ISSN 1977-088X

doi:10.3000/1977088X.CE2012.296.deu

Amtsblatt

der Europäischen Union

C 296E

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Mitteilungen und Bekanntmachungen

55. Jahrgang
2. Oktober 2012


Informationsnummer

Inhalt

Seite

 

I   Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

 

ENTSCHLIESSUNGEN

 

Europäisches Parlament
SITZUNGSPERIODE 2011-2012
Sitzungen vom 5. bis 7. April 2011
Das Protokoll dieser Sitzungen wurde im ABl. C 176 E vom 16.6.2011 veröffentlicht.
ANGENOMMENE TEXTE

 

Dienstag, 5. April 2011

2012/C 296E/01

Migrationsströme infolge instabiler Verhältnisse: Reichweite und Rolle der Außenpolitik der EU
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. April 2011 zu Migrationsströmen infolge instabiler Verhältnisse: Reichweite und Rolle der Außenpolitik der EU (2010/2269(INI))

1

2012/C 296E/02

Rolle der Frauen in der Landwirtschaft und im ländlichen Raum
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. April 2011 zur Rolle der Frauen in der Landwirtschaft und im ländlichen Raum (2010/2054(INI))

13

2012/C 296E/03

EU-Finanzmittel für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen in den neuen Mitgliedstaaten
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. April 2011 zur Effizienz und Wirksamkeit von EU-Finanzmitteln auf dem Gebiet der Stilllegung von kerntechnischen Anlagen in den neuen Mitgliedstaaten (2010/2104(INI))

19

2012/C 296E/04

EU-Politik zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. April 2011 zu den Prioritäten und Grundzügen einer neuen EU-Politik zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen (2010/2209(INI))

26

 

Mittwoch, 6. April 2011

2012/C 296E/05

Europäische Auslandsinvestitionspolitik
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zur künftigen europäischen Auslandsinvestitionspolitik (2010/2203(INI))

34

2012/C 296E/06

Schutz der finanziellen Interessen der Union – Betrugsbekämpfung
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zum Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften – Betrugsbekämpfung – Jahresbericht 2009 (2010/2247(INI))

40

2012/C 296E/07

Politische Parteien auf europäischer Ebene und Regelungen für ihre Finanzierung
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zur Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 2004/2003 über die Regelungen für die politischen Parteien auf europäischer Ebene und ihre Finanzierung (2010/2201(INI))

46

2012/C 296E/08

Governance und Partnerschaft im Binnenmarkt
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu Governance und Partnerschaft im Binnenmarkt (2010/2289(INI))

51

2012/C 296E/09

Ein Binnenmarkt für die europäischen Bürger
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zum Binnenmarkt für die europäischen Bürger (2010/2278(INI))

59

2012/C 296E/10

Ein Binnenmarkt für Unternehmen und Wachstum
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu einem Binnenmarkt für Unternehmen und Wachstum (2010/2277(INI))

70

 

Donnerstag, 7. April 2011

2012/C 296E/11

Lage in Syrien, Bahrain und Jemen
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zur Lage in Syrien, Bahrain und Jemen

81

2012/C 296E/12

Vierte Konferenz der Vereinten Nationen über die am wenigsten entwickelten Länder
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zu der Vierten Konferenz der Vereinten Nationen über die am wenigsten entwickelten Länder

85

2012/C 296E/13

Fortschrittsbericht 2010 über Island
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zu dem Fortschrittsbericht 2010 über Island

89

2012/C 296E/14

Fortschrittsbericht 2010 über die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zu dem Fortschrittsbericht 2010 über die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien

94

2012/C 296E/15

Lage in Côte d'Ivoire
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zur Lage in Côte d'Ivoire

101

2012/C 296E/16

Überprüfung der Europäischen Nachbarschaftspolitik – Östliche Dimension
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zur Überprüfung der Europäischen Nachbarschaftspolitik – Östliche Dimension

105

2012/C 296E/17

Überprüfung der Europäischen Nachbarschaftspolitik – südliche Dimension
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zur Überprüfung der Europäischen Nachbarschaftspolitik – südliche Dimension

114

2012/C 296E/18

Anwendung von sexueller Gewalt in Konflikten in Nordafrika und im Nahen Osten
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zum Einsatz sexueller Gewalt in Konflikten in Nordafrika und im Nahen Osten

126

2012/C 296E/19

Jahresbericht 2009 der EIB
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zum Jahresbericht 2009 der Europäischen Investitionsbank (2010/2248(INI))

130

2012/C 296E/20

Der Fall Ai WeiWei in China
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zum Fall Ai Weiwei

137

2012/C 296E/21

Unterbindung der Wahlen für eine Exilregierung der Tibeter in Nepal
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zum Verbot der Wahl der tibetischen Exil-Regierung in Nepal

138

2012/C 296E/22

Simbabwe
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zu Simbabwe

140

 

III   Vorbereitende Rechtsakte

 

EUROPÄISCHES PARLAMENT

 

Dienstag, 5. April 2011

2012/C 296E/23

Inanspruchnahme des Europäischen Fonds zur Anpassung an die Globalisierung: Polen, Podkarpackie – Maschinenbau
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. April 2011 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung gemäß Nummer 28 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 17. Mai 2006 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin und die wirtschaftliche Haushaltsführung (Antrag EGF/2010/013 PL/Podkarpackie – Maschinenbau, Polen) (KOM(2011)0062 – C7-0056/2011 – 2011/2045(BUD))

144

ANLAGE

146

2012/C 296E/24

Inanspruchnahme des Europäischen Fonds zur Anpassung an die Globalisierung: Tschechische Republik – UNILEVER
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. April 2011 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung gemäß Nummer 28 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 17. Mai 2006 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin und die wirtschaftliche Haushaltsführung (Antrag EGF/2010/010 CZ/Unilever, Tschechische Republik) (KOM(2011)0061 – C7-0055/2011 – 2011/2044 – (BUD))

146

ANLAGE

148

2012/C 296E/25

Kontrolle der Ausfuhr von Gütern und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck ***I
Abänderungen des Europäischen Parlaments vom 5. April 2011 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1334/2000 über eine Gemeinschaftsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr von Gütern und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck KOM(2008)0854 – C7-0062/2010 – 2008/0249(COD))

148

2012/C 296E/26

Öffentlich unterstützte Exportkredite ***I
Abänderungen des Europäischen Parlaments vom 5. April 2011 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Anwendung bestimmter Leitlinien auf dem Gebiet der öffentlich unterstützten Exportkredite (KOM(2006)0456 – C7-0050/2010 – 2006/0167(COD))

165

 

Mittwoch, 6. April 2011

2012/C 296E/27

Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 1/2011 - Einzelplan III - Kommission
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu dem Standpunkt des Rates zum Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 1/2011 der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2011, Einzelplan III – Kommission (07704/2011 – C7-0072/2011 – 2011/2022(BUD))

172

2012/C 296E/28

Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der Europäischen Union - Überschwemmungen 2010 in Polen, der Slowakei, Ungarn, der Tschechischen Republik, Kroatien und Rumänien
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der Europäischen Union gemäß Nummer 26 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 17. Mai 2006 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin und die wirtschaftliche Haushaltsführung (KOM(2011)0010 – C7-0023/2011 – 2011/2021(BUD))

173

ANLAGE

174

2012/C 296E/29

Fischereiabkommen EG/Komoren ***
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss eines Protokolls zur Festlegung der Fangmöglichkeiten und der finanziellen Gegenleistung nach dem partnerschaftlichen Fischereiabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Union der Komoren (15572/2010 – C7-0020/2011 – 2010/0287(NLE))

174

2012/C 296E/30

Mechanismus für die Beilegung von Streitigkeiten im Rahmen des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation EG/Jordanien ***
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss eines Abkommens in Form eines Protokolls zwischen der Europäischen Union und dem Haschemitischen Königreich Jordanien zur Festlegung eines Mechanismus für die Beilegung von Streitigkeiten, die die Handelsbestimmungen des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Haschemitischen Königreich Jordanien andererseits betreffen (13758/2010 – C7-0057/2011 – 2010/0173(NLE))

175

2012/C 296E/31

Abkommen EU/Marokko zur Festlegung eines Mechanismus für die Beilegung von Streitigkeiten ***
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss eines Abkommens zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Marokko zur Festlegung eines Mechanismus für die Beilegung von Streitigkeiten (13754/2010 – C7-0431/2010 – 2010/0181(NLE))

176

2012/C 296E/32

Mechanismus für die Beilegung von Streitigkeiten im Rahmen des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation EG/Ägypten ***
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss eines Abkommens in Form eines Protokolls zwischen der Europäischen Union und der Arabischen Republik Ägypten zur Festlegung eines Mechanismus für die Beilegung von Streitigkeiten, die die Handelsbestimmungen des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Arabischen Republik Ägypten andererseits betreffen (13762/2010 – C7-0372/2010 – 2010/0229(NLE))

176

2012/C 296E/33

Teilnahme der Ukraine an den Programmen der Union ***
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss des Protokolls zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits über ein Rahmenabkommen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine über die allgemeinen Grundsätze für die Teilnahme der Ukraine an den Programmen der Union (13604/2010 – C7-0401/2010 – 2010/0218(NLE))

177

2012/C 296E/34

Einfuhr von Fischereierzeugnissen aus Grönland ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates mit Vorschriften für die Einfuhr von Fischereierzeugnissen, lebenden Muscheln, Stachelhäutern, Manteltieren, Meeresschnecken und deren Nebenprodukten aus Grönland in die Europäische Union (KOM(2010)0176 – C7-0136/2010 – 2010/0097(COD))

178

P7_TC1-COD(2010)0097Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 6. April 2011 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) Nr. …/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Vorschriften für die Einfuhr von Fischereierzeugnissen, lebenden Muscheln, Stachelhäutern, Manteltieren, Meeresschnecken und deren Nebenprodukten aus Grönland in die Europäische Union [Abänd. 1] ( 1 )

179

2012/C 296E/35

Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzstatus ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzstatus (Neufassung) (KOM(2009)0554 – C7-0248/2009 – 2009/0165(COD))

184

P7_TC1-COD(2009)0165Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 6. April 2011 im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie 2011/…/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzstatus (Neufassung)

185

ANHANG I

216

ANHANG II

216

ANHANG III

217

2012/C 296E/36

Europäische Tourismusstatistik ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die europäische Tourismusstatistik (KOM(2010)0117 – C7-0085/2010 – 2010/0063(COD))

223

P7_TC1-COD(2010)0063Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 6. April 2011 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) Nr. …/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates über die europäische Tourismusstatistik und zur Aufhebung der Richtlinie 95/57/EG des Rates

223

2012/C 296E/37

Finanzielle Maßnahmen der Gemeinschaft zur Durchführung der Gemeinsamen Fischereipolitik und im Bereich des Seerechts ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 861/2006 des Rates über finanzielle Maßnahmen der Gemeinschaft zur Durchführung der Gemeinsamen Fischereipolitik und im Bereich des Seerechts (KOM(2010)0145 – C7-0107/2010 – 2010/0080(COD))

224

P7_TC1-COD(2010)0080Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 6. April 2011 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) Nr. …/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 861/2006 des Rates über finanzielle Maßnahmen der Gemeinschaft zur Durchführung der Gemeinsamen Fischereipolitik und im Bereich des Seerechts

225

2012/C 296E/38

Fischerei - Technische Übergangsmaßnahmen ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1288/2009 des Rates zur Festlegung technischer Übergangsmaßnahmen für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 30. Juni 2011 (KOM(2010)0488 – C7-0282/2010 – 2010/0255(COD))

225

P7_TC1-COD(2010)0255Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 6. April 2011 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) Nr. …/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 850/98 des Rates zur Erhaltung der Fischereiressourcen durch technische Maßnahmen zum Schutz von jungen Meerestieren und der Verordnung (EG) Nr. 1288/2009 des Rates zur Festlegung technischer Übergangsmaßnahmen für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 30. Juni 2011

226

2012/C 296E/39

Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben für das Haushaltsjahr 2012 – Einzelplan I – Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu dem Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben des Europäischen Parlaments für das Haushaltsjahr 2012 (2011/2018(BUD))

226

 

Donnerstag, 7. April 2011

2012/C 296E/40

Impfung gegen die Blauzungenkrankheit ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2000/75/EG hinsichtlich der Impfung gegen die Blauzungenkrankheit (KOM(2010)0666 – 05499/2011 – C7-0032/2011 – 2010/0326(COD))

230

P7_TC1-COD(2010)0326Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 7. April 2011 im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie 2011/…/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2000/75/EG hinsichtlich der Impfung gegen die Blauzungenkrankheit

231

Erklärung der benutzten Zeichen

*

Verfahren der Konsultation

**I

Verfahren der Zusammenarbeit: erste Lesung

**II

Verfahren der Zusammenarbeit: zweite Lesung

***

Verfahren der Zustimmung

***I

Verfahren der Mitentscheidung: erste Lesung

***II

Verfahren der Mitentscheidung: zweite Lesung

***III

Verfahren der Mitentscheidung: dritte Lesung

(Das angegebene Verfahren entspricht der von der Kommission vorgeschlagenen Rechtsgrundlage.)

Politische Änderungen: Der neue bzw. geänderte Text wird durch Fett- und Kursivdruck gekennzeichnet; Streichungen werden durch das Symbol ▐ gekennzeichnet.

Technische Korrekturen und Anpassungen der Dienststellen des Parlaments: Der neue bzw. geänderte Text wird durch mageren Kursivdruck gekennzeichnet; Streichungen werden durch das Symbol ║ gekennzeichnet.

 


 

(1)   Text von Bedeutung für den EWR

DE

 


I Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

ENTSCHLIESSUNGEN

Europäisches Parlament SITZUNGSPERIODE 2011-2012 Sitzungen vom 5. bis 7. April 2011 Das Protokoll dieser Sitzungen wurde im ABl. C 176 E vom 16.6.2011 veröffentlicht. ANGENOMMENE TEXTE

Dienstag, 5. April 2011

2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/1


Dienstag, 5. April 2011
Migrationsströme infolge instabiler Verhältnisse: Reichweite und Rolle der Außenpolitik der EU

P7_TA(2011)0121

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. April 2011 zu Migrationsströmen infolge instabiler Verhältnisse: Reichweite und Rolle der Außenpolitik der EU (2010/2269(INI))

2012/C 296 E/01

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1638/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 2006 zur Festlegung allgemeiner Bestimmungen zur Schaffung eines Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstruments (1),

unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1717/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. November 2006 zur Schaffung eines Instruments für Stabilität (2),

unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1889/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 zur Einführung eines Finanzierungsinstruments für die weltweite Förderung der Demokratie und der Menschenrechte (3),

unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1905/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Schaffung eines Finanzierungsinstruments für die Entwicklungszusammenarbeit (4),

unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1257/96 des Rates vom 20. Juni 1996 über die humanitäre Hilfe (5),

unter Hinweis auf das Partnerschaftsabkommen zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits, unterzeichnet am 23. Juni 2000 in Cotonou (6),

unter Hinweis auf den Beschluss 2010/427/EU des Rates vom 26. Juli 2010 über die Organisation und die Arbeitsweise des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) (7),

unter Hinweis auf die am 18. Dezember 1990 angenommene UNO-Konvention über den Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen,

unter Hinweis auf die Genfer Konvention vom 28. Juli 1951 und das Protokoll vom 31. Januar 1967 betreffend den Status von Flüchtlingen,

unter Hinweis auf den Gesamtansatz zur Migrationsfrage, der vom Europäischen Rat am 13. Dezember 2005 angenommen wurde und in dessen Rahmen die außenpolitische Dimension der Migrationspolitik und ihre drei wichtigsten Prioritäten, nämlich die Förderung legaler Migration, die Bekämpfung illegaler Migration und die Verstärkung der Verknüpfung zwischen Migration und Entwicklung, festgelegt werden,

unter Hinweis auf den vom Rat im Oktober 2008 angenommenen Europäischen Pakt zu Einwanderung und Asyl, den ersten Jahresbericht der Kommission über Einwanderung und Asyl von 2009 (KOM(2010)0214) und die Schlussfolgerungen des Rates zu Folgemaßnahmen zum Europäischen Pakt zu Einwanderung und Asyl vom 3. Juni 2010,

unter Hinweis auf die am 23. November 2006 in Sirte unterzeichnete gemeinsame Erklärung Afrika-EU zu Migration und Entwicklung, in der betont wurde, dass sich die afrikanischen Staaten und die EU-Staaten zu einer Partnerschaft zwischen den Herkunfts-, Transit und Bestimmungsländern verpflichten müssen, damit die Migration unter Berücksichtigung ihres Zusammenhangs mit der Entwicklung wirksamer gesteuert wird,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 18. und 19. Juni 2009 zur illegalen Einwanderung,

unter Hinweis auf das Stockholmer Programm für den Zeitraum 2010-2014, den Europäischen Pakt zu Einwanderung und Asyl und den Aktionsplan der Kommission zur Umsetzung des Stockholmer Programms (KOM(2010)0171),

unter Hinweis auf den Bericht des Hohen Vertreters und der Kommission über Klimawandel und internationale Sicherheit vom 14. März 2008, die damit verbundenen Empfehlungen vom 18. Dezember 2008 und die Schlussfolgerungen des Rates vom 8. Dezember 2009,

unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der vom 27. bis 28. April 2009 in Prag veranstalteten Ministerkonferenz zum Thema „Schaffung von Migrationspartnerschaften“,

unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität vom Dezember 2000 und die dazugehörenden Protokolle,

unter Hinweis auf das Übereinkommen zu der Agenda für die Zusammenarbeit zwischen der EU und Libyen in Migrationsfragen, das am 4. Oktober 2010 in Tripolis von den Mitgliedern der Kommission Cecilia Malmström und Štefan Füle sowie auf libyscher Seite von Mussa Kussa, Sekretär des Allgemeinen Volkskomitees für Verbindungen zum Ausland und internationale Zusammenarbeit, und Junis al-Obeidi, Sekretär des Allgemeinen Volkskomitees für öffentliche Sicherheit, unterzeichnet wurde,

unter Hinweis auf seine Empfehlung vom 20. Januar 2011 an den Rat zu den Verhandlungen über das Rahmenabkommen EU-Libyen (8),

unter Hinweis auf die Erklärung von Tripolis, die auf dem dritten EU-Afrika-Gipfel vom 29. und 30. November 2010 im libyschen Tripolis abgegeben wurde,

unter Hinweis auf die Ansprache der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen vom 4. Mai 2010, in der sie betonte, dass beim Krisenmanagement und bei der Friedensbildung ein umfassender Ansatz erforderlich ist und ein offensichtlicher Zusammenhang zwischen Sicherheit, Entwicklung und Menschenrechten besteht,

unter Hinweis auf die Richtlinie 2009/50/EG des Rates vom 25. Mai 2009 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer hochqualifizierten Beschäftigung (Blue-Card-Richtlinie) (9),

unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung des Prager Gipfeltreffens zur östlichen Partnerschaft vom 7. Mai 2009, mit der die östliche Partnerschaft eingerichtet wurde,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. September 2010 zum Thema „Verringerung der Armut und Schaffung von Arbeitsplätzen in Entwicklungsländern: Der Weg in die Zukunft“ (10), insbesondere auf deren Ziffern 71, 72 und 73,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Dezember 2010 zu eritreischen Flüchtlingen, die auf dem Sinai gefangen gehalten werden (11),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der Präsidentschaft vom 27. Januar 2011 im Anschluss an die Konferenz „Zu einem multidisziplinären Ansatz der Verhütung des Menschenhandels, der strafrechtlichen Verfolgung der Täter und des Schutzes der Opfer“,

unter Hinweis auf Artikel 80 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), der besagt, dass für die Politik der EU im Bereich Grenzkontrollen, Asyl und Einwanderung der Grundsatz der Solidarität und der gerechten Aufteilung der Verantwortlichkeiten unter den Mitgliedstaaten, einschließlich in finanzieller Hinsicht, gilt, und dass die aufgrund dieses Kapitels erlassenen Rechtsakte der Union, immer wenn dies erforderlich ist, entsprechende Maßnahmen für die Anwendung dieses Grundsatzes enthalten,

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten sowie der Stellungnahmen des Entwicklungsausschusses und des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A7-0075/2011),

A.

in der Erwägung, dass politische und wirtschaftliche Instabilität, eine schlechte Sicherheitslage, politische Unterdrückung und autoritäre Regime die wichtigsten Antriebskräfte von Migration sind, indem sie den betroffenen Gemeinschaften jegliche reale Perspektive und Verdienstmöglichkeiten vor Ort nehmen und sie so der Möglichkeit berauben, sich frei zwischen Migration oder Bleiben zu entscheiden, und damit das Leben ihrer Mitglieder ständig aufs Spiel setzen und ihnen nur die Migration als einzige Option offenlassen, sowie in der Erwägung, dass Klimawandel und Umweltzerstörung immer häufiger eine Ursache für Migration sind,

B.

in der Erwägung, dass Migration infolge instabiler Verhältnisse insbesondere durch bereits geführte oder drohende Kriege und bewaffnete Konflikte, Vergehen gegen die Menschenrechte – einschließlich der Verfolgung oder der Einschränkung der Rechte von Anhängern der politischen Opposition, Minderheiten, wie etwa religiöse und ethnische Minderheiten oder LGBTT Minderheiten, und benachteiligten Bevölkerungsgruppen –, natürliche oder durch Menschen verursachte Katastrophen und fehlende reale wirtschaftliche Perspektiven sowie das Fehlen von tragfähigen Strukturen für Demokratie und gute Regierungsführung und von Maßnahmen für Verbesserungen im Bereich der Bürgerrechte und der politischen, kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Rechte bzw. deren Nichteinhaltung ausgelöst wird,

C.

in der Erwägung, dass Migration als alte und weltweite Erscheinung einerseits zum Austausch von Ideen beigetragen, aber andererseits auch integrationspolitische Herausforderungen für die Aufnahmegesellschaften mit sich gebracht hat und somit für die Europäische Union sowohl eine kulturelle und wirtschaftliche Bereicherung als auch Probleme im Bereich der sozialen Eingliederung und Anpassung bewirkt hat, sowie in der Erwägung, dass die EU eine erhebliche, aber kontrollierte Zuwanderung benötigt, um ihre alternde Bevölkerung zu unterstützen und andere soziale und wirtschaftliche Herausforderungen zu bewältigen,

D.

in der Erwägung, dass sich die Routen der Migrationsströme in der Vergangenheit zwar geändert haben, indem besonders stark überwachte Routen umgangen wurden, dass aber die Migration nicht aufgehalten werden kann, sich ihr Ausmaß und ihre Komplexität in den nächsten Jahrzehnten jedoch verändern dürften, weshalb mit ihr so verfahren werden muss, dass menschliches Leid vermieden wird,

E.

in der Erwägung, dass die legale Migration der beste Weg für den Einzelnen, der aus seinem Herkunftsland emigrieren will, und für das Aufnahmeland darstellt,

F.

in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten, die an den Außengrenzen der EU liegen, den Druck der durch Instabilität ausgelösten Migrationsströme in Form illegaler Einwanderung stärker spüren,

G.

in der Erwägung, dass bislang kein EU-Mitgliedstaat die UNO-Konvention über den Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen ratifiziert hat, in der Erwägung, dass dieses Übereinkommen den umfassendsten internationalen Rechtsrahmen für den Schutz der Rechte von Wanderarbeitnehmern und ihrer Familienangehörigen darstellt und den Staaten eine Richtschnur für einen Ansatz bietet, um die Rechte von Migranten bei der Ausarbeitung und Umsetzung von Strategien im Bereich der Arbeitsmigration zu wahren,

H.

in der Erwägung, dass sich wirtschaftliche Instabilität besonders stark auf die jüngere Generation, Frauen, Minderheiten und benachteiligte Bevölkerungsgruppen auswirkt, deren Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt sehr schlecht sind und die daher leichter Opfer von Gewalt, Radikalisierung und der Rekrutierungsbemühungen terroristischer Gruppen werden können,

I.

in der Erwägung, dass der Klimawandel mit Nahrungsmittel- und Wasserknappheit, Entwaldung und Bodenverschlechterung einhergeht und zunehmend als eine große Gefahr für die internationale Sicherheit und Stabilität gilt,

J.

in der Erwägung, dass es notwendig ist, Menschen, die ihre Heimat aufgrund großer Katastrophen infolge des Klimawandels verlassen mussten, zu unterstützen und zu schützen, in der Erwägung jedoch, dass im geltenden Flüchtlingsrecht den Klimaflüchtlingen nicht das Recht auf internationalen Schutz zugestanden wird,

K.

in der Erwägung, dass in einigen Regionen, die vom Klimawandel und dem daraus folgenden Verlust an biologischer Vielfalt vorrangig betroffen sind, wie etwa in der Sahelzone, Migration inzwischen die einzige Form der Anpassung an das sich verändernde Klima ist,

L.

in der Erwägung, dass einige Migranten auch Asylbewerber sein können und möglicherweise als Flüchtlinge offiziell anerkannt werden,

M.

in der Erwägung, dass die Ausbeutung der illegalen Migration nicht nur ein großes Risiko für das Leben der Migranten darstellt, sondern sehr oft auch mit Menschenrechtsverletzungen der schlimmsten Art einhergeht, einschließlich Zwangsarbeit, sexueller Ausbeutung, Kindesmissbrauch und geschlechtsbezogener Gewalt, und in der Erwägung, dass Maßnahmen der EU zur Verhinderung derartiger Menschenrechtsverletzungen und zum Schutz sowohl legaler als auch illegaler Migranten, die sich in einer schwierigen Lage befinden, verstärkt werden sollten, damit sie mehr Wirkung zeigen,

N.

in der Erwägung, dass das Schleusen von Migranten fast jedes Land in der Welt betrifft, in der Erwägung, dass die Ausbeutung der illegalen Migration, die bedauerlicherweise eine gewinnbringende geschäftliche Tätigkeit für die Mitglieder des organisierten Verbrechens darstellt, auch mit Waffenschmuggel sowie Menschen- und Drogenhandel einhergehen kann, und der Erwägung, dass die Ausbeutung der illegalen Migration eine der Finanzierungsquellen für radikale und terroristische Gruppen sein kann und Migranten so anfällig macht, zu Opfern der organisierten Kriminalität und von extremistischen Netzwerken zu werden,

O.

in der Erwägung, dass den schutzbedürftigsten Migranten, insbesondere unbegleiteten Minderjährigen, im Rahmen der EU-Politik besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte,

P.

in der Erwägung, dass illegale Migration Auswirkungen auf die Migrationssteuerung und die Aufnahmefähigkeit sowohl der Aufnahme- als auch der Transitländer hat, in der Erwägung, dass illegale Migration in einigen Transitländern möglicherweise die Tragfähigkeit und Entwicklungsaussichten der örtlichen Arbeitsmärkte beeinträchtigt und für mehr Instabilität sorgt,

Q.

in der Erwägung, dass sich der voraussichtliche Bevölkerungsanstieg sowohl in den Ursprungs- als auch in den Transitländern, insbesondere in den Maghreb- und den Maschrik-Ländern und in Nordafrika insgesamt, negativ auf das zukünftige Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen auswirken und dadurch die soziale und wirtschaftliche Situation in diesen Ländern verschärfen könnte, falls nicht die erforderlichen politischen und wirtschaftlichen Beschlüsse gefasst werden, in der Erwägung, dass dies zusammen mit einem Mangel an demokratischen Grundsatzes interne Spannungen und Instabilität bewirken wird, wie die jüngsten Demonstrationen in Tunesien, Algerien, Ägypten und einigen anderen Ländern der arabischen Welt gezeigt haben, und einen Anstieg der Migrationsströme zur Folge haben wird, so dass damit die Aufnahmefähigkeit der Aufnahmeländer noch stärker beansprucht wird,

R.

in der Erwägung, dass die EU angesichts der derzeitigen demographischen Trends überdenken muss, wie weit sie in den kommenden Jahren ihre Grenzen gegenüber Migrationsströmen aus Ursprungs- und Transitländern öffnen möchte, um deren demographisches Wachstum und soziale Spannungen auszugleichen und ihnen so zu helfen, ihre innere Stabilität zu bewahren, und in welchem Umfang Investitionen seitens der EU in eine überarbeitete Strategie der wirtschaftlichen Entwicklung in diesen Ländern – einschließlich eines Programms für Investitionen und die Schaffung von Arbeitsplätzen – erforderlich sind,

S.

in der Erwägung, dass Maßnahmen ergriffen werden sollten, um den Anstieg von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in den Aufnahme- und Transitländern in Zukunft zu verhindern,

T.

in der Erwägung, dass die Migration in Richtung EU nur ein Teil eines wesentlich breiteren Problems der Migration von Süden nach Norden und zwischen den Ländern des Südens ist, und in der Erwägung, dass die geographische Nähe der Länder der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) zur EU und die gleichzeitig bestehenden deutlichen Unterschiede hinsichtlich des Standards der Einwanderungsgesetze einiger ENP-Staaten und der EU-Mitgliedsländer möglicherweise einen Wettbewerbsvorteil für diese Länder schaffen, deren Eigenschaft als Transitländer gestärkt und deren Attraktivität und Verantwortlichkeit als potenzielle Aufnahmeländer eingeschränkt wird,

U.

in der Erwägung, dass im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik die Kapazitäten der EU-Nachbarstaaten zur Migrationssteuerung aktiver unterstützt werden sollten,

V.

in der Erwägung, dass die jüngsten dramatischen Ereignisse in Ägypten und anderen Ländern Nordafrikas und des Nahen Ostens wahrscheinlich die Ströme legaler und illegaler Einwanderer nach Europa verstärken werden,

W.

in der Erwägung, dass Spannungen zwischen Herkunfts- und Transitländern sowie zwischen Aufnahme- und Transitländern hinsichtlich der Steuerung von Migrationsströmen angesichts des Fehlens einer einheitlicheren, besser koordinierten und wirksameren Migrationspolitik eine Quelle möglicher zukünftiger Konflikte und Streitigkeiten werden können, in der Erwägung jedoch, dass durch einen besser koordinierten, umfassenden Ansatz zur Steuerung der Migration die Achtung der Würde aller Migranten verbessert werden kann, die potenziell zur Deckung des Arbeitskräftebedarfs in Transit- und Bestimmungsländern beitragen und die Entwicklung in den Ursprungsländern fördern könnten; in der Erwägung, dass ein besser koordinierter und umfassenderer Ansatz zur Steuerung der Migration die uneingeschränkte Wahrung der Menschenrechte der Migranten, die sich möglicherweise in einer schwierigen Lage befinden, sicherstellen sollte,

X.

in der Erwägung, dass sich legale und transparente Geldüberweisungen in die Heimatländer positiv auf deren wirtschaftliche Entwicklung auswirken können und dass insbesondere dafür Sorge zu tragen ist, das Recht der Migranten zu wahren, ihre Familien zu unterstützen und in ihren Ländern zu investieren,

Y.

in der Erwägung, dass die Europäische Union eine wirksame und sinnvolle Migrationspolitik entwickeln sollte, die derjenigen in Kanada, Australien oder Neuseeland ähnelt, in der Erwägung, dass die Instabilität in den Nachbarregionen der EU die Entwicklung einer solchen Politik gefährdet,

Z.

in der Erwägung, dass die Außenpolitik der EU die EU-Maßnahmen zur Migration positiv ergänzen und unterstützen kann und dass sie sich mit allen Ursachen für die Instabilität in den Herkunftsländern befassen und einen aktiven Dialog mit den Transitländern über einheitliche Normen auf der Grundlage der Menschenrechte für die nationalen Einwanderungsgesetze führen muss, so dass gleiche Ausgangsbedingungen geschaffen werden und sowohl Ursprungs- als auch Transitländer dieselben Regeln anwenden und den Migranten dasselbe Schutzniveau bieten; in der Erwägung, dass das unterschiedliche Entwicklungsniveau der Transitländer Finanzhilfen der EU erforderlich macht, um es diesen Ländern zu ermöglichen, einen mit der EU vergleichbaren Standard zu erreichen,

AA.

in der Erwägung, dass die Vizepräsidentin/Hohe Vertreterin betont hat, wie wichtig ein umfassender Ansatz bei Themen der Sicherheit und Stabilität ist, in dessen Rahmen Entwicklungsstrategien und die Schaffung von Möglichkeiten für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung friedensstiftende und friedenserhaltende Maßnahmen ergänzen und unterstützen können, wodurch die Bedingungen für langfristige Stabilität und Sicherheit geschaffen werden,

AB.

in der Erwägung, dass sich mit der mit dem Vertrag von Lissabon eingeführten neuen Struktur der europäischen Außenpolitik und der Einrichtung des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) die Möglichkeit eröffnet, wertvolle Synergien zwischen Außen- und Verteidigungspolitik einerseits und der ENP sowie der Politik der Entwicklungszusammenarbeit andererseits als sich gegenseitig stärkende und miteinander verbundene Dimensionen und Strategien zu entwickeln; in der Erwägung, dass es mit der neuen Struktur auch der Kulturdiplomatie ermöglicht wird, in der EU-Außenpolitik eine wichtige Rolle zu spielen, und dass derartige Synergien bereits in der Entwicklungsphase von Programmen berücksichtigt werden sollten,

AC.

in der Erwägung, dass zwischen Migranten, Asylbewerbern und Flüchtlingen unterschieden werden muss,

1.

begrüßt die jüngsten Vorschläge der Kommission zur legalen Migration von Personen, die keine Asylsuchenden sind, und fordert sie mit Nachdruck auf, weitere Instrumente zu entwickeln, um eine gemeinsame Zuwanderungspolitik festzulegen und die wirtschaftliche Migration mit dem Ziel zu steuern, den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt in Aufnahme-, Transit- und Herkunftsländern zu fördern und den sozialen Zusammenhalt durch eine bessere Integration der Migranten zu verstärken; betont, dass geeignete Informationen über die Möglichkeiten der legalen Zuwanderung in die EU vermittelt werden müssen, um die illegale Migration zu verhindern, eine bessere Nutzung der EU-Regelungen für die legale Zuwanderung zu ermöglichen, die derzeitigen Perspektiven und Chancen innerhalb der EU klarzustellen und die falschen Versprechungen der Schleuser zu entlarven und so die Gewinne der organisierten Kriminalität und der Menschenhändler, die aus dem Umstand Profit schlagen, dass Menschen zur Migration gezwungen sind, zu beschneiden; fordert die Kommission auf, Schutzmaßnahmen für schutzbedürftige Gruppen und Personen (hauptsächlich Frauen und Kinder), die oftmals Opfer von Menschenhandel und sexueller Ausbeutung werden, zu fördern, und fordert sie nachdrücklich auf, in Drittstaaten Zentren einzurichten, die Informationen über Migrationsmöglichkeiten in die EU erteilen; fordert allerdings, ein ausgewogenes Verhältnis sicherzustellen zwischen der Förderung der legalen Migration in die EU und der Gewährleistung der Fähigkeit der EU, Migranten aufzunehmen und erfolgreich zu integrieren;

2.

weist darauf hin, dass eine gut gesteuerte legale Migration aufgrund der Mittel, die Einwanderer an ihre Herkunftsländer überweisen, auch vorteilhaft für Drittstaaten sein kann; betont außerdem, wie wichtig unterstützende Initiativen sind, die die Einbeziehung von Migranten in Entwicklungs- und Schulungsprojekte in ihren Herkunftsländern fördern;

3.

fordert, dass die Mitgliedstaaten mit Drittstaaten zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass Informationen über legale Migration leicht verfügbar sind und diese aktiv unterstützt wird;

4.

ist der Ansicht, dass die erzwungene Migration unter anderem ein Ergebnis scheiternder Volkswirtschaften, der Verarmung der Bevölkerung, von Menschenrechtsverletzungen, Umweltzerstörung, der zunehmenden Kluft zwischen reichen und armen Ländern, Bürgerkriegen, von Kriegen um die Kontrolle über natürliche Ressourcen und von politischer Verfolgung ist;

5.

unterstützt die Analyse der Vizepräsidentin/Hohe Vertreterin und ihre politischen Leitlinien, in denen sie hervorhebt, dass ein umfassender und kohärenter Ansatz auf der Grundlage von zielgerichteten Strategien in den Bereichen Entwicklung und Menschenrechte als zusätzliches wichtiges Instrument der EU-Außenpolitik zur Lösung von Problemen der Stabilität und Sicherheit und zur Verbesserung der Wirksamkeit friedensstiftender und friedenserhaltender Maßnahmen erforderlich ist; fordert in diesem Zusammenhang, dass die Kompetenzen von FRONTEX erweitert werden, damit es die Migrationsströme besser überwachen kann; vertritt die Auffassung, dass es im Kontext der neuen, mit dem Vertrag von Lissabon eingeführten Struktur der europäischen Außenpolitik und der Schaffung des EAD wichtig ist, einen weiteren interinstitutionellen Prozess des Dialogs und der Reflektion über die Grundlagen und Ziele eines derartigen umfassenden Ansatzes durchzuführen, insbesondere in Bezug auf eine gezielte Programmplanung und Partnerschaften mit Empfängerländern, die zu einem nachhaltigen Prozess der Demokratisierung, guter Regierungsführung, der Einhaltung der Menschenrechte und Wirtschaftswachstum führen und so Sicherheit und Stabilität stärken können;

6.

fordert die Kommission mit Nachdruck auf, ein ständiges Überwachungssystem für alle Tätigkeiten von FRONTEX zu entwickeln, die sich auf die Steuerung von Migrationsströmen beziehen; ist der Auffassung, dass die bei FRONTEX-Einsätzen wichtige Menschenrechtsdimension klar und deutlich in den gesamten Text der geänderten FRONTEX-Verordnung eingearbeitet werden muss, insbesondere das Recht jedes Menschen, sein Land zu verlassen, das Zurückweisungsverbot und das Recht, einen Asylantrag zu stellen; begrüßt die erfolgreiche Tätigkeit von FRONTEX und die Zusammenarbeit der Agentur mit den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und begrüßt gleichermaßen die Einrichtung des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen; ist der Auffassung, dass die Tätigkeit und die Einsätze von FRONTEX und des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen einen stabilen und ständigen Charakter haben müssen, damit besonders schwer betroffene Mitgliedstaaten die erforderliche Unterstützung erhalten können; betont, dass die Solidarität unter allen EU-Mitgliedstaaten und insbesondere unter den am stärksten betroffenen Mitgliedstaaten mit Blick auf eine möglichst effiziente Koordinierung der Politik und Lastenteilung verstärkt werden muss;

7.

stellt fest, dass vor dem Hintergrund eines immer stärker werdenden Multilateralismus mit mehreren erstrangigen internationalen Akteuren und Geberländern, wie der EU, den USA, Japan, China und möglicherweise langfristig gesehen auch einzelnen BRIC-Ländern, wie Brasilien und Indien, Stabilität und Sicherheit ein gemeinsames Ziel und eine wesentliche Bedingung für ein weltweites Wirtschaftswachstum sind; betont zudem, dass die Herausforderungen in den Bereichen Stabilität und Sicherheit nicht nur bedeutende Ressourcen erfordern – und dies in einer Zeit verschärfter Haushaltszwänge –, sondern auch größenbedingte Kosteneinsparungen und koordinierte Bemühungen; ist der Auffassung, dass die Aufnahme eines aktiven Dialogs zwischen der EU, den USA, Japan und China sowie internationalen Finanzinstitutionen über koordinierte geographisch und thematisch ausgerichtete Strategien in den Bereichen Sicherheit, Stabilität und Hilfe erwogen werden sollte, der es möglich machen würde, gemeinsam stärkeren Druck auszuüben, Ressourcen ausgewogener, gezielter und effizienter einzusetzen und gleichzeitig eine gerechte Lastenteilung sicherzustellen; ist, auch im Hinblick auf den jüngsten Überblick über die Auslandshilfe des Weißen Hauses, in der hervorgehoben wurde, wie wichtig die Koordinierung der Hilfe mit anderen großen Gebern ist, der Auffassung, dass ein wichtiger erster Schritt in einem derartigen Prozess des Überdenkens ein Gipfeltreffen EU-USA zum Thema einer verbesserten Zusammenarbeit auf dem Gebiet der humanitären Hilfe und der Entwicklungshilfe sein könnte, um unter einem transatlantischen Blickwinkel gemeinsame Interessenbereiche und die Grundlagen für eine Koordinierung der Maßnahmen auszumachen;

8.

fordert die Kommission mit Nachdruck auf, dafür zu sorgen, dass jedes von der EU und ihren Mitgliedstaaten unterzeichnete Rückübernahmeabkommen die Menschenrechte und den Grundsatz der Nichtzurückweisung uneingeschränkt wahrt und nicht Personen gefährdet, die internationalen Schutzes bedürfen;

9.

weist darauf hin, dass es von erheblichem Vorteil ist, Flüchtlingen in Nachbarstaaten Schutz zu gewähren, und fordert die EU auf, diesem Vorhaben Vorrang einzuräumen;

10.

äußert seine Besorgnis darüber, dass es derzeit weltweit etwa 38 instabile Staaten (Failed States Index 2010 des Fund for Peace) mit 1 Milliarde (Weltbank) betroffenen Menschen gibt, die aufgrund der Instabilität ihrer Staaten Schwierigkeiten ausgesetzt sind, und stellt fest, dass instabile Staaten höchst anfällig für interne und externe politische wie wirtschaftliche Erschütterungen sind und dass die Instabilität des Staates zum Migrationsprozess beiträgt;

11.

ist der Auffassung, dass die Unterstützung von politisch und wirtschaftlich instabilen Staaten, von denen wahrscheinlich sowohl illegale Migration als auch Spannungen in den Bereichen Sicherheit und Stabilität ausgehen, neben Schuldenerlassen und Hilfszahlungen sowie Strategien zur Herstellung oder Festigung von Stabilität stets direkte Investitionen und Strategien für den Zugang zum EU-Markt, die ländliche Entwicklung und Ernährungssicherheit, Förderung im Rahmen der Millenniums-Entwicklungsziele, Maßnahmen zur Schaffung von Arbeitsplätzen, den Ausbau der Infrastrukturen, Unterstützung für KMU, Einrichtungen zur Vergabe von Mikrokrediten sowie Strategien zur Förderung von Demokratisierung und guter Regierungsführung, sozialer Integration, der Selbstbestimmung von Frauen, Minderheiten oder benachteiligten Bevölkerungsgruppen und ethnischer und religiöser Toleranz beinhalten sollten, um so die Aussichten und Wahlmöglichkeiten in den Heimatorten der potenziellen Migranten zu verbessern; ist der festen Auffassung, dass derartige Strategien auf aktiven Partnerschaften beruhen müssen, deren Grundlagen sowohl die Eigenverantwortlichkeit und eine Stärkung der Gestaltungs- und Entscheidungsmacht der Empfängerländer als auch mit den Geberländern gemeinsam erstellte Ziele, klare Zeitpläne und Bedingungen für deren Einhaltung sowie Bewertungskriterien und strenge Standards der Verantwortlichkeit sein müssen; verweist darauf, dass die in diesem Rahmen finanzierten Programme als grundlegendes Kriterium einen Mehrwert sowohl auf regionaler als auch auf lokaler Ebene beinhalten müssen, so dass gewährleistet ist, dass sie wesentlich zum Wachstum der Volkswirtschaften vor Ort beitragen;

12.

betont, dass bei der Erforschung und Analyse der künftigen Migrationstrends und Migrationsformen, wie z. B. die kurzfristige Migration, die zirkuläre Migration und die saisonale Migration, mögliche Auslöser von Migration, wie etwa politische und wirtschaftliche Krisen oder der Klimawandel in den Ursprungsländern, berücksichtigt werden sollten;

13.

fordert die Europäische Union und die Mitgliedstaaten auf, auf nationaler und internationaler Ebene darauf hinzuwirken, dass die Herkunftsländer Maßnahmen und Strategien erarbeiten und umsetzen, die es ihnen gestatten, sich in sozialer, wirtschaftlicher und demokratischer Hinsicht weiterzuentwickeln, so dass ihre Staatsangehörigen nicht zur Migration gezwungen werden;

14.

fordert die Kommission und den EAD auf, weitere Anstrengungen hinsichtlich der Entwicklung und Demokratisierung der Herkunftsländer zu unternehmen und die Rechtsstaatlichkeit zu fördern, um so die Probleme, die mit der Migration einhergehen, an der Wurzel zu bekämpfen;

15.

ermutigt zur Einrichtung von Zentren für Information und Migrationssteuerung außerhalb der EU, um Herkunfts- oder Transitdrittstaaten dabei zu unterstützen, eine Migrationspolitik zu entwickeln, die den Anliegen potenzieller Migranten und zurückkehrender Migranten Rechnung trägt, Orientierungshilfen für die legale Zuwanderung sowie in Bezug auf Beschäftigungsmöglichkeiten und die Lebensbedingungen in den Zielländern anzubieten, die berufliche Ausbildung potenzieller Migranten zu unterstützen und dabei auf den Erfahrungen mit dem Pilotprojekt CIGEM (Zentrum für Information und Migrationssteuerung) in Bamako (Mali) aufzubauen; fordert die Kommission auf, dem einschlägigen Ausschuss des Europäischen Parlaments regelmäßige Berichte über neue Initiativen für die Einrichtung solcher Zentren vorzulegen;

16.

erinnert daran, dass es in seiner Entschließung vom 21. September 2010 zum Thema „Verringerung der Armut und Schaffung von Arbeitsplätzen in Entwicklungsländern: Der Weg in die Zukunft“ betont hat, dass die EU nicht zögern sollte, Sanktionen zu verhängen, wenn Staaten ihren ordnungspolitischen und menschenrechtlichen Verpflichtungen gemäß den Handelsübereinkommen nicht nachkommen, und die EU-Behörden aufgefordert hat, genau auf die Einhaltung des Grundsatzes der Konditionalität, wie im Abkommen von Cotonou vorgesehen, zu achten, sowie betont hat, dass auch Unterstützungsmaßnahmen im Rahmen des Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) und des Finanzierungsinstruments für die Entwicklungszusammenarbeit (CDI) denselben Kriterien der Konditionalität genügen müssen; hebt hervor, dass ähnliche Kriterien der Konditionalität auch für andere Unterstützungsleistungen der EU neben Entwicklungshilfe und humanitärer Hilfe, einschließlich makrofinanzieller Hilfen, die über IWF-Darlehen bereitgestellt werden, sowie aller Darlehen im Rahmen von EIB- und EBRD-Programmen, gelten sollen und dass derartige Unterstützungsleistungen auf Partnerschaft, gemeinsamen Zielen und Werten sowie Verbundenheit gründen sollen und sowohl die Erwartungen des Gebers als auch die des Empfängers erfüllen können sollen; unterstreicht ferner, dass aktive Unterstützung der EU für die Empfängerländer wirksam und ergebnisorientiert sein sollte und dass die Grundwerte der EU geachtet werden sollten; fordert die Vizepräsidentin/Hohe Vertreterin und die Kommission auf, bei der Strukturierung der EU-Finanzhilfen und in den bilateralen Beziehungen zu den Staaten, die die Empfänger dieser Hilfe sind, das Ziel der Verbundenheit mit der EU und ihren zentralen Werten zu verfolgen; ist der Auffassung, dass auf EU-Ebene ein Denkprozess über Grundlagen und Umfang der Anwendung des Kriteriums der Konditionalität für EU-Finanzhilfe angestoßen werden sollte;

17.

begrüßt die Aufnahme von Menschenrechtsklauseln in allen bilateralen Handelsabkommen der EU und unterstützt bei Handelsabkommen mit Entwicklungsländern die Einführung des Grundsatzes der Konditionalität über das allgemeine Präferenzsystem; weist darauf hin, dass dieser Grundsatz der Konditionalität nicht immer angewandt wird, weil die Kommission damit zögert, Sanktionen gegen Entwicklungsländer zu verhängen, die ihre Verpflichtungen in Bezug auf die Achtung der Menschenrechte, gute Regierungsführung und Demokratisierung nicht einhalten; fordert die Kommission mit Nachdruck auf, Sanktionen in Betracht zu ziehen, wenn dies erforderlich sein sollte, jedoch auch vor der Verhängung die Folgen solcher Sanktionen für die Bevölkerung der Empfängerländer genau zu prüfen;

18.

vertritt die Auffassung, dass auf die Transitländer ähnliche Maßnahmen wie auf die Herkunftsländer angewandt werden sollten, z. B. in Bezug auf Strategien zur Verringerung der Armut, direkte Investitionen, Marktzugang und einen Schwerpunkt auf Beschäftigungsprogrammen, mit denen eine wirksame und langfristige soziale Integration gesichert, der Binnenarbeitsmarkt stabilisiert und die Möglichkeiten der Transitländer langfristig verbessert werden können;

19.

ist der Ansicht, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten bei der Steuerung der illegalen Migration die Rechte von Asylbewerbern uneingeschränkt achten und von Maßnahmen absehen müssen, die potenzielle Flüchtlinge davon abhalten, um Schutz nachzusuchen;

20.

fordert die Kommission auf, einen Mechanismus zur Aufteilung der Verantwortlichkeiten für die Aufnahme von Asylbewerbern und die Prüfung der Asylanträge sowie die Bekämpfung der illegalen Einwanderung zu entwickeln, da es sich hierbei um zwei Bereiche handelt, in denen bestimmte Mitgliedstaaten aufgrund ihrer geografischen Lage oder ihrer demografischen Probleme unverhältnismäßig stark belastet sind;

21.

fordert die Kommission eindringlich auf, ein Überwachungssystem einzurichten, um die Achtung der Rechte von Flüchtlingen und Asylsuchenden bei der Durchführung von Einreisekontrollen (und Kontrollen im Vorfeld der Einreise) im Rahmen des Schengener Grenzkodexes zu überprüfen, damit mögliche Mängel unverzüglich festgestellt werden können;

22.

betont die wichtige Rolle der EU-Wahlbeobachtermissionen als wichtiger Schritt bei jedem Prozess hin zu Demokratie und guter Regierungsführung und ist der Auffassung, dass diese Missionen Teil eines umfassenderen Unterstützungsrahmens für einen langfristigen Demokratisierungsprozess darstellen sollen; fordert die Vizepräsidentin/Hohe Vertreterin mit Nachdruck auf, Überwachungsverfahren und -missionen zu intensivieren, um zu überprüfen, ob die Empfehlungen der Wahlbeobachtungsmissionen der EU umgesetzt werden, und betont in diesem Zusammenhang, dass es äußerst wichtig ist, eine angemessene Überwachung der Umsetzung dieser Empfehlungen sicherzustellen; hebt hervor, wie wichtig Mediation und Strategien zur Vermeidung und Lösung von Konflikten sowie zum Aufbau von Institutionen und Kapazitäten für regionale Organisationen wie die Afrikanische Union (AU) sind, die eine wichtige Rolle bei friedensstiftenden und friedenserhaltenden Maßnahmen spielt; ist der Meinung, dass die Unterstützung für die AU auch den Ausbau ihrer Grenzschutzkapazitäten und Hilfe für alle Migranten, die sich in einer bedrohlichen Lage befinden, beinhalten sollte; vertritt die Auffassung, dass eine wirksame Stärkung regionaler Organisationen, wie z. B. die AU, die Union für den Mittelmeerraum und die östliche Partnerschaft, in ihrer Rolle als Multiplikatoren für Frieden und Stabilität in ihrer Region die Integration auf regionaler Ebene und die Entstehung von grenzüberschreitenden Wirtschaftszonen fördern wird;

23.

weist darauf hin, dass bei der Umsetzung des Gesamtansatzes zur Migrationsfrage, mit dem umfassende Partnerschaften mit Ursprungs- und Transitländern unterstützt und Synergien zwischen Migration und Entwicklung gefördert werden sollen, Fortschritte erzielt wurden; betont, dass die Nutzung der wichtigsten Instrumente des Gesamtansatzes zur Migrationsfrage (Mobilitätspartnerschaften, Migrationsmissionen, Migrationsprofile, Kooperationsplattformen) weiter verbessert werden muss; betont, dass es weiterhin notwendig ist, die Ziele der Migrationspolitik in den Mittelpunkt des politischen Dialogs mit Ursprungs- und Transitländern zu rücken und in diesem Zusammenhang die Kohärenz der Maßnahmen insbesondere mit der Entwicklungspolitik, zu verbessern; ist der Ansicht, dass die verschiedenen Dialogprozesse rationeller gestaltet und die Synergien zwischen Migration und Entwicklung verstärkt werden sollten; ist der Auffassung, dass zusätzliche Anstrengungen unternommen werden sollten, um Entwicklungsprojekte in Ursprungs- und Transitländern zu fördern, mit denen der dortige Lebensstandard erhöht und ihre ordnungspolitischen und institutionellen Kapazitäten sowie ihre Infrastrukturen ausgebaut werden, damit die Migrationsströme effizient gesteuert werden können, und dass gleichzeitig die Achtung der internationalen Schutznormen und die Anwendung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung gewährleistet werden müssen;

24.

betont die wichtige Rolle des Globalen Forums für Migration und Entwicklung, das einen strukturierten Rahmen für die Förderung eines verstärkten Dialogs und einer intensiveren Zusammenarbeit zwischen Regierungs- und Nichtregierungsakteuren, einschließlich der Zivilgesellschaft, bietet;

25.

bedauert, dass unter den gegenwärtigen Umständen die Aussetzung des Übereinkommens zur Zusammenarbeit zwischen der EU und Libyen der einzige gangbare Weg gewesen ist, und vertritt die Auffassung, dass dessen Aussetzung beendet werden sollte, sobald es eine neue Übergangsregierung gibt, die bereit ist, für die Umsetzung eines derartigen Übereinkommens auf der Grundlage von Demokratie und der Achtung der Menschenrechte einzutreten, so dass finanzielle Unterstützung gewährt werden kann, um in afrikanischen Staaten die Schaffung realistischer Alternativen zur Migration zu fördern und in Libyen die Entwicklung eines wirksameren Systems der Steuerung von Arbeitsmigration durch eine Verbesserung der Kompetenzen der sich bereits in diesem Land aufhaltenden Migranten und eine Stärkung der Kapazitäten Libyens, Migranten insbesondere aus den im Süden angrenzenden Ländern anzuziehen und sozial sowie wirtschaftlich zu integrieren, zu fördern; betont in diesem Zusammenhang, dass die EU ihren Einfluss geltend machen muss, um Libyen davon zu überzeugen, die Rückkehr der Vertreter des UNHCR in das Land zu ermöglichen; ist der Auffassung, dass auch mit anderen Ländern, die sich in geographischer Nähe zur EU befinden, Übereinkommen über einen Aktionsplan für die Zusammenarbeit im Bereich Migration abgeschlossen werden sollten, um benachbarte instabile Staaten gemäß internationalen Übereinkommen gemeinsam unterstützen zu können;

26.

stellt im Hinblick auf die gegenwärtige humanitäre Krise in Nordafrika fest, dass FRONTEX nicht das vorrangige Instrument sein kann, mit dem der durch diese Krise verursachte Strom von Migranten aus dieser Region gesteuert wird, und fordert die EU auf, eine schnelle und koordinierte Reaktion als Teil einer kohärenten langfristigen Strategie zum Umgang mit politischen Umwälzungen und instabilen Staaten zu konzipieren und so die Ursachen von Migrationsströmen zu bekämpfen; fordert den Rat mit Nachdruck auf, einen Aktionsplan mit dem Ziel der Lastenteilung zur Rückführung der Flüchtlinge aus der Region auf der Grundlage der Solidaritätsklausel gemäß Artikel 80 des AEUV aufzulegen und Vertriebene gemäß der Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten zu unterstützen; fordert den Rat nachdrücklich auf, die Verabschiedung des Gemeinsamen Asylsystems der EU voranzutreiben und die Mitentscheidungsverfahren hinsichtlich der Einrichtung des gemeinsamen Neuansiedlungsprogramms der EU und des Europäischen Flüchtlingsfonds für den Zeitraum 2008-2013 voranzutreiben, wie im Mai 2010 vom Parlament empfohlen; weist darauf hin, dass die Mitgliedstaaten den Grundsatz der Nichtzurückweisung anwenden müssen;

27.

hebt hervor, was für eine wesentliche Rolle das Europäische Parlament bei der Förderung von Freiheit und Demokratie in unseren Nachbarländern spielt; ist in diesem Zusammenhang der Auffassung, dass das Europäische Parlament den Demokratisierungsprozess im südlichen Mittelmeerraum eng überwachen sollte und schlägt daher vor, einen regelmäßigen strukturierten Ad-hoc-Dialog mit der Vizepräsidentin/Hohen Vertreterin einzurichten, um die Entwicklung in dieser Region zu bewerten und auf diese Weise kurz- und langfristige Ziele und die zu ihrer Erreichung erforderlichen Unterstützungsmaßnahmen zu benennen;

28.

betont mit Nachdruck, dass den Dialogen über Menschenrechte und Demokratie in der neu gestalteten Europäischen Nachbarschaftspolitik gebührende Aufmerksamkeit beigemessen werden muss; ist der Ansicht, dass die pro-demokratischen Bewegungen und Demonstrationen und ihre brutale Unterdrückung durch die Regierungsstellen in Ländern wie Tunesien und Ägypten zeigen, dass die Dialoge über Demokratie und Menschenrechte im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik nicht erfolgreich waren;

29.

begrüßt den Abschluss der Verhandlungen über ein Rückübernahmeabkommen zwischen der EU und der Türkei und fordert, dass alle notwendigen Phasen erfolgreich abgeschlossen werden, um sicherzustellen, dass das Abkommen von allen Parteien möglichst umfassend und zeitnah umgesetzt wird;

30.

fordert die Kommission auf, die Zusammenarbeit mit den Transit- und Herkunftsländern illegaler Einwanderer im Rahmen von bereits bestehenden und künftigen Abkommen der EU sowie von bilateralen Abkommen zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern zu verstärken, um die illegale Einwanderung zu beschränken und die legale Einwanderung zu fördern, die den Migranten sowie den Einwohnern der Mitgliedstaaten und der Herkunftsländer Vorteile bringt;

31.

ist der Ansicht, dass die Harmonisierung migrationsbezogener Statistiken in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten von wesentlicher Bedeutung für die wirksame Planung, Annahme, Umsetzung und Bewertung der Migrationspolitik ist; hebt die Bedeutung des Europäischen Migrationsnetzes (EMN) hervor, welches diesbezüglich einen beträchtlichen Beitrag leisten könnte;

32.

betont, dass kohärente, umfassende und vergleichbare statistische Daten über Migranten dringend erforderlich sind, weil die ständigen Veränderungen in dieser Bevölkerungsgruppe und die Art der derzeitigen Migrationsströme eine echte Herausforderung für die politischen Entscheidungsträger darstellen, denen zuverlässige Daten und Informationen vorliegen müssen, auf die sie ihre Entscheidungen stützen können;

33.

fordert die Kommission auf, als Teil ihrer laufenden Überprüfung der ENP gezielt Mittel für die Entwicklung eines überarbeiteten, stark wirtschaftlich ausgerichteten Aktionsplans in den ENP-Ländern einschließlich einer Agenda Beschäftigung bereitzustellen; ist der Meinung, dass ein Zeitplan zur Anpassung der nationalen Einwanderungsgesetze der ENP-Länder an EU-Normen unter Berücksichtigung einschlägiger Menschenrechtsstandards wie Asylrecht, eines Schutzsystems für illegale Migranten und gleicher Rechte für alle Migranten, mit den ENP-Ländern erörtert werden soll; spricht sich für den Abschluss von weiteren Mobilitätspartnerschaften mit ENP-Ländern neben den bestehenden Partnerschaften mit der Republik Moldau und Georgien aus;

34.

fordert die Konzipierung einer umfassenden Migrationspolitik, die mit allen Entwicklungsstrategien und -instrumenten verknüpft ist und sich auf ein hohes Maß an politischer und operativer Solidarität, gegenseitigem Vertrauen, Transparenz, Partnerschaft, gemeinsamer Verantwortung und gemeinsamen Anstrengungen auf der Grundlage von gemeinsamen Prinzipien und konkreten Maßnahmen sowie auf die im Vertrag von Lissabon verankerten Werte stützt;

35.

fordert die Kommission auf, einen umfassenden Ansatz zur legalen Migration zu entwickeln, bei dem der Arbeitskräftebedarf auf dem europäischen Arbeitsmarkt und die Kapazitäten der einzelnen Mitgliedstaaten für die Aufnahme und Integration von Migranten berücksichtigt werden; ist der Ansicht, dass eine gemeinsame EU-Politik im Bereich der legalen Migration sowohl der europäischen Wirtschaft als auch der Wirtschaft in den Ursprungsländern Impulse verleihen kann;

36.

ist der Auffassung, dass Abkommen mit Drittstaaten, die mehrere Mitgliedstaaten betreffen, auf europäischer Ebene unter uneingeschränkter Einhaltung von Artikel 218 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union abgeschlossen werden sollten;

37.

fordert die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten der EU auf, die Geberhilfe effizienter zu koordinieren, damit ein umfassenderer und nachhaltigerer Ansatz bei der Steuerung der Migrationsströme gewährleistet wird;

38.

fordert mit Nachdruck, die Entwicklungshilfe von der Steuerung der Migrationsströme zu trennen und Entwicklungshilfe nicht von Rückwanderung abhängig zu machen; betont, dass die Entwicklungshilfe der EU darauf abzielen sollte, die Ursachen der Migration wie Armut, Klimawandel und Hunger zu beseitigen;

39.

betont den zusätzlichen Nutzen, der durch die Union für den Mittelmeerraum und die Initiative für die östliche Partnerschaft bei der Behandlung des Themas Migration und ihre Folgen erzielt werden kann; fordert die Vizepräsidentin/Hohe Vertreterin und die Mitgliedstaaten auf, die Bemühungen um eine in vollem Umfang funktionsfähige Union für den Mittelmeerraum zu verstärken; ist der Ansicht, dass das Thema Migrationsströme im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik und der Initiative für die östliche Partnerschaft vorrangig behandelt werden sollte;

40.

fordert die Europäische Union auf, Maßnahmen zur Anpassung des Instruments für Entwicklungszusammenarbeit, des Europäischen Entwicklungsfonds und des Instruments für humanitäre Hilfe in Betracht zu ziehen, um die positiven Auswirkungen der Migration auf die Förderung der menschlichen Entwicklung und der Demokratie in instabilen Staaten zu verstärken;

41.

fordert weitere Anstrengungen, um die Maßnahmen zur Entwicklungsförderung im Rahmen der EU-Migrationspolitik kohärenter zu gestalten, und tritt dafür ein, die öffentliche Entwicklungshilfe nicht für Maßnahmen heranzuziehen, die darauf abzielen, von Migration abzuschrecken und sie einzudämmen, wenn dabei die Menschenrechte der Migranten verletzt werden; ist der Ansicht, dass die öffentliche Entwicklungshilfe jedoch zur Förderung einer wirksamen Entwicklung eingesetzt werden sollte, wodurch die aufgrund von Armut, politischer Instabilität und politischer Unterdrückung verursachte Migration verringert würde;

42.

begrüßt die zum Abschluss des dritten Gipfeltreffens Afrika-EU veröffentlichte Erklärung von Tripolis, in der die Notwendigkeit gemeinsamer Anstrengungen bekräftigt und mit denen die Gegebenheiten und Herausforderungen der Migration und ihre Verbindungen zur Entwicklung bewältigt werden können;

43.

fordert effektivere Partnerschaften mit Institutionen, die die regionale und wirtschaftliche Integration fördern und die auch zu nachhaltigen, langfristigen Lösungen für die Umstände der Süd-Süd-Migration beitragen können;

44.

betont, dass die Kommission die klimabedingte Süd-Süd-Migration stärker untersuchen sollte, einschließlich der Zahl der betroffenen Menschen, der gefährdeten Regionen, der Migrationsbewegungen und der Kapazitäten von Aufnahmeländern; fordert auch, dass die Forschungskapazitäten von Entwicklungsländern gefördert werden;

45.

betont, dass es wichtig ist, die Migration in die nationalen Entwicklungsstrategien der Partnerländer zu integrieren, um die Armut zu lindern und die Millenniums-Entwicklungsziele zu verwirklichen;

46.

begrüßt die Schaffung der AKP-Beobachtungsstelle für Migrationsfragen als ein nützliches Instrument, um den politischen Entscheidungsträgern in den AKP-Staaten Daten und Instrumente bereitzustellen, damit sie ihre nationalen Migrationsstrategien verbessern können, sowie den Vorschlag für die Einrichtung einer Beobachtungsstelle für Migration, die unter der Aufsicht und Koordinierung der Stiftung Europa/Lateinamerika und Karibik für die ständige und genaue Überwachung aller Fragen im Zusammenhang mit Migrationsströmen in Lateinamerika zuständig wäre;

47.

empfiehlt, die finanziellen Mittel für die Stärkung des Zusammenhangs zwischen Migration und Entwicklung effizienter zuzuweisen; erkennt die Notwendigkeit an, die Regelungen für die zusätzliche und rechtzeitige Mobilisierung der verschiedenen Finanzierungsinstrumente der EU für ihr auswärtiges Handeln zu verbessern;

48.

betont, dass die Strategien zur Verknüpfung von Nothilfe, Wiederaufbau und Entwicklung verstärkt werden müssen, um nachhaltige Lösungen für Vertriebene und Flüchtlinge zu gewährleisten; erkennt die Bedeutung koordinierter humanitärer Maßnahmen als Vorstufe einer tragfähigen Entwicklungspolitik für Staaten, in denen gerade ein Konflikt beendet wurde, an;

49.

fordert die Vizepräsidentin/Hohe Vertreterin auf, in Know-how zu investieren und ein klares Mandat für das Personal sowohl an den Hauptsitzen als auch in den Delegationen aufzustellen, um eine bessere Abstimmung zwischen dem themenbezogenen Programm zu Migration und Asyl und den geografischen Programmen des Instruments für Entwicklungszusammenarbeit zu erzielen;

50.

fordert die Klärung der jeweiligen Aufgaben des Europäischen Auswärtigen Dienstes und der GD DEVCO und eine Abstimmung zwischen ihnen; fordert die GD DEVCO eindringlich auf, in der Phase der Programmplanung für die Migrationspolitik die Führungsrolle zu übernehmen;

51.

betont, dass es wichtig ist, aus den Erfahrungen mit dem themenbezogenen Programm zu Migration und Asyl hinsichtlich des politischen Dialogs auf Länderebene zu lernen, um eine kohärentere und wirksamere Planung im Zusammenhang mit den Länderstrategiepapieren und den regionalen Strategiepapieren zu gewährleisten;

52.

fordert eindringlich, größere Anstrengungen zu unternehmen, um die negativen Auswirkungen der Abwanderung der besten Köpfe und des Exodus von Fachkräften zu verringern, von der insbesondere Schlüsselbereiche wie das Gesundheits- und das Bildungswesen betroffen sind; betont, dass es wichtig ist, die Zuwanderung von Fachkräften, Programme zur Unterstützung der Rückkehr und zirkuläre Migration zu fördern, Einstellungspraktiken zu regeln und den Aufbau von Kapazitäten durch Maßnahmen wie die Entwicklung der Berufsbildung zu unterstützen; fordert die Kommission auf zu untersuchen, ob Konzepte für die zirkuläre Migration ein nützliches Instrument sind und welche Arten von Zirkularität (einmalige/rekursive; kurz-/langfristige; spontane/gelenkte) die besten Ergebnisse für die Industrieländer und die Entwicklungsländer hervorbringen könnten;

53.

fordert die Kommission auf, bei der Erstellung der neuen außenpolitischen Instrumente für den Zeitraum nach 2013 sicherzustellen, dass die vorgeschlagene Struktur Synergien und gegenseitige Stärkungen zwischen der Säule Entwicklung und der Säule Sicherheit und Stabilität ermöglicht und dass sie die schnelle Zahlung von Geldern für Nothilfe und Wiederherstellung, eine schnelle Reaktion zur Unterstützung und Betreuung von Migranten, die sich in einer bedrohlichen Lage befinden, vor allem von solchen, die sich in einer besonders schwierigen Lage befinden, wie z. B. Frauen und unbegleiteten Minderjährigen, gezielte Programme zur aktiven Hilfeleistung für möglicherweise bedrohte religiöse und ethnische Minderheiten sowie LGBTT Minderheiten, Aufnahme in die EU von Menschenrechtsaktivisten, die sich in einer bedrohlichen Lage befinden, sowie Unterstützungsmaßnahmen zur Linderung der Folgen des Klimawandels, der Entwaldung, der Wüstenbildung und des Verlustes der biologischen Vielfalt und zur Bewahrung des wirtschaftlichen und sozialen Umfelds der betroffenen Gemeinschaften ermöglicht;

54.

fordert, dass Maßnahmen entwickelt werden, die die spezifische Lage von schutzbedürftigen Gruppen wie Frauen, Kindern und Menschen mit Behinderungen berücksichtigen, und dass entsprechende Infrastrukturen wie Krankenhäuser und Schulen eingerichtet und mit Lehrmaterial ausgestattet werden sowie die erforderliche soziale, psychologische und administrative Unterstützung bereitgestellt wird;

55.

weist auf die wichtige Rolle hin, die Behandlungszentren für Folteropfer bei der erfolgreichen Integration von Migranten, auch von Flüchtlingen und Asylsuchenden, in die EU übernommen haben; nimmt besorgt den Beschluss zur Kenntnis, die Finanzierung dieser Zentren in der EU im Rahmen des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) allmählich auslaufen zu lassen; fordert die Kommission auf zu gewährleisten, dass die Finanzierung dieser Zentren uneingeschränkt fortgesetzt und nicht nur den Mitgliedstaaten überlassen wird;

56.

fordert die Kommission auf, die externe Bewertung der regionalen Schutzprogramme zu veröffentlichen und eine Debatte über die mögliche Fortführung der regionalen Schutzprogramme einzuleiten;

57.

ist der Ansicht, dass es im Hinblick auf die GASP/GSVP-Missionen wichtig wäre, wie auch die Vizepräsidentin/Hohe Vertreterin betont hat, die Sicherheits- und Stabilitätsstrategien mit Ad-hoc-Maßnahmen zur Unterstützung der Entwicklungshilfe und Menschenrechtsstrategien zu ergänzen, damit langfristig die Ursachen für Unsicherheit und Instabilität beseitigt werden; betont in diesem Zusammenhang, dass für einen solchen umfassenden Ansatz nicht nur eine bessere Koordinierung durch den EAD erforderlich ist, sondern auch zusätzliche Ad-hoc-Haushaltsmittel für solche Unterstützungsstrategien benötigt werden;

58.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Präsidenten des Europäischen Rates, dem Vorsitz des Rats der Europäischen Union, dem Präsidenten der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für die Außen- und Sicherheitspolitik, der Europäischen Investitionsbank, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten der EU, den Regierungen und Parlamenten der Bewerberländer, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten von EURONEST und EUROMED, dem Außenministerium der USA, der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, der Weltbank, dem IWF, der Afrikanischen Union, dem Panafrikanischen Parlament, der Internationalen Organisation für Migration und dem UNHCR zu übermitteln.


(1)  ABl. L 310 vom 9.11.2006, S. 1.

(2)  ABl. L 327 vom 24.11.2006, S. 1.

(3)  ABl. L 386 vom 29.12.2006, S. 1.

(4)  ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 41.

(5)  ABl. L 163 vom 2.7.1996, S. 1.

(6)  ABl. L 317 vom 15.12.2000, S. 3.

(7)  ABl. L 201 vom 3.8.2010, S. 30.

(8)  Angenommene Texte, P7_TA(2011)0020.

(9)  ABl. L 155 vom 18.6.2009, S. 17.

(10)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0327.

(11)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0496.


