereignissen kommen wird und deren Intensität noch zunehmen könnte. Bei den Auswirkungen des Klimawandels bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen, aber das erhöhte Katastrophenrisiko lässt vor allem in dicht besiedelten Gebieten die potenziellen Verluste nach oben schießen;

23.

betont die Bedeutung der grenzübergreifenden, transnationalen und interregionalen Kooperation für die Stärkung des territorialen Zusammenhalts, die Förderung der Solidarität zwischen den EU-Regionen und die Erzielung eines umfangreichen Mehrwerts für die Ziele der EU;

24.

betont, dass sich die Regionen und Städte nie dagewesenen Herausforderungen gegenübersehen, die vom globalen Wettbewerb über den digitalen Wandel, das Aufkommen bahnbrechender Technologien, den demografischen Wandel und die Migration sowie das Risiko von Armut und sozialer Ausgrenzung bis hin zu Energiesicherheit, Klimawandel und dem Verlust der Artenvielfalt reichen. All diese Herausforderungen wirken sich massiv auf der territorialen Ebene aus, wobei sich die Vorteile und die Kosten ungleich auf die einzelnen Regionen und Kommunen in Europa verteilen. Dies wird durch den 7. Kohäsionsbericht bestätigt, aus dem hervorgeht, dass sogenannte „Regionenklubs“ nach wirtschaftlicher Entwicklung im Entstehen begriffen sind. Die Gefahr, dass sich diese Probleme wechselseitig verstärken und dass sie negative Folgen für die wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Gegebenheiten in Europa haben, ist ausgesprochen groß und kann erheblich zu einer Vertiefung der bestehenden Ungleichheiten beitragen, wodurch das im Vertrag verankerte Ziel, den Zusammenhalt in der EU zu stärken, vollständig infrage gestellt würde;

25.

betont in diesem Zusammenhang, dass im Rahmen der Kohäsionspolitik auch weiterhin in alle Regionen der EU investiert werden muss, da die Anpassung an die vorgenannten Schocks langfristige, ortsbezogene und auf das jeweilige Gebiet zugeschnittene Strategien erfordert, mit denen die wirtschaftliche, die soziale und die territoriale Dimension miteinander verknüpft und durch die die Synergien zwischen den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds sowie mit anderen EU-Instrumenten genutzt werden können; spricht sich daher erneut vehement dagegen aus, die soziale Dimension und den Europäischen Sozialfonds getrennt von der Kohäsionspolitik zu betrachten, da dies negative Folgen haben kann; bekräftigt gleichzeitig seinen Standpunkt, dass der ESF eine gewichtigere Rolle bei der Förderung des sozialen Zusammenhalts in den Städten und Regionen spielen sollte und dass die Rolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften bei der Planung und Verwaltung des ESF gestärkt werden muss;

26.

weist darauf hin, dass es mit Blick auf Artikel 174 AEUV von entscheidender Bedeutung ist, die territorialen Auswirkungen öffentlicher Interventionen zu berücksichtigen, und betont daher erneut die Bedeutung, die den territorialen Folgenabschätzungen bei der Ausarbeitung aller öffentlichen Strategien der EU zur Maximierung ihrer Effizienz zukommt;

Rolle der Kohäsionspolitik

27.

hebt hervor, dass die Kohäsionspolitik im Mittelpunkt der Debatte darüber stehen sollte, wie das Potenzial aller Gebiete der EU genutzt werden kann, um das Wirtschaftswachstum zu stärken, und wie gewährleistet werden kann, dass die Vorteile der europäischen Integration im Sinne der Inklusion allen Unionsbürgerinnen und -bürgern zugutekommen und die Chancen, die der globale Wandel mit sich bringt, in der gesamten EU genutzt werden können; bekräftigt daher seine Unterstützung einer starken und verbesserten Kohäsionspolitik für alle Regionen im Zeitraum nach 2020 und betont, dass die Kohäsionspolitik, wie er es in seiner Stellungnahme „Die Zukunft der Kohäsionspolitik nach 2020“ (2) dargelegt hat, auch künftig eine wichtige Rolle in der EU spielen sollte;

28.

erinnert daran, dass die Kohäsionspolitik, gestützt durch regionale Maßnahmen der Mitgliedstaaten, für gleiche Wettbewerbsbedingungen sorgen soll, damit sämtliche Vorteile des Binnenmarkts, der neben der territorialen Widerstandskraft einer der Schlüsselfaktoren für die Wettbewerbsfähigkeit der EU auf dem Weltmarkt ist, allen in der EU zugutekommen; betont gleichzeitig, dass der Binnenmarkt zwar erfolgreich zur Stärkung des Zusammenhalts in Europa beigetragen hat, die Vorteile jedoch ungleich verteilt sind und nicht automatisch auch benachteiligten Regionen (einschließlich der Gebiete, die aufgrund ihrer geografischen Lage spezifischen Herausforderungen gegenüberstehen) und Gesellschaftsgruppen zugutekommen. Es besteht daher nach wie vor die Gefahr einer zunehmenden wirtschaftlichen und sozialen Abkoppelung zwischen den EU-Wachstumsmotoren und den anderen Regionen;

29.

betont in diesem Zusammenhang, dass der Kohäsionspolitik nach wie vor eine extrem wichtige Aufgabe zukommt, da sie dafür sorgt, dass die Vorteile der europäischen Integration allen Unionsbürgerinnen und -bürgern und insbesondere auch jenen aus weniger entwickelten Regionen zugutekommen. Die kohäsionspolitischen Instrumente erlauben es Regionen mit Entwicklungsrückständen, das ihnen innewohnende Potenzial freizusetzen und zu nutzen, und die stärkeren Regionen sind damit besser für die Bewältigung der globalen Herausforderungen gerüstet. In diesem Sinne ist die Kohäsionspolitik, die Chancengleichheit und eine höhere Lebensqualität für die Menschen in allen Regionen der EU bietet, das greifbarste Zeichen europäischer Solidarität; betont daher, dass die künftige Kohäsionspolitik nicht als Geschenk gesehen werden darf, sondern als unverzichtbare Säule des Binnenmarkts, die Länder und Regionen mit unterschiedlichem Entwicklungstand untereinander verbindet;

30.

hebt hervor, dass die Kohäsionspolitik der wichtigste europäische Politikbereich zur Bekämpfung territorialer Ungleichgewichte und zur Verringerung der Entwicklungsunterschiede ist, die sich aus den unterschiedlichen Herausforderungen ergeben. Mit einem komplexen, sektorübergreifenden Ansatz zur Unterstützung von Innovation, KMU, einer kohlenstoffarmen Wirtschaft, der Verkehrsinfrastruktur, der Wiederbelebung der Städte, des industriellen Wandels, der Diversifizierung in den ländlichen Gebieten, aber auch von Bildung und Qualifikationen, Beschäftigung, Kultur, sozialer Infrastruktur und sozialer Inklusion sowie vieler anderer Bereiche mehr hat sie einen wesentlichen Beitrag zum positiven wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Wandel in der EU geleistet; bekräftigt in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit, für stärkere Synergien und eine bessere Abstimmung zwischen der Kohäsionspolitik und den sektorspezifischen Maßnahmen und Programmen der EU zu sorgen;

31.

hebt hervor, dass es angesichts der zahlreichen Herausforderungen und ihren schwerwiegenden territorialen Implikationen mehr denn je einer starken und wirksamen Kohäsionspolitik für alle EU-Regionen bedarf, um eine starke und wirksame Europäische Union zu gewährleisten; bekräftigt, dass die Kohäsionspolitik in der Lage ist, eine flexible und auf die Gegebenheiten vor Ort zugeschnittene Antwort auf aktuelle und zukünftige Herausforderungen zu geben, was insbesondere für akute Krisensituationen im Zusammenhang mit der Globalisierung gilt; betont gleichzeitig, dass das übergeordnete Ziel eines in ökologischer, wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht robusten Europas und eines stärkeren territorialen Zusammenhalts nur dann erreicht werden kann, wenn sowohl die städtischen als auch die ländlichen Gebiete als sich wechselseitig ergänzende funktionale Räume durch eine gezielte Unterstützung in angemessener Höhe gestärkt werden;

32.

weist darauf hin, dass die kohäsionspolitischen Instrumente in Zukunft verbessert werden sollten, um einfacher und umfassender auf neue Herausforderungen reagieren zu können. Übermäßige Komplexität ist dabei zu vermeiden, da es kaum möglich ist, gleichzeitig für wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhang zu sorgen und Konjunkturzyklen abzufedern, die Haushaltsdisziplin sicherzustellen und der politischen Erosion entgegenzuwirken; bekräftigt in diesem Zusammenhang seine Unterstützung für einen differenzierten Ansatz, um das Verwaltungs- und Kontrollsystem im Rahmen der Kohäsionspolitik zu vereinfachen und zu stärken;

33.

weist auf die Notwendigkeit hin, die Bedeutung der europäischen territorialen Zusammenarbeit für den Abbau der Hindernisse für die grenzübergreifende Zusammenarbeit und deren Förderung zu stärken, um konkrete Ergebnisse für die Bürger zu erzielen; fordert in diesem Zusammenhang, dass die künftigen Programme für die europäische territoriale Zusammenarbeit (ETZ) flexibel genug gestaltet werden, um den spezifischen Bedürfnissen der verschiedenen Grenzregionen Rechnung zu tragen, was auch die Möglichkeit für People-to-People-Projekte und kleinere Projekte mit einschließt. Der AdR hält es ferner für erforderlich, das Kriterium der Höchstentfernung von 150 km für die Zusammenarbeit in maritimen Angelegenheiten abzuschaffen und einen verhältnismäßigeren Ansatz bezüglich der im Rahmen der ETZ-Programme (3) geltenden Anforderungen für staatliche Beihilfen, Prüfung und Kontrolle zu wählen. Der AdR weist zudem darauf hin, dass es immer wichtiger wird, umfassender auf makroregionale Strategien zurückzugreifen, die durch die Kohäsionspolitik und andere politische Maßnahmen der EU unterstützt werden sollten;

34.

ruft das Europäische Parlament und die Kommission auf, eine Methode zur Berechnung der Kosten einer fehlenden Kohäsionspolitik zu entwickeln, um zusätzliche quantifizierbare Belege für den europäischen Mehrwert der Kohäsionspolitik zu liefern;

Wertefundament der Kohäsionspolitik

35.

betont, dass die Umsetzung der Kohäsionspolitik viele positive Ausstrahlungseffekte hat und in vielen Regionen zu einer besseren Regierungsführung und besseren Institutionen beiträgt. Sie ist nicht nur eine der wichtigsten Voraussetzungen für Wirtschaftswachstum, sondern auch eine solide Grundlage für umfassendes gesellschaftliches Wohlergehen, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger und die politische Legitimität der EU; weist darauf hin, dass die Kohäsionspolitik auch in Zukunft dafür sorgen muss, dass sich in den Regionen eine neue Verwaltungskultur durchsetzt, indem sie einerseits die Multi-Level-Governance, das Partnerschaftsprinzip, die mittelfristige regionale Wirtschaftsplanung, die mehrjährige Programmplanung und -finanzierung sowie integrierte ortsbezogene Ansätze und Instrumente stärkt und, andererseits, eine transparente und faktengestützte Entscheidungsfindung, Ex-ante-Konditionalitäten, Ergebnisorientierung, thematische Konzentration, anreizbasierte Systeme, zeitgemäße Managementverfahren sowie Kommunikationsmaßnahmen unterstützt, die den Bürgerinnen und Bürgern die unmittelbaren Auswirkungen der kohäsionspolitischen Maßnahmen vor Augen führen;

36.

betont, dass die Kohäsionspolitik die wirksamste EU-Maßnahme zur Überwindung der „Silopolitik“ ist. Sie hat das Potenzial, den strukturellen Wandel in der EU maßgeblich voranzubringen, indem sie durch integrierte, ortsbezogene und intelligente Spezialisierungsstrategien, die auf der Grundlage von den komparativen Vorteilen, Entwicklungschancen und Herausforderungen eines bestimmten Gebiets und entsprechend den Vorstellungen der örtlichen Bevölkerung, Unternehmen und Verwaltungsbehörden maßgeschneiderte Lösungen liefern, Querverbindungen zwischen den einzelnen sektorspezifischen Maßnahmen schafft;

37.

weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Kohäsionspolitik viel wirksamer sein könnte, wenn die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung jener Strukturreformen und Ex-ante-Konditionalitäten, die ein besseres Umfeld für die Umsetzung der Kohäsionspolitik einschließlich einer Stärkung der institutionellen Kapazitäten gewährleisten, mit Entschlossenheit vorgingen; weist außerdem darauf hin, dass es im Hinblick auf eine — auch in finanzieller Hinsicht — engere Verknüpfung zwischen Strukturreformen und Kohäsionspolitik notwendig wäre, durch einen Verhaltenskodex für das Europäische Semester für eine aktivere Einbindung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu sorgen und so die Effizienz und Eigenverantwortung im Zuge dieses Prozesses zu erhöhen. Auch ist es unverzichtbar, dass alle Strukturreformen zuvor auf ihren europäischen Mehrwert hin untersucht werden und bestätigt wird, dass sie unmittelbar auf die vertraglich verankerten Ziele der Union ausgerichtet sind (4);

38.

weist darauf hin, dass die Kohäsionspolitik gezeigt hat, dass die Stärkung der regionalen und lokalen Akteure von entscheidender Bedeutung für die Umsetzung des Strukturwandels ist. Außerdem zeigen Forschungsergebnisse, dass das Potenzial, die landesweite Produktivität durch eine Verbesserung der Leistung der Regionen zu stärken, noch nicht vollständig ausgeschöpft wird; hebt daher hervor, dass die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften im Rahmen einer umfassenden Förderung komplexer und robuster Entwicklungsstrategien stärker in eine intelligente und starke Kohäsionspolitik eingebunden werden müssen. Auf diese Weise kann die EU dafür sorgen, dass die europäische Integration für die Bürgerinnen und Bürger greifbarer wird und so ihre Legitimation auf der lokalen und regionalen Ebene sicherstellen;

Die Kosten und Risiken einer fehlenden Kohäsionspolitik für die Europäische Union: Vorwarnung

39.

betont, dass es dringend notwendig ist, als Nachfolger für die Strategie Europa 2020 einen politischen Rahmen festzulegen, um die thematische Konzentration und die territoriale Reaktionsbereitschaft der Kohäsionspolitik nach 2020 aufrechtzuerhalten;

40.

weist darauf hin, dass eine Herabstufung oder finanzielle Fragmentierung der Kohäsionspolitik, beispielsweise durch deren Beschränkung auf bestimmte Kategorien von Regionen oder durch die Abtrennung des Europäischen Sozialfonds von der Kohäsionspolitik, erhebliche politische Risiken birgt und die Fähigkeit der EU infrage stellen würde, die im Vertrag verankerten Ziele einer Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts zu verwirklichen, weil dann in vielen Regionen die dafür erforderliche starke Unterstützung fehlen würde, was mit schwindenden Investitionen für grundlegende europäische Ziele einherginge;

41.

hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass eine fehlende Kohäsionspolitik in der Europäischen Union im schlimmsten Fall führen könnte zu:

a)

einer Vertiefung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten zwischen den Regionen und zu vermehrten Spannungen zwischen den Mitgliedstaaten;

b)

einem Zerfall des Binnenmarktes und einer ineffektiveren wirtschaftspolitischen Steuerung der EU;

c)

einer Nichtumsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte;

d)

erheblichen Schwierigkeiten bei der Bewältigung der Herausforderungen im Zusammenhang mit der Migration;

e)

einem Vertrauensverlust in die politischen Institutionen der EU und in die Demokratie selbst, was sich wiederum in einem Erstarken populistischer und nationalistischer Strömungen niederschlagen würde und somit zu politischer Instabilität bis hin zum Zerfall der EU führen könnte;

42.

vertritt daher die Auffassung, dass die Überwindung der nach wie vor bestehenden wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Kluft in der EU die wichtigste langfristige Herausforderung für die Europäische Union als Ganzes darstellt;

43.

bekräftigt in diesem Zusammenhang, dass die Kohäsionspolitik auf europäischer Ebene nicht Ex-post-Konditionalitäten unterworfen werden darf, auf die die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften keinen Einfluss haben und die dazu führen können, dass die Gebietskörperschaften für eine von nationalen Regierungen verfolgte Politik herhalten sollen.

Brüssel, den 22. März 2018

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Karl-Heinz LAMBERTZ


(1)  www.cohesionalliance.eu.

(2)  ABl. C 306 vom 15.9.2017, S. 8.

(3)  AdR-Workshop zum Thema „Vereinfachung der europäischen territorialen Zusammenarbeit“ (https://cor.europa.eu/Documents/Migrated/Events/ETC-WORKSHOP-FINAL-REPORT.pdf).

(4)  Entschließung des AdR zum Thema „Änderung der Verordnung mit gemeinsamen Bestimmungen für die ESI-Fonds zur Unterstützung von Strukturreformen“ (COR-2017-06173-00-00-RES).


13.7.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 247/22


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Erweiterung: Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der Länder des westlichen Balkans in die makroregionalen, grenzübergreifenden und anderen Initiativen der transnationalen Kooperation in der EU

(2018/C 247/05)

Hauptberichterstatter:

Franz Schausberger (AT/EVP), Beauftragter des Landes Salzburg für den Ausschuss der Regionen

Referenzdokument:

COM(2018) 65 final

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

Allgemeine Bemerkungen

1.

begrüßt, dass die bulgarische Präsidentschaft dem Thema Westbalkan Priorität einräumt und dazu um einen Beitrag des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) ersucht hat;

2.

begrüßt und unterstützt die am 6. Februar 2018 von der Europäischen Kommission (EC) vorgelegte Strategie für eine glaubwürdige Erweiterungsperspektive für den und ein verstärktes Engagement der EU gegenüber dem westlichen Balkan;

3.

ist wie die EC überzeugt, dass die Länder des Westbalkans ein Teil Europas sind und ein gemeinsames europäisches Erbe, eine gemeinsame Geschichte und eine gemeinsame Zukunft haben und dass eine glaubwürdige Beitrittsperspektive der Schlüsselfaktor für die Transformation in der Region und somit für Sicherheit, Wohlstand, soziales Wohlergehen, Versöhnung und Stabilität ist;

4.

begrüßt die Perspektive für Serbien und Montenegro, bis 2025 den EU-Beitritt erreichen zu können, für Albanien und die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien die Beitrittsverhandlungen zu eröffnen, Bosnien und Herzegowina den Kandidatenstatus in Aussicht zu stellen und dem Kosovo (1) mit der Umsetzung des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens (SAA) weiteren Fortschritt auf dem europäischen Weg zu ermöglichen;

5.

unterstützt gleichzeitig voll die klare Feststellung der EC, dass diese Perspektiven nur dann erreicht werden können, wenn von den Westbalkan-Staaten alle dafür notwendigen Kriterien und Konditionen insbesondere zur Stärkung ihrer Demokratie erfüllt und alle notwendigen Reformen vor allem in den Bereichen der Rechtsstaatlichkeit, Wahrung der Grundrechte, Wettbewerbsfähigkeit, regionaler Zusammenarbeit und Versöhnung umgesetzt werden, sowie dass es dafür keine politischen Ausnahmen geben darf und dass die Bedingungen nicht während des Prozesses geändert werden dürfen;

6.

begrüßt die Absicht der EC, ihre Unterstützung für den Transformationsprozess in den westlichen Balkanländern etwa durch eine schrittweise Aufstockung des Instruments für Heranführungshilfe (IPA) bis 2020 entsprechend einem konkreten Aktionsplan mit sechs Leitinitiativen erheblich zu verstärken;

7.

ist der Ansicht, dass die Erweiterungsstrategie der EU für die Westbalkan-Länder Teil einer umfassenderen Strategie zur Stärkung der Union bis 2025 sein muss, denn die Union muss stärker und stabiler sein, bevor sie größer werden kann, und die 27 Mitgliedstaaten und ihre Bevölkerungen müssen vom Mehrwert dieser Erweiterung der EU überzeugt werden;

8.

begrüßt die erneuerte, auf dem Gipfeltreffen von Triest 2017 abgegebene feierliche Verpflichtung der Länder des westlichen Balkans, sich gegenseitig auf ihrem Weg in die Europäische Union zu unterstützen, ihre politischen Differenzen im Rahmen ihrer demokratischen Institutionen zu lösen und den wechselseitigen politischen Dialog zu stärken, zumal die Schaffung gutnachbarschaftlicher Beziehungen für den Weg in die Europäische Union von zentraler Bedeutung ist;

9.

verweist auf seine zahlreichen Stellungsnahmen, in denen immer wieder ausdrücklich betont wird, dass die regionalen und lokalen Vertreter aktiv in den europäischen Integrationsprozess einbezogen werden und EU-Standards und bewährte Verfahren auf regionaler und lokaler Ebene möglichst früh im Erweiterungsprozess umgesetzt werden. Nur so werden die notwendigen Kenntnisse auf den subnationalen Ebenen angemessen und rechtzeitig für die künftigen Aufgaben und Verantwortlichkeiten des EU-Acquis erreicht werden;

10.

begrüßt die von der EU angenommene Konnektivitätsagenda und die anderen regionalen Initiativen, z. B. den Berlin-Prozess, und regt dringend an, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der Erweiterungsländer einzubinden und in der Umsetzung die Erfahrungen der neueren Mitgliedstaaten vor allem in den Bereichen Verkehr, Energie, digitale Entwicklung, Bildung, Jugend einzubeziehen;

11.

fordert die Festlegung besonderer Bestimmungen und unwiderruflicher Verpflichtungen, um sicherzustellen, dass neue Mitgliedstaaten nicht den Beitritt anderer Kandidatenländer des Westbalkans verhindern können;

Die Bedeutung der subnationalen Ebenen im Erweiterungsprozess

12.

stellt mit Sorge fest, dass die öffentliche Verwaltung auf allen staatlichen Ebenen, insbesondere der kommunalen Selbstverwaltung, in den meisten Balkanländern nach wie vor schwach ist, mit begrenzten Verwaltungskapazitäten, einem hohen Maß an Politisierung und Korruption sowie einem Mangel an Transparenz und einer schlechten finanziellen Ausstattung;

13.

weist darauf hin, dass die Funktionsweise der demokratischen Institutionen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene gestärkt werden muss, einschließlich solider Wahlprozesse und eines ordnungsgemäßen Funktionierens der regionalen Versammlungen und Gemeinderäte, einschließlich eines konstruktiven und nachhaltigen Dialogs mit der Zivilgesellschaft;

14.

fordert für alle Westbalkanstaaten die Ausarbeitung und Umsetzung von Programmen zur Reform, Verbesserung der Qualität und Rechenschaftspflicht der Verwaltung, insbesondere für transparente öffentliche Finanzen, von E-Government-Strategien, bessere Dienstleistungen für die Bürger sowie von neuen Gesetzen über allgemeine Verwaltungsverfahren, ausgewogene und faire Gehaltsregelungen im öffentlichen Dienst und für Beamte der Regional- und Kommunalverwaltungen sowie transparente Einstellungs- und Entlassungsverfahren;

15.

stellt fest, dass mit der Verabschiedung neuer Gesetze zur Reform der lokalen Verwaltungen in den meisten Ländern des Westbalkans wichtige Fortschritte erzielt wurden, meint aber, dass noch erhebliche Anstrengungen und die Übertragung der notwendigen finanziellen Mittel erforderlich sind, um die Verwaltungskapazität der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu erhöhen, damit diese ihre erweiterten Kompetenzen im Zuge der Beitrittsvorbereitungen und anschließend zum Nutzen ihrer Bürger auch wahrnehmen können;

16.

hebt als positives Beispiel die Beschlussfassung des Gesetzes in Serbien über den öffentlichen Dienst auf der Ebene der Autonomen Provinz Wojwodina und auf lokaler Ebene hervor, weist aber auch darauf hin, dass das Gesetz über die Ressourcen der AP Wojwodina — wie es die Verfassung vorschreibt — noch verabschiedet werden muss;

17.

sieht es als positiv an, dass in mehreren Westbalkan-Staaten, insbesondere in Albanien, kommunale Gebietsreformen mit der Übertragung neuer Kompetenzen an die Gemeinden beschlossen und umgesetzt wurden, wobei allerdings die finanzielle und administrative Konsolidierung der neu geschaffenen Gemeinden nur langsam voranschreitet;

18.

betrachtet es als sehr positiv, dass in der Erweiterungsstrategie der EC für den Westbalkan ausdrücklich ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den zentralen, regionalen und lokalen Regierungen im Sinne der Multi-Level-Governance gefordert wird, da die regionale und lokale Regierungsdimension in der strategischen und operativen Planung für die EU-Erweiterung in den Erweiterungsländern des Westbalkans weitgehend fehlt;

19.

sieht für das rechtzeitige Gelingen der weiteren EU-Integration der Staaten des Westbalkans einen Bottom-up-Ansatz als unbedingt erforderlich an;

20.

stellt positiv fest, dass vor allem auf lokaler Ebene in den Westbalkan-Staaten die länderübergreifende Zusammenarbeit durch den Austausch von Erfahrungen, Know-how-Transfer, Transfer von „Best Practice“-Beispielen und Einführung neuer Methoden und Ansätze intensiviert wurde. Dabei sind vor allem die Aktivitäten und Initiativen der kommunalen und regionalen Verbände und Organisationen wie der Euroregion Adria-Ionisches Meer und dem Netzwerk der Verbände der lokalen Gebietskörperschaften Südosteuropas NALAS hervorzuheben, die von europäischer Ebene stärker eingebunden und gefördert werden sollten;

21.

bedauert, dass es bislang keine umfassende und nachhaltige Plattform für die kommunale Zusammenarbeit und keine starke Verbindung mit den EU-Institutionen gibt, um die Umsetzung der EU-Standards zu unterstützen und den EU-Besitzstand auf lokaler Ebene durchzusetzen, und dass sich die begrüßenswerten bestehenden Kooperationsinitiativen wie der Regionale Kooperationsrat RCC, ReSPA (2) und der Berlin-Prozess hauptsächlich auf die Ebene der Zentralregierungen konzentrieren und die regionale und lokale Ebene nicht berücksichtigen;

Dezentralisierung und Demokratie

22.

bedauert es, dass in den vergangenen zehn Jahren die Entwicklung in den Westbalkan-Staaten von Reformblockaden, Ungeduld und wachsender Skepsis gegenüber der EU-Mitgliedschaft und Anzeichen zunehmender Instabilität, Korruption, Nationalismus und extremer Politisierung staatlicher Institutionen und öffentlicher Verwaltungen gekennzeichnet war, was teilweise zu einer Hinwendung zu stärker autokratischen Regierungsformen und Zentralismus führte;

23.

verweist vor allem im Zusammenhang mit Bosnien-Herzegowina darauf, wie wichtig eine gute Koordinierung zwischen allen Regierungs- und Verwaltungsebenen für die Funktionsfähigkeit des Landes, die wirksame Umsetzung der Reformagenda, Mobilität, sowie die Schaffung eines einheitlichen Wirtschaftsraums ist und begrüßt, dass sich inzwischen alle Ebenen auf die Beantwortung des umfassenden „Questionnaire“ der EC geeinigt haben;

24.

stellt fest, dass die Wahlgesetze für die Durchführung von lokalen und regionalen Wahlen im Westbalkan weitgehend den europäischen Standards entsprechen und dass die Wahlen auf lokaler Ebene überwiegend ruhig und geordnet ablaufen, dass allerdings noch beträchtliche Mängel wegen der mangelnden Unparteilichkeit und Politisierung der Wahlbehörden, bei der Transparenz der Wahlkampffinanzierung, beim Registrierungsprozess und der Beilegung von Wahlkonflikten bestehen;

25.

ist überzeugt, dass die Dezentralisierung als eine Säule des demokratischen Reformprozesses entscheidend für den sozialen Zusammenhalt, die Stabilität und den Frieden und die Aussöhnung auf dem westlichen Balkan und damit für die Zukunft Europas ist;

26.

ist sich bewusst, dass bei der unbedingt notwendigen Stärkung der richtig verstandenen Dezentralisierung darauf geachtet werden muss, dass ethnische Spaltungen und Spannungen nicht verstärkt werden;

27.

ist davon überzeugt, dass die Entpolitisierung des öffentlichen Dienstes die entscheidende Voraussetzung für die Stärkung des Vertrauens zwischen dem öffentlichen Dienst und den Bürgern auf regionaler und lokaler Ebene darstellt;

Rechtsstaatlichkeit, Grundrechte und Kampf gegen Korruption auf der regionalen und lokalen Ebene im Westbalkan

28.

bedauert, dass nach vielen Jahren des Engagements der EU die Länder des Westbalkans noch immer auf den Ebenen der gesamtstaatlichen, regionalen und lokalen Regierungen und Verwaltungen enge Verbindungen zur organisierten Kriminalität und Korruption haben und starke Verflechtungen von öffentlichen und privaten Interessen vorherrschen;

29.

tritt daher dafür ein, dass spezialisierte Staatsanwaltschaften zur Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität sowie Justizbehörden erheblich gestärkt werden, mit dem Ziel der Beseitigung illegal erworbener Vermögenswerte, des Verlusts öffentlicher Ämter, strengerer Vorschriften für Amtsträger und zugänglicher Informations- und Beschwerdemechanismen für die Bürger;

30.

betont daher, dass nicht nur auf gesamtstaatlicher Ebene die Unabhängigkeit, Qualität und Effizienz der Gerichtsbarkeit wesentlich verbessert und gesichert werden muss, sondern auch in den regionalen und kommunalen Verwaltungen, besonders im öffentlichen Beschaffungswesen, klare Transparenz erforderlich ist, und begrüßt positive Beispiele wie etwa die Schaffung des Amts für Korruptionsbekämpfung und die Erstellung von diesbezüglichen Aktionsplänen in fast allen Gemeinden von Montenegro und die laufenden Bemühungen in Albanien;

31.

erwartet von den betroffenen Ländern verstärkte Anstrengungen beim Aufbau der Rechtsstaatlichkeit und der Justiz, bei der Gewährleistung von Grundrechten, Freiheit und Sicherheit sowie bei der Verankerung des Schutzes von Minderheiten — insbesondere der Roma, deren soziale Inklusion verstärkt gefördert werden sollte, und der LGBTI-Gemeinschaft — und der Geschlechtergleichstellung wie auch bei der Bekämpfung häuslicher Gewalt; begrüßt in diesem Zusammenhang, dass Serbien als erstes Land im Beitrittsprozess den Geschlechtergleichstellungsindex der EU eingeführt hat;

32.

setzt große Hoffnungen in die bulgarische Ratspräsidentschaft, dass es dieser gelingen möge, alle politischen Kräfte von Bosnien und Herzegowina rasch zu einer gemeinsamen Lösung für eine verfassungskonforme Wahlrechtsreform für die Wahlen im Oktober 2018 zu bewegen. Dabei sind die Bestimmungen zu beachten, die sich daraus ergeben, dass die drei Volksgruppen Bosnien und Herzegowinas konstitutive und gleichberechtigte Völker sind. Das bedeutet auch, dass die Entscheidungen Sejdić-Finci, Zornić und Pilav des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte umgesetzt werden müssen, damit auch Juden, Roma und Vertreter anderer nationaler Minderheiten für die Präsidentschaft und das Haus der Völker der Föderation kandidieren können und auch in Mostar nach mehr als sieben Jahren wieder Kommunalwahlen möglich werden;

33.

unterstreicht die Bedeutung der freien Meinungsäußerung und der Pressefreiheit in einer demokratischen politischen Kultur, um den Pluralismus einer demokratischen Gesellschaft zu gewährleisten. Dabei geht es auch um die problematische Einflussnahme auf die Journalisten und ihre Berichterstattung durch intransparente Besitzverhältnisse in den Medien;

34.

weist darauf hin, dass eine europäische demokratische Kultur ein vorbildliches Verhalten der politischen Entscheidungsträger auf allen politischen Ebenen wie etwa die Unterlassung von Konfrontationen und Provokationen, Vermeidung radikaler und nationalistischer Rhetorik und Handlungen, Sensibilität für die Belange schutzbedürftiger und benachteiligter Bevölkerungsgruppen, Berücksichtigung der Lage von ethnischen, sprachlichen oder religiösen Minderheiten und die uneingeschränkte Achtung aller Menschen unabhängig von ihrer Hautfarbe, sexuellen Ausrichtung oder Geschlechtsidentität voraussetzt;

35.

ruft die politisch Verantwortlichen auf, alles zu vermeiden und zu verurteilen, was die interethnischen Spannungen anheizen kann, und nationalistischen Erzählungen und Verherrlichung von Kriegsverbrechen aktiv entgegenzuwirken und Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Extremismus, Radikalisierung und Terrorismus zu bekämpfen und Präventionsarbeit unter jungen Menschen zu leisten;

Grenzüberschreitende regionale und lokale Zusammenarbeit

36.

sieht in der regionalen Zusammenarbeit und in guten nachbarschaftlichen Beziehungen zwischen den Staaten des Westbalkans unabdingbare Voraussetzungen für den europäischen Fortschritt und neue wirtschaftliche Chancen;

37.

unterstützt alle Initiativen zur Stärkung der gegenseitigen Beziehungen der Westbalkan-Länder und der grenzüberschreitenden Kooperationen auf regionaler und lokaler Ebene sowie der Partnerschafts- und TAIEX-Programme und bietet seine Unterstützung für die mögliche Einbeziehung von Beitrittsländern des Westbalkans in das Konzept des EVTZ an;

38.

stellt klar, dass grenzüberschreitende bilaterale Streitigkeiten dringend von den Verantwortlichen der betroffenen Staaten gelöst bzw. bedingungslos einer verbindlichen, endgültigen internationalen gerichtlichen Entscheidung bzw. Schlichtung unterworfen werden müssen; bedauert in diesem Sinne den anhaltenden Konflikt zwischen Slowenien und Kroatien um die Grenzziehung und den Zugang zu internationalen Gewässern in der Bucht von Piran, der infolge der EU-Mitgliedschaft beider Länder zu einem internen Problem der EU geworden ist, und begrüßt hingegen die Unterzeichnung der Grenzverträge Montenegros mit Bosnien und Herzegowina und dem Kosovo;

39.

begrüßt den jüngst erfolgten Beitritt der Republik Serbien zum Madrider Rahmenübereinkommen und erwartet auch von der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und Kosovo, dass sie diesem Übereinkommen, das konkrete Lösungen zur Überwindung der größten Hindernisse für die grenzüberschreitende territoriale Zusammenarbeit bietet, beitreten;

40.

ist der Überzeugung, dass es ohne eine wirksame und umfassende Normalisierung der Beziehungen zwischen Belgrad und Priština durch den EU-geförderten Dialog in der Region keine dauerhafte Stabilität geben kann, weshalb ein umfassendes, rechtsverbindliches Normalisierungsabkommen dringend erforderlich ist; begrüßt die Normalisierung der Beziehungen zwischen Serbien und Kroatien und die Fortsetzung des Dialogs zwischen Belgrad und Priština;

41.

stellt mit Befriedigung fest, dass die Situation im Norden des Kosovo weitgehend ruhig geblieben ist und die Kommunikation zwischen den Gemeinden im Norden und den zentralen Institutionen sich verbessert hat und vereinzelte Provokationen sowie zu verurteilende Gewaltakte nicht zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung des begonnenen Dialogs zwischen Belgrad und Priština geführt haben;

42.

sieht in dem auf dem Westbalkangipfel in Triest im Juli 2017 vereinbarten Regionalen Wirtschaftsraum einen wesentlichen Schritt zur Förderung der wirtschaftlichen Integration zwischen der EU und den westlichen Balkanländern und zur Steigerung der Attraktivität des regionalen Marktes und hofft auf eine baldige Umsetzung des vereinbarten Aktionsplans;

43.

hält es für äußerst wichtig, die grenzüberschreitende strategische und operative Zusammenarbeit mit und zwischen den westlichen Balkanstaaten im Bereich Migration und Grenzmanagement durch Gewährleistung des Zugangs zu internationalem Schutz, den Austausch relevanter Informationen, die Verbesserung der Grenzkontrolle usw. zu intensivieren, und ermutigt die lokalen Gebietskörperschaften, den Kampf gegen Schleuserkriminalität und Menschenhandel zu unterstützen;

44.

begrüßt es sehr, dass es in den Verhandlungen zwischen Griechenland und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien in den seit vielen Jahren schwelenden Differenzen in Bezug auf den Namen in letzter Zeit positive Anzeichen für Fortschritte gibt, und hofft darauf, dass es der bulgarischen Ratspräsidentschaft gelingen möge, neben den unter der Schirmherrschaft der UNO laufenden Verhandlungen wesentlich zur Entschärfung dieses Konflikts und zur Findung einer Lösung beizutragen;

Die wirtschaftliche Situation und makroregionale Strategien im Westbalkan

45.

stellt mit Bedauern fest, dass derzeit keiner der westlichen Balkanstaaten als funktionierende Marktwirtschaft angesehen werden kann und auch nicht in der Lage ist, den Wettbewerbsdruck und die Marktkräfte in der Union zu bewältigen, insbesondere wegen des herrschenden politischen Einflusses und des unterentwickelten Privatsektors, was sich auf die Arbeitsmärkte und insbesondere die mangelnden Beschäftigungsmöglichkeiten für junge Menschen äußerst negativ auswirkt;

46.

weist darauf hin, dass bei der Mehrzahl der Kommunen in den Beitrittsländern die Auffassung vorherrscht, dass EU-Projekte und Programme für die Gegebenheiten in den lokalen Verwaltungen zu komplex sind, und damit die Bemühungen der Kommission, die Projekt- und Programmzugänge zu vereinfachen, durch einen zunehmend ausgefeilten und komplexen Kontrollmechanismus konterkariert werden;

47.

befürwortet die Ausweitung des bestehenden TEN-V-Netzes einschließlich der Fertigstellung des Korridors und der Erweiterung Richtung Südosteuropa, wodurch das derzeitige Problem der fehlenden Verkehrsanbindung der Westbalkanländer gelöst und die Ost-West-Verbindung über das Straßen-, See-, Luft- und Schienenverkehrsnetz, die Voraussetzung für die Entwicklung der gesamten Region ist, verbessert werden könnte;

48.

regt daher an, die Vertreter der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bzw. die kommunalen Verbände in den Prozess der IPA-Verhandlungen, in die Programmplanung sowie in das Monitoring und die Evaluierung einzubeziehen;

49.

begrüßt, dass die EU zur Umsetzung der vorgelegten Strategie schrittweise die IPA-Mittel bis 2020 anzuheben beabsichtigt und dabei noch stärker auf die Bedürfnisse der Länder eingehen wird;

50.

verweist als positives Beispiel auf den über IPA finanzierten „Innovation Fund“, dessen Hauptziele die Pilotfinanzierung von Innovationsprojekten und die Stärkung von Forschung und Entwicklung in Privatunternehmen sind und der etwa durch das „Innovation Serbia Project“ die Gründung von innovativen Start-ups und Spin-offs sowie von marktorientierten, innovativen Technologien und Dienstleistungen unterstützt und damit zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der serbischen Privatwirtschaft entscheidend beiträgt;

51.

verweist als positives Beispiel für eine erfolgreiche regionale grenzüberschreitende Zusammenarbeit auf die gemeinsame rumänisch-serbische Initiative gegen Krebs im Rahmen des „Interreg-IPA Cross-border Cooperation Programme“ zur Verbesserung von Diagnose und Behandlung von bösartigen Tumoren;

52.

weist auch auf die hohen wirtschaftlichen und sozialen Disparitäten unter den Regionen der Westbalkanstaaten hin, begrüßt das EU-Programm für Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und KMU zur Entwicklung eines soliden Privatsektors und die geplante Schaffung eines Programms zur Unterstützung des Technologietransfers und von Start-ups;

53.

betont, dass makroregionale Strategien (MRS) und andere EU-Instrumente für die grenzübergreifende Zusammenarbeit wie EVTZ und Interreg-Programme wesentliche Bausteine der künftigen EU sind;

54.

begrüßt es, dass die bulgarische Ratspräsidentschaft einen zweiten Schwerpunkt auf die Digitale Wirtschaft gesetzt hat, und unterstützt alle Bemühungen, die Infrastruktur zwischen den westlichen Balkanstaaten und der EU in den Bereichen Verkehr, Energie und digitale Dienste zu verbinden;

55.

erwartet von allen Westbalkan-Staaten, dass sie sich in Initiativen der regionalen Zusammenarbeit, wie den Berlin-Prozess, die Donau-Strategie, die Initiative für die Adria und das Ionische Meer, den Südosteuropäischen Kooperationsprozess, den Regionalen Kooperationsrat und das Mitteleuropäische Freihandelsabkommen, konstruktiv einbringen und betont, dass das regionale Büro für Jugendzusammenarbeit des westlichen Balkans wichtig für die Aussöhnung in der Region ist;

56.

ist der Auffassung, dass die EU-Strategie für die Region Adria-Ionisches Meer (EUSAIR) eine große Chance für die gesamte Region darstellen kann, verweist aber auch auf die anhaltenden Probleme wie z. B. der mangelnden Ressourcen, der Staatsführung, sowie die Herausforderungen durch die Migrationskrise;

57.

befürwortet makroregionale Strategien als Instrumente für die europäische Integration auf der Grundlage von Stabilität, Aussöhnung und gutnachbarschaftlichen Beziehungen zwischen den EU-Mitgliedstaaten, den Bewerberländern und den möglichen Bewerberländern; ist der Auffassung, dass die makroregionalen Strategien der EU den gesamten westlichen Balkan als Ganzes umfassen sollten. Kosovo und die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien sind weder an der makroregionalen Strategie für den Donauraum noch an jener für die Adria und das Ionische Meer beteiligt; empfiehlt daher, dass sich auch jene Länder des Westbalkans an den vorgenannten makroregionalen Strategien beteiligen, die dies bislang nicht tun, aber in geografischer und wirtschaftlicher Hinsicht mit ihnen verbunden sind, sodass der gesamte westliche Balkan in den von makroregionalen Strategien erfassten Bereich einbezogen wird und die Finanzierungsmöglichkeiten im Rahmen der von ihnen umgesetzten Projekte nutzen kann.

Brüssel, den 22. März 2018

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Karl-Heinz LAMBERTZ


(1)  Diese Bezeichnung berührt nicht den Standpunkt zum Status des Kosovo und steht im Einklang mit der Resolution 1244/99 des UN-Sicherheitsrats und dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs zur Unabhängigkeitserklärung des Kosovo.

(2)  ReSPA ist eine internationale Organisation zur Förderung der regionalen Zusammenarbeit im Bereich der öffentlichen Verwaltung im Westbalkanraum (https://www.respaweb.eu).


13.7.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 247/28


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Handelspaket

(2018/C 247/06)

Berichterstatterin:

Micaela Fanelli (IT/SPE), Bürgermeisterin von Riccia, Campobasso

Referenzdokumente:

Vorschlag für eine Verordnung zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Europäischen Union

COM(2017) 487 final

Mitteilung über die Liste kritischer Rohstoffe für die EU 2017

COM(2017) 490 final

Bericht über die Umsetzung der handelspolitischen Strategie „Handel für alle“: Eine fortschrittliche Handelspolitik — Meistern der Globalisierung

COM(2017) 491 final

Mitteilung: Durch eine ausgewogene und fortschrittliche Handelspolitik die Globalisierung meistern

COM(2017) 492 final

Mitteilung: Offenheit für ausländische Direktinvestitionen bei gleichzeitigem Schutz grundlegender Unionsinteressen

COM(2017) 494 final

Empfehlungen für Beschlüsse des Rates

COM(2017) 469 final, COM(2017) 472 final und COM(2017) 493 final

I.   EMPFEHLUNGEN FÜR ÄNDERUNGEN

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Europäischen Union

COM(2017) 487 final

Änderung 1

Erwägungsgrund 13

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Es ist angezeigt, die wesentlichen Elemente des Verfahrensrahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen durch die Mitgliedstaaten festzulegen, damit Investoren, die Kommission und andere Mitgliedstaaten verstehen können, wie solche Investitionen wahrscheinlich überprüft werden, und um sicherzustellen, dass diese Investitionen auf transparente Weise überprüft werden und dass es keine Diskriminierung zwischen Drittländern gibt. Diese Elemente sollten mindestens die Einführung von Fristen für die Überprüfung sowie die Möglichkeit für Investoren umfassen, gegen Überprüfungsbeschlüsse Rechtsbehelf einzulegen.

Es ist angezeigt, die wesentlichen Elemente des Verfahrensrahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen durch die Mitgliedstaaten festzulegen, damit Investoren, die Kommission, andere Mitgliedstaaten sowie die betroffenen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und Sozialpartner verstehen können, wie solche Investitionen wahrscheinlich überprüft werden, und um sicherzustellen, dass diese Investitionen auf transparente Weise überprüft werden und dass es keine Diskriminierung zwischen Drittländern gibt. Diese Elemente sollten mindestens die Einführung von Fristen für die Überprüfung sowie die Möglichkeit für Investoren umfassen, gegen Überprüfungsbeschlüsse Rechtsbehelf einzulegen.

Begründung

Die von den Mitgliedstaaten getroffenen Entscheidungen haben große Auswirkungen auf die Gebietskörperschaften, in denen die ausländische Direktinvestition (FDI) getätigt werden soll oder wurde. Daher sollten sie an solchen Entscheidungen beteiligt werden.

Änderung 2

Erwägungsgrund 18

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Dafür ist es auch wichtig, in allen Mitgliedstaaten ein Mindestmaß an Informationen und Koordinierung im Zusammenhang mit ausländischen Direktinvestitionen sicherzustellen, die in den Geltungsbereich dieser Verordnung fallen. Diese Informationen sollten auf Anfrage der Mitgliedstaaten oder der Kommission von den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt werden, in denen die ausländische Direktinvestition geplant ist oder getätigt wurde. Einschlägige Informationen umfassen Aspekte wie die Eigentümerstruktur des ausländischen Investors sowie die Finanzierung der geplanten oder getätigten Investition einschließlich — sofern verfügbar — Informationen über Subventionen, die von Drittländern gewährt wurden.

Dafür ist es auch wichtig, in allen Mitgliedstaaten ein Mindestmaß an Informationen und Koordinierung im Zusammenhang mit ausländischen Direktinvestitionen sicherzustellen, die in den Geltungsbereich dieser Verordnung fallen. Diese Informationen sollten auf Anfrage der Mitgliedstaaten oder der Kommission und nach Konsultation der betroffenen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften von den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt werden, in denen die ausländische Direktinvestition geplant ist oder getätigt wurde. Einschlägige Informationen umfassen Aspekte wie die Eigentümerstruktur des ausländischen Investors sowie die Finanzierung der geplanten oder getätigten Investition einschließlich — sofern verfügbar — Informationen über Subventionen, die von Drittländern gewährt wurden.

Begründung

Die von den Mitgliedstaaten getroffenen Entscheidungen haben große Auswirkungen auf die Gebietskörperschaften, in denen die FDI getätigt werden soll oder wurde. Daher sollten sie an solchen Entscheidungen beteiligt werden.

Änderung 3

Artikel 3 Absatz 2

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Artikel 3

Artikel 3

Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen

Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen

Die Kommission kann aus Gründen der Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung ausländische Direktinvestitionen überprüfen, die sich auf Projekte oder Programme von Unionsinteresse auswirken dürften.

Die Kommission kann aus Gründen der Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung ausländische Direktinvestitionen überprüfen, die sich auf bestehende oder verantwortlich geplante Projekte oder Programme von Unionsinteresse auswirken dürften.

Änderung 4

Artikel 6 Absätze 1 und 2

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Artikel 6

Artikel 6

Verfahrensrahmen für die Überprüfung durch die Mitgliedstaaten

Verfahrensrahmen für die Überprüfung durch die Mitgliedstaaten

1.   Bei den Überprüfungsmechanismen der Mitgliedstaaten sind Transparenz und Nichtdiskriminierung zwischen den Drittländern zu wahren. Insbesondere legen die Mitgliedstaaten die eine Überprüfung auslösenden Umstände, die Gründe für die Überprüfung sowie die anwendbaren ausführlichen Verfahrensregeln fest.