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/13


Dienstag, 5. April 2011
Rolle der Frauen in der Landwirtschaft und im ländlichen Raum

P7_TA(2011)0122

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. April 2011 zur Rolle der Frauen in der Landwirtschaft und im ländlichen Raum (2010/2054(INI))

2012/C 296 E/02

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere die Artikel 2 und 3, und den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere die Artikel 8, 153 und 157,

unter Hinweis auf den Beschluss 2006/144/EG des Rates vom 20. Februar 2006 über strategische Leitlinien der Gemeinschaft für die Entwicklung des ländlichen Raums (Programmplanungszeitraum 2007 bis 2013) (1),

unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates vom 20. September 2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. März 2008 zur Lage der Frauen in den ländlichen Gebieten der EU (3),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Seminars „Frauen in der nachhaltigen Entwicklung des ländlichen Raums“, das vom 27. bis 29. April 2010 in Cáceres auf Einladung des spanischen EU-Vorsitzes stattfand (4),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2010/41/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2010 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, und zur Aufhebung der Richtlinie 86/613/EWG des Rates (5),

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (A7-0016/2011),

Multifunktionale ländliche Gebiete

A.

in der Erwägung, dass die nachhaltige Entwicklung der Wirtschaft im ländlichen Raum und die nachhaltige und dauerhafte Existenz von Betrieben in Europa Prioritäten sind und dass die besonderen Potenziale der weniger dicht besiedelten agrarisch geprägten Gebiete so genutzt und erschlossen werden sollten, dass sie für die Ortsansässigen lebenswert bleiben und so für den Fortbestand der Besiedlung dieser Gebiete Sorge getragen wird,

B.

in der Erwägung, dass je nach den jeweiligen Rahmenbedingungen wirtschaftlich und kulturell eigenständige Gebiete mit funktionierenden regionalen Kreisläufen stabiler sind, wenn es darum geht, auf globale Veränderungen zu reagieren,

C.

in der Erwägung, dass eine leistungsfähige, multifunktionale Landwirtschaft in vielen Gebieten das Fundament schlechthin für verschiedenste Strategien für eine nachhaltige Entwicklung und für wesentlich breiter angelegtes unternehmerisches Handeln ist und dass dieses Potenzial im Rahmen einer stärkeren Diversifizierung der Wirtschaftstätigkeit noch nicht in allen Bereichen erschöpfend genutzt wird,

D.

in der Erwägung, dass die ländlichen Gebiete von der Alterung der Bevölkerung, einer geringen Bevölkerungsdichte und in einigen Gebieten auch von Entvölkerung besonders betroffen sind,

E.

in der Erwägung, dass infolge des demografischen Wandels, der Abwanderung und der allgemeinen Abnahme des Bevölkerungsanteils von Frauen in vielen ländlichen Gebieten die Nahversorgung mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs, die medizinisch-pflegerische Grundversorgung, die vorschulische, schulische, berufliche und akademische Aus- und Weiterbildung und ausreichende Kultur- und Freizeitangebote mit der bestehenden Infrastruktur im ländlichen Raum in Zukunft nicht mehr hinreichend gewährleistet werden können bzw. die entsprechenden Einrichtungen aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen werden müssen,

F.

in der Erwägung, dass 42 % der 26,7 Millionen regelmäßig in der Landwirtschaft tätigen Personen in der Europäischen Union Frauen sind und mehr als jeder fünfte Betrieb (etwa 29 %) von einer Frau geführt wird,

G.

in der Erwägung, dass der erhebliche Beitrag, den Frauen zur lokalen und kommunalen Entwicklung leisten, nicht ausreichend deutlich wird, wenn man ihre Beteiligung an den einschlägigen Entscheidungsprozessen betrachtet,

H.

in der Erwägung, dass der Grundsatz der Gleichstellung der Geschlechter eines der Hauptziele der Strategie Europa 2020 ist und stärker propagiert werden sollte, damit Frauen sich künftig in größerem Umfang als bisher aktiv in Wirtschaft und Gesellschaft einbringen und die Achtung der Menschenrechte gewährleistet wird,

Frauen, ihre Lebensumstände und ihr wirtschaftliches Umfeld im ländlichen Raum

I.

in der Erwägung, dass sich vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandels die Lebensumstände von Frauen im ländlichen Raum in den vergangenen Jahrzehnten verändert und ausdifferenziert haben, wobei dieser Wandel von den Frauen angestoßen und gestaltet wurde, und die wirtschaftliche und gesellschaftliche Situation von Frauen sowohl zwischen den Mitgliedstaaten als auch nach innen stark variiert,

J.

in der Erwägung, dass Frauen in der modernen Gesellschaft vor dem Hintergrund ihrer individuellen familiären und beruflichen Bindungen mehr als eine Funktion wahrnehmen und gerade in dieser Rollenvielfalt auch einen wesentlichen Beitrag zum Fortschritt und zu Innovationen auf allen gesellschaftlichen Ebenen und zu einem Anstieg der Lebensqualität, insbesondere im ländlichen Raum, zu leisten vermögen,

K.

in der Erwägung, dass insbesondere im ländlichen Raum Familienbetreuung und Altenpflege häufig in der Hand von Frauen liegen,

L.

in der Erwägung, dass dank der jahrelangen frauenpolitischen Bemühungen und der intensiven öffentlichen Förderung von Bildung, Beratung, Existenzgründungsinitiativen u. a. innerhalb der zweiten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) beachtenswerte Erfolge bei der Verbesserung der Lebenssituation von Männern und Frauen auf dem Land zu verzeichnen sind,

M.

in der Erwägung, dass trotz der hochgradigen Individualisierung der Lebensweisen die grundsätzliche Herausforderung für Frauen und Männer nach wie vor darin bestehen wird, die eigene Erwerbsarbeit und soziales und kulturelles Engagement einerseits und die Familienverantwortung andererseits miteinander zu verbinden,

N.

in der Erwägung, dass diese „multifunktionale Herausforderung“ unter den Bedingungen der modernen Gesellschaft nur unter Inanspruchnahme von unterstützenden Diensten, Versorgungseinrichtungen und -strukturen, die bezahlbar und erreichbar sein müssen, gemeistert werden kann,

O.

in der Erwägung, dass die multifunktionale Rolle der Frau im ländlichen Raum einen wesentlichen Beitrag dazu leisten kann, in der Gesellschaft ein modernes Frauenbild zu prägen,

P.

in der Erwägung, dass die Beschäftigungsquoten für beide Geschlechter im ländlichen Raum gering sind und dass viele Frauen de facto nie auf dem Arbeitsmarkt in Erscheinung treten und deshalb weder als arbeitslos gemeldet sind noch in den Arbeitslosenstatistiken geführt werden,

Q.

in der Erwägung, dass die soziale Absicherung der in der Landwirtschaft tätigen Frauen, einschließlich der Ehefrauen von Landwirten mit Zusatzeinkommen (Einkommen aus mehreren Quellen, Solo- und Teilzeitselbstständige) sowie Zeit- und Wanderarbeiter, ein wesentliches Element einer modernen und nachhaltigen Entwicklung des ländlichen Raums ist,

R.

in der Erwägung, dass die Person, die Eigentümer des landwirtschaftlichen Betriebs ist, als einzige in den Bankunterlagen, bei Beihilfen und bei erworbenen Anwartschaften auftaucht und auch der einzige Vertreter bei Verbänden und anderen Organisationen ist,

S.

in der Erwägung, dass durch den Tourismus im ländlichen Raum, d. h. die Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen durch auf den Tourismus ausgerichtete Familienbetriebe und Genossenschaften, der eine risikoarme Branche darstellt, Arbeitsplätze geschaffen werden, Familien- und Berufsleben miteinander verbunden werden können und außerdem die Landbevölkerung motiviert wird, im ländlichen Raum zu verbleiben,

Der ländliche Raum als Lebens- und Wirtschaftsraum

1.

weist darauf hin, dass die Gleichstellung der Geschlechter ein Kernziel der EU und ihrer Mitgliedstaaten ist; hält es für besonders wichtig, diesen Grundsatz in die GAP zu integrieren, um so ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum und eine nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raums zu fördern;

2.

weist darauf hin, dass Anstrengungen unternommen werden müssen, um in ländlichen Gebieten Lebensverhältnisse zu schaffen, die mit denen in urbanen Gebieten vergleichbar sind, damit Frauen und ihre Familien Anreize zum Verbleib auf dem Land bekommen und ihnen eine Grundlage für ein erfolgreiches Leben geboten wird;

3.

fordert, den ländlichen Raum als vielfältigen und integrierten Wirtschafts- und Lebensraum zu fördern und dabei die Schlüsselfunktionen, den Sachverstand und die Kompetenz von Frauen zu nutzen;

4.

fordert die Kommission deshalb auf, in den Verhandlungen über den künftigen mehrjährigen Finanzrahmen den Anteil der Agrarausgaben am gesamten EU-Haushalt nicht weiter zu verringern;

5.

betont, dass die Vielfalt der landwirtschaftlichen Betriebe, darunter solche, die auch Dienstleistungen (z. B. Urlaub auf dem Bauernhof, Direktvermarktung, soziale Dienstleistungen wie Senioren- und Kinderbetreuung, Lernen auf dem Bauernhof im Rahmen der Ganztagsschule usw.) anbieten, wichtige Eckpfeiler der Versorgungsinfrastruktur im ländlichen Raum sind und durch die GAP dauerhaft unterstützt werden sollten; fordert deshalb, solche Dienstleistungen im Rahmen der GAP zu fördern und damit sowohl Frauen neue Perspektiven und Erwerbschancen zu eröffnen als auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wesentlich zu verbessern;

6.

fordert dazu auf, Entwicklungsstrategien mit einer gewissen Eigendynamik zu forcieren, um die besondere Kreativität von Frauen und Männern im ländlichen Raum zu fördern und dabei die jeweiligen traditionellen Ressourcen der ländlichen Gemeinschaften zu nutzen;

7.

hält lebensfähige und dynamische ländliche Gebiete mit einer diversifizierten Bevölkerungsstruktur für besonders erstrebenswert; betont in diesem Zusammenhang insbesondere, dass jungen Frauen angemessene Chancen und Herausforderungen für ihre persönliche Entwicklung geboten werden müssen;

8.

fordert, die Rahmenbedingungen im ländlichen Raum so zu gestalten, dass Frauen aller Generationen in ihrem unmittelbaren Umfeld verbleiben und zu dessen Revitalisierung und Entwicklung beitragen können;

9.

hebt hervor, dass den Vorruhestandsregelungen für Landwirte und für in der Landwirtschaft Beschäftigte im Hinblick auf die Lebensbedingungen von Frauen im ländlichen Raum eine besondere Bedeutung zukommt; fordert die Mitgliedstaaten, die dies noch nicht getan haben, auf, entsprechende Regelungen einzuführen;

10.

fordert in diesem Zusammenhang, weitere Anstrengungen zur flächendeckenden Ausstattung des ländlichen Raums mit modernster IT-Infrastruktur – in erster Linie einem angemessenen Zugang zu Breitbandnetzen – zu unternehmen, den Zugang zu Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) durch entsprechende Maßnahmen zu ermöglichen und die Chancengleichheit in Bezug auf den Zugang zu IKT und geeignete Schulungen zur Nutzung dieses Zugangs zu fördern; weist darauf hin, dass der kaum vorhandene Zugang zu Breitbandnetzen das Wachstum von Kleinbetrieben in vielen ländlichen Gebieten in der gesamten EU behindert; fordert deshalb die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Zusage einzuhalten, die Breitbandversorgung in ländlichen Gebieten zu verbessern, um so die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen;

11.

ruft dazu auf, die Verwendung von Formen elektronischer Unternehmensführung wie E-Business durch Frauen im ländlichen Raum zu fördern und zu unterstützen, damit auch in stadtfernen Regionen eine Wirtschaftstätigkeit ausgeübt werden kann;

12.

weist darauf hin, dass es wie in urbanen Gebieten auch im ländlichen Raum von ausschlaggebender Bedeutung ist, die Qualität und Zugänglichkeit der alltagsrelevanten Infrastrukturen, Einrichtungen und Dienstleistungen zu verbessern, damit Frauen und Männer Familie und Beruf miteinander vereinbaren können und die Bevölkerung nicht aus dem ländlichen Raum abwandert; ist der Ansicht, dass dies auch Kinderbetreuungseinrichtungen (z. B. Kinderkrippen und andere vorschulische Einrichtungen), Gesundheitsdienste, Bildungseinrichtungen (einschließlich solchen für lebenslanges Lernen), Pflege- und Betreuungseinrichtungen für ältere Menschen und andere betreuungsbedürftige Familienangehörige, Vertretungsdienste bei Krankheit und Schwangerschaft, ortsansässige Geschäfte für Waren des täglichen Bedarfs sowie Freizeit- und Kultureinrichtungen einschließt, die einem landwirtschaftlichen Betrieb angegliedert sind; fordert, die agrarpolitischen Rahmenbedingungen so zu setzen, dass Frauen im ländlichen Raum ihr Potenzial zur Verwirklichung einer multifunktionalen und nachhaltigen Landwirtschaft nutzen können;

13.

fordert die Mitgliedstaaten auf, mit Mitteln aus den Struktur- und Kohäsionsfonds Abhilfe zu schaffen, was den Mangel an guten Verkehrsinfrastrukturen im ländlichen Raum anbelangt, und den Zugang zu Verkehrsmitteln für alle und insbesondere für Menschen mit Behinderungen mit gezielten Fördermaßnahmen zu verbessern, weil der Verkehr nach wie vor ein Faktor ist, der die soziale Ausgrenzung und gesellschaftliche Ungleichheit, von denen in erster Linie Frauen betroffen sind, verschärft;

14.

fordert, die Förderpolitik für den ländlichen Raum stärker an innovativen und nachhaltigen ländlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen auszurichten;

15.

fordert die Organe der Europäischen Union, die Mitgliedstaaten und die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften auf, Förderungs- und Beratungsprojekte für die Gründung innovativer Unternehmen der landwirtschaftlichen Primärerzeugung im ländlichen Raum zu unterstützen, die neue Arbeitsplätze, insbesondere für Frauen, beispielsweise in den folgenden Tätigkeitsbereichen schaffen können: Verarbeitung von Agrarerzeugnissen und Suche nach Absatzmöglichkeiten für diese Erzeugnisse, Nutzung neuer Technologien, Beiträge zur wirtschaftlichen Diversifizierung der Region und Erbringung von Dienstleistungen im Hinblick auf eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie;

16.

weist darauf hin, dass im Zusammenhang mit innovativen Angebotsformen die bisherigen positiven Erfahrungen mit Frauenprojekten aus der zweiten Säule der GAP (insbesondere Schwerpunkt III und das Programm Leader+) aufgegriffen werden sollten, zum Beispiel anhand von Verfahren, die sich bewährt haben;

17.

fordert, in Strategien für die Entwicklung des ländlichen Raums dem Beitrag von Frauen zur Verwirklichung der Ziele der Strategie Europa 2020 besondere Bedeutung beizumessen, insbesondere Initiativen mit Schwerpunkt auf Innovationen, Forschung und Entwicklung;

18.

begrüßt in diesem Zusammenhang, dass im Zuge der ESF-EQUAL-Projekte die Stellung von Frauen in der Landwirtschaft und im ländlichen Raum untersucht und verbessert werden soll;

19.

fordert, in der neuen ELER-Verordnung für den Programmplanungszeitraum 2014–2020 besondere Frauenförderungsmaßnahmen vorzusehen, die sich vorteilhaft auf die Beschäftigung von Frauen im ländlichen Raum auswirken könnten;

Frauen in der Wirtschaft im ländlichen Raum

20.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, zu einer aussagekräftigen Datengrundlage über die wirtschaftliche und soziale Situation von Frauen und ihr unternehmerisches Engagement in ländlichen Gebieten beizutragen und die Auswertung bereits vorhandener Daten (beispielsweise von Eurostat) zu optimieren, damit eine maßgeschneiderte Politik möglich wird;

21.

ist überzeugt, dass die spezifisch für den ländlichen Raum konzipierten Schulungs- und Beratungsangebote für Frauen angesichts der Bedingungen im ländlichen Raum erhalten und ausgebaut werden müssen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Finanzmanagement landwirtschaftlicher Betriebe;

22.

hält eine europaweite Vernetzung der Frauen im ländlichen Raum (bzw. von deren Verbänden) für erstrebenswert und weist auf die Erfolge hin, die durch Maßnahmen der zweiten Säule erreicht wurden;

23.

erkennt an, dass die auf verschiedenen Ebenen tätigen Frauennetzwerke, insbesondere in Bezug auf die Förderung der ländlichen Gebiete und deren öffentlicher Wahrnehmung auf lokaler Ebene, gute Arbeit leisten; macht darauf aufmerksam, dass diese Netzwerke auf lokaler, nationaler und europäischer Ebene größere soziale Anerkennung und mehr politische und finanzielle Unterstützung benötigen, wenn man bedenkt, dass sie einen wesentlichen Beitrag zu mehr Gleichheit leisten, insbesondere dadurch, dass sie Frauen im ländlichen Raum Aus- und Weiterbildungsangebote machen und Projekte zur lokalen Entwicklung anschieben, darunter Informationsveranstaltungen über Vorsorgeuntersuchungen zur frühzeitigen Diagnose frauenspezifischer Krebserkrankungen (Gebärmutterhalskrebs, Brustkrebs usw.); fordert die Mitgliedstaaten auf, eine verstärkte Beteiligung von Frauen an der politischen Willensbildung, einschließlich der angemessenen Vertretung von Frauen in den Vorständen von Institutionen, Unternehmen und Verbänden, zu unterstützen;

24.

fordert, dass Frauen im ländlichen Raum in den Sozialsystemen adäquat berücksichtigt werden und dabei der frauenspezifischen Situation in den Bereichen Erwerbstätigkeit und Rentenansprüche Rechnung getragen wird;

25.

begrüßt in diesem Zusammenhang die Richtlinie 2010/41/EU, und fordert die Mitgliedstaaten auf, sie so schnell wie möglich konkret umzusetzen, damit insbesondere

Ehe- bzw. Lebenspartner von Landwirten sozial abgesichert sind und

selbstständig erwerbstätigen Landwirtinnen und Ehepartnerinnen von Landwirten ausreichende Mutterschutzleistungen gewährt werden;

26.

macht darauf aufmerksam, dass besonders im ländlichen Raum nachhaltige Strategien zur Erhaltung der beruflichen Qualifikation von Frauen, die ihre Berufstätigkeit zugunsten einer Familien- bzw. Pflegephase unterbrechen, erforderlich sind; fordert, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gefördert wird, damit Frauen verschiedene Arbeitsformen ausüben, erhalten und weiterentwickeln können;

27.

betont, dass die „Diversifizierung landwirtschaftlicher Betriebe“ ein Aspekt der Wirtschaft im ländlichen Raum ist, der immer wichtiger wird; stellt fest, dass Frauen in hohem Maße an der Initiierung, Konzipierung und Verwaltung von Projekten der „Diversifizierung landwirtschaftlicher Betriebe“ mitwirken;

28.

fordert, den Unternehmergeist und Initiativen von Frauen zu unterstützen, insbesondere indem die Gründung eigener Unternehmen von Frauen, Netzwerke von Unternehmerinnen und Maßnahmen im Finanzsektor zur Vereinfachung des Zugangs von Unternehmerinnen im ländlichen Raum (einschließlich Solo- und Teilzeitselbstständigen mit geringem Einkommen und jungen Frauen) zu Investitionen und Krediten gefördert werden, damit diese Unternehmerinnen am Markt handlungsfähiger werden und sich ein Unternehmen aufbauen, von dem sie auf Dauer leben können; fordert außerdem, Maßnahmen zu treffen, mit denen der Unternehmergeist von Frauen gestärkt wird und ihre Fachkenntnisse ausgeweitet werden, um ihre Aufnahme in Leitungsgremien von Unternehmen und Verbänden zu fördern;

29.

fordert die zuständigen nationalen, regionalen und kommunalen Behörden auf, die Beteiligung von Frauen an lokalen Aktionsgruppen und die Entwicklung lokaler Partnerschaften im Rahmen des Leader-Programms zu fördern und eine ausgewogene Vertretung beider Geschlechter in deren Verwaltungsgremien zu gewährleisten;

Frauen in der Landwirtschaft

30.

fordert, dass die beruflichen Qualifikationen, die Frauen für Tätigkeiten innerhalb und außerhalb des Agrarsektors erworben haben, in Strategien für die betriebliche und regionale Entwicklung stärker berücksichtigt werden; hält die Qualifizierung und Schulung von Landwirtinnen und anderen im ländlichen Raum tätigen Frauen als Produzentinnen und Unternehmerinnen für besonders wichtig, und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, in Zusammenarbeit mit regionalen und kommunalen Stellen sowie Landwirtschafts-, Frauen- und Bauernverbänden Anreize für die Beteiligung von Frauen am Erwerbsleben zu fördern, die Diskriminierung von Frauen am Arbeitsplatz zu beseitigen, das Schulungsangebot für Frauen zu verbessern, auch durch die Erweiterung des Zugangs zu Aufbaustudien und Spezialisierungskursen an Bildungseinrichtungen, entsprechende Maßnahmen zur ländlichen Entwicklung im Schwerpunkt 3 der Programme zur ländlichen Entwicklung vorzulegen und bestehende Initiativen zu unterstützen; weist darauf hin, dass durch diese Maßnahmen dazu beigetragen wird, die soziale Ausgrenzung im ländlichen Raum zu bekämpfen, und dass die Gefahr der Verarmung bei Frauen größer ist als bei Männern;

31.

fordert, die politischen Bestrebungen zu unterstützen, die Rolle der Frauen in der Landwirtschaft dadurch zu fördern, dass ihnen faktisch und rechtlich die Ausübung einer unternehmerischen landwirtschaftlichen Tätigkeit auch im Hinblick auf die Betriebsinhaberschaft erleichtert wird, um sie auf der Grundlage ihrer betrieblichen Mitverantwortung enger in die Wahrnehmung der damit verbundenen Rechte und Pflichten einzubinden, zu denen unter anderem die Vertretung der Interessen in landwirtschaftlichen Gremien und die effektive Beteiligung an allen betrieblichen Einnahmen gehören,

32.

fordert, dass Organisationen von Frauen und Landwirten, die für die Förderung und Einleitung neuer Entwicklungsprogramme und die Diversifizierung wichtig sind, Unterstützung bekommen, damit Frauen neue Ideen umsetzen können, um die Produktion und die Erbringung von Dienstleistungen im ländlichen Raum zu diversifizieren;

33.

ist der Ansicht, dass im Rahmen der kommenden Reform der GAP die Bedürfnisse der Frauen im ländlichen Raum und die Rolle der in der Landwirtschaft tätigen Frauen berücksichtigt und vorrangig behandelt werden sollten, was den Zugang sowohl zu bestimmten Dienstleistungen als auch zu Beihilfen angeht, und zwar je nach den jeweiligen territorialen Erfordernissen in den einzelnen Mitgliedstaaten;

34.

ist der Überzeugung, dass Frauen mittelfristig in allen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Gremien des Agrarsektors angemessen vertreten sein sollten, damit die Sichtweisen von Frauen und Männern in die Entscheidungsprozesse einfließen; betont, dass besondere Maßnahmen zu Gunsten von Frauen eingeführt werden müssen, um die paritätische Beteiligung von Frauen in diesen Einrichtungen zu erreichen;

35.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, den Zugang von Frauen zum Landerwerb und zur Kreditaufnahme zu verbessern, um die Niederlassung von Frauen im ländlichen Raum und als Akteurinnen im Agrarsektor zu fördern;

36.

fordert, die bisherigen Strategien der sozialen Absicherung von Frauen, die in der Landwirtschaft (als Bäuerinnen, Landarbeiterinnen, Saisonarbeitskräfte usw.) tätig sind, einschließlich der Umsetzung der Richtlinie 2010/41/EU, vor dem Hintergrund der länderspezifischen eigentums- und steuerrechtlichen Situation zu erfassen und diesen Erfahrungsschatz zugänglich zu machen, damit in den Mitgliedstaaten eine adäquate soziale Absicherung der in der Landwirtschaft tätigen Frauen ausgearbeitet werden kann;

37.

betont, dass in den Maßnahmen der Union in Bezug auf die Lebensbedingungen von Frauen im ländlichen Raum auch den Lebens- und Arbeitsbedingungen von Migrantinnen, die als Saisonarbeitskräfte in landwirtschaftlichen Betrieben tätig sind, Rechnung getragen werden muss, insbesondere, was die angemessene Unterbringung, die Sozial- und Krankenversicherung und die Gesundheitsversorgung anbelangt; hebt hervor, dass die von diesen Frauen geleistete Arbeit möglichst umfassend zu würdigen ist;

38.

fordert die Kommission auf, in ihren Bericht, den sie 2011 gemäß Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates vom 20. September 2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) vorlegen muss, eine gründliche Analyse der Auswirkungen der Maßnahmen im Zusammenhang mit der Lage der Frauen im ländlichen Raum aufzunehmen;

*

* *

39.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


(1)  ABl. L 55 vom 25.2.2006, S. 20.

(2)  ABl. L 277 vom 21.10.2005, S. 1.

(3)  ABl. C 66E vom 20.3.2009, S. 23.

(4)  Dokument des Rates 09184/2010.

(5)  ABl. L 180 vom 15.7.2010, S. 1.


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/19


Dienstag, 5. April 2011
EU-Finanzmittel für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen in den neuen Mitgliedstaaten

P7_TA(2011)0123

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. April 2011 zur Effizienz und Wirksamkeit von EU-Finanzmitteln auf dem Gebiet der Stilllegung von kerntechnischen Anlagen in den neuen Mitgliedstaaten (2010/2104(INI))

2012/C 296 E/03

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf das Protokoll Nr. 4 zur Beitrittsakte über das Kernkraftwerk Ignalina in Litauen und das Protokoll Nr. 9 betreffend die Reaktoren 1 und 2 des Kernkraftwerks Bohunice V1 in der Slowakei sowie Artikel 30 des Protokolls über die Bedingungen des Beitritts der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Verordnungen des Rates über die Durchführung des Protokolls Nr. 4 über das Kernkraftwerk Ignalina in Litauen (1), über die Durchführung des Protokolls Nr. 9 über die Reaktoren 1 und 2 des Kernkraftwerks Bohunice V1 in der Slowakei (2) und über die Finanzhilfe der Union für die Stilllegung der Blöcke 1 bis 4 des Kernkraftwerks Kosloduj in Bulgarien (Kosloduj-Programm) (3),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Verwendung der finanziellen Ressourcen für die Stilllegung kerntechnischer Einrichtungen (KOM(2007)0794) und das beigefügte Arbeitspapier mit Daten über EU-Finanzierungen für Stilllegungen (SEK(2007)1654),

unter Hinweis auf die Empfehlung der Kommission vom 24. Oktober 2006 für die Verwaltung der Finanzmittel für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen (4),

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Haushaltskontrollausschusses und der Stellungnahme des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (A7-0054/2011),

A.

in der Erwägung, dass die drei damaligen EU-Beitrittsländer Litauen, Slowakei und Bulgarien alte Kernkraftwerke (KKWs) betrieben, die abgeschaltet werden mussten, und dass die Beitrittsverhandlungen feste Abschaltungstermine für die Blöcke in den drei betroffenen KKWs mit sich brachten,

B.

in der Erwägung, dass die EU anerkannte, dass die frühzeitige Abschaltung und anschließende Stilllegung dieser Blöcke in den drei KKWs eine erhebliche finanzielle und wirtschaftliche Belastung darstellte, die von den betreffenden Mitgliedstaaten nicht in vollem Umfang bestritten werden konnte, und daher in den Beitrittsverträgen wie auch in den zugehörigen Verordnungen des Rates über die Durchführung dieser Verträge eine finanzielle Unterstützung der betreffenden Mitgliedstaaten vorgesehen ist, jedoch in der Erwägung, dass nicht eindeutig entschieden wurde, ob die Unterstützung sich auf die gesamten Kosten der Stilllegung erstrecken oder alle wirtschaftlichen Folgen ausgleichen sollte, in der Erwägung, dass sowohl Bulgarien als auch die Slowakei derzeit weiterhin Stromnettoexporteure sind,

C.

in der Erwägung, dass im Rahmen der Unterstützung Maßnahmen in folgenden Bereichen vorgesehen sind:

Stilllegung (Vorbereitungsarbeiten für die Abschaltung, Unterstützung der Regulierungsbehörde, Erstellung der für die Stilllegung und Genehmigung notwendigen Dokumentation, Aufrechterhaltung eines sicheren Zustands und Überwachung nach der Abschaltung, Behandlung der Abfälle, Lagerung von Abfällen und abgebrannten Brennelementen und Dekontaminierung, und Rückbauarbeiten),

Energie (Modernisierung und Verbesserung der Umweltfreundlichkeit bestehender Anlagen, Ersetzung der Energieerzeugungskapazität abgeschalteter Reaktoren, Verbesserung der Energieversorgungssicherheit und Energieeffizienz sowie weitere Maßnahmen, die zur notwendigen Umstrukturierung und Modernisierung der Energieinfrastruktur beitragen),

soziale Folgen (Unterstützung der Mitarbeiter der Anlage bei der Aufrechterhaltung eines hohen Sicherheitsniveaus in den Zeiten vor dem Rückbau nach der Abschaltung und Umschulung der Mitarbeiter für die neuen Aufgaben bei der Stilllegung),

D.

in der Erwägung, dass die Unterstützung vor dem Beitritt und vor der Abschaltung der betreffenden Blöcke begann und dass die Mittel innerhalb der internationalen Stilllegungsfonds kumuliert wurden, während die administrativen Vorbereitungen weiterliefen,

E.

in der Erwägung, dass die Stilllegung von Nuklearanlagen und die Entsorgung ihrer Abfälle ein technisch komplexer Vorgang ist, der beträchtliche Finanzmittel erfordert und bei dem Verantwortung in ökologischer, technischer, sozialer und finanzieller Hinsicht übernommen werden muss,

1.

stellt fest, dass Litauen, die Slowakei und Bulgarien ihren Verpflichtungen aus dem Beitrittsvertrag, die entsprechenden Blöcke in den drei KKWs abzuschalten, rechtzeitig nachgekommen sind: Block 1 des KKW Ignalina wurde am 31. Dezember 2004 und Block 2 am 31. Dezember 2009 abgeschaltet; Block 1 des KKW Bohunice V1 wurde am 31. Dezember 2006 und Block 2 am 31. Dezember 2008 abgeschaltet; die Blöcke 1 und 2 des KKW Kosloduj wurden am 31. Dezember 2002 und die Blöcke 3 und 4 am 31. Dezember 2006 abgeschaltet;

2.

stellt ferner fest, dass alle drei Mitgliedstaaten versucht haben, ihre politischen Verpflichtungen in Bezug auf die Abschaltung der Reaktoren neu auszuhandeln und dass dies zu Verzögerungen im Ablauf führte;

3.

stellt fest, dass für die Gewährung der finanziellen Unterstützung eine Rechtsgrundlage vorliegt; stellt fest, dass die Beträge jährlich durch einen Beschluss der Kommission festgelegt werden, der sich auf individuelle jährliche kombinierte Programmpläne stützt, die die Kontrolle über den Ablauf und die Finanzierung der gebilligten Vorhaben ermöglichen;

4.

stellt fest, dass aufgrund des begrenzten Umfangs der Erfahrungen und Daten, über welche die EU auf dem Gebiet der Stilllegung verfügt, die finanzielle Unterstützung ohne die Möglichkeit der Festlegung einer finanziellen Obergrenze beschlossen wurde; stellt fest, dass es noch keine präzisen Bedingungen für die Festlegung von Obergrenzen gab, selbst nachdem die Pläne und Strategien für die Stilllegung erstellt worden waren, was dazu führte, dass über eine weitere finanzielle Unterstützung auf der Grundlage einer stufenweise erfolgenden Einzelfallprüfung entschieden werden musste;

5.

geht davon aus, dass der Zweck der Unterstützung seitens der Union darin besteht, diese drei Mitgliedstaaten darin zu unterstützen, die finanzielle und wirtschaftliche Belastung, die durch die frühen festgesetzten Abschaltungstermine hervorgerufen wurden, zu bewältigen und die Kosten vieler wichtiger Stilllegungsarbeiten abzudecken, in Energieprojekte zu investieren, die die Energieunabhängigkeit erhöhen, und einen Beitrag zur Abfederung der mit der Abschaltung der Kernkraftwerke verbundenen sozialen Folgen zu leisten; stellt jedoch fest, dass in allen drei Fällen die Kosten der Stilllegung der Kraftwerke die geplante Unterstützung seitens der EU überstiegen haben und voraussichtlich auch die ursprünglichen Schätzungen übersteigen werden; stellt ferner fest, dass ein hoher Anteil der Gelder für Energievorhaben und nicht für das Hauptziel der finanziellen Unterstützung eingesetzt wurden, nämlich die Stilllegung der KKWs;

6.

ist überzeugt, dass das Konzept der Solidarität der Europäischen Union wirksam dazu beiträgt, die wirtschaftlichen Folgen der frühzeitigen Abschaltung im Energiesektor abzumildern; stellt jedoch fest, dass sich zur Zeit der Erstellung dieses Berichts die eigentliche Stilllegung noch in ihrer Anfangsphase befindet;

7.

hält fest, dass die Stilllegung der betreffenden KKWs im Sinne der Sicherheit und Gesundheit aller Europäerinnen und Europäer oberste Priorität haben muss;

8.

befürchtet, dass ein Mangel an finanziellen Mitteln für die Stilllegungsmaßnahmen die Stilllegung von Kernkraftwerken verzögern und zu einer Gefährdung der Umwelt und der menschlichen Gesundheit führen wird;

9.

betont, dass die Frage der Sicherheit von größter Wichtigkeit für die Stilllegung der frühzeitig abgeschalteten Blöcke in den fraglichen KKWs ist; fordert daher den Rat, die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dies bei jedem künftigen Beschluss über Stilllegungen von Nuklearanlagen im Allgemeinen und bei diesen drei Stilllegungsprogrammen im Besonderen zu berücksichtigen; fordert die Kommission auf, eine angemessene Koordinierung mit den Mitgliedstaaten sicherzustellen und klare Zeitpläne für die Fertigstellung der Projekte festzulegen;

10.

stellt mit Besorgnis fest, dass die ausführlichen Stilllegungspläne der drei fraglichen Stilllegungsprogramme noch nicht fertig sind und dass folglich über die Zeitpläne, über die Kosten konkreter Vorhaben und über ihre Finanzierungsquellen keine ausreichenden Informationen vorliegen; fordert daher die zuständigen innerstaatlichen Stellen mit Nachdruck auf, die Pläne abzuschließen, und die Kommission, über diesen Prozess zu berichten und eine detaillierte langfristige Finanzplanung für die Stilllegungsvorhaben vorzulegen; fordert die Kommission ferner auf, den Umfang der Finanzmittel der EU, die für die Durchführung dieser Pläne benötigt werden, klar zu präzisieren;

11.

fordert die Kommission auf, Möglichkeiten zur Harmonisierung der Vorgehensweise bei der Finanzierung von Stilllegungsmaßnahmen in der EU zu erkunden, wobei die von den Mitgliedstaaten angewandten Strategien und ihre nationalen Verwaltungsstrukturen berücksichtigt werden sollten, und das Verfahren der Mittelverwaltung als solches zu vereinfachen, ohne die Sicherheit des Stilllegungsprozesses zu gefährden;

12.

stellt fest, dass eine klare Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen den an der Finanzierung Beteiligten und den am Stilllegungsprozess Beteiligten fehlt; ist der Auffassung, dass die Kommission die Hauptverantwortung für die Durchführung der EU-Hilfe tragen sollte und dass eine gemeinsame Verwaltung mit der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) vorgesehen werden sollte;

13.

ist der Auffassung, dass bei der Auftragsvergabe ein Kriterium gemeinschaftlicher Gegenseitigkeit zugunsten europäischer Unternehmen unter besonderer Berücksichtigung der Grundsätze angewandt werden sollte, die in Artikel 58 der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber in verschiedenen Bereichen, unter anderem Energieversorgung, verankert sind;

14.

stellt fest, dass sich die gesamte finanzielle Unterstützung der Europäischen Union an die drei Mitgliedstaaten bis Ende 2013 auf 2,84778 Mrd. EUR beläuft; stellt fest, dass zwar zwischen den KKWs Unterschiede bestehen, insbesondere was die Lagerung von Brennstäben anbelangt, die Programme aber grundsätzlich dieselbe Technologie verwenden; stellt jedoch fest, dass bei den zugewiesenen Beträgen beträchtliche Unterschiede bestehen: Ignalina (2 Blöcke) 1 367 Mrd. EUR, Bohunice (2 Blöcke): 613 Mio. EUR und Kosloduj (4 Blöcke) 867,78 Mio. EUR;

15.

stellt gemäß Ende 2009 verfügbaren Daten von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedliche Situationen hinsichtlich der ausgezahlten Beträge fest: Ignalina: insgesamt 1 367 Mrd. EUR, gebunden 875,5 Mio. EUR (64,04 %), ausgezahlt 760,4 Mio. EUR (55,62 %), Bohunice: insgesamt 613 Mio. EUR, gebunden 363,72 Mio. EUR (59,33 %), ausgezahlt 157,87 Mio. EUR (25,75 %), Kosloduj: insgesamt 867,78 Mio. EUR, gebunden 567,78 Mio. EUR (65,42 %), ausgezahlt 363,149 Mio. EUR (41,84 %), was hauptsächlich auf die unterschiedlichen Termine für die Abschaltung zurückzuführen ist;

16.

hält es für erforderlich, dass die Verwaltung der Fonds und die Verwendung der aus ihnen bereit gestellten Mittel in völliger Transparenz erfolgen; erkennt die Bedeutung einer ordnungsgemäßen und transparenten Verwaltung der Finanzmittel mit angemessener externer Überwachung zur Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs auf dem Energiemarkt an; empfiehlt in diesem Bereich Transparenz und die Beteiligung der Öffentlichkeit;

17.

nimmt folgende abgeschlossene Prüfungen und Bewertungen zur Kenntnis: Halbzeitbewertung der Stilllegungsunterstützung für Litauen und die Slowakei (2007); kommissionsinterne Prüfungen aller drei Programme im Jahr 2007; Prüfungen der zentralen programmführenden Stellen durch den Europäischen Rechnungshof 2008 und 2009 in Bezug auf Ignalina; Prüfung des Europäischen Rechnungshofs zur Vorbereitung der ZVE 2008; Machbarkeitsstudie des Europäischen Rechnungshofs 2009; stellt ferner die laufenden Tätigkeiten fest: Mitteilung der Kommission im Frühjahr 2011 erwartet; kommissionsexterne Prüfung der Rechnungsführung für den internationalen Stilllegungsfonds für Bohunice; gesamte Wirtschaftlichkeitsprüfung des Europäischen Rechnungshofs für alle drei Programme;

18.

ist der Auffassung, dass in Anbetracht der hohen Geldbeträge, um die es hier geht, der Neuheit hinsichtlich der Verwendung der Mittel, der während des Prozesses immer wieder aufgekommenen unbekannten Faktoren und der zahlreichen darauf folgenden Veränderungen, Anpassungen und Zuweisungen zusätzlicher Beträge die Anzahl und der Umfang der durchgeführten Prüfungen unzureichend erscheinen; bedauert es, dass in die Halbzeitbewertung der Stilllegungshilfe an Litauen und die Slowakei, die von der Kommission im September 2007 vorgenommen wurde, Bulgarien nicht einbezogen wurde (das zu diesem Zeitpunkt bereits eine Hilfe erhielt);

19.

bedauert, dass es keine jährlichen Berichte der Kommission an das Europäische Parlament über die Verwendung der finanziellen Ressourcen für die Stilllegung von Kernkraftwerken gibt; fordert die Kommission daher auf, die Verbesserungen bei der Verwendung der Mittel und die Wahrscheinlichkeit, dass die kumulierten Mittel für die Abschaltung der fraglichen Blöcke in den drei KKWs im Verlauf der nächsten drei Jahre in Anspruch genommen werden, zu beobachten und dem Europäischen Parlament jährlich darüber zu berichten;

20.

fordert die Kommission auf, eine Analyse vorzunehmen, um sich zu vergewissern, dass die Möglichkeit besteht, Beträge für künftige Stilllegungsvorhaben bis 2013 zuzuweisen, insbesondere da für Bohunice im Juli 2011 und für Kosloduj Ende 2011 und Ende 2012 die Stilllegungsgenehmigungen ausgestellt werden;

21.

fordert die Kommission auf, vergleichende Informationen über die Umsetzung der ursprünglichen und revidierten Zeitpläne für die einzelnen Stadien der Stilllegungsprozesse sowie über Maßnahmen im Energie- und im Sozialbereich bereitzustellen, bevor eine weitere Zuweisung von EU-Mitteln erfolgt;

22.

fordert die Kommission auf, über die konkreten Verbesserungen zu berichten, die von der Bildung eines Verwaltungsausschusses auf Mitgliedstaatsebene im Jahr 2007 herrühren, um diesem bei der Umsetzung der Unterstützungsprogramme zur Seite zu stehen und eine Bilanz der seitdem vollzogenen Verfahrensänderungen zu ziehen;

23.

stellt fest, dass die Prüfung durch den Europäischen Gerichtshof noch im Gange ist; ist der Ansicht, dass die Prüfung dazu dienen sollte, Aufschluss über die Ziele der Mittelverwendung und ihre Effizienz zu geben, realisierbare Vorschläge zu unterbreiten und den weiteren Mittelbedarf für die Durchführung der Stilllegungsarbeiten zu bewerten; schlägt vor, da es sich um eine Gesamtleistungsprüfung handelt, in ihrem Rahmen Folgendes zu klären:

ob die Mittel für die Zwecke verwendet wurden, für die sie beabsichtigt waren,

ob Vergabeverfahren ordnungsgemäß erstellt und eingehalten wurden,

ob die zugewiesenen Gelder dazu beigetragen haben, die Sicherheit bei der Tätigkeit der Stilllegung zu erhöhen,

ob die Vergabeverfahren gewährleistet haben, dass die beteiligten Unternehmen für Sicherheit sorgen werden, die EU-Normen entspricht,

ob es Tätigkeiten gegeben hat, an denen das OLAF beteiligt ist,

ob eine gebührende Koordinierung unter den drei bestehenden Programmen erfolgt ist, um gesammelte Erfahrungen und solche aus zuvor ausgearbeiteten und finanzierten Vorhaben effizient zu nutzen, und in welcher Hinsicht sich die Stilllegungsprogramme überschnitten (z. B. gibt es mehrere ähnliche Vorhaben in Bezug auf die Lagerung, Qualifizierung von Personal usw., die sich von einem KKW auf ein anderes hätten übertragen lassen, was Einsparungen mit sich gebracht hätte);

24.

schlägt vor, dass im Hinblick auf künftige Tätigkeiten, die aus den im Zeitraum 2007–2013 von der EU zugewiesenen Beträgen zu finanzieren sind, weitere Fragen einer Klärung bedürfen:

ob die bereits vorhandenen Pläne und Strategien vollständig sind oder ob immer noch die Möglichkeit besteht, neue Tätigkeiten und somit zusätzliche Mittel hinzuzufügen;

ob die Schaffung der Gesamtkapazität für die Zwischenlagerung und ein Verfahren für die Auswahl eines inländischen Endlagers für radioaktive Abfälle abgeschlossen sind oder nicht;

ob noch ein Bedarf an einer Zuweisung weiterer Beträge für Energievorhaben besteht oder ob es notwendig ist, sich auf die Stilllegungsvorhaben zu konzentrieren;

ob, falls dies bisher noch nicht der Fall gewesen ist, die bei einem KKW genutzten Erfahrungen und Vorhaben auch auf die anderen übertragen werden sollten;

25.

stellt mit Besorgnis fest, dass es keine Koordinatoren- und Sachverständigengruppe der EU für alle drei Vorhaben gibt, die es ermöglicht hätte, das Stilllegungsprogramm auf der Grundlage der Erfahrungen, über die die EU verfügt, als Gesamtkomplex zu behandeln und somit Synergien zwischen den drei Vorhaben zu schaffen;

26.

betont, dass eine verstärkte Koordinierung zwischen den drei Programmen erforderlich ist, um eine bessere Planung der Maßnahmen und einen gegenseitigen Austausch der gewonnenen Erfahrungen zu gewährleisten; ist der Auffassung, dass diese Erfahrungen bei der Außerbetriebnahme von Reaktoren am Ende ihrer Betriebszeit auch der gesamten Europäischen Union zugute kommen können; fordert daher alle Beteiligten auf, vorbildliche Stilllegungsverfahren zu entwickeln und zu erfassen und die bestmögliche Nutzung der in den anderen Mitgliedstaaten gewonnenen Erfahrungen und Daten im Bereich der Kernkraftwerke zu gewährleisten;

27.

fordert die Kommission auf, eine Koordinierungsgruppe einzusetzen, deren Aufgabe es sein sollte:

die Ausarbeitung eines endgültigen Plans, der einen genauen Zeitplan enthält, zu überwachen,

die Verwendung der bisher zugewiesenen Mittelbeträge zu überwachen,

zu ermitteln, ob eine Beteiligung der EU weiterhin notwendig ist, und wenn ja, den genauen Umfang der Beteiligung der EU zu bestimmen,

die Zuständigkeiten festzulegen, darunter auch die Rolle der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE), und den Stilllegungsprozess bis zu seinem Abschluss zu überwachen;

28.

weist darauf hin, dass bei der Finanzierung der Stilllegungsarbeiten das Verursacherprinzip gelten sollte und dass die Betreiber von Kernanlagen sicherstellen müssen, dass während der Betriebsdauer der Anlagen genügend Finanzmittel für die Deckung der künftigen Stilllegungskosten beiseitegelegt werden;

29.

stellt fest, dass durch die frühzeitige Abschaltung der Reaktoren die geplante Einspeisung der erforderlichen Mittel in die jeweiligen nationalen Fonds, die zur Deckung aller mit der Stilllegung der Anlagen verbundenen Kosten bestimmt sind, nicht möglich war;

30.

fordert die Kommission angesichts der von den Mitgliedstaaten angewandten unterschiedlichen Strategien auf, Möglichkeiten zur Harmonisierung der Vorgehensweise bei der Finanzierung von Stilllegungsmaßnahmen in der EU zu erkunden, um eine rechtzeitige Akkumulierung der erforderlichen Finanzmittel sicherzustellen, ohne die Sicherheit des Stilllegungsprozesses zu gefährden;

KKW Ignalina

31.

begrüßt es, dass die meisten Vorhaben des Ignalina-Programms im Bereich der Energieeffizienz und der Sicherung der Elektrizitätsversorgung sich derzeit in der Durchführung befinden oder bereits durchgeführt sind;

32.

stellt mit Besorgnis fest, dass bei Schlüsselvorhaben im Bereich des Managements der Infrastruktur für die Abfallbehandlung (Vorhaben zur Speicherung abgebrannter Brennstäbe und zur Endlagerung) erhebliche Verzögerungen eingetreten sind, die gegenüber ursprünglichen Schätzungen zusätzliche Kosten verursacht haben; stellt fest, dass im System verfügbare Spielräume fast ausgeschöpft sind und dass Verzögerungen sich nun allmählich auf die kritische Phase des gesamten Stilllegungsplans auswirken können, was entsprechende Kostensteigerungen nach sich ziehen würde; fordert die Kommission auf, über die Ergebnisse der Neubewertung der Zeitplanung zu berichten;

33.

stellt fest, dass ein großer Teil der Mittel für Energievorhaben zugewiesen wurde, dass für die Stilllegung noch beträchtliche Finanzmittel benötigt werden und dass die innerstaatlichen Mittel dafür nicht ausreichen, da der staatliche Fonds für die Stilllegung des KKWs Ignalina bisher erst knapp über 100 Mio. EUR aufweist (wohingegen sich allein die technischen Kosten der Stilllegung auf 987 Mio. bis 1,3 Mrd. EUR belaufen) und ein erheblicher Anteil davon für Vorhaben verwendet worden ist, die nicht die Stilllegung betreffen; fordert, dass in dieser Hinsicht vor allem seitens des Mitgliedstaates geeignete Maßnahmen getroffen werden;

KKW Bohunice

34.

begrüßt den Fortschritt beim Bohunice-Programm;

35.

stellt fest, dass zwar die Unterstützung der Union für die Stilllegung nuklearer Anlagen, insbesondere der V1-Reaktoren, sowie für die Versorgungssicherheit vorgesehen ist, der staatliche Nuklearfonds aber keinerlei spezifische Finanzierungsquellen für das laufende Vorhaben der A1-Stilllegung vorgemerkt hat;

36.

stellt fest, dass manche Stilllegungsvorhaben wie etwa der Umbau des physischen Schutzsystems des Gebiets, das Vorhaben zur Behandlung von Altabfällen und der Bau des Zwischenlagers für radioaktive Abfälle am Standort Bohunice in ihrer Durchführung erhebliche Verzögerungen erfahren haben; fordert die Kommission und die slowakische Seite auf, Maßnahmen zu treffen, um die Verzögerungen zu verhindern und eine Gefährdung des geplanten Fortschritts der Stilllegungsarbeiten zu vermeiden;

KKW Kosloduj

37.

begrüßt die insgesamt gute technische und finanzielle Leistung des Kosloduj-Programms und die Überprüfung der Stilllegungsstrategie für die Blöcke 1 bis 4, die von einer ursprünglichen Strategie des verzögerten Rückbaus in eine Strategie des sofortigen stetigen Rückbaus abgeändert wurde;

38.

stellt mit Besorgnis in der Verteilung der zugewiesenen öffentlichen Mittel einen recht hohen Anteil an Energievorhaben fest; fordert die Kommission auf, die Durchführung der verbleibenden Energievorhaben zu beobachten und über die Ergebnisse zu berichten; fordert im verbleibenden Zeitraum des Kosloduj-Programms eine Erhöhung des Anteils der Vorhaben in den Bereichen Stilllegung und Abfälle;

39.

betont die Notwendigkeit einer umfassenden administrativen Koordinierung zwischen dem staatlichen Unternehmen für radioaktive Abfälle (DP RAO) und dem KKW Kosloduj, die inzwischen für die Blöcke 1 bis 2 bzw. die Blöcke 3 bis 4 verantwortlich sind; fordert die bulgarische Seite auf, die erforderlichen Verbesserungsmaßnahmen in Bezug auf dieses geteilte Management zu prüfen und unverzüglich vorzunehmen und/oder die Blöcke 1 bis 4 möglichst bald unter einem gemeinsamen Management zu vereinen;

*

* *

40.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen Bulgariens, Litauens und der Slowakei zu übermitteln.


(1)  ABl. L 411 vom 30.12.2006, S. 10.

(2)  ABl. L 131 vom 23.5.2007, S. 1.

(3)  ABl. L 189 vom 13.7.2010, S. 9.

(4)  ABl. L 330 vom 28.11.2006, S. 31.


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/26


Dienstag, 5. April 2011
EU-Politik zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen

P7_TA(2011)0127

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. April 2011 zu den Prioritäten und Grundzügen einer neuen EU-Politik zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen (2010/2209(INI))

2012/C 296 E/04

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Bestimmungen der Rechtsinstrumente der Vereinten Nationen im Bereich der Menschenrechte, insbesondere der Frauenrechte, wie z. B. der Charta der Vereinten Nationen, der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte sowie des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, der Konvention zur Unterbindung des Menschenhandels und der Ausnutzung der Prostitution anderer, des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) und des dazugehörigen Fakultativprotokolls, des Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe sowie des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge von 1951 und den Grundsatz der Nichtzurückweisung (Non-refoulement),

unter Hinweis auf andere Instrumente der Vereinten Nationen betreffend Gewalt gegen Frauen, wie z. B. der Erklärung von Wien und des Aktionsprogramms vom 25. Juni 1993, angenommen von der Weltkonferenz über Menschenrechte (A/CONF. 157/23), und der Erklärung vom 20. Dezember 1993 über die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen (A/RES/48/104),

unter Hinweis auf die UN-Resolutionen vom 12. Dezember 1997 zur Verbrechensverhütung und Strafrechtspflege zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen (A/RES/52/86), vom 18. Dezember 2002 über die Wege zur Bekämpfung von Verbrechen gegen Frauen wegen verletzter Ehre (A/RES/57/179) und vom 22. Dezember 2003 zur Beseitigung der häuslichen Gewalt gegen Frauen (A/RES/58/147),

unter Hinweis auf die Berichte der Sonderberichterstatter des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte über Gewalt gegen Frauen und die Allgemeine Empfehlung Nr. 19 des Ausschusses für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau (11. Tagung, 1992),

unter Hinweis auf die Erklärung von Peking und die Aktionsplattform, die von der Vierten Weltfrauenkonferenz am 15. September 1995 angenommen wurden, sowie unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 18. Mai 2000 zu den Folgemaßnahmen im Anschluss an die Aktionsplattform von Peking (1) und vom 10. März 2005 zu Folgemaßnahmen zur Vierten Weltfrauenkonferenz – Aktionsplattform (Peking+10) (2) und vom 25. Februar 2010 zu den Folgemaßnahmen im Anschluss an die Aktionsplattform von Peking (Peking+15) (3),

unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 19. Dezember 2006 zur Verstärkung der Bemühungen zur Beseitigung aller Formen der Gewalt gegen Frauen (A/RES/61/143) und die Resolutionen 1325 und 1820 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen über Frauen, Frieden und Sicherheit,

unter Hinweis auf die Arbeit des im Dezember 2008 eingesetzten Ad-hoc-Ausschusses des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (CAHVIO) an der Vorbereitung eines künftigen Übereinkommens des Europarates zu diesem Thema,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates „Beschäftigung, Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz“ (EPSCO) vom 8. März 2010 zu Gewalt,

unter Hinweis auf seinen Standpunkt vom 14. Dezember 2010 zu dem Entwurf für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Europäische Schutzanordnung (4),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. November 2009 zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen (5),

unter Hinweis auf seine Erklärung vom 21. April 2009 zu der Kampagne „Sagen Sie Nein zu Gewalt gegen Frauen“ (6),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. März 2009 zur Bekämpfung der Genitalverstümmelung bei Frauen in der Europäischen Union (7),

unter Hinweis auf die Strategie der Kommission für die Gleichstellung von Frauen und Männern (2010-2015), die am 21. September 2010 vorgelegt wurde,

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (A7-0065/2011),

A.

in der Erwägung, dass geschlechtsbezogene Gewalt und ihre Folgen nicht durch Einzelmaßnahmen beseitigt werden, sondern dass nur eine Kombination aus Maßnahmen in den Bereichen Infrastruktur, Recht, Justiz, Strafverfolgung, Bildung, Gesundheitswesen und anderen Dienstleistungen diese Gewalt und ihre Folgen spürbar reduzieren kann,

B.

in der Erwägung, dass der Begriff „Gewalt gegen Frauen“ – trotz einer fehlenden international anerkannten Definition – von den Vereinten Nationen als jeglicher Akt geschlechtsbezogener Gewalt definiert wird, der zu Schäden oder Leiden physischer, sexueller oder psychologischer Natur führt oder führen kann, wobei auch Androhung von entsprechenden Akten, Zwang oder willkürliche Freiheitsberaubung unabhängig davon, ob sie in der Öffentlichkeit oder in der Privatsphäre erfolgen, eingeschlossen werden (8),

C.

in der Erwägung, dass Gewalt für jeden Mann, jede Frau und jedes Kind eine traumatische Erfahrung darstellt, geschlechtsbezogene Gewalt jedoch überwiegend von Männern gegen Frauen und Mädchen ausgeübt wird, dass sie die Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen widerspiegelt und verstärkt und die Gesundheit, Würde, Sicherheit und Willensfreiheit der Opfer gefährdet,

D.

in der Erwägung, dass Studien zu geschlechtsbezogener Gewalt zu der Einschätzung kommen, dass etwa ein Fünftel bis ein Viertel aller Frauen in Europa mindestens einmal in ihrem Erwachsenenleben Opfer körperlicher Gewalttaten waren und mehr als ein Zehntel Opfer sexueller Gewalt unter Anwendung von Zwang waren; in der Erwägung, dass Forschungen auch zeigen, dass 26 % der Kinder und Jugendlichen von körperlicher Gewalt in der Kindheit berichten,

E.

in der Erwägung, dass Werbung und Pornografie häufig verschiedene Formen geschlechtsbezogener Gewalt darstellen und damit Gewalt gegen Frauen trivialisieren und Strategien zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern behindern,

F.

in der Erwägung, dass männliche Gewalt gegen Frauen den Platz der Frauen in der Gesellschaft prägt: ihre Gesundheit, ihren Zugang zu Beschäftigung und Bildung, ihre Beteiligung an sozialen und kulturellen Aktivitäten, ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit, die Teilnahme am öffentlichen und politischen Leben und an Entscheidungsprozessen sowie ihre Beziehungen zu Männern,

G.

in der Erwägung, dass Frauen die gegen sie gerichtete geschlechtsbezogene Gewalt durch Männer aus komplexen und vielfältigen psychologischen, finanziellen, sozialen und kulturellen Gründen und manchmal auch aufgrund mangelnden Vertrauens in Polizei, Justizwesen und soziale und medizinische Dienste oft nicht publik machen,

H.

in der Erwägung, dass geschlechtsbezogene Gewalt, die vorrangig von Männern gegen Frauen verübt wird, europa- und weltweit ein strukturelles und weit verbreitetes Problem und eine Erscheinung ist, die Opfer wie Täter unabhängig von Alter, Bildungsstand, Einkommen oder sozialer Stellung betrifft und mit der ungleichen Verteilung der Macht zwischen Frauen und Männern in unserer Gesellschaft verbunden ist,

I.

in der Erwägung, dass wirtschaftlicher Druck oft zu häufigeren, brutaleren und gefährlicheren Misshandlungen führt; in der Erwägung, dass Untersuchungen gezeigt haben, dass sich Gewalt gegen Frauen verschlimmert, wenn Männer infolge der Wirtschaftskrise mit Entlassungen und Eigentumsverlusten konfrontiert sind,

J.

in der Erwägung, dass Gewalt gegen Frauen viele Formen von Menschenrechtsverletzungen umfasst, die die folgenden Erscheinungsformen einschließt: sexuellen Missbrauch, Vergewaltigung, häusliche Gewalt, sexuelle Übergriffe und sexuelle Belästigung, Prostitution, Handel mit Frauen und Mädchen, Verletzung der sexuellen und reproduktiven Rechte der Frauen, Gewalt gegen Frauen am Arbeitsplatz, Gewalt gegen Frauen in Konfliktsituationen, Gewalt gegen Frauen in Gefängnissen oder Betreuungseinrichtungen und verschiedene schädigende traditionelle Praktiken; in der Erwägung, dass jede dieser Misshandlungen zu heftigen psychologischen Traumata, allgemeinen Gesundheitsschäden bei Frauen und Mädchen, einschließlich ihrer reproduktiven und sexuellen Gesundheit, und in einigen Fällen zum Tode führen kann,

K.

in der Erwägung, dass männliche Gewalt gegen Frauen in Form der Vergewaltigung in mehreren Mitgliedstaaten nicht als eine Straftat betrachtet wird, die eine Verfolgung von Amts wegen nach sich zieht (9),

L.

in der Erwägung, dass vergleichbare Daten zu den verschiedenen Arten von Gewalt gegen Frauen in der Europäischen Union nicht regelmäßig erhoben werden, wodurch sich das wirkliche Ausmaß des Problems nur schwer ermessen lässt und kaum angemessene Lösungen gefunden werden können; in der Erwägung, dass eine zuverlässige Datenerhebung sehr schwierig ist, da Frauen und Männer aufgrund von Angst oder Scham zögern, den betreffenden Akteuren ihre Erfahrungen anzuzeigen,

M.

in der Erwägung, dass Studien zufolge, die für die Mitgliedstaaten des Europarats vorliegen, die jährlichen Kosten der Gewalt gegen Frauen auf ca. 33 Mrd. Euro geschätzt werden (10),

N.

in der Erwägung, dass Frauen in der Europäischen Union wegen unterschiedlicher politischer Maßnahmen und Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten nicht in gleichem Maße gegen männliche Gewalt geschützt sind,

O.

in der Erwägung, dass die Europäische Union mit dem Vertrag von Lissabon eine größere Zuständigkeit im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, einschließlich Strafverfahrensrecht und materielles Strafrecht, sowie im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit erhalten hat,

P.

in Erwägung der alarmierend hohen Zahl von Frauen, die Opfer geschlechtsbezogener Gewalt geworden sind,

Q.

in der Erwägung, dass das „Mobbing von Müttern“ und Schwangeren eine andere Form der Gewalt oder Misshandlung darstellt, die sich hauptsächlich innerhalb der Familie oder Partnerbeziehung, im sozialen Rahmen oder im Arbeitsumfeld abspielt und den Verlust des Arbeitsplatzes entweder durch Entlassung oder eigene Kündigung sowie Diskriminierung und Depression zur Folge hat,

R.

in der Erwägung, dass die Kommission in ihrer Strategie zur Gleichstellung der Geschlechter (2010-2015) festgestellt hat, dass geschlechtsbezogene Gewalt eines der zentralen Probleme ist, die es zu lösen gilt, um die faktische Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen,

S.

in der Erwägung, dass die Kommission angekündigt hat, 2011 einen Vorschlag für eine Strategie zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen vorzulegen, aber im Arbeitsprogramm der Kommission für 2011 nicht explizit auf diese Strategie Bezug genommen wurde,

1.

begrüßt die Zusage der Kommission in ihrem Aktionsplan zur Umsetzung des Stockholmer Programms, 2011 oder 2012 eine Mitteilung über eine Strategie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, Gewalt in der Familie sowie zur Bekämpfung von Genitalverstümmelung bei Frauen und Mädchen mit anschließendem EU-Aktionsplan vorzulegen (11);

2.

schlägt eine neue umfassende politische Strategie gegen geschlechtsbezogene Gewalt vor, die Folgendes einschließt:

ein strafrechtliches Instrument in Form einer Richtlinie gegen geschlechtsbezogene Gewalt,

Maßnahmen zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen in den Bereichen Politik, Vorbeugung, Schutz, Strafverfolgung, Vorsorge und Partnerschaft (die sogenannten „Sechs P“ der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen: policy, prevention, protection, prosecution, provision, and partnership),

Forderungen an die Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, dass Straftäter entsprechend der Schwere des Delikts bestraft werden,

Forderungen an die Mitgliedstaaten, Schulungen für Beamte zu gewährleisten, die mit Fällen von Gewalt gegen Frauen in Kontakt kommen können, einschließlich Personal der Strafverfolgungsbehörden, der Sozial-, Kinder-, und Gesundheitsbetreuungseinrichtungen sowie der Notfallzentren, um diese Fälle aufzudecken, festzustellen und ordnungsgemäß zu behandeln, wobei die Bedürfnisse und Rechte der Opfer besonders berücksichtigt werden,

Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die gebührende Sorgfalt walten zu lassen und alle Formen von geschlechtsbezogener Gewalt zum Zwecke der strafrechtlichen Verfolgung aufzunehmen und zu untersuchen,

Pläne zur Entwicklung spezieller Ermittlungsverfahren für die Polizei und im Gesundheitswesen zur Sicherung von Beweisen für geschlechtsbezogene Gewalt,

die Schaffung von Partnerschaften mit Hochschuleinrichtungen mit dem Ziel, die auf diesem Gebiet Tätigen, vor allem Richter, Angehörige der Kriminalpolizei, medizinisches Personal, Lehrer und Erzieher sowie im Opferschutz tätige Personen, in geschlechtsbezogener Gewalt zu schulen,

Vorschläge für politische Maßnahmen, die nicht nur die Sicherheit der Opfer gewährleisten und ihre physische und psychische Gesundheit wiederherstellen, sondern ihnen auch dabei helfen, ihr Leben wieder aufzubauen, wobei auf die speziellen Bedürfnisse der verschiedenen Opfergruppen wie Frauen, die Minderheiten angehören, eingegangen wird, und für Maßnahmen, die den Austausch von Informationen und bewährten Verfahren im Umgang mit Überlebenden von Gewalt gegen Frauen fördern,

die Einbeziehung spezifischer Auswahl- und Diagnosemechanismen in den Notaufnahmen der Krankenhäuser und in das medizinische Grundversorgungsnetz, damit für diesen Opfertyp ein wirksameres Zugangs- und Betreuungssystem konsolidiert wird,

Forderungen an die Mitgliedstaaten, Opfern geschlechtsbezogener Gewalt in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Nichtregierungsorganisationen Unterkünfte bereitzustellen,

Mindestanforderungen bezüglich der Anzahl von Unterstützungsstrukturen für Opfer geschlechtsbezogener Gewalt je 10 000 Einwohner in Form von Zentren mit spezifischer Sachkenntnis im Bereich der Opferhilfe,

die Erstellung einer europäischen Charta der Grundversorgung mit Diensten für Opfer von Gewalt gegen Frauen, wozu auch gehören sollten: das Recht auf unentgeltliche Rechtsberatung; die Einrichtung von Aufnahmestellen, die den Bedürfnissen der Opfer nach Schutz und zeitweiliger Unterkunft gerecht werden; ein kostenloser, spezialisierter, dezentraler und zugänglicher psychologischer Notdienst; und ein System von finanziellen Hilfeleistungen zur Unterstützung der finanziellen Unabhängigkeit der Opfer und zur Ermöglichung ihrer Rückkehr in ein normales Leben und der Wiederaufnahme einer Beschäftigung,

Mindeststandards, die gewährleisten, dass Opfer unabhängig von ihrer Rolle im Strafverfahren professionelle Hilfe in Form von Rechtsberatung durch einen Rechtsanwalt erhalten,

Mechanismen zur Erleichterung des Zugangs zu Rechtsbeistand, damit die Opfer ihre Rechte in der gesamten Union geltend machen können,

Pläne zur Entwicklung von Methodikleitlinien und Erhebung neuer Daten für das Erstellen vergleichbarer Statistiken zu geschlechtsbezogener Gewalt, einschließlich Genitalverstümmelungen, um das Ausmaß des Problems festzustellen und eine Grundlage für eine Änderung der Herangehensweise an dieses Problem zu schaffen,

im Verlauf der kommenden fünf Jahre die Ausrufung eines Europäischen Jahres zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen, um die europäischen Bürgerinnen und Bürgern stärker zu sensibilisieren,

Forderungen an die Kommission und die Mitgliedstaaten, angemessene vorbeugende Maßnahmen, einschließlich Sensibilisierungskampagnen, zu ergreifen, gegebenenfalls auch in Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen,

Umsetzung von Maßnahmen in den Tarifverträgen und eine bessere Abstimmung zwischen Arbeitgebern, Gewerkschaften und Unternehmen sowie innerhalb ihrer jeweiligen Verwaltungsgremien mit dem Ziel, die Opfer über ihre Arbeitsrechte angemessen aufzuklären,

mehr Gerichte, die sich mit geschlechtsbezogener Gewalt befassen; mehr Mittel und Schulungsmaterial über geschlechtsbezogene Gewalt für Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte und Verbesserungen bei den Sondereinheiten der Strafverfolgungsbehörden durch mehr Personal und bessere Schulungen und Schulungsmaterialien;

3.

fordert die Mitgliedstaaten mit Nachdruck auf, sexuelle Gewalt und die Vergewaltigung von Frauen – auch in der Ehe und in engen informellen Partnerschaften und/oder durch männliche Verwandte – ohne die Einwilligung des Opfers als Verbrechen anzuerkennen und sicherzustellen, dass solche Straftaten eine automatische Strafverfolgung nach sich ziehen, und jedwede Berufung auf kulturelle, traditionelle oder religiöse Praktiken oder Gepflogenheiten als mildernde Umstände in Fällen von Gewalt gegen Frauen, einschließlich sogenannter Ehrenverbrechen und der Genitalverstümmelung bei Frauen, zurückzuweisen;

4.

erkennt an, dass Gewalt gegen Frauen eine der schlimmsten Formen geschlechtsbezogener Menschenrechtsverletzungen ist und dass häusliche Gewalt – gegen andere Opfer wie Kinder, Männer und ältere Menschen – auch eine verborgene Erscheinung ist, von der zu viele Familien betroffen sind, als dass sie übergangen werden könnte;

5.

betont, dass es für Kinder schwerwiegende Folgen hat, Zeugen körperlicher, sexueller oder psychischer Gewalt und von Missbrauch zwischen den Eltern oder anderen Familienmitgliedern zu werden;

6.

fordert die Mitgliedstaaten auf, für Kinder, die Zeuge von Gewalt geworden sind, eine altersgerechte psychosoziale Beratung zu entwickeln, die speziell auf Kinder zugeschnitten ist, damit sie ihre traumatischen Erfahrungen verarbeiten können, wobei dem Kindeswohl gebührend Rechnung zu tragen ist;

7.

betont, dass Migrantinnen, auch Migrantinnen ohne gültige Ausweispapiere, und Asylbewerberinnen zwei Unterkategorien von Frauen bilden, die durch geschlechtsbezogene Gewalt besonders gefährdet sind;

8.

betont, wie wichtig eine angemessene Ausbildung aller Personen ist, die mit weiblichen Opfern geschlechtsbezogener Gewalt arbeiten, was insbesondere für die Vertreter der Justiz- und der Strafverfolgungsbehörden gilt, bei denen an erster Stelle Polizisten, Richter, Sozialarbeiter und Beschäftigte im Gesundheitswesen zu nennen sind;

9.

fordert die Europäische Kommission auf, unter Nutzung aller vorhandenen Fachkompetenz auf der Grundlage von Daten der Mitgliedstaaten eine Jahresstatistik zu geschlechtsbezogener Gewalt zu erstellen und vorzulegen, einschließlich Angaben darüber, wie viele Frauen alljährlich durch ihre Partner oder Ex-Partner getötet werden;

10.

betont, dass die Forschung zur Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen und auf einer allgemeineren Ebene zu geschlechtsbezogener und sexueller Gewalt als ein fächerübergreifendes Forschungsgebiet in das zukünftige Achte Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung aufgenommen werden sollte;

11.

ersucht die Kommission, auf Grundlage mitgeteilter Gerichtsverfahren, die Gewalt gegen Frauen zum Gegenstand haben, die Einrichtung einer Beobachtungsstelle für Gewalt gegen Frauen in Erwägung zu ziehen;

12.

fordert die Kommission auf, ihre Anstrengungen zur Bekämpfung der geschlechtsbezogenen Gewalt durch Gemeinschaftsprogramme, insbesondere das Daphne-Programm, das bereits erfolgreich zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen beigetragen hat, fortzusetzen;

13.

nimmt zur Kenntnis, dass die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) einen repräsentativen Querschnitt von Frauen aus allen Mitgliedstaaten zu ihren Erfahrungen mit Gewalt befragen wird, und fordert, dass der Schwerpunkt auf die Auswertung der Antworten gelegt wird, die Frauen von den verschiedenen Behörden und Unterstützungsdiensten erhalten, wenn sie Anzeige erstatten;

14.

fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, in ihren nationalen Statistiken die Größenordnung der geschlechtsbezogenen Gewalt deutlich auszuweisen und Maßnahmen zu ergreifen, damit Daten zu geschlechtsbezogener Gewalt erhoben werden, unter anderem zum Geschlecht der Opfer, zum Geschlecht der Täter, zu ihrer Beziehung, zu Alter, Tatort und zu Verletzungen;

15.

fordert die Kommission auf, eine Studie über die finanziellen Folgen der Gewalt gegen Frauen vorzulegen und dabei Studien zu berücksichtigen, mit deren Methoden es möglich ist, die Auswirkungen dieser Form der Gewalt auf die Gesundheitssysteme, auf die Sozialversicherungssysteme und auf dem Arbeitsmarkt finanziell zu erfassen;

16.

fordert die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte und das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen auf, die Verbreitung von Gewalt in Teenager-Beziehungen und deren Auswirkung auf ihr Wohlergehen zu untersuchen;

17.

stellt fest, dass Nachstellung, deren Opfer zu 87 % weiblich sind, psychologische Traumata und erheblichen emotionalen Stress verursacht und dass die Nachstellung daher als Form der Gewalt gegen Frauen betrachtet und in allen Mitgliedstaaten gegen sie mit rechtlichen Mitteln vorgegangen werden können sollte;

18.

stellt fest, dass schädigende traditionelle Praktiken wie Genitalverstümmelungen bei Frauen und sogenannte „Ehrenmorde“ höchst kontextbezogene Formen von Gewalt gegen Frauen sind, und fordert daher die Kommission auf, in ihrer Strategie zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen schädigenden traditionellen Praktiken besondere Aufmerksamkeit zu widmen;

19.

erkennt an, dass es in der Europäischen Union ein ernstes Problem der Prostitution - auch von Minderjährigen - gibt, und fordert, den Zusammenhang zwischen den rechtlichen Rahmenbedingungen im jeweiligen Mitgliedstaat und Form und Ausmaß der Prostitution näher zu untersuchen; weist nachdrücklich auf den besorgniserregenden Anstieg des Menschenhandels in die und innerhalb der EU hin, ein Handel, der insbesondere Frauen und Kinder betrifft, und fordert die Mitgliedstaaten auf, diese illegale Praxis entschlossen zu bekämpfen;

20.

fordert die Mitgliedstaaten auf, das ernste Problem der Leihmutterschaft anzuerkennen, die eine Ausbeutung des weiblichen Körpers und seiner reproduktiven Organe darstellt;

21.

betont, dass sowohl Frauen als auch Kinder denselben Formen der Ausbeutung unterworfen sind und beide daher als „Rohstoffe“ auf dem internationalen Reproduktionsmarkt betrachtet werden können und dass durch neue Reproduktionsvereinbarungen wie die Leihmutterschaft der Handel mit Frauen und Kindern sowie illegale grenzüberschreitende Adoptionen zunehmen;

22.

weist darauf hin, dass häusliche Gewalt als Hauptursache für Fehl- oder Totgeburten und dafür, dass Mütter bei der Geburt sterben, festgestellt wurde, und fordert die Kommission auf, der Gewalt gegen schwangere Frauen mehr Aufmerksamkeit zu widmen, da der Täter mehr als eine Person verletzt;

23.

stellt fest, dass die Zivilgesellschaft, insbesondere NRO, Frauenverbände und andere öffentliche und private Freiwilligenorganisationen, die Gewaltopfern Hilfe anbieten, einen wertvollen Dienst leisten, insbesondere indem sie Frauen, die Opfer von Gewalt wurden, dabei unterstützen, das Schweigen zu brechen, in das die Gewalt sie eingeschlossen hat, und von den Mitgliedstaaten unterstützt werden sollten;

24.

wiederholt, dass sowohl mit den Opfern als auch mit den Aggressoren gearbeitet werden muss, um diese stärker zu sensibilisieren und um zur Veränderung von Stereotypen und in der Gesellschaft verwurzelten Vorstellungen beizutragen, die mithelfen, die Bedingungen für solche Gewalt und ihre Akzeptanz zu verewigen;

25.

fordert die Mitgliedstaaten auf, Frauenhäuser bereitzustellen, die spezialisierte Dienstleistungen, medizinische Behandlung, Rechtsbeistand, psychosoziale und therapeutische Beratung, Rechtsbeistand bei Gerichtsverfahren, Unterstützung für Kinder, die Opfer von Gewalt geworden sind, usw. anbieten sollten, um Frauen und Kinder dabei zu unterstützen, ein selbstbestimmtes Leben ohne Gewalt und Armut zu führen;

26.

betont, dass die Mitgliedstaaten ausreichende Mittel für die Verhinderung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen zur Verfügung stellen müssen, einschließlich Strukturfondsmittel;

27.

betont, wie wichtig es ist, dass die Mitgliedstaaten und die regionalen und lokalen Behörden Maßnahmen ergreifen, die dazu dienen, die Wiedereingliederung von Frauen, die Opfer geschlechtsbezogener Gewalt geworden sind, in den Arbeitsmarkt mittels Instrumenten wie dem Europäischen Sozialfonds (ESF) oder dem Programm für Beschäftigung und soziale Solidarität Progress zu ermöglichen;

28.

fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, einen Rechtsrahmen zu schaffen, der Einwanderinnen das Recht auf den Besitz ihres eigenen Reisepasses und ihrer Aufenthaltsgenehmigung einräumt und der die Möglichkeit vorsieht, dass eine Person, die ihnen diese Dokumente abnimmt, strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wird;

29.

bekräftigt die in seiner Entschließung vom 25. Februar 2010 vertretene Auffassung, dass die Europäische Union im Rahmen des durch den Vertrag von Lissabon geschaffenen neuen Rechtsrahmens dem Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) und dem dazugehörigen Fakultativprotokoll beitreten sollte;

30.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Frage der Gewalt gegen Frauen und die geschlechtsspezifische Dimension von Menschenrechtsverletzungen auf internationaler Ebene zur Sprache zu bringen, insbesondere im Rahmen geltender oder in Aushandlung befindlicher bilateraler Assoziierungs- und internationaler Handelsabkommen;

31.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


(1)  ABl. C 59 vom 23.2.2001, S. 258.

(2)  ABl. C 320 E vom 15.12.2005, S. 247.

(3)  ABl. C 348 E vom 21.12.2010, S. 11.

(4)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0470.

(5)  ABl. C 285E vom 21.10.2010, S. 53.

(6)  ABl. C 184 E vom 8.7.2010, S. 131.

(7)  ABl. C 117 E vom 6.5.2010, S. 52.

(8)  Artikel 1 der Erklärung der Vereinten Nationen vom 20. Dezember 1993 über die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen (A/RES/48/104); Ziffer 113 der Aktionsplattform von Peking der Vereinten Nationen von 1995.

(9)  Durchführbarkeitsstudie der Kommission von 2010 zur Bewertung der Möglichkeiten, Aussichten und des bestehenden Bedarfs für die Vereinheitlichung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der Gewalt gegen Frauen, der Gewalt gegen Kinder und der Gewalt aufgrund der sexuellen Orientierung, S. 53.

(10)  „Die Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen - Studie zur Bestandsaufnahme der in den Mitgliedstaaten des Europarats ergriffenen Maßnahmen und Aktionen“, Europarat 2006.

(11)  „Ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts für die Bürger Europas - Aktionsplan zur Umsetzung des Stockholmer Programms“ (KOM(2010)0171), S. 13.