1.   Bei den Überprüfungsmechanismen der Mitgliedstaaten sind Transparenz und Nichtdiskriminierung zwischen den Drittländern zu wahren. Insbesondere legen die Mitgliedstaaten die eine Überprüfung auslösenden Umstände, die Gründe für die Überprüfung sowie die anwendbaren ausführlichen Verfahrensregeln fest. Ferner werden die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, in denen die ausländische Direktinvestition geplant ist oder getätigt wurde, im Rahmen dieses Verfahrens von den Mitgliedstaaten soweit wie möglich unterrichtet und konsultiert.

2.   Die Mitgliedstaaten legen Fristen für den Erlass von Überprüfungsbeschlüssen fest. Die Fristen sollten ihnen ermöglichen, die Kommentare der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 8 und Stellungnahme der Kommission gemäß Artikel 8 und 9 zu berücksichtigen.

2.   Die Mitgliedstaaten legen Fristen für den Erlass von Überprüfungsbeschlüssen fest. Die Fristen sollten ihnen ermöglichen, die Kommentare der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, in denen die ausländische Direktinvestition geplant ist oder getätigt wurde, sowie der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 8 und Stellungnahme der Kommission gemäß Artikel 8 und 9 zu berücksichtigen.

(…)

(…)

Begründung

Die von den Mitgliedstaaten getroffenen Entscheidungen haben große Auswirkungen auf die Gebietskörperschaften, in denen die FDI getätigt werden soll oder wurde. Daher sollten sie an solchen Entscheidungen beteiligt werden.

Änderung 5

Artikel 8 Absatz 1

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Artikel 8

Artikel 8

Kooperationsmechanismus

Kooperationsmechanismus

Die Mitgliedstaaten benachrichtigen die Kommission und die übrigen Mitgliedstaaten innerhalb von fünf Arbeitstagen ab dem Beginn der Überprüfung über alle ausländischen Direktinvestitionen, die im Rahmen ihrer Überprüfungsmechanismen überprüft werden. Gegebenenfalls bemühen sich die eine Überprüfung durchführenden Mitgliedstaaten darum, im Rahmen dieser Informationen anzugeben, ob ihrer Auffassung nach die ausländische Direktinvestition in den Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 fallen dürfte.

Die Mitgliedstaaten konsultieren die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, in denen die ausländische Direktinvestition geplant ist oder getätigt wurde, und benachrichtigen die Kommission und die übrigen Mitgliedstaaten innerhalb von fünf Arbeitstagen ab dem Beginn der Überprüfung über alle ausländischen Direktinvestitionen, die im Rahmen ihrer Überprüfungsmechanismen überprüft werden. Gegebenenfalls bemühen sich die eine Überprüfung durchführenden Mitgliedstaaten darum, im Rahmen dieser Informationen anzugeben, ob ihrer Auffassung nach die ausländische Direktinvestition in den Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 fallen dürfte.

Begründung

Es ist wichtig, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Rahmen der Kontrolle einer bestimmten FDI konsultiert werden.

Änderung 6

Artikel 8 Absatz 6

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Artikel 8

Artikel 8

Kooperationsmechanismus

Kooperationsmechanismus

Die Mitgliedstaaten, in denen die ausländische Direktinvestition geplant ist oder getätigt wurde, berücksichtigen in gebührender Weise die Kommentare der anderen Mitgliedstaaten gemäß Absatz 2 und die Stellungnahme der Kommission gemäß Absatz 3.

Die Mitgliedstaaten, in denen die ausländische Direktinvestition geplant ist oder getätigt wurde, berücksichtigen in gebührender Weise die gemäß Absatz 1 vorgebrachten Kommentare der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, in denen die ausländische Direktinvestition geplant ist oder getätigt wurde, und der anderen Mitgliedstaaten gemäß Absatz 2 und die Stellungnahme der Kommission gemäß Absatz 3.

Begründung

Es ist wichtig, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Rahmen der Kontrolle einer bestimmten FDI konsultiert werden.

Änderung 7

Artikel 12

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Artikel 12

Artikel 12

Kontaktstellen

Kontaktstellen

Alle Mitgliedstaaten richten eine Kontaktstelle für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen (im Folgenden „FDI-Kontaktstelle“) zur Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen ein. Die Kommission und die Mitgliedstaaten befassen diese FDI-Kontaktstellen mit allen Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Verordnung.

Alle Mitgliedstaaten richten mindestens eine Kontaktstelle für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen (im Folgenden „FDI-Kontaktstelle“) zur Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen ein. Die Kommission und die Mitgliedstaaten befassen diese FDI-Kontaktstellen mit allen Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Verordnung. Die FDI-Kontaktstellen müssen zudem auf Antrag der betroffenen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften alle einschlägigen Informationen bezüglich der Überprüfung dieser Investitionen bereitstellen.

Begründung

i)

Da in einigen Mitgliedstaaten die regionale Ebene für die Handelspolitik zuständig ist, erscheint es sinnvoll, in diesen Fällen Kontaktstellen auch auf regionaler Ebene vorzusehen.

ii)

Es ist wichtig, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften über möglichst vollständige Informationen verfügen, wenn sie bei der Überprüfung einer bestimmten FDI Stellung beziehen.

II.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.

begrüßt das von der Kommission im Anschluss an das Reflexionspapier „Die Globalisierung meistern“ vorgelegte Paket von Vorschlägen für Handel und Investitionen als Antwort auf die Herausforderungen, denen sich die Handelspolitik der EU stellen muss;

2.

ist der Auffassung, dass im Rahmen der Handelspolitik komplexe Herausforderungen bewältigt werden müssen und ein angemessenes Gleichgewicht zwischen vielfältigen Zielen zu finden ist: Stärkung der Handelsposition der EU durch Anbindung an die globalen Wachstumszentren; Übernahme einer Führungsrolle bei der Unterstützung des multilateralen Handelssystems; Steigerung des Wirtschaftswachstums und Bekämpfung der Armut; Schutz der Unternehmen, Bürger und Gebiete der EU vor unlauterem Wettbewerb und Steuerung der territorialen und sozialen Kosten, insbesondere in schutzbedürftigen Branchen und bezüglich geringqualifizierter Arbeitnehmer;

3.

teilt die Ansicht, dass der internationale Handel im Laufe der Jahre das Wachstum gefördert und die Wettbewerbsfähigkeit sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU gesteigert hat; verweist gleichwohl auf die wachsende Sorge über die ungleiche soziale Verteilung seines Nutzens, über seine erheblichen Auswirkungen in Form akuter Prozesse der Agglomeration und der territorialen Marginalisierung und insbesondere angesichts der stark strapazierten Widerstandskraft einiger lokalen Wirtschaftssysteme und Gemeinschaften;

4.

unterstützt nachdrücklich den Standpunkt der Kommission, dass die Handelspolitik bei der Gewährleistung positiver Effekte der Globalisierung auf wirtschaftlicher, sozialer, territorialer und ökologischer Ebene für die Bürger und die Unternehmen in Europa und anderswo eine wichtige Rolle spielen muss;

5.

betont die Rolle, die der Europäische Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) bei der Unterstützung derer spielte, die infolge von Strukturveränderungen im Welthandel aufgrund der Globalisierung arbeitslos geworden sind; bekräftigt (1) gleichwohl, dass die Funktionsmechanismen reformiert werden müssen, indem die Genehmigungsverfahren für den EGF vereinfacht, die Schwellenwerte für seine Inanspruchnahme (2) gesenkt und seine Mittelausstattung auf mindestens 500 Mio. EUR jährlich aufgestockt werden und der Fonds in den MFR integriert wird, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass sein Anwendungsbereich seit 2014 u. a. auf die NEET (Menschen, die sich weder in Ausbildung noch in Beschäftigung befinden) ausgeweitet wurde und künftig möglicherweise auf Präventivmaßnahmen weiter ausgedehnt werden muss; betont, dass der EGF und der Europäische Sozialfonds als Bestandteil der europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) einander ergänzen, wobei der EGF kurzfristige Hilfe leistet, während die langfristigen Maßnahmen aus den ESI-Fonds finanziert werden und als Folgemaßnahmen in EGF-Bereichen wirken können;

6.

unterstreicht, dass — wie in einer Untersuchung der Handelsströme in einigen Mitgliedstaaten festgestellt wurde (3) — die Exportleistungen der Regionen positiv mit dem BIP korrelieren, dass eine positive Korrelation zwischen der Exportentwicklung und der regionalen Wettbewerbsfähigkeit besteht und dass sich in jedem untersuchten Mitgliedstaat die Exportorientierung und der Exportanteil des produktiven Bereichs stark auf wenige Regionen konzentrieren;

7.

stellt besorgt fest, dass diese Untersuchungsergebnisse in einer anderen Untersuchung (4) bestätigt werden. Demnach erscheint der Nutzen der FDI in den ländlichen, Nicht-Metropol- und weniger entwickelten Regionen erheblich geringer als in anderen; auch die Auswirkungen in puncto Produktivitätssteigerung sind dort geringer und in den weniger entwickelten Regionen sogar gleich null. Folglich ist der Beitrag der direkten Auswirkungen von FDI und der Öffnung der Märkte in puncto Konvergenz vermutlich äußerst begrenzt;

8.

verweist in diesem Zusammenhang auf die wichtige Rolle der Kohäsionspolitik bei der Gewährleistung eines angemessenen Niveaus öffentlicher Investitionen in den Regionen und Gebieten der EU, die bei diesen Strömen marginalisiert sind, bei der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit durch gleichzeitige Stimulierung der FDI in diese Gebiete und bei der Förderung des Wachstums nichteuropäischer, in Europa bereits ansässiger Unternehmen;

9.

erinnert daran, dass die Europäische Kommission im 7. Kohäsionsbericht (vom 9. Oktober 2017) betont, dass das Meistern der Globalisierung durch Unterstützung des wirtschaftlichen Wandels in Regionen, Innovation, industrielle Modernisierung und Einführung neuer Technologien zu den drei Prioritäten der künftigen Kohäsionspolitik nach 2020 gehören sollte;

10.

verweist auf die Tatsache, dass weitere Abkommen zur Liberalisierung des Handels die Zolleinkünfte schmälern, die eine bedeutende Eigenmittelquelle des EU-Haushalts darstellen, und fordert die Kommission nachdrücklich auf, in Kürze einen Vorschlag für eine umfassende Reform der EU-Eigenmittel vorzulegen, wie dies in der Stellungnahme des AdR 2017/1530 zur Reform der Eigenmittel der EU im nächsten MFR nach 2020 gefordert wird;

Transparenz und demokratische Legitimität der EU-Handelspolitik

11.

begrüßt das Engagement der Kommission für mehr Transparenz in den Handelsverhandlungen und hofft, dass es dieser Ansatz den Mitgliedstaaten ermöglichen wird, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und/oder andere interessierte Akteure bereits in der Phase der Ausarbeitung der eigenen handelspolitischen Ziele für bestimmte Verhandlungen im Rahmen des EU-Außenhandels zu beteiligen;

12.

verweist diesbezüglich auf die Studie des AdR zur demokratischen Dimension der Verhandlungen der EU über Handelsabkommen: Rolle und Verantwortung der Bürger und der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften. Darin wird unterstrichen, dass die reine Verfügbarkeit von Informationen nicht ausreicht, um ein transparentes und partizipatives Verfahren zu gewährleisten. Vielmehr muss den Mechanismen auf nationaler und lokaler Ebene zur Gewährleistung des Zugangs zu diesen Informationen mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. Vor allem die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften betonen, dass formelle Mechanismen des Dialogs mit den nationalen Ebenen im Bereich der Handelspolitik häufig fehlen, und dieser Mangel ist auf EU-Ebene noch deutlicher spürbar;

13.

begrüßt die Bemühungen der Kommission, für mehr Klarheit bezüglich der gemischten Natur vieler Handelsabkommen zu sorgen, indem das Kapitel über die Investitionen ausgeklammert wird; ist gleichwohl der Auffassung, dass die Konsenskrise bezüglich der globalen Öffnung der Märkte und der Unterzeichnung neuer Handelsabkommen zum Großteil mit der unzureichenden Dokumentation der positiven und negativen Auswirkungen bestimmter Abkommen zusammenhängt, sowie mit der fehlenden Klarheit darüber, ob nationale Regierungen für die Bewältigung spezifischer negativer Verteilungseffekte infolge dieser Abkommen verantwortlich sind;

14.

unterstreicht folglich seinen Standpunkt, dass vor jedweder weiteren Liberalisierung des Handels unbedingt territoriale Folgenabschätzungen durchgeführt werden müssen, die ein wirksames Instrument sein können, vor Beginn der Verhandlungen über ein bestimmtes Handelsabkommen dessen Auswirkungen auf die Regionen Europas zu erkennen und zu quantifizieren. Dadurch werden zum einen inhaltlich fundiertere, informationsbasierte und transparentere Entscheidungen auf der Grundlage konkreter Daten ermöglicht. Zum anderen können so maßgeschneiderte Unterstützungsmaßnahmen für die betroffenen Regionen zur Antizipierung oder Abfederung der Auswirkungen ermöglicht werden;

15.

bedauert, dass in der Folgenabschätzung, die der Empfehlung für einen Beschluss des Rates über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit Australien und Neuseeland beiliegt, im betreffenden Abschnitt über die Auswirkungen und Betroffenen der verschiedenen strategischen Optionen keine Folgenabschätzung vorgesehen ist (5);

16.

hält die vom Gemeinsamen Forschungszentrum durchgeführte Untersuchung über die kumulativen wirtschaftlichen Auswirkungen aktueller und eventueller künftiger Freihandelsabkommen der EU mit zwölf Handelspartnern auf die Landwirtschaft der EU (6) für ein gutes Beispiel dafür, wie Folgenabschätzungen zur Konzipierung solider, transparenter und auf konkrete Zahlen gestützter handelspolitischer Maßnahmen beitragen können;

17.

begrüßt, dass die vorgenannte Untersuchung wissenschaftliche Anhaltspunkte auf der Grundlage konkreter Daten für die Festlegung europäischer Maßnahmen gibt, da die Landwirte in der EU darüber informiert werden, was sie von den Handelsabkommen, insbesondere mit Australien und Neuseeland erwarten können; ist der Ansicht, dass die Kommission im Rahmen dieser Verhandlungen eventuelle negative Auswirkungen auf bestimmte Agrarbranchen, wie in der Untersuchung verdeutlicht, besonders beachten und diese Branchen unter Berücksichtigung der Grundprinzipien der Gemeinsamen Agrarpolitik schützen sollte. Dabei sollte sie auch der Tatsache gerecht werden, dass die Landwirtschaft der wichtigste und einzige Tätigkeitsbereich ist, der die Beschäftigung, das Unternehmertum und die lokale Nahrungsmittelversorgung in vielen Gebieten der EU unterstützt, so z. B. in Berggebieten, wo die Landwirte unter schwierigen Bedingungen die ländlichen Gebiete am Leben erhalten und u. a. zur Erhaltung entscheidender ökologischer Gleichgewichte beitragen;

18.

bekräftigt insbesondere im Hinblick auf die Verhandlungen mit Australien und Neuseeland seinen seit Langem vertretenen Standpunkt, dass die Handelsabkommen der EU öffentliche Verwaltungen jedweder Ebene weder daran hindern dürfen, öffentliche Dienstleistungen zu erbringen, zu unterstützen oder zu reglementieren, noch daran, das Spektrum der Dienstleistungen für die Bürger zu erweitern (7) oder die Einfügung bestimmter Sozialklauseln vorzusehen, die — im Einklang mit den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 7. Dezember 2015 — u. a. darauf abzielen, die Entwicklung der Sozialwirtschaft zu fördern;

19.

begrüßt, dass die Kommission am 22. Dezember 2017 eine beratende Gruppe für die Handelsabkommen der EU eingerichtet hat, die die Transparenz und Inklusion in der EU-Handelspolitik steigert, beklagt jedoch daher, dass keiner der 28 Experten dieser Gruppe (8) eine lokale oder regionale Gebietskörperschaft oder einen ihrer Verbände vertritt. Sollte die Kommission bei ihrer Position bleiben, dass kein Organ oder keine Einrichtung der EU in der beratenden Gruppe vertreten sein sollte, möchte der AdR zumindest als Beobachter eingeladen werden;

20.

fordert, dass in der EU und auf nationaler Ebene geltende Normen des Arbeitsrechts sowie die gesetzlichen Standards für Produktsicherheit, Daten-, Verbraucher-, Gesundheits-, Umwelt- und Tierschutz ohne Nivellierung nach unten gewährleistet und auf Ebene der Mitgliedstaaten im Einklang mit dem EU-Recht angepasst werden können. Der regulative und finanzielle Ermessensspielraum der regionalen und lokalen Ebene in diesem Bereich sollte nicht durch internationale Handels- und Investitionsübereinkommen eingeengt werden;

Streben nach Fairness außerhalb der EU

21.

unterstreicht, dass die Handelspolitik nicht nur wirtschaftliche Interessen betrifft, sondern auch ein wichtiges Instrument der Solidarität mit Entwicklungsländern und Ländern in regionalen Krisensituationen ist; erinnert diesbezüglich an den gemeinsamen Beschluss der EU und Jordaniens bezüglich der Lockerung der anwendbaren Ursprungsregeln im bilateralen Handel als hervorragendes Beispiel für eine solche Ausrichtung;

22.

begrüßt das Non-Paper der Kommission zu den Kapiteln über Handel und nachhaltige Entwicklung in den Freihandelsabkommen der EU (9). Mit diesem Dokument wurde die Debatte über die Einhaltung und Durchsetzung der Vorschriften in den Bereichen Nachhaltigkeit und Handel und die Modalitäten ihrer Verknüpfung angestoßen;

23.

ist bezüglich der Festsetzung, ob eine Verletzung der Vorschriften bezüglich der Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung Auswirkungen auf den Handel bzw. sogar Sanktionen nach sich ziehen muss, der Auffassung, dass Staaten, die unlauteren Wettbewerb betreiben und die Standards der wichtigsten Arbeitsübereinkommen bspw. im Bereich Kinderarbeit unterlaufen, mit Sanktionen belegt werden müssten; hält diesbezüglich weitere Untersuchungen und Forschungsprojekte für erforderlich, um sicherzustellen, dass die Erarbeitung der Maßnahmen auf schlüssigen Beweisen basiert;

24.

begrüßt das Engagement der Kommission zur Stärkung des multilateralen Handelssystems, bei dem die WTO im Zentrum steht, und stellt fest, dass ohne diese der Welthandel stärker von den Machtverhältnissen zwischen den Staaten und weniger von Werten geprägt sein wird; ist der Ansicht, dass die WTO den idealen Rahmen bilden könnte für: die maximale Verringerung der negativen Externalitäten der bilateralen Handelsabkommen für Drittstaaten, die Multilateralisierung der bislang zwischen den Staaten, die die gleichen Grundsätze teilen, praktizierten Regulierungszusammenarbeit, und für eine klare Beitrittsperspektive für weitere an der WTO interessierte Partner;

Multilateraler Gerichtshof für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten

25.

begrüßt die Empfehlung für einen Beschluss des Rates über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Übereinkommen zur Errichtung eines multilateralen Gerichtshofs für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten als ein Mittel zur Behebung vieler Probleme des Systems zur Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten (ISDS), insbesondere der mangelnden Legitimität und Unabhängigkeitsgarantien, der unzureichenden Vorhersehbarkeit und Kohärenz der Rechtsprechung, den hohen Kosten, der mangelnden Transparenz bei der Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten und die mangelnde Zugänglichkeit für KMU;

26.

weist darauf hin, dass laut der AdR-Studie zur demokratischen Dimension der Handelsabkommen: Rolle und Verantwortlichkeit der Bürger und der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften letztere am häufigsten auf die Folgen der Freihandelsabkommen für ISDS hinweisen, die es ihrer Auffassung nach Privatunternehmen gestatten, die Entscheidungen der Regierungen vor Ort anzufechten;

27.

macht geltend, dass ein Gleichgewicht zwischen dem Schutz der Rechte privater Investoren mittels Sanktionsmechanismen und dem Schutz der Arbeitnehmerrechte, die bislang über keine solchen Mechanismen verfügen, gefunden werden muss und ruft die Kommission auf sicherzustellen, dass der Vorschlag zur Einrichtung eines solchen Gerichtshofs kein paralleles Rechtssystem mit einem Sondergericht für ausländische Investoren vorsieht, mit dem sie die nationalen Rechtsysteme zum ausschließlichen Nutzen der Investoren umgehen können; fordert zudem, dass dieser Gerichtshof nicht nur die Rechte der Investoren, sondern auch die Gesetzgebungsrechte der Staaten und die Rechte Dritter schützt;

28.

hofft, dass die Kommission möglichst bald klarstellt, ob dieser multilaterale Investitionsgerichtshof als eigenständige Institution aufzufassen ist oder rechtlich einer anderen Einrichtung angegliedert wird, und wie die betroffenen Gruppen an den Gerichtsverfahren teilnehmen können;

29.

fordert die Kommission auf, für mehr Klarheit zu sorgen bezüglich der absehbaren Auswirkungen auf die Kontroversen über die derzeitigen bilateralen Investitionsabkommen (BIT) und die Verknüpfungen zwischen dem multilateralen Gerichtshof und den einzelstaatlichen Gerichten, insbesondere in Bezug auf die Frage der vorherigen Ausschöpfung innerstaatlicher Rechtsbehelfe; unterstützt bezüglich zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenen BIT (intra-EU-BIT) und vor dem Hintergrund der laufenden Rechtssache C-284/16 Achmea die Auffassung der Kommission, dass ISDS-Verfahren in (vor dem Beitritt abgeschlossenen) intra-EU-BIT aufgrund der ausschließlichen Zuständigkeit von EU-Gerichten für Klagen, die das Unionsrecht betreffen, mit EU-Recht kollidieren;

30.

vertraut darauf, dass der belgische Antrag vom 6. September 2017 auf ein Gutachten des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zur Rechtsmäßigkeit des im Abkommen der EU mit Kanada (CETA) vorgesehenen neuen Systems der bilateralen Investitionsgerichtsbarkeit zu mehr Klarheit in der gesamten Debatte über den Investitionsschutz führen wird;

31.

stellt mit Besorgnis fest, dass einige der wichtigsten Handelspartner der EU, wie die USA oder Japan, die Einrichtung eines multilateralen Gerichtshofs nicht unterstützen und die Präferenz Japans für ein ISDS-System eine der wichtigsten ungelösten Fragen ist, die Folgemaßnahmen zur Grundsatzvereinbarung vom 6. Juli 2016 über ein Freihandelsabkommen im Weg steht;

Vorschlag für eine Verordnung zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Europäischen Union

32.

unterstreicht die Bedeutung der FDI für die gesamte Wirtschaft der EU und genauer für einige Regionen angesichts der Tatsache, dass im Zeitraum 2003-2015 Investoren aus Drittstaaten über 52 000 FDI-finanzierte Projekte mit einem Gesamtwert von über 2 600 Mrd. EUR (10) in Europa durchgeführt haben;

33.

teilt die Auffassung der Kommission, dass die Offenheit der EU gegenüber FDI ein wesentlicher Grundsatz und ein wichtiger Wachstumsfaktor bleibt, aber von robusten und wirksamen politischen Maßnahmen begleitet werden muss, mit denen einerseits diese Öffnung auch bei anderen Märkten erreicht und gewährleistet wird, dass sich jeder an die Regeln hält, andererseits aber Vermögenswerte der Union von kritischer Bedeutung gegenüber Investitionen geschützt werden, die eine Gefahr für die legitimen Interessen der Union oder ihrer Mitgliedstaaten darstellen könnten;

34.

begrüßt deshalb die dem Verordnungsvorschlag der Kommission zugrunde liegenden Grundsätze, da die FDI aufgrund fehlender einheitlicher europäischer Rechtsvorschriften über ihre Kontrolle derzeit in den Mitgliedstaaten unterschiedlich behandelt werden können;

35.

ist besorgt angesichts des Rechts der Kommission, aus Gründen der Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung FDI zu überprüfen, die sich auf Projekte oder Programme von Unionsinteresse auswirken können. Dieses Kriterium ist sehr vage und kann alle Arten von FDI betreffen. Zudem ist die Liste im Anhang unvollständig. Ferner gibt es keine klare Definition für Sicherheit und öffentliche Ordnung. Folglich besteht keine Rechtssicherheit bezüglich des Umfangs der Einwirkungsbefugnisse der Europäischen Kommission; daraus könnte sich ergeben, dass die Mitgliedstaaten aus Gründen der Sicherheit und der öffentlichen Ordnung nicht mehr selbst über FDI entscheiden können;

36.

bedauert, dass ein so wichtiger Vorschlag von der Kommission ohne eine Folgenabschätzung vorgelegt wird; ist der Ansicht, dass die Untersuchung über die Investitionsströme in der EU, die in der Begleitenden Mitteilung angekündigt wird, und die Folgenabschätzung der Vorlage des Vorschlags hätten vorausgehen müssen, um sicherzustellen, dass die betreffenden interinstitutionellen Erörterungen auf konkreten Daten basieren;

37.

fordert im Verordnungsvorschlag klarzustellen, dass bestehende Einschränkungen des freien Kapitalverkehrs mit Drittstaaten ohne Beschränkung auf Gründe der öffentlichen Ordnung und Sicherheit bzw. ohne konkret vorgegebenen Verfahrensrahmen aufrechterhalten werden dürfen;

38.

ist der Auffassung, dass die Kommission auch die Maßnahmen bewerten muss, die problematische Investitionen herbeiführende Bedingungen geschaffen haben, da in zahlreichen Fällen die FDI in Infrastrukturen oder Unternehmen, die sich zuvor im Staatseigentum befunden haben, Folge von Sparmaßnahmen und der Liberalisierung in strategischen Sektoren sind;

39.

unterstreicht, dass es etwas anderes ist, eine Einschränkung von FDI mit Gründen der nationalen Sicherheit und der öffentlichen Ordnung zu rechtfertigen als sie aufgrund befürchteter Marktverzerrungen zu begrenzen, und fordert die Kommission auf sicherzustellen, dass das Verfahren nicht als verschleierte protektionistische Maßnahme verwendet wird; stellt diesbezüglich fest, dass ein Überprüfungsmechanismus, bei dem FDI nur aufgrund der Tatsache eingeschränkt werden, dass Subventionen im Spiel sind, kein ausreichender Grund für das Blockieren einer Investition ist, und dass vielmehr bewiesen werden muss, dass die fragliche FDI Teil strategischer oder nationaler industriepolitischer Ziele eines Drittstaats sind;

40.

fordert die Kommission auf, für mehr Klarheit zu sorgen bezüglich der Auswirkungen in dem Falle, dass ein Mitgliedstaat sich nicht dem Standpunkt der Kommission anschließt und darüber, inwiefern der vorgeschlagene Rahmen rechtzeitige und verhältnismäßige Reaktionen gestattet, zumal die Investitionsprüfung durch die EU nicht länger als die nationalen Verfahren dauern sollte;

41.

spricht sich dafür aus, mit den wichtigsten Handelspartnern der EU einen Dialog über die Überprüfung von Investitionen aufzunehmen. Eine internationale Angleichung der Regeln für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen würde de facto Konflikte begrenzen und die Investitionssicherheit fördern;

42.

begrüßt die Tatsache, dass die Mitgesetzgeber eine Vereinbarung über die Änderung der derzeitigen Antidumpingmethode der EU geschlossen haben, wonach bei der Bewertung erheblicher Verzerrungen die grundlegenden ILO-Übereinkommen zu berücksichtigen sind;

43.

bemerkt gleichwohl, dass die neuen Vorschriften nur dann ihre volle Wirkung entfalten können, wenn die EU auch ihre handelspolitischen Schutzinstrumente (TDI) modernisiert, und dass die positiven Auswirkungen auf die Industrie vom Erfolg der Pläne zur Modernisierung der TDI von 2013 abhängen;

44.

stimmt zu, dass die Europäische Union die ausschließliche Zuständigkeit für ausländische Direktinvestitionen hat, weil sie gemäß Artikel 207 Absatz 1 AEUV zur gemeinsamen Handelspolitik gehören; macht jedoch deutlich, dass die Kommission diese Verordnung nur für diejenigen Mitgliedstaaten vorschlägt, die bereits Mechanismen für die Überprüfung von Investitionen geschaffen haben, und dass der Vorschlag die Mitgliedstaaten nicht dazu verpflichtet, eine eigene Überprüfung von Investitionen einzurichten. Der Vorschlag steht daher mit dem Subsidiaritätsprinzip voll und ganz im Einklang.

Brüssel, den 23. März 2018

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Karl-Heinz LAMBERTZ


(1)  Stellungnahme des AdR zum Reflexionspapier Die Globalisierung meistern, Berichterstatterin: Micaela Fanelli, verabschiedet am 10. Oktober 2017.

(2)  Insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass im äquivalenten US-amerikanischen Programm für strukturelle Anpassungshilfen (Trade Adjustment Assistance — TAA) nicht vorgesehen ist, dass eine bestimmte Mindestschwelle von Entlassungen erreicht sein muss.

(3)  EPRS.

(4)  ESPON The World in Europe, global FDI flows towards Europe (Die Welt in Europa, die FDI-Ströme nach Europa).

(5)  Seite 18 des Dokuments, abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?qid=1505372743628&uri=SWD:2017:293:FIN (nur auf Englisch — keine offizielle Übersetzung).

(6)  Die am 15. November 2016 veröffentlichte Untersuchung können Sie abrufen unter: https://ec.europa.eu/jrc/en/publication/eur-scientific-and-technical-research-reports/cumulative-economic-impact-future-trade-agreements-eu-agriculture.

(7)  Stellungnahme des AdR Eine verantwortungsbewusstere Handels- und Investitionspolitik, Berichterstatter: Neale Richmond (IE/EVP) vom 8. April 2016.

(8)  http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2017/december/tradoc_156487.pdf.

(9)  Abrufbar unter: http://trade.ec.europa.eu/doclib/press/index.cfm?id=1689.

(10)  ESPON-Forschungsprojekt zum Thema The World in Europe, global FDI flows towards Europe (Die Welt in Europa, globale FDI-Zuflüsse nach Europa).


13.7.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 247/38


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Eine europäische Industriestrategie: Rolle und Perspektive der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften

(2018/C 247/07)

Berichterstatter:

Heinz Lehmann (DE/EVP), Mitglied des Sächsischen Landtags

Referenzdokumente:

Mitteilung der Kommission „Investitionen in eine intelligente, innovative und nachhaltige Industrie — Eine neue Strategie für die Industriepolitik der EU“

(COM(2017) 479 final)

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.

begrüßt die Mitteilung der Kommission (1) als einen weiteren wichtigen Schritt und ruft die Kommission auf, eine ehrgeizige industriepolitische Strategie der EU auf dieser Grundlage und in der Weise zu entwickeln, wie sie vom Europäischen Rat (2), dem Europäischen Parlament (3), dem Rat (Wettbewerbsfähigkeit) (4), dem AdR (5) und der Gruppe „Freunde der Industrie“ (6) gefordert wurde;

2.

dringt auf eine industriepolitische Strategie auf europäischer Ebene, die auf heutige und künftige Herausforderungen, Chancen und Faktoren der industriellen Wettbewerbsfähigkeit in einem globalen Kontext eingeht; vertritt die Ansicht, dass diese Strategie, ausgehend von einer artikulierten Vision, für die europäische Industrie für einen mittelfristigen Zeithorizont zu entwerfen und mit Schwerpunkt auf 2030 und darüber hinaus weiterzuentwickeln ist;

3.

dringt auf die Aufnahme einer starken territorialen Dimension in diese Strategie unter Berücksichtigung regionaler, intelligenter Spezialisierung; erinnert an die im Artikel 173 AEUV genannte gemeinsame und fortlaufende Aufgabe, eine europäische Industriepolitik wirksam werden zu lassen und erklärt seine Bereitschaft, die Kommission, den Rat und das Parlament partnerschaftlich zu unterstützen, insbesondere weil ihre Umsetzung ein gemeinsames Bekenntnis und gemeinsame Anstrengungen aller Akteure auf allen Ebenen erfordern wird;

4.

fordert eine horizontal angelegte Industriestrategie mit Zielen, strategischen Maßnahmen und Indikatoren, mit stringenter Folgenabschätzung sowie einem geeigneten Rahmen für die Überwachung und Steuerung; fordert spezifische Maßnahmen gezielt für Sektoren im wirtschaftlichen Wandel wie auch für Sektoren mit hohem Wachstumspotenzial; betont, dass die Strategie insbesondere Innovation, Schlüsseltechnologien (KETs), wichtige Vorhaben von gemeinsamen europäischem Interesse (IPCEI), Digitalisierung und KMU wegen ihrer Querschnittsbedeutung herausheben sollte;

Europas Industrie in einem neuen Zeitalter

5.

betont, dass die Industrie von vitalem Interesse für die Regionen und Städte Europas ist — als Quelle von 50 Millionen Arbeitsplätzen, Exporten und Innovation — und dass die Sicherung der künftigen Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie in einem sich rasch wandelnden globalen Kontext grundlegend für eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung ist;

6.

weist darauf hin, dass der Außenhandel von relativ großer Bedeutung für das BIP ist (83,05 % im Jahr 2015) (7); fordert deshalb, der Förderung des Binnenverbrauchs mehr Aufmerksamkeit zu schenken, der für ein stabiles Funktionieren der Industrie in der EU und ein beschleunigtes Wachstum sorgt;

7.

ist der Auffassung, dass zur Sicherung des sozialen Friedens endogenes Wachstum an jedem Ort möglich sein muss, sodass alle Regionen — auch im ländlichen Raum — an der Wertschöpfung teilhaben können und die Möglichkeit bekommen, qualifizierte Arbeitsplätze vor Ort zu schaffen und zu erhalten;

8.

befürwortet die Schaffung eines innovationsfreundlichen Umfelds und fordert zugleich dazu auf, die wirtschaftlichen Herausforderungen anzugehen, um die Akzeptanz industriellen Wirkens in der Gesellschaft auf allen Ebenen zu verbessern: vom Kindergarten über Unternehmen bis zur Verwaltung;

9.

gibt zu bedenken, dass der durch die fortschreitende Digitalisierung induzierte Wandel der Geschäftsmodelle zunehmend in den Mittelpunkt der zukünftigen Entwicklung rückt, sodass künftig bei staatlichem Handeln auch nach Geschäftsmodellen, nicht nur nach Branchen differenziert werden sollte;

Europas Industrie stärken

10.

fordert, den Anteil der Industrie von 20 % am BIP über das Jahr 2020 hinaus als strategisches Ziel beizubehalten;

11.

ist der Auffassung, dass Europas Chancen für den Erhalt und Ausbau einer global wettbewerbsfähigen Industrie in der eigenen Technologiesouveränität liegt;

12.

fordert, dass gerade auch für Technologien von strategischer Bedeutung für Europa (z. B. Mikroelektronik, Batteriezellen) gleiche Bedingungen im europäischen wie im globalen Wettbewerb geschaffen und erhalten werden müssen;

13.

erinnert daran, dass Rahmenbedingungen aus anderen Regelungsbereichen, die nur für Unternehmen in der EU beschränkend wirken (z. B. einige Stoffregulierungen), zur Aufgabe oder Verlagerung von Geschäftsfeldern in Drittstaaten mit Auswirkungen auf die gesamte Wertschöpfungskette in der EU führen können;

14.

betont die strategische Bedeutung der IPCEI für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie; fordert die Kommission auf, die sich daraus ergebenden Potenziale konsequent zu nutzen; begrüßt den Vorschlag der Kommission, zur Vorbereitung strategische Foren ins Leben zu rufen, um die internationale Abstimmung der Stakeholder zu verbessern; fordert die konsequente und zeitnahe Weiterentwicklung des Konzepts IPCEI unter Berücksichtigung der gesammelten Erfahrungen;

15.

begrüßt die Einlassungen der Kommission zur wehrtechnischen Industrie; befürwortet eine abgestimmte strategische Herangehensweise wegen ihrer hohen wirtschafts-, technologie- und sicherheitspolitischen Bedeutung; der Europäische Verteidigungsfonds sollte auch für die Forschung nutzbar und mit einer eigenen Haushaltslinie ausgestattet sein;

16.

unterstreicht die Bedeutung der Meeresindustrien zur Bewältigung der Herausforderungen der blauen Wirtschaft und zur Ausschöpfung ihres gesamten Potenzials und begrüßt die Erfolge beispielsweise in den Bereichen Fahrgastschiffe und erneuerbare Meeresenergien; fordert, dass es nach Abschluss der Initiative LeaderSHIP 2020 möglich sein wird, durch die Einbeziehung aller europäischen Politikbereiche einen Fahrplan zur Unterstützung der Meeresindustrien zu erstellen;

Ein vertiefter fairer Binnenmarkt: Stärkung von Menschen und Unternehmen

17.

teilt die Auffassung, dass ein gut funktionierender Binnenmarkt für Waren und Dienstleistungen die Integration von Unternehmen in globale Wertschöpfungsketten erleichtern kann und dieser daher unverzichtbar für den Erfolg der europäischen Industrie ist;

18.

erinnert daran, dass der europäische Markt für die Regionen wichtiger ist als der globale Markt und fordert dazu auf, die Binnenmarktstrategie (8) umzusetzen, das Binnenmarktrecht wirkungsvoll durchzusetzen und bilateralen Maßnahmen innerhalb der EU mit abschottender Wirkung (z. B. Intra-EU-BIT) deutlich entgegenzutreten; betont, dass wettbewerbsfähige Unternehmensdienstleistungen zunehmend wichtige Mittler in und für die Produktivität und Kostenwettbewerbsfähigkeit der verarbeitenden Industrie sind;

19.

fordert eine weitere Flexibilisierung des öffentlichen Auftragswesens, um die Beschaffung der öffentlichen Hand innovationsfreundlicher und technologieoffen gestalten zu können;

20.

begrüßt die Annahme der europäischen Säule sozialer Rechte, betont jedoch, dass sie um eine starke europäische Sozialagenda ergänzt werden muss, die u. a. den Weg zu einer Konvergenz bei den Reallöhnen im Einklang mit der Produktivität ebnet;

21.

betont, dass über den beruflichen Bildungsweg qualifizierte Fach- und Führungskräfte das produktive Rückgrat vieler Unternehmen, insbesondere auch von KMU, sind; erinnert daran, dass hohe Qualifikationsanforderungen sowie ein ausgewogenes Verhältnis von Praxisnähe und theoretischer Ausbildung für hochspezialisierte, technologie- und wissensintensive Industriesektoren entscheidend sind;

22.

erinnert an die in nationaler oder regionaler Verantwortung liegende Aufgabe, Strategien zum Erwerb und Erhalt von Schlüsselkompetenzen zu erstellen;

Modernisierung der Industrie für das digitale Zeitalter

23.

betont, dass das grundlegende Anliegen einer digitalen Zukunft nur sein kann, Industrie und Gesellschaft insgesamt zukunftssicherer zu machen;

24.

erinnert an die in den Händen der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften liegende Aufgabe, alle für die Digitalisierung erforderlichen Infrastrukturen zukunftsorientiert weiterzuentwickeln, dabei offen für alle technischen Lösungen zu bleiben und auf einen guten Mix der Systeme von Breitband, Funkfrequenzen und digitaler Verwaltung sowie deren Kompatibilitäten zu achten;

25.

erinnert daran, dass gute Beispiele zur Kalkulation des Kosten-Nutzen-Verhältnisses bei der Einführung digitaler Technologien in etablierten Unternehmen die Einführungs- und Nutzungsbarrieren senken und den Wandel der Geschäftsmodelle unterstützen können, und fordert, Infrastrukturen für die Unterstützung von KMU bei der Digitalisierung (Digital Innovation Hubs) zu fördern;

26.

fordert die Kommission auf, die führende Rolle der europäischen Industrie auch im 9. Rahmenprogramm für Forschung und Innovation als Ziel zu verankern; regt an, mehr dafür zu tun, das 3 %-Ziel der FuE-Ausgaben am BIP zu erreichen sowie die Wandlungs- und Innovationsfähigkeit der Industrie durch weitere thematische Plattformen zur industriellen Modernisierung zu stärken, wie z. B. Partnerschaften zu neuen Fertigungsverfahren, nachhaltiger Fertigung, 3D-Druck, Industrie 4.0;

Ausbau der Führungsrolle Europas in einer kohlenstoffarmen Kreislaufwirtschaft

27.

teilt die Auffassung von Kommission, Parlament und Rat, Europas Führungsrolle in einer CO2-armen Kreislaufwirtschaft auszubauen und so einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens zu leisten; erinnert an seine Forderung, die umwelt-, klimaschutz- und energiepolitischen Instrumente auf europäischer und nationaler Ebene so auszugestalten, dass energieintensiv produzierende und außenhandelsabhängige Wirtschaftszweige nicht unangemessen belastet oder in ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit gefährdet werden;

28.

fordert eine zielführende Förderung der heimischen Rohstoffwirtschaft bei Erkundung, Gewinnung sowie der Nutzung primärer Rohstoffe, bei ganzheitlich sinnvoller Schließung von Stoffkreisläufen und bei der Substitution zur Verringerung der Importabhängigkeit bei Rohstoffen; verlangt, die europäische Zusammenarbeit bei Ressourceneffizienz und additiver Fertigung zu verbessern, und fordert, funktionale und kollaborative Geschäftsmodelle überwiegend durch positive Anreize zu unterstützen;

29.

teilt die Auffassung, dass die Entwicklung und Herstellung von Energie-Speichersystemen entscheidend für das Funktionieren einer CO2-armen Wirtschaft in der EU sind; fordert, diesem aufzubauenden Sektor in Europa keine Hindernisse in den Weg zu stellen; mahnt an, die Balance zwischen CO2-Einsparzielen und Versorgungssicherheit zu wahren;

Unterstützung der industriellen Innovation vor Ort

30.

begrüßt das von der Kommission entwickelte Konzept der intelligenten Spezialisierung und fordert, auf die neuen Potenziale, z. B. durch Cross-Innovation, zu reagieren, denn Internationalität, Interdisziplinarität und Perspektivenvielfalt bilden zentrale Bausteine ganzheitlicher Innovationsprozesse;

31.

erinnert daran, dass regionale und überregionale Netzwerke, wie der Leichtbaucluster MERGE oder die Vanguard-Initiative, die Negativspirale aus Abwanderung, drohendem Fachkräftemangel und kleinteiliger Wirtschaft umkehren, das Image einer Region als Innovationsstandort stärken, die Anreize für Unternehmensgründungen und -ansiedlungen erhöhen sowie die Entstehung neuer Wertschöpfungsketten anstoßen können;

32.

erinnert an die für Start-up- und Scale-up-Unternehmen vorgeschlagenen Vereinfachungen (9);

33.

anerkennt die umfassende Beihilfereform 2014, die für Unternehmen und regionalen und lokalen Gebietskörperschaften zu einer deutlichen Vereinfachung der Verfahren geführt hat; fordert jedoch, die Förderung für Clusterinitiativen (Artikel 27 AGVO) durch Erhöhung der Fördersätze deutlich zu verbessern; fordert, auch grenzüberschreitende Cluster und Cluster-Netzwerke sowie Mischfinanzierungen künftig zu privilegieren, insbesondere für Pilotinfrastrukturen und Vorzeigeobjekte;

Internationale Dimension

34.

ist sich bewusst, wie wichtig die Integration der europäischen Industrie in globale Wertschöpfungsketten ist und dass nur Handelsverträge, die gegenseitige Anerkennung von Standards und die Beseitigung von tarifären und nichttarifären Handelshemmnissen einen freien und fairen Zugang zu globalen Märkten gewährleisten;

35.

begrüßt insbesondere die Stärkung der Handelsschutzinstrumente, um im Welthandel faire Ausgangsbedingungen, insbesondere für traditionelle Industriezweige wie die Stahlindustrie, zu schaffen (10);

36.

fordert, bei den COP-Unterzeichnerländern darauf zu dringen, die vereinbarten Reduktionsziele vollständig und rasch in nationale Standards zu überführen und erwartet, dass alle Beteiligten sich dafür einsetzen, Umweltdumping mit all seinen negativen Auswirkungen zu verhindern;

37.

fordert, die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in die Festlegung der strategischen Bereiche einzubinden, die für ein Screening ausländischer Direktinvestitionen von Bedeutung sind;

Partnerschaft mit Mitgliedstaaten, Regionen, Städten und der Privatwirtschaft

38.

unterstreicht die zentrale Rolle, die die Regionen und regionalen Ökosysteme, in denen der Dialog zwischen KMU, Hochschulen und Forschungszentren sowie lokalen Gebietskörperschaften gut funktioniert, bei der industriellen Modernisierung spielen, und fordert ein standortbezogenes Konzept in der europäischen Industriepolitik; unterstreicht, dass die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften wichtige Befugnisse und Kompetenzen in Politikbereichen wie Forschung und Innovation, Bildung und Qualifikationen, Exportförderung, Infrastruktur, KMU und Regulierung haben;

39.

versteht sich als aktiver Partner der Kommission, des Parlamentes und des Rates; begrüßt den Vorschlag der Kommission, jährlich einen Industrietag durchzuführen, insbesondere die für 2018 vorgesehene thematische Fokussierung auf KETs und IPCEI; begrüßt den Vorschlag der Kommission, ein hochrangiges Diskussionsforum zum Thema Industriepolitik einzurichten und fordert, die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften intensiv in die Debatte um die Definition der für Europa strategisch wichtigen KETs einzubinden; fordert regionale Interessenträger, wie Unternehmer, Sozialpartner und die Zivilgesellschaft, aktiv einzubinden; begrüßt die Pilotmaßnahmen, mit denen Regionen vor Ort partnerschaftlich bei der Bewältigung der Herausforderungen des Strukturwandels unterstützt werden.

Brüssel, den 23. März 2018

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Karl-Heinz LAMBERTZ


(1)  Mitteilung der Kommission „Investitionen in eine intelligente, innovative und nachhaltige Industrie — Eine neue Strategie für die Industriepolitik der EU“ (COM(2017) 479 final).

(2)  Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 15. Dezember 2016 und vom 22./23. Juni 2017.

(3)  Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Juli 2017 zur Schaffung einer ambitionierten industriepolitischen Strategie der EU, die mit Blick auf Wachstum, Beschäftigung und Innovation in Europa eine strategische Priorität bilden soll (2017/2732(RSP)).

(4)  Schlussfolgerungen des Rates (Wettbewerbsfähigkeit) zu einer künftigen Strategie für die Industriepolitik der EU vom 29. Mai 2017 (283/17); Schlussfolgerungen des Rates (Wettbewerbsfähigkeit) zu einer neuen Strategie für die Industriepolitik der EU vom 30. November 2017 (705/17).

(5)  Stellungnahme des AdR zum Thema „Eine stärkere europäische Industrie bringt Wachstum und wirtschaftliche Erholung“, verabschiedet am 11. April 2013.

Stellungnahme des AdR zum Thema „Die Stahlindustrie: Erhaltung von dauerhaften Arbeitsplätzen und nachhaltigem Wachstum in Europa“ verabschiedet am 15. Juni 2016, COR-2016-01726-00-00-PAC-TRA.

(6)  Gemeinsame Erklärung von Warschau anlässlich der vierten Ministerkonferenz der „Freunde der Industrie“, Warschau, 22. April 2016.

Erklärung von Berlin: Gemeinsame Erklärung zur Industriepolitik anlässlich der fünften Ministerkonferenz der „Freunde der Industrie“, Berlin, 30. Juni 2017.

(7)  Angaben der Weltbank, Handel (in % des BIP), [https://data.worldbank.org/indicator/NE.TRD.GNFS.ZS], 7.1.2018.

(8)  Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen „Den Binnenmarkt weiter ausbauen“, April 2016, Berichterstatter: Alessandro Pastacci (IT/SPE); Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen „Das Dienstleistungspaket: Eine Dienstleistungswirtschaft im Dienste der Europäer“, Oktober 2017, Berichterstatter: Jean-Luc Vanraes (BE/ALDE).

(9)  Förderung von Start-up- und Scale-up-Unternehmen in Europa: die regionale und lokale Perspektive, COR-2017-00032-00-01-AC-TRA.