Mittwoch, 6. April 2011

2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/34


Mittwoch, 6. April 2011
Europäische Auslandsinvestitionspolitik

P7_TA(2011)0141

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zur künftigen europäischen Auslandsinvestitionspolitik (2010/2203(INI))

2012/C 296 E/05

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen vom 7. Juli 2010 mit dem Titel „Auf dem Weg zu einer umfassenden europäischen Auslandsinvestitionspolitik“ (KOM(2010)0343) sowie des Vorschlags der Kommission vom 7. Juli 2010 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung einer Übergangsregelung für bilaterale Investitionsabkommen zwischen den Mitgliedstaaten und Drittländern (KOM(2010)0344),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 3. März 2010 mit dem Titel „Europa 2020 – Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ (KOM(2010)2020) sowie der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen vom 9. November 2010 mit dem Titel „Handel, Wachstum und Weltgeschehen – Handelspolitik als Kernbestandteil der EU-Strategie Europa 2020“ (KOM(2010)0612),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 25. Oktober 2010 zu einer umfassenden europäischen Auslandsinvestitionspolitik,

unter Hinweis auf die aktualisierten „OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen“,

unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Verstößen der Mitgliedstaaten gegen ihre Verpflichtungen, insbesondere das Urteil vom 3. März 2009 in der Rechtssache Kommission gegen Österreich (C-205/06), das Urteil vom 3. März 2009 in der Rechtssache Kommission gegen Schweden (C-249/06) und das Urteil vom 19. November 2009 in der Rechtssache Kommission gegen Finnland (C-118/07),

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für internationalen Handel sowie der Stellungnahmen des Entwicklungsausschusses und des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (A7-0070/2011),

A.

in der Erwägung, dass nach dem Vertrag von Lissabon ausländische Direktinvestitionen (ADI) in den ausschließlichen Zuständigkeitsbereich der Union fallen, wie in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe e und in den Artikeln 206 und 207 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) festgelegt ist,

B.

in der Erwägung, dass seit 1959 von den Mitgliedstaaten mehr als 1 200 bilaterale Investitionsabkommen (BIT) auf bilateraler Ebene und insgesamt fast 3 000 BIT geschlossen wurden,

C.

in der Erwägung, dass es allgemein anerkannt ist, dass ausländische Investitionen die Wettbewerbsfähigkeit der Zielländer verbessern können, es im Fall von Auslandsinvestitionen aber erforderlich sein könnte, unqualifizierte Arbeitskräfte bei der Anpassung zu unterstützen, und in der Erwägung, dass jede Regierung dafür verantwortlich ist, die positiven Auswirkungen von Investitionen zu fördern und schädliche Folgen zu verhindern,

D.

in der Erwägung, dass in den Artikeln 206 und 207 AEUV ADI nicht definiert werden, der Gerichtshof der Europäischen Union (1) jedoch seine Auslegung des Begriffs ADI anhand dreier Kriterien präzisiert hat: als ADI sollten langfristige Investitionen betrachtet werden, die mindestens 10 % des Eigenkapitals/der Anteile des verbundenen Unternehmens ausmachen und dem Investor die unternehmerische Kontrolle über den Geschäftsbetrieb des verbundenen Unternehmens verschaffen, in der Erwägung, dass diese Definition mit jenen des IWF und der OECD übereinstimmt und ADI sich insbesondere von Portfolio-Investitionen und Rechten des geistigen Eigentums unterscheiden, sowie in der Erwägung, dass eine klare Unterscheidung zwischen ADI und Portfolioinvestitionen schwierig ist und eine starre rechtliche Definition schwer auf die Investitionspraxis der realen Welt anzuwenden sein wird,

E.

in der Erwägung, dass einige Mitgliedstaaten den Begriff „ausländischer Investor“ sehr weit fassen, wobei eine Postanschrift für die Feststellung der Nationalität eines Unternehmens als ausreichend betrachtet wird, in der Erwägung, dass einige Unternehmen daher unter Ausnutzung eines von einem Drittstaat unterzeichneten BIT Klage gegen ihr eigenes Land erheben konnten, sowie in der Erwägung, dass sich jedes europäische Unternehmen auf zukünftige Investitionsabkommen oder Freihandelsabkommen der EU, die Kapitel über Investitionen enthalten, verlassen können sollte,

F.

in der Erwägung, dass der Aufstieg neuer Länder mit starker Investitionskraft zu Regional- oder Weltmächten zu einer Abkehr von der klassischen Vorstellung zwingt, dass Investoren ausschließlich aus Industrieländern kommen,

G.

in der Erwägung, dass nach den ersten Streitbeilegungsverfahren in den 90er-Jahren und trotz im Allgemeinen positiver Erfahrungen zahlreiche Probleme infolge der Verwendung vager, interpretierbarer Formulierungen in Abkommen deutlich wurden, insbesondere was Konflikte zwischen privaten Interessen und den Regulierungsaufgaben des Staates angeht, etwa in Fällen, in denen die Annahme von rechtmäßigen Rechtsvorschriften dazu führte, dass ein Staat von internationalen Schiedsrichtern wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der „gerechten und gleichen Behandlung“ verurteilt wurde,

H.

in der Erwägung, dass die USA und Kanada, die zu den ersten Staaten gehörten, gegen die solche Urteile abgegeben wurden, ihr BIT-Musterabkommen entsprechend angepasst haben, um den Auslegungsspielraum der Schiedsgerichte einzuschränken und den Bereich ihrer öffentlichen Intervention besser zu schützen,

I.

in der Erwägung, dass die Kommission die Länder aufgelistet hat, die privilegierte Partner für die Aushandlung der ersten Investitionsabkommen sein sollten (China, Indien, Kanada, Mercosur, Russland und Singapur),

J.

in der Erwägung, dass der neu eingerichtete Europäische Auswärtige Dienst (EAD) auch die weltweite Präsenz und Rolle der EU verstärken wird, einschließlich der Förderung und des Schutzes der handelspolitischen Ziele der EU im Investitionsbereich,

1.

erkennt an, dass infolge des Vertrags von Lissabon ADI jetzt in die ausschließliche Zuständigkeit der EU fallen; stellt fest, dass diese neue Zuständigkeit der EU eine zweifache Herausforderung darstellt: einerseits im Hinblick auf die Abwicklung bestehender BIT und andererseits bezüglich der Festlegung einer europäischen Investitionspolitik, die den Erwartungen der Investoren und der Zielländer ebenso wie den allgemeineren wirtschaftlichen Interessen und außenpolitischen Zielen der EU gerecht wird;

2.

begrüßt diese neue Zuständigkeit der EU und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, diese Gelegenheit zu ergreifen und gemeinsam mit dem Parlament eine integrierte und kohärente Investitionspolitik zu entwickeln, mit der hochwertige Investitionen gefördert werden und die einen positiven Beitrag zum weltweiten wirtschaftlichen Fortschritt und zur nachhaltigen Entwicklung leistet; ist der Auffassung, dass das Parlament in angemessener Weise an der Gestaltung der künftigen Investitionspolitik beteiligt werden muss und dass dies eine ordnungsgemäße Konsultation zu den Mandaten für bevorstehende Verhandlungen sowie regelmäßige und aussagekräftige Informationen über den Stand der laufenden Verhandlungen erfordert;

3.

stellt fest, dass die EU als bedeutender Wirtschaftsblock über ein großes Verhandlungsgewicht verfügt; ist der Auffassung, dass eine gemeinsame Investitionspolitik den Erwartungen sowohl der Investoren als auch der betroffenen Staaten entsprechen und zu einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der EU und ihrer Unternehmen sowie zur Ausweitung der Beschäftigung beitragen kann;

4.

erachtet einen koordinierten europäischen Rahmen für notwendig, der dazu angetan ist Sicherheit zu schaffen und zur Förderung der Grundsätze und Zielvorgaben der EU anzuhalten;

5.

verweist darauf, dass in der gegenwärtigen Phase der Globalisierung ein starker Anstieg von ADI zu verzeichnen ist, die 2007 – in dem Jahr, bevor die Investitionen durch die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise beeinträchtigt wurden – eine Rekordhöhe von nahezu 1,5 Billionen Euro erreichten, wobei die EU die größte Quelle von ADI in der gesamten Weltwirtschaft ist; betont jedoch, dass in den Jahren 2008 und 2009 die Investitionen infolge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise zurückgegangen sind; betont, dass ungefähr 80 % des Gesamtumfangs der weltweiten ADI auf grenzüberschreitende Fusionen und Übernahmen entfällt;

6.

begrüßt die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Auf dem Weg zu einer umfassenden europäischen Auslandsinvestitionspolitik“, betont jedoch, dass sie zu stark auf den Schutz der Investoren ausgerichtet ist und dass das Recht auf den Schutz der Fähigkeit der Staaten, Regelungen zu treffen und der Verpflichtung der EU zur Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung gerecht zu werden, mehr in den Vordergrund gerückt werden sollte;

7.

ist der Auffassung, dass Investitionen positive Auswirkungen auf das Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen haben können, nicht nur in der EU, sondern auch in Entwicklungsländern, sofern die Investoren aktiv zum Erreichen der Entwicklungsziele in den Gastländern beitragen, zum Beispiel durch Unterstützung der lokalen Wirtschaft durch Technologietransfer und durch Nutzung der vor Ort vorhandenen Arbeitskräfte und Betriebsmittel;

8.

fordert die Kommission auf, die Erfahrungen auf multilateraler, plurilateraler und bilateraler Ebene nicht zu vergessen, insbesondere was das Scheitern der OECD-Verhandlungen über ein multilaterales Investitionsabkommen angeht;

9.

fordert die Kommission auf, bei der Ausarbeitung der Investitionsstrategie der EU sorgfältig und koordiniert vorzugehen und sich dabei auf die bewährten Methoden der BIT zu stützen; stellt fest, dass die Abkommen der Mitgliedstaaten inhaltlich voneinander abweichen, und fordert die Kommission auf, diese Abweichungen zu beseitigen, um eine solide Vorlage der EU für Investitionsabkommen zur Verfügung zu stellen, die auch dem Entwicklungsstand des Partnerlandes angepasst werden kann;

10.

fordert die Kommission auf, so zügig wie möglich unverbindliche Leitlinien zu veröffentlichen, z. B. in Form eines Musters für BIT, das von den Mitgliedstaaten verwendet werden kann, um Sicherheit und Konsequenz zu fördern;

Begriffsbestimmungen und Anwendungsbereich

11.

fordert die Kommission auf, eine eindeutige Begriffsbestimmung der zu schützenden Investitionen einschließlich ADI und Portfolio-Investitionen vorzulegen; ist jedoch der Auffassung, dass spekulative Investitionsformen im Sinne der Definition der Kommission nicht geschützt werden sollen; fordert nachdrücklich, dass in Fällen, in denen Rechte des geistigen Eigentums in den Anwendungsbereich eines Investitionsabkommens – einschließlich der Abkommen, für die bereits ein Entwurf eines Mandats vorgeschlagen wurde – aufgenommen werden, durch Vorschriften verhindert wird, dass die Herstellung von Generika dadurch beeinträchtigt wird, und dass die TRIPS-Ausnahmeregelungen für die öffentliche Gesundheit geachtet werden;

12.

stellt mit Besorgnis fest, dass Verhandlungen über unterschiedliche Arten von Investitionen zu einer Vermischung von ausschließlichen und gemeinsamen Zuständigkeiten führen würden;

13.

fordert die Einführung des Begriffs „EU-Investor“, durch die die Bedeutung der Förderung von Investoren aus allen Mitgliedstaaten zu gleichen Bedingungen im Geiste von Artikel 207 AEUV hervorgehoben würde, denen gleiche Bedingungen für die Durchführung und den Schutz ihrer Investitionen gewährleistet werden;

14.

weist darauf hin, dass in dem Standard-BIT der EU-Mitgliedstaaten eine weitgefasste Definition des Begriffs „ausländischer Investor“ verwendet wird; fordert die Kommission auf zu bewerten, wo dies zu missbräuchlichen Praktiken geführt hat; ersucht die Kommission, eine eindeutige Definition des Begriffs „ausländischer Investor“ auf der Grundlage dieser Bewertung und der jüngsten OECD-Referenzdefinition von ADI vorzulegen;

Schutz der Investoren

15.

betont, dass der Investorenschutz für alle EU-Investoren weiterhin oberste Priorität in Investitionsabkommen haben muss;

16.

stellt fest, dass die Aushandlung von bilateralen Investitionsabkommen ein zeitraubender Prozess ist; fordert die Kommission auf, entsprechende personelle und materielle Ressourcen für die Aushandlung und den Abschluss von EU-Investitionsabkommen einzusetzen;

17.

ist der Auffassung, dass die Forderung des Rates in seinen Schlussfolgerungen zu dieser Mitteilung – wonach der neue europäische Rechtsrahmen den Investorenschutz und die aufgrund der bestehenden Abkommen gewährten Garantien nicht beeinträchtigen sollte – die Gefahr bergen könnte, dass jedes neue Abkommen abgelehnt wird, und dazu führen könnte, dass das notwendige Gleichgewicht zwischen dem Investorenschutz und dem Schutz des Regulierungsspielraums – in einer Phase zunehmender ausländischer Investitionen in der EU – in Gefahr gerät; ist der Ansicht, dass eine solche Formulierung des Beurteilungskriteriums im Widerspruch zu Bedeutung und Geist des Artikels 207 AEUV stehen könnte;

18.

ist der Auffassung, dass die erforderliche Feststellung von bewährten Verfahren, auf die in den Schlussfolgerungen des Rates ebenfalls hingewiesen wird, eine sinnvollere und wirksamere Alternative ist, auf deren Grundlage eine kohärente europäische Investitionspolitik geschaffen werden kann;

19.

vertritt die Ansicht, dass künftige von der EU geschlossene Investitionsabkommen auf nach der Erfahrung der Mitgliedstaaten bewährten Methoden aufbauen und folgende Standards umfassen sollten:

Nichtdiskriminierung (Inländerbehandlung und Meistbegünstigung) mit einer präziseren Formulierung der Definition, wobei darauf hinzuweisen ist, dass ausländische und inländische Investoren unter „ähnlichen Bedingungen“ agieren müssen, und eine gewisse Flexibilität in Bezug auf die Meistbegünstigungsklausel möglich sein muss, um regionale Integrationsprozesse in Entwicklungsländern nicht zu behindern,

faire und gleiche Behandlung, definiert auf der Grundlage der Behandlung nach dem internationalen Gewohnheitsrecht,

Schutz vor direkter und indirekter Enteignung, wobei ein klares und gerechtes Verhältnis zwischen Zielen des Gemeinwohls und privaten Interessen zu definieren ist und eine angemessene Entschädigung im Verhältnis zu den bei einer unrechtmäßigen Enteignung entstandenen Schäden vorzusehen ist;

20.

fordert die Kommission auf, die potenziellen Auswirkungen der Aufnahme einer Schirmklausel in künftige europäische Investitionsabkommen zu bewerten und dem Europäischen Parlament und dem Rat Bericht zu erstatten;

21.

fordert die Kommission auf, bei Verhandlungen über den Marktzugang mit ihren wichtigsten Handelspartnern, die Industrieländer sind, und den bedeutendsten Schwellenländern Gegenseitigkeit sicherzustellen und darauf zu achten, dass sensible Sektoren ausgenommen werden müssen und die Handelsbeziehungen der EU zu Entwicklungsländern weiterhin asymmetrisch zu gestalten sind;

22.

stellt fest, dass die erwartete Verbesserung der Sicherheit den KMU dabei helfen wird, in Drittländern zu investieren, und ist diesbezüglich der Auffassung, dass die Stimme der KMU während der Verhandlungen gehört werden muss;

Schutz des Rechts, Regelungen zu treffen

23.

betont, dass bei künftigen von der EU geschlossenen Investitionsabkommen die Interventionsfähigkeit von Staaten geachtet werden muss;

24.

äußert große Besorgnis hinsichtlich des Ermessensspielraums mancher internationaler Schiedsrichter, die Klauseln zum Schutz von Investoren großzügig auszulegen und somit legitime staatliche Regelungen auszuschließen; fordert die Kommission auf, eine klare Definition der Standards zum Schutz der Investoren vorzulegen, um solche Probleme in den neuen Investitionsabkommen zu unterbinden;

25.

fordert die Kommission auf, in alle künftigen Abkommen spezifische Klauseln aufzunehmen, in denen das Recht der Vertragsparteien festgelegt ist, unter anderem im Bereich des Schutzes der nationalen Sicherheit, der Umwelt, der öffentlichen Gesundheit, der Rechte der Arbeitnehmer und Verbraucher, der Industriepolitik und der kulturellen Vielfalt Regelungen zu treffen;

26.

betont, dass die Kommission von Fall zu Fall entscheiden sollte, welche Sektoren nicht in den Anwendungsbereich künftiger Abkommen fallen, etwa sensible Sektoren wie Kultur und Bildung und öffentliche Gesundheit sowie Sektoren, die für die nationale Verteidigung von strategischer Bedeutung sind, und fordert die Kommission auf, das Europäische Parlament über das jeweilige Mandat, das sie erhalten hat, zu informieren; stellt fest, dass die EU die Belange der Entwicklungspartnerländer ernst nehmen muss und keine weiteren Liberalisierungen fordern sollte, wenn ein Land den Schutz bestimmter Sektoren insbesondere im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen für seine Entwicklung als notwendig erachtet;

Aufnahme von Sozial- und Umweltstandards

27.

betont, dass die künftige EU-Politik auch Investitionen begünstigen muss, die nachhaltig und umweltfreundlich sind (insbesondere in den mineralgewinnenden Sektoren) und gute Arbeitsbedingungen in den Unternehmen fördern, in die die Investitionen fließen; fordert die Kommission auf, in alle künftigen Abkommen einen Verweis auf die aktualisierten OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen aufzunehmen;

28.

bekräftigt im Hinblick auf die Investitionskapitel in weiter gefassten Freihandelsabkommen seine Forderung nach Aufnahme einer Klausel zur sozialen Verantwortung von Unternehmen und von wirksamen Sozial- und Umweltklauseln in jedes von der EU unterzeichnete Freihandelskommen;

29.

fordert die Kommission auf zu prüfen, wie solche Klauseln in die BIT der Mitgliedstaaten aufgenommen wurden und in welcher Form sie auch in künftige eigenständige Investitionsabkommen aufgenommen werden könnten;

30.

begrüßt es, dass eine Reihe von BIT derzeit eine Klausel umfassen, die verhindert, dass Sozial- und Umweltvorschriften verwässert werden, um Investitionen anzuziehen, und fordert die Kommission auf, die Aufnahme einer solchen Klausel in ihre künftigen Abkommen zu prüfen;

Streitbeilegungsmechanismus und Verantwortung der EU

31.

ist der Ansicht, dass die derzeitige Regelung zur Streitbeilegung geändert werden muss, damit folgenden Aspekten Rechnung getragen werden kann: sie muss transparenter werden, den Parteien die Möglichkeit bieten, Rechtsmittel einzulegen, vorschreiben, dass lokale Rechtsmittel ausgeschöpft werden müssen, sofern sie ein ordnungsgemäßes Verfahren garantieren, die Möglichkeit vorsehen, „Amicus curiae“-Schriftsätze vorzulegen, und festschreiben, dass ein einziger Ort für Schiedsverfahren zwischen Investoren und dem Staat bestimmt wird;

32.

ist der Ansicht, dass neben zwischenstaatlichen Streitbeilegungsverfahren auch Streitbeilegungsverfahren zwischen Investoren und dem Staat Anwendung finden müssen, um einen umfassenden Investitionsschutz zu gewährleisten;

33.

ist sich bewusst, dass die EU nicht auf die bestehenden Streitbeilegungsmechanismen des Internationalen Zentrums zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) und der Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht (UNCITRAL) zurückgreifen kann, da sie nicht Mitglied dieser Organisationen ist; fordert die EU auf, gemäß den in dieser Entschließung vorgeschlagenen Reformen ein Kapitel über die Streitbeilegung in jedes neue Investitionsabkommen der EU aufzunehmen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Verantwortung als wichtige internationale Akteure zu übernehmen und auf die notwendigen Reformen der ICSID- und der UNCITRAL-Regeln hinzuarbeiten;

34.

fordert die Kommission auf, Lösungen vorzustellen, die es KMU ermöglichen, die hohen Kosten für Streitbeilegungsverfahren besser zu finanzieren;

35.

fordert die Kommission auf, so bald wie möglich eine Verordnung über die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen der Ebene der EU und jener der Mitgliedstaaten vorzulegen, insbesondere was die finanzielle Haftung angeht, wenn die EU einen Prozess vor einem internationalen Schiedsgericht verliert;

Wahl der Partner und Befugnisse des Parlaments

36.

billigt den Grundsatz, dass vorrangige Partner für künftige Investitionsabkommen der EU jene Länder sein sollten, die ein großes Marktpotenzial bieten, in denen ausländische Investitionen jedoch besser geschützt werden müssen;

37.

stellt fest, dass das Investitionsrisiko im Allgemeinen in Entwicklungsländern und den am wenigsten entwickelten Ländern höher ist und dass ein starker, wirksamer Investorenschutz in Form von Investitionsverträgen wesentlich für den Schutz europäischer Anleger ist und zur Verbesserung der Governance beitragen und somit das stabile Umfeld schaffen kann, das für eine Steigerung der ADI in diese Länder erforderlich ist; stellt fest, dass Investitionsabkommen, wenn sie diesen Ländern noch mehr zugute kommen sollen, auch auf die Pflichten der Investoren im Hinblick auf Menschenrechtsstandards und Standards für die Korruptionsbekämpfung abstellen sollten, und zwar im Rahmen einer umfassenderen Partnerschaft zwischen der EU und den Entwicklungsländern, die das Ziel hat, die Armut zu reduzieren; fordert die Kommission auf, auf der Grundlage der bewährten Verfahren der Mitgliedstaaten in Bezug auf BIT mögliche künftige Partner zu bewerten;

38.

erklärt sich besorgt darüber, dass ADI in den am wenigsten entwickelten Ländern ausgesprochen begrenzt und in der Regel auf natürliche Ressourcen konzentriert sind;

39.

ist der Auffassung, dass lokale Unternehmen in Entwicklungsländern stärker gefördert werden sollten, insbesondere über Anreize zur Steigerung ihrer Produktivität, zur engeren Zusammenarbeit und Verbesserung beruflicher Qualifikationen, was für die Ankurbelung der Wirtschaftstätigkeit, der Wettbewerbsfähigkeit und des Wachstums in den Entwicklungsländern von entscheidender Bedeutung ist; regt zusätzlich einen Transfer von neuen, grünen EU-Technologien in Entwicklungsländer an, weil dies die beste Möglichkeit zur Förderung eines nachhaltigen und umweltfreundlichen Wachstums darstellt;

40.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, den Standpunkt des Parlaments vor der Aufnahme von Investitionsverhandlungen sowie während dieser Verhandlungen umfassend zu berücksichtigen; weist auf den Inhalt des Rahmenabkommens über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission hin und fordert die Kommission auf, das Parlament rechtzeitig zu den Entwürfen von Verhandlungsmandaten zu konsultieren, sodass es seinen Standpunkt formulieren kann, der wiederum von der Kommission und vom Rat gebührend zu berücksichtigen ist;

41.

betont, dass die Rolle der EAD-Delegationen in der Strategie für die künftige Investitionspolitik berücksichtigt werden muss, wobei ihr Potenzial und ihre Sachkenntnisse über die Lage vor Ort als strategischer Vorteil im Hinblick auf die neuen Politikziele anzuerkennen sind;

*

* *

42.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission, den Mitgliedstaaten, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Ausschuss der Regionen zu übermitteln.


(1)  Urteil vom 12. Dezember 2006, Test Claimants in the FII Group Litigation gegen Commissioners of Inland Revenue (Rechtssache C-446/04).


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/40


Mittwoch, 6. April 2011
Schutz der finanziellen Interessen der Union – Betrugsbekämpfung

P7_TA(2011)0142

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zum Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften – Betrugsbekämpfung – Jahresbericht 2009 (2010/2247(INI))

2012/C 296 E/06

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine Entschließungen zu den früheren Jahresberichten der Kommission und des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF),

in Kenntnis des Berichts der Kommission an das Europäische Parlaments und den Rat vom 14. Juli 2010„Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union – Betrugsbekämpfung – Jahresbericht 2009“ (KOM(2010)0382) und seiner Begleitdokumente (SEK(2010)0897 und SEK(2010)0898),

unter Hinweis auf den Zehnten Tätigkeitsbericht des OLAF – Jahresbericht 2010 (1),

unter Hinweis auf den Jahresbericht des Europäischen Rechnungshofs über die Ausführung des Haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2009 zusammen mit den Antworten der Organe (2),

unter Hinweis auf den Jahresbericht des Rechnungshofs über die Tätigkeiten im Rahmen des sechsten, siebten, achten und neunten Europäischen Entwicklungsfonds in Bezug auf das Haushaltsjahr 2009, zusammen mit den Antworten der Kommission (3),

gestützt auf Artikel 319 Absatz 3 und Artikel 325 Absatz 5 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (4),

unter Hinweis auf seine Erklärung vom 18. Mai 2010 zu den Bemühungen der Union zur Bekämpfung der Korruption (5), um zu gewährleisten, dass es bei der Inanspruchnahme der Mittel der EU nicht zu Korruption kommt;

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Haushaltskontrollausschusses (A7-0050/2011),

Allgemeine Bemerkungen

1.

bedauert, dass der gemäß Artikel 325 Absatz 5 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vorgelegte Bericht der Kommission „Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union – Betrugsbekämpfung – Jahresbericht 2009“ (KOM(2010)0382) keine Informationen über den geschätzten Umfang der Unregelmäßigkeiten und Betrugsfälle in den einzelnen Mitgliedstaaten enthält, da er sich auf das Berichtsniveau konzentriert, und es somit nicht möglich ist, sich einen Überblick über das tatsächliche Ausmaß der Unregelmäßigkeiten und Betrugsfälle in den Mitgliedstaaten zu verschaffen und diejenigen mit den höchsten Unregelmäßigkeits- und Betrugsquoten zu ermitteln und zu disziplinieren;

2.

hebt hervor, dass Betrug ein vorsätzliches Fehlverhalten ist, das einen Straftatbestand darstellt, und dass eine Unregelmäßigkeit darin besteht, eine Regel nicht einzuhalten; bedauert, dass der Bericht der Kommission auf den Sachverhalt des Betrugs nicht gründlich eingeht, sich hingegen ausführlich mit Unregelmäßigkeiten beschäftigt; erinnert daran, dass sich Artikel 325 des Vertrags über die Arbeitsweise der Union (AEUV) mit Betrug und nicht mit Unregelmäßigkeiten befasst, und fordert, dass eine Abgrenzung zwischen Betrugsfällen und Fehlern beziehungsweise Unregelmäßigkeiten vorgenommen wird;

3.

weist darauf hin, dass in den letzen Jahren im Zuge der umfassenden Bemühungen um die Bekämpfung von Korruption zahlreiche Methoden zur Messung von Betrügereien entwickelt wurden und fordert die Kommission auf, diese Bemühungen um die Ermittlung von Betrug auszuweiten und - zunächst als Pilotverfahren - in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten geeignete neue Methoden anzuwenden, die für die Messung von Unregelmäßigkeiten und Betrug entwickelt werden;

4.

fordert die Kommission auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten ihren Meldepflichten nachkommen und verlässliche und vergleichbare Daten über Unregelmäßigkeiten und Betrugsfälle bereitgestellt werden, selbst wenn dies eine Änderung des Sanktionssystems durch die Kommission für die Nichteinhaltung dieser Meldepflichten erforderlich macht;

5.

bedauert, dass immer noch hohe Beträge an EU-Geldern unrechtmäßig ausgezahlt werden, und fordert die Kommission auf, geeignete Maßnahmen mit Blick auf eine zügige Wiedereinziehung dieser Beträge zu ergreifen;

6.

ist angesichts des Ausmaßes nicht bereinigter Unregelmäßigkeiten in Italien besorgt, welche am Ende des Haushaltsjahres 2009 nicht wieder eingezogen oder als uneinbringlich erklärt wurden;

7.

fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten in stärkerem Maße für die Geldsumme, die aufgrund von Unregelmäßigkeiten wieder eingezogen werden muss, zur Rechenschaft zu ziehen;

8.

stellt fest, dass die Mitgliedstaaten nach EU-Recht verpflichtet sind, spätestens zwei Monate nach Ablauf des Quartals, in dem eine Unregelmäßigkeit Gegenstand einer ersten behördlichen oder gerichtlichen Feststellung war und/oder neue Informationen über eine berichtete Unregelmäßigkeit bekannt werden, sämtliche Unregelmäßigkeiten zu melden; fordert die Mitgliedstaaten auf, alle notwendigen Bemühungen zu unternehmen, einschließlich der Straffung der nationalen Verwaltungsverfahren, um die vorgeschriebenen Fristen einzuhalten und die zeitliche Lücke zwischen der Feststellung einer Unregelmäßigkeit und der entsprechenden Meldung zu reduzieren; fordert die Mitgliedstaaten auf, bei ihren Bemühungen zur Bekämpfung von Betrug in erster Linie als Garanten zum Schutz des Geldes der Steuerzahler aufzutreten;

9.

erkundigt sich nach den von der Kommission eingeleiteten Schritten zur Bekämpfung der zunehmenden Betrugsverdachtsfälle, sowohl, was ihre Zahl als die betroffenen Summen angeht, im Vergleich zur Gesamtzahl der Unregelmäßigkeiten in den Mitgliedstaaten Polen, Rumänien und Bulgarien;

10.

ist angesichts der verdächtig niedrigen Betrugsverdachtsquoten in Spanien und Frankreich besorgt, die im Bericht der Kommission „Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union – Betrugsbekämpfung – Jahresbericht 2009“ aufgeführt sind, insbesondere, wenn man die Größe der Länder und das Ausmaß der ihnen zukommenden finanziellen Unterstützung in Betracht zieht, und fordert die Kommission daher auf, ausführliche Angaben über die angewandte Meldemethode und die Fähigkeit dieser Staaten, Betrugsfälle aufzudecken, zu machen;

11.

fordert die Mitgliedstaaten, die das Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften vom 26. Juli 1995 (6) oder dessen Protokolle (7) (die PIF-Rechtsakte) noch nicht ratifiziert haben – also Estland, Malta und die Tschechische Republik –, dazu auf, diese Rechtsakte unverzüglich zu ratifizieren; fordert die Mitgliedstaaten, die die PIF-Rechtsakte ratifiziert haben, dazu auf, ihre Anstrengungen zu intensivieren und ihre strafrechtlichen Bestimmungen zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union zu verstärken und dabei insbesondere die bestehenden Mängel anzugehen, auf die im zweiten Bericht der Kommission über die Umsetzung des Übereinkommens über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften und seiner Protokolle (KOM(2008)0077) hingewiesen wurde;

12.

begrüßt das im Jahr 2009 eingeführte Meldesystem zum Umgang mit Unregelmäßigkeiten (IMS), eine von OLAF entwickelte und betriebene Anwendung, sowie die positiven Entwicklungen, die es hervorgebracht hat; ist besorgt, dass die Kommission die Zunahme der gemeldeten Fälle und des finanziellen Schadens mit der Anwendung neuer Technologien erklärt; fordert die Kommission auf, dem Parlament in ausführlicher Form die Methodik des neu installierten Meldesystems darzulegen und sie in ihre Berichte der kommenden Jahre aufzunehmen; fordert die Mitgliedstaaten auf, dieses System vollständig umzusetzen und die Einhaltung ihrer Berichtspflichten weiter zu verbessern;

13.

fordert die Kommission auf, in ihrem Bericht für das kommende Jahr die Gesamtzahlen der mit dem neuen System und mit der herkömmlichen Methode gemeldeten Unregelmäßigkeiten gegenüberzustellen; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Geschwindigkeit, mit der Unregelmäßigkeiten gemeldet werden, zu erhöhen;

14.

bringt angesichts der ernsthaften Zweifel an der Qualität der von den Mitgliedstaaten übermittelten Informationen erneut sein Bedauern darüber zum Ausdruck, dass die Kommission mehr darum bemüht ist, das Europäische Parlament von der Notwendigkeit der Einführung eines „hinnehmbaren Fehlerrisikos“ zu überzeugen, statt die Mitgliedstaaten von der Notwendigkeit nationaler Verwaltungserklärungen zu überzeugen, die vom nationalen Rechnungsprüfungsgremium ordnungsgemäß geprüft und vom Rechnungshof bestätigt werden müssen; fordert die Europäische Kommission auf, in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und mittels eines angemessenen vertragskonformen Berichts dem Europäischen Parlament die hinreichende Gewähr zu geben, dass dieses Ziel erreicht wurde beziehungsweise dass eine ordnungsgemäße Betrugsbekämpfung vonstatten geht;

Einnahmen: Eigenmittel

15.

ist angesichts des Ausmaßes der Betrugsfälle im Vergleich zu den Unregelmäßigkeiten im Bereich der Eigenmittel in den Mitgliedstaaten Österreich, Spanien, Italien, Rumänien und Slowakei besorgt, da in jedem dieser Mitgliedstaaten über die Hälfte der Unregelmäßigkeiten auf Betrugsfälle entfällt; fordert die Mitgliedstaaten auf, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, einschließlich der engen Zusammenarbeit mit den EU-Organen, um alle Ursachen für Betrug im Zusammenhang mit EU-Geldmitteln anzugehen;

16.

bedauert die vom Rechnungshof aufgedeckten Mängel bei der nationalen zollamtlichen Überwachung – insbesondere im Hinblick auf die Durchführung von Risikoanalysen im Zusammenhang mit der Auswahl von Händlern und Importeuren für Zollkontrollen –, wodurch das Risiko nicht aufgedeckter Unregelmäßigkeiten erhöht wird und Traditionelle Eigenmittel verloren gehen; ruft die Mitgliedstaaten dazu auf, ihre zollamtlichen Überwachungssysteme zu verbessern, und fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen;

17.

betont, dass etwa 70 % sämtlicher Zolleinfuhrverfahren vereinfacht sind, was erhebliche Auswirkungen auf die Einziehung von Traditionellen Eigenmitteln und die Wirksamkeit der gemeinsamen Handelspolitik hat; hält in diesem Zusammenhang das Fehlen wirksamer Kontrollen bei vereinfachten Verfahren für die Einfuhren in die Mitgliedstaaten, auf das im Sonderbericht des Rechungshofs Nr. 1/2010 hingewiesen wurde, für nicht hinnehmbar, und fordert die Kommission auf, weitere Untersuchungen zur Wirksamkeit der Kontrollen bei vereinfachten Verfahren in den Mitgliedstaaten durchzuführen und insbesondere die von den Mitgliedstaaten im Anschluss an die Ex-post-Prüfungen erzielten Fortschritte zu untersuchen und das Parlament bis Ende 2011 über die Ergebnisse dieser Untersuchungen zu unterrichten;

18.

nimmt das Ergebnis der Ermittlungen zur Kenntnis, die OLAF auf dem Gebiet der Eigenmittel durchführte; ist zutiefst besorgt über das Ausmaß der Betrügereien im Zusammenhang mit aus China eingeführten Waren und fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die betreffenden Beträge unverzüglich wieder einzuziehen;

19.

begrüßt den erfolgreichen Abschluss der gemeinsamen Zollaktion Diabolo II, an der Zollbeamte aus 19 asiatischen Ländern und 27 EU-Mitgliedstaaten beteiligt waren und die von der Europäischen Kommission über das OLAF koordiniert wurde;

20.

begrüßt die Abkommen über die Bekämpfung des illegalen Zigarettenhandels, die die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten mit Tabakherstellern abgeschlossen haben; ist der Auffassung, dass es im finanziellen Interesse der EU ist, mit der Bekämpfung des Zigarettenschmuggels fortzufahren, der laut Schätzungen zu Steuerausfällen im EU-Haushalt in Höhe von einer Milliarde EUR führt; fordert OLAF nachdrücklich auf, bei den Verhandlungen über ein Protokoll über die Beseitigung des illegalen Handels mit Tabakwaren gemäß Artikel 15 des Rahmenübereinkommens der Weltgesundheitsorganisation zur Eindämmung des Tabakkonsums eine führende Rolle einzunehmen, da dieses Protokoll die Bekämpfung illegalen Handels in der EU begünstigen würde; ist der Auffassung, dass die 500 Millionen EUR, die die beiden Unternehmen British American Tobacco und Imperial Tobacco zahlen sollen, von der Kommission und den betroffenen Mitgliedstaaten auch für die Stärkung der Betrugsbekämpfungsmaßnahmen verwendet werden sollten;

Ausgaben: Agrarausgaben

21.

begrüßt die Feststellung der Kommission, dass sich die Berichtsdisziplin in diesem Politikbereich verbessert hat und die Einhaltungsquote nunmehr bei 95 % liegt; fordert die Mitgliedstaaten, die ihre Berichte immer noch nicht rechtzeitig übermitteln (Österreich, Finnland, die Niederlande, die Slowakei und das Vereinigte Königreich) auf, unverzüglich Abhilfemaßnahmen zu ergreifen;

22.

fordert die Kommission auf, die Lage in Spanien und Italien, von denen die höchste Anzahl von Unregelmäßigkeiten bzw. die höchsten Schadensbeträge gemeldet wurden, genau zu überwachen und das Europäische Parlament über die konkreten Maßnahmen zu unterrichten, die ergriffen wurden, um die Probleme in diesen beiden Mitgliedstaaten anzugehen;

23.

fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob die Disparität zwischen höheren Ausgaben und dem Mindestwert gemeldeter Unregelmäßigkeiten sowie die erheblichen Unterschiede bei der Zahl der gemeldeten Unregelmäßigkeiten (Estland 88,25 %; Zypern, Ungarn, Lettland, Malta, Slowenien und Slowakei 0,00 %) Rückschlüsse auf die Wirksamkeit der Kontrollsysteme zulässt, mit dem Ziel, diese anschließend zu überarbeiten;

24.

ist zutiefst besorgt über die Feststellung des Rechnungshofs, dass im Jahr 2009 Zahlungen in diesem Politikbereich mit wesentlichen Fehlern behaftet waren und dass die Überwachungs- und Kontrollsysteme im Hinblick auf die Ordnungsmäßigkeit der Zahlungen generell bestenfalls bedingt wirksam waren; bedauert die Feststellung des Rechnungshofs, dass das Integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem (InVeKoS) zwar auf einem soliden Grundkonzept basiert, seine Wirksamkeit aber durch ungenaue Daten in den Datenbanken, unvollständige Gegenkontrollen oder fehlerhafte bzw. unvollständige Weiterverfolgung von Unstimmigkeiten beeinträchtigt wird; fordert die Kommission auf, die Wirksamkeit der Überwachungs- und Kontrollsysteme genau zu überwachen, die von den Mitgliedstaaten eingerichtet wurden, um sicherzustellen, dass die Informationen über die Unregelmäßigkeitsquote der einzelnen Mitgliedstaaten ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermitteln; fordert die Kommission auf, die Schwachstellen bei der Wirksamkeit des InVeKoS zu beseitigen;

25.

verweist darauf, dass sich endgültige Zahlen nur für Jahre ermitteln lassen, die als abgeschlossen gelten und dass demnach das Haushaltsjahr 2004 derzeit das letzte Haushaltsjahr ist, das als abgeschlossen betrachtet werden kann:

26.

bedauert die katastrophale Situation der Gesamtwiedereinziehungsquote in diesem Politikbereich, die im Jahr 2009 bei 42 % der 1 266 Millionen EUR lag, die zum Ende des Haushaltsjahrs 2006 ausstanden; ist insbesondere besorgt über die Feststellung des Rechnungshofs, dass die 121 Millionen EUR, die bei den Begünstigten wiedereingezogen wurden, weniger als 10 % des Gesamtbetrags der Wiedereinziehungen ausmachen; hält diese Situation für nicht hinnehmbar und fordert die Mitgliedstaaten auf, dieses Problem dringend anzugehen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um ein wirksames Wiedereinziehungssystem zu errichten, und in ihrem nächsten Jahresbericht über den Schutz der finanziellen Interessen der EU das Europäische Parlament über die erzielten Fortschritte zu unterrichten;

Ausgaben: Kohäsionspolitik

27.

bedauert es, dass die Angaben im Jahresbericht 2009 über den Schutz der finanziellen Interessen der EU kein verlässliches Bild über die Anzahl der Unregelmäßigkeiten und Betrugsfällen in diesem Politikbereich liefern, da ein hoher Umfang der Unregelmäßigkeiten und/oder Betrugsfälle lediglich ein Zeichen dafür sein könnte, dass wirksame Melde- und/oder Betrugsbekämpfungssysteme eingerichtet worden sind;

28.

ist zutiefst besorgt über die Feststellung des Rechnungshofs, dass im Jahr 2009 (mehr als 5 % der) Zahlungen in diesem Politikbereich mit wesentlichen Fehlern behaftet waren;

29.

stellt fest, dass schwerwiegende Verstöße gegen vergaberechtliche Bestimmungen eine wichtige Fehlerquelle sind; ersucht daher die Kommission, unverzüglich einen neuen Gesetzgebungsvorschlag zu unterbreiten, um diese Bestimmungen zu vereinfachen und zu modernisieren;

30.

ist zutiefst besorgt über die Feststellung des Rechnungshofs, dass den Mitgliedstaaten bei mindestens 30 % der vom Rechnungshof im Rahmen der Stichprobe 2009 festgestellten Fehler Informationen vorlagen, die ausgereicht hätten, um die Fehler vor der Bescheinigung der an die Kommission übermittelten Ausgabenerklärungen aufzudecken und zu berichtigen; fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen zu intensivieren, um ihre Systeme zur Aufdeckung und Berichtigung von Fehlern zu verbessern;

31.

fordert die Kommission auf, das Europäische Parlament über die Maßnahmen zu unterrichten, die bezüglich der von den Mitgliedstaaten gemeldeten und von der Kommission aufgedeckten Unregelmäßigkeiten in diesem Politikbereich ergriffen wurden;

32.

bekundet seine Unzufriedenheit darüber, dass die Wiedereinziehungsquote im Programmplanungszeitraum 2000-2006 bei über 50 % lag; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, weitere Anstrengungen zu unternehmen, um zu Unrecht gezahlte Beträge wiedereinzuziehen, und fordert die Kommission auf, Maßnahmen zu ergreifen, die eine höhere Wiedereinziehungsquote gewährleisten – angesichts der Tatsache, dass die Kommission gemäß Artikel 317 AEUV den Haushaltsplan in eigener Verantwortung ausführt;

Ausgaben: Heranführungshilfen

33.

zeigt sich zutiefst besorgt über die hohe bulgarischen Betrugsverdachtsquote im Rahmen des besonderen Beitrittsprogramms für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (SAPARD) im Jahr 2009, die sich – bezogen auf den gesamten Programmplanungszeitraum – auf 20 % beläuft und die höchste Quote aller untersuchten Fonds (Kohäsion und Landwirtschaft) darstellt; weist darauf hin, dass mehr Betrugsverdachtsfälle durch externe Kontrollen/Interventionen aufgedeckt wurden als durch interne/nationale Kontrollen/Interventionen; stellt fest, dass die Kommission pflichtgemäß gehandelt hat, als sie die SAPARD-Zahlungen im Jahr 2008 eingestellt und nach gründlicher Prüfung am 14. September 2009 wieder freigegeben hat; fordert die Kommission auf, mit der Kontrolle der bulgarischen Behörden fortzufahren, um diese Situation weiter zu verbessern;

34.

nimmt zur Kenntnis, dass die Tschechische Republik, Estland, Lettland und Slowenien für das SAPARD-Programm eine Betrugsquote von 0 % gemeldet haben; hat jedoch Zweifel an der Verlässlichkeit der gemeldeten Informationen bzw. an der Fähigkeit dieser Staaten, Betrugsfälle aufzudecken; betont, dass Betrugsquoten, die bei 0 % oder einem ähnlich niedrigen Wert liegen, auf Schwächen der Kontrollsysteme hindeuten könnten und auch der Umkehrschluss gilt; fordert die Kommission nachdrücklich auf, Angaben über die Wirksamkeit der Kontrollmechanismen zu machen und zusammen mit OLAF strengere Kontrollen hinsichtlich der Art der Verwendung von EU-Geldern einzuführen;

35.

hält die sehr geringe Wiedereinziehungsquote bei Betrugsverdachtsfällen im Rahmen der Heranführungshilfen, die auf den gesamten Programmplanungszeitraum bezogen bei lediglich 4,6 % liegt, für nicht hinnehmbar, und fordert die Kommission auf, ein wirksames System einzurichten, um dieser Situation zu begegnen;

Öffentliches Beschaffungswesen, erhöhte Transparenz und Korruptionsbekämpfung

36.

fordert die Kommission, die einschlägigen EU-Agenturen und die Mitgliedstaten auf, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen und Ressourcen bereitzustellen, um zu gewährleisten, dass es bei der Inanspruchnahme der Mittel der EU nicht zu Korruption kommt, abschreckende Sanktionen einzuführen, wenn Korruption und Betrug festgestellt werden, und verstärkt Vermögenswerte von Kriminellen in Zusammenhang mit Fällen von Betrug, Steuerhinterziehung und Geldwäsche zu beschlagnahmen;

37.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, einheitliche Systeme des Beschaffungswesens zu konzipieren, umzusetzen und in regelmäßigen Abständen zu bewerten, um Betrug und Korruption vorzubeugen, klare Bedingungen für die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen sowie Kriterien, anhand derer Beschlüsse über die öffentliche Auftragsvergabe gefasst werden, festzulegen und umzusetzen, und außerdem Systeme zur Revision von Beschlüssen über die öffentliche Auftragsvergabe auf nationaler Ebene zu verabschieden und umzusetzen, um Transparenz und Rechenschaftspflicht bei den öffentlichen Finanzen zu gewährleisten, und außerdem ein Risikomanagement und interne Kontrollsysteme zu verabschieden und umzusetzen;

38.

begrüßt das Grünbuch der Kommission über die Modernisierung der europäischen Politik im Bereich des öffentlichen Auftragswesens – Wege zu einem effizienteren europäischen Markt für öffentliche Aufträge; fordert den Rat und die Kommission auf, die Reform der grundlegenden EU-Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe (Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG) bis spätestens Ende 2012 zu verabschieden;

39.

fordert nach seinem Aufruf im Bericht des vergangenen Jahres, die finanziellen Interessen der Gemeinschaft zu wahren, OLAF nachdrücklich auf, in seinem künftigen Jahresbericht eine detaillierte Analyse der Strategien und Maßnahmen darzulegen, die die einzelnen Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung von Betrug und zur Vorbeugung und Ermittlung von Unregelmäßigkeiten bei der Verwendung europäischer Mittel ergriffen haben, einschließlich der Fälle, in denen die Unregelmäßigkeiten durch Korruption verursacht werden; vertritt die Ansicht, dass der Ausführung der Mittel der Agrar- und Strukturfonds besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte; vertritt die Auffassung, dass in dem Bericht mit 27 Länderprofilen der Ansatz analysiert werden sollte, den die nationalen Justiz- und Ermittlungsbehörden praktizieren, sowie die Quantität und die Qualität der durchgeführten Kontrollen und die Statistiken und die Gründe in den Fällen, in denen die nationalen Stellen im Anschluss an Berichte von OLAF keine Anklage erhoben haben;

40.

fordert nach seinem Aufruf im Bericht des vergangenen Jahres, die finanziellen Interessen der Gemeinschaft zu wahren, den Rat nachdrücklich auf, den Abschluss der Kooperationsabkommen mit Liechtenstein schnellstmöglich abzuschließen, und fordert die Ratspräsidentschaft nachdrücklich auf, der Kommission ein Mandat zu erteilen, Übereinkommen über die Betrugsbekämpfung mit Andorra, Monaco, San Marino und der Schweiz abzuschließen;

41.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, weitere Maßnahmen zu ergreifen, um eine einheitliche Transparenz bei den Begünstigten von EU-Mitteln zu gewährleisten; fordert die Kommission auf, Maßnahmen zu konzipieren mit dem Ziel, die Transparenz von rechtlichen Regelungen zu erhöhen, sowie ein System, bei dem sämtliche Begünstigten von EU-Mitteln auf der selben Webseite unabhängig vom Verwalter der Mittel und auf der Grundlage von Standardkategorien von Informationen, die von sämtlichen Mitgliedstaaten in mindestens einer Arbeitssprache der Union zu liefern sind, veröffentlicht werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, mit der Kommission zusammenzuarbeiten und ihr umfassende und zuverlässige Informationen über die Begünstigten der von den Mitgliedstaaten verwalteten EU-Mitteln zu liefern; fordert die Kommission auf, das System der „geteilten Verwaltung“ zu bewerten und dem Parlament vorrangig einen Bericht zu unterbreiten;

*

* *

42.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Gerichtshof der Europäischen Union, dem Europäischen Rechnungshof, dem OLAF-Überwachungsausschuss und OLAF zu übermitteln.


(1)  http://ec.europa.eu/anti_fraud/reports/olaf/2009/de.pdf.

(2)  ABl. C 303 vom 9.11.2010, S. 1.

(3)  ABl. C 303 vom 9.11.2010, S. 243.

(4)  ABl. L 248 vom 16.9.2002, S. 1.

(5)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0176.

(6)  ABl. C 316 vom 27.11.1995, S. 48.

(7)  ABl. C 313 vom 23.10.1996, S. 1, ABl. C 151 vom 20.5.1997, S. 1, und ABl. C 221 vom 19.7.1997, S. 11.


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/46


Mittwoch, 6. April 2011
Politische Parteien auf europäischer Ebene und Regelungen für ihre Finanzierung

P7_TA(2011)0143

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zur Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 2004/2003 über die Regelungen für die politischen Parteien auf europäischer Ebene und ihre Finanzierung (2010/2201(INI))

2012/C 296 E/07

Das Europäische Parlament,

gestützt auf Artikel 10 Absatz 4 des Vertrags über die Europäische Union und Artikel 224 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf Artikel 12 Absatz 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 2004/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über die Regelungen für die politischen Parteien auf europäischer Ebene (politische Parteien und ihre Stiftungen im Sinne von Artikel 2 Absatz 3 und 4) und ihre Finanzierung (1) (Finanzierungsverordnung), insbesondere deren Artikel 12,

gestützt auf seine Entschließung vom 23. März 2006 zu europäischen politischen Parteien (2),

in Kenntnis des Berichts des Generalsekretärs an das Präsidium vom 18. Oktober 2010 zur Parteienfinanzierung auf europäischer Ebene gemäß Artikel 15 des Beschlusses des Präsidiums vom 29. März 2004 (3) mit Durchführungsbestimmungen zu der Finanzierungsverordnung,

in Kenntnis der Mitteilung des Präsidiums vom 10. Januar 2011 als geänderte Fassung der Beschlüsse des Präsidiums vom 13. Dezember 2010,

gestützt auf Artikel 210 Absatz 6 und Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für konstitutionelle Fragen (A7-0062/2011),

A.

in der Erwägung, dass laut Artikel 10 Absatz 4 des Vertrags über die Europäische Union „[p]olitische Parteien auf europäischer Ebene […] zur Herausbildung eines europäischen politischen Bewusstseins und zum Ausdruck des Willens der Bürgerinnen und Bürger der Union bei[tragen]“, und dass Parlament und Rat gemäß Artikel 224 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union die Regelungen für diese Parteien und ihre politischen Stiftungen festlegen, insbesondere die Vorschriften für ihre Finanzierung,

B.

in der Erwägung, dass in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union eindeutig festgelegt ist, dass politische Parteien auf der Ebene der Union dazu beitragen, den politischen Willen der Unionsbürger zum Ausdruck zu bringen,

C.

in der Erwägung, dass die Arbeitsweise der Europäischen Union gemäß Artikel 10 Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union auf dem Grundsatz der „repräsentativen Demokratie“ beruht,

D.

in der Erwägung, dass die Grundlagen der europäischen politischen Parteien in den Verträgen von Maastricht und Nizza geschaffen wurden und darin die Möglichkeit der Finanzierung eingeführt und ihnen somit operationelle Eigenständigkeit gegenüber den Fraktionen im Parlament gegeben wurde,

E.

in der Erwägung, dass die Kommission im Jahr 2007 auf Aufforderung des Parlaments (4) einen Vorschlag zur Einführung der Finanzierung politischer Stiftungen auf europäischer Ebene (europäische politische Stiftungen) vorlegte, welcher im Dezember 2007 mit dem Ziel der Unterstützung der europäischen politischen Parteien in der Debatte über Belange des öffentlichen Interesses und die europäische Integration angenommen wurde,

F.

in der Erwägung, dass durch die Änderungsverordnung von 2007 (5) der Integrationsprozess für europäische politische Parteien vereinfacht werden soll, indem die politischen Parteien innerhalb der Union die Möglichkeit erhalten, sich effektiver zu strukturieren und zu organisieren,

G.

in der Erwägung, dass die Änderungsverordnung von 2007 die Rolle der europäischen politischen Parteien bei den Wahlen zum Europäischen Parlament bedeutend stärkte, indem darin festgelegt wurde, dass ihre Mittel auch für die Finanzierung von Wahlkämpfen verwendet werden können, sowie in der Erwägung, dass diese Möglichkeit jedoch durch die Bedingung eingeschränkt wurde, dass die betreffenden Mittel nicht für die mittelbare oder unmittelbare Finanzierung nationaler politischer Parteien oder Kandidaten verwendet werden dürfen,

H.

in der Erwägung, dass alle europäischen politischen Parteien, die finanziert werden, einen Verhaltenskodex unterzeichnet haben, den das Präsidium für alle Parteien als verbindlich betrachtet und in dem Vorschriften festgelegt sind, die im Wahlkampf einzuhalten sind,

I.

in der Erwägung, dass die Stärkung der Rolle der europäischen politischen Parteien notwendigerweise an ihre Teilnahme an den Wahlen zum Europäischen Parlament gebunden ist,

J.

in der Erwägung, dass in der Änderungsverordnung von 2007 eine stärkere formale Anerkennung der europäischen politischen Parteien gefordert wird,

K.

in der Erwägung, dass die Änderungsverordnung von 2007 auf die Schaffung voll organisierter und effektiver politischer Parteien auf Ebene der Union und der Mitgliedstaaten durch einen ausgewogenen Institutionalisierungsprozess zielt,

L.

in der Erwägung, dass durch die Änderungsverordnung von 2007 die organisatorische Konvergenz politischer Parteien und ihrer Stiftungen auf europäischer Ebene erreicht werden soll und gleichzeitig die unterschiedlichen Aufgaben anerkannt werden sollen, die politische Parteien bzw. politische Stiftungen wahrnehmen,

M.

in der Erwägung, dass sich diese organisatorische Konvergenz nur durch die Schaffung eines gemeinsamen politischen, rechtlichen und steuerlichen Status für die europäischen politischen Parteien erreichen lässt, wobei dies keine Standardisierung der Organisation europäischer politischer Parteien und ihrer Stiftungen mit sich bringen darf, da dafür allein die europäischen politischen Parteien und ihre Stiftungen zuständig sind,

N.

in der Erwägung, dass die Forderung nach Annahme eines Rechtsstatuts für die europäischen politischen Parteien und ihre politischen Stiftungen, beruhend auf dem Recht der Europäischen Union, einen klaren und bedeutenden Schritt hin zu einer Stärkung der Demokratie in der Union darstellt,

O.

in der Erwägung, dass die organisatorische und funktionale Konvergenz und die Verbesserung des Finanzierungsverfahrens nur durch die Annahme eines einheitlichen und gemeinsamen europäischen Statuts für alle europäischen politischen Parteien und ihre politischen Stiftungen auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union erreicht werden kann,

P.

in der Erwägung, dass in der Verordnung über politische Parteien auf europäischer Ebene nicht zwischen der Anerkennung und der Finanzierung politischer Parteien unterschieden wird,

Q.

in der Erwägung, dass in der Mitteilung des Präsidiums vom 10. Januar 2011 empfohlen wurde, die Kriterien für die Finanzierung europäischer politischer Parteien enger zu fassen, und dass dies einer Einschränkung des Parteienwettbewerbs auf europäischer Ebene gleichkommt, solange die Kriterien für die rechtliche Anerkennung und die Finanzierung politischer Parteien identisch sind,

R.

in der Erwägung, dass die Änderungsverordnung von 2007 eine klare rechtliche und finanzielle Grundlage für die Bildung integrierter politischer Parteien auf Ebene der Europäischen Union vorsieht, um das europäische Bewusstsein zu stärken und den Willen der Bürger der Europäischen Union wirksam zum Ausdruck zu bringen,

S.

in der Erwägung, dass die Finanzierung der europäischen politischen Parteien den Bestimmungen in Titel VI „Finanzhilfen (6)“ der Haushaltsordnung und ihren Durchführungsbestimmungen (7) unterliegt,

T.

in der Erwägung, dass das Präsidium als zuständige Stelle für die Umsetzung der Finanzierungsverordnung im Parlament im Jahr 2006 mehrere wesentliche Verbesserungen der Durchführungsbestimmungen beschlossen hat, darunter beispielsweise die Erhöhung der Vorfinanzierungsoption von 50 % auf 80 %, um das Verfahren zu vereinfachen und die Solvenz der Begünstigten zu verbessern, sowie die Lockerung der Vorschriften über Mittelübertragungen zwischen Kapiteln in den Haushaltsplänen der Begünstigten, um ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Haushaltspläne an sich ändernde politische Umstände anzupassen,

U.

in der Erwägung, dass die Erfahrung mit der Finanzierung europäischer politischer Parteien und der ihnen angegliederten europäischen politischen Stiftungen gezeigt hat, dass sie bezüglich der Übertragung von Mitteln auf das folgende Haushaltsjahr sowie der Bildung von Rücklagen aus Eigenmitteln über das vorgeschriebene Mindestmaß ihrer aus Eigenmitteln zu finanzierenden Ausgaben hinaus mehr Flexibilität und vergleichbare Bedingungen benötigen,

V.

in der Erwägung, dass die europäischen politischen Parteien im Durchschnitt beinahe die Hälfte ihrer Haushaltsmittel für die zentralisierte Verwaltung (Personal, Mieten usw.) aufwenden, ein weiteres Viertel für die Sitzungen von (satzungsmäßigen oder nicht satzungsmäßigen) Organen der Partei, und dass die übrigen Mittel für den Wahlkampf und die Unterstützung angegliederter Organisationen aufgewandt werden,

W.

in der Erwägung, dass die europäischen politischen Stiftungen insofern ein unterschiedliches Ausgabenmuster aufweisen, als sie im Durchschnitt 40 % ihrer Haushaltsmittel für die zentralisierte Verwaltung und Sitzungen aufwenden und weitere 40 % für externe Dienstleistungen wie Studien, Forschung, Veröffentlichungen und Seminare,

X.

in der Erwägung, dass die Hauptquelle der Eigenmittel der europäischen politischen Parteien aus den Mitgliedsbeiträgen der Mitgliedsparteien besteht und dass die Mitgliedsbeiträge von Einzelpersonen sowie Spenden weniger als 5 % ihrer Gesamteinnahmen ausmachen,

Y.

in der Erwägung, dass der Anteil der Finanzierung aus dem Haushalt der Union an den Gesamteinnahmen im Fall der europäischen politischen Parteien höher ist als im Fall der europäischen politischen Stiftungen,

Z.

in der Erwägung, dass Spenden noch keinen wesentlichen Teil der Finanzierung ausmachen, da im Jahr 2009 nur drei Parteien und zwei Stiftungen regelmäßig Spenden erhielten,

AA.

in der Erwägung, dass ein potenzieller Konflikt zwischen dem Ziel besteht, einerseits die Finanzierung zu erleichtern und zu beschleunigen und sie somit effektiver zu machen, und dem Ziel, andererseits das finanzielle Risiko für den Haushalt der Union auf ein Minimum zu reduzieren,

AB.

in der Erwägung, dass in dem von diesem Bericht abgedeckten Zeitraum, 2008-2011, keiner finanzierten Partei oder Stiftung Sanktionen auferlegt werden mussten,

AC.

in der Erwägung, dass die europäischen politischen Parteien und Stiftungen eine Rechtspersönlichkeit gemäß den Rechtsvorschriften ihres Niederlassungsstaates annehmen müssen, um finanzierungsberechtigt zu sein, und dass sie keinen gemeinsamen Rechtsstatus haben,

AD.

in der Erwägung, dass es sich bei den Zuschüssen für die europäischen politischen Parteien und Stiftungen um „Finanzhilfen“ im Sinne von Titel VI der Haushaltsordnung und ihrer Durchführungsbestimmungen handelt, sie durch ihren spezifischen Charakter jedoch nicht mit einer von der Kommission vergebenen und verwalteten Finanzhilfe vergleichbar sind, sowie in der Erwägung, dass sich dies in einer großen Zahl von Ausnahmebestimmungen in der Finanzierungsverordnung widerspiegelt und dass diese Lösung nicht zufriedenstellend ist,

Das neue politische Umfeld

1.

merkt an, dass politische Parteien – und die mit ihnen verbundenen politischen Stiftungen – wesentliche Instrumente einer parlamentarischen Demokratie sind, da sie den Abgeordneten Rechenschaft abverlangen, dazu beitragen, den politischen Willen der Bürger herauszubilden, politische Programme auflegen, Kandidaten schulen und auswählen, den Dialog mit den Bürgern pflegen und den Bürgern die Möglichkeit geben, ihre Meinungen zum Ausdruck zu bringen;

2.

hebt hervor, dass der Vertrag von Lissabon diese Rolle der politischen Parteien und ihrer Stiftungen vorsieht, um eine europäische Polis, einen politischen Raum auf EU-Ebene und eine europäische Demokratie zu schaffen, in der die Europäische Bürgerinitiative einen zentralen konstituierenden Bestandteil darstellt;

3.

merkt an, dass die europäischen politischen Parteien in ihrer derzeitigen Form nicht in der Lage sind, diese Rolle vollständig auszufüllen, da sie nur die Dachorganisationen der nationalen Parteien sind und nicht in direktem Kontakt mit der Wählerschaft in den Mitgliedstaaten stehen;

4.

vermerkt jedoch mit Zufriedenheit, dass die europäischen politischen Parteien und politischen Stiftungen nichtsdestotrotz zu unverzichtbaren Akteuren im politischen Leben der Europäischen Union geworden sind, insbesondere was die Herausbildung und Äußerung der jeweiligen Positionen der verschiedenen „politischen Familien“ betrifft;

5.

unterstreicht, dass alle europäischen politischen Parteien den höchsten Standards interner Parteiendemokratie entsprechen müssen (bei der demokratischen Wahl von Parteiorganen und der demokratischen Entscheidungsfindung, einschließlich der Wahl von Kandidaten);

6.

vertritt die Auffassung, dass eine Partei, die die Bedingungen erfüllt, um als politische Partei auf EU-Ebene anerkannt zu werden, nur dann eine Finanzierung erhalten kann, wenn sie durch mindestens eines ihrer Mitglieder im Europäischen Parlament vertreten ist;

7.

hebt hervor, dass politische Parteien Rechte und Pflichten haben sowie Verantwortung tragen und daher konvergierenden allgemeinen Organisationsmustern folgen sollten; vertritt die Auffassung, dass sich diese organisatorische Konvergenz nur durch die Schaffung eines gemeinsamen rechtlichen und steuerlichen Status für die europäischen politischen Parteien und ihre politischen Stiftungen auf Grundlage des EU-Rechts erreichen lässt;

8.

ist der Überzeugung, dass ein authentischer rechtlicher Status für die europäischen politischen Parteien und eine eigene, unmittelbar auf das Recht der Europäischen Union gestützte Rechtspersönlichkeit die europäischen politischen Parteien und ihre politischen Stiftungen in die Lage versetzen wird, als Vertreter des europäischen öffentlichen Interesses zu agieren;

9.

vertritt die Ansicht, dass die Interaktion und der Wettbewerb zwischen den europäischen politischen Parteien bezüglich Angelegenheiten im Zusammenhang mit gemeinsamen europäischen Herausforderungen sowie der Europäischen Union und ihrer Entwicklung auf drei Ebenen stattfinden sollten, nämlich der regionalen, der nationalen und der europäischen Ebene; vertritt die Auffassung, dass es für europäische politische Parteien äußerst wichtig ist, auf Ebene der EU und auf nationaler Ebene sowie darüber hinaus effizient und produktiv zu sein;

10.

betont die wichtigen Herausforderungen im Hinblick auf die organisatorischen Kapazitäten, denen die europäischen politischen Parteien angesichts der möglichen Reformen des europäischen Wahlsystems (Schaffung eines zusätzlichen Wahlkreises, Aufstellung staatenübergreifender Listen) gegenüberstehen werden;

11.

stellt fest, dass dies grundsätzlich der Vorstellung entspricht, dass sich europäische politische Parteien an Kampagnen für Referenden beteiligen, wenn die betreffenden Referenden direkt mit Fragen der Europäischen Union in Zusammenhang stehen;

12.

beschließt daher, die Kommission aufzufordern, gemäß Artikel 225 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union einen Entwurf für ein Statut der europäischen politischen Parteien vorzuschlagen;

13.

stellt fest, dass auf kürzere Sicht verbesserte rechtliche Rahmenbedingungen für europäische politische Parteien und Stiftungen notwendig sind, wobei ein erster Schritt in der Annahme des europäischen Statuts besteht;

Ergänzende Reformvorschläge

14.

vertritt die Auffassung, dass Mitglieder von Regionalparlamenten oder -versammlungen nur dann in Bezug auf die Erfüllung der Förderbedingungen berücksichtigt werden sollten, wenn das betreffende Parlament oder die betreffende Versammlung Gesetzgebungsbefugnisse besitzen;

15.

hebt hervor, dass die Vergabe von Fördermitteln und der Rechnungsabschluss der europäischen politischen Parteien und Stiftungen bürokratische und aufwändige Verfahren darstellen; vertritt die Auffassung, dass dies größtenteils darauf zurückzuführen ist, dass die Mittelzahlungen als „Finanzhilfen“ im Sinne der Haushaltsordnung erachtet werden, was für die Finanzierung von Projekten oder Verbänden angemessen ist, nicht jedoch für Parteien;

16.

vertritt daher die Ansicht, dass die Kommission vorschlagen sollte, einen neuen, speziell die Finanzierung europäischer Parteien und Stiftungen betreffenden und auf sie zugeschnittenen Titel in die Haushaltsordnung aufzunehmen; vertritt die Ansicht, dass die Finanzierungsverordnung in Bezug auf ihre Umsetzung auf die Bestimmungen dieses neuen Titels verweisen sollte;

17.

betont, dass die Eigenfinanzierung von Parteien und Stiftungen ein Zeichen von Dynamik ist; ist der Ansicht, dass diese durch eine Erhöhung der derzeitigen Spendenobergrenze von 12 000 Euro pro Jahr auf 25 000 Euro pro Jahr/pro Spender gefördert werden sollte, wobei jedoch der Spender gemäß der geltenden Gesetzgebung und im Interesse der Transparenz bei Eingang der Spende bekannt gegeben werden muss;

18.

ist der Ansicht, dass die Forderung der Vorlage „jährlicher Arbeitsprogramme“ als Bedingung für die Finanzierung für politische Parteien nicht angemessen ist; hebt außerdem hervor, dass in keinem Mitgliedstaat der Europäischen Union eine solche Anforderung besteht;

19.

unterstreicht, dass der Zeitpunkt der Finanzierung entscheidend ist, wenn diese ihren Zweck erfüllen soll; fordert als Ausnahme von den Durchführungsbestimmungen der Haushaltsordnung, dass die Finanzmittel zu Beginn des Haushaltsjahres zu 100 % und nicht zu 80 % verfügbar gemacht werden; ist angesichts der bisherigen positiven Erfahrungen der Auffassung, dass das Risiko für das Parlament unerheblich ist;

20.

hebt hervor, dass in der Haushaltsordnung festgelegt ist, dass mit einer Finanzhilfe „nicht der Gesamtbetrag der Betriebskosten der betreffenden Einrichtung finanziert werden [darf]“; stellt fest, dass die Einhaltung dieser Vorschrift insbesondere für Stiftungen schwierig ist und zu ungenauen Methoden in der Buchführung führt (zum Beispiel „Sachleistungen“); hebt hervor, dass fast keines der Finanzierungssysteme in den Mitgliedstaaten eine teilweise Eigenfinanzierung vorschreibt, da dies kleinere oder neu gegründete Parteien benachteiligen könnte;

21.

hebt hervor, dass der Anteil der unabhängigen Mittel, die die europäischen politischen Parteien nachweisen müssen, auf 10 % ihres Gesamtbudgets gesenkt werden könnte, um ihre Entwicklung weiter zu fördern; ist gleichzeitig der Auffassung, dass ihre Eigenmittel in Form von Sachmitteln 7,5 % ihres Gesamtbudgets nicht überschreiten sollten;

22.

stellt fest, dass die Überarbeitung des Rechtsinstruments im Fall europäischer politischer Stiftungen zum Anlass genommen werden sollte, um die Anforderung des Nachweises von Eigenmitteln zu streichen;

23.

hebt hervor, dass im Zuge dieser Überarbeitung die Beschränkung für europäische politische Stiftungen aufgehoben werden sollte, ihre Mittel innerhalb der Europäischen Union zu verwenden; weist darauf hin, dass die Stiftungen dadurch sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU eine wichtige Rolle spielen könnten;

24.

betont jedoch, dass die Lockerung der Finanzierungsregelung durch Sanktionen in der Finanzierungsverordnung ausgeglichen werden muss, die dort gegenwärtig fehlen; vertritt die Ansicht, dass diese Sanktionen im Fall des Verstoßes gegen die entsprechenden Vorschriften, etwa gegen die Transparenz von Spenden, in Geldstrafen bestehen könnten; hebt hervor, dass sowohl für die europäischen Parteien als auch die ihnen angegliederten europäischen politischen Stiftungen dieselben Bedingungen für die Bildung von Rücklagen aus Eigenmitteln über die Obergrenze hinaus und für die Übertragung von Mitteln gelten müssen;

25.

hebt hervor, dass europäische politische Parteien seit 2008 das Recht haben, als Finanzhilfen erhaltene Mittel „zur Finanzierung von Wahlkämpfen […] im Zusammenhang mit den Wahlen zum Europäischen Parlament […]“ zu verwenden (Artikel 8, dritter Abschnitt der Finanzierungsverordnung); weist jedoch auch darauf hin, dass sie diese Mittel nicht zur Finanzierung von „Kampagnen für Referenden“ verwenden dürfen; ist jedoch der Auffassung, dass europäische politische Parteien, sofern sie auf Ebene der EU von politischer Bedeutung sein sollen, das Recht haben sollten, sich an solchen Kampagnen zu beteiligen, solange der Gegenstand des Referendums direkt mit Fragen der Europäischen Union in Zusammenhang steht;

26.

fordert die europäischen politischen Parteien auf, mit der Prüfung der Bedingungen für eine direkte Mitgliedschaft einzelner Bürger und der geeigneten Vorkehrungen für ihre direkte oder indirekte Beteiligung an den internen Tätigkeiten und Entscheidungsfindungsprozessen der Parteien zu beginnen;

*

* *

27.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


(1)  ABl. L 297 vom 15.11.2003, S. 1.

(2)  ABl. C 292 E vom 1.12.2006, S. 127.

(3)  Geändert durch Beschluss des Präsidiums vom 1. Februar 2006 und 18. Februar 2008.

(4)  Entschließung vom 23. März 2006 zu europäischen politischen Parteien, Ziffer 14 (ABl. C 292 E vom 1.12.2006, S. 127).

(5)  Verordnung (EG) Nr. 1524/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2007, ABl. L 343 vom 27.12.2007, S. 5.

(6)  Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002, ABl. L 248 vom 16.9.2002, S. 1.

(7)  Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002, ABl. L 357 vom 31.12.2002, S. 1.