(10)  Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Die Stahlindustrie: Erhaltung von dauerhaften Arbeitsplätzen und nachhaltigem Wachstum in Europa, Juni 2016, Berichterstatterin: Isolde Ries (DE/SPE).


13.7.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 247/43


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Vorschlag für einen Europäischen Verteidigungsfonds

(2018/C 247/08)

Berichterstatter:

Dainis Turlais (LV/ALDE), Mitglied des Stadtrats von Rīga

Referenzdokumente:

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Europäischen Programms zur industriellen Entwicklung im Verteidigungsbereich zwecks Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und der Innovation in der Verteidigungsindustrie der EU

COM(2017) 294 final — 2017/0125 (COD)

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Einrichtung des Europäischen Verteidigungsfonds

COM(2017) 295 final

I.   EMPFEHLUNGEN FÜR ÄNDERUNGEN

Änderung 1

Neuer Erwägungsgrund nach dem letzten Erwägungsgrund:

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

 

unter Hinweis auf die am 13. November 2017 von 23 Mitgliedstaaten vereinbarte Ständige Strukturierte Zusammenarbeit im Bereich von Sicherheit und Verteidigung, die auf Artikel 42 Absatz 6 und Artikel 46 sowie dem Protokoll (Nr. 10) des Vertrags über die Europäische Union beruht;

Änderung 2

Erwägungsgrund 2

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(2)

Um zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und der Innovation in der Verteidigungsindustrie der Union beizutragen, sollte ein europäisches Programm zur industriellen Entwicklung im Verteidigungsbereich (im Folgenden „das Programm“) eingerichtet werden. Das Programm sollte darauf abzielen , die Wettbewerbsfähigkeit der Verteidigungsindustrie, unter anderem in der Cyberabwehr, der Union zu fördern , indem die Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen in der Entwicklungsphase von Verteidigungsprodukten und -technologien unterstützt wird. Die Entwicklungsphase, die der Forschungs- und Technologiephase folgt, ist mit erheblichen Risiken und Kosten verbunden, die die weitere Nutzung der Forschungsergebnisse hemmen und die Wettbewerbsfähigkeit der Verteidigungsindustrie der Union beeinträchtigen. Durch die Unterstützung der Entwicklungsphase würde das Programm einen Beitrag zur besseren Verwertung der Ergebnisse der Verteidigungsforschung leisten, es würde dazu beitragen, die Lücke zwischen Forschung und Produktion zu schließen und es würde alle Formen von Innovation fördern. Mit dem Programm sollten nach Artikel 182 AEUV durchgeführte Tätigkeiten ergänzt werden; es erstreckt sich nicht auf die Herstellung von Verteidigungsprodukten und -technologien.

(2)

Um zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und der Innovation in der Verteidigungsindustrie der Union sowie zu Effizienzsteigerungen bei den Gesamtausgaben im Verteidigungsbereich der Union beizutragen und damit die strategische Autonomie der EU zu erhöhen , sollte ein europäisches Programm zur industriellen Entwicklung im Verteidigungsbereich (im Folgenden „das Programm“) eingerichtet werden. Das Programm sollte sicherstellen, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Verteidigungsindustrie, unter anderem in der Cyberabwehr, der Union gewährleistet wird , indem die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen — insbesondere KMU — mehrerer Staaten in der Entwicklungsphase von Verteidigungsprodukten und -technologien unterstützt wird. Die Entwicklungsphase, die der Forschungs- und Technologiephase folgt, ist mit erheblichen Risiken und Kosten verbunden, die die weitere Nutzung der Forschungsergebnisse hemmen und die Wettbewerbsfähigkeit der Verteidigungsindustrie der Union beeinträchtigen. Durch die Unterstützung der Entwicklungsphase würde das Programm einen Beitrag zur besseren Verwertung der Ergebnisse der Verteidigungsforschung leisten, es würde dazu beitragen, die Lücke zwischen Forschung und Produktion zu schließen und es würde alle Formen von Innovation fördern. Mit dem Programm sollten nach Artikel 182 AEUV durchgeführte Tätigkeiten ergänzt werden; es erstreckt sich nicht auf die Herstellung von Verteidigungsprodukten und -technologien.

Änderung 3

Erwägungsgrund 3

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(3)

Zur besseren Nutzung von Größenvorteilen in der Verteidigungsindustrie sollte das Programm die Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen bei der Entwicklung von Verteidigungsprodukten und -technologien unterstützen.

(3)

Zur besseren Nutzung von Größenvorteilen in der Verteidigungsindustrie sollte das Programm die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bzw. Unternehmen bei der Entwicklung von Verteidigungsprodukten und -technologien unterstützen und so die Standardisierung der Militärsysteme bei gleichzeitiger Optimierung ihrer Interoperabilität fördern .

Änderung 4

Erwägungsgrund 4

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(4)

Das Programm sollte für einen Zeitraum von zwei Jahren, d. h. vom 1. Januar 2019 bis zum 31. Dezember 2020 laufen, während der Betrag für die Durchführung des Programms für diesen Zeitraum festgelegt werden sollte.

(4)

Das Programm sollte für einen Zeitraum von zwei Jahren, d. h. vom 1. Januar 2019 bis zum 31. Dezember 2020 laufen, während der Betrag für die Durchführung des Programms für diesen Zeitraum festgelegt werden sollte. Zur Finanzierung des Programms aus dem Gesamthaushalt der Union sollte ein Betrag von 500 Mio. EUR zu jeweiligen Preisen für diesen Zweck vorgesehen werden. Da es sich bei dem Programm um eine neue Initiative handelt, die bei der Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für 2014-2020 nicht vorgesehen war, und um negative Auswirkungen auf die Finanzierung der bestehenden Mehrjahresprogramme zu verhindern, sollte dieser Betrag aus nicht ausgeschöpften Spielräumen innerhalb der Obergrenzen des mehrjährigen Finanzrahmens stammen. Der endgültige Betrag sollte vom Europäischen Parlament und vom Rat im Rahmen des jährlichen Haushaltsverfahrens genehmigt werden.

Begründung

Erübrigt sich.

Änderung 5

Erwägungsgrund 5

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(5)

Das Programm sollte in voller Übereinstimmung mit der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (6) umgesetzt werden. Die Förderung könnte insbesondere aus Finanzhilfen bestehen. Finanzinstrumente oder die Vergabe öffentlicher Aufträge können eingesetzt werden, wenn dies zweckmäßig erscheint.

(5)

Das Programm sollte in voller Übereinstimmung mit der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (6) umgesetzt werden. Die Förderung könnte insbesondere aus Finanzhilfen bestehen. Finanzinstrumente oder die Vergabe öffentlicher Aufträge können eingesetzt werden, wenn dies zweckmäßig erscheint , wobei Mischmechanismen von Interesse sein könnten .

Begründung

Änderung 6

Erwägungsgrund 10

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(10)

Da das Ziel des Programms darin besteht, die Wettbewerbsfähigkeit der Verteidigungsindustrie der Union zu fördern, indem das Risiko in der Entwicklungsphase kooperativer Projekte gemindert wird, sollten Maßnahmen im Zusammenhang mit der Entwicklung von Verteidigungsprodukten oder -technologien — insbesondere die Festlegung gemeinsamer technischer Spezifikationen, Entwurf, Prototypen, Tests, Eignungsnachweis, Zertifizierung, Durchführbarkeitsstudien und andere unterstützende Maßnahmen — förderfähig sein. Dies gilt auch für die Optimierung bestehender Verteidigungsprodukte und -technologien.

(10)

Da das Ziel des Programms darin besteht, die strategische Unabhängigkeit der EU durch den Ausbau ihrer Verteidigungsfähigkeit zu erhöhen und die Wettbewerbsfähigkeit der Verteidigungsindustrie der Union zu fördern, indem das Risiko in der Entwicklungsphase kooperativer Projekte gemindert wird, sollten Maßnahmen im Zusammenhang mit der Entwicklung von Verteidigungsprodukten oder -technologien — insbesondere die Festlegung gemeinsamer technischer Spezifikationen, Entwurf, Prototypen, Tests, Eignungsnachweis, Zertifizierung, Durchführbarkeitsstudien und andere unterstützende Maßnahmen — förderfähig sein. Dies gilt auch für die Optimierung bestehender Verteidigungsprodukte und -technologien , die in den Mitgliedstaaten entwickelt wurden .

Änderung 7

Erwägungsgrund 13

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(13)

Da das Programm auf eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Verteidigungsindustrie der Union abzielt, sollten nur in der Union niedergelassene und unter der wirksamen Kontrolle der Mitgliedstaaten oder ihrer Staatsangehörigen stehende Rechtsträger förderfähig sein. Um den Schutz der wesentlichen Sicherheitsinteressen der Union und ihrer Mitgliedstaaten zu gewährleisten, dürfen sich die Infrastruktur, Einrichtungen, Vermögenswerte und Ressourcen, die von den Begünstigten und den Unterauftragnehmern im Rahmen der durch das Programm geförderten Maßnahmen genutzt werden, nicht auf dem Gebiet von Nicht-Mitgliedstaaten befinden.

(13)

Da das Programm auf eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Verteidigungsindustrie der Union abzielt, sollten nur in der Union niedergelassene und unter der wirksamen Kontrolle der Mitgliedstaaten oder ihrer Staatsangehörigen stehende Rechtsträger förderfähig sein. Um den Schutz der wesentlichen Sicherheitsinteressen der Union und ihrer Mitgliedstaaten zu gewährleisten, dürfen sich die Infrastruktur, Einrichtungen, Vermögenswerte und Ressourcen, die von den Begünstigten und den Unterauftragnehmern im Rahmen der durch das Programm geförderten Maßnahmen genutzt werden, nicht auf dem Gebiet von Nicht-Mitgliedstaaten befinden.

Im Rahmen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit müssen Unternehmen, die ihren Sitz in der EU haben, vor der Einflussnahme durch Unternehmen aus Drittstaaten geschützt werden.

Änderung 8

Erwägungsgrund 21

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(21)

Die Kommission sollte ein mehrjähriges Arbeitsprogramm im Einklang mit den Zielen des Programms erstellen. Die Kommission sollte bei der Erstellung des Arbeitsprogramms durch einen Ausschuss der Mitgliedstaaten (nachstehend „Programmausschuss“) unterstützt werden. Vor dem Hintergrund der Politik der Union hinsichtlich kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) als Schlüssel zu wirtschaftlichem Wachstum, zur Innovation, zur Schaffung von Arbeitsplätzen sowie zur sozialen Integration in der Union, und angesichts der Tatsache, dass die geförderten Maßnahmen in der Regel eine transnationale Zusammenarbeit erfordern werden, ist es wichtig, dass das Arbeitsprogramm eine solche grenzüberschreitende Teilnahme von KMU widerspiegelt und ermöglicht und dass daher ein Anteil des Gesamtbudgets Maßnahmen solcher Art zugutekommt .

(21)

Die Kommission sollte ein mehrjähriges Arbeitsprogramm im Einklang mit den Zielen des Programms erstellen. Die Kommission sollte bei der Erstellung des Arbeitsprogramms durch einen Ausschuss der Mitgliedstaaten (nachstehend „Programmausschuss“) unterstützt werden. Vor dem Hintergrund der Politik der Union hinsichtlich kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) als Schlüssel zu wirtschaftlichem Wachstum, zur Innovation, zur Schaffung von Arbeitsplätzen sowie zur sozialen Integration in der Union, und angesichts der Tatsache, dass die geförderten Maßnahmen in der Regel eine transnationale Zusammenarbeit erfordern werden, ist es wichtig, dass das Arbeitsprogramm eine solche grenzüberschreitende Teilnahme von KMU widerspiegelt und ermöglicht , wenn die Höhe der Finanzhilfe mindestens 20 % des jährlichen Gesamtbudgets beträgt .

Änderung 9

Neuer Erwägungsgrund nach Erwägungsgrund 25

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

 

(26)

Die Kommission sollte den Schwerpunkt auf einen territorialen bzw. standortbezogenen Ansatz legen und dabei KMU, regionale Cluster und Regionen in allen Mitgliedstaaten über die Möglichkeiten der Inanspruchnahme des Programms und über weitere Finanzierungsmöglichkeiten für Verteidigungsvorhaben informieren, insbesondere im Hinblick auf den Schutz der regionalen Strategien für eine intelligente Spezialisierung.

Änderung 10

Artikel 2

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Artikel 2

Artikel 2

Ziele

Ziele

Mit dem Programm werden folgende Ziele verfolgt:

Mit dem Programm werden folgende Ziele verfolgt:

a)

Förderung der Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit in der Verteidigungsindustrie der Union durch Unterstützung von Maßnahmen in der Entwicklungsphase;

a)

Förderung der Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit in der Verteidigungsindustrie der Union durch Unterstützung von Maßnahmen in der Entwicklungsphase;

b)

Unterstützung und Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, einschließlich kleiner und mittlerer Unternehmen, bei der Entwicklung von Technologien oder Produkten im Einklang mit den durch Mitgliedstaaten innerhalb der EU gemeinsam vereinbarten Prioritäten bei den Fähigkeiten im Verteidigungsbereich;

b)

Unterstützung und Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, einschließlich kleiner und mittlerer Unternehmen, bei der Entwicklung von Technologien oder Produkten im Einklang mit den durch Mitgliedstaaten innerhalb der EU gemeinsam vereinbarten Prioritäten bei den Fähigkeiten im Verteidigungsbereich;

c)

Förderung einer verbesserten Nutzung der Ergebnisse der Forschung im Bereich der Verteidigung und Beitrag zur Schließung der Lücke zwischen Forschung und Entwicklung.

c)

Förderung einer verbesserten Nutzung der Ergebnisse der Forschung im Bereich der Verteidigung und Beitrag zur Schließung der Lücke zwischen Forschung und Entwicklung;

 

d)

Aufbau von Verteidigungs- und Sicherheitskapazitäten in den EU-Mitgliedstaaten mit Außengrenzen.

Begründung

Das Programm sollte inklusiv gestaltet werden und Empfängern aus allen Mitgliedstaaten offenstehen, wobei das geographische Schubladendenken ad acta gelegt werden sollte. Um Verbindlichkeiten bei der Kontrolle und Verteidigung der EU-Außengrenzen einzuführen, sollten die einzelnen Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, im Rahmen der Verteidigungsindustrie eine intelligente Spezialisierung voranzutreiben.

Änderung 11

Artikel 3

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Artikel 3

Artikel 3

Haushalt

Haushalt

Die Mittelausstattung für die Durchführung des Programms wird für den Zeitraum von 2019 bis 2020 auf 500 Mio. EUR zu jeweiligen Preisen festgelegt.

Die Mittelausstattung für die Durchführung des Programms wird für den Zeitraum von 2019 bis 2020 auf 500 Mio. EUR zu jeweiligen Preisen festgelegt , die ausschließlich aus nicht ausgeschöpften Spielräumen und nicht aus Haushaltsumschichtungen stammen sollen .

Begründung

Es ist undenkbar, dass der Haushalt für dieses Programm, das zum Zeitpunkt der Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens nicht vorgesehen war, aus Mitteln bestritten wird, die bereits für laufende EU-Programme bestimmt sind.

Änderung 12

Artikel 4 Absatz 1

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Allgemeine Finanzierungsbestimmungen

Allgemeine Finanzierungsbestimmungen

Die finanzielle Hilfe der Union kann über die in der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 vorgesehenen Finanzierungsarten gewährt werden, insbesondere durch:

a)

Finanzhilfen;

b)

Finanzinstrumente;

c)

Vergabe öffentlicher Aufträge;

Die finanzielle Hilfe der Union kann über die in der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 vorgesehenen Finanzierungsarten gewährt werden, insbesondere durch Finanzhilfen und gegebenenfalls auch durch Finanzinstrumente und die Vergabe öffentlicher Aufträge . Finanzielle Hilfe seitens der Union kann für technische Hilfeleistung für die Planung von KMU-Projekten gewährt werden.

Änderung 13

Artikel 7 Absatz 1

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Förderfähige Rechtsträger

Förderfähige Rechtsträger

Begünstigte müssen in der Union niedergelassene Unternehmen sein, in denen die Mitgliedstaaten und/oder Staatsangehörige der Mitgliedstaaten mehr als 50 % des Unternehmens besitzen und diese im Sinne des Artikels 6 Absatz 3 unmittelbar oder mittelbar durch ein oder mehrere zwischengeschaltete Unternehmen effektiv kontrollieren. Darüber hinaus dürfen sich sämtliche Infrastrukturen, Einrichtungen, Mittel und Ressourcen, die die Teilnehmer einschließlich Subunternehmer und anderer Dritter in den im Rahmen des Programms finanzierten Maßnahmen verwenden, während der gesamten Laufzeit der Maßnahme nicht auf dem Gebiet von Nicht-Mitgliedstaaten befinden.

Begünstigte , die die Kriterien für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit erfüllen, sowie deren Subunternehmer müssen in der Union niedergelassene Unternehmen sein, in denen die Mitgliedstaaten und/oder Staatsangehörige der Mitgliedstaaten mehr als 50 % des Unternehmens besitzen und diese im Sinne des Artikels 6 Absatz 3 unmittelbar oder mittelbar durch ein oder mehrere zwischengeschaltete Unternehmen effektiv kontrollieren. Darüber hinaus dürfen sich sämtliche Infrastrukturen, Einrichtungen, Mittel und Ressourcen, die die Teilnehmer einschließlich Subunternehmer und anderer Dritter in den im Rahmen des Programms finanzierten Maßnahmen verwenden, während der gesamten Laufzeit der Maßnahme nicht auf dem Gebiet von Nicht-Mitgliedstaaten befinden.

Änderung 14

Artikel 10

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Zuschlagskriterien

Zuschlagskriterien

Für eine Finanzierung im Rahmen des Programms vorgeschlagene Maßnahmen sind anhand der folgenden kumulativen Kriterien zu bewerten:

Für eine Finanzierung im Rahmen des Programms vorgeschlagene Maßnahmen sind anhand der folgenden kumulativen Kriterien zu bewerten:

a)

herausragende Qualität

a)

herausragende Qualität

b)

Beitrag zur Innovation und technologischen Entwicklung der europäischen Verteidigungsindustrie und damit zur Förderung der industriellen Autonomie der Union im Bereich der Verteidigungstechnologien und

b)

Beitrag zur Innovation und technologischen Entwicklung der europäischen Verteidigungsindustrie und damit zur Förderung der industriellen Autonomie der Union im Bereich der Verteidigungstechnologien und

c)

Beitrag zu den sicherheits- und verteidigungspolitischen Interessen der Union durch die Förderung von Verteidigungstechnologien, die zur Umsetzung der gemeinsam von den Mitgliedstaaten innerhalb der Union festgelegten Prioritäten für die Verteidigungsfähigkeiten beitragen und

c)

Beitrag zu den sicherheits- und verteidigungspolitischen Interessen der Union durch die Förderung von Verteidigungstechnologien, die zur Umsetzung der gemeinsam von den Mitgliedstaaten innerhalb der Union festgelegten Prioritäten für die Verteidigungsfähigkeiten beitragen und

d)

Tragfähigkeit insbesondere über einen Nachweis durch die Begünstigten, dass die übrigen Kosten der förderfähigen Maßnahme durch andere Mittel abgedeckt werden, beispielsweise durch Beiträge der Mitgliedstaaten und

d)

Tragfähigkeit insbesondere über einen Nachweis durch die Begünstigten, dass die übrigen Kosten der förderfähigen Maßnahme durch andere Mittel abgedeckt werden, beispielsweise durch Beiträge der Mitgliedstaaten und

e)

für Maßnahmen gemäß den Buchstaben b bis e des Artikels 6 Absatz 1: der Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Verteidigungsindustrie durch den Nachweis durch die Begünstigten, dass Mitgliedstaaten sich dazu verpflichtet haben, das Endprodukt oder die Technologie in koordinierter Weise — unter anderem durch gemeinsame Auftragsvergabe (falls zutreffend) — gemeinsam zu produzieren und zu beschaffen.

e)

für Maßnahmen gemäß den Buchstaben b bis e des Artikels 6 Absatz 1: der Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Verteidigungsindustrie durch den Nachweis durch die Begünstigten, dass Mitgliedstaaten sich dazu verpflichtet haben, das Endprodukt oder die Technologie in koordinierter Weise — unter anderem durch gemeinsame Auftragsvergabe (falls zutreffend) — gemeinsam zu produzieren und zu beschaffen.

 

Maßnahmen, die für eine Finanzierung im Rahmen des Teils des Programms vorgeschlagen werden, der auf die Unterstützung von KMU und den Kapazitätsaufbau der an der Außengrenze der EU liegenden Regionen in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit abzielt, sind anhand der folgenden Kriterien zu bewerten:

 

a)

herausragende Qualität

 

b)

Potenzial zur Bildung eines integrierten Systems von Unternehmen im Bereich der Sicherheit und Verteidigung

 

c)

Tragfähigkeit über einen Nachweis durch die Begünstigten, dass die übrigen Kosten durch andere Mittel abgedeckt werden, beispielsweise durch Beiträge der Mitgliedstaaten.

Begründung

Änderung 15

Artikel 13 Absatz 3

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung

Arbeitsprogramm

Arbeitsprogramm

Durch das Arbeitsprogramm muss gewährleistet werden, dass ein glaubwürdiger Teil des Gesamthaushalts Maßnahmen zur Förderung der grenzüberschreitenden Teilnahme von KMU zugutekommt .

Durch das Arbeitsprogramm muss gewährleistet werden, dass mindestens 20 % des Gesamtbudgets Maßnahmen zur Förderung der grenzüberschreitenden Teilnahme von KMU zugutekommen .