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/51


Mittwoch, 6. April 2011
Governance und Partnerschaft im Binnenmarkt

P7_TA(2011)0144

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu Governance und Partnerschaft im Binnenmarkt (2010/2289(INI))

2012/C 296 E/08

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission „Auf dem Weg zu einer Binnenmarktakte für eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft: 50 Vorschläge, um gemeinsam besser zu arbeiten, zu unternehmen und Handel zu treiben“ (KOM(2010)0608),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission „Europa 2020 – Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ (KOM(2010)2020),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission „Ein Binnenmarkt für das Europa des 21. Jahrhunderts“ (KOM(2007)0724) und das dazugehörige Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen über die Erfolge des Binnenmarkts (SEK(2007)1521),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 4. September 2007 zur Überprüfung des Binnenmarktes (1) und das dazugehörige Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen zur Binnenmarktüberprüfung: ein Jahr danach (SEK(2008)3064),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission zur Intelligenten Regulierung in der Europäischen Union (KOM(2010)0543),

unter Hinweis auf den 27. Jahresbericht der Kommission über die Kontrolle der Anwendung des EU-Rechts und auf das dazugehörige Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen zur Lage in den einzelnen Branchen (SEK(2010)1143),

unter Hinweis auf die Empfehlung der Kommission vom 29. Juni 2009 zur Optimierung der Funktionsweise des Binnenmarktes (2),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 10. Dezember 2010 zur Binnenmarktakte,

in Kenntnis des Berichts von Professor Mario Monti an die Kommission über die Wiederbelebung des Binnenmarktes,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Mai 2010 zur Schaffung eines Binnenmarktes für Verbraucher und Bürger (3),

unter Hinweis auf den Binnenmarktanzeiger Nr. 21 (2010) und auf seine Entschließungen vom 9. März 2010 (4) und vom 23. September 2008 (5) zum Binnenmarktanzeiger,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission „Ein Europa der Ergebnisse – Anwendung des Gemeinschaftsrechts“ (KOM(2007)0502),

unter Hinweis auf die Artikel 258 bis 260 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

gestützt auf die Artikel 7, 10 und 15 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz sowie der Stellungnahmen des Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten und des Rechtsausschusses (A7-0083/2011),

A.

in der Erwägung, dass der Binnenmarkt der aktiven Unterstützung aller Bürger, aller europäischen Organe und Einrichtungen sowie aller Mitgliedstaaten und aller Beteiligten bedarf,

B.

in der Erwägung, dass es im Hinblick auf eine aktive Unterstützung aller Beteiligten von wesentlicher Bedeutung ist, dass im Rahmen von Konsultationen und beim Dialog mit der Kommission sowie in Sachverständigenkreisen die tatsächliche Vertretung der Zivilgesellschaft und von KMU gewährleistet wird,

C.

in der Erwägung, dass eine ordnungsgemäße Verbreitung, Verlautbarung und Steuerung der unterschiedlichen Konsultationen und Berichte der Organe der Union (EU 2020, Bürgerbericht 2010, Integrierte Industriepolitik, Digitale Agenda für Europa, Monti-Bericht, Entschließung des Parlaments zur Bereitstellung eines Binnenmarktes für die Verbraucher und Bürger, Berichte Gonzales und IMCO usw.) für eine erfolgreiche Wiederbelebung des Binnenmarktes von besonderer Bedeutung sind,

D.

in der Erwägung, dass nach wie vor eine beträchtliche Kluft besteht zwischen den Bestimmungen des Binnenmarkts und dem Nutzen, den die Bürger und die Unternehmen in der Praxis aus diesen Bestimmungen ziehen können,

E.

in der Erwägung, dass das Umsetzungsdefizit in der Union durchschnittlich bei 1,7 % liegt, wenn man die Fälle berücksichtigt, in denen die Umsetzungsdauer einer Richtlinie die Frist überschreitet und in denen die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat,

Einleitung

1.

begrüßt mit Interesse die Mitteilung der Kommission „Auf dem Weg zu einer Binnenmarktakte“, insbesondere deren drittes Kapitel und das von ihr vorgeschlagene allgemeine Konzept, mit Hilfe dessen ein Gleichgewicht im Binnenmarkt zwischen Unternehmen und Bürgern wiederhergestellt werden soll und die Demokratie und die Transparenz des Entscheidungsprozesses verbessert werden sollen; betont, dass mit diesem Konzept ein möglichst ausgewogenes Verhältnis zwischen den Vorschlägen der drei Teile der Mitteilung sichergestellt werden soll;

2.

vertritt die Auffassung, dass die drei Kapitel der Mitteilung gleichermaßen wichtig sind und miteinander in Verbindung stehen und dass sie im Rahmen eines einheitlichen Ansatzes und ohne die einzelnen Themenschwerpunkte voneinander zu trennen behandelt werden sollten;

3.

fordert die Kommission und den Rat nachdrücklich auf, den ganzheitlichen Ansatz einer Wiederbelebung des Binnenmarktes zu verstärken und dabei die binnenmarktrelevanten Prioritäten auf alle Politikbereiche zu konzentrieren, die für die Verwirklichung des Binnenmarkts zum Nutzen der europäischen Bürger, Verbraucher und Unternehmen von zentraler Bedeutung sind;

4.

vertritt die Auffassung, dass die Stärkung der europäischen Governance, die Umsetzung der Strategie EU 2020 und die Wiederbelebung des Binnenmarkts für die Wiederankurbelung der europäischen Wirtschaft von gleich großer Bedeutung sind und im Verbund miteinander betrachtet werden sollten;

5.

vertritt die Auffassung, dass ein barrierefreier und wettbewerbsfähiger Binnenmarkt vollendet werden sollte, um Arbeitnehmern, Studenten, Rentnern und den Bürgern im allgemeinen sowie Unternehmen, insbesondere KMU, im Alltag konkrete Vorteile zu bringen;

6.

fordert die Kommission auf, den Zeitplan für die Verwirklichung der Binnenmarktakte bekanntzugeben und regelmäßig die konkreten Fortschritte zu veröffentlichen, um die europäischen Bürger für ihre Durchführung zu sensibilisieren, und ihre Vorzüge zu ermitteln;

Allgemeine Bewertung

Stärkung der politischen Führung und Partnerschaft

7.

bekundet seine Überzeugung, dass eine der wesentlichen Herausforderungen für die Wiederbelebung des Binnenmarkts darin besteht, politische Führung, Engagement und Koordination zu gewährleisten; ist der Ansicht, dass eine umfassende Lenkung von höchster politischer Ebene für die Wiederbelebung des Binnenmarkts von entscheidender Bedeutung ist;

8.

regt an, dass der Präsident der. Kommission das Mandat erhalten sollte, in enger Zusammenarbeit mit dem Präsidenten des Europäischen Rates und den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten die Neubelebung des Binnenmarktes zu koordinieren und zu überwachen; fordert die Präsidenten der Kommission und des Europäischen Rates nachdrücklich auf, ihre jeweiligen Maßnahmen, die der Ankurbelung des Wirtschaftswachstums, der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, der Förderung der sozialen Marktwirtschaft und der Nachhaltigkeit der Union dienen sollen, eng zu koordinieren;

9.

verweist auf die gestärkte Rolle des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente nach dem Vertrag von Lissabon; fordert nachdrücklich eine Stärkung der Rolle des Parlaments im Gesetzgebungsprozess zum Binnenmarkt; ermutigt die nationalen Parlamente, sich über den gesamten Gesetzgebungszyklus hinweg mit den Binnenmarktbestimmungen zu befassen und sich an gemeinsamen Aktivitäten mit dem Europäischen Parlament zu beteiligen, was zu einer verstärkten Synergie zwischen beiden parlamentarischen Ebenen führt;

10.

begrüßt den Ansatz der Kommission, den Dialog und die Partnerschaft in den Mittelpunkt des wiederbelebten Binnenmarkts zu stellen, und fordert verstärkte Anstrengungen aller Akteure, um zu gewährleisten, dass dieser Lösungsansatz in die Praxis umgesetzt wird, so dass der Binnenmarkt seine umfassende Rolle bei der Förderung von Wachstum und einer stark wettbewerbsfähigen Marktwirtschaft spielen kann;

11.

fordert die Kommission gemeinsam mit dem Ratsvorsitz auf, ein Binnenmarktforum auf Jahresbasis auszurichten und dazu Vertreter aus den EU-Institutionen, den Mitgliedstaaten, der Zivilgesellschaft und aus Unternehmensorganisationen zusammenzubringen, um die bei der Wiederbelebung des Binnenmarktes erzielten Fortschritte zu bewerten, bewährte Verfahren auszutauschen und sich den vordringlichsten Anliegen der europäischen Bürger zu widmen; ermutigt die Kommission, ihre Bemühungen zur Ermittlung der 20 wichtigsten Quellen für die Unzufriedenheit und Frustration der Bürger im Zusammenhang mit dem Binnenmarkt fortzusetzen; schlägt vor, dass das Binnenmarktforum von der Kommission genutzt werden könnte, um diese Probleme und die jeweiligen Lösungen vorzustellen;

12.

fordert die Mitgliedstaaten eindringlich auf, bei der Wiederbelebung des Binnenmarkts Eigenverantwortung unter Beweis zu stellen; begrüßt die Initiativen der Mitgliedstaaten zur Optimierung der Art und Weise, wie sie mit den Binnenmarktrichtlinien im Sinne einer verbesserten Koordination, der Schaffung von Anreizstrukturen und der Stärkung der politischen Bedeutung ihrer Umsetzung umgehen; hält es im Rahmen der Diskussion über die Prioritäten für neue Rechtsvorschriften für wesentlich, mehr Nachdruck auf eine zeitgerechte und korrekte Umsetzung, eine ordnungsgemäße Anwendung und eine optimierte Durchsetzung der Rechtsvorschriften zum Binnenmarkt zu legen und entsprechende Anreize zu schaffen;

13.

stellt fest, die Binnenmarktbestimmungen häufig von lokalen und regionalen Behörden umgesetzt werden; unterstreicht das Erfordernis einer stärkeren Einbeziehung der regionalen und lokalen Körperschaften in die Verwirklichung des Binnenmarktes gemäß dem Subsidiaritätsprinzip und dem Grundsatz der Partnerschaft in sämtlichen Phasen des Beschlussfassungsprozesses; schlägt zur Betonung dieses dezentralisierten Ansatzes die Aufstellung eines „Territorialen Pakts der kommunalen und regionalen Gebietskörperschaften zur Strategie Europa 2020“ in jedem Mitgliedstaat vor, um eine stärkere Eigenverantwortung bei der Umsetzung der Strategie EU 2020 herbeizuführen;

14.

ist der Ansicht, dass eine verantwortungsvolle Verwaltung des Binnenmarktes die Bedeutung der Beratungsgremien auf europäischer Ebene, des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen, sowie die Bedeutung der Sozialpartner achten und stärken muss;

15.

betont, dass der Dialog mit den Sozialpartnern und der Zivilgesellschaft wesentlich für die Wiederherstellung des Vertrauens in den Binnenmarkt ist; erwartet neue und ehrgeizige Vorschläge von der Kommission, wie dieser Dialog tatsächlich verbessert werden kann; verlangt, dass die Sozialpartner bei allen einschlägigen Binnenmarktvorschriften, die den Arbeitsmarkt betreffen, beteiligt und konsultiert werden;

16.

begrüßt die Absicht der Kommission, einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog mit der Zivilgesellschaft zu fördern;

17.

fordert die Kommission auf, ein Grünbuch über Leitlinien für Konsultationen der EU-Institutionen mit repräsentativen Verbänden und der Zivilgesellschaft zu veröffentlichen und dabei zu gewährleisten, dass diese Konsultationen breit angelegt und interaktiv stattfinden und für die vorgeschlagenen politischen Maßnahmen von zusätzlichem Nutzen sind;

18.

fordert die Kommission auf, den Dialog und die Kommunikation bestmöglich auf die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger auszurichten, indem z. B. sämtliche öffentlichen Konsultationen der Kommission in allen Amtssprachen der Union bereitgestellt werden oder bei der Wahl der sprachlichen Mittel darauf geachtet wird, dass die Bürgerinnen und Bürger diese auch verstehen;

19.

fordert die Kommission eindringlich auf, eine pädagogische Informationskampagne über das Wesen des Binnenmarkts und die festgesetzten Ziele zur Stärkung der Dynamik des Binnenmarkts unter Einbindung der Dimension des gesellschaftlichen und territorialen Zusammenhalts in die Wege zu leiten; besteht darauf, dass diese Kommunikationskampagne dazu beitragen muss, eine bessere Beteiligung und bewusste Mitwirkung eines jeden Bürgers, Arbeitnehmers und Verbrauchers bei der Verwirklichung eines wettbewerbsfähigen, gerechten und ausgewogenen Marktes zu begünstigen;

20.

vertritt die Auffassung, dass die neuen auf Zusammenarbeit ausgerichteten Instrumente und Ansätze von Web 2.0 die Möglichkeit bieten, eine offenere, verlässlichere, bedarfsgerechtere und effizientere Lenkung des Binnenmarktes herbeizuführen;

Regulierung des Binnenmarkts

21.

vertritt die Auffassung, dass Initiativen einzelner Mitgliedstaaten ohne eine koordinierte Aktion auf Unionsebene nicht effizient sein können und dass es deshalb von grundlegender Bedeutung ist, dass die Europäische Union mit einer einzigen Stimme sprechen und gemeinsame Maßnahmen umsetzen sollte; weist darauf hin, dass die Solidarität, auf der das Modell der europäischen Sozialwirtschaft beruht, und die Koordination der jeweiligen nationalen Antworten von entscheidender Bedeutung waren, um kurzlebige protektionistische Maßnahmen einzelner Mitgliedstaaten zu vermeiden; äußert seine Besorgnis darüber, dass die Rückkehr zu wirtschaftlichem Protektionismus auf nationaler Ebene höchstwahrscheinlich eine Zersplitterung des Binnenmarktes und eine Minderung der Wettbewerbsfähigkeit bewirken würde und daher verhindert werden muss; befürchtet, dass die derzeitige Wirtschafts- und Finanzkrise in verschiedenen Mitgliedstaaten als Rechtfertigung für die Wiederbelebung protektionistischer Maßnahmen genutzt werden könnte, wogegen die Rezession vielmehr gemeinsame Schutzmechanismen erfordert;

22.

vertritt die Auffassung, dass Fortschritte im Binnenmarkt nicht auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner beruhen sollten; ermutigt die Kommission daher, die Führung zu übernehmen und ehrgeizige Vorschläge vorzulegen; ermutigt die Mitgliedstaaten, die Methode der verstärkten Zusammenarbeit in Bereichen anzuwenden, in denen das Verfahren zur Erzielung einer Einigung zwischen den 27 nicht durchführbar ist; stellt fest, dass es anderen Staaten freistehen würde, sich in einer späteren Phase an diesen Pionierinitiativen zu beteiligen;

23.

ist der Ansicht, dass die allgemeine Effizienz und Rechtmäßigkeit des Binnenmarkts unter der Komplexität der Binnenmarktlenkung leiden;

24.

ist der Ansicht, dass der Qualität und der Klarheit der Rechtsvorschriften der Union mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte, um so die Umsetzung der Rechtsvorschriften zum Binnenmarkt durch die Mitgliedstaaten zu erleichtern;

25.

vertritt die Auffassung, dass die Verwendung von Verordnungen anstelle von Richtlinien gegebenenfalls zu einem eindeutigeren Regelungsumfeld beitragen und die mit dem Verfahren der Umsetzung verbundenen Umsetzungskosten mindern würde; fordert die Kommission auf, einen zielgerichteteren Ansatz bei der Wahl der Gesetzgebungsinstrumente auszuarbeiten, der sich an den rechtlichen und inhaltlichen Merkmalen der umzusetzenden Bestimmungen orientiert, und dabei die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit zu achten;

26.

ermutigt die Kommission und den Rat, ihre Bemühungen zur Umsetzung der Strategie einer intelligenten Regulierung zu intensivieren, um die Qualität der Regulierung unter umfassender Beachtung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit weiter zu verbessern;

27.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, die unabhängige Bewertung der Rechtsvorschriften vorab und im Nachhinein unter Mitwirkung der Beteiligten im Hinblick auf eine verbesserte Effizienz der Rechtsvorschriften fortzusetzen;

28.

schlägt vor, dass die Kommission den KMU-Test systematisiert und verfeinert und dabei die Unterschiedlichkeit ihrer Situation berücksichtigt, um die Auswirkungen der Legislativvorschläge auf diese Unternehmen zu bewerten;

29.

ist der Ansicht, dass Entsprechungstabellen zur besseren Umsetzung der Binnenmarktbestimmungen beitragen und ihre Durchsetzung erheblich vereinfachen; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, für alle Rechtsvorschriften zum Binnenmarkt Entsprechungstabellen zu erstellen und zu veröffentlichen; weist darauf hin, dass das Parlament Berichte über die mit dem Rat erzielten Kompromisstexte künftig nicht mehr auf die Tagesordnung seiner Plenartagungen setzt, wenn keine Bestimmungen zu Entsprechungstabellen vorgesehen werden;

Verwaltungstechnische Koordination, Problemlösungsmechanismen und Information

30.

unterstützt die in der Binnenmarktakte enthaltenen Vorschläge, die darauf abzielen, die künftige verwaltungstechnische Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten auszubauen und dazu auch das Informationssystem zum Binnenmarkt unter Berücksichtigung seiner Sicherheit und seiner Benutzerfreundlichkeit auf andere relevante Legislativbereiche auszuweiten; fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten durch die Bereitstellung von Fortbildungsmaßnahmen und Anleitungen zu unterstützen;

31.

ist der Auffassung, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Entwicklung des Informationssystems für den Binnenmarkt – nach einer eingehenden Bewertung der Vorzüge und Probleme, die eine solche Ausweitung des Systems bewirken kann – einbezogen werden könnten;

32.

unterstreicht die Bedeutung einer besseren Kommunikation und einer Ausweitung des Binnenmarkt-Informationssystems, da insbesondere KMU unbedingt mit klaren Informationen über den Binnenmarkt versorgt werden müssen;

33.

begrüßt die Absicht der Kommission, mit den Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten, um informelle Problemlösungsinstrumente wie SOLVIT, das EU-Pilotprojekt und die Europäischen Verbraucherzentren zu konsolidieren und zu stärken; fordert die Kommission auf, einen Fahrplan in Bezug auf die Entwicklung und Verknüpfung unterschiedlicher Problemlösungsinstrumente vorzulegen, um so die Effizienz und die Benutzerfreundlichkeit zu gewährleisten und unnötige Überschneidungen zu vermeiden; fordert die Mitgliedstaaten auf, diese Problemlösungsinstrumente mit den entsprechenden Mitteln auszustatten;

34.

fordert die Kommission auf, die Webseite „Ihr Europa“ weiterzuentwickeln und zu fördern, damit diese einen einzigen Zugang zu allen Informationen und Hilfsdiensten bietet, auf die die Bürger und die Unternehmen angewiesen sind, um ihre Rechte im Binnenmarkt geltend machen zu können;

35.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die einheitlichen Anlaufstellen nach der Dienstleistungsrichtlinie zu benutzerfreundlichen und leicht zugänglichen e-Government-Zentren auszubauen, in denen die Unternehmen alle erforderlichen Informationen in den jeweiligen EU-Sprachen erhalten, alle Formalitäten erledigen und die nötigen Schritte auf elektronischem Wege abwickeln können, um Dienstleistungen im entsprechenden Mitgliedstaat zu erbringen;

36.

erkennt die wichtige Rolle an, die EURES im Hinblick auf die Erleichterung der Freizügigkeit von Arbeitnehmern innerhalb der EU sowie zur Sicherstellung einer engen Zusammenarbeit zwischen den Arbeitsvermittlungsstellen der Mitgliedstaaten spielt; fordert die Mitgliedstaaten auf, das Bewusstsein der Öffentlichkeit für diesen nützlichen Dienst zu stärken, damit eine größere Zahl von EU-Bürgern die Beschäftigungsmöglichkeiten in der EU in vollem Umfang wahrnehmen können;

37.

fordert die nationalen Parlamente, die lokalen und regionalen Behörden und die Sozialpartner auf, sich aktiv an der Vermittlung der Vorzüge des Binnenmarkts zu beteiligen;

Umsetzung und Durchsetzung

38.

fordert die Kommission auf, alle Befugnisse nach dem Vertrag in Anspruch zu nehmen, um die Umsetzung, die Anwendung und die Durchsetzung der Bestimmungen zum Binnenmarkt zum Vorteil der europäischen Bürger, Verbraucher und Unternehmen zu verbessern; fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen zur umfassenden und ordnungsgemäßen Umsetzung der Binnenmarktbestimmungen zu intensivieren;

39.

ist der Ansicht, dass das Vertragsverletzungsverfahren auch weiterhin ein Schlüsselinstrument für die Gewährleistung eines funktionierenden Binnenmarktes bleibt; betont jedoch, dass andere weniger zeitaufwändige und umständliche Instrumente zusätzlich auch ins Auge gefasst werden sollten;

40.

fordert die Kommission auf, jeder politischen Einmischung zu widerstehen und in Fällen, in denen Problemlösungsmechanismen im Vorfeld einer Auseinandersetzung fehlschlagen, unverzüglich Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten;

41.

stellt fest, dass die jüngste Rechtsprechung des Gerichtshofs der Kommission neue Möglichkeiten eröffnet, „allgemeine und strukturelle Verletzungen“ der Binnenmarktbestimmungen durch die Mitgliedstaaten zu ahnden;

42.

fordert die Kommission auf, die durch Artikel 260 AEUV eingeführten Änderungen, mit denen die Verhängung von Finanzstrafen im Zusammenhang mit Vertragsverletzungsverfahren vereinfacht und beschleunigt werden soll, umfassend zu nutzen;

43.

ist der Auffassung, dass die Kommission eine aktivere Rolle bei der Durchsetzung der Binnenmarktvorschriften spielen und eine systematischere und unabhängigere Überwachung vorsehen sollte, um so Vertragsverletzungsverfahren zu beschleunigen und zügiger durchzuführen;

44.

bedauert, dass allzu viele Vertragsverletzungsverfahren lange Zeit anhängig sind, bevor sie abgeschlossen oder vor den Gerichtshof gebracht werden; fordert die Kommission auf, eine Frist von 12 Monaten für die durchschnittliche Höchstdauer zur Behandlung von Vertragsverletzungen von der Einleitung des Vorgangs bis zur Übermittlung des Antrags an den Gerichtshof festzusetzen; bedauert zutiefst, dass diese Verfahren keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Unionsbürger oder andere in der Union niedergelassene Staatsbürger haben, die möglicherweise Opfer einer mangelhaften Durchsetzung von Rechtsvorschriften der Union geworden sind;

45.

fordert die Kommission auf, auf transparente Weise bessere Informationen über laufende Vertragsverletzungsverfahren zur Verfügung zu stellen;

46.

fordert die Kommission auf, eine Referenzfrist festzulegen, bis zu der die Mitgliedstaaten den Urteilen des Gerichtshofs nachkommen müssen;

47.

unterstützt die Initiativen der Kommission zur weiteren Verbesserung der Inanspruchnahme der alternativen Streitbeilegung im Hinblick auf die Gewährleistung eines zügigen und reibungslosen Zugangs zu einer einfachen und kostengünstigen außergerichtlichen Streitbeilegung für Verbraucher und Unternehmen bei innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Streitfällen im Zusammenhang sowohl mit online-Käufen als auch mit offline-Käufen; begrüßt den von der Kommission eingeleiteten Konsultationsprozess; besteht darauf, dass die Bürger über das Vorhandensein der alternativen Streitbeilegung besser informiert werden müssen;

48.

fordert die Kommission auf, sich beispielsweise durch energischere Maßnahmen zur Unterbindung unlauterer Geschäftspraktiken ebenfalls verstärkt auf die Vorbeugung von Streitfällen zu konzentrieren;

49.

begrüßt die Absicht der Kommission, eine öffentliche Konsultation zu einem europäischen Ansatz auf dem Gebiet der kollektiven Rechtsdurchsetzung einzuleiten, spricht sich aber gegen die Einführung von Instrumenten zur kollektiven Rechtsdurchsetzung nach amerikanischem Vorbild aus, bei denen ein großer wirtschaftlicher Anreiz besteht, gänzlich unbegründete Ansprüche vor Gericht zu bringen;

50.

stellt fest, dass jeder geplante Vorschlag für Sammelklagen bei Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht in Einklang mit dem Standpunkt des Parlaments stehen muss, der in seiner Entschließung vom 26. März 2009 zu Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts dargelegt wurde; weist zudem mit Nachdruck darauf hin, dass das Parlament bei der Annahme eines solchen Rechtsaktes im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens einbezogen werden muss, und fordert die Kommission auf, sich auf allgemeiner Grundlage mit Mindestnormen im Zusammenhang mit dem Recht auf Entschädigung im Falle von Verstößen gegen das EU-Recht zu beschäftigen;

Überwachung, Bewertung und Modernisierung

51.

unterstützt einen zielgerichteten und auf Nachweise gestützten Ansatz in Bezug auf Überwachung und Bewertung; ersucht die Kommission, ihre Instrumente der Marktüberwachung, wie etwa den in der Dienstleistungsrichtlinie vorgesehenen Warnmechanismus, durch eine Optimierung der Methodologie, der Indikatoren und der Datenerhebung weiter auszubauen und dabei die Grundsätze der praktischen Durchführbarkeit und der Kosteneffizienz zu beachten;

52.

weist darauf hin, dass eine schnellere und eindeutigere Bewertung des Stands der Umsetzung aller Rechtsvorschriften zum Binnenmarkt durch die Mitgliedstaaten erforderlich ist;

53.

weist nachdrücklich auf die mit der Dienstleistungsrichtlinie zur Verfügung gestellte gegenseitige Bewertung als einem innovativen Weg für den Einsatz von Gruppendruck zur Verbesserung der Qualität der Umsetzung hin; unterstützt gegebenenfalls die gegenseitige Bewertung in anderen Bereichen, beispielsweise im Bereich der Freizügigkeit von Waren;

54.

ermuntert die Mitgliedstaaten, ihre innerstaatlichen Rechtsvorschriften und Verfahren mit Auswirkungen auf die Freizügigkeit von Waren und Dienstleistungen regelmäßig zu überprüfen, um die nationalen Bestimmungen zu vereinfachen und zu modernisieren und Überschneidungen zu beseitigen; stellt fest, dass der Prozess der Überprüfung einzelstaatlicher Rechtsvorschriften mit Blick auf die Durchführung der Dienstleistungsrichtlinie ein wirkungsvolles Mittel in anderen Bereichen zur Beseitigung von Überschneidungen und ungerechtfertigten einzelstaatlichen Hindernissen für den freien Verkehr von Waren und Dienstleistungen bieten könnte;

55.

fordert die Kommission auf, die Maßnahmen des öffentlichen Sektors zur Verfolgung innovativer Konzepte zu unterstützen und dabei neue Technologien und Verfahren zu nutzen und die bewährtesten Praktiken in der öffentlichen Verwaltung zu verbreiten, die einen Bürokratieabbau herbeiführen und eine Politik fördern werden, bei der der Bürger im Mittelpunkt steht;

Schlüsselprioritäten

56.

fordert, dass jeder Frühjahrsgipfel des Europäischen Rates der Bewertung des Stands des Binnenmarktes auf der Grundlage eines Überwachungsprozesses gewidmet werden sollte;

57.

fordert die Kommission auf, ein Grünbuch über Leitlinien für Konsultationen der EU-Institutionen mit repräsentativen Verbänden und der Zivilgesellschaft zu veröffentlichen und dabei zu gewährleisten, dass diese Konsultationen breit angelegt, interaktiv und transparent stattfinden und für die vorgeschlagenen politischen Maßnahmen von zusätzlichem Nutzen sind;

58.

fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, für alle Rechtsvorschriften zum Binnenmarkt Entsprechungstabellen zu erstellen und zu veröffentlichen;

59.

fordert die Mitgliedstaaten auf, das Umsetzungsdefizit in Bezug auf die Binnenmarktrichtlinien auf 0,5 % für noch ausstehende Rechtsvorschriften und auf 0,5 % für bis Ende 2012 nicht ordnungsgemäß umgesetzte Rechtsvorschriften zu senken;

60.

fordert die Kommission auf, bis Ende 2011 einen Legislativvorschlag über die Inanspruchnahme alternativer Streitbeilegung in der Union vorzulegen, und betont, wie wichtig es ist, dass dieser Vorschlag zügig angenommen wird;

*

* *

61.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.


(1)  ABl. C 187 E vom 24.7.2008, S. 80.

(2)  ABl. L 176 vom 7.7.2009, S. 17.

(3)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0186.

(4)  ABl. C 349 E vom 22.12.2010, S. 25.

(5)  ABl. C 8 E vom 14.1.2010, S. 7.


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/59


Mittwoch, 6. April 2011
Ein Binnenmarkt für die europäischen Bürger

P7_TA(2011)0145

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zum Binnenmarkt für die europäischen Bürger (2010/2278(INI))

2012/C 296 E/09

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die durch Artikel 6 des EU-Vertrags den Verträgen gleichgestellt wurde,

unter Hinweis auf Artikel 26 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, in dem es heißt, dass der „Binnenmarkt … einen Raum ohne Binnengrenzen [umfasst], in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gemäß den Bestimmungen der Verträge gewährleistet ist“,

unter Hinweis auf Artikel 3 Absatz 3 des EU-Vertrags, der vorsieht, dass die Union auf „eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt abzielt, sowie ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität“ hinwirkt,

unter Hinweis auf Artikel 9 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, der wie folgt lautet: „Bei der Festlegung und Durchführung ihrer Politik und ihrer Maßnahmen trägt die Union den Erfordernissen im Zusammenhang mit der Förderung eines hohen Beschäftigungsniveaus, mit der Gewährleistung eines angemessenen sozialen Schutzes, mit der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung sowie mit einem hohen Niveau der allgemeinen und beruflichen Bildung und des Gesundheitsschutzes Rechnung“,

unter Hinweis auf Artikel 11 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union, der vorsieht, dass die „Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Festlegung und Durchführung der Unionspolitiken und -maßnahmen insbesondere zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung einbezogen werden“ müssen,

unter Hinweis auf Artikel 12 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union, der vorsieht, dass den „Erfordernissen des Verbraucherschutzes bei der Festlegung und Durchführung der anderen Unionspolitiken und -maßnahmen Rechnung getragen“ wird,

unter Hinweis auf Artikel 14 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union und das diesem beigefügte Protokoll Nr. 26 über Dienste von allgemeinem (wirtschaftlichen) Interesse,

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an den Europäischen Rat „Europa 2020: Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ (KOM(2010)2020),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission „Auf dem Weg zu einer Binnenmarktakte – Für eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft“ (KOM(2010)0608),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission „Eine bürgernahe Agenda: Konkrete Ergebnisse für Europa“ (KOM(2006)0211),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission „Ein Binnenmarkt für das Europa des 21. Jahrhunderts“ (KOM(2007)0724) und des dazugehörigen Arbeitsdokuments der Kommissionsdienststellen über die Erfolge des Binnenmarktes (SEK(2007)1521) sowie unter Hinweis auf die Entschließung des Parlaments vom 4. September 2007 zur Überprüfung des Binnenmarkts (1) und des Arbeitsdokuments der Kommissionsdienststellen zur Binnenmarktüberprüfung: Ein Jahr danach (SEK(2008)3064),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission „Chancen, Zugangsmöglichkeiten und Solidarität: eine neue gesellschaftliche Vision für das Europa des 21. Jahrhunderts“ (KOM(2007)0726) und der Mitteilung der Kommission „Dienstleistungen von allgemeinem Interesse unter Einschluss von Sozialdienstleistungen: Europas neues Engagement“ (KOM(2007)0725) sowie unter Hinweis auf die Entschließung des Parlaments vom 27. September 2006 zu dem Weißbuch der Kommission zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse (2),

in Kenntnis der Empfehlung der Kommission vom 29. Juni 2009 zu Maßnahmen zur Optimierung der Funktionsweise des Binnenmarktes (3) und der Empfehlung der Kommission vom 12. Juli 2004 zur Umsetzung der binnenmarktrelevanten Richtlinien in innerstaatliches Recht (4),

unter Hinweis auf den Binnenmarktanzeiger von Juli 2009 (SEK(2009)1007) und die Entschließungen des Parlaments vom 9. März 2010 (5) und vom 23. September 2008 (6) zum Binnenmarktanzeiger,

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss mit dem Titel „Verbraucherpolitische Strategie der EU (2007-2013) – Stärkung der Verbraucher – Verbesserung des Verbraucherwohls – besserer Verbraucherschutz“ und der Entschließung des Parlaments vom 20. Mai 2008„Verbraucherpolitische Strategie der EU (2007-2013)“ (7),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 28. Januar 2009 mit dem Titel „Überwachung von verbraucherrelevanten Ergebnissen im Binnenmarkt: Zweite Ausgabe des Verbraucherbarometers“ (KOM(2009)0025) sowie des begleitenden Arbeitsdokuments der Kommissionsdienststellen mit dem Titel „Zweites Verbraucherbarometer“ (SEK(2009)0076),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 2. Juli 2009 zum Stand der Durchsetzung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz (KOM(2009)0330) und des Berichts der Kommission vom 2. Juli 2009 über die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden („Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz“) (KOM(2009)0336),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission über grenzüberschreitenden elektronischen Handelsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern in der EU (KOM(2009)0557),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. März 2010 zum Verbraucherschutz (8),

unter Hinweis auf den Bericht von Professor Mario Monti an die Kommission über die Wiederbelebung des Binnenmarktes,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Mai 2010 zur Schaffung eines Binnenmarktes für Verbraucher und Bürger (9),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Oktober 2010 zu der Finanz-, Wirtschafts- und Sozialkrise (10),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission zu „Jugend in Bewegung“ (KOM(2010)0477),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. September 2010 zur Vollendung des Binnenmarktes für den elektronischen Handel (11),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission „Bericht über die Unionsbürgerschaft 2010: Weniger Hindernisse für die Ausübung von Unionsbürgerrechten“ (KOM(2010)0603),

unter Hinweis auf den Bericht des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses, Fachgruppe „Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch“ über Hindernisse für den europäischen Binnenmarkt 2008 (12),

unter Hinweis auf den SOLVIT-Jahresbericht 2008 über die Entwicklung und Leistung des SOLVIT-Netzes (SEK(2009)0142), das Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen vom 8. Mai 2008 zu einem Aktionsplan für einen integrierten Ansatz für die Erbringung von Binnenmarkt-Unterstützungsdiensten für Bürger und Unternehmen (SEK(2008)1882) und die Entschließung des Parlaments vom 9. März 2010 zu SOLVIT (13),

in Kenntnis der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten, mit der ein allgemeiner Rahmen an Regelungen und Grundsätzen für die Akkreditierung und die Marktüberwachung geschaffen werden soll (14),

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz und der Stellungnahmen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung, des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, des Rechtsausschusses, des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres sowie des Petitionsausschusses (A7-0072/2011),

A.

in der Erwägung, dass das Funktionieren des Binnenmarktes der Impulsgeber ist, der die Europäische Union in die Lage versetzen wird, in vollem Umfang ihr Potenzial in den Bereichen Wettbewerbsfähigkeit, intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum, Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen, Schaffung gleicher Ausgangsbedingungen für alle Arten von Unternehmen und gleicher Rechte für alle europäischen Bürger sowie Stärkung einer in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft auszuschöpfen,

B.

in der Erwägung, dass es bei der Binnenmarktakte um die Europäer als aktive Teilnehmer der europäischen Wirtschaft geht,

C.

in der Erwägung, dass der Binnenmarkt nicht nur unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten, sondern als in einen weiteren Rechtsrahmen eingebettet gesehen werden muss, der Bürgern, Verbrauchern, Arbeitnehmern, Unternehmern und Gewerbebetrieben, insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) jeder Art, spezifische Grundrechte einräumt,

D.

in der Erwägung, dass Bürger, die in einen anderen Mitgliedstaat umziehen oder grenzübergreifend einkaufen wollen, und KMU, die sich in einem anderen Mitgliedstaat niederlassen und grenzüberschreitend Handel treiben möchten, auf zu viele Hindernisse stoßen; in der Erwägung, dass diese Hindernisse von unzureichend harmonisierten nationalen Gesetzen, eingeschränkter Übertragbarkeit von Anwartschaften in der Sozialversicherung sowie übermäßiger Bürokratie herrühren, was den freien Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital innerhalb der Union verhindert,

E.

in der Erwägung, dass die Vollendung des Binnenmarkts ein ganzheitliches Konzept erfordert, um seine Entwicklung weiter zu stärken, wie im Bericht Monti und in der Entschließung zur Schaffung eines Binnenmarktes für Verbraucher und Bürger hervorgehoben wurde, bei dem alle relevanten Politikbereiche in eine strategische Zielvorgabe für den Binnenmarkt eingebunden werden, wozu nicht nur die Wettbewerbspolitik gehört, sondern unter anderem auch die Politiken in den Bereichen Industrie, Verbraucher, Energie, Verkehr, digitale Entwicklung, soziale Angelegenheiten, Umwelt, Klimawandel, Handel, Steuern, Regionalentwicklung, Justiz und Bürgerschaft, um ein hohes Maß an Integration zu erreichen,

F.

in der Erwägung, dass der Binnenmarkt den Europäern eine größere Auswahl zu günstigeren Preisen ermöglichen sollte, insbesondere denjenigen, die in entlegenen Regionen wie Inselregionen, Bergregionen und schwach besiedelten Gebieten leben, und denjenigen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind,

G.

In der Erwägung, dass von der Kommission veröffentlichtes Druck- und Online-Material oftmals entweder zu abstrakt oder zu komplex ist, um die Bürger wirklich einzubinden und ein breites Publikum zu erreichen,

H.

unter Hinweis darauf, dass es wichtig ist, dass die Binnenmarktakte nicht aus einer Reihe vereinzelter Maßnahmen bestehen sollte, und dass alle Vorschläge an der Verwirklichung einer in sich schlüssigen Zielvorgabe mitwirken müssen;

Einleitung

1.

begrüßt die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Auf dem Weg zu einer Binnenmarktakte“ und insbesondere deren Kapitel II „Vertrauen wiedergewinnen und die europäischen Bürger in den Mittelpunkt des Binnenmarkts stellen“, das 19 an die Bedürfnisse der europäischen Bürger angepasste Initiativen enthält;

2.

ist der Ansicht, dass die Vorschläge der Kommission generell den Erwartungen des Parlaments entsprechen, jedoch weiter gestärkt werden müssen, um die Bürger in den Mittelpunkt des Binnenmarktprojekts zu stellen;

3.

bedauert, dass die Mitteilung in drei Kapitel unterteilt und der Schwerpunkt auf Europäer, Unternehmen und Governance gelegt wurde, anstatt sich an thematischen Leitlinien zu orientieren; weist darauf hin, dass die Wettbewerbsfähigkeit des Binnenmarktes und seine Akzeptanz unter den Bürgern nicht als widersprüchliche, sondern als sich gegenseitig verstärkende Zielvorgaben angesehen werden sollten; ist der Auffassung, dass die drei Kapitel der Kommission gleichermaßen wichtig und miteinander verknüpft sind und mittels eines in sich schlüssigen Ansatzes behandelt werden sollten, wobei die Vorschläge von Beteiligten auf EU-Ebene und in den Mitgliedstaaten sowie ihre Bedenken berücksichtigt werden sollten;

4.

ist fest davon überzeugt, dass die Binnenmarktakte im Einklang mit dem Geist des Berichts Grech (A7-0132/2010) und des Monti-Berichts ein in sich schlüssiges und ausgewogenes Paket von Maßnahmen darstellen muss, das die Grundlagen für ein Europa des Zusatznutzens für Bürger wie für Unternehmen legt;

5.

ist der Auffassung, dass die Wiederbelebung und Vertiefung des Binnenmarktes im Kontext der Maßnahmen der EU zur Bekämpfung der Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise und als Teil der Strategie EU 2020 von grundlegender Bedeutung sind;

6.

ist der Auffassung, dass die Europäer das Potenzial des Binnenmarktes in vielen Bereichen, einschließlich des freien Personen-, Waren- und Dienstleistungsverkehrs, noch nicht voll ausgeschöpft haben und dass neue Anreize erforderlich sind, insbesondere mit dem Ziel, eine effektive geografische Mobilität der Arbeitskräfte innerhalb Europas sicherzustellen;

7.

ist der Auffassung, dass die Binnenmarktstrategie die soziale Fürsorge und die Rechte der Arbeitnehmer stärken und faire Arbeitsbedingungen für alle Europäer sicherstellen sollte;

8.

unterstützt die Initiative der Kommission, eine Binnenmarktakte vorzuschlagen und damit eine umfassende und pragmatische europaweite Debatte über Nutzen und Kosten des Binnenmarkts einzuleiten, und fordert die Kommission zur Sicherstellung einer effektiven Anwendung von Binnenmarktregeln auf, die den Verwaltungsaufwand für den Bürger verringern;

9.

teilt die Überzeugung, dass die vollständige Verwirklichung des Binnenmarkts das Fundament für die Vervollständigung der politischen und wirtschaftlichen Integration bilden sollte;

10.

hebt insbesondere die von der Kommission in ihrer Mitteilung gegebene Zusage hervor, neue Ansätze in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung zu fördern;

11.

betont, dass die Mitgliedstaaten nicht nur die Rechtsvorschriften zum Binnenmarkt mangelhaft umsetzen und anwenden, sondern auch andere Rechtsvorschriften, die die Rechte der Unionsbürger und anderer Personen mit rechtmäßigem Wohnsitz berühren; fordert die Mitgliedstaaten auf, insbesondere für eine bessere Umsetzung der Richtlinie über die Freizügigkeit (2004/38/EG) zu sorgen;

12.

ist der Auffassung, dass sich die Bemühungen um eine Vollendung des Binnenmarkts auf die Sorgen der Bürger, Verbraucher, Nutzer von öffentlichen Dienstleistungen und Unternehmen konzentrieren und ihnen spürbare Vorteile bringen müssen, um das uneingeschränkte Vertrauen in den Binnenmarkt wiederherzustellen und ihnen die Chancen, die er bietet, stärker bewusst zu machen;

13.

fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission mit Nachdruck auf, sich gemeinsam dafür einzusetzen, das Projekt Binnenmarkt in das Bewusstsein der Bürger zu rücken und sicherzustellen, dass seine Vorzüge anerkannt werden und dass ihre Rechte als Verbraucher klar und überall verstanden und durchgesetzt werden; erkennt in diesem Zusammenhang an, dass bessere Kommunikationsstrategien, die die Mehrheit der Bürger wirklich interessieren und einbinden, sowie ein umfassender und kreativer Einsatz moderner Technologien erforderlich sind;

14.

unterstreicht, dass es beim Binnenmarkt für Europäer in erster Linie um Arbeitsplätze und die Schaffung neuer Arbeitsplätze geht und dass es wichtig ist, ein Umfeld zu schaffen, in dem Unternehmen und Bürger ihre Rechte uneingeschränkt wahrnehmen können;

15.

unterstreicht, dass der Binnenmarkt ein großes Potenzial im Hinblick auf Beschäftigung, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit bietet und es notwendig ist, starke strukturpolitische Maßnahmen zu verabschieden, um dieses Potenzial voll auszuschöpfen;

16.

unterstreicht, dass die demografischen Herausforderungen eine Strategie erfordern, die zur Schaffung von Arbeitsplätzen beiträgt, mit denen die Lücken auf dem Arbeitsmarkt der EU gefüllt werden können;

17.

bekräftigt die in der Entschließung vom 20. Mai 2010 zu einem Binnenmarkt für Verbraucher und Bürger bekundete Auffassung, dass die Kommission den Erlass von verbraucherfreundlichen Rechtsvorschriften für den Binnenmarkt fördern sollte, um zu gewährleisten, dass die Interessen der Verbraucher uneingeschränkt in die Arbeitsweise des Binnenmarktes integriert werden;

18.

hebt hervor, dass das Vertrauen der Bürger und Verbraucher in das Funktionieren des Binnenmarktes unverzichtbar und keine Selbstverständlichkeit ist, sondern erarbeitet werden muss; ist insbesondere der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten und die EU-Institutionen zur Erfüllung ihrer Versprechen sicherstellen müssen, dass die Kapazität des gegenwärtigen Binnenmarktrahmens voll ausgeschöpft wird; unterstreicht, dass das Vertrauen der Bürger in die erfolgreiche Vollendung des Binnenmarktes genauso unerlässlich ist wie ein günstiges Umfeld für die Unternehmen; glaubt, dass die wirtschaftliche Integration in angemessener Form durch Maßnahmen im Bereich des sozialen Schutzes, des Umweltschutzes und des Verbraucherschutzes flankiert werden sollte, um beide Zielvorgaben zu verwirklichen;

19.

ist außerdem der Ansicht, dass hinsichtlich der Frage der Erbringung eines Zusatznutzens für die europäischen Bürger bei den Vorschlägen zum Binnenmarkt die Grundsätze der Subsidiarität und der Souveränität der Mitgliedstaaten geachtet werden müssen und dass der Austausch bewährter Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten gefördert werden muss;

20.

weist auf die mangelnde direkte Kommunikation mit den Bürgern hin und vertritt die Ansicht, dass die EU-Vertretungen in den Mitgliedsstaaten beauftragt werden müssen, sofort auf negative und irreführende Medienberichte zu reagieren, indem sie auf die Tatsachen verweisen, und weitere Bemühungen anstellen sollten, über europäische Rechtsvorschriften, Projekte und Programme zu informieren, womit sie auch eine sachlich fundierte Debatte über europäische Fragen anregen könnten; tritt weiterhin für den umfassenden und kreativen Einsatz moderner Technologie ein, einschließlich von Video-Rollenspielen, die junge Menschen in Form eines Wettbewerbs auf europäischer Ebene spielen können (z. B. als Teil eines EU-Wettbewerbs für die Schulen), während sie gleichzeitig etwas über die Wirtschaft und die Tätigkeit der EU lernen;

21.

weist darauf hin, dass die Effektivität und die demokratische Legitimität der erweiterten EU verbessert werden können und sollten, weil die Zustimmung der europäischen Bürgerinnen und Bürger zur EU deutlich abnimmt; ist der Auffassung, dass zu wenig Zeit aufgewendet wird und zu geringe Anstrengungen unternommen werden oder dass eine falsche Methode genutzt wird, um die Bürgerinnen und Bürger Europas zusammenzubringen, was doch die Hauptaufgabe der EU sein sollte; fordert daher, dass seitens der Mitgliedstaaten und der EU-Organe mehr getan wird, um die Unterstützung für die Union zu erhöhen und die europäischen Bürgerinnen und Bürger von der Bedeutung der Werte der EU sowie der Nützlichkeit und den Vorteilen der Union zu überzeugen;

22.

vertritt die Ansicht, dass die Bekämpfung von Korruption und organisiertem Verbrechen für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts von wesentlicher Bedeutung ist, und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre diesbezügliche Arbeit fortzusetzen und dabei das gesamte verfügbare Instrumentarium, einschließlich des Kooperations- und Überprüfungsmechanismus, zu nutzen;

23.

betont, dass die Ziele des Stockholm-Programms, insbesondere offene Grenzen und der freie Waren-, Kapital-, Dienstleistungs- und Personenverkehr, bei der Ausarbeitung der Binnenmarktakte einbezogen werden müssen;

24.

bekräftigt, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, die europäischen Rechtsvorschriften über den Binnenmarkt und die damit zusammenhängenden Rechte der europäischen Bürger anzunehmen und umzusetzen;

25.

hebt hervor, dass bei der Verwirklichung des Binnenmarkts die uneingeschränkte Achtung der Rechte der Bürger und Einwohner der Union gewährleistet werden muss, die in der Charta der Grundrechte verankert sind;

26.

ist der Auffassung, dass das Petitionsverfahren einen positiven Beitrag dazu leisten kann, die Bürger bei der Nutzung des Binnenmarkts zu unterstützen;

27.

ruft die Kommission auf, eine „Bürgercharta“ mit klaren und eindeutigen Aussagen über das Recht anzunehmen, überall in der EU zu wohnen und zu arbeiten, und eine mehrsprachige gezielte Informationsinitiative zu den Alltagsproblemen der Bürger beim Umzug, Einkauf oder Verkauf in Europa sowie zu den Normen zu entwickeln, auf die sie sich in den Bereichen Soziales, Gesundheit, Verbraucherschutz und Umweltschutz berufen können;

28.

ist der Auffassung, dass die von der Kommission vorgeschlagenen 19 Maßnahmen entsprechend ihren Auswirkungen auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und der Erbringung greifbarer Ergebnisse für die europäischen Bürger sowie ihrer Durchführbarkeit innerhalb realistischer Fristen als Prioritäten behandelt werden sollten;

29.

verweist darauf, dass es in seiner Entschließung zur Sozialwirtschaft eine bessere Anerkennung für Unternehmen der Sozialwirtschaft gefordert hat, einschließlich einer allgemeinen Einbeziehung des Konzepts in die Politiken der EU, eines intensiveren Dialogs mit Vertretern der Sozialwirtschaft, einer besseren Unterstützung der Unternehmen und der Anerkennung im Rahmen des sozialen Dialogs; verweist darauf, dass es in derselben Entschließung gefordert hat, dass die Unternehmen der Sozialwirtschaft in den nationalen Registern berücksichtigt werden, und dass es spezifische Statistiken zur Tätigkeit von Unternehmen der Sozialwirtschaft angefordert hat;

30.

fordert die Durchführung eines im Fernsehen übertragenen europäischen Wettbewerbs zur Ermittlung des grenzüberschreitend tätigen europäischen Unternehmens des Jahres, um die Menschen auf die Chancen und Vorzüge des Binnenmarkts und auf das Potenzial junger Menschen mit Ideen aufmerksam zu machen; vertritt die Auffassung, dass die Attraktion, Menschen aus verschiedenen Teilen Europas dabei zuzusehen, wie sie zusammenkommen, um einen Geschäftsplan zu entwickeln, Finanzmittel aufzubringen und gemeinsam etwas Positives in Angriff zu nehmen, dabei helfen würde, sowohl das Image Europas und des Binnenmarktes als auch das Image des Unternehmertums zu verbessern; ist außerdem der Ansicht, dass eine Begleitung des gewinnenden Unternehmens über das Jahr hinweg – mit einer Schwerpunktsetzung auch auf die Beschäftigten sowie Freunde und Familienangehörige – die Vorzüge, die Mängel und die Möglichkeiten des Binnenmarktes und die Korrektur dieser Mängel herausstellen könnte, um den Menschen nahezubringen, um was es bei Europa nicht zuletzt auch in menschlicher Hinsicht wirklich geht;

31.

verweist auf die Notwendigkeit, im Rahmen der integrierten Politiken der EU die Lage der Regionen mit spezifischen territorialen Merkmalen, insbesondere der Regionen in äußerster Randlage, wie sie in Artikel 349 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union bestimmt werden, zu berücksichtigen, um diesen Regionen, ihren Unternehmen, ihren Arbeitskräften und ihren Bürgern eine wirkliche Eingliederung in den Binnenmarkt der EU zu ermöglichen, damit sie effektiv Nutzen daraus ziehen können; hält die Kommission dazu an, die spezifischen Vorschriften für diese Regionen beizubehalten und weiterzuentwickeln; verweist auf die Notwendigkeit, in Ergänzung der Integration in den Binnenmarkt den weiter gefassten Aktionsplan für Europäische Nachbarschaft aufzulegen, wie ihn die Kommission in ihrer Mitteilung KOM(2004)0343 dargelegt hat; fordert, dass die Vorschläge des Kapitels „Stärkung der Solidarität im Binnenmarkt“ ausgeweitet und verstärkt werden und dass insbesondere den Auswirkungen des Binnenmarktes in den am stärksten benachteiligten Regionen Rechnung getragen wird, um den Anpassungsbemühungen dieser Regionen vorzugreifen und sie zu unterstützen;

Allgemeine Bewertung

32.

fordert die Kommission auf, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um die Mobilität der Bürger im Hinblick auf die Förderung nachhaltigen Wachstums, von Beschäftigung und sozialer Eingliederung zu unterstützen, und fordert die Einrichtung eines „Mobilitätsanzeigers“, um die Mobilität innerhalb der EU zu messen; begrüßt in diesem Zusammenhang die Initiativen der Kommission zur Anerkennung der beruflichen Qualifikationen, die Initiative „Jugend in Bewegung“, den „europäischen Kompetenzpass“, den Vorschlag für die Rechte von Fluggästen, die Initiative betreffend den Zugang zu bestimmten grundlegenden Bankdienstleistungen sowie die vorgeschlagene Initiative zur Verbesserung der Transparenz und Vergleichbarkeit von Bankgebühren; regt an, dass die Kommission in ihrer Folgenabschätzung eine Kosten-Nutzen-Analyse anstellt und sich um Synergien zwischen den vorstehend erwähnten Initiativen bemüht; fordert die Kommission auf, die Teilnahme an den Mobilitätsprogrammen zu verstärken und auszuweiten, insbesondere unter jungen Menschen, und diesen Programmen klarere Konturen zu verleihen;

33.

stellt fest, dass Themen im Zusammenhang mit der Produktsicherheit und der Marktaufsicht von größter Bedeutung für die europäischen Bürger sind; begrüßt deshalb den auf mehrere Jahre angelegten Aktionsplan der Kommission zur Entwicklung einer europäischen Marktaufsicht auf der Grundlage von Leitlinien für Zollkontrollen für Produktsicherheit und fordert die Kommission nachdrücklich auf, ein einziges Marktüberwachungssystem für alle Produkte einzuführen, das auf einem Rechtsakt basiert, welcher sowohl die Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit als auch die Verordnung über die Marktüberwachung abdeckt; fordert die Kommission auf, eine aktivere Rolle bei der Abstimmung und dem Austausch bewährter Verfahren zwischen nationalen Zoll- und Marktaufsichtsbehörden zu spielen, um die Wirksamkeit von Grenzkontrollen von Gütern, die aus Drittländern eingeführt werden, zu steigern; fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, die notwendigen Ressourcen für ein wirksames Vorgehen im Bereich der Marktüberwachung einzusetzen;

34.

fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten, die an Beschränkungen ihrer Arbeitsmärkte festhalten, zu ersuchen, ihre Übergangsbestimmungen zu überprüfen, um die Arbeitsmärkte für alle europäischen Arbeitnehmer zu öffnen;

35.

ist der Ansicht, dass sich die Zuwanderung hochqualifizierter Migranten und Saisonarbeiter positiv auf die europäische Wirtschaft auswirken würde; fordert die Mitgliedstaaten daher auf, den Abbau der auf ihren Arbeitsmärkten bestehenden Beschränkungen für alle Unionsbürger zu beschleunigen; fordert die Kommission darüber hinaus auf, die Zuwanderungspolitik in Bezug auf diese Gruppen weiterzuentwickeln – wobei zu berücksichtigen ist, dass die Herkunftsländer nicht vollständig ihrer lebenswichtigen Humanressourcen beraubt werden dürfen – und zugleich die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Verwaltung der Außengrenzen und der Eindämmung der illegalen Einwanderung zu verbessern;

36.

bekräftigt, dass der Grundsatz der Nichtdiskriminierung innerhalb des Binnenmarktes die den Bürgern aus anderen Mitgliedstaaten auferlegten Verpflichtungen aufhebt, Originaldokumente, beglaubigte Kopien, Staatsangehörigkeitsnachweise oder beglaubigte Übersetzungen von Dokumenten vorzulegen, um eine Dienstleistung oder günstigere Preise oder Bedingungen zu erlangen;

37.

ist der Auffassung, dass die Dienstleistungsrichtlinie den grundlegenden Rahmen für ein höheres Maß an Freizügigkeit für die Dienstleistungserbringer schafft und gleichzeitig darauf abzielt, die Rechte der Verbraucher als Empfänger von Dienstleistungen zu stärken und die Verfügbarkeit von Informationen sowie Unterstützung und Transparenz in Bezug auf die Dienstleistungserbringer und ihre Dienste zu erhöhen;

38.

fordert die Kommission auf, praktische Vorschläge zu unterbreiten, mit denen der Schutz der Verbraucher vor unlauteren Geschäftspraktiken auf kleine Unternehmen ausgedehnt wird;

39.

begrüßt die Absicht der Kommission, eine Rechtsetzungsinitiative zur Reform des Systems für die Anerkennung von Berufsqualifikationen vorzuschlagen; fordert die Kommission auf, den Besitzstand zu bewerten und bis September 2011 ein Grünbuch zu veröffentlichen; weist darauf hin, dass die Übertragbarkeit von Rentenansprüchen gewährleistet werden muss; fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Rentenpolitik effektiver zu koordinieren und bewährte Verfahren auf europäischer Ebene auszutauschen;

40.

fordert eine klarere Verknüpfung zwischen Programmen der Sekundarstufen und der Hochschulen mit den Erfordernissen des Arbeitsmarktes und unterstreicht die bedeutende Rolle von Ausbildungspraktika; fordert die Kommission auf, formelle und informelle Formen des Erwerbs von Fähigkeiten zu fördern; ist der Auffassung, dass Berufsausweise eine konkrete Maßnahme sein könnten, um die Mobilität von Angehörigen freier Berufe im Binnenmarkt zumindest in bestimmten Bereichen zu erleichtern; fordert die Kommission mit Nachdruck auf, im Vorfeld ihrer Überarbeitung eine Folgenabschätzung für die Einführung europäischer Berufsausweise durchzuführen und dabei ihre Vorzüge, ihren Zusatznutzen, die Anforderungen an den Datenschutz und ihre Kosten zu berücksichtigen;

41.

vertritt die Auffassung, dass die Kommission einen europäischen Qualifikationsaustausch fördern sollte, bei dem kleine und mittlere Unternehmen von den Qualifikationen, die in größeren Unternehmen vorhanden sind, profitieren können, wodurch Synergien gefördert werden und für eine Betreuung gesorgt wird;

42.

begrüßt die Absicht der Kommission, eine Mitteilung zu den Prioritäten im Bereich der Energieinfrastrukturen für den Zeitraum bis 2020/2030 vorzulegen; fordert die Kommission auf, zur Entwicklung eines voll funktionsfähigen Energiebinnenmarktes beizutragen, indem das Problem der noch vorhandenen Infrastrukturlücken angegangen und die Integration erneuerbarer Energiequellen erleichtert wird;

43.

begrüßt die Ankündigung einer Rechtsetzungsinitiative im Zusammenhang mit der Umsetzung der Entsenderichtlinie (96/71/EG) mit Blick auf die Sicherstellung der Achtung der Rechte der entsandten Arbeitnehmer und die Klärung der Verpflichtungen der nationalen Behörden und der Unternehmen; fordert die Mitgliedstaaten auf, Mängel bei der Umsetzung und Durchsetzung der Richtlinie zu beheben;

44.

begrüßt die Ankündigung einer Maßnahme durch die Kommission, mit der der Zugang zu bestimmten grundlegenden Bankdienstleistungen sichergestellt werden soll; stellt fest, dass Kontrollmaßnahmen, die im Falle von Kunden angewandt werden, bei denen davon ausgegangen wird, dass sie ein höheres Risiko für die Banken darstellen, objektiv begründet und verhältnismäßig sein sollten; begrüßt die vorgeschlagene Initiative zur Verbesserung der Transparenz und Vergleichbarkeit von Bankgebühren;

45.

fordert die Kommission auf, in ihr Programm Schlüsselinitiativen im Bereich der Finanzdienstleistungen (z.B. der einheitliche Euro-Zahlungsverkehrsraum SEPA und eine verbesserte Rechtssicherheit im Zusammenhang mit dem Besitz von Wertpapieren) aufzunehmen, die in höchstem Maße relevant für den Binnenmarkt sind; betont, dass ein fragmentarisches Zahlungssystem ein Hemmnis für den grenzüberschreitenden Handel darstellt; fordert die Kommission auf, das SEPA-System weiter zu verbessern, um einen für alle Kreditkarten verfügbaren grundlegenden Zahlungsdienst zu definieren, durch den die Transparenz in Bezug auf Transaktionskosten verstärkt und Wechselgebühren innerhalb der EU reduziert werden;

46.

fordert Maßnahmen zur Schaffung eines angemessenen rechtlichen Rahmens für Stiftungen, Gegenseitigkeitsgesellschaften und Verbände, um ihnen einen europäischen Status zu geben und Rechtsunsicherheit zu vermeiden und andere Unternehmen der Sozialwirtschaft sowie sonstige weitere Projekte der Sozialwirtschaft zu fördern; begrüßt die Absicht der Kommission, die Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft zu überarbeiten, und fordert als Teil dieser Überarbeitung die Schaffung eines echten autonomen Statuts; betont, dass der grenzüberschreitende Zugang von Unternehmen der Sozialwirtschaft verbessert und ihr unternehmerisches, soziales, kulturelles und innovatives Potenzial im Binnenmarkt maximiert werden müssen;

47.

begrüßt die Absicht der Kommission, die sozialen Auswirkungen vorgeschlagener Rechtsvorschriften zum Binnenmarkt zu berücksichtigen, wann immer dies notwendig ist, um stärker sachorientierte und nachweisgestützte politische Beschlüssen zu fassen; ermutigt die Kommission, einen Satz von Indikatoren vorzuschlagen, der dazu benutzt werden könnte, die sozialen Auswirkungen von Rechtsvorschriften zu bewerten; ist der Auffassung, dass diese Folgenabschätzung als Teil einer integrierten Bewertung durchgeführt werden sollte, bei der alle relevanten Auswirkungen eines Vorschlags (d.h. finanzielle und ökologische Auswirkungen, Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit, Schaffung von Arbeitsplätzen und Wachstum) berücksichtigt werden;

48.

fordert die Kommission auf, im Rahmen der Neubelebung eines wettbewerbsfähigeren Binnenmarkts, durch den nachhaltiges Wachstum und mehr und bessere Arbeitsplätze geschaffen werden, dafür Sorge zu tragen, dass alle Sozialrechte garantiert werden; ist der Auffassung, dass die Kommission zu diesem Zweck einen Verweis auf die sozialpolitischen Maßnahmen und die Sozialrechte in die Rechtsvorschriften über den Binnenmarkt aufnehmen sollte, wo dies angesichts der Schlussfolgerungen einer Bewertung der sozialen Folgen der vorgeschlagenen Rechtsvorschriften gerechtfertigt ist; betont darüber hinaus, dass gegebenenfalls den Binnenmarktvorschriften der neuen Artikel 8 und 9 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und dem Inkrafttreten der Charta der Grundrechte der EU gebührend Rechnung getragen werden sollte, die eine große Bandbreite von bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rechten für Europäer sowie das Recht enthält, Tarifverträge gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten unter gebührender Achtung des EU-Rechts auszuhandeln, zu schließen und durchzusetzen;

49.

begrüßt die Absicht der Kommission, einen Legislativvorschlag zu Hypothekenkrediten vorzulegen, um auf den derzeitigen Mangel an Verbraucherschutz, die Rechtsunsicherheit im Umfeld von Hypothekenkrediten und die unzureichende Vergleichbarkeit der Konditionen und Wahlmöglichkeiten, die von Anbietern von Hypothekenkrediten angeboten werden, zu reagieren, um die Stabilität des Wirtschafts- und Finanzsystems zu gewährleisten und um Hindernisse abzubauen, damit Anbieter von Hypothekenkrediten in einem anderen Mitgliedstaat geschäftlich tätig sein und Bürger in einem anderen Mitgliedstaat eine Hypothek aufnehmen können;

50.

bedauert die Tatsache, dass in der Mitteilung der Kommission über die Binnenmarktakte ungeachtet der greifbaren Natur solcher Maßnahmen und der hohen Erwartungen der Bürger in diesem Bereich kein Vorgehen bei den Roaming-Gebühren ins Auge gefasst worden ist; fordert die Kommission nachdrücklich auf vorzuschlagen, dass die bestehende Roaming-Verordnung bis Juni 2015 verlängert und ihr Geltungsbereich dadurch erweitert wird, dass Obergrenzen bei Endnutzerpreisen für Datenroaming eingeführt werden; ist der Auffassung, dass diese Initiative zwecks Verwirklichung der Zielvorgaben der digitalen Agenda in den Geltungsbereich der Binnenmarktakte einbezogen werden sollte; fordert die Kommunikationsbranche auf, ein Geschäftsmodell auf der Grundlage von Pauschalabgaben für die Datenübermittlung, die Übermittlung gesprochener Nachrichten und das Roaming von SMS-Nachrichten in der gesamten EU zu fördern;

51.

fordert die Kommission auf, Dringlichkeitsmaßnahmen zur Stabilisierung der Finanzmärkte zu ergreifen, zu gewährleisten, dass diese Märkte zum Nutzen der Realwirtschaft arbeiten, und einen angemessen regulierten und beaufsichtigten Binnenmarkt für den Einzelhandel mit dem zweifachen Ziel der Verwirklichung eines hohen Niveaus des Verbraucherschutzes sowie der Gewährleistung der Finanzstabilität durch Vermeidung von Spekulationsblasen insbesondere im Hinblick auf Immobilien zu schaffen;

52.

fordert die Kommission auf, die steuerlichen Hindernisse, mit denen die europäischen Bürger noch immer konfrontiert sind, zu ermitteln und zu beseitigen; fordert ein entschiedeneres Vorgehen zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung der europäischen Bürger;

53.

begrüßt die Initiative der Kommission, eine öffentliche Konsultation über Corporate Governance und die Steigerung der Transparenz der von Unternehmen zur Verfügung gestellten Informationen über soziale und ökologische Angelegenheiten und die Achtung der Menschenrechte einzuleiten, betont jedoch die Bedeutung weiterer spezifischer Schritte mit dem Ziel, eine vernünftige und verantwortungsvolle Vergütungspolitik, eine angemessene Mitwirkung von Frauen im Management und in Vorständen, eine Aufwertung des Engagements langfristiger Aktionäre und eine Förderung der Verfahren zur Konsultation, Mitbestimmung und Vermögensbeteiligung von Arbeitnehmern zu fördern; fordert insbesondere die Förderung von Systemen der Mitarbeiterbeteiligung, die Stärkung des langfristigen Engagements der Aktionäre und die Förderung der Informations- und Konsultationsrechte für Arbeitnehmer und ihre Vertreter, wobei auch das Recht auf Teilnahme an Vorstandssitzungen zu regeln ist; betont, dass eine verstärkte Transparenz, gute Beziehungen zum Personal und Produktionsprozesse, die im Einklang mit der nachhaltigen Entwicklung stehen, auch im Interesse der Unternehmen, ihrer Eigentümer und derjenigen liegen, die in sie investieren;

54.

nimmt den Vorschlag der Kommission zur Initiative im Bereich der Sozialwirtschaft zur Kenntnis und empfiehlt die Einleitung eines Konsultationsprozesses zu diesem Projekt, um das Potenzial dieser Maßnahme im Hinblick auf Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu bewerten;

55.

ist der Auffassung, dass in der Binnenmarktakte Maßnahmen vorgeschlagen werden sollten, wie der öffentliche Sektor die Unternehmen besser in die Förderung von innovativen Vorkehrungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen einbeziehen kann; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf der Grundlage ihrer jeweiligen Zuständigkeiten auf, dafür Sorge zu tragen, dass Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse unter Einschluss von Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse innerhalb eines Rahmens, dessen Merkmale der universale Zugang, hohe Qualität, Erschwinglichkeit und klare Finanzierungsregeln sind, abgesichert werden, indem den öffentlichen Behörden ein Instrumentarium an die Hand gegeben wird, mit dem sie die Qualität dieser Dienstleistungen bewerten; ist der Auffassung, dass die Kommission unter Rückgriff auf alle ihr verfügbaren Optionen und auf der Grundlage von sowie im Einklang mit Artikel 14 und Protokoll Nr. 26 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union sektorspezifische Initiativen ergreifen sollte, um sicherzustellen, dass die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse und die Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips auf der geeigneten Ebene erbracht werden können;

56.

fordert die Kommission auf, die Anwendung der EU-Vorschriften durch die Klärung der Kriterien für die Vereinbarkeit von staatlichen Beihilfen und öffentlichen Beschaffungsmaßnahmen im Zusammenhang mit sozialen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse mit dem Binnenmarkt zu erleichtern;

57.

fordert den strategischen und angemessenen Einsatz der Ressourcen der Strukturfonds und des Kohäsionsfonds sowie die Ausweitung der transeuropäischen Netze mit Blick auf die Entwicklung des Binnenmarktes;

58.

weist besonders auf den zusätzlichen Nutzen des TEN-V-Netzes hin, insbesondere derjenigen Vorhaben, die länderübergreifender Art sind und Engpässen entgegenwirken; betont, dass TEN-V einen effizienten Rahmen für die Beförderung von Personen und Gütern innerhalb der EU bietet, und stellt fest, dass in der Strategie „Europa 2020“ der europäische zusätzliche Nutzen einer Beschleunigung strategischer Vorhaben, die Grenzen überschreiten, Engpässe beseitigen und intermodale Knotenpunkte (Städte, Häfen, Flughäfen, logistische Plattformen) unterstützen, anerkannt wird;

59.

unterstützt das Konzept eines Kernnetzes, das aus vorrangigen Vorhaben besteht, bei denen diese Grundsätze gewahrt werden und die dann die Hauptbegünstigten einer EU-Finanzierung sein sollten, und drängt darauf, dass Investitionen mit EU-Unterstützung in andere mit ihnen verbundene Vorhaben im Bereich der Verkehrsinfrastruktur, die EU-Mittel aus anderen Quellen erhalten, eingebunden werden sollten;

60.

begrüßt die Einführung echter Rechte für Fahrgäste, die innerhalb der EU mit dem Flugzeug, der Eisenbahn, dem Schiff oder dem Reisebus unterwegs sind, und erkennt an, dass diese Rechte wesentlich sind, um den freien Personenverkehr innerhalb des Binnenmarktes zu erleichtern;

61.

fordert eine Überprüfung der Durchsetzung dieser Rechte im Luftverkehrssektor, der erforderlichenfalls Legislativvorschläge zur Klarstellung und Konsolidierung dieser Rechte folgen sollten, damit ihre einheitliche Anwendung in der gesamten Europäischen Union sichergestellt und die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen innerhalb des Binnenmarktes sowohl innerhalb der Verkehrsträger als auch zwischen ihnen gebannt wird; fordert, dass diese Vorschläge einen angemessenen Schutz von Verbrauchern in Bereichen wie Pauschalreisen, Insolvenz und übermäßige Gebühren für Dienstleistungen einschließen;

62.

weist darauf hin, dass der bestehende legislative Rahmen zur Regulierung der Rechte von Fluggästen besserer Durchsetzungsmaßnahmen bedarf, damit die Bürger, insbesondere Menschen mit eingeschränkter Mobilität, in vollem Unfang von ihren Rechten Gebrauch machen können; fordert die Kommission auf, einen Vorschlag zur Änderung der Verordnung über Fluggastrechte vorzulegen, um den Verbraucherschutz zu stärken, sowie eine Mitteilung über die Rechte von Fahrgästen, die alle Verkehrsträger benutzen, anzunehmen, der Legislativvorschläge folgen sollten;

63.

fordert die Kommission auf, sich der Erfahrungen zu bedienen, die bis jetzt im Bereich der Fahrgastrechte gesammelt wurden, gemeinsame Muster zwischen Verkehrsträgern zu ermitteln und allgemeine politische Leitlinien für die kommenden Jahre aufzustellen, wobei der Schwerpunkt insbesondere darauf gerichtet werden muss, wie die Kenntnis der Fahrgäste darüber verbessert werden kann, welche Rechte sie besitzen und wie sie sie ausüben können;

64.

fordert die Kommission auf, den Einsatz neuer Technologien im Rahmen eines effizienten, intelligenten und nachhaltigen Verkehrssystems zu fördern, das den Fahrgästen dadurch zugute kommt, dass die Anwendung einer integrierten Fahrscheinausstellung unterstützt wird;

65.

betont, dass der digitale Binnenmarkt vollendet werden muss, und stellt fest, dass seine Vorzüge unmittelbare Auswirkungen auf das Alltagsleben der Europäer haben werden; fordert Maßnahmen zur Förderung der E-Gesundheit, sowie den universalen Zugang zu Breitbanddiensten zu erschwinglichen Preisen; begrüßt den Vorschlag für einen Beschluss über ein europäisches Aktionsprogramm für Radiofrequenzen, insbesondere die Freigabe des zur digitalen Dividende gehörenden 800-MHz-Bands bis 2013, damit der Markt für drahtlose Breitbanddienste wachsen kann und ein schneller Internetzugang für alle Bürger gewährleistet wird, insbesondere diejenigen, die in entlegenen Regionen, wie Inselregionen, Bergregionen und schwach besiedelten Gebieten, leben;

66.

legt den Mitgliedstaaten nahe, den Kommissionsvorschlag für eine horizontale Antidiskriminierungsrichtlinie (KOM(2008)0426) nicht nur mit Blick auf die damit verbundenen Kosten, sondern auch auf den potentiellen Nutzen zu betrachten, wenn nämlich Menschen, die sich früher in bestimmten Bereichen nicht völlig sicher fühlten, nunmehr dort Dienstleistungen in Anspruch nehmen;

67.

unterstützt nachdrücklich die im Bericht über die Unionsbürgerschaft 2010 (KOM(2010)0603) enthaltenen „25 Maßnahmen zur Verbesserung des Alltags der Unionsbürger“, insbesondere diejenigen Maßnahmen, mit denen der Schutz von Opfern, Verdächtigten und Beschuldigten verbessert werden soll;

68.

begrüßt die Richtlinie über Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung und fordert die Mitgliedstaaten auf, sie vollständig umzusetzen;

Schlüsselprioritäten

69.

fordert die Kommission auf, die folgende Liste von Vorschlägen als Schlüsselprioritäten des Parlaments zu billigen:

fordert die Kommission auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Mobilität der europäischen Bürger zu erhöhen, insbesondere indem sie bis September 2011 ein Grünbuch über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, einschließlich einer Bewertung des bestehenden Rahmens, veröffentlicht und gegebenenfalls eine Rechtsetzungsinitiative zur Reform dieses Rahmens im Jahr 2012 vorschlägt und gleichzeitig die Durchführbarkeit und den zusätzlichen Nutzen unionsweiter Berufsausweise und eines „europäischen Kompetenzpasses“ im Jahr 2011 bewertet sowie einen „Mobilitätsanzeiger“ zur Messung der Mobilität innerhalb der EU einrichtet;

fordert die Kommission auf, eine aktivere Rolle bei der Abstimmung zwischen nationalen Zoll- und Marktaufsichtsbehörden zu spielen, um die Wirksamkeit von Grenzkontrollen von Gütern, die aus Drittländern eingeführt werden, zu steigern, und im Jahr 2011 einen mehrjährigen Aktionsplan für die Entwicklung eines wirksamen europäischen Marktüberwachungssystems für alle Produkte aufzustellen, wobei den Mitgliedstaaten Flexibilität bei der Erfüllung ihrer rechtlichen Pflichten einzuräumen ist;

fordert die Kommission nachdrücklich auf vorzuschlagen, dass die bestehende Roaming-Verordnung bis Juni 2015 verlängert und ihr Geltungsbereich dadurch erweitert wird, dass Obergrenzen bei Endnutzerpreisen für Datenroaming eingeführt werden, um die Kosten für das Roaming für die Öffentlichkeit und für Unternehmen zu senken;

fordert die Kommission auf, bis Juni 2011 einen Legislativvorschlag zur Gewährleistung des Zugangs zu bestimmten grundlegenden Bankdienstleistungen vorzulegen und die Transparenz und Vergleichbarkeit von Bankgebühren bis Ende 2011 zu verbessern;

fordert die Kommission auf, einen Legislativvorschlag zur Beseitigung von Hindernissen auszuarbeiten, mit denen sich mobile Arbeitnehmer konfrontiert sehen, um für eine vollständige Übertragbarkeit von Rentenansprüchen zu sorgen;

*

* *

70.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.


(1)  ABl. C 187 E vom 24.7.2008, S. 80.

(2)  ABl. C 306 E vom 15.12.2006, S. 277.

(3)  ABl. L 176 vom 7.7.2009, S. 17.

(4)  ABl. L 98 vom 16.4.2005, S. 47.

(5)  ABl. C 34 9 E vom 22.12.2010, S. 25.

(6)  ABl. C 8 E vom 14.1.2010, S. 7.

(7)  ABl. C 279 E vom 19.11.2009, S. 17.

(8)  ABl. C 349 E vom 22.12.2010, S. 1.

(9)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0186.

(10)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0376.

(11)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0320.

(12)  http://www.eesc.europa.eu/smo/news/Obstacles_December-2008.pdf.

(13)  ABl. C 349 E vom 22.12.2010, S. 10.

(14)  ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 30.