Begründung

II.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

Einführung

1.

sieht eine Gefährdung der globalen Sicherheit durch ein immer breiteres Bedrohungsspektrum (Krieg, bewaffnete Konflikte, Terrorismus, illegale Einwanderung, Korruption, Populismus). Spezifische Sicherheitsprobleme gibt es in jedem EU-Mitgliedstaat und in jeder Region. Der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) unterstützt das vorgeschlagene „Europäische Programm zur industriellen Entwicklung im Verteidigungsbereich“ und dessen Ziele: Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovation in der Verteidigungsindustrie der Union, einschließlich der Cyberabwehr, bessere Nutzung der Ergebnisse der Verteidigungsforschung, Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen bei der Entwicklung von Verteidigungsprodukten und -technologien sowie Nutzung langfristiger Kooperationsprojekte der Mitgliedstaaten. Begrüßt wird auch die Initiative zur Einrichtung eines Europäischen Verteidigungsfonds (EVF), die sowohl das „Europäische Programm zur industriellen Entwicklung im Verteidigungsbereich“ als auch „Vorbereitende Maßnahme im Bereich Verteidigungsforschung“ umfasst;

2.

ist der Auffassung, dass die Sicherheit eines jeden Landes sowie der gesamten EU im Wesentlichen auf zwei Pfeilern ruht: dem Wirtschaftspotenzial sowie der durch Einheit und Zusammenhalt geprägten Gesellschaft. Inzwischen ist die Sicherheit jedes einzelnen Mitgliedstaats gleichbedeutend mit der Sicherheit der gesamten EU. Die EU muss sich nachdrücklicher um ihre Sicherheit bemühen und ein stärkeres Profil als einflussreicher globaler Akteur für den Frieden zeigen;

Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit

3.

erkennt Artikel 173 AEUV als geeignete Rechtsgrundlage des Programms an, da es darin um die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie geht;

4.

weist darauf hin, dass die Umsetzung des Europäischen Programms zur industriellen Entwicklung im Verteidigungsbereich von der Europäischen Verteidigungsagentur gesteuert wird, die als Regulierungsagentur agiert und nur dem Rat rechenschaftspflichtig ist. Darüber hinaus ist es nicht gängige Praxis einer Regulierungsagentur, Mittel in so beträchtlicher Höhe zu verwalten. Daher fordert der AdR die Europäische Kommission auf, bei der Durchführung des Europäischen Programms zur industriellen Entwicklung im Verteidigungsbereich ein Höchstmaß an Transparenz zu gewährleisten und sich an der Funktionsweise der dem Europäischen Parlament rechenschaftspflichtigen Exekutivagenturen ein Beispiel zu nehmen;

5.

fordert die Kommission auf, das Potenzial aller EU-Mitgliedstaaten zu nutzen und die Unterstützung nicht auf bestimmte Gebiete zu konzentrieren — vergessen werden darf auch nicht, dass die regionale Entwicklung auch eine Bedeutung für die innere Sicherheit der einzelnen EU-Mitgliedstaaten hat und eines ihrer Entwicklungsziele ist;

6.

fordert, den Ausbau der Sicherheits- und Verteidigungskapazitäten der Regionen mit EU-Außengrenzen im Blick zu behalten;

Konzentration auf EU-Mehrwert

7.

ist der Ansicht, dass die EU Frieden, Freiheit, Gleichheit und Stabilität erreichen kann, indem sie mit den Regierungen der Mitgliedstaaten eng in den Bereichen zusammenarbeitet, in denen die Frage des europäischen Mehrwerts auf der Tagesordnung steht. Diesem Zweck muss auch der Aktionsplan des Europäischen Verteidigungsfonds verpflichtet sein;

8.

unterstützt die Initiative der Europäischen Kommission, all ihre Befugnisse zu nutzen, um die Verteidigungsfähigkeit der EU-Mitgliedstaaten zu stärken und die Zusammenarbeit zwischen den Staaten zu fördern mit dem Ziel, eine vertiefte Integration zu gewährleisten und klare Vorgaben zu machen, in welche Richtung die Unterstützung für die Planung der nationalen Verteidigungsfähigkeit und den Aufbau wettbewerbsfähiger, integrierter Lieferketten verlaufen soll;

9.

macht darauf aufmerksam, dass der Aufbau wettbewerbsfähiger, integrierter Lieferketten in der EU von der politischen Bereitschaft der Mitgliedstaaten abhängt, sich dafür zu engagieren. Der Europäische Verteidigungsfonds sollte im Bereich der Verteidigungsgüter und -technologien gemeinsame Maßnahmen zwischen den Mitgliedstaaten gestalten und fördern;

10.

betont, dass aktiv auf die strategische Autonomie der EU hingearbeitet und ihre Verteidigungsfähigkeit erhöht werden sollte. Die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Verteidigungsindustrie muss unterstützt werden, und sehr sorgfältig ist zu prüfen, ob die Antragsteller wirklich aus der EU kommen. Die Hauptauftragnehmer und die Unterauftragnehmer müssen in der Europäischen Union niedergelassen sein, und die Unternehmen müssen mindestens zur Hälfte im Besitz der Mitgliedstaaten oder natürlicher oder juristischer Personen aus der EU sein und effektiv von europäischem Kapital kontrolliert werden. Die Führung und tatsächliche Kontrolle dieser Unternehmen muss in der Europäischen Union lokalisierbar sein. Weiterhin muss die Europäische Kommission darüber wachen, dass kein Drittland die faktische Kontrolle über die einem Konsortium angehörenden Organisationen ausübt;

11.

betont, dass der Europäische Verteidigungsfonds die Maßnahmen der Mitgliedstaaten nicht ersetzt, sondern sie um grenzüberschreitende Projekte ergänzt, die ein Mitgliedstaat alleine nicht finanzieren könnte. Der Europäische Verteidigungsfonds bietet — im Zusammenwirken mit den Mitgliedstaaten, der NATO und anderen internationalen Investitionen — eine Ergänzung zu den Maßnahmen der Mitgliedstaaten und liefert einen klaren europäischen Mehrwert für die europäische Verteidigungspolitik;

Integration der KMU in die Lieferketten der europäischen Verteidigungsindustrie

12.

begrüßt den Ansatz des „Lebenszyklus“ für den Europäischen Verteidigungsfonds zur Unterstützung der Forschung und Entwicklung von Produkten/Technologien im Verteidigungsbereich, wofür im EVF zwei Teilbereiche (Fenster) vorgesehen sind;

13.

spricht sich mit Nachdruck dafür aus, bei der Prüfung von Projektanträgen den Konsortien, denen eine größere Zahl von KMU angehört, Zusatzpunkte zu geben;

14.

weist darauf hin, dass eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung der beiden Teilbereiche des Europäischen Verteidigungsfonds ein wirksamer Mechanismus für die Fähigkeitenplanung ist, bei dem Prioritäten für die Forschung und Fähigkeiten festgelegt und eine enge Koordinierung beider Teilbereiche vorgenommen werden;

15.

ist der Auffassung, dass zusätzliche Finanzmittel der EU zur Unterstützung der Verteidigungsindustrie auf dem eigenen Hoheitsgebiet eingesetzt werden müssen, und unterstützt die Definition der Begünstigten, die die Kommission in ihrer Mitteilung verwendet;

16.

fordert die Mitgliedstaaten dazu auf, sich aktiv an der Bewirtschaftung der beiden Fondsbereiche zu beteiligen und ihre Bedürfnisse und Prioritäten festzulegen;

17.

begrüßt die Pläne der Kommission zur effizienteren Nutzung ziviler Anwendungen im militärischen Bereich; hält Investitionen in diese Technologien für eine herausragende Möglichkeit, das Wirtschaftswachstum in der EU anzukurbeln und hochqualifizierte Arbeitsplätze zu schaffen, weil sich dieser Bereich an der Schnittstelle vieler Sektoren befindet: Elektronik, Luftfahrt, Robotik, Hochleistungscomputing, Raumfahrt, Textilien, Bauwesen, Telekommunikation, Überwachungstechnik, Energie, Navigation usw.;

18.

weist darauf hin, dass Unternehmen, die mit diesen innovativen Technologien arbeiten, vor allem Neugründungen und KMU sind, die mithilfe einer angemessenen Unterstützung erheblich zum technologischen Fortschritt im Verteidigungssektor beitragen könnten. Als bedeutsam und positiv ist die Entscheidung der Kommission zu werten, dass die EU die KMU in diesem Sektor gezielt unterstützen will;

19.

fordert eine bessere Koordinierung zwischen den zuständigen Dienststellen, um interessierte Kreise zu informieren und neue Güter und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck zu fördern. Dieses gewaltige Potenzial muss die EU im Sinne des Wachstums und der Wettbewerbsfähigkeit nutzbar machen;

20.

teilt die Auffassung der Europäischen Kommission bezüglich der leichteren Beteiligung von KMU an grenzüberschreitenden Projekten, was finanziell im Rahmen des Europäischen Verteidigungsfonds unterstützt werden soll. Unbedingt gilt es, sich zu vergegenwärtigen, dass die Einbeziehung von KMU in die Lieferketten der europäischen Verteidigungsindustrie dazu dienen soll, die Sicherheit und Verteidigung der EU, die Wettbewerbsfähigkeit und die strategische Autonomie zu erhöhen. Der Europäische Verteidigungsfonds sollte Anreize für die Verwirklichung dieser Ziele bieten;

21.

ist der Ansicht, dass die Europäische Kommission alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente mobilisieren muss, damit die KMU innerhalb der gesamten EU einen gleichberechtigten Zugang zum EVF erhalten. Fortschritte in der Innovation sind nicht kurzfristig messbar, sondern die Ergebnisse müssen erst zur Anwendungsreife gelangen. Sicherlich würde die Einführung einer planvollen und alle Ebenen umfassenden koordinierten Innovationspolitik den innovativsten Unternehmen Anreize bieten, zu strategischen Investoren der KMU zu werden;

22.

fordert die Kommission auf, die folgenden Maßnahmen zu unterstützen, durch die die Beteiligung von KMU an den Verteidigungsprojekten vergrößert werden kann:

Zu den Zuschlagskriterien für die Finanzierung von Kooperationsprojekten im laufenden mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) soll auch die Bedingung gehören, dass mindestens drei Unternehmen aus mindestens zwei Mitgliedstaaten beteiligt sein müssen. Es ist wichtig, dass die vorgeschlagenen Vorhaben tatsächlich grenzübergreifend sind und zur Defragmentierung des Marktes für Verteidigungsgüter in der EU beitragen können. In den Zuschlagskriterien sollten zusätzliche Punkte für solche Konsortien vergeben werden, an denen mehrere Unternehmen und Mitgliedstaaten beteiligt sind;

Konsortien mit einer größeren Zahl teilnehmender KMU sollten Vorrang gegenüber vergleichbaren Vorhaben mit einer geringeren Zahl von KMU erhalten;

fordert, dass im Rahmen des Möglichen mindestens ein Themenbereich der Forschung und Entwicklung KMU-Bezug aufweisen sollte, wie es bereits bei öffentlichen Ausschreibungen von Forschungsvorschlägen gehandhabt wird;

fordert den Aufbau eines stabilen Kommunikationssystems zur Koordinierung gemeinsamer Informationsmaßnahmen, die von den einschlägigen Dienststellen der Kommission getroffen werden, wobei einer der Hauptvorteile eines solchen Systems in einer einzigen Informationsanlaufstelle für sämtliche Finanzierungsmöglichkeiten besteht, einschließlich aller einschlägigen EU-Programme für den Verteidigungsbereich und für Güter mit doppeltem Verwendungszweck. Es ist wichtig, dass mithilfe dieses Kommunikationssystems Beispiele für bewährte Verfahren veröffentlicht werden;

begrüßt den Beschluss der Europäischen Kommission, für die KMU einen Teil der Mittel des Europäischen Verteidigungsfonds vorzusehen, und zwar für Projekte, die die grenzüberschreitende Beteiligung von KMU fördern; begrüßt die Unterstützung durch die Union in Höhe von maximal 20 % des Gesamtbetrags der förderfähigen Kosten der Maßnahme;

Finanzierung

23.

weist darauf hin, dass die EIB-Gruppe ein wichtiger Partner für Investitionen in Technologien mit doppeltem Verwendungszweck ist, in denen KMU in den Bereichen militärische Ausrüstung bzw. Technologie für den zivilen Einsatz, Cybersicherheit, Impfstoffe, biologische Gefahrenabwehr sowie Telekommunikations- und Informationsinfrastrukturen eine wichtige Rolle spielen;

24.

betont, dass angesichts der besonderen Merkmale des Verteidigungssektors nicht alle Bankdienstleistungen zur Unterstützung der KMU geeignet sind; begrüßt den proaktiven Ansatz der EIB, andere Instrumente wie z. B. Darlehen, Garantien und Eigenkapital zu nutzen;

25.

ist der Auffassung, dass die Annahme eines Europäischen Verteidigungsfonds nicht als Vorwand dienen darf, um die Mittelzuweisungen für die Kohäsionspolitik zu kürzen oder in irgendeiner Weise zu beeinträchtigen; die Kohäsionspolitik muss fortgeführt werden, da sie das wichtigste öffentliche Investitionsinstrument der Europäischen Union zur Verbesserung der europäischen Integration durch sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Zusammenhalt ist.

Brüssel, den 23. März 2018

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Karl-Heinz LAMBERTZ


(6)  Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates (ABl. L 298 vom 26.10.2012, S. 1).

(6)  Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates (ABl. L 298 vom 26.10.2012, S. 1).


III Vorbereitende Rechtsakte

AUSSCHUSS DER REGIONEN

128. AdR-Plenartagung, 22.3.2018-23.3.2018

13.7.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 247/54


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Das geänderte Programm zur Unterstützung von Strukturreformen (SRSP) und neue Haushaltsinstrumente für das Euro-Währungsgebiet

(2018/C 247/09)

Hauptberichterstatterin:

Olga Zrihen (BE/SPE), Mitglied des Wallonischen Parlaments

Referenzdokumente:

Mitteilung — Neue Haushaltsinstrumente für ein stabiles Euro-Währungsgebiet innerhalb des Unionsrahmens

COM(2017) 822 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/825 zur Erhöhung der Finanzausstattung des Programms zur Unterstützung von Strukturreformen und zur Anpassung seines übergeordneten Ziels

COM(2017) 825 final

Zur Kenntnisnahme:

Mitteilung — Weitere Schritte zur Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion Europas: Ein Fahrplan

COM(2017) 821 final

I.   EMPFEHLUNGEN FÜR ÄNDERUNGEN

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/825 zur Erhöhung der Finanzausstattung des Programms zur Unterstützung von Strukturreformen und zur Anpassung seines übergeordneten Ziels COM(2017) 825 final

Änderung 1

Erwägungsgrund 1

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Das Programm zur Unterstützung von Strukturreformen (im Folgenden „Programm“) wurde aufgelegt, um die Fähigkeit der Mitgliedstaaten zur Ausarbeitung und Durchführung wachstumsfördernder Verwaltungs- und Strukturreformen zu verbessern, indem unter anderem eine effiziente und wirksame Verwendung der Unionsfonds gefördert wird. Die Unterstützung im Rahmen des Programms stellt die Kommission auf Antrag der jeweiligen Mitgliedstaaten in zahlreichen Politikbereichen bereit. Die Schaffung solider Volkswirtschaften auf der Grundlage robuster wirtschaftlicher Strukturen, die es den Mitgliedstaaten erlauben, Schocks effizient aufzufangen und rasch zu überwinden, trägt zu wirtschaftlicher und sozialer Kohäsion bei. Um eine solche Entwicklung zu erreichen, sind institutionelle, administrative und wachstumsfördernde Strukturreformen ein geeignetes Mittel.

Das Programm zur Unterstützung von Strukturreformen (im Folgenden „Programm“) wurde aufgelegt, um die Fähigkeit der Mitgliedstaaten zur Ausarbeitung und Durchführung wachstumsfördernder Verwaltungs- und Strukturreformen , die für die Verwirklichung der in den EU-Verträgen verankerten Ziele von Bedeutung und direkt mit den Zuständigkeiten der EU verbunden sind , zu verbessern, indem unter anderem eine effiziente und wirksame Verwendung der Unionsfonds gefördert wird. Die Unterstützung im Rahmen des Programms stellt die Kommission auf Antrag der jeweiligen Mitgliedstaaten bereit. Die Schaffung solider Volkswirtschaften auf der Grundlage robuster wirtschaftlicher Strukturen, die es den Mitgliedstaaten erlauben, Schocks effizient aufzufangen und rasch zu überwinden, sollte zu wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Kohäsion beitragen . Eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg des Programms ist, dass unionsrelevante Strukturreformen — insbesondere dank der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und der Sozialpartner — vor Ort mitgetragen werden.

Änderung 2

Erwägungsgrund 3

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Für die erfolgreiche Teilnahme an der Wirtschafts- und Währungsunion muss die wirtschaftliche und soziale Kohäsion durch tiefergreifende Strukturreformen gestärkt werden. Dies gilt insbesondere für diejenigen Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist, im Hinblick auf die Vorbereitung der Einführung des Euro.

Für die erfolgreiche Teilnahme an und verbesserte Konvergenz in der Wirtschafts- und Währungsunion muss die wirtschaftliche, soziale und territoriale Kohäsion durch unionsrelevante Strukturreformen gestärkt werden. Dies gilt insbesondere für diejenigen Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist, im Hinblick auf die Vorbereitung der Einführung des Euro.

Änderung 3

Erwägungsgrund 5

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Darüber hinaus sollte festgehalten werden, dass Maßnahmen und Tätigkeiten im Rahmen des Programms auch zur Unterstützung von Reformen dienen können, die Mitgliedstaaten, die den Euro einführen möchten, bei der Vorbereitung auf die Teilnahme am Euro-Währungsgebiet unterstützen können.

 

Begründung

Angesichts von Erwägungsgrund 3 überflüssig.

Änderung 4

Erwägungsgrund 6

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Um die wachsende Nachfrage der Mitgliedstaaten nach Unterstützung zu decken und angesichts der Notwendigkeit, die Umsetzung von Strukturreformen in Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist, zu unterstützen, sollte die Mittelausstattung des Programms auf ein ausreichendes Niveau angehoben werden, das es der Union ermöglicht, den antragstellenden Mitgliedstaaten bedarfsgerechte Unterstützung zu bieten.

Um die wachsende Nachfrage der Mitgliedstaaten nach Unterstützung zu decken und angesichts der Notwendigkeit, die Umsetzung von unionsrelevanten Strukturreformen in Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist, zu unterstützen, sollte die Mittelausstattung des Programms durch Rückgriff auf das Flexibilitätsinstrument nach Artikel 11 des aktuellen mehrjährigen Finanzrahmens auf ein ausreichendes Niveau angehoben werden, das es der Union ermöglicht, den antragstellenden Mitgliedstaaten bedarfsgerechte Unterstützung zu bieten.

Änderung 5

Artikel 1

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

„Artikel 4

„Artikel 4

Übergeordnetes Ziel

Übergeordnetes Ziel

Übergeordnetes Ziel des Programms ist es, die institutionellen, administrativen und wachstumsfördernden strukturellen Reformen in den Mitgliedstaaten zu fördern, indem die nationalen Behörden bei Maßnahmen zur Reform und Stärkung der Institutionen, der politischen Steuerung, der öffentlichen Verwaltung sowie der Bereiche Wirtschaft und Soziales als Reaktion auf wirtschaftliche und soziale Herausforderungen unterstützt werden, um insbesondere im Rahmen der wirtschaftspolitischen Steuerung und auch als Vorbereitung auf eine Teilnahme am Euro-Währungsgebiet Zusammenhalt, Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität zu verbessern und ein nachhaltiges Wachstum, die Schaffung von Arbeitsplätzen und Investitionen zu unterstützen, unter anderem durch einen effizienten, wirksamen und transparenten Einsatz der Unionsfonds.“;

Übergeordnetes Ziel des Programms ist es, die institutionellen, administrativen und wachstumsfördernden strukturellen Reformen in den Mitgliedstaaten zu fördern , die in den Bereichen der zwischen der Union und den Mitgliedstaaten geteilten Zuständigkeit europäischen Mehrwert erbringen und bislang nicht Gegenstand eines Programms für technische Unterstützung sind , indem die Behörden der Mitgliedstaaten bei Maßnahmen zur Reform und Stärkung der Institutionen, der politischen Steuerung, der öffentlichen Verwaltung sowie der Bereiche Wirtschaft und Soziales als Reaktion auf wirtschaftliche und soziale Herausforderungen unterstützt werden, um insbesondere im Rahmen der wirtschaftspolitischen Steuerung und auch als Vorbereitung auf eine Teilnahme am Euro-Währungsgebiet Zusammenhalt, Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität zu verbessern und ein nachhaltiges Wachstum, die Schaffung von Arbeitsplätzen und Investitionen zu unterstützen, unter anderem durch einen effizienten, wirksamen und transparenten Einsatz der Unionsfonds.“;

Änderung 6

Neuer Artikel 1 Nummer 1 a

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

 

Artikel 5 Absatz 2

 

Die in Absatz 1 genannten Einzelziele betreffen Politikbereiche, die im Zusammenhang mit Zusammenhalt, Wettbewerbsfähigkeit, Produktivität, Innovationen, intelligentem, nachhaltigem und integrativem Wachstum, Beschäftigung und Investitionen stehen, insbesondere mit einem oder mehreren der folgenden Punkte:

 

a)

Verwaltung der öffentlichen Finanzen und Vermögenswerte, Haushaltsverfahren, Schuldenverwaltung und Steuerverwaltung;

 

b)

institutionelle Reformen und effiziente, dienstleistungsorientierte öffentliche Verwaltung, gegebenenfalls auch durch die Vereinfachung der Vorschriften, wirksame Rechtsstaatlichkeit, Reform des Justizwesens und verstärkte Bekämpfung von Betrug, Korruption und Geldwäsche;

 

c)

Rahmenbedingungen für Unternehmen (auch KMU), Reindustrialisierung, Entwicklung des Privatsektors, Investitionen, öffentliche Beteiligung an Unternehmen, Privatisierungsverfahren, Handel und ausländische Direktinvestitionen, Wettbewerb und öffentliches Beschaffungswesen, nachhaltige Entwicklung der einzelnen Sektoren und Förderung von Innovation und Digitalisierung;

 

d)

allgemeine und berufliche Bildung, Arbeitsmarktpolitik einschließlich des sozialen Dialogs mit dem Ziel der Schaffung von Arbeitsplätzen, der Armutsbekämpfung, der Förderung der sozialen Inklusion, Systeme der sozialen Sicherheit, öffentliches Gesundheitswesen und Gesundheitsversorgungssysteme sowie Kohäsions-, Asyl-, Migrations- und Grenzpolitik;

 

e)

klimapolitische Maßnahmen, Förderung der Energieeffizienz und Diversifizierung der Energiequellen sowie Landwirtschaftspolitik, Fischereipolitik und nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raums;

 

f)

politische Maßnahmen in Bezug auf den Finanzdienstleistungssektor, einschließlich der Förderung des finanziellen Grundwissens, Finanzstabilität, Zugang zu Finanzierungen und Kreditvergabe an die Realwirtschaft; Erstellung und Bereitstellung von Daten und Statistiken sowie Überwachung ihrer Qualität; Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung.