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/70


Mittwoch, 6. April 2011
Ein Binnenmarkt für Unternehmen und Wachstum

P7_TA(2011)0146

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu einem Binnenmarkt für Unternehmen und Wachstum (2010/2277(INI))

2012/C 296 E/10

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission „Auf dem Weg zu einer Binnenmarktakte“. Für eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft. 50 Vorschläge, um gemeinsam besser zu arbeiten, zu unternehmen und Handel zu treiben“ (KOM(2010)0608),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Mai 2010 zur Schaffung eines Binnenmarktes für Verbraucher und Bürger (1),

unter Hinweis auf den Bericht Monti vom 9. Mai 2010 über eine neue Strategie für den Binnenmarkt,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission „Europa 2020 – Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ (KOM(2010)2020),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission „Leitinitiative der Strategie Europa 2020 – Innovationsunion“ (KOM(2010)0546),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission zur intelligenten Regulierung in der Europäischen Union (KOM(2010)0543),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission „Eine Digitale Agenda für Europa“ (KOM(2010)0245),

unter Hinweis auf den Bericht über die Bewertung des Zugangs von KMU zur öffentlichen Auftragsvergabe in der EU (2),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission über grenzüberschreitenden elektronischen Handelsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern in der EU (KOM(2009)0557),

unter Hinweis auf die Empfehlung der Kommission vom 29. Juni 2009 zur Optimierung der Funktionsweise des Binnenmarktes (3),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Umweltorientiertes Öffentliches Beschaffungswesen“ (KOM(2008)0400),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Vorfahrt für KMU in Europa – Der ‚Small Business Act‘ für Europa“ (KOM(2008)0394),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission „Ein Binnenmarkt für das Europa des 21. Jahrhunderts“ (KOM(2007)0724) und das dazugehörige Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen über die Erfolge des Binnenmarkts (SEK(2007)1521),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission „Chancen, Zugangsmöglichkeiten und Solidarität: Eine neue gesellschaftliche Vision für das Europa des 21. Jahrhunderts“ (KOM(2007)0726),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen in Bezug auf die Anwendung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für öffentliche Aufträge und Konzessionen auf institutionalisierte Öffentlich-Private Partnerschaften (IÖPP) (K(2007)6661),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission „Jetzt aufs Tempo drücken“: Die neue Partnerschaft für Wachstum und Arbeitsplätze“ (KOM(2006)0030),

in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates zur Binnenmarktakte vom 10. Dezember 2010,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. September 2010 über die Vollendung des Binnenmarktes für den elektronischen Handel (4),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. Mai 2010 zu neuen Entwicklungen im öffentlichen Auftragswesen (5),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. März 2010 zum Binnenmarktanzeiger (6),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 3. Februar 2009 zu vorkommerzieller Auftragsvergabe: Innovationsförderung zur Sicherung tragfähiger und hochwertiger öffentlicher Dienste in Europa (7),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 30. November 2006 zu dem Thema „Jetzt aufs Tempo drücken – Ein Europa der unternehmerischen Initiative und des Wachstums schaffen“ (8),

unter Hinweis auf das Grünbuch der Kommission über die Modernisierung der europäischen Politik im Bereich des öffentlichen Auftragswesens (KOM(2011)0015),

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz und der Stellungnahmen des Ausschusses für internationalen Handel, des Ausschusses für Wirtschaft und Währung, des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie, des Ausschusses für regionale Entwicklung sowie des Rechtsausschusses (A7-0071/2011),

A.

in der Erwägung, dass ein auf freiem und fairem Wettbewerb beruhender Binnenmarkt das ausschlaggebende wirtschaftliche Reformziel der EU ist und einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil für Europa in der Weltwirtschaft bedeutet,

B.

in der Erwägung, dass einer der großen Vorzüge des Binnenmarktes in der Beseitigung der Mobilitätshemmnisse und der Harmonisierung der institutionellen Regeln bestand, die zu einer Förderung der kulturellen Verständigung, der Integration, des Wirtschaftswachstums und der europäischen Solidarität geführt haben,

C.

in der Erwägung, dass es wesentlich ist, das Vertrauen in den Binnenmarkt auf allen Ebenen zu stärken und bestehende Hemmnisse für Unternehmensgründungen zu beseitigen, sowie in der Erwägung, dass ein hoher Verwaltungsaufwand neue Unternehmer entmutigt,

D.

unter Hinweis darauf, dass es wichtig ist, dass die Binnenmarktakte nicht aus einer Reihe vereinzelter Maßnahmen besteht, und dass alle Vorschläge gemeinsam zu der Verwirklichung einer in sich schlüssigen Zielvorgabe beitragen müssen,

E.

in der Erwägung, dass alle Unternehmen durch eine Fragmentierung des Marktes beeinträchtigt werden, dass KMU für daraus resultierende Probleme jedoch besonders anfällig sind,

F.

in der Erwägung, dass oft der Eindruck vorherrscht, dass der Binnenmarkt bisher vor allem für große Unternehmen von Vorteil war, obwohl die KMU der Wachstumsmotor der EU sind,

G.

in der Erwägung, dass die mangelnde Innovation ein entscheidender Faktor für die niedrigen Wachstumsraten der vergangenen Jahre ist und dass Innovationen in grüne Technologie eine Chance bieten, langfristiges Wachstum und Umweltschutz zu vereinbaren,

H.

in der Erwägung, dass der Binnenmarkt, um die Ziele der Strategie EU 2020 zu verwirklichen, die Bedingungen für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum bieten muss und ein besseres Umfeld für Innovation und Forschung durch EU-Unternehmen werden sollte,

I.

in der Erwägung, dass die Wettbewerbspolitik ein wesentliches Instrument darstellt, um sicherzustellen, dass die Europäische Union über einen dynamischen, effizienten und innovativen Binnenmarkt verfügt und weltweit wettbewerbsfähig ist,

J.

in der Erwägung, dass Risikokapital eine wichtige Finanzquelle für neue innovative Unternehmen ist, sowie in der Erwägung, dass Hemmnisse für Risikokapitalfonds existieren, die in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten investieren wollen,

K.

in der Erwägung, dass die Entwicklung der IKT und ihre umfangreichere Nutzung durch EU-Unternehmen wesentlich für unser künftiges Wachstum sind,

L.

in der Erwägung, dass der elektronische Handel und der elektronische Dienstleistungsverkehr, darunter auch die elektronischen Dienstleistungen von Behörden und elektronische Gesundheitsdienste, auf EU-Ebene weiterhin unterentwickelt sind,

M.

in der Erwägung, dass der Postsektor und die Förderung von Interoperabilität und Zusammenarbeit zwischen Postsystemen und -dienstleistungen signifikante Auswirkungen auf die Entwicklung des grenzüberschreitenden elektronischen Handels haben können,

N.

in der Erwägung, dass regulierungsbedingte Hemmnisse für die effiziente Lizenzierung von Urheberrechten existieren, die zu einer hochgradigen Fragmentierung des Marktes für audiovisuelle Produkte führen, die für EU-Unternehmen von Nachteil ist, sowie in der Erwägung, dass die Schaffung eines authentischen Binnenmarkts für audiovisuelle Produkte und Dienstleistungen sowohl für Unternehmen als auch für Verbraucher vorteilhaft wäre, sofern die Grundrechte von Internetnutzern gewahrt werden,

O.

in der Erwägung, dass Produktfälschung und Piraterie das Vertrauen der Unternehmen in den elektronischen Handel mindern und die Fragmentierung der Vorschriften zum Schutz des geistigen Eigentums fördern, was die Innovation im Binnenmarkt einschränkt,

P.

in der Erwägung, dass unterschiedliche Steuervorschriften erhebliche Hemmnisse für grenzüberschreitende Transaktionen schaffen können, sowie in der Erwägung, dass die Koordinierung der nationalen Steuerpolitiken, wie von Mario Monti in seinem Bericht vorgeschlagen, einen nachhaltigen Mehrwert für Unternehmen und Bürger schaffen würde,

Q.

in der Erwägung, dass die öffentliche Auftragsvergabe eine wichtige Rolle spielt, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, da darauf ca. 17 % des BIP der EU entfallen, sowie in der Erwägung, dass die grenzüberschreitende Auftragsvergabe nur einen geringen Anteil an der gesamten öffentlichen Auftragsvergabe hat, obwohl sie eine Chance für EU-Unternehmen bietet, und dass KMU nach wie vor über einen begrenzten Zugang zur öffentlichen Auftragsvergabe verfügen,

R.

in der Erwägung, dass der Dienstleistungssektor ein vorrangiger Sektor für das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung ist, der Binnenmarkt für Dienstleistungen vor allem aufgrund von Mängeln und der Schwierigkeiten der Mitgliedstaaten im Rahmen der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie aber immer noch unterentwickelt ist,

Einleitung

1.

begrüßt die Mitteilung der Kommission „Auf dem Weg zu einer Binnenmarktakte“; ist der Auffassung, dass die drei Kapitel der Kommission gleichermaßen wichtig und miteinander verknüpft sind und mittels eines in sich schlüssigen Ansatzes behandelt werden sollten, ohne die verschiedenen Themen, die zur Debatte stehen, voneinander zu isolieren;

2.

weist insbesondere darauf hin, dass sich die Kommission in dieser Mitteilung dazu verpflichtet, neue Ansätze für eine nachhaltige Entwicklung zu fördern;

3.

fordert die Kommission auf, eine Finanzprüfung der Prioritäten des EU-Haushaltsplans für den nächsten Finanzrahmen vorzunehmen und Projekten mit einem europäischen Mehrwert Vorrang einzuräumen, mittels derer die Wettbewerbsfähigkeit der EU und die Integration in den Bereichen Forschung, Wissen und Innovation verstärkt werden kann;

4.

unterstreicht vor allem in Anbetracht der Wirtschafts- und Finanzkrise die Bedeutung des Binnenmarkts für die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Unternehmen und das Wachstum und die Stabilität der europäischen Volkswirtschaften; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, genügend Mittel für die bessere Umsetzung der Binnenmarktregeln bereitzustellen, und begrüßt den ganzheitlichen Ansatz der Mitteilung; unterstreicht die Komplementarität der verschiedenen Maßnahmen, die im Bericht Monti enthalten sind und deren Kohärenz sich nicht uneingeschränkt in der Binnenmarktakte widerspiegelt;

5.

fordert die Kommission daher auf, ein ehrgeiziges Maßnahmenpaket vorzulegen, das von einer klaren und kohärenten Strategie zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit des Binnenmarktes getragen ist; ruft die Kommission dazu auf, wieder zum Geist des Berichts von Mario Monti zurückzufinden, in dem die Förderung der Liberalisierung und des Wettbewerbs sowie die Verbesserung der fiskalpolitischen und sozialen Konvergenz befürwortet wurden;

6.

unterstreicht, wie wichtig es ist, die wirtschaftspolitische Steuerung in der Europäischen Union zu verbessern, um die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Unternehmen zu schaffen, damit sie sich die Chancen zunutze machen können, die der Binnenmarkt bietet, und sie wachsen und wettbewerbsfähiger werden können, und fordert, dass diese Verknüpfung in der Binnenmarktakte ausdrücklich klargestellt wird; fordert die Kommission auf, die Auswirkungen des zunehmenden wirtschaftlichen Gefälles zwischen den EU-Mitgliedstaaten auf den inneren Zusammenhalt des Binnenmarktes aufmerksam zu verfolgen;

7.

unterstreicht die Notwendigkeit, eine ehrgeizige europäische Industriepolitik festzulegen mit dem Ziel, die Realwirtschaft zu stärken und den Übergang zu einer intelligenteren und nachhaltigeren Wirtschaft zu verwirklichen;

8.

betont, dass die externe Dimension der europäischen Strategie, die auch den internationalen Handel umfasst, aufgrund der Integration der Märkte immer mehr an Bedeutung gewinnt und daher eine geeignete außenpolitische Strategie im Hinblick auf nachhaltiges Wachstum, Beschäftigung und die Stärkung des Binnenmarkts für die Unternehmen entsprechend den Zielen der Strategie Europa 2020 wirklich nützlich sein kann; betont, dass die EU-Handelspolitik zu einem wirklichen Instrument für nachhaltige Entwicklung und für die Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen umgewandelt werden muss; fordert die Kommission auf, eine Handelspolitik zu entwickeln, die mit einer starken Industriepolitik in Einklang steht, durch die viele Arbeitsplätze geschaffen werden;

9.

stellt fest, dass die Politiken der Europäischen Union in Bezug auf den Binnenmarkt und die regionale Entwicklung einen zutiefst komplementären Charakter haben, und unterstreicht, dass sich Fortschritte beim Binnenmarkt und die Weiterentwicklung der Regionen der Union gegenseitig bedingen und zu einem Europa führen, das von Zusammenhalt und Wettbewerbsfähigkeit geprägt ist; begrüßt die Vorschläge der Kommission, die auf die Vertiefung des Binnenmarktes abzielen; unterstreicht, dass die wirkliche und effektive Binnenmarktzugänglichkeit für sämtliche Regionen der EU eine Vorbedingung für den freien Personen-, Waren, Kapital- und Dienstleistungsverkehr und damit für einen starken und dynamischen Binnenmarkt ist; verweist in diesem Zusammenhang auf die wichtige Rolle, die der Regionalpolitik der Union im Hinblick auf die Entwicklung der Infrastruktur und die wirtschaftlich und sozial kohärente und ausgewogene Entwicklung der Regionen zukommt;

Allgemeine Bewertung

Ein innovativer Binnenmarkt

10.

fordert die Kommission auf, in Zusammenarbeit mit den relevanten Akteuren eine stimmige und ausgewogene Strategie für die Innovationsförderung und die Unterstützung innovativer Unternehmen als Weg der bestmöglichen Anerkennung von Kreativität auszuarbeiten und die Grundrechte wie z. B. das Recht auf Privatsphäre und auf den Schutz personenbezogener Daten zu schützen;

11.

unterstützt nachdrücklich die Schaffung eines EU-weiten Patents, das Vorteile für KMU hätte, und eines einheitlichen Verfahrens zur Beilegung von Patentstreitigkeiten, um dem Binnenmarkt eine führende Rolle bei der Innovation zu übertragen und Europas Wettbewerbsfähigkeit zu fördern; betont, dass die Übersetzung der Patente in viele Sprachen zusätzliche Kosten verursacht, die die Innovation im Binnenmarkt behindern würden, weshalb in Bezug auf die sprachlichen Aspekte möglichst rasch ein Kompromiss erreicht werden sollte;

12.

unterstützt die Einführung von EU-Projektbonds, um die langfristige Innovation und die Beschäftigung im Binnenmarkt zu fördern und die Verwirklichung bedeutender grenzüberschreitender Infrastrukturprojekte, insbesondere in den Bereichen Energie, Verkehr und Telekommunikation, zu finanzieren und so den ökologischen Wandel unserer Volkswirtschaften zu unterstützen; betont die Notwendigkeit geeigneter Risikomanagementstrukturen und einer vollständigen Offenlegung aller potenziellen Verbindlichkeiten;

13.

verweist auf die Bedeutung eines uneingeschränkt funktionierenden Binnenmarkts für Energie, um eine zunehmende Autonomie der Energieversorgung zu erreichen; vertritt die Auffassung, dass dies durch ein Konzept zur Bildung regionaler Cluster sowie durch die Diversifizierung der Energielieferwege und -quellen erreicht werden könnte; betont, dass die osteuropäische Infrastruktur gestärkt werden sollte, um sie der der westlichen Mitgliedstaaten anzugleichen; unterstreicht, dass ein Energiebinnenmarkt dazu beitragen sollte, dauerhaft Energiepreise zu gewährleisten, die sowohl für die Verbraucher als auch für die Unternehmen erschwinglich sind; vertritt die Auffassung, dass zur Verwirklichung der Klima- und Energieziele der EU neue steuerpolitische Konzepte verfolgt werden müssen, bei denen Mindeststeuersätze auf CO2-Emissionen und Energiegehalt angewandt werden; unterstreicht die Notwendigkeit weiterer Energieeffizienzpläne und -maßnahmen, um die Energieeinsparungen erheblich auszuweiten; betont, dass intelligente Netze sowie erneuerbare Energien gefördert und lokale und regionale Gebietskörperschaften ermutigt werden müssen, die IKT im Rahmen ihrer Energieeffizienzpläne zu nutzen; fordert die Kommission auf, die Umsetzung der Richtlinien betreffend Energieetikettierung, Öko-Design, Verkehr, Gebäude und Infrastrukturen aufmerksam zu überwachen, um ein gemeinsames europäisches Rahmenkonzept sicherzustellen und umzusetzen;

14.

unterstützt die Initiative zum ökologischen Fußabdruck von Erzeugnissen und fordert die Kommission auf, rasch ein wirksames gemeinsames Bewertungs- und Kennzeichnungssystem auf den Weg zu bringen;

15.

fordert die Kommission auf, grenzüberschreitende Investitionen zu begünstigen und einen Gesetzesrahmen zu schaffen, um wirksame Investitionen von Risikokapitalfonds im Binnenmarkt zu fördern, Investoren zu schützen und Anreize für diese Fonds zu bieten, in nachhaltige Projekte zu investieren, um die ehrgeizigen Ziele der Strategie EU 2020 zu verwirklichen; fordert die Kommission auf, die Möglichkeiten zur Einrichtung eines europäischen Risikokapitalfonds zu prüfen, um in einer frühen Phase vor kommerziellen Investitionen in Konzeptanalysen und Unternehmensentwicklung investieren zu können; fordert die Kommission auf, jährlich eine Bewertung des öffentlichen und des privaten Investitionsbedarfs vorzulegen und dabei auch die Frage zu behandeln, wie dieser Bedarf gedeckt wird oder gedeckt werden sollte;

16.

würdigt die Bedeutung der öffentlichen Auftragsvergabe, insbesondere der vorkommerziellen Auftragsvergabe, und deren Rolle bei der Förderung der Innovation im Binnenmarkt; fordert die Mitgliedstaaten auf, die vorkommerzielle Auftragsvergabe zu nutzen, um neue Märkte für innovative und grüne Technologien nachdrücklich zu befördern und gleichzeitig Qualität und Effektivität der öffentlichen Dienstleistungen zu verbessern; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die staatlichen Behörden besser über die bestehenden Möglichkeiten für die vorkommerzielle Auftragsvergabe zu informieren; fordert die Kommission auf, zu sondieren, wie die grenzüberschreitende gemeinsame Auftragsvergabe erleichtert werden kann;

17.

fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Anstrengungen zur gemeinsamen Nutzung innovativer Ressourcen durch die Schaffung von Innovationsclustern und Maßnahmen zur Förderung der Beteiligung von KMU an EU-Forschungsprogrammen zu intensivieren; betont die Notwendigkeit einer Verbreitung und grenzüberschreitenden Nutzung der Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung und der Innovation;

Ein digitaler Binnenmarkt

18.

begrüßt die von der Kommission vorgeschlagene Revision der E-Signatur-Richtlinie zur Gewährleistung eines Rechtsrahmens für die grenzübergreifende Anerkennung und Interoperabilität gesicherter elektronischer Authentifizierungssysteme; betont die Notwendigkeit einer EU-weiten gegenseitigen Anerkennung der elektronischen Identifizierung und Authentifizierung und fordert die Kommission auf, diesbezüglich insbesondere die Probleme bezüglich der Diskriminierung von Dienstleistungsempfängern wegen ihrer Staatsangehörigkeit oder ihres Wohnsitzes anzugehen;

19.

vertritt die Auffassung, dass sich das Weißbuch zur Verkehrspolitik auf Vorschläge zur Förderung nachhaltiger Verkehrsträger konzentrieren sollte, einschließlich Intermodalität; unterstreicht die Bedeutung des vorgeschlagenen Maßnahmenpakets zur elektronischen Mobilität, das auf den Einsatz neuer Technologien abzielt, um ein effizientes und nachhaltiges Verkehrssystem zu unterstützen, insbesondere durch die Nutzung integrierter Fahrscheinsysteme; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Richtlinie über intelligente Verkehrssysteme rasch umzusetzen;

20.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um das Vertrauen der Unternehmen und Bürger in den elektronischen Handel zu stärken, vor allem durch Gewährleistung hochwertigen Verbraucherschutzes in diesem Bereich; betont, dass dies durch eine eingehende Bewertung der Richtlinie über die Verbraucherrechte und eine gründliche Folgeabschätzung in Bezug auf alle Optionen im Grünbuch über das europäische Vertragsrecht erreicht werden könnte; weist darauf hin, dass eine Vereinfachung der grenzüberschreitenden Registrierung von Domains für Online-Unternehmen sowie die Verbesserung sicherer Online-Zahlungssysteme und eine Erleichterung der grenzüberschreitenden Einziehung von Schuldforderungen ebenfalls nützliche Maßnahmen wären, um den elektronischen Handel EU-weit zu fördern;

21.

betont, dass die Normungspolitik im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) unbedingt an die Entwicklungen des Marktes und der Politik angepasst werden muss, um die politischen Ziele Europas zu verwirklichen, für die Interoperabilität erforderlich ist;

22.

betont, dass die bestehenden Hemmnisse im grenzüberschreitenden elektronischen Handel in der Europäischen Union überwunden werden müssen; unterstreicht die Notwendigkeit einer aktiven Politik, um Bürger und Unternehmen in die Lage zu versetzen, uneingeschränkt Nutzen aus diesem ihnen zur Verfügung stehenden Instrument zu ziehen, das ihnen hochwertige Waren und Dienstleistungen zu wettbewerbsfähigen Preisen bieten kann; ist der Auffassung, dass dies in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Krise wichtig ist und in hohem Maße dazu beitragen würde, den Binnenmarkt zu vollenden, da es sich um ein Mittel handelt, um gegen zunehmende Ungleichheiten vorzugehen und verwundbare, an entlegenen Orten wohnende Verbraucher oder Verbraucher mit eingeschränkter Mobilität, Gruppen mit niedrigem Einkommen sowie kleine und mittlere Unternehmen, für die eine Beteiligung am elektronischen Geschäftsverkehr besonders wichtig ist, zu schützen;

23.

unterstreicht das Potenzial der Regionen der EU, eine wichtige Rolle im Hinblick auf die Unterstützung der Kommission bei ihren Bemühungen um die Schaffung eines digitalen Binnenmarktes zu übernehmen; hebt in diesem Zusammenhang die Bedeutung hervor, die der Verwendung der für die Regionen der EU verfügbaren Mittel beigemessen werden sollte, um ihren Entwicklungsrückstand im Bereich des E-Handels und der E-Dienstleistungen aufzuholen, was sich als fruchtbare Quelle für künftiges Wachstum in den Regionen erweisen könnte;

24.

ist der Ansicht, dass KMU in die Lage versetzt werden sollten, ausgiebigen Gebrauch vom elektronischen Geschäftsverkehr in Europa zu machen; bedauert, dass die Kommission einen Vorschlag über ein europäisches System zur Online-Beilegung von Streitigkeiten bei digitalen Transaktionen nicht vor 2012 vorlegen wird, zwölf Jahre, nachdem das Parlament eine solche Initiative im September 2000 gefordert hat (9);

25.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die dritte Postdienstrichtlinie (2008/6/EG) uneingeschränkt umzusetzen; unterstreicht, dass ein universeller Zugang zu hochwertigen Postdiensten gewährleistet, Sozialdumping vermieden und Interoperabilität und Zusammenarbeit zwischen Postsystemen und -dienstleistungen gefördert werden müssen, um den effizienten Vertrieb und die effektive Verfolgung von Online-Käufen zu erleichtern, was das Vertrauen der Verbraucher in grenzüberschreitende Käufe stärken wird;

26.

betont, dass ein Binnenmarkt für audiovisuelle Waren im Internet geschaffen werden muss, indem offene IKT-Standards gefördert sowie Innovation und Kreativität durch eine effiziente Verwaltung von Urheberrechten, einschließlich der Begründung eines europaweiten Lizenzierungssystems, unterstützt werden, um für die Bürger einen breiteren und gerechteren Zugang zu kulturellen Gütern und Dienstleistungen zu gewährleisten und sicherzustellen, dass Urheber für ihre kreative Tätigkeit angemessen entlohnt werden und die Grundrechte von Internetnutzern respektiert werden; betont, dass die Rechtsvorschriften für Online-Geschäfte in Bezug auf Urheberrechte den für Offline-Geschäfte existierenden angeglichen werden müssen, insbesondere in Bezug auf Warenzeichen, um das Vertrauen der Verbraucher und Unternehmen in den elektronischen Geschäftsverkehr zu stärken;

27.

weist darauf hin, dass der Kampf gegen Online-Piraterie verstärkt werden muss, um die Rechte von Urhebern zu schützen und gleichzeitig die Grundrechte der Verbraucher zu wahren; weist darauf hin, dass Einrichtungen und Bürger ordnungsgemäß über die Konsequenzen von Produktfälschung und Piraterie informiert werden müssen; begrüßt die angekündigte Initiative der Kommission zur Bekämpfung von Marken- und Produktpiraterie, insbesondere die Vorlage von Legislativvorschlägen im Jahr 2011, um den Rechtsrahmen an die neuen Herausforderungen des Internets anzupassen und die Maßnahmen der Zollbehörden in diesem Bereich zu stärken; weist darauf hin, dass in diesem Zusammenhang auch Synergien mit dem angekündigten Aktionsplan zur Stärkung der europäischen Marktüberwachung erzielt werden könnten;

28.

betont ferner, dass der Schutz und die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums im Rahmen eines breiter angelegten Konzepts unter Beachtung der Rechte und Bedürfnisse der Verbraucher und Bürger der EU weiterentwickelt werden sollten, ohne jedoch einen Konflikt mit anderen internen und externen Politikbereichen der EU wie z. B. Förderung der Informationsgesellschaft, Förderung von Bildung, Gesundheitswesen, Entwicklung in Drittstaaten und Förderung der biologischen und kulturellen Vielfalt auf internationaler Ebene heraufzubeschwören;

Ein unternehmerfreundlicher Binnenmarkt

29.

bekräftigt die Notwendigkeit einer effektiven Umsetzung und Vollendung des Pakets zur Finanzaufsicht, um einen nachhaltigen Binnenmarkt zu verwirklichen; fordert eine Bewertung durch die Kommission, um zu gewährleisten, dass eine solche Umsetzung überall in der EU erfolgt und auf jährlicher Grundlage eine Entsprechungstabelle veröffentlicht wird; ist der Auffassung, dass zu diesem Zweck bewährte Praktiken zwischen nationalen und EU-Aufsichtsbehörden gefördert werden sollten;

30.

fordert die Kommission auf, den Zugang der KMU zu den Kapitalmärkten zu verbessern, indem die verfügbaren Informationen über verschiedene EU-Finanzierungsmöglichkeiten wie die im Rahmen des Programms Wettbewerb und Innovation, der Europäischen Investitionsbank oder des Europäischen Investitionsfonds gebotenen verbessert und die Finanzierungsverfahren einfacher und weniger bürokratisch gestaltet sowie beschleunigt werden; schlägt zur Erreichung dieses Ziels einen viel ganzheitlicheren Ansatz zur Bewilligung von Mitteln vor, insbesondere mit Blick auf die Unterstützung des Übergangs zu einer nachhaltigeren Volkswirtschaft;

31.

ist der Ansicht, dass die pluralistische Struktur des europäischen Bankenmarkts den vielfältigen Finanzierungsanforderungen von KMU am besten gerecht wird und dass eine Vielfalt von Rechtsmodellen und Unternehmenszielen den Zugang zu Finanzmitteln verbessert;

32.

hebt die wirtschaftliche Bedeutung hervor, die KMU und Kleinstunternehmen innerhalb der europäischen Wirtschaft zukommt; fordert daher, dass das im „Small Business Act“ propagierte Prinzip „Vorfahrt für KMU“ adäquat umgesetzt wird, und unterstützt die Maßnahmen der Kommission zur Beseitigung der unnötigen Verwaltungslasten für KMU; regt an, dass KMU mit spezifischem Wachstumspotenzial, hohen Löhnen und guten Arbeitsbedingungen unterstützt werden sollten, und fordert eine Differenzierung innerhalb des „Small Business Act“, um ihn mit der Strategie Europa 2020 in Einklang zu bringen;

33.

verweist auf die Bedeutung lokaler Unternehmen für die sozialen Beziehungen, die Beschäftigung und die Dynamik in benachteiligten Gebieten, insbesondere in städtischen Problemvierteln oder schwach bevölkerten Gebieten; fordert, dass sie im Rahmen der Regionalpolitik der Union eine angemessene Unterstützung erhalten;

34.

hebt die Notwendigkeit hervor, die Kapazitäten von KMU zu stärken, wenn es um die Planung von Projekten und die Verfassung von Vorschlägen geht, einschließlich technischer Unterstützung und geeigneter Fortbildungsprogramme;

35.

fordert die Annahme eines Statuts für eine Europäische Privatgesellschaft, um die Gründung und die grenzübergreifende Tätigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen im Binnenmarkt zu erleichtern;

36.

ist der Ansicht, dass Kapitalanleger eher bereit sein werden, kleine und kleinste Unternehmen in ihrer Gründungsphase zu finanzieren, wenn durch nationale oder europaweite Wachstumsbörsen, die derzeit nicht adäquat funktionieren, effizientere Ausstiegsmöglichkeiten geboten werden;

37.

fordert alle Mitgliedstaaten auf, das Binnenmarktpaket für Waren uneingeschränkt umzusetzen;

38.

verweist auf die Bedeutung von miteinander verknüpften Unternehmensregistern und fordert die Kommission auf, einen klaren Rechtsrahmen zu entwickeln, durch den gewährleistet wird, dass die Informationen in derartigen Unternehmensregistern vollständig und korrekt sind;

39.

erkennt den wichtigen Beitrag des Einzelhandelssektors zur Schaffung von Wachstum und Beschäftigung an; fordert die Kommission auf, in die Binnenmarktakte einen Vorschlag für einen europäischen Aktionsplan für den Einzelhandel aufzunehmen, in dem die zahlreichen Herausforderungen aufgeführt und angegangen werden, mit denen Einzelhändler und Lieferanten im Binnenmarkt konfrontiert sind; ist der Ansicht, dass der Aktionsplan auf den Schlussfolgerungen der derzeit im Parlament zum Thema „ein fairerer und effizienterer Handels- und Vertriebsmarkt“ geleisteten Arbeit basieren sollte;

40.

hebt hervor, wie wichtig es ist, unnötige steuerliche, administrative und rechtliche Hemmnisse für grenzüberschreitende Tätigkeiten zu beseitigen; ist der Ansicht, dass Regelwerk und Berichtspflichten für Unternehmen in Bezug auf MwSt. klarer gestaltet werden müssen, um nachhaltige Produktions- und Verbrauchsmodelle zu fördern, Anpassungskosten zu begrenzen, MwSt.-Betrügereien zu bekämpfen und die Wettbewerbsfähigkeit von EU-Unternehmen zu stärken;

41.

begrüßt die Absicht der Kommission, ein Grünbuch zur Corporate Governance zu veröffentlichen und eine öffentliche Befragung hinsichtlich der Informationen von Unternehmen über soziale, ökologische und menschenrechtsspezifische Aspekte von Investitionen durchzuführen; fordert die Kommission auf, konkrete Vorschläge in Bezug auf private Investitionen vorzulegen, um effiziente Anreize für langfristige, nachhaltige und ethische Investitionen zu schaffen, die Steuerpolitik von Unternehmen besser zu koordinieren und die unternehmerische Verantwortung zu fördern;

42.

begrüßt die Überarbeitung der Richtlinie über die Besteuerung von Energie mit Blick auf die Vorgabe, dass die Ziele im Bereich des Klimawandels besser zum Ausdruck kommen, sofern die Steuerlast nicht auf ungebührende Weise auf verwundbare Verbraucher abgewälzt wird;

43.

begrüßt die Initiative der Kommission für eine Richtlinie zur Einführung einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage und betont, dass dadurch Steuerhinterziehung und –flucht eingedämmt sowie Transparenz und Vergleichbarkeit von Körperschaftssteuersätzen gesteigert und somit die Hindernisse für grenzüberschreitende Tätigkeiten verringert würden;

44.

fordert die Kommission auf, die öffentlichen Auftragsvergabeverfahren effektiver und weniger bürokratisch zu gestalten, um EU-Unternehmen zu ermutigen, sich an der grenzüberschreitenden öffentlichen Auftragsvergabe zu beteiligen; betont, dass eine weitere Vereinfachung erforderlich ist, insbesondere für lokale und regionale Gebietskörperschaften und um KMU einen besseren Zugang zur öffentlichen Auftragsvergabe zu verschaffen; fordert die Kommission auf, Daten hinsichtlich des Öffnungsgrads der öffentlichen Auftragsvergabe zu liefern und Gegenseitigkeit mit anderen Industrieländern und bedeutenden aufstrebenden Volkswirtschaften sicherzustellen; fordert die Kommission auf, neue Wege zu prüfen, um für europäische Unternehmen den Zugang zu öffentlichen Aufträgen außerhalb der EU zu verbessern und so gleiche Bedingungen für europäische und ausländische Unternehmen, die um öffentliche Aufträge konkurrieren, sicherzustellen;

45.

regt generell an, dass zukünftige, von der Union ausgehandelte Handelsabkommen ein Kapitel über die nachhaltige Entwicklung enthalten, das sich auf die Grundsätze der sozialen Verantwortung der Unternehmen stützt, wie sie in der 2010 aktualisierten Fassung der OECD-Leitlinien für multinationale Unternehmen festgelegt wurden.

46.

fordert die Kommission auf, für eine bessere Koordinierung der Maßnahmen für KMU auf Binnenmarktebene sowie auf internationaler Ebene zu sorgen und KMU mit Handelspotenzial zu ermitteln und zu fördern; vertritt die Auffassung, dass die Mitgliedstaaten mehr unternehmen sollten, um die KMU dazu anzuhalten, Instrumente wie z. B. die Marktzugangsdatenbank und den Helpdesk für Ausfuhren zu nutzen;

47.

vertritt die Auffassung, dass die Kommission ihre Maßnahmen zur Erleichterung grenzübergreifender Bankgeschäfte verbessern sollte, indem sie alle bestehenden Hindernisse für die Nutzung konkurrierender Clearing- und Abrechnungssysteme beseitigt und einheitliche Handelsvorschriften anwendet;

48.

vertritt die Auffassung, dass die Kommission einen europäischen Qualifikationsaustausch fördern sollte, bei dem kleine und mittlere Unternehmen von den Qualifikationen, die in größeren Unternehmen vorhanden sind, profitieren können, wodurch Synergien gefördert werden und für eine Begleitung gesorgt wird;

49.

fordert, dass die Kommission Vorschläge zur Überarbeitung der Rechnungslegungsrichtlinien vorlegt, um eine kostspielige und ineffiziente Überregulierung – insbesondere für die KMU – zu verhindern, so dass ihre Wettbewerbsfähigkeit und ihr Wachstumspotenzial effektiver ausgeschöpft werden können;

Ein Binnenmarkt für Dienstleistungen

50.

hebt hervor, dass die Dienstleistungsrichtlinie umfassend und ordnungsgemäß umgesetzt werden muss, einschließlich der Einrichtung uneingeschränkt funktionierender einheitlicher Anlaufstellen, die es ermöglichen, Verfahren und Formalitäten online abzuschließen, was die operativen Kosten für Unternehmen erheblich verringern und den Binnenmarkt für Dienstleistungen ankurbeln kann; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, zu kooperieren und weitere Schritte zur Entwicklung des Binnenmarkts für Dienstleistungen auf der Grundlage einer gegenseitigen Evaluierung zu unternehmen; fordert die Kommission auf, der Entwicklung des Binnenmarkts für Online-Dienste besonderes Gewicht zu verleihen;

51.

fordert die Kommission auf, die Entwicklung der unternehmensbezogenen Dienstleistungen zu fördern und die notwendigen Regulierungsmaßnahmen zu treffen, um Unternehmen, vor allem KMU, vor unfairen Handelspraktiken größerer Unternehmen in der Lieferkette zu schützen; fordert die Kommission auf, offensichtlich unfaire Handelspraktiken in der Lieferkette in Absprache mit den relevanten Akteuren zu definieren und weitere Maßnahmen vorzuschlagen, um unfairen Handelspraktiken in Bezug auf Wettbewerb und Vertragsfreiheit entgegenzuwirken; verweist auf seine Entschließung vom 16. Dezember 2008 über irreführende Werbung durch Adressbuchfirmen (10) und fordert die Kommission erneut auf, einen Vorschlag vorzulegen, um den betrügerischen Praktiken irreführender Adressbücher entgegenzuwirken;

52.

ist der Ansicht, dass jeglicher Legislativvorschlag in Bezug auf Dienstleistungskonzessionen einen Rechtsrahmen bieten sollte, der EU-weit Transparenz und wirksamen Rechtsschutz für Wirtschaftsakteure und Auftraggeber sicherstellen würde; fordert die Kommission, bevor sie Rechtsvorschriften vorschlägt, auf, nachzuweisen, dass die im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union niedergelegten allgemeinen Grundsätze (Nichtdiskriminierung, Prinzip der Gleichbehandlung und Transparenz) in der Praxis nicht zufriedenstellend auf Dienstleistungskonzessionen Anwendung finden;

53.

begrüßt die Absicht der Europäischen Kommission, eine legislative Reform des Regelwerks für die Normung vorzuschlagen, die sich auch auf Dienstleistungen erstreckt; betont, dass die Normung von Dienstleistungen zur Vollendung des Binnenmarktes beitragen sollte, wo dies als sinnvoll erwiesen ist, und insbesondere den Bedürfnissen der kleinen und mittleren Unternehmen umfassend Rechnung tragen muss; erkennt die Bedeutung von Produktnormen für das Funktionieren des europäischen Binnenmarktes an und vertritt die Auffassung, dass Produktnormen eine zentrale Bedeutung für die Förderung von nachhaltigen und qualitativ hochwertigen Erzeugnissen und Dienstleistungen für Verbraucher und Unternehmen haben; fordert Maßnahmen zur Förderung der Transparenz, zur Kosteneinsparung und zur verstärkten Einbindung relevanter Akteure;

54.

unterstreicht im Interesse einer Steigerung der regionalen Wettbewerbsfähigkeit die Bedeutung einer „intelligenten Spezialisierung“ der Regionen; ist der Ansicht, dass der EU-Binnenmarkt nur dann als Ganzes erfolgreich funktionieren kann, wenn alle Akteure und sämtliche Regionen, aber auch die KMU in allen Bereichen, einschließlich des öffentlichen Sektors, der Sozialwirtschaft und der Bürger selbst, einbezogen werden; ist auch der Auffassung, dass nicht nur einige wenige Hochtechnologieregionen, sondern alle Regionen in Europa und alle Mitgliedstaaten eingebunden werden müssen, wobei jede Region und jeder Mitgliedstaat in Europa den Schwerpunkt auf ihre/seine eigenen Stärken („intelligente Spezialisierung“) innerhalb Europas legen sollte;

55.

unterstreicht die Bedeutung der externen Dimension des Binnenmarkts und insbesondere der Zusammenarbeit in Regulierungsfragen mit wichtigen Handelspartnern auf bilateraler oder multilateraler Ebene mit dem Ziel, eine Angleichung der Rechtsvorschriften, die Äquivalenz der Regelungen für Drittländer und die weiter reichende Festlegung von internationalen Normen zu fördern; fordert die Kommission auf, die bestehenden Abkommen mit Drittländern, durch die Elemente des Binnenmarkts über dessen Grenzen hinaus ausgedehnt werden, dahingehend zu prüfen, ob sie Rechtssicherheit für die potenziellen Nutznießer gewährleisten;

Hauptprioritäten

Begründung eines EU-Patents und eines einheitlichen Streitbeilegungsverfahrens

56.

betont, dass ein EU-Patent und ein einheitliches Streitbeilegungsverfahren sowie ein besseres System für die Verwaltung von Urheberrechten unerlässlich sind, um Innovation und Kreativität im Binnenmarkt zu fördern (Binnenmarktakte, Vorschläge 1 und 2);

Finanzierung von Innovation

57.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Bedeutung der Innovation für starkes und nachhaltiges Wachstum sowie Beschäftigung gebührend zu berücksichtigen, indem sie sicherstellen, dass Innovationen angemessen finanziert werden, vor allem durch die Einführung von EU-Projektbonds, insbesondere in den Bereichen Energie, Verkehr und Telekommunikation, zur Unterstützung des ökologischen Wandels unserer Volkswirtschaften und durch einen Rechtsrahmen, der Risikokapitalfonds ermutigt, EU-weit wirksam zu investieren; betont, dass Anreize für langfristige Investitionen in innovative und beschäftigungsfördernde Bereiche geboten werden sollten (Binnenmarktakte, Vorschläge 15 und 16);

Förderung des elektronischen Geschäftsverkehrs

58.

fordert die Kommission auf, alle erforderlichen Schritte einzuleiten, um das Vertrauen von Unternehmen und Verbrauchern in den elektronischen Handel zu stärken und seine Entwicklung im Binnenmarkt zu fördern; betont, dass ein EU-Aktionsplan gegen Produktfälschung und Piraterie ebenso wie eine Rahmenrichtlinie über die Verwaltung von Urheberrechten entscheidend sind, um dieses Ziel zu erreichen (Binnenmarktakte, Vorschläge 2, 3 und 5);

Verbesserung der Teilhabe von KMU am Binnenmarkt

59.

hebt hervor, dass weitere Maßnahmen notwendig sind, um den Binnenmarkt zu einem besseren Umfeld für KMU zu machen; ist der Auffassung, dass derartige Maßnahmen die Verbesserung ihres Zugangs zu den Kapitalmärkten, die Beseitigung administrativer und steuerlicher Hemmnisse für ihre grenzübergreifenden Tätigkeiten durch die Verabschiedung eines klareren MwSt.-Regelwerks und einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage sowie die Revision des Regelwerks für die öffentliche Auftragsvergabe einschließen sollten, um die Verfahren flexibler und weniger bürokratisch zu gestalten (Binnenmarktakte, Vorschläge 12, 17, 19 und 20);

Rationalisierung der Verfahren für die öffentliche Auftragsvergabe

60.

fordert die Kommission auf, die Rechtsvorschriften im Zusammenhang mit öffentlichen Aufträgen sowie öffentlichen und privaten Partnerschaften zu überprüfen, um im Binnenmarkt intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum zu fördern und die grenzüberschreitende Auftragsvergabe zu begünstigen; unterstreicht die Notwendigkeit eines klareren Regelwerks, das Rechtssicherheit für Wirtschaftsakteure und Auftraggeber bietet; ermutigt die Mitgliedstaaten nachdrücklich, die vorkommerzielle öffentliche Auftragsvergabe zu nutzen, um den Markt für innovative und grüne Technologien zu stimulieren; unterstreicht die Notwendigkeit, Gegenseitigkeit mit Industrieländern und bedeutenden aufstrebenden Volkswirtschaften auf dem Gebiet der öffentlichen Auftragsvergabe sicherzustellen (Binnenmarktakte, Vorschläge 17 und 24);

*

* *

61.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.


(1)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0186.

(2)  http://ec.europa.eu/enterprise/policies/sme/business-environment/files/smes_access_to_public_procurement_final_report_2010_en.pdf

(3)  ABl. L 176 vom 7.7.2009, S. 17.

(4)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0320.

(5)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0173.

(6)  ABl. C 349E vom 22.10.2010, S. 25.

(7)  ABl. C 67E vom 18.3.2010, S. 10.

(8)  ABl. C 316E vom 22.12.2006, S. 378.

(9)  ABl. C 146 vom 17.5.2001, S. 101.

(10)  ABl. C 45 E vom 23.2.2010, S. 17.


Donnerstag, 7. April 2011

2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/81


Donnerstag, 7. April 2011
Lage in Syrien, Bahrain und Jemen

P7_TA(2011)0148

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zur Lage in Syrien, Bahrain und Jemen

2012/C 296 E/11

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Syrien und Jemen,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. März 2011 über die Beziehungen der Europäischen Union zum Golf-Kooperationsrat (1),

unter Hinweis auf seine Entschließung mit der Empfehlung des Europäischen Parlaments an den Rat zu dem Abschluss eines Europa-Mittelmeer-Assoziationsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Arabischen Republik Syrien andererseits, vom 26. Oktober 2006 (2),

unter Hinweis auf die Erklärung des Präsidenten des Europäischen Parlaments Jerzy Buzek zum tödlichen Angriff auf Demonstranten in Syrien vom 23. März 2011,

unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte aus dem Jahre 1948,

unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) von 1966, zu dessen Vertragsparteien Bahrain, Syrien und Jemen gehören,

unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1975 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, zu dessen Vertragsparteien Bahrain, Syrien und Jemen gehören,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 24. und 25. März 2011,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates zu Bahrain und Jemen vom 21. März 2011,

unter Hinweis auf die Erklärungen der Hohen Vertreterin der EU/Vizepräsidentin der Kommission vom 10. März, 15. März und 17. März 2011 zu Bahrain, vom 18. März, 22. März, 24. März und 26. März 2011 zu Syrien und vom 10. März, 12. März, 18. März und 5. April 2011 zu Jemen,

unter Hinweis auf die Gemeinsame Mitteilung der Hohen Vertreterin und der Kommission über eine Partnerschaft für Demokratie und gemeinsamen Wohlstand im südlichen Mittelmeerraum vom 8. März 2011,

in Kenntnis der EU-Leitlinien zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern von 2004, die 2008 aktualisiert wurden,

gestützt auf Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass – nach ähnlichen Entwicklungen in anderen arabischen Ländern – die Demonstranten in Bahrain, Syrien und Jemen legitime demokratische Bestrebungen sowie die nachdrückliche Forderung der Bevölkerung nach politischen, wirtschaftlichen und sozialen Reformen zum Ausdruck gebracht haben, mit denen eine echte Demokratie hergestellt, Korruption und Vetternwirtschaft bekämpft, die Achtung der Rechtstaatlichkeit, der Menschenrechte und der Grundfreiheiten sichergestellt, die sozialen Ungleichheiten verringert und bessere wirtschaftliche und soziale Bedingungen erreicht werden sollen,

B.

unter Hinweis darauf, dass die jeweiligen Regierungen mit einer Zunahme der gewaltsamen Repression, der Verhängung des Ausnahmezustandes und der Inkraftsetzung von Gesetzen zur Bekämpfung des Terrorismus reagiert haben, um gravierende Verbrechen – wie u.a. außergerichtliche Tötungen, Entführungen und Verschwindenlassen von Personen, willkürliche Verhaftungen, Folter und unfaire Gerichtsverfahren – zu rechtfertigen,

C.

in der Erwägung, dass das übermäßig gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten in Bahrain, Syrien und Jemen zahlreiche Tote und Verletzte forderte, dass viele Demonstranten festgenommen wurden und dass gegen die Bestimmungen des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) von 1966, zu dessen Vertragsparteien diese Länder gehören, verstoßen wurde,

D.

unter Hinweis darauf, dass die Demonstrationen in Syrien in der im Süden gelegenen Stadt Daraa ihren Ausgang nahmen und sich anschließend im ganzen Land ausbreiteten; unter Hinweis darauf, dass die syrischen Regierungsstellen die Demonstrationen unterdrückt haben, indem sie scharfe Munition einsetzten, um friedliche Versammlungen aufzulösen, und Hunderte Zivilpersonen verhaftet und in Damaskus und anderen Städten regierungsfreundliche Demonstranten mobilisiert wurden; in der Erwägung, dass die syrische Regierung am 29. März 2011 zurückgetreten ist und Adel Safar beauftragt wurde, eine neue Regierung zu bilden; in der Erwägung, dass die Rede von Präsident Bashar al-Assad vom 30. März 2011 vor dem syrischen Parlament die Erwartungen und Hoffnungen auf wesentliche Reformen nicht erfüllt hat,

E.

in der Erwägung, dass sich Syrien seit 1963 im Ausnahmezustand befindet; in der Erwägung, dass der Ausnahmezustand die Bürger in Bezug auf die Wahrnehmung ihrer bürgerlichen und politischen Rechte einschränkt und es den syrischen Behörden weiterhin ermöglicht, Kontrolle über das Justizsystem auszuüben,

F.

in der Erwägung, dass die syrische Regierung eine Reihe öffentlicher Erklärungen abgegeben hat, in denen sie sich zur Sicherstellung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und politische Teilhabe verpflichtet (Aufhebung des Ausnahmezustands, Abschaffung von Artikel 8 der syrischen Verfassung, in dem verfügt wird, dass die Ba'th-Partei in Staat und Gesellschaft die führende Rolle spielt, und Lösung der Probleme infolge der 1962 im Gouvernement al-Hasaka durchgeführten Volkszählung, bei der Hunderttausenden Kurden der Pass abgenommen und sie als Ausländer registriert wurden), dass sie bisher diesbezüglich jedoch noch keine konkreten Fortschritte vollzogen hat; in der Erwägung, dass der prominente syrische Menschenrechtsaktivist und Regierungskritiker Haitham al-Maleh im März 2011 aus dem Gefängnis freigelassen wurde und die internationale Gemeinschaft aufgefordert hat, Druck auf das syrische Regime auszuüben, damit es seinen internationalen Verpflichtungen in Bezug auf die Menschenrechte nachkommt,

G.

in der Erwägung, dass das Assoziationsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Arabischen Republik Syrien andererseits noch unterzeichnet werden muss; in der Erwägung, dass die Unterzeichnung dieses Abkommens auf Antrag Syriens seit Oktober 2009 verschoben ist; in der Erwägung, dass die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten einen wesentlichen Teil dieses Abkommens ausmacht,

H.

in der Erwägung, dass die Demonstration in Bahrain am 14. Februar 2011 begannen und dass die Demonstranten politische Reformen – insbesondere eine konstitutionelle Monarchie und eine gewählte Regierung sowie ein Ende der Korruption und der Ausgrenzung der Schiiten, die mehr als 60 % der Bevölkerung ausmachen – forderten; unter Hinweis darauf, dass die Lage in Bahrain weiterhin gespannt ist und zwischen 50 und 100 Personen in der letzten Woche als vermisst gemeldet wurden; in der Erwägung, dass Berichten zufolge medizinisches Personal, Menschenrechtsverteidiger und politische Aktivisten in Bahrain inhaftiert wurden und Krankenhausstationen von Sicherheitskräften besetzt wurden,

I.

in der Erwägung, dass – auf Ersuchen der Regierung Bahrains – Sicherheitskräfte der Länder des Golf-Kooperationsrates Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emiraten und Kuwait in Bahrain zum Einsatz kommen,

J.

unter Hinweis darauf, dass seit Januar 2011 Millionen von Bürgern weitgehend friedlich im Jemen demonstriert haben, dass angeblich fast 100 Personen – vor allem durch Sicherheitskräfte, die mit scharfer Munition in die Menschenmenge schossen – getötet wurden und dass Hunderte verletzt wurden; in der Erwägung, dass Krankenwagen, die mit verwundeten Regierungsgegnern auf dem Weg zu Spitälern waren, im Jemen durch Sicherheitskräfte behindert wurden,

K.

in der Erwägung, dass Präsident Ali Abdullah Saleh, der den Jemen seit 32 Jahren regiert, versprochen hat zurückzutreten; jedoch in der Erwägung, dass der Präsident bisher noch keine ernstzunehmenden Maßnahmen getroffen hat, um seinen Versprechen betreffend einen friedlichen demokratischen Übergang nachzukommen,

L.

in der Erwägung, dass Mitglieder des Golf-Kooperationsrates beschlossen haben, Vertreter der Regierung Jemens und der Opposition zu Gesprächen nach Riad einzuladen, um einen Ausweg aus der festgefahrenen Situation zu finden,

M.

in der Erwägung, dass Jemen das ärmste Land im Nahen Osten mit allgemeiner Unterernährung, schwindenden Ölreserven, einer wachsenden Bevölkerung, einer schwachen Zentralregierung, zunehmender Wasserknappheit und geringen Investitionen in die Wirtschaft des Landes ist; in der Erwägung, dass ernsthafte Besorgnisse über die Auflösung des Staates Jemen bestehen; in der Erwägung, dass seit Februar mit den schiitischen Rebellen im Norden ein kaum belastbarer Waffenstillstand besteht, im Süden eine sezessionistische Bewegung aktiv ist und viele Angehörige von Al-Quaida den Jemen Berichten zufolge als Basis nutzen,

N.

in der Erwägung, dass der Ausnahmezustand vor kurzem in Bahrain und Jemen verhängt wurde; in der Erwägung, dass die Erklärung des Ausnahmezustands in einem Land dessen Regierung nicht von seinen wesentlichen Pflichten entbindet, die Rechtstaatlichkeit und die internationalen Menschenrechtsverpflichtungen des Landes zu wahren,

1.

verurteilt mit Nachdruck das gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen friedliche Demonstranten in Bahrain, Syrien und Jemen und spricht den Familien der Opfer sein Mitgefühl aus; bekundet seine Solidarität mit den Menschen in diesen Ländern, würdigt ihren Mut und ihre Entschlossenheit und unterstützt nachdrücklich ihre legitimen demokratischen Bestrebungen;

2.

fordert die Behörden in Bahrain, Syrien und Jemen dringend auf, keine Gewalt gegen Demonstranten anzuwenden sowie ihr Recht auf Versammlungsfreiheit und auf freie Meinungsäußerung zu achten; verurteilt, dass die Behörden in Bahrain und Jemen auf die Bereitstellung von medizinischer Versorgung Einfluss nehmen und den Zugang zu Gesundheitseinrichtungen verweigern oder einschränken; betont, dass diejenigen, die für die Verluste an Menschenleben und die Verletzungen verantwortlich sind, zur Rechenschaft gezogen und vor Gericht gestellt werden müssen; fordert die Behörden auf, unverzüglich alle politischen Gefangenen, Menschenrechtsverteidiger und Journalisten sowie alle Personen, die aufgrund ihrer friedlichen Aktivitäten im Zusammenhang mit den Protesten festgehalten werden, frei zu lassen;

3.

stellt fest, dass der Einsatz von Gewalt durch einen Staat gegen seine eigene Bevölkerung direkte Auswirkungen auf seine bilateralen Beziehungen mit der Europäischen Union haben muss; erinnert die Hohe Vertreterin der EU/Vizepräsidentin der Kommission daran, dass die EU über zahlreiche Instrumente verfügt, um die Länder von solchen Aktionen abzuhalten, wie beispielsweise Einfrieren von Vermögenswerten, Reiseverbote usw.; weist aber darauf hin, dass die allgemeine Bevölkerung in keinem Fall von einer derartigen Überprüfung der bilateralen Beziehungen negativ betroffen werden sollte;

4.

fordert die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten auf, die Ereignisse in jüngster Vergangenheit sowie die gegenwärtigen und künftigen Entwicklungen in Bahrain, Syrien und Jemen in ihren bilateralen Beziehungen zu diesen Ländern in vollem Umfang zu berücksichtigen, einschließlich der Aussetzung weiterer Verhandlungen über die nach wie vor ausstehende Unterzeichnung des Assoziationsabkommens zwischen der EU und Syrien; ist der Ansicht, dass der Abschluss eines solchen Abkommens davon abhängen sollte, ob die syrischen Behörden in der Lage sind, die erwarteten demokratischen Reformen in greifbarer Form durchzuführen;

5.

fordert die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten auf, die Forderungen nach unabhängigen Untersuchungen zu unterstützen, die sich mit den Angriffen gegen Demonstranten in diesen Ländern befassen, insbesondere eine von den Vereinten Nationen oder dem Internationalen Strafgerichtshof durchzuführende Untersuchung der Übergriffe auf Demonstranten vom 18. März 2011 in Sanaa, Jemen, bei denen 54 Menschen getötet und mehr als 300 verletzt wurden; fordert die EU auf, unverzüglich die Initiative zu ergreifen und eine Sondersitzung des Menschenrechtsrates einzuberufen, die sich mit den in Bahrain, Syrien und Jemen verübten Übergriffen während der Niederschlagung der Demonstrationen und der Repression von Dissidenten befassen soll;

6.

fordert die Regierungen von Bahrain, Syrien und Jemen auf, unverzüglich und ohne Vorbedingungen einen offenen und sinnvollen politischen Prozess und Dialog aufzunehmen, an dem alle demokratischen politischen Kräfte und die Zivilgesellschaft teilnehmen und der den Weg ebnen soll für eine echte Demokratie, die Aufhebung des Ausnahmezustands und die Durchführung realer, ehrgeiziger und umfassender politischer, wirtschaftlicher und sozialer Reformen, die für die langfristige Stabilität und Entwicklung von entscheidender Bedeutung sind;

7.

fordert die Behörden von Bahrain, Syrien und Jemen auf, ihre internationalen Verpflichtungen in Bezug auf Menschenrechte und Grundfreiheiten einzuhalten; fordert die Regierungen in diesen Ländern auf, den Ausnahmezustand sofort aufzuheben, unverzüglich alle politischen Gefangenen, Menschenrechtsverteidiger, Journalisten und friedlichen Demonstranten freizulassen, die Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit gesetzlich zu verankern und in die Praxis umzusetzen, die Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung zu verschärfen, gleiche Rechte für Minderheiten zu garantieren, den Zugang zu Kommunikationsmitteln, wie Internet und Mobiltelefone, sicherzustellen und den Zugang zu unabhängigen Medien zu gewährleisten;

8.

nimmt den Rücktritt der syrischen Regierung vom 29. März 2011 zur Kenntnis; glaubt jedoch, dass dies nicht ausreichen wird, um der wachsenden Enttäuschung des syrischen Volkes entgegen zu wirken; fordert Präsident Bashar al-Assad auf, der Politik, die auf die Unterdrückung der politischen Opposition und der Menschenrechtsverteidiger abzielt, ein Ende zu setzen, den Ausnahmezustand, der seit 1963 in Kraft ist, tatsächlich aufzuheben, den Prozess des demokratischen Übergangs in Syrien zu fördern und eine konkrete Agenda für politische, wirtschaftliche und soziale Reformen festzulegen;

9.

fordert die Regierung Bahrains und andere Parteien auf, unverzüglich und ohne Vorbedingungen einen sinnvollen und konstruktiven Dialog aufzunehmen, um Reformen herbeizuführen; begrüßt die Ankündigung des VN-Generalsekretärs, dass sich die Vereinten Nationen bereit halten, um – wenn sie darum ersucht werden – von den jeweiligen Ländern initiierte Anstrengungen zu unterstützen;

10.

bringt seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass sich ausländische Truppen unter der Ägide des Golf-Kooperationsrates in Bahrain aufhalten; fordert den Golf-Kooperationsrat auf, seine Ressourcen als kollektiver Akteur in der Region zu nutzen, um konstruktiv zu handeln und im Interesse friedlicher Reformen in Bahrain zu vermitteln;

11.

fordert Präsident Saleh von Jemen auf, konkrete Schritte zu setzen, um seinem Versprechen im Hinblick auf einen friedlichen Machtwechsel im Rahmen von verfassungsmäßigen Institutionen nachzukommen; fordert alle Parteien, einschließlich der Opposition, auf, verantwortungsvoll zu agieren, sich unverzüglich an einem offenen und konstruktiven Dialog zu beteiligen, um einen geordneten politischen Übergang sicherzustellen, und alle Parteien und Bewegungen, die das Volk Jemens vertreten, an diesem Dialog zu beteiligen;

12.

bekundet seine ernsthafte Besorgnis über den Grad der Armut und Arbeitslosigkeit sowie die wachsende politische und wirtschaftliche Instabilität in Jemen; besteht darauf, dass die Erfüllung der auf der Geberkonferenz im Jahre 2006 gemachten Zusagen vor Ort beschleunigt werden muss; fordert die EU und den Golf-Kooperationsrat ferner auf, besondere Anstrengungen zu unternehmen, um finanzielle und technische Unterstützung zu leisten, sobald Präsident Saleh bereit ist, den Weg für eine demokratisch gewählte Regierung frei zu machen;

13.

fordert die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten auf, die friedlichen demokratischen Bestrebungen der Menschen in Bahrain, Syrien und Jemen zu unterstützen, ihre Politik gegenüber diesen Ländern zu überprüfen, den Verhaltenskodex der EU für Waffenexporte einzuhalten und sich bereitzuhalten, um – im Falle ernsthafter Zusagen der Regierungen dieser Länder – die Durchführung konkreter politischer, wirtschaftlicher und sozialer Reformpläne in diesen Ländern zu unterstützen;

14.

fordert die Kommission auf, umfassenden und effektiven Gebrauch von der bestehenden Unterstützung zu machen, die über das ENPI, das EIDHR und das IfS geleistet wird, und dringend konkrete Vorschläge zu der Frage auszuarbeiten, wie die künftige finanzielle Unterstützung der EU den Ländern und den Zivilgesellschaften im Nahen Osten und in der Golfregion bei ihrem Übergang hin zu Demokratie und Menschenrechten besser Hilfestellung leisten kann;

15.

unterstreicht die Zusagen, die die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und die Kommission in der Gemeinsamen Mitteilung über eine Partnerschaft für Demokratie und gemeinsamen Wohlstand im südlichen Mittelmeerraum im Hinblick auf die weitere Unterstützung des demokratischen Wandels und der Zivilgesellschaft als Reaktion auf die derzeitigen historischen Entwicklungen in der Region abgegeben haben; fordert, dass die EU die demokratischen Prozesse im Mittelmeerraum und in der Golfregion unterstützt, um eine umfassende Beteiligung aller Bürger – insbesondere von Frauen, die eine wesentliche Rolle bei den Forderungen nach demokratischem Wandel gespielt haben – am politischen Leben sicherzustellen;

16.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsidentin der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Regierung und dem Parlament des Königreichs Bahrain, der Regierung und dem Parlament der Arabischen Republik Syrien und der Regierung und dem Parlament der Republik Jemen zu übermitteln.


(1)  Angenommene Texte, P7_TA(2011)0109.

(2)  ABl. C 313 E vom 20.12.2006, S. 436.


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/85


Donnerstag, 7. April 2011
Vierte Konferenz der Vereinten Nationen über die am wenigsten entwickelten Länder

P7_TA(2011)0149

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zu der Vierten Konferenz der Vereinten Nationen über die am wenigsten entwickelten Länder

2012/C 296 E/12

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis darauf, dass die Vereinten Nationen im Jahre 1971 anerkannt haben, dass es sich bei den am wenigsten entwickelten Ländern (LDC) um die „ärmsten und schwächsten Mitglieder“ der internationalen Gemeinschaft handelt,

unter Hinweis auf die Kriterien, die der VN-Ausschuss für Entwicklungspolitik zur Definition der LDC festgelegt hat,

unter Hinweis auf die im September 1990 angenommene Pariser Erklärung zu den am wenigsten entwickelten Ländern,

unter Hinweis auf den Bericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen über die Durchführung des Aktionsprogramms für die am wenigsten entwickelten Länder für die Dekade 2001-2010 (A/65/80),

unter Hinweis auf die Ergebnisse des Hochrangigen Treffens im Rahmen der VN zu den Millenniums-Entwicklungszielen (MEZ) im September 2010,

unter Hinweis auf das Brüsseler Aktionsprogramm für die LDC, das auf der Dritten UNO-Konferenz über die LDC (LDC-III) im Mai 2001 in Brüssel angenommen wurde,

unter Hinweis auf den 2008 von der UNO-Generalversammlung gefassten Beschluss über die Einberufung der Vierten UNO-Konferenz über die LDC (LDC-IV),

unter Hinweis darauf, dass bei der LDC-IV die Ergebnisse des Brüsseler Aktionsprogramms, das demnächst ausläuft, bewertet und neue Maßnahmen für den Zeitraum 2011-2020 vorgeschlagen werden sollen, durch die der Austausch von bewährten Verfahren und Erfahrungen gefördert wird sowie die anstehenden politischen Entscheidungen, die Herausforderungen, mit denen die LDC im nächsten Jahrzehnt konfrontiert sein werden, und die erforderlichen Maßnahmen ausgemacht werden,

unter Hinweis auf die Erklärung der VN über das Recht auf Entwicklung aus dem Jahre 1986,

unter Hinweis auf das MEZ, die Armut bis 2015 um die Hälfte zu verringern,

gestützt auf Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass derzeit 48 Länder als LDC eingestuft sind (33 in Afrika, 14 in Asien und ein Land in Lateinamerika) und 16 davon Binnenländer und 12 kleine Inseln sind,

B.

in der Erwägung, dass 75 % der 800 Millionen Einwohner der LDC mit weniger als 2 USD pro Tag auskommen müssen und sich die Zahl der LDC seit der Schaffung dieser Kategorie durch die VN im Jahr 1971 von 25 auf 48 erhöht hat und nur Botswana 1994, Kap Verde 2007 und die Malediven im Januar 2011 den LDC-Status hinter sich lassen konnten,

C.

in der Erwägung, dass der Index für menschliche Entwicklung für die LDC zwischen 2000 und 2010 durchschnittlich nur von 0,34 auf 0,39 angestiegen ist und dass die LDC im Durchschnitt voraussichtlich nur zwei von sieben MEZ erreichen werden,

D.

in der Erwägung, dass seit der LDC-III und dem Brüsseler Aktionsprogramm einige positive Maßnahmen getroffen wurden – wie beispielsweise die Initiative „Alles außer Waffen“, die Aufstockung der öffentlichen Entwicklungshilfe (Verdoppelung zwischen 2000 und 2008) und die Erhöhung der ausländischen Direktinvestitionen von 6 auf 33 Milliarden USD – mit dem Ergebnis, dass 19 Länder eine Wachstumsrate von 3 % verzeichnen,

E.

in der Erwägung, dass die Empfehlung der LDC-IV nur verwirklicht werden kann, wenn grundlegenden Themen für die LDC wie etwa die Kohärenz der handels- und entwicklungspolitischen Maßnahmen, Landwirtschaft, Fischerei, Investitionen und Klimawandel gebührend Rechnung getragen wird und wichtige Fragen wie verantwortungsvolle Regierungsführung und die Bekämpfung von Korruption und vor allem das Konzept des „Beherrschungsvertrags“ (in den insbesondere ein sozialer Mindestschwellenwert aufgenommen wird) zwischen Partner- und Geberländern sowie der Aufbau der Humankapazitäten auf die Tagesordnung gesetzt werden,

F.

in der Erwägung, dass auf der LDC-IV die weltweite Verpflichtung zu Partnerschaft bei der Bewältigung der Bedürfnisse der LDC bekräftigt wird und dass der laufende Prozess zur Vorbereitung der LDC-IV nationale Konsultationen, regionale Treffen und Konferenzen einschließt, an denen ein breites Spektrum von Akteuren wie Parlamentarier und Vertreter der Zivilgesellschaft und des Privatsektors teilnimmt,

G.

in der Erwägung, dass Hilfe für nachhaltige Entwicklung Unterstützung für Gesundheit, Bildung und Ausbildung, Förderung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie Achtung von Menschenrechten und Grundfreiheiten – also wesentliche Komponenten der Entwicklungspolitik der EU – impliziert,

H.

in der Erwägung, dass sich die Lage in den LDC infolge der jüngsten weltweiten Finanz-, Nahrungsmittel-, Klima- und Energiekrise, die noch zu den bestehenden strukturellen Problemen hinzugekommen ist, weiter verschlechtert hat,

I.

in der Erwägung, dass die Landwirtschaft zwar die wirtschaftliche Grundlage vieler LDC ist und bis zu 90 % der Arbeitskräfte Beschäftigung bietet, die Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung jedoch bedroht ist,

J.

in der Erwägung, dass es keine nennenswerte Entwicklung geben kann, solange nicht die Staaten eine entscheidende Rolle übernehmen und ihre Kapazitäten zur Beteiligung an der wirtschaftlichen Entwicklung, der Schaffung von Wohlstand und der gerechten Umverteilung des Wohlstands, öffentlich-privaten Partnerschaften und ordnungsgemäß geplanten Auslandsinvestitionen unter umfassender Achtung der Kernarbeitsnormen der IAO und der Umweltschutzgrundsätze verbessern, und dass der Staat seine Verantwortung für die Gewährleistung von Stabilität und die Schaffung eines Rechtsrahmens übernehmen muss,

K.

in der Erwägung, dass jedes LDC – unter Einbeziehung der Bevölkerung in den Entscheidungsprozess – seine Prioritäten definieren und Lösungen finden muss, die für den jeweiligen nationalen Kontext geeignet sind,

L.

in der Erwägung, dass der Erfolg der Konferenz in Istanbul von konkreten Ergebnissen (z. B. Beherrschungsvertrag, sozialer Mindestschwellenwert, Schuldenerlass, Entwicklungshilfe, innovative Finanzierung) sowie von der Qualität der Beiträge der Teilnehmer abhängt,

1.

ist der Auffassung, dass die LDC-IV ergebnisorientiert arbeiten sollte, und zwar auf der Grundlage eindeutiger Indikatoren, mit dem Ziel, die Zahl der LDC bis zum Jahre 2020 um die Hälfte zu verringern, und unter Einsatz von effizienten und transparenten Überwachungs- und Kontrollmechanismen;

2.

betont, dass die Unterstützung der EU für LDC in erster Linie auf die Schaffung von Wohlstand und die Entwicklung eines marktwirtschaftlichen Systems abzielen sollte, da dies die Grundvoraussetzungen für die Beseitigung der Armut sind;

3.

fordert, dass dem Wirtschaftswachstum als Schlüsselelement der Entwicklung und der Verringerung der allgemeinen Armut in den LDC Priorität eingeräumt wird;

4.

ist der Auffassung, dass sich die LDC-IV auf die Kohärenz der entwicklungspolitischen Maßnahmen konzentrieren sollte, da dies ein bedeutender Faktor für einen politischen Wandel auf nationaler und internationaler Ebene ist; fordert daher, dass alle Politikbereiche – wie Handel, Fischerei, Umwelt, Landwirtschaft, Klimawandel, Energie, Investitionen und Finanzen – so konzipiert werden, dass die Erfordernisse der LDC im Hinblick auf ihre Entwicklung unterstützt werden, damit sie die Armut bekämpfen und ihren Bürgern ein angemessenes Einkommen und ein menschenwürdiges Dasein gewährleisten können;

5.

fordert die EU auf, ihren Verpflichtungen in Bezug auf Marktzugang und Schuldenerlass nachzukommen; bekräftigt, dass das Ziel, 0,15 bis 0,20 % des BNE für offizielle Entwicklungshilfe in LDC bereitzustellen, unbedingt erreicht werden muss, wozu inländische Ressourcen und als ergänzende Maßnahme innovative Finanzierungsinstrumente mobilisiert werden sollten;

6.

verweist auf das Ziel einer Höherstufung gegenüber dem LDC-Status und das auf dem MEZ-Gipfel im September 2010 vorgegebene Instrumentarium, mit dem die Beseitigung der Armut beschleunigt, eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung – durch die der Lebensstandard der Bevölkerung der LDC verbessert wird – geschaffen, verantwortungsvolle Staatsführung sichergestellt und der Aufbau von Kapazitäten gefördert werden soll;

7.

betont, dass neue Maßnahmen zur Integration der LDC in die weltweite Wirtschaft und zur Verbesserung ihres Zugangs zu EU-Märkten getroffen werden müssen; fordert die Kommission auf, ihre handelsbezogene Unterstützung auszuweiten, um die ärmsten Länder dabei zu unterstützen, sich dem aus der Marktliberalisierung resultierenden Wettbewerb zu stellen;

8.

weist darauf hin, dass Frieden und Sicherheit äußerst wichtig für die Effektivität der Entwicklungspolitik sind und dass die EU ihre Strategie besser koordinieren sollte, um die Stabilität betreffende Aspekte in den LDC anzugehen, und Anstrengungen unterstützen sollte, die der Erlangung der Kapazitäten zum Aufbau friedlicher, demokratischer und integrativer Staaten dienen;

9.

weist darauf hin, dass den Bereichen Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung, Landwirtschaft, Infrastrukturen, Aufbau von Kapazitäten, integratives wirtschaftliches Wachstum, Zugang zu Technologien sowie humane und soziale Entwicklung in den LDC Priorität einzuräumen ist;

10.

fordert die Einführung fairer und gerechter Handelsregelungen und die Umsetzung einer integrierten Politik bei einer breiten Palette von wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Fragen im Sinne der Förderung einer nachhaltigen Entwicklung;

11.

fordert, dass wirksame Maßnahmen in den Bereichen Preisschwankungen und Transparenz der Preise sowie besser regulierte Finanzmärkte getroffen werden müssen, um die LDC zu schützen und weniger verwundbar zu machen;

12.

weist darauf hin, dass Hilfestellung bei der Entwicklung der nationalen Steuersysteme sowie einer verantwortungsvollen Steuerpolitik geleistet werden muss, und fordert die VN auf, entsprechende Mechanismen einzuführen;

13.

fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, auf der LDC-IV die Umsetzung innovativer Mechanismen der Entwicklungsfinanzierung, wie beispielsweise einer Finanztransaktionssteuer, zu erörtern; betont, dass die ODA-Verpflichtungen und innovative Finanzierungsmechanismen im Kampf gegen Armut als entscheidend und komplementär zu betrachten sind;

14.

fordert die VN und die EU auf, sich anlässlich der LDC-IV ernsthaft mit den schädlichen Auswirkungen des Aufkaufs landwirtschaftlicher Flächen wie etwa Enteignung von Kleinbauern und unnachhaltige Nutzung von Wasser und Land auseinanderzusetzen;

15.

weist darauf hin, dass das langfristige Ziel der Entwicklungszusammenarbeit darin bestehen muss, die Voraussetzungen für eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung und eine gerechtere Verteilung des Wohlstands zu schaffen; betont daher, dass die Anforderungen der LDC und entsprechende Strategien ermittelt, eine Diversifizierung des Handels durch die Festlegung fairerer Preise für die Produktion der LDC gewährleistet und die Sachzwänge auf der Angebotsseite im Hinblick auf die Verbesserung der Handelskapazitäten der LDC und ihrer Fähigkeit, Investitionen anzuziehen, berücksichtigt werden müssen, wobei die Kernarbeitsnormen der IAO und die Umweltschutznormen zu achten sind;

16.

ist sich der Tatsache bewusst, dass die Initiative „Alles außer Waffen“ ihre ursprünglichen Ziele nicht uneingeschränkt erreicht hat, weshalb Qualität und Umfang des Handels zwischen den LDC und dem EU-Markt hinter den Erwartungen zurückblieben, insbesondere wegen des Mangels an adäquaten Handels- und Hafeninfrastrukturen; befürwortet die Entwicklung derartiger Infrastrukturen, die der Schlüssel zur Ausweitung der Handelskapazitäten bleiben;

17.

unterstreicht, dass die Wirksamkeit der Entwicklungshilfe – im Einklang mit der Pariser Erklärung und der Agenda von Accra – verbessert werden muss;

18.

hebt die Bedeutung des Parlaments sowie die entscheidende Rolle hervor, die es bei der Genehmigung des Entwicklungshaushalts der EU spielt; ist daher überzeugt, dass das Parlament stärker in die Vorbereitung der EU-Entwicklungsstrategie einbezogen werden sollte; hält es zudem für unerlässlich, dass ein Berichterstattungsmechanismus eingerichtet wird;

19.

hält die Annahme des neuen US-amerikanischen Gesetzes über „Konfliktmineralien“ für einen großen Fortschritt bei der Bekämpfung des illegalen Abbaus von Mineralien in Afrika sowie des illegalen Handels mit diesen Mineralien, die den Nährboden für Bürgerkriege und Konflikte darstellen; vertritt die Auffassung, dass die VN einen ähnlichen Vorschlag vorlegen sollten, um die Rückverfolgbarkeit von eingeführten Mineralien auf dem Weltmarkt zu gewährleisten;

20.

fordert eine Risikofolgenabschätzung in Bezug auf den Klimawandel, die die maßgeblichen Aspekte der entwicklungspolitischen Planung und Beschlussfassung einschließlich Handel, Landwirtschaft und Nahrungsmittelsicherheit abdeckt, und fordert, dass die Ergebnisse dieser Folgenabschätzung verwendet werden, um eindeutige Leitlinien für eine Politik der Entwicklungszusammenarbeit auszuarbeiten;

21.

bringt seine Besorgnis über die immer größere Wahrscheinlichkeit von Umweltkatastrophen zum Ausdruck, die massive Migrationsbewegungen auslösen und Notfallmaßnahmen für diese neue Kategorie von Vertriebenen erfordern könnten;

22.

hebt die Bedeutung der regionalen Zusammenarbeit und Integration hervor und fordert die Stärkung der regionalen Mechanismen der Zusammenarbeit, damit vor allem kleine Länder zu Ressourcen, Know-how und Fachwissen gelangen können;

23.

betont, dass aufgrund der fehlenden Fortschritte bei der Verwaltung der öffentlichen Finanzen nach wie vor ein Großteil dieser Länder von der Bereitstellung von Haushaltshilfen – einem wesentlichen Faktor für den Aufbau von Kapazitäten in diesen Ländern – ausgeschlossen ist;

24.

betont, wie wichtig es ist, dass die LDC eine trilaterale Zusammenarbeit – insbesondere mit Schwellenländern – aufbauen und auf eine umfassende Kooperation hinarbeiten, die im Zeichen des gegenseitigen Nutzens und der gemeinsamen Entwicklung steht;

25.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zu übermitteln.