II.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

In Bezug auf die Änderung der Verordnung über das SRSP 2018-2020

1.

billigt den Grundsatz dieses Unterstützungsprogramms, dem zufolge auf freiwilliger Basis und auf Antrag technische Unterstützung für Strukturreformen in den Mitgliedstaaten geleistet werden soll; ist gleichwohl der Auffassung, dass die für eine Unterstützung durch die Union infrage kommenden Strukturreformen auf Politikbereiche beschränkt werden sollten, die für die Umsetzung der EU-Verträge von Bedeutung sind und die Zuständigkeiten der EU direkt betreffen; lehnt jedweden Vorschlag ab, unspezifische Strukturreformen in den Mitgliedstaaten zu finanzieren, die nicht zuvor auf ihren europäischen Mehrwert hin untersucht worden sind und die nicht direkt mit den vertraglich verankerten Zuständigkeiten der EU verbunden sind; verweist in diesem Zusammenhang auf seine Entschließung vom 1. Februar 2018, in der er den Vorschlag der Europäischen Kommission vom 6. Dezember 2017 für eine Verordnung zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 mit gemeinsamen Bestimmungen (1) ablehnt;

2.

stimmt mit der Kommission überein, dass eines der wichtigsten Ziele des Unterstützungsprogramms die Verbesserung der Verwaltungskapazitäten auf den nationalen, regionalen und lokalen Regierungs- und Verwaltungsebenen der antragstellenden Mitgliedstaaten sein sollte; betont die Bedeutung der Multi-Level-Governance und eines ortsbezogenen Ansatzes für die Ermittlung und Umsetzung der Reformen;

3.

fordert einheitliche Leitlinien für alle von der EU finanzierten Instrumente für die Verbesserung der Verwaltungsstrukturen und eine effektive Koordinierung aller bestehenden Programme für technische Unterstützung auf Ebene der EU und der begünstigten Mitgliedstaaten, wie dies auch vom Europäischen Rechnungshof verlangt wurde;

4.

bedauert, dass die Kommission keine quantitativen und qualitativen Nachweise dafür erbracht hat, dass das Programm den Aufgaben gewachsen ist; betont, dass das SRSP als technisches Unterstützungsprogramm nach 2020 erst dann zu einer dauerhaften Einrichtung werden sollte, nachdem die Ergebnisse im Zeitraum 2017-2020 positiv beurteilt wurden;

5.

unterstreicht, dass auf der Grundlage der Verteilung der Befugnisse und Zuständigkeiten in jedem Mitgliedstaat sowie der länderspezifischen Empfehlungen, die oft an die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften gerichtet sind, das Programm für die Regionen und Kommunen zugänglich sein muss;

6.

begrüßt den Vorschlag der Kommission, die Haushaltsmittel für das geänderte SRSP durch den Einsatz des Flexibilitätsinstruments nach Artikel 11 des aktuellen mehrjährigen Finanzrahmens aufzustocken;

Eigenverantwortung und Finanzierung bezüglich unionsrelevanter Strukturreformen

7.

betont, dass zahlreiche Hindernisse einer angemessenen Planung und Umsetzung unionsrelevanter Strukturreformen in den Mitgliedstaaten im Wege stehen, ebenso wie mangelnde Eigenverantwortung, politische und institutionelle Komplexität der Reformen, mögliche negative Auswirkungen auf gesellschaftliche Gruppen und auf Gebiete, mangelnder finanzpolitischer Spielraum für die Finanzierung der Reformern, unzureichende administrative und institutionelle Kapazitäten und mangelnde Koordinierung zwischen den verschiedenen Regierungs- und Verwaltungsebenen. Im Allgemeinen wird das Engagement auf nationaler Ebene für die Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen immer noch als unzureichend empfunden, und dies ist zum Teil auf eine mangelnde Beteiligung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften als Partner an diesem Prozess zurückzuführen;

8.

betont, dass Wissenszentren, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften kostenlose technische Unterstützung bezüglich der Auslegung von EU-Vorschriften und der Nutzung von EU-Fonds bieten, bei der Sicherstellung einer wirksamen Anwendung der Vorschriften und Ausführung der Mittel eine wichtige Rolle spielen; fordert die Mitgliedstaaten ohne solche Wissenszentren dazu auf, deren Einrichtung zu erwägen, um den wirksamen Einsatz des neuen Haushaltsinstruments zu erleichtern;

9.

betont, dass bestimmte länderspezifische Empfehlungen zwar durch die einschlägigen Verfahren des Stabilitäts- und Wachstumspakts (SWP) sowie beim Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht (MIP) rechtlich verankert sind, andere jedoch eher politischer Natur und nicht rechtlich bindend sind; stellt fest, dass weder die Androhung von Sanktionen gemäß SWP und MIP noch politischer Druck zu einer zufriedenstellenden Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen und einer größeren Identifikation mit den Reformbemühungen geführt haben; fordert im Sinne von mehr Eigenverantwortung einen stärker basisorientierten Ansatz mittels Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften;

10.

erachtet die Bedeutung wirtschaftspolitischer Koordinierung für unbestreitbar, es bleibt allerdings zu überprüfen, ob die geplanten finanziellen Anreize und finanziellen Zusagen für bestimmte Reformen in den Mitgliedstaaten tatsächlich über eine Rechtsgrundlage verfügen, die mit dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vereinbar ist; wirft ferner die Frage auf, ob es sinnvoll ist, erhebliche Finanzressourcen für ein Instrument zu binden und zuzusagen, das Unterstützung auf rein freiwilliger Basis leistet und auf einem intransparenten System der Auswahl und Validierung von Anträgen beruht, was weitere Probleme in puncto thematischer Priorisierung, Haushaltsplanung und territorialer Ausgewogenheit ergibt;

11.

betont auch, dass angesichts der geltenden Zuständigkeitsverteilung zahlreiche unionsrelevante Strukturreformen geteilte Zuständigkeitsbereiche der nationalen und subnationalen Regierungs- und Verwaltungsebenen betreffen. Um eine Verletzung des Subsidiaritätsprinzips und des Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu vermeiden, ist es daher notwendig, dass die Mitgliedstaaten ihre regionalen und lokalen Ebenen als ständige Partner in die Konzipierung und Durchführung von Strukturreformen einbinden;

12.

bedauert daher den Vorschlag der Kommission, dass Reformzusagen und finanzielle Anreize zwischen der Kommission und den Nationalregierungen bilateral vereinbart und im Rahmen des Europäischen Semesters umgesetzt werden sollen, ohne eine der internen Aufteilung der Zuständigkeiten in den Mitgliedstaaten entsprechende formelle Beteiligung der regionalen oder lokalen Ebene vorzusehen. Denn es besteht die reale Gefahr, dass der vorgeschlagene Ansatz zu einer Infragestellung dieser Verteilung der Zuständigkeiten und zu einer Verletzung der in den entsprechenden Chartas des Europarates verankerten Grundsätze der Subsidiarität und der kommunalen oder regionalen Selbstverwaltung führt. Das von der Kommission im Mai 2017 vorgelegte Reflexionspapier über die Vertiefung der WWU bezieht sich beispielsweise u. a. auf die Vorschläge, sich auf verbindliche Normen zu verständigen, um die Qualität der öffentlichen Ausgaben zu messen. Die Überwachung der Einhaltung dieser Normen mit Hilfe existierender Anzeiger würde in das Europäische Semester integriert. Den Zugang zu EU-Mitteln von einem gewissen Maße der Einhaltung dieser Normen abhängig zu machen, würde darauf hinauslaufen, dass die EU mit ihrem Ansatz und ihrer Politik in Politikbereiche eindringt, für die sie gemeinsam mit nachgeordneten Regierungsebenen zuständig ist, und das wäre ein Verstoß gegen das Subsidiaritätsprinzip;

13.

bedauert darüber hinaus, dass die Kriterien für die Beurteilung der Erfüllung von Reformzusagen und die Auszahlung der Tranchen von der Kommission allein und ohne die nationalen Behörden festgelegt und verwaltet werden; stellt fest, dass es dem Vorschlag an Transparenz im Hinblick auf die Beurteilungskriterien fehlt und dass diese Kriterien nicht aus den länderspezifischen Empfehlungen abgeleitet werden können, denn diese enthalten gemeinhin keine Zielsetzungen, Etappenziele und Bestimmungen für eine systematische Überwachung; ist schließlich der Ansicht, dass finanzielle Anreize der EU nicht den Eindruck erwecken sollten, dass der demokratische Prozess auf europäischer oder nationaler Ebene umgangen werden soll oder dass es sich um finanzielle Erpressung handelt;

14.

bedauert, dass die Kommission keine Angaben darüber macht, auf welcher Grundlage und wie die vorgeschlagenen finanziellen Anreize beziffert werden sollen, wobei anerkannt werden muss, dass die Berechnung der kurzfristigen Kosten für Reformen wahrscheinlich sehr unterschiedlich ausfallen wird, je nachdem, ob es sich dabei nur um administrative Kosten (Planung, Umsetzung und Kapazitätsaufbau) oder auch um soziale Kosten handelt;

15.

weist darauf hin, dass Reformzusagen auf einer realistischen Einschätzung der institutionellen und administrativen Kapazitäten der betroffenen Behörden basieren und geeignete Strategien für die Verbesserung der Verwaltungsstrukturen umfassen sollten. Zu berücksichtigen sind dabei auch die ungleichen Ausgangsbedingungen zwischen den Mitgliedstaaten und Regionen der EU in Bezug auf die Verwaltungsstrukturen, die der AdR in einer Analyse der länderspezifischen Empfehlungen aus territorialer Perspektive festgestellt hat;

16.

stellt fest, dass die übrigen Politikbereiche der EU dazu beitragen, die Strukturreformen zu fördern. Dies gilt für die ESI-Fonds mit ihren Ex-ante-Konditionalitäten, soweit es dabei um die Umsetzung von EU-Recht, die Verbesserung der Verwaltungsstrukturen und die Durchführung von Reformen im Rahmen der Strategie Europa 2020 durch thematische Konzentration geht; betont daher, dass es dringend notwendig ist, als Nachfolger für die Strategie Europa 2020 einen politischen Rahmen festzulegen, damit die thematische Konzentration in der nächsten Planungsperiode weitergeführt werden kann; betont, dass dieser neue Rahmen auf einer neuen territorialen Vision basieren muss, mit der das Europäische Raumentwicklungskonzept von 1999 auf den neuesten Stand gebracht wird (2);

17.

weist außerdem darauf hin, dass es mit Blick auf eine engere Verknüpfung unionsrelevanter Strukturreformen mit der Kohäsionspolitik umso wichtiger ist, das Europäische Semester auf europäischer Ebene demokratischer zu gestalten und durch einen Verhaltenskodex zu ergänzen, in dem die Normen für die Einbindung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften festgelegt werden, um auf diese Weise die Effizienz und Eigenverantwortung im Zuge dieses Prozesses zu erhöhen (3); betont, dass das Subsidiaritätsprinzip und die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Partnerschaft, und der Multi-Level-Governance das gemeinsame Fundament der Kohäsionspolitik und anderer EU-Politikbereiche zur Förderung der Strukturreformen bilden sollen;

18.

wiederholt seine Forderung, dass die Finanzierung der neuen haushaltspolitischen Instrumente der WWU nicht zulasten der privaten Investitionen sowie anderer öffentlicher Finanzierungssysteme wie der für die EU-Kohäsionspolitik zur Verfügung stehenden Mittel gehen darf;

19.

ist der Ansicht, dass der in der Mitteilung enthaltene Vorschlag für finanzielle Anreize für Strukturreformen keine ausreichende Grundlage bildet, um die erforderlichen Legislativvorschläge zu konzipieren; bedauert, dass die Kommission vor der Veröffentlichung weder eine Folgenabschätzung noch eine Konsultation der Interessenträger durchgeführt hat;

20.

bedauert, dass der Vorschlag, im Zeitraum 2018-2020 eine Pilotphase für das Instrument zur Umsetzung von Reformen und die damit verbundenen Änderungen an der SRSP-Verordnung und der Dachverordnung durchzuführen, nicht mit der für Mai 2018 angekündigten Veröffentlichung des Vorschlags für den neuen MFR vereinbar ist;

21.

schlägt daher vor, bei der Konzipierung eines Instruments zur finanziellen Unterstützung von Strukturreformen folgende Grundsätze zu berücksichtigen:

Budgethilfen für Strukturreformen zur Förderung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts, die in den Bereich der Kohäsionspolitik fallen, sollten nicht durch die Einrichtung eines separaten Finanzierungsprogramms, sondern durch die künftigen Programme im Rahmen der ESI-Fonds unterstützt werden, wobei das Subsidiaritätsprinzip und die Grundsätze der Partnerschaft und der Multi-Level-Governance zu wahren sind;

der Anteil der Kohäsionspolitik am nächsten MFR muss auf demselben Niveau bleiben wie bisher, um die Wirksamkeit dieser Politik zu gewährleisten, und außerdem muss vermieden werden, die Mittel aus den ESI-Fonds zur Finanzierung von Strukturreformen zu „kappen“;

Strukturreformen, die nicht in den Bereich der Kohäsionspolitik fallen, sollte die EU durch die Gewährung von Darlehen anstelle von Zuschüssen unterstützen;

die Art und Weise, wie die Strukturreformen festgelegt werden und über sie entschieden wird, muss dadurch geändert werden, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften am Europäischen Semester beteiligt werden. Dadurch würden das Europäische Semester um eine territoriale Dimension ergänzt und die territoriale Vielfalt in Europa besser berücksichtigt. Zudem würde die umfassende Beteiligung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an den nationalen Reformprogrammen und die Beachtung der Zuständigkeitsaufteilung in der EU gewährleistet;

jeder Vorschlag für eine EU-Finanzierung von Strukturreformen muss eine gründliche Folgenabschätzung, eine Konsultation der Interessenträger sowie Bestimmungen für eine gründliche Halbzeitüberprüfung beinhalten;

Haushaltsinstrumente für die Mitgliedstaaten, die dem Euro-Währungsgebiet beitreten wollen, und für die Bankenunion

22.

stellt fest, dass widerstandsfähige Wirtschaftsstrukturen und ein hoher Grad an nachhaltiger Konvergenz zu den Grundvoraussetzungen gehören, damit ein Mitgliedstaat den Euro einführen kann; begrüßt den Vorschlag, eine Konvergenzfazilität einzuführen, um die Bemühungen der Mitgliedstaaten in dieser Hinsicht zu unterstützen; fordert die Kommission auf, die jeweiligen Aufgaben der Konvergenzfazilität, des Programms zur Unterstützung von Strukturreformen (SRSP), der ESI-Fonds und des Kohäsionsfonds zu präzisieren;

23.

bekräftigt seine Unterstützung für die Vollendung der Bankenunion; stellt fest, dass sich die Mitgliedstaaten bislang nicht über eine fiskalische Letztsicherung verständigen konnten für den Fall, dass sich der einheitliche Abwicklungsfonds als unzureichend erweisen sollte; begrüßt den Vorschlag der Kommission, im Rahmen des künftigen Europäischen Währungsfonds eine Kreditlinie oder Garantien einzurichten;

Eine Stabilisierungsfunktion, um Investitionen vor großen asymmetrischen Schocks zu schützen

24.

weist erneut darauf hin, dass die auf strukturellen Faktoren beruhenden Unterschiede in den Konjunkturzyklen der Mitgliedstaaten im Euroraum durch die Einrichtung eines Instruments zur Bewältigung asymmetrischer Schocks abgemildert werden könnten; teilt die Auffassung der Kommission bezüglich der Kriterien, die diese Stabilisierungsfunktion erfüllen muss;

25.

bekräftigt seine Ansicht, dass jedwede zusätzliche Unterstützung im Hinblick auf ihre Wirksamkeit sich nicht mit den bestehenden Instrumenten wie den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) und dem Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) überschneiden darf, sondern diese ergänzen sollte;

26.

teilt die Ansicht der Kommission, dass die Fiskalkapazität groß genug sein sollte, um wirksam zu sein; erinnert allerdings an seine ablehnende Haltung gegenüber dem Vorhaben, eine eigene Haushaltslinie im EU-Haushalt für die Fiskalkapazität des Euro-Währungsgebiets zu schaffen, solange die Eigenmittelobergrenze weiterhin bei 1,23 % des BNI der EU liegt, um zu vermeiden, dass es zu einem Verdrängungseffekt (Crowding-out) in Bezug auf die Mittel für die ESI-Fonds und andere EU-Maßnahmen kommt;

27.

weist darauf hin, dass eine Stabilisierungsfunktion, durch die die öffentlichen Investitionen in schwierigen Zeiten vor großen asymmetrischen Schocks bewahrt werden, für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften von ausschlaggebender Bedeutung ist; vertritt die Ansicht, dass das vorgeschlagene europäische Investitionsschutzsystem ein erster Schritt in Richtung einer solchen Stabilisierungsfunktion sein könnte;

28.

unterstreicht die Bedeutung der stabilisierenden Funktion der Kohäsionspolitik, die in Kombination mit Flexibilisierungselementen wie der Anhebung der Kofinanzierungssätze der EU und der Modulierung der Vorfinanzierung während der Finanzkrise eine wichtige Rolle gespielt hat, um die öffentlichen Investitionen in den Regionen, die von asymmetrischen wirtschaftlichen Erschütterungen betroffen waren, aufrechtzuerhalten;

29.

stellt fest, dass das vorgeschlagene europäische Investitionsschutzsystem mit Darlehen, einer relativ kleinen Komponente für Zuschüsse und einem auf freiwilligen Beiträgen der Mitgliedstaaten beruhenden Versicherungsmechanismus an den Start gehen würde; betont, dass dieses System nur von eingeschränktem Nutzen für die Mitgliedstaaten sein könnte, die über einen geringen finanzpolitischen Spielraum verfügen und in Krisenzeiten Probleme bei der Kreditaufnahme haben könnten;

30.

fordert die Kommission auf, genauere Angaben zu den Stabilisierungsmaßnahmen auf der Grundlage von Zuschüssen oder Versicherungen zu machen, beispielsweise zu einem „Schlechtwetterfonds“;

31.

sieht den angekündigten nationalen Investitionsplattformen erwartungsvoll entgegen, auf denen auch die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf der Grundlage ihrer Erfahrungen mit den ESI-Fonds und dem EFSI eine Rolle spielen werden.

Brüssel, den 22. März 2018

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Karl-Heinz LAMBERTZ


(1)  COM(2017) 826 final.

(2)  CdR 4285/2015.

(3)  CdR 5386/2016.


13.7.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 247/62


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Europäische Bürgerinitiative

(2018/C 247/10)

Berichterstatter:

Luc Van den Brande (BE/EVP), Mitglied des Verbindungsbüros Flandern- Europa

Referenzdokument:

COM(2017) 482 final

SWD(2017) 294 final

I.   EMPFEHLUNGEN FÜR ÄNDERUNGEN

Änderung 1

Artikel 1

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

Gegenstand

Gegenstand

Diese Verordnung legt die Verfahren und Bedingungen für eine Initiative fest, mit der die Europäische Kommission aufgefordert wird, im Rahmen ihrer Befugnisse geeignete Vorschläge zu Themen zu unterbreiten, zu denen es nach Ansicht von Unionsbürgern eines Rechtsakts der Union bedarf, um die Verträge umzusetzen (im Folgenden „Europäische Bürgerinitiative“ oder „Initiative“).

Diese Verordnung legt die Verfahren und Bedingungen für eine Initiative fest, mit der die Europäische Kommission aufgefordert wird, im Rahmen ihrer Befugnisse geeignete Vorschläge zu Themen zu unterbreiten, zu denen es nach Ansicht von Unionsbürgern eines Rechtsakts der Union gemäß Artikel 288 AEUV bedarf, um die Verträge umzusetzen (im Folgenden „Europäische Bürgerinitiative“ oder „Initiative“).

Begründung

Hinweis auf Artikel 288 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, um zu verdeutlichen, dass ein Rechtsakt sich nicht nur auf verbindliche Verordnungen, Richtlinien und Beschlüsse bezieht, sondern auch auf nicht verbindliche Empfehlungen und Stellungnahmen.

Änderung 2

Artikel 1

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

Gegenstand

Gegenstand

Diese Verordnung legt die Verfahren und Bedingungen für eine Initiative fest, mit der die Europäische Kommission aufgefordert wird, im Rahmen ihrer Befugnisse geeignete Vorschläge zu Themen zu unterbreiten, zu denen es nach Ansicht von Unionsbürgern eines Rechtsakts der Union bedarf, um die Verträge umzusetzen (im Folgenden „Europäische Bürgerinitiative“ oder „Initiative“).

Diese Verordnung legt die Verfahren und Bedingungen für eine Initiative fest, mit der die Europäische Kommission aufgefordert wird, im Rahmen ihrer Befugnisse geeignete Vorschläge zu Themen zu unterbreiten, zu denen es nach Ansicht von Unionsbürgern eines Rechtsakts der Union bedarf, um die Verträge umzusetzen (im Folgenden „Europäische Bürgerinitiative“ oder „Initiative“).

 

Zur Umsetzung der Verträge gehört auch, dass die Kommission gemäß Artikel 48 EUV die Möglichkeit hat, Entwürfe zur Änderung der Verträge vorzulegen.

Begründung

Artikel 48 des Vertrags über die Europäische Union sieht vor, dass die Kommission dem Rat Entwürfe zur Änderung der Verträge vorlegen kann. Da die Kommission die Befugnis hat, derartige Vertragsänderungen vorzuschlagen, müssen auch Bürgerinitiativen, die auf eine derartige Änderung der Verträge abzielen, für zulässig erachtet werden.

Änderung 3

Artikel 4 Absatz 4

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

Information und Unterstützung durch die Kommission und die Mitgliedstaaten

Information und Unterstützung durch die Kommission und die Mitgliedstaaten

Nachdem die Kommission eine Initiative gemäß Artikel 6 registriert hat, veranlasst sie die Übersetzung des Inhalts der Initiative in alle Amtssprachen der Union zwecks Veröffentlichung im Register und Nutzung zur Sammlung von Unterstützungsbekundungen im Einklang mit dieser Verordnung . Eine Organisatorengruppe kann Übersetzungen des Anhangs und gegebenenfalls auch des in Anhang II genannten und gemäß Artikel 6 Absatz 2 vorgelegten Entwurfs eines Rechtsakts in alle Amtssprachen der Union zwecks Veröffentlichung im Register zur Verfügung stellen .

Nachdem die Kommission eine Initiative gemäß Artikel 6 registriert hat, veranlasst sie die Übersetzung des Inhalts der Initiative in alle Amtssprachen der Union zwecks Veröffentlichung im Register und Nutzung zur Sammlung von Unterstützungsbekundungen im Einklang mit dieser Verordnung , einschließlich Übersetzungen des Anhangs und gegebenenfalls des in Anhang II genannten und gemäß Artikel 6 Absatz 2 vorgelegten Entwurfs eines Rechtsakts zwecks Veröffentlichung im Register.

Begründung

Es erscheint angemessen, dass die Europäische Kommission, sobald eine Initiative registriert ist, auch Übersetzungen der Anhänge zur Verfügung stellt, insbesondere des Entwurfs des Rechtsakts, wenn dieser Teil der Initiative ist.

Änderung 4

Artikel 6

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

Registrierung

Registrierung

1.   Mit der Sammlung von Unterstützungsbekundungen für eine Initiative kann erst nach der Registrierung der Initiative durch die Kommission begonnen werden.

1.   Mit der Sammlung von Unterstützungsbekundungen für eine Initiative kann erst nach der Registrierung der Initiative durch die Kommission begonnen werden.

2.   Die Organisatorengruppe reicht den Antrag auf Registrierung über das Register bei der Kommission ein.

2.   Die Organisatorengruppe reicht den Antrag auf Registrierung über das Register bei der Kommission ein.

Bei der Einreichung des Antrags unternimmt die Organisatorengruppe ebenfalls folgende Schritte:

Bei der Einreichung des Antrags unternimmt die Organisatorengruppe ebenfalls folgende Schritte:

Sie übermittelt die Informationen gemäß Anhang II in einer der Amtssprachen der Union;

Sie übermittelt die Informationen gemäß Anhang II in einer der Amtssprachen der Union;

sie nennt, sofern die Organisatorengruppe aus mehr als sieben Mitgliedern besteht, die sieben Mitglieder, die für die Zwecke von Artikel 5 Absätze 1 und 2 zu berücksichtigen sind;

sie nennt, sofern die Organisatorengruppe aus mehr als sieben Mitgliedern besteht, die sieben Mitglieder, die für die Zwecke von Artikel 5 Absätze 1 und 2 zu berücksichtigen sind;

sie gibt gegebenenfalls an, dass eine juristische Person im Sinne von Artikel 5 Absatz 7 geschaffen worden ist.

sie gibt gegebenenfalls an, dass eine juristische Person im Sinne von Artikel 5 Absatz 7 geschaffen worden ist.

Unbeschadet der Absätze 5 und 6 entscheidet die Kommission über den Antrag innerhalb von zwei Monaten nach seiner Einreichung.

Unbeschadet der Absätze 5 und 6 entscheidet die Kommission über den Antrag innerhalb von zwei Monaten nach seiner Einreichung.

 

Die Kommission legt den Antrag auf Registrierung einem unabhängigen Ausschuss vor, der sieben Mitglieder hat und sich aus Juristen, Wissenschaftlern und Vertretern der europäischen Zivilgesellschaft zusammensetzt. Diese prüfen die Zulässigkeit des Antrags auf Registrierung. Sie haben die Möglichkeit, die Organisatorengruppe anzuhören. Der Ausschuss legt seine begründete Entscheidung der Kommission vor, die daraufhin einen entsprechenden Beschluss fasst.

3.   Die Kommission registriert die Initiative, sofern

(…)

3.   Die Kommission registriert die Initiative, sofern

(…)

Begründung

Eines der größten Probleme in der neuen Verordnung ist nach wie vor der Interessenkonflikt und die Monopolstellung der Kommission in allen Phasen des Verfahrens. Daher wird vorgeschlagen, im Einklang mit der AdR-Stellungnahme aus dem Jahr 2015 die Entscheidung über die Registrierung einem unabhängigen Ausschuss aus Juristen, Wissenschaftlern und Vertretern der europäischen Zivilgesellschaft zu übertragen.

Änderung 5

Artikel 8

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

Sammlungsfrist

Sammlungsfrist

1.   Alle Unterstützungsbekundungen werden unbeschadet des Artikels 11 Absatz 6 innerhalb einer Frist von höchstens 12 Monaten ab dem von der Organisatorengruppe gewählten Tag (im Folgenden „Sammlungsfrist“) gesammelt. Dieser Tag darf höchstens drei Monate nach dem Tag der Registrierung der Initiative gemäß Artikel 6 liegen.

1.   Alle Unterstützungsbekundungen werden unbeschadet des Artikels 11 Absatz 6 innerhalb einer Frist von höchstens 18 Monaten ab dem von der Organisatorengruppe gewählten Tag (im Folgenden „Sammlungsfrist“) gesammelt. Dieser Tag darf höchstens drei Monate nach dem Tag der Registrierung der Initiative gemäß Artikel 6 liegen.

Die Organisatorengruppe teilt der Kommission den gewählten Tag spätestens 10 Tage vor diesem Tag mit.

Die Organisatorengruppe teilt der Kommission den gewählten Tag spätestens 10 Tage vor diesem Tag mit.

Will die Organisatorengruppe die Sammlung von Unterstützungsbekundungen vor Ablauf der Sammlungsfrist von 12 Monaten beenden, so teilt sie Kommission den Tag mit, an dem die Sammlungsfrist abläuft.

Will die Organisatorengruppe die Sammlung von Unterstützungsbekundungen vor Ablauf der Sammlungsfrist von 18 Monaten beenden, so teilt sie Kommission den Tag mit, an dem die Sammlungsfrist abläuft.