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/89


Donnerstag, 7. April 2011
Fortschrittsbericht 2010 über Island

P7_TA(2011)0150

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zu dem Fortschrittsbericht 2010 über Island

2012/C 296 E/13

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. Mai 2010, mit der Island in die Liste der für EU-Heranführungshilfe in Betracht kommenden Länder übernommen wurde, die dazu dient, die Bewerberländer bei der Annäherung ihrer Rechtsvorschriften an das EU-Recht zu unterstützen,

in Kenntnis der Stellungnahme der Kommission zum Antrag Islands vom 24. Februar 2010 auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union (SEK(2010)0153),

in Kenntnis des Beschlusses des Europäischen Rates vom 17. Juni 2010, Beitrittsverhandlungen mit Island aufzunehmen,

in Kenntnis der allgemeinen Haltung der EU und der allgemeinen Haltung der Regierung Islands, die auf der Ministertagung zur Eröffnung der Regierungskonferenz über den Beitritt Islands zur Europäischen Union am 27. Juli 2010 angenommen wurden,

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat „Erweiterungsstrategie und wichtigste Herausforderungen 2010 – 2011“ (KOM(2010)0660) und des Fortschrittsberichts 2010 über Island vom 9. November 2010,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. November 2009 zu dem Strategiepapier 2009 zur Erweiterung betreffend die Länder des westlichen Balkans, Island und die Türkei (1),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. Juli 2010 zum Antrag Islands auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union (2),

unter Hinweis auf die im Oktober 2010 auf der ersten Sitzung des Gemischten Parlamentarischen Ausschusses EU-Island angenommenen Empfehlungen,

gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass Island die Kriterien von Kopenhagen erfüllt und die Beitrittsverhandlungen mit Island nach Billigung durch den Rat am 27. Juli 2010 eröffnet wurden,

B.

in der Erwägung, dass die Prüfung des Besitzstands am 15. November 2010 begonnen hat und bis zum 17. Juni 2011 dauern soll,

C.

in der Erwägung, dass – wie von dem erneuerten Konsens über die Frage der Erweiterung hervorgehoben – die Fortschritte jedes Landes auf dem Weg zur Mitgliedschaft in der Europäischen Union auf Leistungen beruhen,

D.

in der Erwägung, dass Island als Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), der Schengener Übereinkommen und der Dublin-Verordnung bereits eng mit der EU zusammenarbeitet und daher schon einen erheblichen Teil des gemeinschaftlichen Besitzstands angenommen hat,

E.

in der Erwägung, dass Island über den Finanzierungsmechanismus des EWR einen Beitrag zur europäischen Kohäsion und Solidarität leistet und mit der EU bei friedenserhaltenden Maßnahmen und Krisenbewältigungsoperationen zusammenarbeitet,

1.

begrüßt den Beginn der Beitrittsverhandlungen mit Island im Juli 2010; betrachtet es als wesentlich, die Voraussetzungen zu schaffen, um den Beitrittsprozess mit Island abzuschließen und sicherzustellen, dass Islands Beitritt von Erfolg gekrönt sein wird;

Politische Kriterien

2.

begrüßt die Aussicht darauf, dass ein Land mit einer starken demokratischen Tradition und staatsbürgerlichen Kultur neuer Mitgliedstaat der EU wird; betont, dass der Beitritt Islands zur EU die Rolle der Union als ein weltweiter Förderer und Verteidiger der Menschenrechte und Grundfreiheiten weiter stärken wird;

3.

lobt Island für seine guten Ergebnisse im Bereich des Schutzes der Menschenrechte und das hohe Niveau der Zusammenarbeit mit internationalen Mechanismen zum Schutz der Menschenrechte;

4.

unterstützt die gegenwärtig stattfindenden Arbeiten zur Stärkung des legislativen Umfelds im Zusammenhang mit der Meinungsfreiheit und dem Zugang zu Informationen; begrüßt in diesem Zusammenhang das neue isländische Mediengesetz (Icelandic Modern Media Initiative), das es sowohl Island als auch der EU ermöglicht, sich im Hinblick auf den rechtlichen Schutz der freien Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit stark zu positionieren;

5.

begrüßt die Einrichtung des Gemischten Parlamentarischen Ausschusses EU-Island im Oktober 2010 und ist überzeugt, dass dieses Forum zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen dem Alþingi und dem Europäischen Parlament während des Beitrittsprozesses beitragen wird;

6.

empfiehlt den isländischen Behörden dringend, das Recht der EU-Bürger in Bezug auf ihr Wahlrecht bei Kommunalwahlen in Island zu harmonisieren;

7.

nimmt die guten Fortschritte bei der Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz zur Kenntnis und begrüßt die von den isländischen Behörden im Mai 2010 ergriffenen Maßnahmen, um die ausschlaggebende Rolle des Ministers für Justiz für Ernennungen im Bereich der Justiz anzugehen, und die Änderungen des Gesetzes über das Gerichtswesen, die die Unabhängigkeit der Justiz stärken, wobei die Notwendigkeit der genauen Umsetzung dieser Maßnahmen betont wird;

8.

begrüßt die Arbeit der Sonderstaatsanwaltschaft und den Bericht der im Dezember 2008 durch das isländische Parlament gegründeten Sonderermittlungskommission zur Untersuchung und Analyse der Vorgänge, die zum Zusammenbruch des Bankensystems führten; begrüßt ferner die Fortschritte im Umgang mit den politischen, institutionellen und administrativen Folgen des Zusammenbruchs des isländischen Bankensystems, wobei festzustellen ist, dass die Umsetzung seiner Empfehlungen noch andauert und mit nicht nachlassenden Anstrengungen fortgesetzt werden muss;

Wirtschaftliche Kriterien

9.

begrüßt Islands allgemein zufriedenstellende Bilanz in Bezug auf die Umsetzung seiner sich aus dem EWR ergebenden Verpflichtungen und seine Fähigkeit, dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der EU standzuhalten;

10.

stellt jedoch fest, dass der letzte EFTA-Anzeiger zeigte, dass das Umsetzungsdefizit Islands leicht gestiegen und Island 1,3 % über dem Zwischenziel von 1 % geblieben ist, obwohl die Umsetzungsverzögerung reduziert worden ist;

11.

begrüßt die zwischen den Vertretern der Regierungen Islands, der Niederlande und des Vereinigten Königreichs erzielte Vereinbarung zur Icesave-Frage, insbesondere zur Garantie der Rückzahlung der Kosten im Zusammenhang mit den Mindestgarantien für die Einleger bei Zweigstellen der Landsbanki Islands hf. im Vereinigten Königreich und in den Niederlanden; begrüßt die Annahme des Übereinkommens durch eine Drei-Viertel-Mehrheit des isländischen Parlaments am 17. Februar 2011; nimmt die Entscheidung des isländischen Präsidenten zur Kenntnis, das Gesetz einem Referendum zu unterwerfen, und hofft auf ein Ende des am 26. Mai 2010 eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens der EFTA-Überwachungsbehörde gegen die Regierung Islands;

12.

begrüßt, dass die institutionellen Unzulänglichkeiten im Finanzsektor angegangen und dass Fortschritte bei der Stärkung der regulatorischen und aufsichtsrechtlichen Praxis im Hinblick auf Banken erzielt worden sind, insbesondere im Bezug auf die Befugnisse der Finanzaufsichtsbehörde;

13.

begrüßt die Vorlage des ersten isländischen wirtschaftlichen Heranführungsprogramms durch Island bei der Kommission als einen wichtigen Schritt in der Heranführungsphase und hofft, dass der angekündigte jährliche bilaterale Wirtschaftsdialog die Zusammenarbeit zwischen beiden Seiten festigen wird;

14.

ermutigt die isländischen Staatsorgane, den Weg der Erarbeitung einer Strategie zur Liberalisierung der Kapitalverkehrskontrollen fortzusetzen, was eine wichtige Voraussetzung für den Beitritt des Landes zur EU darstellt;

15.

begrüßt die jüngste positive vierte Überprüfung des IWF-Bereitschaftskreditprogramms, die die wichtigsten Entwicklungen der finanziellen und wirtschaftlichen Konsolidierung in Island beschreibt; begrüßt ferner, dass die isländische Wirtschaft nach sieben aufeinanderfolgenden Quartalen der wirtschaftlichen Talfahrt aus der Rezession gekommen ist und dass das reale Bruttoinlandsprodukt im Zeitraum von Juli bis September 2010 ein Wachstum von 1,2 % im Vergleich zum vorherigen Quartal verzeichnete;

16.

begrüßt politische Maßnahmen zur weiteren Diversifizierung der Wirtschaft Islands als einen erforderlichen Schritt zu langfristigem wirtschaftlichen Wohlstand in dem Land; ermutigt die isländischen Staatsorgane, den Tourismus weiter zu entwickeln, der als vielversprechender längerfristiger Wachstumssektor betrachtet wird und insgesamt einen steigenden Anteil an Produktion und Beschäftigung gezeigt hat;

17.

nimmt zur Kenntnis, dass Island dem Euro-Währungsgebiet beitreten möchte, was erfolgen kann, nachdem das Land Mitglied der EU geworden ist und sobald alle notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind;

18.

ist über die hohe Arbeitslosenrate und insbesondere über die Jugendarbeitslosigkeit in Island besorgt, wie auch über den Rückgang der Investitionen und des Binnenkonsums nach der Wirtschafts- und Finanzkrise, obwohl auch Zeichen der Verbesserung in einigen dieser Bereiche festzustellen sind; weist darauf hin, dass die kostengünstige grüne Energie und die grüne Energietechnologie, die Island herstellt, ein wichtigerer Faktor bei dem Neustart der Wirtschaft sein könnten;

19.

lobt Island für die großen Investitionen in Bildung, Forschung und Entwicklung sowie seine Unterstützung für und die Mitwirkung an der Lissabon-Strategie, einschließlich der Verabschiedung einer Strategie Island 2020, die die Bedeutung von Bildung, Forschung und Entwicklung betont und messbare Ziele skizziert;

Fähigkeit zur Übernahme der aus der EU-Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen

20.

stellt fest, dass Island als ein Mitglied des EWR die Erfordernisse von zehn Verhandlungskapiteln weitgehend und diejenigen von elf Verhandlungskapiteln teilweise erfüllt; betont, dass die Erfüllung der Verpflichtungen Islands im Rahmen des EWR-Abkommens wichtige Voraussetzungen im Rahmen der Beitrittsverhandlungen sind;

21.

fordert Island auf, die Vorbereitungen zur Anpassung an den Besitzstand der EU, insbesondere in Bereichen, die nicht vom EWR erfasst werden, zu verbessern und dessen Umsetzung und Durchsetzung zum Tag des Beitritts sicherzustellen;

22.

fordert Island auf, sich für seine Beteiligung an der EU-Politik für die Landwirtschaft und die Entwicklung des ländlichen Raums vorzubereiten und insbesondere die notwendigen Anstrengungen zur Schaffung der erforderlichen Verwaltungsstrukturen für die Umsetzung dieser Politik bis zum Tag des Beitritts zu verstärken; betont gleichwohl die Besonderheit des isländischen Ökosystems und fordert die Kommission und die isländischen Staatsorgane auf, eine beiderseitig zufriedenstellende Einigung zu finden, die den einzigartigen Charakter der isländischen Umwelt berücksichtigt;

23.

fordert Island und die EU angesichts der gegenwärtigen Überarbeitung der Gemeinsamen Fischereipolitik und der möglichen Änderung des Besitzstands vor dem Beitritt Islands auf, mit Blick auf eine beiderseitig zufriedenstellende Lösung hinsichtlich der nachhaltigen Bewirtschaftung und Ausbeutung der Fischbestände bei diesem Verhandlungskapitel einen konstruktiven Ansatz zu verfolgen;

24.

nimmt die guten Ergebnisse Islands bei der nachhaltigen und auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhenden Bewirtschaftung seiner Fischbestände zur Kenntnis;

25.

fordert die isländischen Staatsorgane auf, ihre Rechtsvorschriften dem Besitzstand im Bereich des Binnenmarkts in Bezug auf das Niederlassungsrecht, die Dienstleistungsfreiheit sowie den freien Kapitalverkehr in den Bereichen Fischerei und Fischverarbeitung anzupassen;

26.

fordert Island auf, die konstruktiven Gespräche mit der EU und Norwegen weiterzuführen, die auf eine Lösung des Makrelenstreits abzielen, welche auf realistischen Vorschlägen beruht, die die Zukunft des Bestands sichern, Arbeitsplätze in der pelagischen Fischerei schützen und erhalten sowie eine langfristige und nachhaltige Fischerei gewährleisten;

27.

stellt fest, dass Island einen wertvollen Beitrag zur Politik der EU leisten kann, da es Erfahrungen in den Bereichen erneuerbare Energien, insbesondere bei der Nutzung von Erdwärme, Umweltschutz und Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels hat;

28.

stellt jedoch fest, dass weiterhin grundsätzliche Divergenzen zwischen der EU und Island bestehen, was die Bewirtschaftung der Tier- und Pflanzenwelt des Meeres und insbesondere den Walfang betrifft; weist darauf hin, dass das Walfangverbot ein Teil des Besitzstands der EU ist, und fordert eine breitere Diskussion zur Frage der Einstellung des Walfangs und des Handels mit Walprodukten;

29.

stellt fest, dass Island ein Staat ohne Militär ist und keine Waffen produziert; begrüßt, dass Island zivile GSVP-Missionen weiterhin unterstützt und sich den Erklärungen und Beschlüssen im Bereich der GASP anschließt;

30.

begrüßt die Tradition der isländischen Außenpolitik, die im Völkerrecht, in den Menschenrechten, in der Gleichstellung der Geschlechter und in der Entwicklungszusammenarbeit verwurzelt ist sowie den Ansatz der isländischen Sicherheitspolitik, der auf zivilen Werten basiert;

Regionale Zusammenarbeit

31.

vertritt die Auffassung, dass der Beitritt Islands zur EU die Aussichten der Union verbessern würde, eine aktivere und konstruktivere Rolle in Nordeuropa und der Arktis zu spielen und damit einen Beitrag zur multilateralen Verwaltung und zu nachhaltigen politischen Lösungen in dieser Region zu leisten; erachtet die Mitwirkung Islands im Nordischen Rat, in der EU-Politik der Nördlichen Dimension, im Rat für den europäisch-arktischen Bereich der Barentssee und im Arktischen Rat, der das wichtigste multilaterale Forum der Zusammenarbeit in der Arktis ist, als positiv; vertritt die Auffassung, dass Islands Beitritt zur EU die europäische Präsenz im Arktischen Rat weiter festigen würde;

32.

betont die Notwendigkeit einer effektiveren und koordinierten Arktispolitik der Europäischen Union und ist der Auffassung, dass der Beitritt Islands zur EU die nordatlantische Dimension der externen Politikbereiche der Union verstärken würde;

Öffentliche Meinung und Unterstützung der Erweiterung

33.

ermutigt die politisch Verantwortlichen Islands, die öffentliche Diskussion über den EU-Beitritt auszuweiten und dabei zu berücksichtigen, dass ein starkes Engagement notwendig ist, damit die Verhandlungen erfolgreich verlaufen; beglückwünscht Island zur Einrichtung der Internetseite eu.mfa.is und begrüßt die zunehmenden und ausgewogeneren Diskussionen in den isländischen Medien zu den Vor- und Nachteilen der Mitgliedschaft in der EU;

34.

fordert die Kommission auf, materielle und technische Unterstützung zu gewähren, falls sie von den politisch Verantwortlichen Islands darum gebeten wird, um diesen dabei zu helfen, die Transparenz und die Rechenschaftspflicht im Zusammenhang mit dem Beitrittsprozess zu verbessern und zur Organisation einer tiefgreifenden und intensiven landesweiten Informationskampagne über die Auswirkungen der Mitgliedschaft in der EU beizutragen, die auf klaren, korrekten und faktenbasierten Informationen beruht, damit die isländischen Bürger in dem künftigen Referendum über den Beitritt eine sachkundige Entscheidung treffen können;

35.

hofft, dass jenseits von unterschiedlichen politischen Ansichten eine informierte öffentliche Meinung auch das Engagement der politisch Verantwortlichen Islands in Bezug auf die Mitgliedschaft in der EU positiv beeinflussen kann;

36.

vertritt die Auffassung, dass es von herausragender Bedeutung ist, die Bürger der EU klar, umfassend und auf Fakten gestützt über die Folgen des Beitritts Islands zu informieren; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, diesbezügliche Anstrengungen zu unternehmen; betrachtet es als ebenso wichtig, auf die Belange und Fragen der Bürger einzugehen und ihren Ansichten und Interessen Rechnung zu tragen;

*

* *

37.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Präsidenten des Alþingi und der Regierung Islands zu übermitteln.


(1)  ABl. C 285E vom 21.10.2010, S. 47.

(2)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0278.


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/94


Donnerstag, 7. April 2011
Fortschrittsbericht 2010 über die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien

P7_TA(2011)0151

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zu dem Fortschrittsbericht 2010 über die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien

2012/C 296 E/14

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Beschluss des Europäischen Rates vom 16. Dezember 2005, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien den Status eines Kandidatenlandes für die Mitgliedschaft in der Europäischen Union zu gewähren, sowie unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes im Anschluss an die Tagungen des Europäischen Rates vom 15. und 16. Juni 2006 sowie vom 14. und 15. Dezember 2006,

unter Hinweis auf die Resolutionen 845 (1993) und 817 (1993) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen und auf das 1995 zwischen der Hellenischen Republik und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien abgeschlossene Interimabkommen,

in Kenntnis des Fortschrittsberichts 2010 der Kommission über die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien (SEK(2010)1332) und der Mitteilung der Kommission vom 9. November 2010 mit dem Titel „Erweiterungsstrategie und wichtigste Herausforderungen 2010–2011“ (KOM(2010)0660),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. Februar 2010 zu dem Fortschrittsbericht über die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien 2009 (1),

unter Hinweis auf die Empfehlungen des Gemischten Parlamentarischen Ausschusses EU-ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien vom 30. November 2010,

unter Hinweis auf den Beschluss 2008/212/EG des Rates vom 18. Februar 2008 über die Grundsätze, Prioritäten und Bedingungen der Beitrittspartnerschaft mit der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien (2),

in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ und des Rates „Allgemeine Angelegenheiten“ vom 13. und 14. Dezember 2010,

gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass der Prozess der Erweiterung der EU ein starker Motor für Frieden, Stabilität und Aussöhnung in der Region ist,

B.

in der Erwägung, dass der Europäische Rat im Jahr 2005 der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien den Kandidatenstatus zuerkannte, aber seither trotz der beträchtlichen Fortschritte, die dieses Land auf seinem Weg in die EU erzielt hat, kein Datum für den Beginn der Beitrittsverhandlungen festgelegt hat; in der Erwägung, dass bilaterale Angelegenheiten kein Hindernis darstellen und nicht als Hindernis im Beitrittsprozess genutzt werden sollten, auch wenn sie vor Beginn der Mitgliedschaft beigelegt werden sollten; in der Erwägung, dass die Fortsetzung des Beitrittsprozesses zur Stabilität der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien beitragen und den interethnischen Dialog weiter stärken würde,

C.

in der Erwägung, dass die Intensivierung des wirtschaftlichen Dialogs und der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit den Beitrittsländern die EU in die Lage versetzt, sich gemeinsam auf die Überwindung der Wirtschaftskrise zu konzentrieren, und zur globalen Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union beiträgt,

D.

in der Erwägung, dass in der Erweiterungsstrategie 2010 die Reform der öffentlichen Verwaltung und der Justiz sowie die Bekämpfung der organisierten Kriminalität und der Korruption wie auch der Dialog zwischen den politischen Akteuren als Prioritäten hervorgehoben werden,

E.

in der Erwägung, dass die EU umfassende Prüfungsverfahren durchführt, die gewährleisten, dass neue Mitgliedstaaten nur dann aufgenommen werden, wenn sie alle Voraussetzungen erfüllen, und nur mit der aktiven Zustimmung der Organe der EU und der Mitgliedstaaten der EU,

F.

in der Erwägung, dass die Meinungsfreiheit und die Unabhängigkeit der Medien in den meisten Beitrittsländern nach wie vor Anlass zu Besorgnis geben,

Politische Entwicklungen

1.

teilt die Einschätzung im Fortschrittsbericht 2010 der Kommission über die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien und bedauert, dass der Rat keinen Beschluss über die Eröffnung der Beitrittsverhandlungen gefasst hat, wie dies von der Kommission im zweiten Jahr in Folge und in Übereinstimmung mit früheren Entschließungen des Parlaments empfohlen wurde; weist auf seine frühere Empfehlung an den Rat hin, die Verhandlungen unverzüglich einzuleiten;

2.

nimmt die jüngsten politischen Entwicklungen zur Kenntnis, die zu vorgezogenen Wahlen führen werden; fordert alle politischen Parteien auf, eine aktive und konstruktive Rolle bei der Vorbereitung der Wahlen zu spielen; betont, dass freie und faire Wahlen, die auf der Grundlage uneingeschränkter Transparenz und im Einklang mit internationalen Standards durchgeführt werden, ein wichtiges Element einer gefestigten Demokratie sind; fordert alle politischen Parteien auf, sich aktiv an den Wahlen zu beteiligen; ist besorgt über die derzeitige politische Lage und ruft alle politisch Verantwortlichen auf, auf der Grundlage demokratischer Institutionen einen Konsens anzustreben;

3.

weist darauf hin, dass bilaterale Fragen von den betroffenen Parteien im Geiste gutnachbarschaftlicher Beziehungen und unter Berücksichtigung der Interessen der EU insgesamt zu lösen sind; fordert alle maßgebenden Akteure und betroffenen Parteien auf, ihre Bemühungen zu verstärken und Verantwortung und Entschlossenheit zur Lösung aller ausstehenden Fragen zu zeigen, die nicht nur den Beitrittsprozess des Kandidatenlandes und die eigene Politik der EU in der Region behindern, sondern auch Auswirkungen auf die interethnischen Beziehungen, die regionale Stabilität und die Wirtschaftsentwicklung haben könnten;

4.

gratuliert dem Land zum zehnten Jahrestag des Rahmenabkommens von Ohrid, das der Eckpfeiler der interethnischen Beziehungen im Lande ist, und fordert die Regierung und alle staatlichen Einrichtungen auf, diesen historischen Jahrestag zur weiteren Förderung guter interethnischer Zusammenarbeit zu nutzen; ist jedoch besorgt über die wachsenden interethnischen Spannungen über die Errichtung eines Gebäudes auf dem Gelände der Festung Kale in Skopje; fordert die politische und religiöse Führung und die Medien auf, sich verantwortlich zu verhalten und Handlungen zu unterlassen, die die interethnischen Spannungen verstärken könnten; nimmt mit Besorgnis die Gefahr eines wachsenden Isolationismus des Landes zur Kenntnis, der sich in Ermangelung einer konkreten EU-Perspektive ersatzweise entwickeln könnte;

5.

fordert die Regierung auf, einen umfassenden Dialog zwischen den ethnischen Gemeinschaften zu fördern; die Empfindlichkeiten aller Gemeinschaften und Minderheiten in ihren Entscheidungen wie etwa dem Stadtentwicklungsplan „Skopje 2014“ gebührend zu berücksichtigen sowie Maßnahmen und Initiativen zur Stärkung der nationalen Identität auf Kosten anderer Gemeinschaften zu vermeiden; weist auf die Notwendigkeit des wirksamen Funktionierens des Parlamentsausschusses für interethnische Beziehungen bei der Integration der Minderheiten in die Gesetzgebungsverfahren hin und betont, dass zusätzliche Anstrengungen erforderlich sind, um den Dezentralisierungsprozess weiter voranzutreiben, wie er im Rahmenabkommen von Ohrid vorgesehen ist;

6.

bedauert, dass die Vermittlungsbemühungen der Vereinten Nationen bei der Lösung des Namensstreits keine konkreten Ergebnisse erbracht haben;

Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte

7.

erinnert daran, dass eine gesunde politische Kultur die Grundlage der Demokratie ist; fordert die Oppositionsparteien auf, den Boykott des nationalen Parlaments zu beenden und den politischen Dialog im Rahmen der Institutionen wieder aufzunehmen; ist der Ansicht, dass es in der Verantwortung von Regierung und Opposition liegt, den direkten und offenen Dialog zu allen bestehenden Herausforderungen, denen das Land gegenübersteht, zu gewährleisten; weist darauf hin, dass die politische Instabilität den Prozess der europäischen Integration, der eine gemeinsame Priorität aller Teile der Gesellschaft des Landes sein sollte, beeinflussen könnte; begrüßt die Annahme der Änderungen der Geschäftsordnung des Parlaments, die ein stärkeres Engagement der Opposition an seiner Arbeit ermöglichen; ist jedoch über den unzureichenden Dialog zwischen der Regierung und den Oppositionsparteien und das allgemeine Klima des Misstrauens und der Konfrontation besorgt; fordert beide Seiten nachdrücklich auf, ein Klima des Vertrauens zu fördern und sich mit Nachdruck darauf zu verpflichten, die neue Geschäftsordnung des Parlaments zur Stärkung des politischen Dialogs und der konstruktiven Zusammenarbeit im Gesetzgebungsverfahren und bei der parlamentarischen Kontrolle der Regierungsarbeit zu nutzen;

8.

begrüßt den politischen Willen zur Vervollständigung der seit langem überfälligen Bekanntgabe von Namen von Agenten des früheren jugoslawischen Geheimdienstes als einen wichtigen Schritt, um mit der alten kommunistischen Ära zu brechen; nimmt jedoch die unzureichenden Fortschritte bei der vollständigen Umsetzung der einschlägigen Rechtsvorschriften zur Kenntnis; fordert die Regierung nachdrücklich auf, das Lustrationsverfahren unverzüglich abzuschließen, wobei zu vermeiden ist, dass dieses wahlweise für politische Zwecke benutzt wird, wie die eigene politische Legitimation oder die Verleumdung politischer Gegner;

9.

würdigt die ausgezeichnete Arbeit des scheidenden EU-Sonderbeauftragten/Leiters der EU-Delegation; verurteilt unangemessene Angriffe von Politikern der Regierungspartei auf EU-Vertreter und bedauert, dass die Regierung sich nicht eindeutig und öffentlich von derartigen Beleidigungen distanziert hat; betrachtet diese Vorfälle als extrem schädlich für das Ansehen des Landes;

10.

weist auf die Notwendigkeit hin, die Wahlgesetzgebung so zu verbessern, dass sie den Empfehlungen der OSZE/des BDIMR und der Venedig-Kommission in dem Bericht zu den Präsidentschafts- und Kommunalwahlen 2009 Rechnung trägt;

11.

bekräftigt, dass freie und unabhängige Medien eine notwendige Voraussetzung für die Entwicklung einer stabilen Demokratie sind; nimmt die breite Vielfalt und Mischung der öffentlichen und privaten Medienunternehmen in dem Land zur Kenntnis; ist jedoch besorgt über die Politisierung der Medien und die Einmischung in ihre Arbeit; ist besorgt über die wirtschaftliche Abhängigkeit und Konzentration politischer Macht in den Medien, die häufig mangelnde redaktionelle Unabhängigkeit und niedrige journalistische Standards zur Folge haben; ist besorgt über die erhebliche Verschlechterung der Medienfreiheit im Land, wie das deutliche Zurückfallen (vom 34. auf den 68. Platz) in der Rangliste der Pressefreiheit 2010 der Reporter ohne Grenzen zeigt; nimmt zur Kenntnis, dass das Innenministerium auf seiner Homepage einen Aufruf an die Bürger veröffentlichte, „nicht objektive“ Presseberichte anzuzeigen; fordert die Journalisten auf, hohe berufliche Standards in ihrer Arbeit einzuhalten, sich von politischer Beeinflussung zu distanzieren und Berufsverbände für Journalisten zu gründen; fordert gleichzeitig die verantwortlichen Staatsorgane nachdrücklich auf, die Unabhängigkeit und Freiheit der Medien zu stärken, indem für alle gleiche Standards gelten und die Transparenz ihrer Eigentumsverhältnisse verbessert wird;

12.

begrüßt die zahlreichen Rechtsvorschriften, die für die Justizreform erlassen wurden, und fordert weitere intensive Anstrengungen zur Reform der Justiz, um deren Professionalität, Effizienz und Unabhängigkeit von politischem Druck zu gewährleisten; betont daher, dass der bestehende rechtliche Rahmen schnell und wirksam umgesetzt werden muss; ist besorgt über die fortbestehende Rolle des Justizministeriums im Justizrat und über die Kritik der Regierung und der Abgeordneten am Verfassungsgericht, die das Risiko der politischen Einflussnahme auf die Justiz in sich birgt; stellt jedoch mit Genugtuung fest, dass trotz dieser Meinungsverschiedenheiten alle Gerichtsurteile umgesetzt wurden; begrüßt die Anstrengungen zur Verbesserung der Effektivität und Transparenz des Gerichtssystems, insbesondere beim Abbau von unerledigten Rechtssachen in den meisten Gerichten; begrüßt außerdem das Inkrafttreten des Gesetzes über die Prozesskostenhilfe;

13.

begrüßt die fortgesetzten Anstrengungen bei der Bekämpfung der Korruption, die unter anderem durch die Umsetzung der zweiten Runde der von der GRECO-Gruppe des Europarats ausgesprochenen Empfehlungen und das Inkrafttreten der Änderungen des Strafgesetzbuches deutlich werden; fordert die Staatsorgane auf, die Rechtsvorschriften zur Korruptionsbekämpfung weiter umzusetzen und die Unabhängigkeit, Effizienz und Mittelausstattung der Justiz zu verbessern; erinnert jedoch daran, dass die Korruption weiterhin weit verbreitet ist, und fordert weitere erhebliche Anstrengungen, um sie auszumerzen; betont die Dringlichkeit der wirksamen und unparteiischen Durchsetzung der Antikorruptionsvorschriften, insbesondere zur Finanzierung der politischen Parteien und zu Interessenskonflikten; weist darauf hin, wie wichtig es ist, dass das Gerichtssystem ohne politische Einmischung funktioniert; begrüßt die Anstrengungen, die Effizienz und Transparenz des Gerichtssystems zu verbessern; betont die Notwendigkeit, eine Vollstreckungsbilanz zu Strafverfolgung und Verurteilungen aufzubauen, anhand derer Fortschritte gemessen werden können; fordert die Vereinheitlichung der Rechtsprechung, um ein vorhersehbares Justizsystem und das Vertrauen der Öffentlichkeit zu gewährleisten;

14.

fordert die Kommission auf, mit ihrem nächsten Fortschrittsbericht eine Bewertung darüber vorzulegen, wie sich die Zuweisung von EU-Mitteln auf die Reformierung der Justiz und die Korruptionsbekämpfung ausgewirkt hat und welche Ergebnisse erzielt wurden; fordert die Kommission auf, dem Rat und dem Parlament eine ausführlichere Bewertung der Effizienz der von der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien ergriffenen Maßnahmen zur Bekämpfung von Korruption und Betrug im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens zu erarbeiten und sie zusammen mit dem nächsten Fortschrittsbericht vorzulegen;

15.

erkennt die Anstrengungen zur Reformierung der öffentlichen Verwaltung an, fordert jedoch weitere Bemühungen in diesem Bereich, der weiterhin politisiert ist und dem es an Kapazitäten und Professionalität mangelt; begrüßt, dass die Regierung eine nationale Strategie für die Reform der öffentlichen Verwaltung angenommen hat und dass der Unterausschuss des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens für die Reform der öffentlichen Verwaltung eingerichtet wurde; ist besorgt wegen des nicht transparent und ad hoc durchgeführten Verfahrens der Umwandlung von befristeten in unbefristete Stellen, die eine weitere Politisierung der Verwaltung mit sich bringt; fordert die Entwicklung einer klaren Personalstrategie, die die Bedürfnisse der Verwaltung im Hinblick auf Fähigkeiten und Fertigkeiten feststellt, und ihre Umsetzung durch eine leistungsorientierte Einstellungspolitik und Laufbahnentwicklung; begrüßt die verstärkte Einstellung von Personen, die einer Minderheit angehören, betont aber, dass dies auf der Grundlage einer Bedarfsanalyse in der Verwaltung erfolgen sollte, um sicherzustellen, dass die Fähigkeiten der neu eingestellten Personen den Stellenanforderungen entsprechen;

16.

begrüßt die weiteren Fortschritte im Bereich der Dezentralisierung, weist jedoch darauf hin, dass die Übertragung von Verantwortung auf untere Staatsorgane mit einer angemessenen Mittelausstattung verbunden sein sollte;

17.

begrüßt die Fortschritte bei der Reform des Gefängnissystems; ist jedoch nach wie vor tief besorgt über die erniedrigenden Bedingungen in einigen Gefängnissen, insbesondere was die Überbelegung und die unangemessene Gesundheitsversorgung anbelangt; betont die Notwendigkeit, den Grundsatz zu beachten, dass inhaftierte Personen gemäß den Grundsätzen der Vereinten Nationen angemessen zu behandeln sind;

18.

begrüßt die Verabschiedung des Gesetzes über den Bevölkerungs- und Haushaltszensus 2011; betont die Notwendigkeit einer angemessenen Vorbereitung und organisatorischen Durchführung, um einen korrekten Zensus abzuwickeln; fordert die Regierung auf, angemessene Finanzmittel für seine Organisation bereitzustellen, und betont, wie wichtig es ist, die Angelegenheit zu entpolitisieren, um einen unvoreingenommenen Zensus mit einer möglichst breiten Beteiligung zu sichern;

19.

betont, dass es äußerst wichtig ist, dafür Sorge zu tragen, dass das Bildungssystem die ethnische Integration unterstützt; begrüßt daher die Strategie der integrierten Bildung und fordert ihre schnelle Umsetzung, u. a. durch die Beendigung der Segregation nach ethnischer Zugehörigkeit und durch die Verbesserung des Lernens aller Amtssprachen in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien; fordert die Regierung auf, das Verfahren zur Anhörung der verschiedenen Gemeinschaften zu verbessern und bei der Umsetzung der Strategie eng mit den Minderheiten zusammenzuarbeiten;

20.

stellt die fehlenden Fortschritte bei der gemeinsamen feierlichen Begehung historischer Ereignisse mit benachbarten EU-Mitgliedstaaten fest, die zu einem besseren Verständnis der Geschichte und zu gutnachbarlichen Beziehungen beitragen sollte, wie im vorherigen Bericht betont wurde; fordert nachdrücklich die Einführung von Schulbüchern, die frei sind von ideologischen Interpretationen der Geschichte;

21.

ist ernsthaft über die Situation der Roma besorgt, die weiterhin katastrophalen Lebensbedingungen und Diskriminierung beim Zugang zum Arbeitsmarkt, zum Gesundheitswesen und zu Sozialdiensten ausgesetzt sind; betont besonders die schwierige Situation der Romafrauen und -mädchen, die weiterhin unter doppelter Diskriminierung – aufgrund von ethnischer Zugehörigkeit und Geschlecht – leiden; fordert die Regierung auf, sich bei der Umsetzung der Roma-Strategie und des Aktionsplans zur Roma-Dekade stärker zu engagieren; begrüßt in dieser Hinsicht die Maßnahmen der Regierung zur politischen Integration der Roma, darunter die Ernennung eines Ministers, der der Gemeinschaft der Roma angehört und der für die Belange der Gemeinschaft der Roma zuständig ist; lobt die Regierung für die Einberufung einer Sitzung zur Frage der Integration der Roma, während sie den Vorsitz des Europarates innehatte;

22.

begrüßt die Annahme des Gesetzes zur Bekämpfung von Diskriminierung als einen entscheidenden Schritt zur Bekämpfung nach wie vor weit verbreiteter diskriminierender Praktiken und fordert seine schnelle und effektive Umsetzung; bedauert jedoch, dass – im Gegensatz zur europäischen Rechtsetzung – die sexuelle Ausrichtung als Diskriminierungsgrund in dem Gesetz fehlt; fordert die zügige Anpassung nationaler Vorschriften in diesem Bereich an den Besitzstand und die Stärkung der Überwachungsmechanismen; betont, dass dies eine Voraussetzung für den Beitritt ist; ist besorgt über den Ablauf des Auswahlverfahrens für die Mitglieder des Ausschusses für den Schutz vor Diskriminierung; bedauert, dass kein Vertreter der Zivilgesellschaft in den Ausschuss berufen wurde; betont, dass weitere Anstrengungen im Hinblick auf die Rechte der Frauen unternommen werden müssen, um ihre Teilhabe am Arbeitsmarkt sowie in der politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsfindung zu verbessern und Frauen und Kinder vor häuslicher Gewalt zu schützen;

23.

fordert weitere Anstrengungen im Hinblick auf die Gleichstellung der Geschlechter und die Frauenrechte; fordert die Staatsorgane auf, das Gesetz über die Chancengleichheit von Männern und Frauen vollständig umzusetzen und eine größere Kohärenz des nationalen Aktionsplans für die Gleichstellung der Geschlechter sicherzustellen; begrüßt die Annahme der Strategie zur Bekämpfung häuslicher Gewalt; fordert, dass das System zur Unterstützung von Opfern umgesetzt wird; fordert die Regierung und Nichtregierungsorganisationen daher auf, eine stärkere Sensibilisierung für diese Fragen zu fördern;

24.

verurteilt jüngste Fälle von Einschüchterungen und direkten Angriffen auf Organisationen der Zivilgesellschaft sowie von persönlichen Verleumdungen ihrer führenden Aktivisten; begrüßt die Mechanismen für die Anhörung der Organisationen der Zivilgesellschaft, die von der Regierung eingeführt wurden, ist aber besorgt, dass es keinen systematischen und transparenten Mechanismus für die Anhörung der Zivilgesellschaft zu nationalen Entwicklungsmaßnahmen, Rechtsetzung, Programmen oder anderen strategischen Dokumenten gibt; betont die Notwendigkeit, Organisationen der Zivilgesellschaft ohne Auslese in die politischen Entscheidungsprozesse einzubinden, um eine wirksame öffentliche Diskussion anzuregen und interessierte Kreise in den Beitrittsprozess des Landes einzubeziehen; betont den wichtigen Beitrag, den die Bürgergesellschaft zur Verbesserung der regionalen Zusammenarbeit in Bezug auf soziale und politische Aspekte leistet; begrüßt die Annahme des neuen Gesetzes über Bürgervereinigungen und fordert die Behörden auf, die Vorschriften zu den gemeinnützigen Organisationen durch die Sicherstellung von Finanzierungsplänen so schnell wie möglich umzusetzen;

25.

nimmt mit Zufriedenheit zur Kenntnis, dass die IPA-Unterstützung in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien gut funktioniert; fordert sowohl seine Regierung als auch die Kommission auf, das Verwaltungsverfahren für die IPA-Mittel zu vereinfachen, damit diese für kleinere und dezentral organisierte Bürgerorganisationen, Gewerkschaften und andere Empfänger einfacher zugänglich sind;

26.

betont, dass die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien die acht wesentlichen Übereinkommen zu Arbeitnehmerrechten der Internationalen Arbeitsorganisation ratifiziert hat; ist besorgt, dass nur geringe Fortschritte im Bereich der Arbeitnehmerrechte und der Gewerkschaften erreicht wurden; fordert die Staatsorgane auf, die Rechte der Arbeitnehmer und Gewerkschaften weiter zu stärken, und fordert in diesem Zusammenhang die Regierung auf, für ausreichende administrative Kapazitäten zu sorgen, um die ordnungsgemäße Umsetzung und Durchsetzung des Arbeitsrechts zu gewährleisten; weist auf die wichtige Rolle des sozialen Dialogs hin und fordert die Regierung auf, sich ehrgeizigere Ziele zu setzen und einen allumfassenden sozialen Dialog mit den betroffenen Partnern einzurichten;

27.

betont, wie wichtig es ist, das kulturelle Erbe, das eine Säule der europäischen Werte und Grundsätze bildet, zu bewahren und zu pflegen; nimmt mit Bedauern zur Kenntnis, dass zahlreiche Friedhöfe, Freskoinschriften und Artefakte, die zum bulgarischen Kulturerbe gehören, vollständig aufgegeben und zerstört wurden;

28.

begrüßt die Fortschritte des Landes beim Übergang zu einer funktionierenden Marktwirtschaft und den breiten Konsens zu den grundlegenden Merkmalen der Wirtschaftspolitik des Landes; beglückwünscht die Regierung zur Bewahrung der makroökonomischen Stabilität trotz der negativen Auswirkungen der Weltfinanzkrise und nimmt auch die guten Aussichten für wirtschaftliches Wachstum in den kommenden Jahren zur Kenntnis;

Sozioökonomische Entwicklungen

29.

ist besorgt über die dauerhafte und sehr hohe Arbeitslosigkeit, insbesondere unter jungen Menschen, was vielen Ländern der Region gemeinsam ist; fordert die Regierung auf, wirksamere Maßnahmen zur Verbesserung der Investitionen der öffentlichen Hand im Bereich Beschäftigungspolitik und Beschäftigung der Arbeitnehmer im Rahmen von hochqualifizierten, unbefristeten und menschenwürdigen Arbeitsverhältnissen rasch umzusetzen; fordert die Kommission auf, die politisch Verantwortlichen mit verstärkter Hilfe aus dem Instrument für Heranführungshilfe (IPA) zu unterstützen;

30.

nimmt die Verbesserung des Geschäftsklimas als Folge der wirtschaftlichen Reformen im Laufe der letzten Jahre zur Kenntnis und betont, dass die Strukturreformen in dem Land fortgesetzt werden müssen; stellt gleichzeitig fest, dass die ausländischen Investitionen von einem bereits niedrigen Niveau weiter zurückgegangen sind und dass sich die Lage aufgrund der weltweiten Finanzkrise noch weiter verschlechtert hat; fordert die staatlichen Stellen, die dafür zuständig sind, ausländische Direktinvestitionen anzuziehen, auf, ihre Bemühungen um potenzielle ausländische Investoren zu verstärken;

31.

beglückwünscht die Regierung zur wirksamen und reibungslosen Umsetzung des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens mit der EU; begrüßt in diesem Zusammenhang die kürzlich getroffene Entscheidung der Regierung, die Zolltarife für über einhundert unterschiedliche Waren abzuschaffen, als einen Schritt hin zur vollständigen Liberalisierung des Handels mit der EU; hofft, dass diese Veränderungen die Wettbewerbsfähigkeit einheimischer Hersteller erhöhen werden und damit ein größeres Wirtschaftswachstum angeregt wird; hält diese Entwicklung für einen wichtigen Meilenstein, der die Bemühungen des Landes zeigt, im verstärkten Wettbewerb, dem es nach dem Beitritt zur EU ausgesetzt sein wird, zu bestehen;

32.

betont, dass die Grundsätze des verantwortlichen Regierungshandelns bei den Haushaltsausgaben durch die Verbesserung des freien Zugangs zu öffentlichen Informationen, die Anhörung von Interessengruppen im Haushaltsverfahren und die Einrichtung eines Berichtsverfahrens zur Anwendung kommen müssen, wobei die Rechenschaftspflicht für die eingesetzten Mittel vorausgesetzt wird; erinnert daran, dass nicht transparente Haushaltsausgaben zu sozialer Ausgrenzung und Konflikten führen, und stellt die Legitimität einiger nationaler Kampagnen in Frage;

33.

begrüßt die kürzliche Verabschiedung des Energiegesetzes zur Liberalisierung des Elektrizitätsmarkts des Landes, das mit den einschlägigen europäischen Richtlinien im Einklang steht;

34.

betont, wie wichtig es ist, sowohl auf Landes- als auch auf Regionalebene ein effizientes und verlässliches öffentliches Verkehrssystem (einschließlich der Eisenbahnverbindung Sofia-Skopje-Tirana) zu entwickeln; bekräftigt in diesem Zusammenhang seine Aufforderung an die Staatsorgane, in die Instandsetzung und den Ausbau des Eisenbahnnetzes zu investieren, das eine tragfähige Alternative zum Straßenverkehr bietet; bedauert die Entscheidung der Regierung, die Investitionen in die jährlichen Eisenbahninfrastrukturprogramme zu kürzen, und fordert die Kommission auf, die notwendige technische und finanzielle Unterstützung im Rahmen der Mittel des Instruments für Heranführungshilfe zu leisten;

35.

fordert die Staatsorgane der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und Bulgariens auf, die grenzüberschreitende Strecke zwischen Staro Konjarevo und Gabrene für Fußgänger und Radfahrer wieder zu öffnen, um den Abschnitt des Europa-Radwegs Eiserner Vorhang zwischen Strumica und Petric zu verbessern;

36.

begrüßt die Verabschiedung der nationalen Strategie für nachhaltige Entwicklung, fordert aber weitere Anstrengungen zur Umsetzung der entsprechenden Umweltvorschriften und die Bereitstellung angemessener Mittel; weist insbesondere auf die Herausforderungen in den Bereichen Wasserqualität, Abfallbewirtschaftung und Naturschutz hin; fordert eine engere Zusammenarbeit in grenzüberschreitenden Umweltfragen auf der Grundlage der EU-Standards; bekräftigt in diesem Zusammenhang seine Forderung nach einer wirksamen Überwachung der Wasserqualität und des Wasserstands der Grenzseen Ohrid, Prespa und Dojran sowie des Flusses Vardar/Axios; begrüßt die Initiative zur trilateralen Euro-Region Prespa-See, die die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Griechenland und Albanien umfasst; fordert die Regierung auf, die positive Erfahrung des Ohrid-Abwassersammelsystems auf die anderen Seen der Region auszuweiten; begrüßt ferner die erreichten Fortschritte beim Bau einer Abwasseraufbereitungsanlage in Gevgelia;

37.

drückt seine tiefe Besorgnis über die Bodenverschmutzung in der Stadt Veles aus, die von der Weltgesundheitsorganisation zu einem gefährlichen Wohnort erklärt wurde; fordert die Regierung auf, sich mit dieser Frage zu befassen und angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um die öffentliche Gesundheit in diesem Gebiet zu schützen; fordert die Kommission auf zu prüfen, ob das Instrument für Heranführungshilfe in diesem speziellen Fall genutzt werden kann;

Regionale Fragen

38.

beglückwünscht das Land zu seiner fortwährenden stabilisierenden Rolle in der Region; hebt seine Teilnahme an zivilen und militärischen Missionen der EU hervor, erinnert die Regierung jedoch an ihre Verpflichtung, die Gemeinsamen Standpunkte im Bereich der GASP zu beachten, insbesondere in Bezug auf restriktive Maßnahmen, vor allem was den speziellen Fall Simbabwes anbelangt;

39.

begrüßt die kürzlich von den Staatsorganen Serbiens und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien getroffene Entscheidung, für Bürger, die zwischen beiden Staaten reisen, auf die Notwendigkeit internationaler Reisepässe zu verzichten, um eine gemeinsame Kontrolle ihrer gemeinsamen Grenze zu schaffen;

40.

bedauert zutiefst die Tatsache, dass der Namensstreit mit Griechenland weiterhin den Beitritt des Landes zur EU blockiert, und erinnert an seine Empfehlung an den Rat, die Beitrittsverhandlungen sofort zu beginnen; betont, wie wichtig gutnachbarschaftliche Beziehungen und das Verständnis für die Empfindlichkeiten von Nachbarstaaten in diesem Prozess sind; fordert die betroffenen Regierungen auf, Gesten, umstrittene Handlungen und Äußerungen zu vermeiden, die negative Auswirkungen auf diese Beziehungen haben könnten; nimmt den intensivierten Dialog zwischen den beiden Ministerpräsidenten zur Kenntnis und fordert sie auf, politische Weisheit und Kompromisswillen zu zeigen und schnell eine beide Seiten zufriedenstellende Lösung zu finden;

41.

erinnert daran, dass – wie in den Schlussfolgerungen des Rates „Allgemeine Angelegenheiten“ vom 14. Dezember 2010 festgestellt wurde – die Wahrung gutnachbarlicher Beziehungen, wozu auch eine auf dem Verhandlungsweg herbeigeführte, für beide Seiten annehmbare Lösung der Namensfrage unter der Federführung der Vereinten Nationen gehört, von entscheidender Bedeutung ist;

42.

fordert die Kommission und den Rat auf, allgemein anwendbare Schiedsverfahren zu entwickeln, um bilaterale Angelegenheiten zwischen Beitrittsländern, zwischen Mitgliedstaaten und Beitrittsländern sowie zwischen Mitgliedstaaten zu lösen;

43.

stellt besorgt fest, dass in der gegenwärtigen Debatte historische Argumente bemüht werden, wozu auch das Phänomen der so genannten „Antikisierung“ zählt, was zu steigenden Spannungen mit Nachbarstaaten führen und neue interne Spaltungen hervorrufen könnte;

44.

ersucht die Hohe Vertreterin und das für Erweiterung und Europäische Nachbarschaftspolitik zuständige Mitglied der Kommission, eine Einigung in der Namensfrage zu ermöglichen und politische Handlungsempfehlungen anzubieten, wobei das laufende Verhandlungsverfahren und die Bestimmungen der Charta der Vereinten Nationen voll respektiert werden; ist der Ansicht, dass das schnellstmögliche Finden einer beiderseitig annehmbaren Lösung ein Testfall für die gemeinsame Außenpolitik nach Lissabon und für die Fähigkeit der EU ist, lang andauernde internationale Streitfragen an seinen Grenzen zu lösen;

45.

fordert den Rat und die Kommission auf, ihren Verpflichtungen in Bezug auf Drittstaaten nachzukommen und die Fortschritte und die Reformbemühungen der Staaten, die die Bedingungen der Union erfüllen, zu belohnen; stellt fest, dass andernfalls die Bereitschaft dieser Staaten zu Reformen nachlassen könnte;

46.

ist der Ansicht, dass eine weitere Verlängerung des Status quo in Bezug auf die Namensfrage und andere offene Fragen mit den Nachbarstaaten nicht nur die Stabilität des Landes und der Region, sondern auch die Glaubwürdigkeit der Erweiterungspolitik untergraben könnten; fordert daher alle betroffenen Parteien auf, guten Willen, Solidarität und Verantwortung bei der Lösung offener Fragen zu zeigen; fordert in diesem Zusammenhang die Staatsorgane des Landes auf, die Initiative der Einsetzung eines gemeinsamen Sachverständigenausschusses für Geschichte und Bildung mit Bulgarien und Griechenland voranzutreiben;

*

* *

47.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Regierung und dem Parlament der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien zu übermitteln.


(1)  ABl. C 341E vom 16.12.2010, S. 54.

(2)  ABl. L 80 vom 19.3.2008, S. 32.


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/101


Donnerstag, 7. April 2011
Lage in Côte d'Ivoire

P7_TA(2011)0152

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zur Lage in Côte d'Ivoire

2012/C 296 E/15

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zu Côte d’Ivoire und insbesondere auf die Entschließung vom 16. Dezember 2010 (1),

unter Hinweis auf die Erklärung von Bamako vom 3. November 2000 zu Demokratie, Menschenrechten und Freiheiten in der frankophonen Welt,

unter Hinweis auf die einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu Côte d'Ivoire, insbesondere die Resolutionen 1946 und 1951 (2010) sowie die Resolutionen 1967, 1968 und 1975 (2011),

in Kenntnis der von der HV/VP Baroness Catherine Ashton abgegebenen Erklärungen zur Lage in Côte d'Ivoire und insbesondere der Erklärungen vom 3., 10., 12. und 19. März sowie vom 1. April 2011,

in Kenntnis der Schlussfolgerungen zu Côte d’Ivoire, die vom Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ auf seiner 3065. Tagung am 31 Januar 2011 angenommen wurden,

unter Hinweis auf den Beschluss 2011/18/GASP des Rates und auf die Verordnung (EU) Nr. 25/2011 des Rates vom 14. Januar 2011, durch die Guthaben eingefroren und restriktive Maßnahmen gegen weitere Personen und Organisationen in Côte d’Ivoire verhängt wurden,

unter Hinweis auf den am 10. März 2011 in Addis Abeba angenommenen Beschluss des Friedens- und Sicherheitsrates der Afrikanischen Union (AU),

unter Hinweis auf die Erklärungen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu Côte d’Ivoire vom 3. und 11. März 2011,

unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der Ko-Präsidenten der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU vom 18. März 2011, in der sie die Gewalt und die Menschenrechtsverletzungen in Côte d’Ivoire verurteilen,

unter Hinweis auf die Erklärung seines Präsidenten Jerzy Buzek vom 18. März 2011, in der ein Ende jeglicher Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung in Côte d’Ivoire gefordert wird,

unter Hinweis auf die am 25. März 2011 in Abuja angenommene Entschließung der in der Kommission der Wirtschaftsgemeinschaft der westafrikanischen Staaten (ECOWAS) vertretenen Staats- und Regierungschefs zur Lage in Côte d’Ivoire,

unter Hinweis auf die Resolution des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen vom 25. März 2011 über die Einrichtung einer internationalen Untersuchungskommission zur Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen in Côte d’Ivoire seit den Präsidentschaftswahlen,

gestützt auf Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass Côte d'Ivoire im Verlauf der vergangenen vier Monate in eine tiefe politische Krise gestürzt wurde, da sich der amtierende Präsident Laurent Gbagbo weigert, die Macht dem rechtmäßigen Präsidenten Alassane Ouattara zu überlassen, obwohl dieser die Präsidentschaftswahlen vom November 2010 gewonnen hat und von der internationalen Gemeinschaft nach der Bestätigung des Wahlergebnisses durch die Vereinten Nationen als Wahlsieger anerkannt worden ist,

B.

in der Erwägung, dass alle diplomatischen Bemühungen um einen friedlichen Ausweg aus der festgefahrenen politischen Situation nach den Wahlen, einschließlich der Bemühungen der Afrikanischen Union, der ECOWAS und des südafrikanischen Staatspräsidenten, erfolglos waren,

C.

in der Erwägung, dass die Intensität der Kämpfe seit Mitte Februar sowohl in der Hauptstadt als auch im Westen des Landes zugenommen hat, wobei besorgniserregenden Berichten zufolge in zunehmendem Umfang schwere Artillerie gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt wird,

D.

in der Erwägung, dass die Republikanischen Truppen Präsident Ouattaras in den vergangenen Tagen eine Großoffensive begonnen haben, um dessen Autorität wiederherzustellen, und die Kontrolle über eine Reihe wichtiger Gebiete erlangt haben, einschließlich der politischen Hauptstadt Yamoussoukro und der Hafenstadt San Pedro, die von grundlegender Bedeutung für die Kakaoausfuhr ist, in der Erwägung, dass die Truppen Alassane Ouattaras nun in Abidjan einmarschiert sind, wodurch es zu heftigen Kämpfen mit den Truppen des ehemaligen Präsidenten gekommen ist,

E.

in der Erwägung, dass laut VN-Quellen in Côte d’Ivoire seit Dezember 2010 Hunderte von Menschen ums Leben gekommen sind; in der Erwägung, dass die tatsächliche Zahl der Opfer wahrscheinlich wesentlich höher ist, da über die Gewalt im Landesinnern nicht immer in der Presse berichtet wird,

F.

in der Erwägung, dass vorsätzliche Angriffe auf Angehörige der VN-Friedenstruppen und Einrichtungen der VN Kriegsverbrechen sind; in der Erwägung, dass die Operation der Vereinten Nationen in Côte d'Ivoire (ONUCI) fortlaufend Ziel von Drohungen und Angriffen seitens der Sicherheitskräfte des ehemaligen Präsidenten Gbagbo ist, der Brandreden hält, in denen er zu Gewalt gegenüber den VN-Truppen und Ausländern in Côte d’Ivoire aufruft; in der Erwägung, dass mehrere Angehörige der VN-Friedenstruppen schwer verwundet oder sogar getötet worden sind,

G.

in der Erwägung, dass in Côte d'Ivoire Grausamkeiten begangen wurden, einschließlich Fällen von sexueller Gewalt, von Verschleppung, von Exekutionen ohne Gerichtsurteil und von übermäßiger und wahlloser Anwendung von Gewalt gegenüber Zivilisten, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen,

H.

in der Erwägung, dass Côte d'Ivoire durch die von seiner Regierung am 18. April 2003 übersandte Erklärung gemäß Artikel 12 Absatz 3 des Römischen Statuts die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) für nach dem 19. September 2002 auf seinem Staatsgebiet verübte Verbrechen anerkannt hat; in der Erwägung, dass die Anklagebehörde des IStGH gegen Côte d'Ivoire weiterhin eine vorläufige Untersuchung führt,

I.

in der Erwägung, dass sich der Verfall der Rechtsstaatlichkeit in Côte d'Ivoire weiter fortgesetzt hat, indem die Redefreiheit, das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Medien immer stärkeren Einschränkungen unterworfen werden,

J.

in der Erwägung, dass sich die Wirtschaftslage in Côte d'Ivoire in den vergangenen vier Monaten erheblich verschlechtert hat, da Laurent Gbagbo im Banken- und im Kakaosektor widerrechtliche Verstaatlichungen durchgeführt und willkürliche Enteignungen von Geld und Privateigentum vorgenommen hat; in der Erwägung, dass der IWF kürzlich vor den schwerwiegenden negativen wirtschaftlichen Auswirkungen der gegenwärtigen Lage in Côte d'Ivoire auf die gesamte Region Westafrika gewarnt hat,

K.

in der Erwägung, dass aufgrund des im Lande herrschenden Klimas des Terrors Schätzungen zufolge eine Million Menschen vertrieben worden sind, sowohl innerhalb des Landes als auch in Nachbarländer wie Liberia, Ghana, Togo, Mali und Guinea,

L.

in der Erwägung, dass die Kommission die humanitäre Hilfe der EU für Côte d'Ivoire am 17. März 2011 verfünffacht hat,

M.

in der Erwägung, dass Laurent Gbagbo in der einstimmig angenommenen Resolution 1975 (2011) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen nachdrücklich aufgefordert wird, unverzüglich abzutreten, und ein umgehendes Ende der Gewalt gegen Zivilisten gefordert wird, während gleichzeitig gezielte finanzielle und Reisesanktionen gegen Laurent Gbagbo, seine Frau und drei seiner Mitarbeiter verhängt werden,

1.

verurteilt die Versuche des ehemaligen Präsidenten Gbagbo und seiner Anhänger, sich dem Willen des ivorischen Volkes gewaltsam entgegenzustellen; fordert Laurent Gbagbo erneut auf zurückzutreten und unverzüglich die Macht an Alassane Ouattara zu übergeben; begrüßt in diesem Zusammenhang die Verabschiedung der Resolution 1975 (2011), in der der VN-Sicherheitsrat seine schärfste Erklärung seit Beginn der Krise nach den Wahlen in Côte d'Ivoire abgegeben hat, indem er Laurent Gbagbo auffordert, unverzüglich abzutreten;

2.

bedauert, dass keine diplomatische Lösung gefunden werden konnte, auch nicht mittels der von der Afrikanischen Union unterstützten Lösungen, und dass die Krise nach den Wahlen durch Gewalt und einen bewaffneten Konflikt gekennzeichnet war;

3.

würdigt die Forderung westafrikanischer Frauen, den politischen Konflikt in Côte d'Ivoire friedlich zu lösen und die Personen, die Gewalttaten an der Bevölkerung des Landes verübt haben, vor Gericht zu bringen; bedauert, dass Frauenorganisationen, religiöse Führer und führende Personen örtlicher Gemeinwesen nur unzureichende Anstrengungen unternommen haben, um innerhalb des Landes Druck auszuüben und eine Vermittlung mit dem Ziel eines friedlichen Auswegs aus der festgefahrenen politischen Lage im Lande zu unterstützen;

4.

weist darauf hin, dass die einzige Quelle demokratischer Legitimität allgemeine Wahlen sind, und dass die Wahl Alassane Ouattaras den souveränen Willen des ivorischen Volkes widerspiegelt; fordert alle ivorischen Institutionen, einschließlich der Verteidigungs- und Sicherheitskräfte von Côte d'Ivoire (FDSCI), auf, sich unverzüglich der Autorität des demokratisch gewählten Präsidenten Ouattara und seiner Regierung zu unterwerfen;

5.

verurteilt aufs Schärfste die Ausweitung der Gewalt in Côte d'Ivoire, insbesondere den Einsatz schwerer Waffen gegen die Zivilbevölkerung, und die daraus folgenden schweren Verluste an Menschenleben; bekundet seine tief empfundene Solidarität mit allen unschuldigen Opfern von Unrecht und Gewalt in Côte d’Ivoire und mit ihren Familien; betont, dass Gewaltanwendung gegen Zivilisten, einschließlich Frauen, Kinder und über Staatsgrenzen hinweg vertriebener Personen, nicht toleriert wird und sofort beendet werden muss;

6.

verurteilt entschieden die Menschenrechtsverletzungen und die Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht, die Berichten zufolge gegenüber der Zivilbevölkerung begangen wurden, einschließlich Hinrichtungen ohne Gerichtsurteil und sexueller Gewalttaten; weist darauf hin, dass diese Taten dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zufolge Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen können; bringt zum Ausdruck, dass es jede Nutzung der Medien für die Aufstachelung zum Hass entschieden ablehnt; fordert eine Aufhebung aller Beschränkungen der Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung; verurteilt die Entführung von vier Personen, darunter zwei EU-Bürger, aus einem Hotel in einer Gegend Abidjans, die von den Truppen Laurent Gbagbos kontrolliert wird, und fordert ihre unverzügliche Freilassung;

7.

besteht darauf, dass es keinerlei Straflosigkeit geben darf und dass alle erdenklichen Anstrengungen unternommen werden müssen, um sämtliche Verantwortlichen für Verbrechen gegenüber der Zivilbevölkerung aufzuspüren und, auch auf internationaler Ebene, vor Gericht zu bringen; begrüßt in diesem Zusammenhang die Einrichtung einer Untersuchungskommission durch den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen; weist darauf hin, dass laut dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen der IStGH über seine Zuständigkeit in Zusammenhang mit der Lage in Côte d'Ivoire entscheiden wird; fordert alle Akteure in Côte d'Ivoire auf, mit diesen Einrichtungen zusammenzuarbeiten, damit der Gerechtigkeit Genüge getan werden kann; fordert die EU auf, sämtliche notwendige Unterstützung für diese Untersuchungen zur Verfügung zu stellen;

8.

verurteilt entschieden die Akte der Einschüchterung und Behinderung gegenüber der ONUCI und der EU;

9.

begrüßt die vom VN-Sicherheitsrat, der Afrikanischen Union und dem Rat der Europäischen Union verhängten zusätzlichen gezielten Sanktionen, die sich auf das Verbot der Visumerteilung und das Einfrieren von Guthaben erstrecken und gegen alle Personen und Organisationen gerichtet sind, die sich der Autorität des rechtmäßigen Präsidenten entgegenstellen, sowie die Beschlüsse der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds, die sich weigern, mit der unrechtmäßigen Regierung zusammenzuarbeiten; hebt hervor, dass diese Sanktionen in Kraft bleiben müssen, bis die Macht wieder in den Händen der rechtmäßigen Staatsorgane ist;

10.

begrüßt, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in seiner Resolution 1975 (2011) die der ONUCI erteilten Vollmachten bekräftigt, alle notwendigen Mittel anzuwenden, um ihr Mandat zum Schutz der Zivilbevölkerung zu erfüllen und dabei auch die weitere Anwendung schwerer Waffen zu verhindern, und der ONUCI seine volle Unterstützung bei solchen Maßnahmen zusichert; fordert in diesem Zusammenhang einen raschen und erheblichen Ausbau der Kapazitäten der ONUCI, um einen wirksamen Schutz der Zivilbevölkerung in Côte d'Ivoire zu gewährleisten;

11.

weist darauf hin, dass die ONUCI gemäß ihrem Mandat in Abidjan mit Unterstützung der französischen „Licorne“-Truppen und auf Ersuchen des VN-Generalsekretärs bereits Maßnahmen ergriffen hat, um den Einsatz schwerer Waffen gegen die Zivilbevölkerung zu stoppen und Zivilisten und VN-Mitarbeiter zu schützen;

12.

lobt und unterstützt die Vermittlungsbemühungen unter der Ägide der Afrikanischen Union und der ECOWAS, die eine Verhinderung von Zusammenstößen zum Ziel haben, und wiederholt seine Aufforderung an alle politischen Kräfte in Côte d'Ivoire, ihr Engagement für einen friedlichen demokratischen Übergang unter Beweis zu stellen und dementsprechend weiteres Blutvergießen zu verhindern; bringt seine Unterstützung für den Plan der Afrikanischen Union für eine umfassende friedliche Lösung der Krise zum Ausdruck und hebt hervor, dass alle afrikanischen Länder Einigkeit demonstrieren und auf abgestimmte Weise vorgehen müssen, damit der Frieden in Côte d'Ivoire wiederhergestellt werden kann;

13.

fordert Präsident Ouattara auf, Frieden und nationale Aussöhnung zu ermöglichen, und weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit keine Verjährungsfrist gibt;

14.

ist tief besorgt über die Verschlechterung der humanitären Lage in Côte d'Ivoire und den angrenzenden Ländern, insbesondere in Liberia; fordert alle Akteure in Côte d'Ivoire auf, humanitären Organisationen vor Ort sicheren und ungehinderten Zugang zu allen Landesteilen zu gewähren; begrüßt die von Kommissionsmitglied Georgieva zum Ausdruck gebrachte Zusage der EU, zur Lösung der humanitären Krise beizutragen;

15.

hebt die Notwendigkeit rascher internationaler politischer Maßnahmen hervor, um die humanitäre Lage in Côte d'Ivoire zu verbessern und eine neue Flüchtlingskrise in der Region zu verhindern; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen mit anderen internationalen Gebern abzustimmen; fordert die internationale Gemeinschaft auf, die Zusagen für humanitäre Hilfe einzuhalten, um die dringenden Bedürfnisse der Bevölkerung von Côte d'Ivoire und seinen Nachbarländern zu erfüllen;

16.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat der EU und der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem VN-Sicherheitsrat und dem VN-Generalsekretär, der der ONUCI, den Institutionen der Afrikanischen Union, der ECOWAS, der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU, den Regierungen der EU-Mitgliedstaaten und dem gewählten Präsidenten von Côte d'Ivoire, Alassane Ouattara, zu übermitteln.


(1)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0492.


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/105


Donnerstag, 7. April 2011
Überprüfung der Europäischen Nachbarschaftspolitik – Östliche Dimension

P7_TA(2011)0153

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zur Überprüfung der Europäischen Nachbarschaftspolitik – Östliche Dimension

2012/C 296 E/16

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Treffens der Außenminister vom 13. Dezember 2010 zur Östlichen Partnerschaft,

unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen vom 19. Januar 2006 zur Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) (1), vom 15. November 2007 zur Stärkung der ENP (2), vom 6. Juli 2006, zum Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument (ENPI) (3), vom 5. Juni 2008 zu dem Jahresbericht des Rates an das Europäische Parlament zu den wichtigsten Aspekten und den grundlegenden Weichenstellungen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) (4), vom 19. Februar 2009 zur Überprüfung des Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstruments (5), vom 17. Januar 2008 zu einem neuen Ansatz in der Politik für die Schwarzmeerregion (6) und vom 20. Januar 2011 zu einer EU-Strategie für den Schwarzmeerraum (7),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Mai 2010 zu der Notwendigkeit einer EU-Strategie für den Südkaukasus (8),

unter Hinweis auf die Entwicklung der ENP seit 2004 und insbesondere auf den Fortschrittsbericht der Kommission über deren Umsetzung,

unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Georgien, der Republik Moldau und zur Ukraine, sowie auf die Empfehlungen der Parlamentarischen Kooperationsausschüsse mit diesen Ländern, mit Ausnahme von Belarus,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. November 2007, Ziffer 41, in der angeregt wird, eine Parlamentarische Versammlung EU-Nachbarschaft Ost (EURO-NEST) ins Leben zu rufen,

unter Hinweis auf die gemeinsam mit Armenien, Aserbaidschan, Georgien und der Republik Moldau angenommenen Aktionspläne sowie auf die Assoziierungsagenda EU-Ukraine,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates zur ENP vom 26. Juli 2010,

unter Hinweis auf die am 7. Mai 2009 auf dem Gipfeltreffen der Östlichen Partnerschaft in Prag abgegebene Gemeinsame Erklärung,

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 12. Mai 2010 mit dem Titel: „Die Europäische Nachbarschaftspolitik – eine Bestandsaufnahme“(KOM(2010)0207),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 3. Dezember 2008 zur Östlichen Partnerschaft (KOM(2008)0823),

in Kenntnis der Mitteilungen der Kommission vom 5. Dezember 2007 für eine starke Europäische Nachbarschaftspolitik (KOM(2007)0774), vom 4. Dezember 2006 über die Stärkung der Europäischen Nachbarschaftspolitik (KOM(2006)0726), vom 12. Mai 2004 mit dem Titel: „Europäische Nachbarschaftspolitik – Strategiepapier“ (KOM(2004)0373), vom 11. März 2003 mit dem Titel: „Größeres Europa – Nachbarschaft: Ein neuer Rahmen für die Beziehungen der EU zu ihren östlichen und südlichen Nachbarn“ (KOM(2003)0104),

unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1638/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 2006 zur Festlegung allgemeiner Bestimmungen zur Schaffung eines Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstruments (9),

unter Hinweis auf den Sonderbericht Nr. 13/2010 des Europäischen Rechnungshofs mit dem Titel: „Wurde das neue Europäische Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument im südlichen Kaukasus (Armenien, Aserbaidschan und Georgien) erfolgreich auf den Weg gebracht und erzielt es Ergebnisse?“,

gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass mit dem Vertrag von Lissabon die notwendigen Voraussetzungen geschaffen wurden, damit die EU die Effizienz und die Kohärenz ihrer Beziehungen zu allen Akteuren und Partnern, insbesondere zu ihren Nachbarn, verbessern kann,

B.

in der Erwägung, dass die Union nach Artikel 8 EUV besondere Beziehungen zu den Ländern in ihrer Nachbarschaft entwickeln muss, um einen Raum des Wohlstands und der guten Nachbarschaft zu schaffen, der auf den Werten der Union aufbaut und sich durch enge, friedliche Beziehungen auf der Grundlage der Zusammenarbeit auszeichnet,

C.

in der Erwägung, dass die Europäische Nachbarschaftspolitik seit ihrer Einführung zu einer Stärkung der Beziehungen zu den Partnerländern geführt und diverse greifbare Vorteile mit sich gebracht hat; in der Erwägung, dass es nach wie vor Herausforderungen gibt, und dass die Umsetzung jetzt im Vordergrund stehen sollte, wobei es klar festgelegte Prioritäten für Maßnahmen, klare Benchmarkingverfahren und eine leistungsbezogene Differenzierung geben sollte,

D.

in der Erwägung, dass die Östliche Partnerschaft einen wichtigen politischen Rahmen zur Vertiefung der Beziehungen mit und zwischen den Partnerländern darstellt, und sich auf die Grundsätze der gemeinsamen Trägerschaft und Verantwortung sowie der Konditionalität stützt; in der Erwägung, dass verstärkte Beziehungen ein gemeinsames Engagement und einen konkreten Prozess hin zu verantwortungsvoller Regierungsführung und demokratische Standards erfordern,

E.

in der Erwägung, dass bei der Östlichen Partnerschaft die folgenden vier thematischen Plattformen im Mittelpunkt stehen: Demokratie, verantwortungsvolle Regierungsführung und Stabilität; wirtschaftliche Integration und Konvergenz mit den EU-Politiken; Umwelt, Klimawandel und Sicherheit der Energieversorgung; und zwischenmenschliche Kontakte,

F.

in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit im Rahmen der Parlamentarischen Versammlung EURONEST zu positiven Auswirkungen führen soll, indem sie als Plattform dazu dienen soll, Meinungen auszutauschen, gemeinsame Standpunkte zu den globalen Herausforderungen unserer Zeit in Bezug auf Demokratie, Politik, Wirtschaft, Sicherheit der Energieversorgung und soziale Fragen zu erarbeiten und die Beziehungen zwischen den Ländern der Region und der EU sowie unter den Ländern der östlichen Partnerschaft selbst enger zu gestalten,

G.

in der Erwägung, dass die EU einen Ansatz von der Basis aus fördern und erheblich intensivieren, ihre wirtschaftliche Unterstützung für die Bürgergesellschaften verstärken und die Pressefreiheit und Versammlungsfreiheit fördern sollte, um den Prozess der Demokratisierung zu fördern, der eine Voraussetzung für langfristige Stabilisierung ist,

H.

in der Erwägung, dass ungelöste Konflikte in den Nachbarschaftsländern der EU die nachhaltige wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Entwicklung der betroffenen Länder untergraben und ein ernstes Hindernis für die regionale Zusammenarbeit, Stabilität und Sicherheit darstellen, in der Erwägung, dass sie ebenfalls ein ernst zu nehmendes Hindernis für die Entwicklung des vollen Potenzials und der Prioritäten der ENP sind, in der Erwägung, dass diese Konflikte die Entwicklung einer echten und effektiven multilateralen Dimension der ENP untergraben; in der Erwägung, dass die Rolle, die die Bürgergesellschaft in den betroffenen Ländern spielen könnte, nach wie vor unterschätzt wird,

I.

in der Erwägung, dass die jüngsten Demonstrationen der Menschen in Belarus, Tunesien und Ägypten gegen repressive Regime deutlich das rechtmäßige Streben der dort lebenden Menschen nach Demokratie gezeigt haben,

J.

in der Erwägung, dass die Politik der EU und der Mitgliedstaaten, die undemokratischen Regime in Tunesien und Ägypten zu unterstützen und mit ihnen zusammenzuarbeiten, versagt hat und daraus eine Lehre gezogen werden sollte für die Beziehungen der EU zu Belarus, und dass die ENP der EU sich generell auf Werte gründen sollte,

K.

in der Erwägung, dass das Europäische Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument dazu beigetragen hat, die Finanzierung der Europäischen Partnerschaft zu vereinfachen; in der Erwägung, dass die Schlussfolgerungen der Strategischen Überprüfung der Europäischen Nachbarschaftspolitik ihren Niederschlag finden sollen, wenn das Nachfolge-Instrument ausgearbeitet wird, und dass dabei umfassende Konsultationen durchgeführt werden sollten,

Überprüfung der ENP – Allgemeines

1.

begrüßt die Fortschritte in den Beziehungen zwischen der EU und den Nachbarländern im Rahmen der ENP und bekräftigt die Werte, Grundsätze und Verpflichtungen, auf denen die Europäische Nachbarschaftspolitik aufgebaut ist, und die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Marktwirtschaft, nachhaltige Entwicklung und verantwortungsvolle Regierungsführung umfassen; hält die Europäische Nachbarschaftspolitik nach wie vor für einen strategisch bedeutsamen Rahmen zur Vertiefung und Stärkung der Beziehungen zu unseren engsten Partnern, um ihre politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Reformen zu unterstützen, und hält es für unbedingt notwendig, bei der Gestaltung und Umsetzung der Programme und Maßnahmen den Grundsatz der gemeinsamen Trägerschaft aufrechtzuerhalten;

2.

begrüßt die laufende Überprüfung der ENP und unterstreicht, dass dieser Prozess zu einer weiteren Verbesserung der Beziehungen der EU zu den Nachbarländern führen dürfte, und weist mit Nachdruck darauf hin, dass diese Länder zwar unterschiedliche Bestrebungen und Ziele haben mögen, jedoch dennoch das Potenzial haben, engste politische Verbündete der EU zu sein;

3.

merkt an, dass die beiden Dimensionen (Süd und Ost) der ENP als integrale Bestandteile der selben politischen Priorität wahrgenommen werden sollten; unterstreicht, dass Flexibilität notwendig ist, und dass wir bei unserer Vorgehensweise gegenüber den einzelnen Partnern stärker differenzieren und die Ausgaben zielgerichteter einsetzen sollten;

4.

weist mit Nachdruck darauf hin, dass die Strategische Überprüfung der ENP ein verstärktes politisches Engagement aller Partner widerspiegeln und die leistungsbasierte Differenzierung anhand klar definierter Benchmarks stärken sollte;

5.

legt großen Wert auf eine kontinuierliche Prüfung und Bewertung nicht nur der bisher im Rahmen der durchgeführten Programme erzielten Ergebnisse, sondern auch der Angemessenheit der im Rahmen der Partnerschaft verwendeten Mittel; ist der Ansicht, dass dieses Verfahren die Korrektur möglicher Mängel und unglücklicher Entscheidungen in Zukunft ermöglichen wird;

6.

hält es für unbedingt notwendig, anzuerkennen, dass der Vertrag von Lissabon Änderungen mit sich gebracht hat, wobei insbesondere der Vizepräsident der Kommission/Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (VP/HR) stärker in den Vordergrund tritt, ein Europäischer Auswärtiger Dienst geschaffen wurde (EAD), ein für Erweiterung und Nachbarschaftspolitik zuständiges Kommissionsmitglied ernannt wurde und das Europäische Parlament neue Befugnisse bekommen hat, was der Außenpolitik der EU eine größere Kohärenz verleihen und die Effizienz und Legitimität ihrer externen Dimension und Tätigkeit erhöhen soll; erwartet von den Mitgliedstaaten, dass sie keine bilateralen Initiativen mit den ENP-Ländern durchführen, die die Wirksamkeit der EU-Maßnahmen untergraben könnten;

7.

fordert den EAD und die EU-Delegationen weltweit auf, erheblich dazu beizutragen, zu gewährleisten, dass die Menschenrechte und die politischen Grundsätze bei der Analyse der politischen Lage in Drittländern stärker berücksichtigt werden und im Rahmen von Hilfsprojekten in mögliche „Umwandlungsmaßnahmen“ einfließen;

Europäische Nachbarschaftspolitik - Ost

8.

begrüßt, dass die Europäische Östliche Partnerschaft als politischer Rahmen zur Förderung der östlichen Dimension der Europäischen Nachbarschaftspolitik eingeführt wurde, die darauf abzielt, die Beziehungen zwischen der EU und ihren östlichen Nachbarn zu vertiefen und zu stärken, die politische Assoziierung, die wirtschaftliche Integration und die Annäherung der Rechtsvorschriften voranzutreiben und gleichzeitig die politischen und sozioökonomischen Reformen in den Partnerländern zu unterstützen; fordert den Rat, die Kommission und den Europäischen Auswärtigen Dienst auf, klare Vorgaben für die Überwachung solcher Reformen zu ersinnen, und weist dabei darauf hin, dass die Vorgaben den Besonderheiten jedes Partners Rechnung tragen sollte, einschließlich seiner spezifischen Ziele und Potenziale; fordert den Rat, die Kommission und den EAD auf, das Parlament bei der Gestaltung dieser Vorgaben einzubeziehen; weist mit Nachdruck darauf hin, dass wirtschaftliche Reformen mit politischen Reformen einhergehen müssen, und dass eine verantwortungsvolle Regierungsführung nur mit einem offenen und transparenten Beschlussfassungsverfahren möglich ist, das sich auf demokratische Institutionen gründet;

9.

hält es für außerordentlich wichtig, im Rahmen der Östlichen Partnerschaft Stabilität und multilaterale vertrauensbildende Maßnahmen zu fördern, wie dies in der auf dem Gipfeltreffen der Östlichen Partnerschaft in Prag abgegebenen Gemeinsamen Erklärung vereinbart wurde;

10.

weist mit Nachdruck darauf hin, dass eine europäische Perspektive, auch im Sinne von Artikel 49 des Vertrags über die Europäische Union, eine treibende Kraft für die Durchführung von Reformen in diesen Ländern sein und deren Bekenntnis zu gemeinsamen Werten und Grundsätzen wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Achtung der Menschenrechte und verantwortungsvoller Regierungsführung weiter stärken könnte;

11.

weist darauf hin, dass die gemeinsamen Grundwerte, einschließlich Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Unabhängigkeit der Justiz, Bekämpfung der Korruption, die Verteidigung der Medienfreiheit und die Förderung der NGO, die das Fundament bilden, auf dem die Europäische Nachbarschaftspolitik und die Europäische Östliche Partnerschaft aufgebaut wurden, die wichtigsten Bezugspunkte bleiben sollten, an denen die Leistung unserer Partnerländer gemessen werden sollte; fordert alle ENP-Partner daher auf, konkrete Schritte in diese Richtung zu unternehmen; fordert daher die Kommission und den Europäischen Auswärtigen Dienst auf, die Umsetzung der jährlichen Aktionsprogramme in diesem Bereich energischer zu betreiben;

12.

stellt fest, dass seit der Einführung der Europäischen Nachbarschaftspolitik im Jahr 2004 stark unterschiedliche Ergebnisse zu verzeichnen sind, wobei es in einigen Partnerländern positive Entwicklungen in Bezug auf die Menschenrechtslage und die Demokratie gegeben hat, in anderen Ländern, besonders in Belarus, hingegen einige negative Entwicklungen zu verzeichnen sind;

13.

stellt fest, dass Belarus jetzt das einzige östliche Partnerschaftsland ist, das nur in begrenztem Umfang an der ENP und an der bilateralen Östlichen Partnerschaft teilnimmt, und dessen weitere Teilnahme an diesen Programmen von seiner Bereitschaft abhängt, sich zu den gemeinsamen Werten und Grundprinzipien zu bekennen; ist der Auffassung, dass die jüngsten Entwicklungen in Belarus einen Affront gegen die Vorstellung der EU in Bezug auf Achtung der Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit darstellen; begrüßt die Schlussfolgerungen des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ zu Belarus vom 31. Januar 2011; fordert die EU auf, alle erforderlichen Schritte zu unternehmen, um diese Schlussfolgerungen uneingeschränkt umzusetzen, unter anderem indem sie versucht, die normalen Bürger in Belarus für die Idee der Reform zu begeistern, indem der Verwaltungsaufwand und die Kosten im Zusammenhang mit der Gewährung von Schengen-Visa reduziert und die zwischenmenschlichen Kontakte erleichtert werden; fordert die Mitgliedstaaten in diesem Zusammenhang auf, bei der Ausstellung von Schengen-Visa im Rahmen des EU-Visakodex größtmögliche Flexibilität walten zu lassen; fordert die Kommission und andere Geldgeber eindringlich auf, die Entwicklung demokratisch ausgerichteter politischer Parteien in Belarus und die Gründung größerer NGO und Organisationen der Bürgergesellschaft sowie Gemeinschafts- und Bürgerinitiativen in der Region Belarus zu unterstützen;

14.

weist mit Nachdruck darauf hin, dass der Rechtsrahmen für die Wahlen sowie die Durchführung der Wahlen in einigen Ländern nicht den internationalen Standards entsprachen; hält es für äußerst wichtig, dass Wahlen frei und fair und in Übereinstimmung mit den internationalen Standards und Zusagen durchgeführt werden;

15.

weist mit Nachdruck darauf hin, dass die Bekämpfung der Korruption, insbesondere im Justizapparat und bei der Polizei, für die EU bei der Entwicklung ihrer Beziehungen zu den östlichen Partnern an erster Stelle stehen sollte, und dass dies sich innerhalb des umfassenden Rahmens für den Aufbau von Institutionen widerspiegeln sollte; hält es ebenfalls für außerordentlich wichtig, energischer gegen die internationalen Netze des organisierten Verbrechens vorzugehen und fordert eine engere polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit mit den EU-Agenturen;

16.

hält es für außerordentlich wichtig, die bilateralen Beziehungen zu den östlichen Partnerländern um eine multilaterale Dimension zu ergänzen, indem die Zahl der Aktivitäten und Initiativen im Rahmen der thematischen Plattformen erhöht wird, die Stärkung grenzübergreifender Projekte, der Ausbau der Programme zur Förderung zwischenmenschlicher Kontakte, die Entwicklung von Anreizen zur Förderung der regionalen Zusammenarbeit stärker in den Vordergrund gerückt werden und der aktive Dialog mit der Bürgergesellschaft weiter verbessert wird, um die erforderliche Einrichtung von offenen, nichtstaatlichen Institutionen zu fördern und den sozialen Zusammenhalt zu stärken; stellt jedoch fest, dass die bilaterale Dimension weiterhin im Vordergrund steht, und fordert eine klarere und rigorosere Differenzierung und Konditionalität, wobei Ziele und Zusagen auch umzusetzen sind und auf echte Fortschritte konkrete Schritte hin zur Integration in die Europäische Union folgen; ist fest davon überzeugt, dass stärkere Kontakte zu den leistungsfähigsten Partnern sich positiv auf die anderen auswirken werden und eine Verbesserung der multilateralen Zusammenarbeit bewirken könnten;

17.

fordert den Europäischen Rat und die Kommission mit Nachdruck auf, zu gewährleisten, dass das Angebot an die Länder der Östlichen Partnerschaft betreffend die Liberalisierung der Visumbestimmungen in Bezug auf Zeitplan und Inhalt mindestens genau so großzügig, wenn nicht gar noch großzügiger ist als das, was den angrenzenden Ländern vorgeschlagen wurde, damit keine Anreize geschaffen werden, um Bürgern der östlichen Partnerschaftsländer einen Auslandspass auszustellen, was, wie in Georgien, in der Ukraine und in Moldau, zu einer Destabilisierung in diesen Ländern führen könnte, was wiederum der Sicherheit und den Interessen der EU abträglich wäre;

18.

hält es für außerordentlich wichtig, die regionale Zusammenarbeit im Schwarzmeerraum weiter zu fördern und die Politik der EU für die Schwarzmeerregion zu verbessern, insbesondere indem eine eigene EU-Strategie für den Schwarzmeerraum eingeführt und gewährleistet wird, dass die zur effektiven Umsetzung dieser Strategie erforderlichen finanziellen und personellen Ressourcen bereitgestellt werden; hebt die Komplementarität zwischen der Schwarzmeerpolitik der EU und der Östlichen Partnerschaft hervor und fordert die Kommission und den EAD ebenfalls auf, die unterschiedlichen Ansätze der beiden Initiativen positiv zu nutzen und auf allen Ebenen zu klären, wie diese beträchtliche Komplementarität genutzt werden kann;

19.

fordert die Länder in der Region auf, enger untereinander zu kooperieren und in einen verstärkten und anhaltenden Dialog auf allen wichtigen Ebenen einzutreten, in Bereichen wie Freiheit, Sicherheit und Recht, und insbesondere bei Grenzschutz, Migration und Asyl, Bekämpfung der organisierten Kriminalität, Menschenhandel, illegale Einwanderung, Terrorismus, Geldwäsche und Drogenhandel sowie im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit; weist darauf hin, dass gute nachbarschaftliche Beziehungen eine der wichtigsten Voraussetzungen für alle ENP-Länder sind, um auf dem Weg zur Mitgliedschaft in der EU Fortschritte zu erzielen;

20.

weist mit Nachdruck darauf hin, dass es in vielen Ländern nach wie vor ernsthafte Probleme gibt, was die freie Meinungsäußerung betrifft, besonders in den Medien, sowie in Bezug auf die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, und dass der Raum, der Akteuren der Gesellschaft und den Menschenrechten zur Verfügung steht, nach wie vor unverhältnismäßig stark eingeschränkt ist;

21.

begrüßt die aktive Rolle der Organisationen der Bürgergesellschaft bei der Förderung der Werte, auf die die Europäische Nachbarschaftspolitik sich stützt, insbesondere Menschenrechte, Medienfreiheit und Demokratisierung; weist mit Nachdruck darauf hin, dass diese Rolle zusammen mit ihrer Einbeziehung bei der Durchführung und Überwachung von Projekten im Rahmen des Instruments der Europäischen Nachbarschaftspolitik und der Aktionspläne der Europäischen Nachbarschaftspolitik weiter unterstützt werden müssen, indem sie finanzielle und institutionelle Unterstützung erhalten; begrüßt die aktive Einbeziehung der Organisationen der Bürgergesellschaft, insbesondere aus den Partnerländern, am Forum der Bürgergesellschaft; fordert das Forum der Bürgergesellschaft auf, sich in die offiziellen Plattform-Sitzungen und thematischen Arbeitsgruppen der Östlichen Partnerschaft einzubringen;

22.

hält es für notwendig, eine gründliche Bewertung der Glaubwürdigkeit aller an diesem Prozess beteiligten Organisationen der Bürgergesellschaft vorzunehmen, um die Legitimität und Effizienz unserer Aktionen zu gewährleisten;

23.

hält die Rolle der lokalen Behörden bei der demokratischen Entwicklung unserer Partnerländer für äußerst wichtig und fordert die Kommission eindringlich auf, diese Behörden aktiv zu unterstützen, um die Demokratie und die Governance vor Ort zu stärken; fördert den Ausbau der Partnerschaftsprogramme zwischen den lokalen Behörden der EU und der Partnerländer sowie die Gründung einer Lokalen und Regionalen Versammlung der Länder Osteuropas und des Südkaukasus;

24.

weist nachdrücklich darauf hin, wie wichtig die Gewerkschaften und der soziale Dialog als Teil der demokratischen Entwicklung der östlichen Partnerländer sind; unterstreicht, dass die Gewerkschaftsrechte begrenzt sind und fordert die östlichen Partnerschaftsländer auf, die Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechte weiter zu stärken; empfiehlt, dass der soziale Dialog intensiver geführt und die Konsultation der Sozialpartner verstärkt wird;

25.

hält die freie Meinungsäußerung sowie freie und unabhängige Medien, auch im Internet, für die Entwicklung einer Demokratie und als Mittel zur Förderung des Austausches und der Kommunikation zwischen den Gesellschaften in der Region untereinander und zwischen ihnen und der EU für außerordentlich wichtig; ermuntert die EU, Belsat, Radyo Racyja und Europäisches Radio für Belarus weiter finanziell zu unterstützen und die Schaffung und Konsolidierung anderer Medienunternehmen zu unterstützen, auch durch finanzielle Beiträge, unter anderem als eine Möglichkeit, direkte Kommunikationswege zwischen den Gesellschaften zu fördern; hält es für dringend notwendig, den kontrollierten staatlichen Medien, zum Beispiel in Belarus, die Unterstützung zu entziehen;

26.

bekräftigt seine Auffassung, dass Assoziationsabkommen ein wichtiges Instrument zur Unterstützung von Reformen sind und konkrete Bedingungen, Zeitpläne und Leistungsvorgaben enthalten und regelmäßig überprüft werden sollten, um die bilateralen Beziehungen zur EU auf ganzheitliche Art zu vertiefen und Kohärenz zwischen allen Komponenten solcher Abkommen zu gewährleisten, d.h. den politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen Komponenten und bei den Menschenrechten; weist mit Nachdruck darauf hin, dass die Programme zum Aufbau von Institutionen so schnell wie möglich eingeleitet werden müssen; weist mit Nachdruck darauf hin, dass die EU diese Länder eingedenk des Anspruchs der Assoziationsabkommen und ihrer wesentlichen Bedeutung für die Zukunft der östlichen Partnerschaft technisch und finanziell unterstützen sollte, damit sie in der Lage sind, die eingegangenen Zusagen, die mit der Umsetzung einhergehen, auch einzuhalten; erinnert die Kommission an ihre Verantwortung, das Parlament und die zuständigen Berichterstatter angemessen über die Verhandlungsmandate für die Assoziierungsabkommen sowie über die laufenden Verhandlungen zu informieren;

27.

begrüßt die Arbeit der Hochrangigen Beratergruppe der EU für Armenien und die Einsetzung einer solchen Gruppe in Moldau; fordert die Vizepräsidentin/Hohe Vertreterin und die Kommission auf, zu prüfen, ob auch anderen östlichen Partnern eine solche Unterstützung angeboten werden kann;

28.

ist der Auffassung, dass eine engere wirtschaftliche Integration ein wirksames Instrument sein kann, um den gesellschaftlichen und politischen Wandel voranzutreiben; weist mit Nachdruck darauf hin, dass die Einrichtung der weit reichenden und umfassenden Freihandelszonen mit der EU nur erfolgen darf, sobald die notwendigen Bedingungen erfüllt sind; weist mit Nachdruck darauf hin, dass diese für die Partnerländer nach wie vor als wesentlichen Anreiz für die östliche Partnerschaft und als wichtige Antriebsfeder für Reformen gelten, vorausgesetzt, die sozialen und umweltspezifischen Auswirkungen werden rechtzeitig und in vollem Umfang bewertet; erkennt an, dass das Konzept der weit reichenden und umfassenden Freihandelszonen wiederum an die sich verändernden Umstände der jeweiligen östlichen Partnerschaftsländer angepasst werden sollte;

29.

hält eine zunehmende bilaterale und multilaterale Zusammenarbeit zwischen ENP-Partnern für sehr wichtig, da dies den Bürgern spürbare Vorteile bescheren und das politische Klima in der Region verbessern und zur wirtschaftlichen Entwicklung der Partnerländer beitragen würde; spricht sich daher für die Schaffung von Freihandelszonen zwischen den Partnerländern aus;

30.

nimmt die zunehmende wirtschaftliche Präsenz Chinas in der Östlichen Partnerschaft zur Kenntnis;

31.

hält es für unbedingt notwendig, die Mobilität der Bürger zu unterstützen, die zwischenmenschlichen Kontakte aufrechtzuerhalten und die Migrationsströme zu steuern, insbesondere im Rahmen von Visumerleichterungen und Rückübernahmeabkommen, damit das Ziel der vollständigen Visumbefreiung erreicht werden kann, vorausgesetzt, alle einschlägigen Bedingungen werden erfüllt; fordert die EU auf, in eigener Initiative und rasch entsprechende Verhandlungen aufzunehmen und gleichzeitig eine bessere Umsetzung der Abkommen über Visumerleichterung zu gewährleisten; empfiehlt, dass bilaterale Abkommen Bestimmungen über eine Aktualisierung der nationalen Zuwanderungsgesetze in den ENP-Ländern beinhalten; fordert nachdrücklich, dass die Umsetzung solcher Abkommen und Maßnahmen, insbesondere in Bezug auf die Gewährung von Asyl, voll und ganz den internationalen Verpflichtungen und Zusagen sowie den EU-Standards entspricht, besonders was die Menschenrechte betrifft;

32.

weist erneut mit Nachdruck darauf hin, dass die Visa-Liberalisierung als starker Anreiz zur Förderung der Demokratisierung und der Menschenrechtsreformen in den Partnerländern genutzt werden kann, sowie als Mittel, im Rahmen der ENP konkrete Maßnahmen für eine politische Assoziierung mit der und eine wirtschaftliche Integration in die EU auszuarbeiten;

33.

schlägt vor, dass die Kommission jährlich einen Bericht zur Bewertung der europäischen Rückübernahmeabkommen veröffentlicht;

34.

hält eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen den ENP-Ländern und FRONTEX für notwendig;

35.

fordert die Kommission mit Nachdruck auf, der Mobilität von Studierenden, Akademikern, Wissenschaftlern und Geschäftsleuten besondere Aufmerksamkeit zu widmen, indem sie gewährleistet, dass ausreichende Mittel bereitgestellt werden und indem sie die bestehenden Stipendienprogramme stärkt und ausweitet; hält es in diesem Zusammenhang für außerordentlich wichtig, innerhalb der Östlichen Partnerschaft neue Projekte zu entwickeln, bei denen eine besser strukturierte Zusammenarbeit im Bereich der höheren Bildung und der Forschung im Vordergrund steht und der Austausch zwischen Universitäten sowie öffentlich-private Partnerschaften im Bereich der Forschung gefördert werden; begrüßt die Einführung von Mobilitätspartnerschaften mit Moldau und Georgien und spricht sich für den Abschluss solcher Partnerschaften mit anderen östlichen Partnern als Teil der Globalstrategie der EU im Bereich der Migration aus; ist in diesem Zusammenhang der Ansicht, dass der im Rahmen des Schengener Visakodexes vorhandene Spielraum besser genutzt und angewendet werden sollte, um die Mobilität dieser Personenkategorien zu erleichtern;

36.

bekräftigt seine umfassende Unterstützung des von der Kommission finanzierten Projekts, Hochschulabsolventen aus ENP- und EU-Staaten Stipendien für das Europa-Kolleg zu gewähren; ist der Auffassung, dass künftige europäische und aus den Nachbarländern stammende Gesprächspartner, d.h. Mitarbeiter für Stellen im Zusammenhang mit dem Bereich EU-ENP, auf diese Weise umfassend vorbereitet werden können und sich in beruflicher Hinsicht mit Geist und Buchstaben der Politikbereiche, Rechtsvorschriften und Institutionen der EU vertraut machen können;

37.

weist angesichts der zunehmenden wechselseitigen Abhängigkeit mit Nachdruck auf die Bedeutung der sektoralen Zusammenarbeit hin, insbesondere in Bereichen wie Sicherheit der Energieversorgung, Umwelt und Klimawandel, Bildung, Informationstechnologie, Forschung, Verkehr, soziale Entwicklung und Integration, Beschäftigungspolitik und Maßnahmen zur Schaffung von Arbeitsplätzen, Zusammenarbeit bei der Gesundheitsfürsorge; weist mit Nachdruck darauf hin, dass eine verbesserte sektorale Zusammenarbeit Synergien zwischen den internen Politikbereichen der EU und der Europäischen Nachbarschaftspolitik fördern dürfte; vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass mehr Partnerländer dazu aufgefordert werden sollten, mit der EU Protokolle über die Teilnahme an Gemeinschaftsprogrammen und -einrichtungen abzuschließen; begrüßt in diesem Zusammenhang den Beitritt der Republik Moldau und der Ukraine zur Energiegemeinschaft;

38.

hält es für notwendig, die Zusammenarbeit im Bereich der Energie, die Energieeffizienz und die Förderung der erneuerbaren Energien zu intensivieren, die wichtige Ziele bei der Zusammenarbeit mit den östlichen Partnern der ENP darstellen werden; unterstreicht die strategische Bedeutung des Nabucco-Projekts und seiner raschen Umsetzung sowie der Flüssigerdgasleitungsnetze im Rahmen des AGRI-Projekts;

39.

hält es für unbedingt notwendig, für die Zusammenarbeit mit der Nachbarschaft EU-Mittel in angemessener Höhe bereitzustellen, und bekräftigt die Bedeutung des Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstruments als Finanzierungsinstrument der Europäischen Nachbarschaftspolitik, das weiter entwickelt werden sollte, damit es flexibler auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Nachbarländer und -regionen reagieren kann, die direkte Verbindung zwischen den Zielen der ENP-Politik und der ENPI-Planung sicherstellen und den leistungsbezogenen Charakter der künftigen ENP widerspiegeln kann; hält es jedoch für unbedingt notwendig, mehr Flexibilität zu gewährleisten und besser auf Krisen zu reagieren sowie vor allem für die Bürgergesellschaft und vor Ort eine gezieltere Unterstützung sicherzustellen, die an den Wurzeln ansetzt, und sicherzustellen, dass der Staat sich nicht ungerechtfertigterweise in die finanzielle Unterstützung einmischt; hält es für außerordentlich wichtig, die Verwaltung und die Abwicklung der einzelnen Programme im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik zu überwachen, und ist der Ansicht, dass ein wesentliches Kriterium für die Finanzierung der Projekte die Wertschöpfung für die Entwicklung der lokalen Wirtschaft sein muss, wobei die tatsächlichen Kosten und der wirkliche Beitrag jedes Projekts zu berücksichtigen sind; fordert die Kommission und den EAD auf, das Parlament und die Akteure der Bürgergesellschaft frühzeitig zu der bevorstehenden Ausarbeitung des Nachfolgeinstruments zu konsultieren;

40.

fordert eine Aufstockung und bessere Nutzung der Mittel im Rahmen des Instruments für Demokratie und Menschenrechte zur Stärkung der Fähigkeit der Bürgergesellschaft, die Menschenrechte und die demokratischen Reformen zu fördern, sowie im Rahmen des Instruments für nichtstaatliche Akteure, das lokale Entwicklungstätigkeiten in kleinem Umfang unterstützt, die von Organisationen der Bürgergesellschaft ungesetzt werden sollen, insbesondere in Belarus;

41.

hält es für äußerst wichtig, eine ausreichende Finanzierung aufrechtzuerhalten, und ist erfreut über die verbesserte Koordinierung der Tätigkeit der internationalen Finanzinstitute und anderen Geldgeber, zwecks Steigerung der Effizienz und Schaffung von Synergien; weist mit Nachdruck darauf hin, dass die EU auch dazu beitragen sollte, dass die Partnerländer die vorhandenen Ressourcen besser nutzen, im Wege einer verstärkten Konzentration auf die praktische Zusammenarbeit, damit die Einrichtungen dieser Länder die Reformen und Zusagen, die sich aus den diversen Abkommen mit der EU ergeben, besser umsetzen können; weist darauf hin, dass der direkte Zusammenhang zwischen Leistung und finanzieller Unterstützung (d.h. Fazilität ‚Verantwortliche Regierungsführung’ im Rahmen des ENPI) verstärkt werden muss, besonders in den Bereichen Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit;

42.

ist der Auffassung, dass die finanzielle Förderung als sinnvolle Option erörtert werden könnte, die in Zukunft einen echten Anreiz bieten könnte; ist jedoch der Auffassung, dass diese Unterstützung auf dem Grundsatz der Differenzierung gründen und an Bedingungen geknüpft werden sollte, wozu unter anderem das Bekenntnis der Empfängerländer zu gemeinsamen Werten und Grundsätzen, eine effektive Planung ihrer Haushalte und Kontrollverfahren, ein niedriger Korruptionsgrad und die Fähigkeit gehören, eine solche Unterstützung auf transparente und effiziente Weise in Anspruch zu nehmen und Rechenschaft über die Verwendung dieser Mittel abzulegen;

43.

hält eine beträchtliche Aufstockung der Obergrenze der Rubrik 4 im Rahmen des Gesamthaushalts für notwendig, besonders für das Instrument der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENPI), da es in den letzten Jahren zwar einige Fortschritte gegeben hat, indem versucht wurde, die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und den Partnerländern zu verbessern und die schrittweise wirtschaftliche Integration gefördert wurde, angesichts neuer Herausforderungen und neu entstehender Bereiche für eine Zusammenarbeit noch mehr unternommen werden muss;

44.

fordert die Kommission auf, die finanzielle Unterstützung aufzustocken, jedoch nicht zu Lasten der Finanzierung der Union für das Mittelmeer und die Östliche Komponente der Europäischen Nachbarschaftspolitik, damit die Ziele erreicht werden können und eine effektive Umsetzung der Östlichen Partnerschaft gewährleistet werden kann;

45.

weist darauf hin, dass Geld zwar eine Hebelwirkung für ENP-Länder haben kann, es allerdings nicht ausreicht, um eine nachhaltige und dauerhafte Entwicklung zu gewährleisten; fordert deshalb die ENP-Länder auf, ihre heimischen Ressourcen zu stärken und zu mobilisieren, die Privatwirtschaft, die Gebietskörperschaften und die Bürgergesellschaft aktiv an der Agenda für die ENP zu beteiligen und sich die Projekte im Rahmen der ENP stärker zu eigen zu machen;

46.

stellt fest, dass die Stärkung der Dimension ‚Jugend’ der Östlichen Partnerschaft eine wichtige Investition in die Zukunft der Beziehungen zwischen der EU und den östlichen Nachbarn ist, die ein großes Potenzial für die kommenden Jahre in sich birgt, sowie in die Demokratisierung dieser Partnerländer und in die Angleichung ihrer Rechtsvorschriften an europäische Standards; bekräftigt, dass die Kommission die zusätzliche 1 000 000 Million Euro, die dem ENPI aus dem EU-Haushalt für 2011 zugeteilt wurde, zur Stärkung der Dimension ‚Jugend’ der Östlichen Partnerschaft aufwenden sollte, die wie folgt aufzuteilen ist:

a)

kleine Zuschüsse, die im Rahmen von Aufforderungen der Kommission oder einer EU-Delegation an die Jugendorganisationen der europäischen Länder und der Östlichen Partnerschaftsländer zur Einreichung von Vorschlägen für gemeinsame Projekte gewährt werden sollen;

b)

Stipendien für Studierende aus den Östlichen ENP-Ländern;

47.

begrüßt das Ergebnis der Geberkonferenz für Belarus vom 2. Februar 2011, auf der ein Betrag in Höhe von etwa 87 Millionen Euro zusammenkam, der zur Unterstützung von Menschenrechtsvertretern sowie zur Stärkung der Gewerkschaften, der Forschungszentren und der Studentenorganisationen verwendet werden soll;

48.

stellt fest, dass sich die EU sich mit der Schaffung der EUBAM in Moldau und der EUMM in Georgien verstärkt für Sicherheitsfragen in der östlichen Nachbarschaft einsetzt; fordert die Hohe Vertreterin/Vizepräsidentin und den EAD auf, sich stärker für die Lösung langwieriger Konflikte in Transnistrien und im Südkaukasus einzusetzen und sich dabei auf die Grundsätze des Völkerrechts, insbesondere die Nichtanwendung von Gewalt, Selbstbestimmung und territoriale Integrität zu stützen, indem sie stärker politische Positionen beziehen, sich aktiver und entschlossener an ständigen sowie an Ad hoc-Konfliktlösungsstrukturen beteiligen, auch bei bereits vorhandenen Verhandlungsstrukturen, zum Beispiel im Rahmen der OSZE;

49.

fordert die Vizepräsidentin/Hohe Vertreterin und den EAD auf, mehr vertrauensbildende Maßnahmen und Programme zu entwickeln, z.B. neue Missionen und Strategien zur Förderung der Kommunikation mit den Menschen und Prüfung pragmatischer Initiativen und innovativer Vorgehensweisen, zum Beispiel informelle Kontakte zu der Zivilbevölkerung der abtrünnigen Gebiete, wobei die EU-Politik der Nichtanerkennung jedoch beizubehalten ist, um die zivile Kultur und den gemeinschaftlichen Dialog zu unterstützen; hält es für außerordentlich wichtig, die Grundsätze der gutnachbarlichen Beziehungen und den Ausbau der regionalen Zusammenarbeit im Rahmen der ENP, der Östlichen Partnerschaft und durch Aushandlung von Assoziationsabkommen zu stärken; vertritt die Auffassung, dass den Sonderbeauftragten der EU nach wie vor eine wichtige Rolle zufällt, insbesondere dort, wo ihr Mandat eine regionale Dimension beinhaltet, zum Beispiel im Südkaukasus; hält es für notwendig, mehr und bessere Maßnahmen durchzusetzen, um die langwierigen Konflikte in der Region zu lösen, die der multilateralen Dimension abträglich sind;

50.

weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Tatsache, dass es bei der Beilegung der ungelösten Konflikte im Südkaukasus keinerlei Fortschritte gegeben hat, die Entwicklung jeglicher Art von Zusammenarbeit in der Region beeinträchtigt hat, mit Ausnahme des Regionalen Umweltzentrums, und die ENP somit geschwächt hat; hält es für außerordentlich wichtig, Bereiche der Zusammenarbeit zu ermitteln, in die die drei Länder eingebunden werden sollen, unter besonderer Berücksichtigung des Dialogs zwischen den Bürgergesellschaften, den Jugendorganisationen und den unabhängigen Medien sowie der wirtschaftlichen Verflechtung, und fordert den EAD auf, alle Anstrengungen zu unternehmen, um auch die Russische Föderation und die Türkei in diese Initiative einzubeziehen;

51.

ist der Auffassung, dass die Ernennung von Sonderbeauftragten der Europäischen Union sinnvoll sein kann, insbesondere im Fall Transnistrien und im Südkaukasus, weil auf diese Weise die Arbeitsbelastung der EU-Delegationen in diesen Ländern reduziert und die Beteiligung der EU an international ausgehandelten Lösungen langwieriger Konflikte verbessert werden kann; ist ausdrücklich der Auffassung, dass die Tätigkeit der Sonderbeauftragten der Europäischen Union von der VP/HV koordiniert werden sollte;

52.

ist besorgt darüber, dass Zwangsvertriebenen (Flüchtlinge und Binnenvertriebene) als Folge der bewaffneten Konflikte in den Gebieten der Partnerländer nach wie vor ihre Rechte verwehrt werden, auch das Recht auf Rückkehr, das Recht auf Eigentum und das Recht auf persönliche Sicherheit; fordert alle Parteien auf, diese Rechte, die Notwendigkeit ihrer raschen Inanspruchnahme und einer baldigen Lösung dieses Problems unter Einhaltung der Grundsätze des Völkerrechts unmissverständlich und bedingungslos anzuerkennen; fordert die Kommission und die EU-Mitgliedstaaten in diesem Zusammenhang auf, die Unterstützung und die finanzielle Hilfe für die östlichen Partnerländer, die sich mit dieser Situation befassen, fortzuführen und aufzustocken, insbesondere durch Unterstützung bei der Renovierung und beim Bau der notwendigen Gebäude und Straßen, der Infrastruktur für Wasser- und Energieversorgung, von Krankenhäusern und Schulen;

Rolle des Europäischen Parlaments

53.

hält es für außerordentlich wichtig, dass das Europäische Parlament die politische Diskussion fördert, und ist der Auffassung, dass ihm bei der Stärkung der Freiheit und der Demokratie in den nachbarlichen Partnerländern eine wichtige Rolle zufällt, auch im Rahmen der parlamentarischen Wahlbeobachtungsmissionen; bekräftigt sein Engagement, seine Tätigkeit mit Hilfe der einzelnen parlamentarischen Organe noch kohärenter zu gestalten, seine Beziehungen zur Bürgergesellschaft zu stärken und die Effizienz seiner Organe zu erhöhen, unter anderem durch einen besseren Einsatz seiner Delegationen in interparlamentarischen Gremien;

54.

bekräftigt, dass es die Parlamentarische Versammlung EURONEST uneingeschränkt unterstützt, und unterstreicht die Bedeutung dieses Gremiums für die Stärkung der Demokratie und der demokratischen Institutionen sowie für die Stärkung der parlamentarischen Dimension der Partnerschaft; ist der Auffassung, dass die Versammlung einen nützlichen Beitrag zur Umsetzung der gestärkten ENP leisten und für alle Beteiligten, die an der Stärkung der Zusammenarbeit, der Solidarität und des gegenseitigen Vertrauens interessiert sind, einen Mehrwert darstellen wird; merkt an, dass die Parlamentarier aus Belarus sich gerne der Parlamentarischen Versammlung EURONEST anschließen können, aber nur, wenn das belarussische Parlament demokratisch gewählt und als solches von der Europäischen Union anerkannt wurde;

55.

weist mit Nachdruck darauf hin, dass dem Europäischen Parlament in allen Phasen und Bereichen der Entwicklung der Europäischen Nachbarschaftspolitik eine wichtige Rolle zukommt, sowohl bei der Festlegung der strategischen Entscheidungen als auch bei der Kontrolle der Umsetzung der ENP, und bekräftigt seine Zusage, das Recht der parlamentarischen Kontrolle bei der Umsetzung der ENP nach wie vor wahrzunehmen, auch im Wege regelmäßiger Debatten mit der Kommission über die Anwendung des Instruments der Europäischen Nachbarschaftspolitik; bedauert allerdings den eingeschränkten Zugang zu Dokumenten und die unzureichende Konsultation bei der Ausarbeitung der einschlägigen Planungsdokumente; fordert, dass dem Parlament Zugang gewährt wird zu den Verhandlungsmandaten für alle internationalen Abkommen, die derzeit mit den Partnerländern ausgehandelt werden, im Einklang mit Artikel 218 Absatz 10 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, wonach das Parlament in allen Phasen des Verfahrens unverzüglich und umfassend zu unterrichten ist;

56.

begrüßt den Beschluss des Rates, in der zweiten Hälfte des Jahres 2011 ein zweites Gipfeltreffen der Östlichen Partnerschaft abzuhalten; fordert die EU-Mitgliedstaaten in diesem Zusammenhang auf, diese Gelegenheit zu nutzen, um eine Bestandsaufnahme der bisher erzielten Fortschritte zu erstellen und strategische Leitlinien für die Östliche Partnerschaft weiter zu überprüfen, damit in Zukunft weiterhin substanzielle Ergebnisse vorgelegt werden können;

*

* *

57.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD), dem Ausschuss der Regionen, den Regierungen und den nationalen Parlamenten der ENP-Staaten, der OSZE und dem Europarat zu übermitteln.


(1)  ABl. C 287 E vom 24.11.2006, S. 312.

(2)  ABl. C 282 E vom 6.11.2008, S. 443.

(3)  ABl. C 303 E vom 13.12.2006, S. 760.

(4)  ABl. C 285 E vom 26.11.2009, S. 11.

(5)  ABl. C 76 E vom 25.3.2010, S. 83.

(6)  ABl. C 41 E vom 19.2.2009, S. 64.

(7)  Angenommene Texte, P7_TA(2011)0025.

(8)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0193.

(9)  ABl. L 310 vom 9.11.2006, S. 1.


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/114


Donnerstag, 7. April 2011
Überprüfung der Europäischen Nachbarschaftspolitik – südliche Dimension

P7_TA(2011)0154

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zur Überprüfung der Europäischen Nachbarschaftspolitik – südliche Dimension

2012/C 296 E/17

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Entwicklung der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) seit 2004 und insbesondere auf den Fortschrittsbericht der Kommission über deren Umsetzung,

unter Hinweis auf die gemeinsam mit Ägypten, Israel, Jordanien, Libanon, Marokko, der Palästinensischen Behörde und Tunesien angenommenen Aktionspläne,

in Kenntnis der Mitteilungen der Kommission vom 11. März 2003 mit dem Titel „Größeres Europa - Nachbarschaft: Ein neuer Rahmen für die Beziehungen der EU zu ihren östlichen und südlichen Nachbarn“ (KOM(2003)0104), vom 12. Mai 2004 mit dem Titel „Europäische Nachbarschaftspolitik – Strategiepapier“ (KOM(2004)0373), vom 4. Dezember 2006 über die Stärkung der Europäischen Nachbarschaftspolitik (KOM(2006)0726), vom 5. Dezember 2007 mit dem Titel „Für eine starke Europäische Nachbarschaftspolitik“ (KOM(2007)0774) und vom 12. Mai 2010 mit dem Titel „Die Europäische Nachbarschaftspolitik – eine Bestandsaufnahme“ (KOM(2010)0207),

unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Kommission und der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 8. März 2011 mit dem Titel „Eine Partnerschaft mit dem südlichen Mittelmeerraum für Demokratie und gemeinsamen Wohlstand“ (KOM(2011)0200),

in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ vom 26. Juli 2010 zur Europäischen Nachbarschaftspolitik,

unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen vom 19. Januar 2006 zur Europäischen Nachbarschaftspolitik (1), vom 6. Juli 2006 zum Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument (2), vom 15. November 2007 zur Stärkung der Europäischen Nachbarschaftspolitik (3), vom 19. Februar 2009 zum Thema „Der Barcelona-Prozess: Union für den Mittelmeerraum“ (4), vom 19. Februar 2009 zu der Überprüfung des Instruments der Europäischen Nachbarschaftspolitik (5), vom 20. Mai 2010 zur Union für den Mittelmeerraum (6) und vom 9. September 2010 zum Zustand des Jordan unter besonderer Berücksichtigung des Gebiets an seinem Unterlauf (7),

unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 3. Februar 2011 zur Lage in Tunesien (8), vom 17. Februar 2011 zur Lage in Ägypten (9) und vom 10. März 2011 zu den südlichen Nachbarländern der EU, insbesondere zu Libyen, einschließlich humanitärer Aspekte (10),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der Tagung des Assoziationsrates EU-Marokko vom 13. Oktober 2008, mit denen Marokko der fortgeschrittene Status gewährt wird,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der Tagung des Assoziationsrates EU-Jordanien vom 26. Oktober 2010, mit denen Jordanien der fortgeschrittene Status gewährt wird,

unter Hinweis darauf, dass der Europäische Rat auf seiner Tagung vom 13. und 14. März 2008 in Brüssel der Initiative „Barcelona-Prozess: Union für den Mittelmeerraum“ zugestimmt hat,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. Mai 2008 mit dem Titel: „Barcelona-Prozess: Union für den Mittelmeerraum“ (KOM(2008)0319,

unter Hinweis auf die Abschlusserklärung des Treffens der Außenminister der Union für den Mittelmeerraum, das am 3. und 4. November 2008 in Marseille stattgefunden hat,

unter Hinweis auf die Erklärung des Pariser Mittelmeergipfels vom 13. Juli 2008,

unter Hinweis auf die auf der Europa-Mittelmeer-Konferenz der Außenminister vom 27. und 28. November 1995 angenommene Erklärung von Barcelona, durch die eine Europa-Mittelmeer-Partnerschaft begründet wurde,

unter Hinweis auf die Erklärungen des Präsidiums der Parlamentarischen Versammlung der Union für den Mittelmeerraum (PV-UfM), die auf deren Treffen in Paris (12. Juli 2008), Kairo (20. November 2009), Rabat (22. Januar 2010), Palermo (18. Juni 2010) und Rom (12. November 2010) abgegeben wurden,

unter Hinweis auf die am 13. Oktober 2008 in Amman angenommene und dem Ersten Treffen der Außenminister der Initiative „Barcelona-Prozesses: Union für den Mittelmeerraum“ übermittelte Empfehlung der Parlamentarischen Versammlung Europa-Mittelmeer (PVEM),

unter Hinweis auf die Empfehlungen der Ausschüsse der PV-UfM, die auf der sechsten Plenartagung vom 13. und 14. März 2010 in Amman angenommen wurden,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der konstituierenden Sitzung der Versammlung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften Europa-Mittelmeer (ARLEM) vom 21. Januar 2010 in Barcelona,

unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1638/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 2006 zur Festlegung allgemeiner Bestimmungen zur Schaffung eines Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstruments (ENPI) (11),

unter Hinweis auf seine Empfehlung an den Rat vom 13. Dezember 2010 zu den Verhandlungen über das Rahmenabkommen EU-Libyen,

gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass die Achtung und Förderung von Demokratie und Menschenrechten, und insbesondere der Rechte von Frauen, die Rechtsstaatlichkeit, die Stärkung der Sicherheit, demokratische Stabilität, Wohlstand, die gerechte Verteilung des Einkommens, des Vermögens und der Chancen in der Gesellschaft und daher die Bekämpfung der Korruption und die Förderung verantwortungsvoller Staatsführung zu den Gründungsprinzipien und Zielen der Europäischen Union gehören und gemeinsame, mit den ENP-Partnerländern geteilte Werte darstellen und Hauptziele der ENP werden müssen,

B.

in der Erwägung, dass bei der Überprüfung der ENP die Demonstrationen für Freiheit, Demokratie und Reformen in mehreren Ländern in der südlichen Nachbarschaft der EU berücksichtigt werden sollten, da diese den starken Wunsch der Bevölkerung nach echter Demokratie und besseren Lebensbedingungen in der Region aufgezeigt haben,

C.

in der Erwägung, dass sich die Unruhen, die hauptsächlich durch die ungleiche Verteilung von Wohlstand und Wirtschaftswachstum sowie durch einen Mangel an Freiheiten bedingt sind und in denen die allgemeine Unzufriedenheit der Bevölkerung mit den herrschenden Regimen zum Ausdruck kommt, in der gesamten Region ausgeweitet haben,

D.

in der Erwägung, dass die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise die in den Partnerländern bereits bestehenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen verstärkt haben, insbesondere im Zusammenhang mit dem Problem der Arbeitslosigkeit und dem Anstieg der Preise, die zu den Aufständen in der Region geführt haben,

E.

in der Erwägung, dass es die Ereignisse in Tunesien, Ägypten, Libyen, Syrien, Algerien, Marokko, Jordanien und anderen Ländern, in denen der Ruf nach demokratischen Reformen laut wird, erforderlich machen, dass die EU die ENP in geeigneter Weise abändert, um den Prozess der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Reformen wirksam zu unterstützen; gleichzeitig unter Hinweis darauf, dass es den Einsatz von Gewalt zur Unterdrückung friedlicher Demonstrationen einhellig verurteilt,

F.

in der Erwägung, dass sich die ENP seit ihrer Einführung im Jahr 2004 als unwirksam im Hinblick auf die Erreichung ihrer Ziele in den Bereichen Menschenrechte und Demokratie erwiesen hat sowie als unfähig, die notwendigen politischen, sozialen und institutionellen Reformen herbeizuführen; in der Erwägung, dass die EU bei ihren Beziehungen mit der Region den Dialog mit den Zivilgesellschaften und den demokratischen Kräften in den Ländern des südlichen Mittelmeerraums vernachlässigt hat; in der Erwägung, dass es nach wie vor Unzulänglichkeiten und Herausforderungen gibt und die Umsetzung jetzt im Vordergrund stehen und dabei versucht werden sollte, mit wirklich repräsentativen Partnern der Zivilgesellschaft und kritischen Institutionen, die für den Aufbau der Demokratie von entscheidender Bedeutung sind, tätig zu werden, wobei es klar festgelegte Prioritäten für Maßnahmen, klare Benchmarks sowie eine Differenzierung auf der Grundlage der Leistung geben sollte,

G.

in der Erwägung, dass es erhebliche wirtschaftliche, soziale und demografische Ungleichheiten zwischen den europäischen Staaten und den Staaten der südlichen Dimension der ENP gibt, für die im gemeinsamen Interesse aller Partner eine Lösung gefunden werden muss,

H.

in der Erwägung, dass die EU ihre strategischen Ziele und Prioritäten bei ihren Partnerschaften mit den östlichen und südlichen Nachbarn klarer festlegen muss und den diesbezüglichen Punkten auf ihrer politischen Agenda und bei ihrer Haushaltsplanung die ihnen angemessene Bedeutung beimessen sollte,

I.

in der Erwägung, dass die ENP ehrgeizigere und wirksamere Instrumente zur Förderung und Unterstützung politischer, wirtschaftlicher und sozialer Reformen in der Nachbarschaft der EU umfassen sollte,

J.

in der Erwägung, dass der Vertrag von Lissabon die Voraussetzungen dafür geschaffen hat, dass die EU die Wirksamkeit und Kohärenz ihrer Maßnahmen und ihrer Funktionsweise verbessert, und zwar insbesondere im Bereich der Außenbeziehungen mit der Schaffung des Amtes eines Vizepräsidenten der Kommission/Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (VP/HV) und des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD); ferner in der Erwägung, dass die VP/HV dafür Sorge tragen sollte, dass die Stimme der EU auf der internationalen Bühne Gehör findet,

K.

in der Erwägung, dass die Artikeln 3 und 21 des Vertrags über die Europäische Union näher auf die Ziele der Außenpolitik der Union eingehen und die Förderung der Menschenrechte – insbesondere die universelle Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten – in den Mittelpunkt des auswärtigen Handelns der Union stellen,

L.

in der Erwägung, dass die Union nach Artikel 8 EUV besondere Beziehungen zu den Ländern in ihrer Nachbarschaft entwickeln und dabei das Ziel verfolgen muss, einen Raum des Wohlstands und der guten Nachbarschaft zu schaffen, der auf den Werten der Union aufbaut und sich durch enge, friedliche Beziehungen auf der Grundlage der Zusammenarbeit auszeichnet,

M.

in der Erwägung, dass ungelöste Konflikte und Verletzungen der internationalen Menschenrechtsnormen ein Hemmnis für die Durchführung der ENP darstellen, da sie die wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Entwicklung sowie die regionale Zusammenarbeit, Stabilität und Sicherheit beeinträchtigen,

N.

in der Erwägung, dass in den Beziehungen der EU zu ihren südlichen Nachbarn in den letzten Jahren oftmals dem Streben nach kurzfristiger Stabilität vor den Werten der Demokratie, der sozialen Gerechtigkeit und der Menschenrechte der Vorrang gegeben wurde,

O.

in der Erwägung, dass die EU einen Bottom-up-Ansatz verfolgen sollte, und zwar durch eine stärkere Unterstützung des Aufbaus von Institutionen, der Zivilgesellschaft und des Willens zur Ingangsetzung des Demokratisierungsprozesses – insbesondere im Hinblick auf die Teilhabe von Frauen – sowie sozioökonomischer Entwicklungen, die Voraussetzungen für langfristige Stabilisierung darstellen,

P.

in der Erwägung, dass die Achtung der Menschenrechte, und insbesondere der Menschenrechte von Frauen, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit – einschließlich der Bekämpfung von Folter sowie grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung – sowie die Ablehnung der Todesstrafe grundlegende Prinzipien der EU sind,

Q.

in der Erwägung, dass die Union für den Mittelmeerraum derzeit ausgesetzt ist, insbesondere nachdem das zweite Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Union für den Mittelmeerraum sowie Treffen der Minister auf unbestimmte Zeit verschoben wurden und der Generalsekretär zurückgetreten ist; in der Erwägung, dass der regionale Kontext, in dem die Union für den Mittelmeerraum Form annimmt, durch territoriale Konflikte, politische Krisen und eine Zunahme sozialer Spannungen gekennzeichnet ist und von den Volksaufständen in Tunesien, Ägypten und anderen Ländern des Mittelmeerraums und Nahen Ostens eingeholt wurde und dass dies alles das Funktionieren der Organe der Union für den Mittelmeerraum sowie den Beginn der von den Staats- und Regierungschefs auf dem Pariser Gipfeltreffen vom Juli 2008 und von den Außenministern der Union für den Mittelmeerraum auf ihrem Treffen vom 3. und 4. November 2008 in Marseille ermittelten wichtigsten regionalen Integrationsvorhaben beeinträchtigt; ferner in der Erwägung, dass sich die Union für den Mittelmeerraum, durch die die Politik der EU in der Region gestärkt werden sollte, als nicht fähig erwies, das wachsende Misstrauen abzuschwächen und die grundlegenden Bedürfnisse der betroffenen Menschen zu erfüllen,

R.

in der Erwägung, dass die Union für den Mittelmeerraum die Gelegenheit bietet, die Komplementarität zwischen den bilateralen Politiken einerseits und den Regionalpolitiken andererseits zu stärken, um die Ziele der Zusammenarbeit Europa-Mittelmeer wirksamer zu erreichen,

S.

in der Erwägung, dass andere globale Akteure, und insbesondere die BRIC-Staaten, ihre wirtschaftliche Präsenz und ihren politischen Einfluss in der südlichen Nachbarschaft der EU weiter verstärkt haben,

T.

in der Erwägung, dass die Auswirkungen der politischen, wirtschaftlichen, sozialen und finanziellen Krise die in den südlichen ENP-Ländern bereits bestehenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen noch verstärkt haben; in der Erwägung, dass die Kosten der Reformen im Zusammenhang mit der Annäherung an den gemeinsamen Besitzstand und die Anpassung an die allmähliche Zunahme der wirtschaftlichen und sozialen Beziehungen eine zusätzliche Herausforderung in der südlichen Nachbarschaft der EU darstellen; in der Erwägung, dass diese Faktoren in einigen Ländern wesentlich zu den Unruhen und den Forderungen nach Demokratisierung und Reformen beigetragen haben,

U.

in der Erwägung, dass die Frage der Wasserbewirtschaftung und insbesondere einer gerechten Wasserverteilung, die den Bedürfnissen aller in der Region lebenden Menschen gleichermaßen Rechnung trägt, für die Nachhaltigkeit des Friedens und der Stabilität im Nahen Osten von größter Bedeutung ist,

V.

in der Erwägung, dass die demografischen Trends zeigen, dass in den kommenden zwanzig Jahren die Bevölkerungszahl in den EU-Mitgliedstaaten stagnieren, das Durchschnittsalter der Bevölkerung jedoch zunehmen wird, während in den südlichen ENP-Ländern die Bevölkerungszahl, und insbesondere der Anteil der Personen im arbeitsfähigen Alter, zunehmen wird; in der Erwägung, dass das Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen in diesen Ländern möglicherweise nicht mit der dortigen Bevölkerungszunahme Schritt halten werden, insbesondere da einige Länder bereits sehr hohe Arbeitslosenquoten, vor allem im Hinblick auf die Jugendarbeitslosigkeit, aufweisen,

W.

in der Erwägung, dass die Korruption in den südlichen ENP-Ländern nach wie vor ein ernstes Problem darstellt und in weiten Bereichen der Gesellschaft sowie in den staatlichen Institutionen vorhanden ist,

X.

in der Erwägung, dass das ENPI dazu beigetragen hat, die Finanzierung der ENP zu vereinfachen; in der Erwägung, dass bei der Ausarbeitung des Nachfolge-Instruments die jüngsten Entwicklungen in der Region – insbesondere das legitime Streben der Bevölkerung nach Demokratie – und die Schlussfolgerungen der Strategischen Überprüfung der ENP zum Tragen kommen und dabei Konsultationen mit allen Beteiligten, und insbesondere mit den Akteuren vor Ort, durchgeführt werden sollten,

Überprüfung der ENP – Allgemeines

1.

bekräftigt die Werte, Grundsätze und Verpflichtungen, auf denen die ENP aufgebaut ist, und zu denen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie die Achtung der Frauenrechte, verantwortungsvolle Staatsführung, Marktwirtschaft und eine nachhaltige Entwicklung gehören, und betont erneut, dass die ENP ein sinnvoller Rahmen zur Vertiefung und Stärkung der Beziehungen zu unseren engsten Partnern werden muss, um deren politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Reformen zu unterstützen, mit denen Demokratie, Fortschritt sowie soziale und wirtschaftliche Chancen für alle geschaffen und gefestigt werden sollen; betont, wie wichtig es ist, bei der Gestaltung und Umsetzung der ENP-Programme die Grundsätze der gemeinsamen Verantwortung und der gemeinsamen Trägerschaft aufrechtzuerhalten; ist der Auffassung, dass die ENP seit ihrer Einführung im Jahr 2004 als einheitlicher politischer Rahmen und durch ihre leistungsbezogene Differenzierung und maßgeschneiderte Unterstützung greifbare Vorteile sowohl für die ENP-Partner als auch für die EU gebracht hat;

2.

erinnert angesichts der gegenwärtigen Ereignisse im südlichen Mittelmeerraum, insbesondere in Tunesien, Ägypten, Libyen, Syrien, Algerien, Marokko, Jordanien und anderen Ländern, in denen der Ruf nach demokratischen Reformen laut wird, daran, dass es der ENP nicht gelungen ist, die Menschenrechte in Drittstaaten zu fördern und zu gewährleisten; fordert die EU mit Nachdruck auf, die Lehren aus diesen Entwicklungen zu ziehen und ihre Politik zur Förderung der Demokratie und der Menschenrechte zu überprüfen sowie einen Mechanismus einzurichten, der die Durchsetzung der Menschenrechtsklauseln in allen Abkommen mit Drittstaaten ermöglicht; weist mit Nachdruck darauf hin, dass bei der Überprüfung der ENP den Kriterien Unabhängigkeit der Justiz, Achtung der Grundfreiheiten, Pluralismus, Pressefreiheit und Bekämpfung der Korruption Vorrang eingeräumt werden muss; fordert eine bessere Koordinierung mit den anderen Politiken der Union in Bezug auf diese Drittstaaten;

3.

fordert die EU auf, den Prozess politischer und wirtschaftlicher Reformen in der Region entschieden zu unterstützen, indem sie alle verfügbaren Instrumente im Rahmen der ENP einsetzt und, wo erforderlich, neue Instrumente schafft, um den Prozess des Übergangs zur Demokratie so wirksam wie möglich zu begleiten, wobei der Achtung der Grundfreiheiten, einer verantwortungsvollen Regierungsführung, der Unabhängigkeit der Justiz und der Bekämpfung der Korruption besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte, um den Bedürfnissen und Erwartungen der Bevölkerung der südlichen Nachbarländer der EU gerecht zu werden;

4.

betont, dass die Mittel, die der ENP im Rahmen des mehrjährigen Finanzrahmens für die Zeit nach 2013 zugewiesen werden, aufgestockt werden müssen, wobei – im Lichte der jüngsten Ereignisse – der Schwerpunkt auf der südlichen Dimension der ENP liegen sollte; ist der Auffassung, dass der neue mehrjährige Finanzrahmen die besonderen Merkmale und Bedürfnisse jedes Landes berücksichtigen sollte;

5.

weist mit Nachdruck darauf hin, dass den Nachbarländern der EU ein konkretes Angebot für eine engere politische Partnerschaft und wirtschaftliche Integration vorgelegt werden muss, das sich auf den Grundsätzen der Offenheit, der gemeinsamen Trägerschaft und der Konditionalität stützt; fordert, dass dieses Angebot eigens auf die unterschiedlichen Bedürfnisse spezifischer Länder und Regionen zugeschnitten ist, damit den am weitesten fortgeschrittenen Partnern ein schnellerer Weg hin zur Anpassung an die Normen und Werte der EU angeboten werden kann;

6.

fordert, dass der Zusammenarbeit mit den Organisationen der Zivilgesellschaft mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird, da diese die wichtigsten treibenden Kräfte hinter den Volksaufständen in der Region gewesen sind;

7.

hält es für unbedingt notwendig, für die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern EU-Mittel in angemessener Höhe bereitzustellen, und bekräftigt die Bedeutung des ENPI als wichtigstes Finanzierungsinstrument der ENP, das weiter entwickelt werden sollte, damit es flexibler auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Nachbarländer und -regionen reagieren, die direkte Verbindung zwischen den Zielen der ENP-Politik und der ENPI-Planung sicherstellen und den leistungsbezogenen Charakter der künftigen ENP widerspiegeln kann; betont jedoch, dass eine gezieltere Unterstützung insbesondere der Zivilgesellschaft und der lokalen Gemeinschaften – gemäß dem Bottom-up-Ansatz – gewährleistet werden muss; unterstreicht, wie wichtig die Überwachung der Verwaltung und Durchführung der einzelnen ENPI-Programme ist;

8.

betont, dass sämtliche erforderlichen Maßnahmen ergriffen und angemessene finanzielle, personelle und technische Mittel bereitgestellt werden müssen, damit die EU gemäß Artikel 80 AEUV angemessen auf einen möglichen massiven Flüchtlingsstrom reagieren kann;

9.

weist mit Nachdruck darauf hin, dass bei der Strategischen Überprüfung der ENP die Defizite dieser Politik richtig angegangen, ein verstärktes politisches Engagement aller Partner befürwortet und gleichzeitig die leistungsbasierte Differenzierung anhand klar definierter Benchmarks gestärkt werden sollte; fordert, dass im Zuge der Überprüfung auch der Tatsache große Aufmerksamkeit geschenkt wird, dass die multilaterale Dimension dringend entwickelt werden muss, um zu einem verstärkten, ständigen und gehaltvollen politischen Dialog mit den Partnerländern zu gelangen;

10.

legt großen Wert auf eine fortlaufende Bewertung nicht nur der bisher im Rahmen der durchgeführten Programme erzielten Ergebnisse, sondern auch der Angemessenheit der im Rahmen der Partnerschaft verwendeten Mittel; ist der Ansicht, dass dieses Verfahren in Zukunft die Korrektur eventueller Mängel und falscher Entscheidungen ermöglichen wird;

11.

fordert den Rat und die Kommission auf, die ENP für die südlichen Nachbarn zu überprüfen, um so die erforderlichen Ressourcen und die nötige Unterstützung für einen wirklich demokratischen Übergang zu liefern und die Grundlage für weitreichende politische, soziale und institutionelle Reformen zu schaffen; weist mit Nachdruck darauf hin, dass bei der Überprüfung der Nachbarschaftspolitik den Kriterien im Zusammenhang mit der Unabhängigkeit der Justiz, der Achtung der Grundfreiheiten – einschließlich der Freiheit der Medien – und der Bekämpfung der Korruption Vorrang eingeräumt werden muss;

12.

anerkennt und betont den Unterschied zwischen den „europäischen Nachbarn“, also Ländern, die der EU offiziell beitreten können, wenn sie die Kopenhagener Kriterien erfüllt haben, und den „Nachbarn Europas“, also Ländern, die aufgrund ihrer geografischen Lage nicht der EU beitreten können;

13.

vertritt die Auffassung, dass es daher äußerst wichtig und dringend ist, die Strategie der EU gegenüber dem Mittelmeerraum zu überdenken und zu überarbeiten, und dass diese neue Strategie der Verstärkung des politischen Dialogs und der Unterstützung aller demokratischen und gesellschaftlichen Kräfte, einschließlich der Akteure der Zivilgesellschaft, dienen sollte; fordert den Rat auf, in diesem Zusammenhang politische Kriterien vorzugeben, die ENP-Länder erfüllen müssen, damit ihnen ein „fortgeschrittener Status“ eingeräumt wird;

14.

hält es für unbedingt notwendig, die Änderungen, die der Vertrag von Lissabon mit sich gebracht hat, zur Kenntnis zu nehmen und zu nutzen – insbesondere die verstärkte Rolle des VP/HV, die Schaffung des EAD und die neuen Befugnisse des Parlaments –, um der Außenpolitik der EU eine größere Kohärenz zu verleihen und die Effizienz und Legitimität ihrer externen Dimension und Tätigkeit zu erhöhen; ist der Auffassung, dass die EU nur dann in der Lage sein wird, eine glaubwürdige und wirksame Politik gegenüber ihren Partnern im Mittelmeerraum zu entwickeln, wenn der Rat und die Kommission die Lehren aus den vergangenen und derzeitigen Ereignissen ziehen und eine gründliche und umfassende Analyse der Defizite der aktuellen ENP durchführen können;

15.

weist nachdrücklich darauf hin, wie wichtig die Partnerschaft zwischen der EU und den südlichen Nachbarländern ist, und betont, dass diese enge Zusammenarbeit im Interesse beider Seiten liegt;

16.

ist der Auffassung, dass die EU aus den jüngsten Ereignissen in der südlichen Nachbarschaft lernen sollte und dass die ENP vor diesem Hintergrund überprüft werden sollte, wobei eine Partnerschaft mit Gesellschaften und nicht nur mit Staaten angestrebt werden sollte;

Südliche Dimension

17.

weist darauf hin, wie wichtig die Einsetzung einer Task-Force unter Einbeziehung des Europäischen Parlaments ist, und zwar als Reaktion auf die von den Akteuren des demokratischen Wandels erhobene Forderung nach Begleitung des Übergangsprozesses zur Demokratie, insbesondere was freie und demokratische Wahlen und den Institutionenaufbau einschließlich einer unabhängigen Justiz betrifft;

18.

unterstützt vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklungen in der Region nachdrücklich das legitime Streben nach Demokratie, das die Bevölkerung in mehreren Ländern der südlichen Nachbarschaft der EU zum Ausdruck gebracht hat, und fordert die Behörden in diesen Ländern auf, schnellstmöglich für einen friedlichen Übergang zu echter Demokratie zu sorgen; betont, dass die Strategische Überprüfung der ENP diese Entwicklungen umfassend berücksichtigen und widerspiegeln muss;

19.

fordert in diesem Zusammenhang eine deutliche Unterstützung der EU für den demokratischen Umbau bei den südlichen Nachbarn, und zwar in Partnerschaft mit den betroffenen Gesellschaften, indem die bestehenden Instrumente zur Unterstützung politischer, wirtschaftlicher und sozialer Reformen mobilisiert, überprüft und angepasst werden; fordert den Rat und die Kommission in diesem Zusammenhang auf, denjenigen Ländern, die aufgrund des raschen demokratischen Wandels und eines besonders starken Rückgangs der Liquidität diesbezüglichen Bedarf anmelden, kurzfristige finanzielle Übergangsmechanismen zur Unterstützung, einschließlich Darlehen, zur Verfügung zu stellen; fordert außerdem die Kommission auf, so schnell wie möglich das Nationale Richtprogramm für Tunesien und Ägypten für den Zeitraum 2011–2013 zu überprüfen, um die neuen dringenden Bedürfnisse dieser Partner im Bereich des Demokratieaufbaus zu berücksichtigen;

20.

betont, wie wichtig es ist, den politischen Dialog mit den südlichen Nachbarn der EU zu verstärken; weist erneut nachdrücklich darauf hin, dass die Stärkung der Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, eine verantwortungsvolle Regierungsführung, die Bekämpfung der Korruption und die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten wesentliche Elemente dieses Dialogs sind; betont in diesem Zusammenhang, wie wichtig es ist, dass die Gewissens-, Religions- und Gedankenfreiheit, die Freiheit der Meinungsäußerung, die Freiheit von Presse und Medien, die Vereinigungsfreiheit, die Frauenrechte und die Gleichheit von Frauen und Männern sowie der Minderheitenschutz geachtet und Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung bekämpft werden;

21.

stellt fest, dass einigen Partnerländern bereits der fortgeschrittene Status gewährt wurde bzw. mit einigen Partnerländern derzeit darüber verhandelt wird; betont, wie wichtig es ist, einen transparenteren und kohärenteren Ansatz im Hinblick auf diese Differenzierung zu verfolgen, um einen gehaltvollen Prozess zu schaffen, der die Erwartungen erfüllt, sowie eindeutige Benchmarks festzulegen, damit vermieden wird, dass hinsichtlich der Kriterien, die erfüllt werden müssen, damit der fortgeschrittene Status gewährt wird, mit zweierlei Maß gemessen wird;

22.

betont, dass die Kopenhagener Kriterien an die Bedingungen, die für die Gewährung des fortgeschrittenen Status gelten, angepasst werden müssen; fordert die Kommission auf, dafür Sorge zu tragen, dass Drittstaaten der fortgeschrittene Status gewährt wird, wenn sie diese Kriterien erfüllen;

23.

weist mit Nachdruck darauf hin, dass die Bekämpfung der Korruption, insbesondere im Justizapparat und bei der Polizei, für die EU bei der Entwicklung ihrer Beziehungen zu den südlichen Partnern an erster Stelle stehen sollte;

24.

fordert, dass es – im Einklang mit seiner neuen Rolle nach dem Vertrag von Lissabon – in allen Phasen des Prozesseskonsultiert wird, wenn es darum geht, Partnerländern den fortgeschrittenen Status zu gewähren und ENP-Aktionspläne auszuarbeiten; fordert den Rat und den EAD auf, das Parlament durch die Schaffung eines klaren Konsultationsmechanismus, der in allen Phasen der Verhandlungen angewandt werden muss, in den Entscheidungsprozess hinsichtlich der Gewährung des fortgeschrittenen Status – einschließlich was die zu erfüllenden Kriterien anbelangt – sowie in die Festlegung der in die Aktionspläne aufzunehmenden Prioritäten und Leitlinien einzubeziehen;

25.

betont, dass eine wirksame Partnerschaft zwischen der EU und ihren südlichen Nachbarn nur auf einer Synergie zwischen den miteinander verknüpften bilateralen und multilateralen Dimensionen dieser Zusammenarbeit beruhen kann, und bedauert daher, dass die ENP die Notwendigkeit der Stärkung der multilateralen Dimension nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt;

26.

zollt den Menschen in Tunesien, Ägypten und Libyen Anerkennung, die sich mutig erhoben haben, um Demokratie und Freiheit zu fordern, und ruft die EU-Organe auf, den Prozess des Übergangs zur Demokratie mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zu unterstützen;

27.

bedauert den Verlust an Menschenleben im Zuge der friedlichen Demonstrationen in Tunesien und Ägypten und fordert die Behörden auf, diese Vorfälle ordnungsgemäß zu untersuchen und die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen;

28.

ist der Ansicht, dass der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern die Ursache für die politischen Spannungen im Nahen Osten und im Mittelmeerraum insgesamt ist;

29.

fordert die VP/HV auf, sich aktiv für eine Lösung der Konflikte und vertrauensbildende Maßnahmen in der Region einzusetzen und zu gewährleisten, dass die EU eine aktive Rolle als Akteurin und nicht nur als Geldgeberin, insbesondere in Bezug auf den zentralen Nahost-Friedensprozess sowie den Westsahara-Konflikt, spielt; vertritt die Ansicht, dass die Lösung der Konflikte unerlässlich für die politische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung in der Region und für Fortschritte in Bezug auf die regionale Dimension der ENP und deren multilaterale Formen der Zusammenarbeit ist, wie sie beispielsweise in der Union für den Mittelmeerraum zum Ausdruck kommt; stellt fest, dass die ENP nur dann ein voller Erfolg werden kann, wenn eine umfassende Lösung – in Einklang mit den Vorschriften des Völkerrechts – für die verschiedenen Konflikte, und insbesondere den arabisch-israelischen Konflikt, in der südlichen Nachbarschaft der EU gefunden werden kann;

30.

ist der Ansicht, dass der interkulturelle Dialog im Mittelmeerraum von grundlegender Bedeutung für die Förderung des gegenseitigen Verständnisses, der Solidarität, der Toleranz und des Wohlergehens der Bevölkerung dieses Raums ist; erwartet, dass die Überprüfung die Entwicklung von Instrumenten zu diesem Zweck in Betracht ziehen wird;

31.

ist tief besorgt darüber, dass das zweite Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Union für den Mittelmeerraum sowie die Ministertreffen weiterhin auf unbestimmte Zeit vertagt sind, da dies ein negatives Signal an die Bevölkerung und die Institutionen in der Region aussendet; ist der Ansicht, dass der Rücktritt ihres Generalsekretärs deutlich macht, wie wichtig es ist, die Verfahren und Institutionen der Union für den Mittelmeerraum klar festzulegen; weist darauf hin, dass die politischen Spannungen und regionalen Konflikte im Mittelmeerraum nicht die konkreten Fortschritte in Richtung einer sektorbezogenen und multilateralen Zusammenarbeit behindern sollten, und dass die Union für den Mittelmeerraum durch die Verwirklichung der großen Vorhaben im Bereich der Integration und durch einen offenen politischen Dialogs dazu beitragen kann, im Geiste der Solidarität und des Friedens ein Klima des Vertrauens zu schaffen, das sich gedeihlich auf die Erreichung der gemeinsamen Ziele der Gerechtigkeit und der Sicherheit auswirkt;

32.

bedauert die unzureichenden Finanzmittel, die der Union für den Mittelmeerraum zugewiesen werden, und das sehr geringe Engagement der Mitgliedstaaten auf beiden Seiten des Mittelmeers; bedauert den undefinierten Ansatz der EU in Bezug auf die Mittelmeerpolitik und fordert die EU auf, eine langfristige strategische Vision für die Entwicklung und Stabilisierung der Region zu entwickeln; fordert mit Nachdruck, dass der Integrationsprozess Europa-Mittelmeer eine politische Priorität auf der Tagesordnung der EU werden muss;

33.

ist überzeugt, dass die Union für den Mittelmeerraum wiederbelebt werden sollte, um den neuen Entwicklungen in der Region Rechnung zu tragen; vertritt die Ansicht, dass diese neue Union für den Mittelmeerraum die gesunde wirtschaftliche, soziale und demokratische Entwicklung fördern und eine tragfähige gemeinsame Grundlage für enge Beziehungen zwischen der EU und ihren südlichen Nachbarn schaffen sollte; ist der Ansicht, dass diese neue Gemeinschaft auch neue Aussichten auf einen dauerhaften Frieden im Nahen Osten bieten würde, der in den unterschiedlichen Gesellschaften der Region verankert wäre und nicht nur vom schwankenden politischen Willen ihrer autoritären Führer abhängen würde;

34.

weist darauf hin, dass sich die Überprüfung mit der Tatsache befassen sollte, dass die Union für den Mittelmeerraum die Erwartungen nicht erfüllt hat, sowie die Herausforderungen der Zukunft analysieren und neue Mittel und Wege zur Stärkung der bilateralen Instrumente innerhalb der ENP prüfen sollte; ist in diesem Zusammenhang der Ansicht, dass umfangreichere Mittel Bereichen zugewiesen werden sollten, in denen greifbare Fortschritte erzielt werden können;

35.

ist besorgt über den Mangel an Fortschritten bei der Schaffung der Freihandelszone Europa-Mittelmeer; fordert dass gemeinsame Verhandlungen geführt werden, sobald die Voraussetzungen für weitreichende und umfassende Freihandelszonen, die die Grundlage einer Freihandelszone Europa-Mittelmeer bilden sollen, erfüllt sind, wobei den sozioökonomischen Gegebenheiten in jedem Partnerland Rechnung getragen werden muss und als Voraussetzung gilt, dass die sozialen und ökologischen Auswirkungen dieser Abkommen rechtzeitig umfassend bewertet werden; bedauert, dass die verschiedenen Akteure keine echten Fortschritte erzielt haben, um die erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen; ermutigt ferner zur Entwicklung einer verstärkten bilateralen und multilateralen Süd-Süd-Zusammenarbeit auf wirtschaftlichem Gebiet, die konkrete Vorteile für die Bürger der betroffenen Länder mit sich bringen und das politische Klima in der Region verbessern würde;

36.

unterstreicht, dass die wichtigsten spezifischen Probleme in jedem der betroffenen Länder gezielt angegangen werden müssen; betont aber erneut, dass die sozio-ökonomische Lage, insbesondere der jungen Generation, von besonderer Bedeutung für die ENP sein muss;

37.

ist der Auffassung, dass eine verstärkte subregionale Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten und ENP-Ländern mit spezifischen gemeinsamen Interessen, Werten und Anliegen eine positive Dynamik für den gesamten Mittelmeerraum auslösen könnte; ermutigt die Mitgliedstaaten zu ermitteln, welches Potenzial eine variable Geometrie als Modell der Zusammenarbeit hätte, und betont, dass die künftige ENP diesen Ansatz erleichtern und fördern sollte, insbesondere durch ihre Mittel für die regionale Finanzierung;

38.

ist der Auffassung, dass das Problem der irregulären Einwanderung im Rahmen der südlichen Nachbarschaftspolitik angegangen werden muss; ersucht den Rat und die Kommission, die Durchführung der Abkommen mit allen südlichen Nachbarländern und der bestehenden bilateralen Abkommen zwischen EU-Mitgliedstaaten und allen regionalen Akteuren im Hinblick auf den Bereich der Einwanderung und insbesondere der Rückübernahme zu überwachen;

39.

bedauert den von der EU verfolgten asymmetrischen Ansatz gegenüber ihren östlichen und südlichen Nachbarn, was die Mobilitäts- und die Visapolitik angeht; setzt sich – im Hinblick auf Mobilität – für die Erleichterung der Visaverfahren für die südlichen ENP-Länder – insbesondere für Studenten, Forscher und Geschäftsleute – und die Annahme einer Europa-Mittelmeer-Partnerschaft für Mobilität ein; betont, welche wichtige Rolle einige ENP-Länder bei der Steuerung von Migrationsströmen spielen können; unterstreicht, dass die Zusammenarbeit bei der Steuerung der Migrationsströme den Werten der EU und den internationalen rechtlichen Verpflichtung in vollem Umfang Rechnung tragen muss; betont, dass Rückübernahmeabkommen mit Partnerländern nur in Bezug auf irreguläre Einwanderer in Frage kommen sollten und daher nicht diejenigen betreffen sollten, die sich als Asylanten, Flüchtlinge oder schutzbedürftige Personen ausgeben, und weist erneut darauf hin, dass der Grundsatz der Nichtzurückweisung auf alle Personen Anwendung findet, denen die Todesstrafe, unmenschliche Behandlung oder Folter drohen; fordert eine engere Zusammenarbeit, um den Menschenhandel zu unterbinden und die Bedingungen, unter denen Wanderarbeitnehmer sowohl in der EU als auch in den südlichen ENP-Ländern leben, zu verbessern;

40.

fordert die HV/VP, den EAD und die Kommission auf, bei ihren Gesprächen mit den südlichen ENP-Ländern die politischen Prioritäten der EU – Abschaffung der Todesstrafe, Achtung der Menschenrechte, einschließlich der Menschenrechte von Frauen, Achtung der Grundfreiheiten, einschließlich der Gewissens- und Religionsfreiheit, der Vereinigungsfreiheit sowie der Freiheit der Medien, Achtung der Rechtstaatlichkeit, Unabhängigkeit der Justiz, Bekämpfung von Folter sowie grausamer und unmenschlicher Behandlung, Bekämpfung der Straffreiheit und Ratifizierung einer Reihe von Instrumenten des Völkerrechts, einschließlich des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs und des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge aus dem Jahr 1951, – ganz oben auf ihre Tagesordnung zu setzen;

41.

fordert, dass im Rahmen der Überprüfung der Abkommen mit den südlichen ENP-Ländern erneut Augenmerk auf die uneingeschränkte Achtung der Religionsfreiheit – insbesondere aller religiöser Minderheiten – in den betroffenen Ländern gelegt wird; unterstreicht, dass die Religionsfreiheit die Freiheit mit einschließt, entweder allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sowohl öffentlich wie privat, seinen Glauben durch Gottesdienst, Unterricht, Bräuche und Riten auszudrücken, und dass diese Freiheit auch das Recht umfassen muss, die Religion zu wechseln;

42.

betont, dass die vertraglichen Beziehungen der EU zu allen ENP-Ländern Bestimmungen hinsichtlich regelmäßig tagender Foren enthalten, auf denen in Form von Unterausschüssen für Menschenrechte Menschenrechtsthemen behandelt werden sollen; fordert den EAD auf, diese Bestimmungen umfassend zu nutzen und auf die bestehenden Unterausschüsse zurückzugreifen; fordert ihn ferner auf, bei allen Verhandlungen darauf zu drängen, diese Ausschüsse effizienter und ergebnisorientierter zu machen, sowie die Beteiligung von Organisationen der Zivilgesellschaft und von Menschenrechtsverteidigern sicherzustellen; empfiehlt, die informelle Arbeitsgruppe EU-Israel zu Menschenrechtsfragen im Hinblick auf ihren Status zu einem normalen Unterausschuss aufzuwerten; fordert, dass der EAD auch an einer strukturierten Zusammenarbeit zwischen der Arbeitsgruppe für Menschenrechte des Rates (COHOM) und dem Unterausschuss für Menschenrechte des Europäischen Parlaments mitwirkt;

43.

fordert die VP/HV, den EAD und die Kommission auf, sich aktiv für die Förderung und den Schutz der Freiheit der Kommunikation und des Zugangs zu Information, einschließlich des Internet, einzusetzen;

44.