Begründung

Die Sammlung von 1 Million Unterschriften ist ein großes Unterfangen und setzt voraus, dass die Bürger umfassend informiert und sensibilisiert werden. Um das Ziel innerhalb eines Jahres zu erreichen, muss die Organisatorengruppe sehr gut organisiert sein. Es muss vermieden werden, dass nur große, länderübergreifend operierende Nichtregierungsorganisationen eine EBI einleiten können. Daher wird vorgeschlagen, die Sammlungsfrist auf 18 Monate zu verlängern. Diese Frist hätte eine weniger abschreckende Wirkung auf potenzielle Initiatoren.

Änderung 6

Artikel 14

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

Veröffentlichung und öffentliche Anhörung

Veröffentlichung und öffentliche Anhörung

1.   (…)

1.   (…)

2.   Innerhalb von drei Monaten nach Einreichung der Initiative erhält die Organisatorengruppe die Möglichkeit, die Initiative in einer öffentlichen Anhörung vorzustellen.

2.   Innerhalb von drei Monaten nach Einreichung der Initiative erhält die Organisatorengruppe die Möglichkeit, die Initiative in einer öffentlichen Anhörung vorzustellen.

Die öffentliche Anhörung wird von der Kommission und dem Europäischen Parlament gemeinsam im Europäischen Parlament veranstaltet. Vertreter anderer Organe und beratender Gremien der Union sowie betroffene Interessenträger erhalten Gelegenheit, an der Anhörung teilzunehmen.

Die öffentliche Anhörung wird vom Europäischen Parlament veranstaltet und findet in seinen Räumlichkeiten statt . Vertreter anderer Organe, beratender Gremien der Union und der nationalen Parlamente sowie betroffene Interessenträger erhalten Gelegenheit, an der Anhörung teilzunehmen.

Die Kommission und das Europäische Parlament sorgen für eine ausgewogene Vertretung der einschlägigen öffentlichen und privaten Interessen.

Das Europäische Parlament sorgt für eine ausgewogene Vertretung der einschlägigen Interessen während der Anhörung .

3.   Die Kommission wird bei der Anhörung auf geeigneter Ebene vertreten.

3.   Die Kommission wird bei der Anhörung auf geeigneter Ebene vertreten.

 

4 .    Nach der Anhörung verabschiedet das Europäische Parlament eine Empfehlung an die Europäische Kommission dazu, wie auf die betreffende EBI zu reagieren ist.

Begründung

Der geeignetste Ort, an dem die Organisatorengruppen über ihre Initiative informieren können, ist das Europäische Parlament. Daher ist es auch folgerichtig, dass diese Anhörung nur vom Europäischen Parlament durchgeführt wird. Es gibt keinen institutionellen Grund, die Kommission an der Organisation dieser Anhörung zu beteiligen. Darüber hinaus sollte dies das Vertrauen der Organisatoren in eine transparente und unabhängige Bearbeitung stärken. Die Einbeziehung der nationalen Parlamente in diesen Prozess sollte die Chancen auf Einleitung einer europaweiten Debatte erhöhen.

Es ist wichtig, dass das Europäische Parlament nach der Anhörung einen eigenen Standpunkt zu dieser Initiative festlegt.

Änderung 7

Neuer Artikel nach Artikel 15

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

 

Initiativen, die die in Artikel 12 Absatz 5 erwähnte Bescheinigung nicht erhalten haben, für die innerhalb der Sammlungsfrist jedoch 75 % der Unterschriften zusammengekommen sind, werden von der Kommission zur Information an das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Europäischen Ausschuss der Regionen weitergeleitet.

Begründung

Die Erfahrung hat gezeigt, dass einige Initiativen zwar nicht die erforderliche Zahl von Unterstützungsbekundungen erhalten konnten, sich aber doch innovativ auf die EU-Politik ausgewirkt haben. Daher wäre es bedauerlich, wenn die politische Botschaft derartiger Initiativen verloren ginge. Das Europäische Parlament kann aufgrund der gesellschaftlichen und politischen Relevanz derartiger Initiativen eigene Initiativen auf den Weg bringen.

Änderung 8

Artikel 24

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

Überprüfung

Überprüfung

Die Kommission überprüft regelmäßig das Funktionieren der Europäischen Bürgerinitiative und legt dem Europäischen Parlament und dem Rat spätestens fünf Jahre nach dem Beginn der Anwendung dieser Verordnung und anschließend alle fünf Jahre einen Bericht über die Anwendung dieser Verordnung vor. Die Berichte werden veröffentlicht.

Die Kommission überprüft regelmäßig das Funktionieren der Europäischen Bürgerinitiative und legt dem Europäischen Parlament und dem Rat spätestens drei Jahre nach dem Beginn der Anwendung dieser Verordnung und anschließend alle drei Jahre einen Bericht über die Anwendung dieser Verordnung vor. Die Berichte werden veröffentlicht.

Begründung

Es ist wichtig, in regelmäßigen Abständen das ordnungsgemäße Funktionieren der europäischen Bürgerinitiative zu überprüfen, und zwar nicht nur die Verfahren, sondern auch die politische Wirkung und die effektive Beteiligung der Bürger an der Politik. Eine rechtzeitige Überprüfung ist notwendig, um entsprechende Korrekturen vornehmen zu können. Daher ist ein Zeitraum von drei Jahren angemessener. Sollte diese neue Verordnung scheitern, gehört die Europäische Bürgerinitiative der Vergangenheit an.

II.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.

Am 13. Oktober 2015 verabschiedete der Ausschuss der Regionen eine Stellungnahme zur Europäischen Bürgerinitiative (EBI) (1). Diese Stellungnahme wurde auf Grundlage des Berichts der Europäischen Kommission über die Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 211/2011 erarbeitet. Aufgrund der zahlreichen Rückmeldungen während des laufenden Verfahrens und ihres Inhalts forderte der Ausschuss der Regionen, die genannte Verordnung zu überarbeiten.

2.

Die Menschen in Europa stehen im Mittelpunkt des Projekts Europa. Die europäische partizipative Demokratie ist so zu verstehen, dass die Bürger in Europa ermutigt werden, sich an der europäischen Politik zu beteiligen und die Zukunft Europas mitzugestalten. Gemäß Artikel 10 Absatz 3 des EU-Vertrags haben alle Bürgerinnen und Bürger das Recht, am demokratischen Leben der Union teilzunehmen.

3.

Die EBI ist ein Recht der Unionsbürger. Mit ihrer Hilfe soll das empfundene Demokratiedefizit der EU abgebaut und die Kluft zwischen den Unionsbürgern und den europäischen Institutionen und Entscheidungsträgern überwunden werden. In Anbetracht der anhaltenden Wirtschafts- und Vertrauenskrise in der EU müssen Möglichkeiten für einen offenen Dialog zwischen den Unionsbürgern geboten werden, um einer zunehmenden Unzufriedenheit der Menschen mit der europäischen Integration entgegenzuwirken. Besonders wichtig ist es, das Vertrauen jener jungen Europäer zu gewinnen bzw. zurückzugewinnen, die den Glauben an den Prozess der europäischen Integration verloren haben. Durch das Recht der gesetzgeberischen Initiative bietet die EBI als transnationales Instrument den Bürgern Gelegenheit, sich in die politische Agenda der EU einzubringen, und sie zielt darauf ab, europaweite Debatten zu bürgerrelevanten Fragen anzukurbeln.

4.

Gemäß Artikel 11 des Vertrags über die Europäische Union müssen die Organe der EU die Bürger und die repräsentativen Verbände informieren und ihnen die Möglichkeit geben, ihre Ansichten in allen Bereichen des Handelns der Union öffentlich bekannt zu geben und auszutauschen. Im selben Artikel wird der Europäischen Kommission ein ausdrückliches Mandat zur Durchführung von Anhörungen der Betroffenen („Interessenträger“) erteilt, um die Kohärenz und Transparenz des Handelns der Union zu gewährleisten; die Kommission sollte die grundlegende Anforderung der „Rechenschaftspflicht“ als Vorbedingung für Demokratie und verantwortungsvolle Regierungsführung gemäß dem Geist der Verträge ernst nehmen.

5.

Um zu gewährleisten, dass die EBI ein erfolgreicher Teil des demokratischen Gefüges der EU wird, ist es von entscheidender Bedeutung, dass erfolgreiche Bürgerinitiativen echte politische Debatten und umfassendere politische Folgemaßnahmen seitens der EU-Institutionen nach sich ziehen.

6.

Die EBI ist kein Ersatz für das Initiativrecht der Europäischen Kommission, das die Vertiefung der Union vorangebracht hat und weiterhin bestehen bleiben muss. Sie ist ein zusätzlicher Kanal für die gegenseitige Verständigung zwischen Bürgern und verleiht den Debatten in der EU eine länderübergreifende Dimension, aus der alle Institutionen der EU, auch die Europäische Kommission selbst, Nutzen ziehen; die EBI verfügt daher über das Potenzial, ein ausgezeichnetes Beispiel für „gelebte Demokratie“ zu sein.

7.

Die EBI bietet den Bürgern in Europa die Möglichkeit, am europäischen Beschlussfassungsprozess teilzunehmen und die politische Agenda der EU mitzugestalten. Die Kommission muss jedoch zusätzliche Initiativen erarbeiten, um den Bürgerdialog zu stärken und den Menschen die europäische Politik näher zu bringen. Die EBI sollte als eines der Instrumente zur Verwirklichung der Ziele der partizipativen Demokratie betrachtet werden; man sollte indes nicht erwarten, dass es mit dieser Initiative automatisch zu einer Beteiligung der Bürger in Europa an der europäischen Entscheidungsfindung kommt.

8.

Die im Vertrag vorgesehenen Möglichkeiten in Bezug auf die partizipative Demokratie und insbesondere den vertikalen zivilen Dialog (2) müssen besonders beachtet werden. Um „einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog mit den repräsentativen Verbänden und der Zivilgesellschaft“ zu pflegen (Artikel 11 Absatz 2 EUV), sollte die Europäische Kommission ein „Dialogsystem“ initiieren, nach dem die EU-Institutionen sich nicht so sehr auf Verfahren konzentrieren, sondern mehr darauf aus sind, Ergebnisse zu liefern. Die EBI ist kein Arbeitsinstrument im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens: Sie muss als grundlegender Pfeiler der partizipativen Demokratie gesehen werden, der auf Beratung, Zusammenarbeit und gemeinsame Gestaltung abhebt, und außerdem als Gelegenheit, die Europäische Kommission mit ernsthaften Bedenken zu konfrontieren und auf diese Weise Sensibilisierung und das Verständnis füreinander zu fördern.

9.

Die EBI ist Ausdruck der partizipativen Demokratie, die die repräsentative Demokratie ergänzt; sie vergrößert die Reihe von Rechten im Zusammenhang mit der Unionsbürgerschaft und bereichert die öffentliche Debatte über europäische Politik; sie sollte die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger an der europäischen Integration erhöhen und dafür sorgen, dass sie sich stärker mit ihr identifizieren.

10.

Die rechtlichen und politischen Instrumente der Partizipation sollten gestärkt werden, um einer neuen Entscheidungskultur Raum zu geben, die auf dem Grundsatz des Regierens in einem Mehrebenensystem („Multi-Level-Governance“) fußt. Multi-Level-Governance stützt sich ihrem Wesen nach auf mehrere Kanäle und ermöglicht daher eine „aktivere“ europäische Bürgerschaft. Die Herausforderung besteht darin, ein System einer innovativen Interessenvertretung zu schaffen, in dem sich die Menschen gleichberechtigt und ihren unterschiedlichen Identitäten entsprechend repräsentiert fühlen.

11.

Ein europäischer öffentlicher Raum für Debatten zwischen Bürgern und Entscheidungsträgern ist mit Blick auf die Legitimität und Rechenschaftspflicht der EU sehr wichtig. Das Demokratiedefizit kann nur beseitigt werden, wenn ein europäischer öffentlicher Raum entsteht, in den der demokratische Prozess eingebettet ist.

12.

Die politischen Empfehlungen zur partizipativen Demokratie auf europäischer Ebene, wie sie in der Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 13. Oktober 2015 formuliert wurden, haben nach wie vor volle Gültigkeit.

Die neue Verordnung über die Europäische Bürgerinitiative

13.

In seiner Stellungnahme aus dem Jahr 2015 wies der Ausschuss der Regionen darauf hin, dass die EBI in ihrer jetzigen Form nicht zur Förderung der partizipativen Demokratie beiträgt, da das Verfahren und die verschiedenen Regelungen mit zu vielen administrativen und technischen Zwängen, Barrieren und Hindernissen verknüpft sind, die die Bürger davon abhalten, an der europäischen Demokratie mitzuwirken. Außerdem hat sich gezeigt, dass die heutige Bürgerinitiative kein Instrument ist, durch das die Bürger Einfluss auf die politische Agenda der EU und den politischen Beschlussfassungsprozess nehmen können.

14.

Im Einklang mit den bereits vom Europäischen Parlament, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Europäischen Bürgerbeauftragten vertretenen Standpunkten ist der Ausschuss der Regionen der Ansicht, dass die neue Verordnung einen wichtigen Schritt zur Verbesserung der Verfahren der EBI darstellt.

Verfahrenstechnische und administrative Verbesserungen in der neuen Verordnung

15.

Der Ausschuss der Regionen begrüßt die folgenden verfahrenstechnischen und administrativen Verbesserungen in der neuen, von der Kommission vorgeschlagenen Verordnung:

Die Initiatoren einer EBI sind Einzelpersonen (Organisatoren), doch sie können von nun an eine Vereinigung mit Rechtspersönlichkeit gründen, um die strafrechtliche Haftung der Organisatoren für Betrug und grobe Fahrlässigkeit zu begrenzen.

Die Frist von zwölf Monaten für die Sammlung von Unterschriften bleibt bestehen, aber den Initiatoren steht nach der Registrierung ein Zeitraum von drei Monaten zur Verfügung, um selbst festzulegen, wann mit der Sammlung von Unterschriften begonnen wird.

Im Alter von mindestens 16 Jahren hat jeder Bürger das Recht, eine Unterstützungsbekundung zu unterzeichnen.

Die Anforderungen an die personenbezogenen Daten, die zur Unterzeichnung einer Unterstützungsbekundung erfüllt sein müssen, werden vereinfacht. Alle Bürgerinnen und Bürger der EU werden die Möglichkeit haben, auf der Grundlage ihrer Staatsangehörigkeit und unabhängig von ihrem Wohnsitz ihre Unterstützung zu bekunden. Die Kommission schlägt vor, zwischen zwei Mustern für Unterstützungsbekundungen zu wählen. (Derzeit nutzen die Mitgliedstaaten 13 verschiedene Formulare.)

Die Registrierungsverfahren werden verbessert, einschließlich der Möglichkeit, eine Initiative auf der Grundlage der Zulässigkeitsvoraussetzungen nur teilweise zu registrieren, anstatt sie insgesamt abzulehnen, wobei die Kommission lediglich den zulässigen Teil registriert.

Eine Online-Kooperationsplattform für die EBI, die ein Forum für Diskussionen sowie Beratung und Unterstützung für die Organisatoren bieten soll, wird eingerichtet.

Ein zentrales Online-Sammelsystem wird eingerichtet und von der Kommission betrieben, um die Sammlung und Katalogisierung der Unterstützungsbekundungen sowie ihre Überprüfung durch die nationalen Behörden zu vereinfachen. Die Kommission wird dieses System entwickeln, dauerhaft betreiben und kostenlos zur Verfügung stellen.

Bei der Registrierung einer EBI wird die Kommission eine Übersetzung in alle EU-Amtssprachen veranlassen und alle übrigen Organe und Einrichtungen der EU über die neue EBI unterrichten.

Die Kommission bietet Unterstützung für die (potenziellen) Organisatoren einer EBI (die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, eine oder mehrere EBI-Kontaktstellen einzurichten).

Die Kommission wird Sensibilisierungs- und Kommunikationsmaßnahmen im Zusammenhang mit der EBI durchführen.

Nach wie vor kein politisches Konzept

16.

Ungeachtet der vorgenannten Vorschläge und Maßnahmen, die in der neuen Verordnung enthalten sind, um das EBI-Verfahren zu verbessern und viele Hindernisse aus dem Weg zu räumen, bleibt doch nach wie vor der Eindruck bestehen, dass die Kommission nicht offen genug ist und eine zu defensive Haltung einnimmt. Dies wird in erster Linie im Hinblick auf die eher politischen Aspekte der Bürgerinitiative deutlich:

Die partizipative Demokratie ist von besonderer Bedeutung, wenn es darum geht, das Vertrauen der Menschen in das Projekt Europa wiederherzustellen oder zu verbessern. Daher muss die EBI als ein grenzübergreifendes Instrument angesehen werden, das dazu dient, die Bürger in die europäische Demokratie einzubinden und ihnen bei der Politikgestaltung auf europäischer Ebene eine Stimme zu geben: Sie bietet einen europäischen öffentlichen Raum für Debatten zwischen Bürgern und Entscheidungsträgern. Die neue Verordnung bietet hierfür nur eine unzureichende Grundlage.

Der derzeitige Interessenkonflikt der Kommission beeinträchtigt die Wirksamkeit der EBI im Hinblick auf die Förderung der Beteiligung und des Vertrauens der Bürgerinnen und Bürger ernsthaft: Sie muss gleichzeitig als wichtigster Anbieter von Informationen und Unterstützungsstruktur für EBI fungieren, ist erster „Adressat“ für EBI und entscheidet außerdem über die Registrierung und die Zulässigkeit der Initiativen.

Durch die neue Verordnung wird der Interessenkonflikt der Kommission nicht gelöst: Sie fungiert 1. als wichtigster Anbieter von Informationen und 2. als Unterstützungsstruktur für Bürgerinitiativen, sie ist aber 3. auch die Instanz, bei der sich Organisatoren melden und registrieren müssen, außerdem entscheidet sie 4., ob eine Initiative registriert werden kann, und sie muss 5. erfolgreiche EBI weiterverfolgen. Dieser ungelöste Interessenkonflikt wirkt sich nach wie vor nachteilig auf die Wirksamkeit und Legitimität der EBI aus. In der Stellungnahme des AdR aus dem Jahr 2015 wurde daher vorgeschlagen, als eine Art „Rat der Weisen“ oder „Europäische Bürgervertretung“ einen unabhängigen Ad-hoc-Ausschuss aus Sachverständigen, Wissenschaftlern und Juristen einzusetzen und mit der Prüfung der Zulassungskriterien zu betrauen.

Die Kommission beschränkt die EBI auf die Angelegenheiten, die zu ihren Befugnissen gehören und zu denen es im Rahmen der Verträge möglicherweise eines Rechtsaktes der Union bedarf. Die Kommission kann sich von diesem legalistischen Ansatz nicht lösen und lässt es in Bezug auf die festzulegenden Kriterien an Klarheit fehlen. Dies könnte zu willkürlichen Beurteilungen und Risiken führen und eine offene und transparente politische Debatte untergraben.

Die Kommission hat auch keinen Vorschlag vorgelegt, um dem Wunsch Rechnung zu tragen, Bürgerinitiativen zu akzeptieren, in denen eine Änderung der EU-Verträge gefordert wird.

Es wäre angemessen gewesen, in den Zulassungskriterien die Rechte und Pflichten der Bürgerinnen und Bürger und den Grundsatz der Subsidiarität zu nennen.

Es gibt bestimmte Bürgerinitiativen, in denen es um ein wichtiges Thema geht, für die es aber nicht gelungen ist, eine Million Unterschriften zu sammeln oder in bestimmten Ländern die erforderliche Mindestzahl zu erreichen. Heute werden derartige EBI ad acta gelegt. In den Fällen, in denen eine erhebliche Zahl an Unterschriften gesammelt wurde, sollte die Europäische Kommission indes geeignete Reaktionsformen für solche EBI entwickeln, damit ihre potenzielle politische Botschaft und die damit einhergehende Mobilisierung nicht verloren gehen.

Die Kommission sollte der Öffentlichkeit ihre politisch motivierten Entscheidungen in ihrer offiziellen Antwort auf eine EBI, die mehr als eine Million Unterschriften erhalten hat, detailliert und transparent erläutern. Eine politisch starke Weiterverfolgung sollte gewährleistet werden.

Dem Europäischen Parlament kommt eine zentrale Rolle zu, wenn es darum geht, eine öffentliche politische Debatte mit den Bürgern in Gang zu bringen, unter anderem durch die geplanten Anhörungen. Darüber hinaus muss das Parlament Garant sein für die politische Weiterverfolgung erfolgreicher EBI und die Berücksichtigung der politischen Botschaft der EBI, für die es nicht gelungen ist, die nötige Anzahl Unterschriften zu sammeln.

Es sollten ernsthafte Überlegungen über die Möglichkeiten für stärker strukturierte, langfristige Folgemaßnahmen zu den Anhörungen des Europäischen Parlaments angestellt werden. So sollte den Bürgern die Möglichkeit eingeräumt werden, die als Reaktion auf eine erfolgreiche EBI getroffenen Maßnahmen zu überprüfen und die Debatte über das betreffende Thema fortzusetzen. Es sollte erwogen werden, nach der Veröffentlichung der Reaktion der Europäischen Kommission auf eine EBI eine vom EP organisierte förmliche zweite Anhörung unter Einbeziehung der Befürworter der EBI durchzuführen und auf diese Weise Raum für weitere Diskussionen zwischen allen Interessenvertretern zu schaffen.

Allgemeine Sensibilisierung und Erhöhung des Wissensstands über die EBI

17.

Die Öffentlichkeit muss für die EBI sensibilisiert werden. Zu diesem Zweck sollten Werbe- und Förderkampagnen durchgeführt werden, um die EBI in den Medien und in der Öffentlichkeit bekannter zu machen.

18.

Die EBI könnte ein wirksames Instrument für die demokratische Teilhabe sein. Daher sollten die Kommission und die Mitgliedstaaten ihre Kommunikationsbemühungen bezüglich dieses Instruments maximieren, um es in das Bewusstsein möglichst vieler Unionsbürger zu rücken und die aktive Beteiligung daran zu fördern.

Der Beitrag des Ausschusses der Regionen und der Gebietskörperschaften

19.

Die Kommission sollte auch nationale und lokale Mandatsträger dazu auffordern und dabei unterstützen, eine Vorreiterrolle bei den Bemühungen zu spielen, die Bürger über die EBI zu informieren.

20.

Die EBI bietet den Bürgerinnen und Bürgern Europas ein Instrument, das es ihnen ermöglicht, sich aktiv am europäischen Beschlussfassungsprozess zu beteiligen. Der Europäische Ausschuss der Regionen ist sich seiner eigenen Rolle und Verantwortung bewusst und verweist in diesem Zusammenhang auf den Beschluss seines Präsidiums (3) zur Mitwirkung des AdR an EBI. Er bekräftigt seinen Willen, jene EBI, die in den politischen Aufgabenbereich des AdR fallen und die als politisch relevant angesehen werden, zu unterstützen, beispielsweise durch: Unterstützung der Europäischen Kommission bei der Durchsicht der vorgeschlagenen EBI aus dem Blickwinkel ihrer lokalen/regionalen Relevanz und der Subsidiarität; Ausrichtung von Veranstaltungen in Verbindung mit EBI; Unterstützung von dezentralisierten Kommunikationsmaßnahmen zu EBI; im Bedarfsfall Initiativstellungnahmen zum Thema EBI; aktive Teilnahme an den Anhörungen im EP und den politischen Folgemaßnahmen; Unterstützung bei der Umsetzung erfolgreicher EBI und gegebenenfalls bei der Einführung von Rechtsvorschriften als Reaktion auf diese.

Brüssel, den 23. März 2018

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Karl-Heinz LAMBERTZ


(1)  ABl. C 423 vom 17.12.2015, S. 1.

(2)  Auf die Bürger der EU zugehen: Die Chance nutzen. „Über uns, mit uns, für uns“, ein Bericht von Luc Van den Brande, Sonderberater des Präsidenten der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, Oktober 2017.

(3)  144. Sitzung des Präsidiums des Ausschusses der Regionen, 10. April 2013, Punkt 8 — CDR1335-2013_11_00_TRA_NB-item 8.