fordert die VP/HV, den EAD und die Kommission auf, die Rolle der Organisationen der Zivilgesellschaft – insbesondere der Menschenrechtsorganisationen und Frauenorganisationen – bei der Politiküberwachung sowie bei der Planung und Durchführung der Hilfe zu stärken, und zwar durch eine spezifische Fazilität für den Aufbau von Kapazitäten; hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass die Übernahme von Verantwortung durch Frauen gestärkt werden muss, und ruft den EAD und die Kommission auf, die geschlechtsbezogenen Auswirkungen ihrer Projekte und Programme systematisch zu analysieren und für die Berücksichtigung der Rechte der Frauen und der Gleichstellung von Frauen und Männern bei der Überprüfung von Verfassungen, des Strafgesetzbuches, des Familienrechts und anderer zivilrechtlicher Bereiche sowie in den Menschenrechtsdialogen mit den ENP-Partnerländern einzutreten; besteht darauf, dass die VP/HV, der EAD und die Kommission die Beziehungen zwischen Drittländern und der EU nicht vertiefen sollten, wenn diese Länder Organisationen der Zivilgesellschaft nicht in ausreichender Weise in ihre Maßnahmen einbeziehen; stellt fest, dass die Organisationen der Zivilgesellschaft die treusten und mächtigsten Verbündeten der EU sind, wenn es darum geht, die demokratischen Werte, eine verantwortungsvolle Staatsführung und die Menschenrechte in Partnerländern zu fördern; fordert eine verstärkte Beteiligung der regionalen und lokalen Behörden sowie der Berufsorganisationen und Sozialpartner an der Zusammenarbeit der EU mit ihren südlichen Nachbarn; fordert den Rat und die Kommission auf, das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte in diesem Zusammenhang weiter zu stärken und wirksamer zu nutzen;

45.

betont, wie wichtig es ist, Gender Mainstreaming durchzuführen und spezifische Maßnahmen zu unterstützen, um einen wirksamen und systematischen Ansatz in Bezug auf die Gleichstellung von Frauen und Männern in den ENP-Ländern zu erreichen; fordert die Regierungen und die Zivilgesellschaft dringend auf, die soziale Integration von Frauen zu verbessern, den Analphabetismus bei Frauen zu bekämpfen und die Beschäftigung von Frauen zu fördern, um eine adäquate Vertretung von Frauen auf allen Ebenen zu gewährleisten;

46.

betont, wie wichtig – neben Maßnahmen gegen die Abwanderung qualifizierter Fachkräfte – eine strukturierte Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Hochschulbildung und Forschung ist, damit die gegenseitige Anerkennung von Abschlüssen und Bildungssystemen gefördert wird, womit insbesondere die Mobilität von Studenten, Forschern und Lehrern gesteigert werden soll; begrüßt in diesem Zusammenhang die durch das Programm TEMPUS bereitgestellte Unterstützung für die Hochschulbildung und den durch das Programm Erasmus Mundus Aktion 2 ermöglichten Austausch sowie die Gründung der Europa-Mittelmeer-Universität (EMUNI), die als ein Europa-Mittelmeer-Netzwerk von Universitäten auf beiden Seiten des Mittelmeers eingerichtet wurde;

47.

unterstreicht die wichtige Rolle, die lokale Behörden im Hinblick auf die demokratische Entwicklung unserer Partnerländer spielen, und ermuntert zum Ausbau der Partnerschaftsprogramme zwischen den lokalen Behörden der EU und denen der Partnerländer;

48.

betont die Bedeutung der Gewerkschaften und des sozialen Dialogs als Teil der demokratischen Entwicklung der südlichen Partner; ermutigt diese Länder, die Arbeits- und Gewerkschaftsrechte zu stärken; weist auf die wichtige Rolle hin, die der soziale Dialog in Bezug auf die sozioökonomischen Herausforderungen in der Region spielen kann;

49.

betont, wie wichtig es ist, Investitionen, Ausbildung, Forschung und Innovation einander anzunähern, wobei ein besonderes Augenmerk darauf gelegt werden sollte, dass die Ausbildung den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes angepasst ist, damit die sozioökonomischen Herausforderungen in der Region gemeistert werden können; fordert, dass besonderes Augenmerk auf Frauen und benachteiligte Gruppen, wie Jugendliche, gelegt wird; betont gleichzeitig, wie überaus wichtig die weitere Förderung lokaler Entwicklungsprojekte ist, um einen Beitrag zur Revitalisierung der am meisten gefährdeten Städte und Regionen zu leisten;

50.

betont, dass ein richtig funktionierendes, wirksames und sicheres multimodales Verkehrssystem eine Voraussetzung für Wirtschaftswachstum und Entwicklung darstellt und den Handel sowie die Integration zwischen der Europäischen Union und ihren südlichen Mittelmeer-Partnern fördert; fordert die Kommission auf, eine Halbzeitbewertung des regionalen Verkehrsaktionsplans (2007 - 2013) für den Mittelmeerraum vorzulegen und die Ergebnisse bei jedem künftigen Verkehrsaktionsplan zu berücksichtigen;

51.

ist der Ansicht, dass nachhaltige Entwicklung ein Querschnittskriterium bei der Überprüfung der ENP sein sollte und der Schwerpunkt dabei insbesondere auf die Verbesserung des Umweltschutzes, die Entwicklung des reichen Potenzials erneuerbarer Energiequellen in der Region und die Förderung von Maßnahmen und Projekten zugunsten einer besseren Nutzung der knappen Wasserressourcen gelegt werden sollte;

52.

fordert den Rat, die Kommission und die EU-Mitgliedstaaten erneut auf, auf einen umfassenden Plan zur Behebung der schwerwiegenden Schädigung des Jordan zu drängen und diesen zu unterstützen sowie weiterhin finanzielle und technische Unterstützung im Hinblick auf die Sanierung des Flusses – und insbesondere des Unterlaufs des Jordan – bereitzustellen, auch im Rahmen der Union für den Mittelmeerraum;

53.

verweist auf das hohe Potenzial der Zusammenarbeit auf dem Gebiet von Energie und erneuerbaren Energiequellen wie Wind, Sonne und Wellen; unterstützt die koordinierte Umsetzung des Mittelmeer-Solarplans und von Wirtschaftsinitiativen, die auf die Abdeckung des Grundbedarfs der Partnerländer ausgerichtet sein sollten, sowie die Annahme einer Europa-Mittelmeer-Strategie für Energieeffizienz; betont, wie wichtig die Förderung der Trans-Europa-Mittelmeer-Verbundnetze für Strom, Erdgas und Erdöl ist, damit die Sicherheit der Energieversorgung mittels Schaffung intelligenter Energienetze, die die gesamte Europa-Mittelmeer-Region verbinden, gestärkt wird;

54.

erinnert daran, wie wichtig eine Landwirtschaft, die die Landwirte vor Ort begünstigt, ländliche Entwicklung, Ernährungssicherheit und Nahrungsmittelsouveränität, Anpassung an den Klimawandel, Zugang zu Wasser und dessen sparsamer Verbrauch sowie Zugang zu Energie sind; empfiehlt, die Zusammenarbeit im Bereich der Landwirtschaft zu einem vorrangigen Ziel der ENP zu machen und damit den Europa-Mittelmeer-Fahrplan für die Landwirtschaft zu unterstützen und die Stabilität der Nahrungsmittelpreise auf nationaler, regionaler und globaler Ebene zu fördern;

55.

bekräftigt erneut seine Forderung nach der Schaffung einer Katastrophenschutztruppe Europa-Mittelmeer, da die Tatsache, dass das Ausmaß und die Zahl der Naturkatastrophen zunehmen, die Zuweisung angemessener Mittel notwendig macht und eine solche Initiative die Solidarität zwischen den Menschen im Raum Europa-Mittelmeer stärken würde;

56.

unterstreicht, wie wichtig eine engere Zusammenarbeit mit multilateralen regionalen Organisationen aus dem Süden, insbesondere der Arabischen Liga, und der Afrikanischen Union ist, um die Herausforderungen in den genannten Gebieten erfolgreich zu bewältigen; fordert die Kommission auf, die Möglichkeit eines neuen strukturierten Dialogs mit diesen Foren im Zuge der Überprüfung der ENP zu prüfen;

57.

bekräftigt die Bedeutung des ENPI als Finanzierungsinstrument der ENP; betont jedoch, dass eine umfassendere Flexibilität gewährleistet und sichergestellt werden muss, dass die Unterstützung wirksamer insbesondere auf die Zivilgesellschaft und die lokalen Gemeinschaften – gemäß dem Bottom-up-Ansatz – ausgerichtet ist; fordert ferner eine umfassende Analyse der Wirksamkeit des ENPI im Hinblick auf das Ziel, die verfügbaren Finanzierungsinstrumente und Geldmittel im Rahmen der Beziehungen der EU zu ihren südlichen Nachbarn besser zu nutzen und sicherzustellen, dass die Entwicklungshilfe und die Unterstützung in den begünstigten Ländern ordnungsgemäß eingesetzt werden; ist der Ansicht, dass die Transparenz der Finanzierung und die Aufnahme von Mechanismen zur Korruptionsbekämpfung in die Finanzierungsinstrumente von ausschlaggebender Bedeutung sind; unterstreicht, wie wichtig die Überwachung der Verwaltung und Durchführung der einzelnen ENPI-Programme ist; betont, wie wichtig es ist, grenzübergreifende Projekte zu stärken, Programme zur Förderung der Kontakte zwischen den Menschen auszubauen und Anreize für die regionale Zusammenarbeit zu schaffen; fordert die Kommission und den EAD auf, das Europäische Parlament und die Akteure der Zivilgesellschaft frühzeitig zu der bevorstehenden Ausarbeitung des Nachfolgeinstruments zu konsultieren;

58.

fordert den Rat auf, den von der Kommission im Mai 2008 vorgelegten und vom Parlament am 8. Juli 2008 gebilligten Vorschlag für einen Rechtsetzungsakt zur Änderung von Artikel 23 der ENPI-Verordnung zu billigen, der es ermöglichen würde, Mittelrückflüsse aus früheren Maßnahmen zu reinvestieren, und der EU somit ein dringend benötigtes Mittel an die Hand geben würde, mit dem die Auswirkungen der derzeitigen Finanzkrise auf die Realwirtschaft und die Auswirkungen des starken Anstiegs der Nahrungsmittelpreise auf die Nachbarschaftsregion und insbesondere die südlichen ENP-Länder abgeschwächt würden;

59.

betont, dass das ENPI nicht das einzige Instrument ist, das zur Finanzierung von Programmen und Aktionen im Rahmen der ENP zur Verfügung steht, und weist mit Nachdruck darauf hin, dass folglich ein kohärenter Ansatz, dem die Nutzung aller Finanzierungsinstrumente zugrunde liegt, notwendig ist; fordert daher den EAD und die Kommission auf, einen klaren Überblick über die jedem Empfängerland zugewiesenen Beträge, aufgeschlüsselt nach Instrument, vorzulegen;

60.

betont, dass die Mittel für die südliche Dimension der ENP im Rahmen des kommenden mehrjährigen Finanzrahmens für den Zeitraum 2014 bis 2020 aufgestockt werden müssen, um zu gewährleisten, dass die Mittel den politischen Zielen entsprechen, und um die Bestimmungen betreffend den fortgeschrittenen Status umsetzen zu können, ohne die anderen Prioritäten der ENP zu beeinträchtigen; betont mit Nachdruck, dass die Vereinbarung, die im Anschluss an die Erklärung der Kommission vor dem Ausschuss der Ständigen Vertreter im Jahr 2006 erzielt wurde und die vorsieht, dass zwei Drittel der Gesamtmittel des ENPI den südlichen Ländern und ein Drittel den östlichen Ländern – entsprechend demografischer Gewichtung – zugewiesen werden, unbedingt einzuhalten ist;

61.

betont jedoch, dass sich jede Aufstockung der zugewiesenen Mittel auf eine genaue Bewertung der Bedürfnisse stützen sollte und mit der Steigerung der Wirksamkeit der Programme Hand in Hand gehen sollte, welche mit Blick auf die Bedürfnisse jedes Empfängerlandes maßgeschneidert durchgeführt und nach Prioritäten geordnet sein sollten;

62.

begrüßt die Arbeit der von der EIB eingerichteten Fazilität für europäisch-mediterrane Investitionen und Partnerschaft (FEMIP) und betont, dass umfangreichere Synergien mit anderen internationalen Finanzierungsinstitutionen, die ebenfalls in der Region tätig sind, geschaffen werden müssen; schlägt erneut vor, eine Finanzierungsinstitution für die Ko-Entwicklung Europa-Mittelmeer, deren Mehrheitsaktionär weiterhin die EIB wäre, einzurichten; befürwortet die Anhebung der Obergrenze für die EIB-Garantie, damit die EIB ihre Operationen in der Region in den nächsten Jahren in der bisherigen Intensität weiterführen kann; ersucht die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE), ihr Statut zu ändern und sich ebenfalls an diesem Finanzhilfeprozess zu beteiligen;

Rolle des Europäischen Parlaments

63.

betont die entscheidende Bedeutung, die dem Europäischen Parlament im Hinblick auf die Sicherstellung, dass die Stabilität Europas und sein Wohlstand eng mit der demokratischen Staatsführung sowie dem wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt in seinen südlichen ENP-Nachbarländern verbunden sind, sowie im Hinblick auf die Förderung der politischen Diskussion zukommt, und unterstreicht, welch wichtige Rolle es bei der Stärkung uneingeschränkter Freiheiten, demokratischer Reformen und der Rechtstaatlichkeit in seinen ENP-Partnerländern spielt, insbesondere durch die interparlamentarischen Delegationen und die PV-UfM;

64.

bekräftigt seine Zusage, das Recht der parlamentarischen Kontrolle bei der Umsetzung der ENP auch weiterhin wahrzunehmen, und zwar auch im Wege regelmäßiger Aussprachen mit der Kommission über die Anwendung des ENPI; begrüßt die umfassenden Konsultationen durch Kommission und EAD zur Überprüfung der ENP und hofft, dass die Kommission und der EAD auch bei der Vorbereitung einschlägiger Dokumente, wie etwa der ENP-Aktionspläne, für eine umfassende und systematische Konsultation des Parlaments Sorge tragen werden; fordert ferner, dass dem Europäischen Parlament Zugang zu den Verhandlungsmandaten aller internationalen Abkommen, die derzeit mit den ENP-Partnerländern ausgehandelt werden, gewährt wird, und zwar im Einklang mit Artikel 218 Absatz 10 AEUV, nach dem das Parlament in allen Phasen des Verfahrens unverzüglich und umfassend unterrichtet werden muss;

*

* *

65.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Europäischen Auswärtigen Dienst, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der ENP-Länder sowie dem Generalsekretär der Union für den Mittelmeerraum zu übermitteln.


(1)  ABl. C 287 E vom 24.11.2006, S. 312.

(2)  ABl. C 303 E vom 13.12.2006, S. 760.

(3)  ABl. C 282 E vom 6.11.2008, S. 443.

(4)  ABl. C 76 E vom 25.3.2010, S. 76.

(5)  ABl. C 76 E vom 25.3.2010, S. 83.

(6)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0192.

(7)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0314.

(8)  Angenommene Texte, P7_TA(2011)0038.

(9)  Angenommene Texte, P7_TA(2011)0064.

(10)  Angenommene Texte, P7_TA(2011)0095.

(11)  ABl. L 310 vom 9.11.2006, S. 1.


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/126


Donnerstag, 7. April 2011
Anwendung von sexueller Gewalt in Konflikten in Nordafrika und im Nahen Osten

P7_TA(2011)0155

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zum Einsatz sexueller Gewalt in Konflikten in Nordafrika und im Nahen Osten

2012/C 296 E/18

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. Januar 2008 zur Lage in der Demokratischen Republik Kongo und zu Vergewaltigung als Kriegsverbrechen (1),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. November 2009 zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. November 2010 zum 10. Jahrestag der Resolution 1325 (2000) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu Frauen, Frieden und Sicherheit (3),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. Februar 2011 zur Lage in Ägypten (4),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. März 2011 zu den südlichen Nachbarländern der EU, insbesondere zu Libyen (5),

unter Hinweis auf die Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (VP/HV) Catherine Ashton vom 25. November 2010 im Namen der Europäischen Union zum Internationalen Tag für die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen,

unter Hinweis auf die Erklärung der VP/HV Catherine Ashton im Namen der Europäischen Union zum Tag der Menschenrechte am 8. März 2011,

unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948,

unter Hinweis auf die Resolutionen 1325 (2000) und 1820 (2008) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu Frauen, Frieden und Sicherheit und die Resolution 1888 (2009) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu sexueller Gewalt gegen Frauen und Mädchen in bewaffneten Konflikten,

unter Hinweis auf die Ernennung einer Sonderbeauftragten des UN-Generalsekretärs zum Thema sexuelle Gewalt in Konflikten im März 2010 und die neue VN-Einrichtung für Gleichstellungsfragen („UN Women“),

unter Hinweis auf die EU-Leitlinien betreffend Gewalt gegen Frauen und Mädchen und die Bekämpfung aller Formen der Diskriminierung von Frauen und Mädchen sowie die EU-Leitlinien zu Kindern in bewaffneten Konflikten,

unter Hinweis auf das Übereinkommen der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe sowie die Erklärung 3318 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 14. Dezember 1974 über den Schutz von Frauen und Kindern in Notsituationen und bewaffneten Konflikten, insbesondere deren Absatz 4, in dem wirksame Maßnahmen gegen Verfolgung, Folter, Gewalt und die erniedrigende Behandlung von Frauen gefordert werden,

unter Hinweis auf die Bestimmungen der Rechtsinstrumente der Vereinten Nationen im Bereich der Menschenrechte, insbesondere der Frauenrechte, wie der Charta der Vereinten Nationen, der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte sowie des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, der Konvention zur Unterbindung des Menschenhandels und der Ausnutzung der Prostitution anderer, des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) und des dazugehörigen Fakultativprotokolls, des Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe sowie des Abkommens von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge,

unter Hinweis auf andere Instrumente der Vereinten Nationen betreffend Gewalt gegen Frauen, wie die Erklärung von Wien und das Aktionsprogramm vom 25. Juni 1993, angenommen von der Weltkonferenz über Menschenrechte (A/CONF. 157/23), und die Erklärung vom 20. Dezember 1993 über die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen (A/RES/48/104),

unter Hinweis auf die UN-Resolutionen vom 12. Dezember 1997 zur Verbrechensverhütung und Strafrechtspflege zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen (A/RES/52/86), vom 18. Dezember 2002 über die Wege zur Bekämpfung von Verbrechen gegen Frauen wegen verletzter Ehre (A/RES/57/179) und vom 22. Dezember 2003 zur Beseitigung der häuslichen Gewalt gegen Frauen (A/RES/58/147),

unter Hinweis auf die Erklärung von Peking und die Aktionsplattform, die von der Vierten Weltfrauenkonferenz am 15. September 1995 angenommen wurden, sowie unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 18. Mai 2000 zu den Folgemaßnahmen im Anschluss an die Aktionsplattform von Peking (6) und vom 10. März 2005 zu Folgemaßnahmen zur Vierten Weltfrauenkonferenz – Aktionsplattform (Peking+10) (7) und vom 25. Februar 2010 zu Peking +15 – UN-Plattform für Maßnahmen zur Gleichstellung der Geschlechter (8),

unter Hinweis auf die Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 19. Dezember 2006 zur Verstärkung der Bemühungen zur Beseitigung aller Formen der Gewalt gegen Frauen (A/RES/61/143) und die Resolutionen 1325 und 1820 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen über Frauen, Frieden und Sicherheit,

unter Hinweis auf das 1998 angenommene Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs und insbesondere dessen Artikel 7 und 8, worin Vergewaltigung, sexuelle Sklaverei, Zwangsprostitution, erzwungene Schwangerschaft und Zwangssterilisation und jede Form sexueller Gewalt als Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen definiert und mit Formen von Folter und schweren Kriegsverbrechen gleichgestellt werden, gleichgültig, ob diese Akte während eines internationalen oder internen Konflikts, systematisch oder nicht systematisch begangen werden,

gestützt auf Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass sich Frauen an den Aufständen für mehr Demokratie, Rechte und Freiheiten in Nordafrika und dem Nahen Osten aktiv beteiligt haben,

B.

in der Erwägung, dass die herrschenden Regime in Libyen und Ägypten in dem mit diesen Revolutionen einhergehenden Konflikt sexuelle Gewalt als Waffe einsetzen, die sich gegen Frauen richtet und diese vor allem verwundbar machen soll,

C.

in der Erwägung, dass sexuelle Gewalt anscheinend, auch in Flüchtlingslagern, als Methode zur Einschüchterung und Herabwürdigung von Frauen benutzt wird und in der Erwägung, dass das entstandene Machtvakuum zu einer Verschlechterung der Situation in Bezug auf die Rechte von Frauen und Mädchen führen kann,

D.

in der Erwägung, dass eine libysche Frau, Iman al-Obeidi, die Reportern in einem Hotel in Tripolis berichtet hatte, sie sei von einer Gruppe von Soldaten vergewaltigt und misshandelt worden, am 26. März 2011 an einem unbekannten Ort festgenommen wurde und nun von den Männern, die sie der Vergewaltigung beschuldigt, wegen Verleumdung angeklagt wird,

E.

in der Erwägung, dass Demonstrantinnen in Ägypten berichten, sie seien durch das Militär Jungfräulichkeitstests unterzogen worden, als sie am 9. März 2011 auf dem Tahrir-Platz verhaftet und danach gefoltert und vergewaltigt worden seien, wobei die Jungfräulichkeitstests in Anwesenheit männlicher Soldaten durchgeführt und fotografiert worden seien; in der Erwägung, dass mehrere ägyptische Frauen vor Militärgerichte gestellt werden sollen, weil ihre Jungfräulichkeitstests negativ verlaufen seien, und einigen mit einer Anklage wegen Prostitution gedroht wurde,

F.

in der Erwägung, dass Vergewaltigung und sexuelle Versklavung, wenn sie Teil einer weitverbreiteten und systematischen Praxis sind, gemäß der Genfer Konvention als Verbrechen gegen die Menschlichkeit und als Kriegsverbrechen gelten, die vor dem Internationalen Strafgerichtshof verhandelt werden sollten; in der Erwägung, dass Vergewaltigung mittlerweile auch als eine Ausprägung von Völkermord angesehen wird, wenn damit eine bestimmte Bevölkerungsgruppe ganz oder teilweise vernichtet werden soll; in der Erwägung ferner, dass die EU Maßnahmen unterstützen sollte, mit denen der Straflosigkeit der für sexuelle Gewalt gegen Frauen und Kinder Verantwortlichen ein Ende gemacht werden soll,

G.

in der Erwägung, dass bewaffnete Konflikte erwiesenermaßen unverhältnismäßig schwere und sehr spezifische Auswirkungen auf Frauen haben; in der Erwägung ferner, dass die Rolle von Frauen bei der Friedensschaffung und Konfliktverhütung gestärkt und durch Mitwirkung, Prävention und Schutz ein besserer Schutz von Frauen und Kindern in Kriegs- und Konfliktregionen gewährleistet werden sollte,

H.

in der Erwägung, dass die Umsetzung der Verpflichtungen der Resolutionen 1820, 1888, 1889 und 1325 des UN-Sicherheitsrates ein gemeinsames Anliegen aller UN-Mitgliedstaaten ist und in ihrer gemeinsamen Verantwortung liegt, gleichgültig, ob sie von Konflikten betroffen sind, als Geber fungieren oder eine sonstige Rolle innehaben; in der Erwägung, dass in diesem Zusammenhang den im Dezember 2008 angenommenen EU-Leitlinien betreffend Gewalt gegen Frauen und Mädchen und den EU-Leitlinien zu Kindern in bewaffneten Konflikten und zur Bekämpfung aller Formen der Diskriminierung gegen sie besondere Aufmerksamkeit zukommen sollte, da sie das eindeutige politische Signal aussenden, dass es sich hier um eine Priorität der Union handelt,

1.

fordert die Kommission und die Regierungen der Mitgliedstaaten auf, sich energisch gegen die Anwendung von sexueller Gewalt gegen Frauen, die Einschüchterung von Frauen und Übergriffe auf Frauen in Libyen und Ägypten auszusprechen;

2.

verurteilt entschieden die Jungfräulichkeitstests, zu denen Angehörige der ägyptischen Armee auf dem Tahrir-Platz festgenommene Demonstrantinnen gezwungen haben, und erachtet diese Akte als nicht hinnehmbar, da es sich um eine Art der Folter handelt; fordert den Obersten Militärrat Ägyptens auf, unverzüglich Schritte zu unternehmen, um dieser erniedrigenden Behandlung ein Ende zu bereiten und dafür zu sorgen, dass alle Sicherheits- und Militärkräfte unmissverständlich darüber aufgeklärt werden, dass Folter und andere Misshandlungen einschließlich erzwungener Jungfräulichkeitstests nicht länger toleriert werden können und umfassend untersucht werden;

3.

fordert die ägyptischen staatlichen Stellen auf, dringend Maßnahmen zu ergreifen, damit der Folter ein Ende gesetzt wird, alle Fälle von Misshandlungen friedlicher Demonstranten untersucht und Angehörige der Zivilbevölkerung nicht mehr vor Militärgerichte gestellt werden; bekundet seine Besorgnis insbesondere angesichts der Berichte von Menschenrechtsorganisationen, wonach Minderjährige festgenommen und von Militärgerichten verurteilt wurden;

4.

empfiehlt, eine unabhängige Untersuchung einzuleiten, um die Täter zur Verantwortung zu ziehen, vor allem was die Untersuchung der von Muammar Gaddafi begangenen Verbrechen im Sinne des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs betrifft; ist der Ansicht, dass die für derartige Handlungen Verantwortlichen vor Gericht gestellt und die Frauen, die solche Misshandlungen gemeldet haben, vor Repressalien geschützt werden müssen;

5.

betont, dass jeder Mensch die Möglichkeit haben sollte, seine Meinung zur demokratischen Zukunft seines Landes zu äußern, ohne inhaftiert, gefoltert oder einer erniedrigenden und diskriminierenden Behandlung ausgesetzt zu werden;

6.

ist der festen Überzeugung, dass die Veränderungen in Nordafrika und im Nahen Osten dazu beitragen müssen, der Diskriminierung von Frauen ein Ende zu bereiten und ihre uneingeschränkte Teilhabe an der Gesellschaft gleichberechtigt mit den Männern und im Einklang mit dem Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) durchzusetzen;

7.

betont, dass die Rechte der Frauen in den neuen demokratischen und rechtlichen Strukturen dieser Gesellschaften generell geschützt werden müssen;

8.

betont, dass die Rolle, die Frauen in den Revolutionen und Demokratisierungsprozessen spielen, anerkannt werden sollte, und weist insbesondere auf die spezifischen Gefahren hin, denen Frauen ausgesetzt sind, sowie auf die Notwendigkeit, ihre Rechte zu unterstützen und zu verteidigen;

9.

fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, aktiv und langfristig sowohl politisch als auch finanziell die uneingeschränkte Anwendung der Resolution 1325 des UN-Sicherheitsrates und die Einrichtung der darin vorgesehenen Kontrollinstitutionen und Kontrollmechanismen auf europäischer Ebene zu fördern, und fordert die Vereinten Nationen auf, die Umsetzung der Resolution auf allen internationalen Ebenen sicherzustellen;

10.

betont, dass den Menschenrechten bei den Maßnahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) als einem Bestandteil des Demokratisierungsprozesses Vorrang eingeräumt werden muss, und unterstreicht, dass die Erfahrungen der EU in Bezug auf Gleichstellungspolitik und die Bekämpfung geschlechterspezifischer Gewalt weitergegeben werden müssen;

11.

hebt hervor, dass der Grundsatz der Gleichstellung von Männern und Frauen durchgesetzt werden muss und spezifische Maßnahmen unterstützt werden müssen, um einen wirksamen und systematischen Gleichstellungsansatz in den ENP-Ländern zu erreichen; fordert die Regierungen und die Zivilgesellschaft nachdrücklich auf, die soziale Integration von Frauen, einschließlich der Bekämpfung des Analphabetismus unter Frauen und der Förderung ihrer Beschäftigung, sowie ihre finanzielle Unabhängigkeit zu verbessern, um eine adäquate Vertretung von Frauen auf allen Ebenen zu gewährleisten; betont, dass Gleichstellung zu einem Bestandteil des Demokratisierungsprozesses werden muss und dass darüber hinaus Bildung für Frauen und Mädchen Vorrang haben und auch die Sensibilisierung in Bezug auf ihre Rechte umfassen sollte;

12.

fordert die VP/HV, den EAD und die Kommission auf, die politischen Prioritäten der EU – Abschaffung der Todesstrafe, Achtung der Menschenrechte einschließlich der Menschenrechte von Frauen, Achtung der Grundfreiheiten und Ratifizierung einer Reihe von Instrumenten des Völkerrechts einschließlich des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs und des Abkommens aus dem Jahre 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge – ganz oben auf die Tagesordnung ihrer Gespräche mit den südlichen ENP-Ländern zu setzen;

13.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für die Außen- und Sicherheitspolitik.


(1)  ABl. C 41 E vom 19.2.2009, S. 83.

(2)  ABl. C 285 E vom 21.10.2010, S. 53.

(3)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0439.

(4)  Angenommene Texte, P7_TA(2011)0064.

(5)  Angenommene Texte, P7_TA(2011)0095.

(6)  ABl. C 59 vom 23.2.2001, S. 258.

(7)  ABl. C 320 E vom 15.12.2005, S. 247.

(8)  ABl. C 348 E vom 21.12.2010, S. 11.


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/130


Donnerstag, 7. April 2011
Jahresbericht 2009 der EIB

P7_TA(2011)0156

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zum Jahresbericht 2009 der Europäischen Investitionsbank (2010/2248(INI))

2012/C 296 E/19

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Jahresberichts 2009 der EIB-Gruppe (Tätigkeit und Corporate Responsibility, Finanzbericht und Statistischer Bericht),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. Mai 2010 zum Jahresbericht der Europäischen Investitionsbank für 2008 (1),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. März 2009 zu den Jahresberichten 2007 der Europäischen Investitionsbank und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Juni 2010 zur EU-2020-Strategie (3),

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Währung sowie der Stellungnahme des Haushaltskontrollausschusses (A7-0073/2011),

Die neue Satzung der EIB

1.

begrüßt die Änderungen, die der Vertrag von Lissabon mit sich gebracht hat und die größere Flexibilität bei der Finanzierung durch die EIB ermöglichen, einschließlich Beteiligungen als Ergänzung der herkömmlichen Tätigkeit der Bank, der Möglichkeit der Errichtung von Tochtergesellschaften oder anderer Rechtsträger zur Regelung der so genannten „Sonderaktivitäten“ und zur Bereitstellung ausgeweiteter Dienste der technischen Hilfe und der Stärkung des Prüfungsausschusses;

2.

erinnert an die Änderungen, die der Vertrag von Lissabon mit sich gebracht hat und durch die die Ziele der EIB-Finanzierung in Drittländern klargestellt wurden, nämlich die Unterstützung der übergeordneten Grundsätze der Beziehungen der EU zur übrigen Welt, die in Artikel 3 Absatz 5 EUV erwähnt sind, und die Unterstützung der Ziele des auswärtigen Handelns der EU gemäß Artikel 21 EUV im Rahmen der Garantie;

3.

ist sich der Tatsache bewusst, dass einige Mitgliedstaaten fordern, dass die EIB ein größeres Risiko bei ihren Finanzierungsoperationen eingeht, weist aber darauf hin, dass dies nicht das AAA-Rating der EIB gefährden sollte, das ausschlaggebend dafür ist, dass sie für ihre Darlehen weiterhin die besten Bedingungen gewährleisten kann;

4.

erinnert daran, dass das Ziel der EIB darin besteht, die politischen Ziele der EU zu unterstützen, und dass sie dem Rechnungshof, OLAF und den EU-Mitgliedstaaten sowie – auf freiwilliger Basis – dem Europäischen Parlament gegenüber rechenschaftspflichtig ist;

5.

empfiehlt jedoch, die Anregung zu überdenken, die Finanzlage der EIB, die genaue Messung ihrer Ergebnisse und die Einhaltung des Verhaltenskodex der Branche aufsichtsrechtlich zu kontrollieren;

6.

fordert, dass diese aufsichtsrechtliche Kontrolle

von der Europäischen Zentralbank gemäß Artikel 127 Absatz 6 AEUV

oder andernfalls bei Einwilligung der EIB von der Europäischen Bankaufsichtsbehörde – mit oder ohne Beteiligung einer oder mehrerer nationaler Regulierungsbehörden – oder von einem unabhängigen Rechnungsprüfer ausgeübt wird;

7.

fordert die Kommission auf, dem Parlament bis zum 30. November 2011 eine juristische Analyse der möglichen Optionen für eine Beaufsichtigung der EIB zu übermitteln;

8.

schlägt vor, dass die Kommission in Zusammenarbeit mit der EIB angesichts ihres qualifizierten Personals und ihrer Erfahrungen mit der Finanzierung großer Infrastrukturvorhaben strategische Überlegungen zu Investitionen anstellt und dabei keine Finanzierungstechnik ausschließt, wie zum Beispiel Finanzhilfen, Einzahlungen auf das von den Mitgliedstaaten gezeichnete Kapital der EIB, von der Europäischen Union gezeichnetes Kapital der EIB, Darlehen, innovative Instrumente, Finanzierungstechniken, die auf langfristige, nicht sofort rentable Projekte zugeschnitten sind, Entwicklung von Garantiesystemen, Schaffung eines Einzelplans für Investitionen im Haushaltsplan der EU, Finanzierungskonsortien aus europäischen, nationalen und lokalen Stellen und öffentlich-private Partnerschaften;

9.

erinnert jedoch an seine Warnungen und seine Sorge hinsichtlich der Tatsache, dass ein Teil der von der EIB verwalteten EU-Programme und EU-Mittel nicht dem Entlastungsverfahren unterliegt, was eine besondere Abstimmung zwischen der Kommission und der EIB erforderlich macht und es erschwert, sich einen vollständigen Überblick über die erzielten Ergebnisse zu verschaffen; fordert die EIB nachdrücklich auf, vollständige Informationen über die Ergebnisse vorzulegen, d. h. über die gesetzten und erreichten Ziele, die Gründe für mögliche Abweichungen sowie die Ergebnisse durchgeführter Bewertungen; ersucht die Kommission um ausführliche Informationen über die Verfahren der Abstimmung mit der EIB und deren Wirksamkeit;

10.

fordert die Kommission auf, die EIB zu einer Mitteilung über Aktivitäten mit großen Multiplikatoreffekten zu verpflichten, für die eine Garantie aus dem EU-Haushalt bereitgestellt wird;

11.

betont, dass sich die Haushaltsgarantien der EU für Darlehen der EIB Ende 2009 auf 19,2 Milliarden EUR beliefen; hebt hervor, dass dieser Betrag für den Haushalt der EU nicht unwesentlich ist, und erwartet eine ausführliche Erläuterung der bestehenden Risiken; ist der Auffassung, dass die EIB zudem die Zweckbestimmung der aus diesen hohen Garantien resultierenden Darlehenszinsen erläutern sollte;

12.

fordert eine ausführliche Erläuterung der Verwaltungsgebühren, die die EIB aus dem EU-Haushalt erhalten hat;

13.

bekräftigt seinen Vorschlag, der darauf abzielt, dass die Europäische Union Mitglied der EIB werden kann;

EIB-Finanzierung in der EU

Die weltweite Finanzkrise und ihre Auswirkungen auf die EIB

14.

begrüßt, dass sich die Bank auf die drei Bereiche konzentriert, in denen die Krise Europa am stärksten getroffen hat, und zwar kleine und mittlere Unternehmen, Konvergenzregionen und Klimapolitik;

15.

ist sich der wichtigen Rolle bewusst, die die EIB bei der Unterstützung von KMU spielt, insbesondere in Zeiten der Finanzkrise und der Wirtschaftrezession, und fordert sie auf, die Wechselwirkung zwischen ihrem weltweiten Darlehenssystem und Finanzhilfen aus den Strukturfonds zu erleichtern;

16.

weist darauf hin, wie wichtig KMU für die europäische Wirtschaft sind, und begrüßt deshalb, dass die EIB-Finanzierung für KMU zwischen 2008 und 2010 auf einen Gesamtbetrag von 30,8 Milliarden EUR angestiegen ist, und erkennt an, dass dieser Betrag den Zielbetrag von 7,5 Milliarden EUR für diesen Zeitraum übersteigt; begrüßt, dass im März 2010 das europäische PROGRESS-Mikrofinanzierungsinstrument mit einer Finanzausstattung von 200 Millionen EUR von der Kommission und der Bank eingerichtet wurde; betont allerdings die Schwierigkeiten, vor denen KMU bei dem Versuch, Darlehen zu erhalten, stehen, und fordert in diesem Zusammenhang die EIB auf, bei ihrer Kreditvergabe durch Finanzmittler die Transparenz weiter zu erhöhen; fordert hierfür die Festlegung eindeutiger Finanzierungsbedingungen sowie strengerer Effizienzkriterien bei der Kreditvergabe für ihre Finanzmittler; fordert eine Verpflichtung der EIB, jährlich über ihre Kreditvergabe an KMU Bericht zu erstatten, einschließlich einer Bewertung der Zugänglichkeit und der Wirksamkeit dieser Kreditvergabe, sowie über die Maßnahmen, die darauf ausgerichtet sind, einen größeren Verbreitungsgrad zu erreichen;

17.

empfiehlt, die Tätigkeit der EIB konzentrierter, gezielter, wirksamer und ergebnisorientierter auszugestalten; ist der Auffassung, dass die EIB, um die kleinen und mittleren Unternehmen zu erreichen, insbesondere mit transparenten und verantwortungsvoll handelnden Finanzmittlern zusammenarbeiten sollte, die mit der lokalen Wirtschaft verknüpft sind; ist in Bezug auf die Kreditvergabe an KMU der Auffassung, dass die EIB auf ihrer Website relevante Informationen veröffentlichen sollte, insbesondere über den ausgezahlten Betrag, die Anzahl der bislang gewährten Darlehen sowie die Regionen und Industriebranchen, denen Darlehen ausgezahlt wurden; ist der Ansicht, dass überdies Informationen über die von den Finanzmittlern zu erfüllenden Bedingungen bereitgestellt werden sollten;

18.

begrüßt die Tatsache, dass man sich darauf geeinigt hat, dass der EIB Zugang zu EZB-Liquidität über die Zentralbank Luxemburgs im Hinblick auf die Erleichterung der Kreditprogramme der EIB und des Liquiditätsmanagements gewährt wird;

19.

stellt fest, dass das Konvergenzziel der Kohäsionspolitik der EU ein Kernziel für die EIB ist; betont den zusätzlichen Nutzen der gemeinsamen Maßnahmen der EIB mit der Kommission im Bereich der technischen Hilfe (JASPERS), durch die dem Einsatz der Strukturfonds zusätzliche Unterstützung und Hebelwirkung verliehen wird;

20.

empfiehlt der EIB, den Regionen, die unter das Ziel „Konvergenz“ fallen, weiterhin die technische Hilfe und Kofinanzierung zu gewähren, die sie benötigen, um einen größeren Anteil der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel in Anspruch nehmen zu können, insbesondere für Projekte in vorrangigen Sektoren, wie etwa dem Sektor der Verkehrsinfrastruktur, und andere Projekte, die Wachstum und Beschäftigung fördern, sowie Projekte, die zur Strategie „Europa 2020“ gehören, im Einklang mit hohen Sozial-, Transparenz- und Umweltstandards;

21.

fordert die EIB auf, dafür zu sorgen, dass ihre Operationen in jeder Hinsicht im Einklang mit dem EU-Ziel eines raschen Übergangs zu einer emissionsarmen Wirtschaft stehen, und einen Plan für den Ausstieg aus der Kreditvergabe für fossile Brennstoffe, einschließlich der Kreditvergabe für kohlebetriebene Kraftwerke, anzunehmen, sowie weitaus größere Bemühungen um einen verstärkten Transfer von Technologien für erneuerbare Energieträger und energieeffiziente Energien zu unternehmen;

22.

ist besorgt über die fortbestehende mangelnde steuerliche Transparenz bei der Gewährung und Kontrolle von Globaldarlehen; ist daher der Ansicht, dass dafür Sorge getragen werden sollte, dass Darlehensnehmer nicht die Möglichkeiten von Steueroasen ausnutzen oder sonstige Praktiken der Steuerumgehung anwenden;

23.

fordert mehr Kohärenz zwischen den Tätigkeiten der EIB und des EIF, vor allem um die Ausrichtung des EIF näher an die Europa-2020-Ziele heranzuführen, und ersucht in diesem Zusammenhang um die Aufteilung der Arbeit zwischen den Einrichtungen und die Optimierung des Einsatzes ihrer jeweiligen Bilanzsummen;

24.

begrüßt die Entscheidung der EIB-Gruppe, enger mit der Kommission im Rahmen der Kohäsionspolitik hinsichtlich der drei gemeinsamen Initiativen JESSICA, JEREMIE und JASMINE zusammenzuarbeiten, durch die die Kohäsionspolitik effizienter und effektiver gestaltet und die Hebelwirkung der Strukturfonds erhöht werden soll; stellt fest, dass sich die vorstehend erwähnte Zusammenarbeit als nützlich und Gewinn bringend insbesondere im Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise erwiesen hat;

EIB-Finanzierung nach 2013

25.

vertritt die Auffassung, dass es an der Zeit ist, die langfristigen strategischen Investitionen in Europa in erheblichem Umfang mit einem besonderen Augenmerk auf den Schlüsselbereichen Infrastruktur und Kohäsion in Europa zu erhöhen; fordert in diesem Zusammenhang,

dass die Aktivitäten der Europäischen Investitionsbank für das Europäische Parlament transparenter werden,

dass die EIB gegenüber dem Europäischen Parlament eindeutig rechenschaftspflichtig ist,

dass die Finanzinstrumente gezielt eingesetzt werden;

26.

empfiehlt der EIB, eine operative Strategie für die Zeit nach 2013 im Einklang mit der Strategie „Europa 2020“zu entwickeln;

27.

glaubt, dass die Strategie „Europa 2020“ einen interessanten und positiven Ansatz zu Finanzinstrumenten verfolgt; ersucht die EIB und die Kommission zur Stärkung ihrer Wirksamkeit darum, die folgenden Ziele nicht aus den Augen zu verlieren: Vereinfachung der Verfahren und Maximierung der Multiplikatorfaktoren sowie der Katalysatorwirkung der EIB-Gruppe, um Anleger aus dem öffentlichen und dem privaten Sektor anzulocken;

28.

fordert die EIB auf, gemeinsamen Initiativen mit der Kommission weiterhin eine wichtige Rolle im Kontext ihrer Zusammenarbeit mit der Kommission einzuräumen, insbesondere hinsichtlich der Kohäsionspolitik; sieht die Rolle, die diese Initiativen als Katalysator für eine weitere Entwicklung spielen, unter anderem bezüglich der Vorbereitung des nächsten Programmplanungszeitraums nach 2013;

29.

ermuntert die EIB, eine Hierarchie der Prioritäten bei ihren Investitionsprojekten aufzustellen und dabei Methoden wie die Kosten-Nutzen-Analyse anzuwenden, um einen möglichst großen Multiplikatoreffekt auf das BIP zu erreichen;

30.

unterstützt diejenigen Beteiligten, die Investitionen von hoher Qualität getätigt haben, wie zum Beispiel die EIB, die insbesondere auf ihren Sachverstand bei der Nutzung innovativer Instrumente wie etwa der Fazilität für strukturierte Finanzierungen, der Finanzierungsfazilität mit Risikoteilung (RSFF) und der Europäischen Fazilität für umweltfreundlichen Verkehr (ECTF) zurückgreifen kann;

31.

tritt für eine erweiterte Kombination von EU-Finanzhilfen mit EIB-Krediten als einem Mittel zur Steigerung der Hebelwirkung verfügbarer Ressourcen ein, sofern die neuen Finanzinstrumente intelligent, integriert und flexibel sind;

32.

ist der Auffassung, dass es die umfangreichen Erfahrungen bei der Schaffung und dem Einsatz von Finanzinstrumenten während des derzeitigen Programmplanungszeitraums sowohl der Kommission als auch der EIB ermöglichen sollten, über den derzeitigen Umfang und Einsatz dieser Instrumente hinauszugehen und innovativ zu sein, indem sie die Bandbreite der angebotenen Produkte erweitern;

33.

ist der Meinung, dass klare und gesonderte Ziele und Rechtsrahmen für Anleihen erforderlich sind, die die EIB zu ihrer eigenen Finanzierung ausgibt, sowie für künftige „projektbezogene Anleihen“;

34.

weist auf den Umstand hin, dass sich die EIB erfolgreich durch die Auflage gemeinsamer Anleihen, für die alle EU-Mitgliedstaaten bürgen, selbst finanziert;

35.

begrüßt die Idee „projektbezogener Anleihen“, durch die nicht nur im Rahmen der Strategie „Europa 2020“ das Rating von Anleihen, die Unternehmen selbst ausgeben, verbessert, sondern auch die europäische Infrastruktur in den Bereichen Verkehr, Energie und Informationstechnologie sowie eine umweltfreundlichere Wirtschaft finanziert werden sollen; glaubt, dass die Ausgabe solcher projektbezogener Anleihen einen positiven Einfluss auf die Verfügbarkeit von Kapital für nachhaltige Investitionen zur Förderung von Wachstum und Arbeitsplätzen als Ergänzung zu nationalen Investitionen und zu Investitionen aus Mitteln des Kohäsionsfonds hätte; ist der Auffassung, dass dieses Instrument das Rating ausgewählter Projekte verbessern und eine private Finanzierung als Ergänzung zu nationalen Investitionen und zu Investitionen aus Mitteln des Kohäsionsfonds anlocken sollte;

36.

fordert die Kommission und die EIB deshalb auf, konkrete Vorschläge zur Schaffung „projektbezogener Anleihen“ vorzulegen; betont, dass das Parlament bei der Errichtung eines solchen Instruments in vollem Umfang einbezogen werden muss, und ersucht darum, dass der Einsatz des EU-Haushalts im nächsten mehrjährigen Finanzrahmen als einem Erstverlust-Risikopuffer mit Obergrenze („first loss capped risk buffer“) mit der EIB als nachrangigem Finanzierer in Erwägung gezogen wird;

37.

glaubt, dass es einen klaren Bedarf an zusätzlicher Unterstützung durch die EIB in den folgenden Bereichen gibt: KMU, mittelgroße Unternehmen sowie Infrastruktur und andere wichtige Projekte, die Wachstum und Beschäftigung fördern, als Teil der Strategie „Europa 2020“;

38.

fordert die EIB nachdrücklich auf, in den Güterverkehr im europäischen Eisenbahnsektor sowie in andere transeuropäische Netze des Güterverkehrs zu investieren, wobei der Schwerpunkt auf den Seehäfen des Mittelmeers, des Schwarzen Meeres und der Ostsee liegen sollte, damit sie endgültig mit den europäischen Märkten verbunden werden;

39.

dringt bei der EIB darauf, die Verwirklichung des TEN-V-Netzes stärker mit dem Ziel zu unterstützen, eine Hebelwirkung für mehr Investitionen sowohl aus dem öffentlichen als aus dem privaten Sektor zu erzielen; ist der Ansicht, dass auch hier die „projektbezogenen Anleihen“ ein ergänzendes Investitionsinstrument sein können, zusätzlich zu den für den TEN-V-Fonds bereitgestellten Mittel; dringt darauf, die künftigen Investitionen auf die grenzüberschreitenden Teile des TEN-V-Netzes zu konzentrieren, um auf diese Weise die erzeugte europäische Wertschöpfung zu optimieren;

40.

fordert die EIB nachdrücklich auf, Investitionen in die Nabucco-Gaspipeline und andere TEN-V-Vorhaben zu tätigen, die es der EU ermöglichen werden, ihren künftigen Energiebedarf zu decken, indem der Pool von Lieferländern diversifiziert, der Policy-Mix der EU verbessert und dazu beigetragen wird, die Zusagen der EU im Umweltbereich einzuhalten;

EIB-Finanzierung außerhalb der EU

Die Rolle der EIB in den Beitrittsländern

41.

ist der Auffassung, dass sich die EIB als Teil ihrer Tätigkeiten in den Beitrittsländern stärker auf Maßnahmen der Energieeffizienz, erneuerbare Energie und Umweltinfrastruktur sowie TEN, TEN-E und ÖPP im Einklang mit hohen Sozial-, Transparenz- und Umweltstandards konzentrieren und im Einklang mit den Klimazielen der EU nachhaltigen Verkehrsträgern, insbesondere der Eisenbahn, Vorrang einräumen sollte;

42.

ist der Auffassung, dass die EIB den Beitrittsländern technische Hilfe leisten sollte, wie dies in dem neuen Artikel 18 der Satzung der Bank vorgesehen ist;

Die Rolle der Bank bei der Entwicklung

43.

begrüßt die mit dem Vertrag von Lissabon an Artikel 209 AEUV (in Verbindung mit Artikel 208 AEUV) vorgenommenen Änderungen, wonach die EIB nach Maßgabe ihrer Satzung zur Durchführung von Maßnahmen beiträgt, die zur Förderung der Ziele der Gemeinschaftspolitik im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit erforderlich sind;

44.

weist darauf hin, dass die Finanzierungsstrategien und -tätigkeiten der EIB einen Beitrag leisten sollten zur Verwirklichung der dem auswärtigen Handeln der EU zugrunde liegenden und in Artikel 21 EUV verankerten allgemeinen Grundsätze der Entwicklung und Festigung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, der Wahrung der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Einhaltung der internationalen Umweltübereinkommen, denen die Europäische Union oder ihre Mitgliedstaaten beigetreten sind; weist ferner darauf hin, dass die Einhaltung der Bestimmungen des Übereinkommens von Århus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten von der EIB in den verschiedenen Phasen der Projekte gewährleistet werden sollte;

45.

begrüßt die Schlussfolgerung des aus „Weisen“ bestehenden Lenkungsausschusses („Steering Committee of Wise Persons“, SCWP), dass die Einrichtung einer „EU-Plattform für Zusammenarbeit und Entwicklung“ in Betracht gezogen werden sollte; fordert allerdings die EIB und andere europäische Institutionen nachdrücklich auf, sich gewissenhaft mit der Durchführbarkeit dieses neuen Ansatzes und seinen langfristigen Auswirkungen auf die Effektivität des gesamten auswärtigen Handelns der EU zu befassen, damit die allgemeine Entwicklungspolitik und -zielsetzung nicht dadurch verwässert wird, dass Instrumente ohne eine vorherige Einschätzung der Ziele und Prioritäten, denen sie dienen, geschaffen werden;

46.

begrüßt den vorgeschlagenen neuen Beschluss, der die Kapazität der EIB zur Unterstützung der Entwicklungsziele der EU stärken, regionale Ziele durch horizontale, übergeordnete Ziele ersetzen und operative Leitlinien für jede vom Außenmandat abgedeckte Region entwickeln würde; erinnert daran, dass klare Prioritäten, einschließlich erneuerbarer Energie, städtischer Infrastruktur, Entwicklung von Gemeinden und von Finanzinstituten in lokalem Eigentum, gesetzt werden müssen;

47.

empfiehlt die folgenden Schritte zur Stärkung der Rolle der EIB bei der Entwicklung:

die Zuweisung einer größeren Anzahl von eigenen Fachkräften mit Know-how in Entwicklungsfragen und bezüglich Entwicklungsländern sowie eine Steigerung der örtlichen Präsenz von Mitarbeitern in Drittländern;

die Steigerung des Anteils der Beteiligung örtlicher Akteure an den Projekten;

zusätzliches eigenes Kapital im Bereich von Projekten, die auf Entwicklung ausgerichtet sind;

die Gewährung von mehr Finanzhilfen;

die Prüfung der Möglichkeit, die Tätigkeiten der EIB in Drittländern in einer einzigen gesonderten Einrichtung zu bündeln;

48.

empfiehlt der EIB, sich auf Investitionen in Projekte zur Erschließung erneuerbarer Energiequellen in Entwicklungsländern mit einem besonderen Schwerpunkt auf Subsahara-Afrika zu konzentrieren;

Zusammenarbeit zwischen der EIB und internationalen, regionalen und nationalen Finanzinstitutionen

49.

erkennt an, dass die Zusammenarbeit zwischen der EIB und multilateralen Entwicklungsbanken, regionalen Entwicklungsbanken, europäischen bilateralen Entwicklungsagenturen und öffentlichen und privaten Finanzinstituten aus Entwicklungsländern zur Unterstützung der EU-Politik ausgebaut werden sollte;

50.

glaubt, dass eine stärkere Zusammenarbeit unter denselben Bedingungen und auf der Grundlage von Gegenseitigkeit mit regionalen und nationalen Finanzinstitutionen erforderlich ist, um einen wirksameren Einsatz der Ressourcen und die gezielte Ausrichtung auf spezifische örtliche Bedürfnisse sicherzustellen;

51.

tritt für die Unterzeichnung des „Memorandum of Understanding“ ein, über das derzeit zwischen der EIB, der EBWE und der Kommission im Hinblick auf eine engere Zusammenarbeit in allen Ländern außerhalb der EU, in denen sie gemeinsam Operationen durchführen, Verhandlungen geführt werden, wodurch das zweifache Ziel verfolgt werden soll, ihre Kreditvergabe miteinander und mit den politischen Zielen der EU, wie etwa sozialer Zusammenhalt und Umweltschutz, in Einklang zu bringen;

Offshore-Finanzzentren

52.

fordert die EIB auf, eindeutige Finanzierungsbedingungen für Finanzmittler auszuarbeiten und über die Fortschritte bei der Transparenz und der Steigerung der Rechenschaftspflicht, insbesondere in Hinblick auf die Kreditvergabe durch Finanzmittler, Bericht zu erstatten; ist der Auffassung, dass die EIB ihre Politik in Bezug auf Offshore-Finanzplätze aktualisieren und dabei über die bestehenden gleichen Wettbewerbsbedingungen (sog. „level playing field“) der OECD-Listen hinausgehen und sämtliche Hoheitsgebiete berücksichtigen sollte, die eine Steuerumgehung oder -hinterziehung ermöglichen könnten;

53.

ist der Meinung, dass es nicht ausreicht, sich auf die OECD-Liste der Offshore-Finanzzentren zu verlassen, und dass alle international anerkannte Listen gelten sollten, bis die EU ihre eigene Liste erstellt hat; ist allerdings der Auffassung, dass die EIB ihre eigene unabhängige Bewertung und Überwachung einschlägiger kooperationsunwilliger Staaten vornehmen und ihre Ergebnisse öffentlich machen sollte, was die Analysen aus internationalen und EU-Referenzlisten ergänzen würde;

54.

ist der Meinung, dass sich die EIB nicht an Operationen beteiligen darf, die durch einen Staat durchgeführt werden, der von der OECD, der FATF oder anderen einschlägigen internationalen Organisationen als „nicht kooperativ“ eingestuft wird, und dass sie ihre eigene unabhängige Bewertung und Überwachung vorzunehmen hat;

55.

ist der Meinung, dass die EIB ihre aktualisierte und veröffentlichte Politik gegenüber nicht kooperationsbereiten Ländern (non-compliant jurisdictions – NCJ) und Offshore-Finanzzentren (Offshore Financial Centres – OFC) sehr streng anwenden sollte um sicherzustellen, dass ihre Finanzierungsoperationen nicht zu irgend einer Art von Steuerhinterziehung oder Geldwäsche beitragen;

56.

ersucht die EIB darum, in ihren Jahresbericht an das EP Einzelheiten zur Umsetzung ihrer Politik gegenüber Offshore-Finanzzentren aufzunehmen, insbesondere durch Angabe der Zahl der Anträge, die wegen Nichteinhaltung der Vorschriften abgelehnt wurden, und Informationen darüber, wie oft eine Verlagerung gefordert und durchgeführt wurde, um die Vorschriften einzuhalten;

57.

fordert die EIB auf, eine proaktive und zeitnahe Offenlegung von Projektinformationen weiter zu stärken, einschließlich ihrer eigenen Bewertung der Auswirkungen eines Projekts in den Bereichen Umwelt, Soziales, Menschenrechte und Entwicklung sowie von Kontrollberichten und Berichten mit einer nachträglichen Bewertung;

*

* *

58.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Europäischen Investitionsbank, der Weltbankgruppe, allen regionalen Entwicklungsbanken sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.


(1)  ABl. C 81E vom 15.3.2011, S. 135.

(2)  ABl. C 117 E vom 6.5.2010, S. 147.

(3)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0223.


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/137


Donnerstag, 7. April 2011
Der Fall Ai WeiWei in China

P7_TA(2011)0157

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zum Fall Ai Weiwei

2012/C 296 E/20

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen in der derzeitigen Wahlperiode zu Menschenrechtsverletzungen in China,

gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass eine Welle von Aufrufen im Internet zu einer (durch die politischen Entwicklungen in Tunesien, Ägypten und Libyen angeregten) chinesischen „Jasmin-Revolution“ eine Reihe von Maßnahmen und ein breit angelegtes gewaltsames Vorgehen gegen Menschenrechtsaktivisten und Dissidenten durch die chinesischen Behörden nach sich gezogen hat,

B.

unter Hinweis auf die Tatsache, dass der international angesehene Künstler und Regimekritiker Ai Weiwei seit seiner Festnahme vom 3. April 2011 während der Sicherheitskontrollen am Flughafen von Peking nicht mehr gesehen wurde,

C.

unter Hinweis darauf, dass Berichten zufolge nach seiner Festnahme auch sein Studio von der Polizei durchsucht wurde und verschiedene Gegenstände beschlagnahmt wurden,

D.

in der Erwägung, dass Ai Weiwei vor kurzem daran gehindert wurde, nach Oslo zur Verleihung des Friedensnobelpreises zu reisen, und dass er nach der Eröffnung seiner Ausstellung „Sonnenblumenkerne“ in London unter Hausarrest gestellt und sein Studio in Shanghai verwüstet wurde,

E.

in der Erwägung, dass Ai Weiwei außerhalb Chinas sehr bekannt ist, allerdings in China daran gehindert wird, als Künstler auszustellen, obwohl seine Arbeit als Ergebnis seiner Beteiligung an der Gestaltung des Olympiastadions „Vogelnest“ bekannt geworden ist,

F.

in der Erwägung, dass Ai Weiwei durch die Veröffentlichung der Namen der Opfer im Kindesalter des Erdbebens von Sichuan nationale und internationale Bekanntheit erlangt hat und daraufhin von Unbekannten verprügelt wurde, was zu seiner Einlieferung in ein Krankenhaus in Deutschland geführt hat,

G.

in der Erwägung, dass Ai Weiwei einer der prominentesten Unterzeichner der Charta 08 ist, einer Petition, in der China nachdrücklich aufgefordert wird, schleunigst politische Reformen durchzuführen und die Menschenrechte zu schützen,

1.

verurteilt die nicht zu rechtfertigende und inakzeptable Festnahme des Regimekritikers und international anerkannten Künstlers Ai Weiwei;

2.

fordert die sofortige und bedingungslose Freilassung von Ai Weiwei und bekundet seine Solidarität mit den friedlichen Aktionen und Initiativen, die auf demokratische Reformen und den Schutz der Menschenrechte abzielen;

3.

betont, dass sich die Polizei geweigert hat, der Ehefrau von Ai Weiwei Auskunft über den Grund für die Festnahme zu erteilen;

4.

betont, dass die Festnahme von Ai Weiwei typisch für das breit angelegte gewaltsame Vorgehen gegen Menschenrechtsaktivisten und Dissidenten in China ist, das zahlreiche Verhaftungen, übermäßig lange Haftstrafen, gesteigerte persönliche Überwachung und verschärfte repressive Beschränkungen für ausländische Journalisten umfasst;

5.

fordert die VP/HV Catherine Ashton auf, das Thema Menschenrechtsverletzungen auf der höchsten Ebene ihrer Kontakte mit den chinesischen staatlichen Stellen weiterhin zur Sprache zu bringen – einschließlich der vor kurzem erfolgten Verurteilung von Liu Xianbin zu 10 Jahren Haft und von Liu Xiaobo zu 11 Jahren Haft sowie beispielsweise der Fälle von Liu Xia, Chen Guangcheng, Gao Zhisheng, Liu Xianbin, Hu Jia, Tang Jitian, Jiang Tianyong, Teng Biao, Liu Shihui, Tang Jingling, Li Tiantian, Ran Yunfei, Ding Mao und Chen Wei, und nimmt auch mit Sorge die repressiven Bedingungen zur Kenntnis, unter denen ihre Ehepartner und Familien leben – und dem Europäischen Parlament nach dem bevorstehenden hochrangigen politischen Dialog zwischen der EU und China, an dem die VP/HV teilnehmen wird, über diese Fälle Bericht zu erstatten;

6.

nimmt zur Kenntnis, dass die Bilanz Chinas im Bereich der Menschenrechte noch Anlass zu sehr großer Besorgnis gibt; betont, dass es notwendig ist, eine umfassende Einschätzung des Menschenrechtsdialogs EU-China vorzunehmen, einschließlich des Rechtsseminars EU-China über Menschenrechte, um die angewandte Methode und die erreichten Fortschritte zu beurteilen;

7.

fordert seine Delegation für die Beziehungen zur Volksrepublik China auf, die Frage der Menschenrechtsverletzungen bezüglich insbesondere der in dieser Einschließung aufgeführten Fälle auf dem nächsten interparlamentarischen Treffen zur Sprache zu bringen und gründlich zu erörtern;

8.

fordert die VP/HV auf, diesen Dialog zu überdenken, um ihn wirksam und ergebnisorientiert zu machen, und alle notwendigen Schritte für eine rasche Organisation des nächsten Menschenrechtsdialogs zu unternehmen, in dem diese Fälle und andere in den Entschließungen des EP erwähnte Menschenrechtsverletzungen zur Sprache kommen werden;

9.

erinnert daran, dass China seit 1949 von einer einzigen Partei beherrscht wird und dass in diesem Kontext der politischen Entwicklung in jüngster Zeit und angesichts der sich verschlechternden Menschenrechtslage in China politische Parteien in der EU ihre Beziehungen überdenken sollten;

10.

ist der Auffassung, dass die Entwicklung der Beziehungen EU-China mit der Entwicklung eines echten, fruchtbaren und wirksamen politischen Dialogs Hand in Hand gehen muss und dass die Achtung der Menschenrechte ein integraler Bestandteil des neuen Rahmenabkommens sein sollte, das nun mit China ausgehandelt wird;

11.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der VP/HR, dem amtierenden Präsidenten des Rates der Europäischen Union, der Kommission sowie dem Präsidenten, dem Ministerpräsidenten und dem Nationalen Volkskongress der Volksrepublik China zu übermitteln.


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/138


Donnerstag, 7. April 2011
Unterbindung der Wahlen für eine Exilregierung der Tibeter in Nepal

P7_TA(2011)0158

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zum Verbot der Wahl der tibetischen Exil-Regierung in Nepal

2012/C 296 E/21

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 17. Juni 2010 zu Nepal (1) und vom 26. Oktober 2006 zu Tibet (2),

unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte aus dem Jahre 1948,

unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) von 1966,

unter Hinweis auf die Erklärung des UN-Generalsekretärs Ban-Ki Moon vom 29. Mai 2010 zur politischen Lage in Nepal,

gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass die Besetzung Tibets durch die Volksrepublik China die Tibeter daran hindert, ihre Vertreter auf tibetischem Gebiet demokratisch zu wählen,

B.

in der Erwägung, dass mehr als 82 000 im Exil lebende Tibeter auf der ganzen Welt am 20. März 2011 aufgerufen waren, den neuen Kalon Tripa (Premierminister) der tibetischen Exil-Regierung zu wählen,

C.

in der Erwägung, dass die nepalesische Regierung in Kathmandu unter zunehmendem Druck der chinesischen Regierung mehreren Tausend Tibetern in Nepal keine Genehmigung erteilte, zu wählen,

D.

in der Erwägung, dass die Polizei von Kathmandu bereits bei einem früheren Wahlgang in Nepal am 3. Oktober 2010 die Wahlurnen beschlagnahmte und die Wahllokale der tibetischen Gemeinschaft schloss,

E.

in der Erwägung, dass der Dalai Lama am 10. März 2011 ankündigte, dass er seine politische Führungsrolle in der tibetischen Exil-Regierung mit Sitz in Dharamsala, Indien, niederlegen werde, um die demokratische Struktur der tibetischen Bewegung im Vorfeld der Wahlen zu stärken, bei denen eine neue Generation tibetischer politischer Führer gewählt werden soll,

F.

in der Erwägung, dass die Regierung von Nepal behauptet, Demonstrationen von Tibetern würden gegen ihre Ein-China-Politik verstoßen, und ihre Absicht bekräftigt hat, keine „Beijing-feindlichen“ Aktivitäten auf ihrem Staatsgebiet zu dulden, und daher ein Pauschalverbot für jegliche Bewegung tibetischer Gruppen ausgesprochen hat, um die chinesische Regierung zu besänftigen,

G.

in der Erwägung, dass die nepalesischen staatlichen Stellen und in erster Linie die Polizei mehreren Berichten zufolge die grundlegenden Menschenrechte wie Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit von Exiltibetern in Nepal verletzen, und dass diese Rechte allen Menschen in Nepal kraft der internationalen Menschenrechtsübereinkünfte, bei denen Nepal Vertragspartei ist, einschließlich des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, garantiert werden,

H.

in der Erwägung, dass die allgemeine Situation vieler Flüchtlinge in Nepal, insbesondere Tibeter, besorgniserregend ist,

I.

in der Erwägung, dass die EU durch die Annahme der Schlussfolgerungen des Rates zur Unterstützung der Demokratie in den Außenbeziehungen der EU am 17. November 2009 ihre Zusage bekräftigt hat, in den Außenbeziehungen der EU eine demokratische und partizipatorische Staatsführung zu unterstützen,

1.

verweist nachdrücklich auf das Recht auf Beteiligung an demokratischen Wahlen als Grundrecht aller Bürger, das in jedem demokratischen Staat geachtet, geschützt und garantiert werden muss;

2.

fordert die nepalesische Regierung auf, die demokratischen Rechte des tibetischen Volkes, das seit 1960 einen einzigartigen Wahlprozess organisiert, auf Abhaltung demokratischer Wahlen und auf Beteiligung daran zu achten;

3.

weist nachdrücklich darauf hin, dass friedliche demokratische Wahlen für die Stärkung und Wahrung der tibetischen Identität sowohl in Tibet als auch im Ausland von größter Bedeutung sind;

4.

fordert die nepalesischen staatlichen Stellen auf, die Rechte von Tibetern in Nepal auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit zu achten, wie sie allen Menschen in Nepal durch internationale Menschenrechtsübereinkünfte, bei denen Nepal Vertragspartei ist, gewährt werden;

5.

fordert die staatlichen Stellen auf, davon Abstand zu nehmen, präventive Verhaftungen vorzunehmen und Demonstrationen und die Redefreiheit einzuschränken, wodurch das Recht auf legitime friedliche Meinungsäußerung und die Versammlungsfreiheit bei allen Tätigkeiten der tibetischen Regierung im Land ausgehebelt wird, und fordert die nepalesische Regierung auf, in der neuen Verfassung Nepals, die am 28. Mai 2011 verabschiedet werden soll, diese Rechte vorzusehen und Religionsfreiheit zu gewährleisten;

6.

fordert die nepalesischen staatlichen Stellen auf, sich in Bezug auf die Behandlung der tibetischen Gemeinschaft an ihre internationalen Verpflichtungen auf dem Gebiet der Menschenrechte und ihre eigenen nationalen Gesetze zu halten, und fordert die Regierung auf, sich dem Druck zu widersetzen, den die chinesische Regierung ausübt, um die tibetische Gemeinschaft in Nepal durch – nicht nur ungerechtfertigte, sondern auch nach nationalem und internationalem Recht illegale – Restriktionen zum Schweigen zu bringen;

7.

ist der Ansicht, dass die weitere uneingeschränkte Umsetzung des Gentlemen's Agreement über die tibetischen Flüchtlinge durch die nepalesischen staatlichen Stellen von entscheidender Bedeutung für die Aufrechterhaltung des Kontakts zwischen der UNHCR und den tibetischen Gemeinden ist;

8.

fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst auf, über seine Delegation in Kathmandu die politische Situation in Ne0pal und insbesondere die Behandlung der tibetischen Flüchtlinge und die Achtung ihrer verfassungsmäßigen und in internationalen Übereinkünften verankerten Rechte genau zu überwachen, und fordert die Hohe Vertreterin der Union auf, die Bedenken hinsichtlich der Maßnahmen der nepalesischen Regierung zur Verhinderung der tibetischen Wahlen gegenüber den nepalesischen und chinesischen staatlichen Stellen anzusprechen;

9.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Mitgliedstaaten, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik, der Regierung Nepals und dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zu übermitteln.


(1)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0245.

(2)  ABl. C 313 E vom 20.12.2006, S. 463.


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/140


Donnerstag, 7. April 2011
Simbabwe

P7_TA(2011)0159

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zu Simbabwe

2012/C 296 E/22

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine zahlreichen früheren Entschließungen zu Simbabwe, zuletzt diejenige vom 21. Oktober 2010 zu Zwangsvertreibungen in Simbabwe (1),

unter Hinweis auf den Gemeinsamen Standpunkt 2011/101/GASP (2) des Rates vom 15. Februar 2011 zur Verlängerung der restriktiven Maßnahmen gegen Simbabwe, die mit dem Gemeinsamen Standpunkt 2004/161/GASP (3) verhängt wurden, bis zum 20. Februar 2012 sowie auf die Verordnung (EG) Nr. 1226/2008 (4) der Kommission vom 8. Dezember 2008 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 314/2004 des Rates über bestimmte restriktive Maßnahmen gegenüber Simbabwe,

unter Hinweis auf die Erklärung zu Simbabwe, die die Hohe Vertreterin im Namen der Europäischen Union am 15 Februar 2011 abgegeben hat,

unter Hinweis auf das am 31. März 2011 auf dem Gipfel der Südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft (SADC) in Livingstone veröffentlichte Kommuniqué des für Politik, Verteidigung und Sicherheit zuständigen Organs der Troika,

unter Hinweis auf die Globale Politische Vereinbarung (GPA), die die Regierung der nationalen Einheit (GNU) im Februar 2009 begründete,

unter Hinweis auf die Afrikanische Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker, die Simbabwe ratifiziert hat,

gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass in den vergangenen Monaten Einschüchterung, willkürliche Festnahmen und Verschleppungen von politischen Gegnern der Zanu-PF erheblich zugenommen haben, wobei sich die Übergriffe gegen viele MDC-Mitglieder, mehrere Abgeordnete der MDC und wichtige Mitglieder der Führungsebene der MDC richteten, so Energieminister Elton Mangoma, Ko-Innenministerin Theresa Makone und den abgesetzten Präsidenten des Parlaments von Simbabwe, Lovemore Moyo,

B.

in der Erwägung, dass der Ministerpräsident von Simbabwe, Morgan Tsvangirai, selbst bestätigt hat, dass Präsident Robert Mugabe und die Zanu-PF-Partei die Bestimmungen der GPA von 2009 nicht umsetzen und Mitglieder der MDC-T und MDC-M, die der GNU angehören, gewaltsam einschüchtern,

C.

in der Erwägung, dass die GNU in den vergangenen zwei Jahren bestrebt war, dem Land Stabilität zu bringen, jedoch wegen absichtlicher Obstruktion seitens der Zanu-Pf keinen demokratischen Übergang durch glaubwürdige Wahlen vorbereiten konnte, und in der Erwägung, dass sich die bereits alarmierende politische, wirtschaftliche und humanitäre Lage in Simbabwe seit Dezember 2010 beträchtlich verschärft hat,

D.

in der Erwägung, dass die Sicherheitskräfte Simbabwes kürzlich die Büros mehrerer NRO (NRO-Menschenrechtsforum, Crisis in Zimbabwe Coalition) sowie die Zentrale der MDC durchsuchten, NRO-Unterlagen beschlagnahmten sowie willkürlich Angehörige von NRO und Personal der MDC-Partei für Befragungen festnahmen, die Festgenommenen allerdings dann ohne Anklage wieder freiließen,

E.

in der Erwägung, dass Jenni Williams und Magodonga Mahlangu, zwei Leiter der Organisation der Zivilgesellschaft Women of Simbabwe Arise (WOZA), sowie Abel Chikomo, Leiter der NRO Menschenrechtsforum für Simbabwe, und weitere Menschenrechtsverteidiger systematischen Schikanen seitens der Polizei ausgesetzt sind,

F.

in der Erwägung, dass die Sicherheitskräfte am 19. Februar 2011 46 Aktivisten der Zivilgesellschaft festnahmen und sie des Verrats beschuldigten, weil sie öffentlich ein Video über die jüngsten Volksaufstände in Nordafrika und im Nahen Osten gezeigt hatten, und dass einige dieser Aktivisten, während sie sich in Gewahrsam befanden, geschlagen, gefoltert und in Einzelhaft gehalten wurden,

G.

in der Erwägung, dass das Recht der MDC, politische Versammlungen abzuhalten, von den Sicherheitsdiensten Simbabwes eingeschränkt wurde, während es der Zanu-PF-Partei weiterhin freisteht, politische Versammlungen zu organisieren, was einen direkten Verstoß gegen die Verfassung von Simbabwe darstellt,

H.

in der Erwägung, dass die Zanu-PF derzeit mit äußerstem Nachdruck eine nationale Kampagne durchführt, um die Bürger Simbabwes zu veranlassen, eine Petition zu unterzeichnen, in der die Aufhebung der geltenden internationalen restriktiven Maßnahmen gegen Schlüsselfiguren der Clique von Mugabe gefordert wird, und dass diejenigen, die die Unterzeichnung der Petition verweigern, brutal geschlagen oder festgenommen wurden,

I.

in der Erwägung, dass sich die restriktiven Maßnahmen der EU spezifisch gegen 163 wichtige Mitglieder des ausbeuterischen Mugabe-Regimes und diejenigen, die zu dessen Machterhalt beigetragen haben, richten und keine Auswirkungen auf das Volk oder die Volkswirtschaft Simbabwes haben,

J.

in der Erwägung, dass die EU, die Vereinigen Staaten, Australien und Kanada weiterhin besorgt sind wegen der Menschenrechtslage auf den Diamantenfeldern von Chiadzwa (Marange), insbesondere wegen der Menschenrechtsverletzungen durch Mitglieder der Sicherheitsdienste Simbabwes, und daher der Zertifizierung von Diamanten aus Chiadzwa gemäß dem Kimberley-Prozess ablehnend gegenüberstehen,

K.

in der Erwägung, dass in Simbabwe nach jahrelanger Misswirtschaft seitens des Mugabe-Regimes weiterhin Armut herrscht und dass das Land umfassende humanitäre und sonstige Hilfe aus der EU und dem Vereinigten Königreich, den Niederlanden, Deutschland, Frankreich und Dänemark sowie aus den USA, Australien und Norwegen erhält, wodurch der Grundbedarf eines Großteils der Bevölkerung Simbabwes gedeckt wird,

L.

in der Erwägung, dass der Ministerpräsident Simbabwes die EU aufgefordert hat, die Beglaubigungsschreiben von Margaret Muchada, der designierten Botschafterin Simbabwes bei der EU, nicht zu akzeptieren, da ihre einseitige Ernennung durch Präsident Mugabe gegen die Verfassung Simbabwes und die Bestimmungen der GPA verstößt,

1.

fordert einen umgehenden Verzicht auf alle politisch motivierten Schikanen, Festnahmen und Gewalttaten seitens der staatlichen Sicherheitsdienste und Milizen Simbabwes, die entweder direkt der Kontrolle von Mugabe und der Zanu-PF-Partei unterstehen oder gegenüber diesen loyal sind; betont, dass die für entsprechende Verstöße und Verletzungen Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden müssen;

2.

fordert mit Nachdruck, dass dem Volk Simbabwes das Recht der freien Meinungsäußerung und die Versammlungsfreiheit zugestanden werden und dass alle Einschüchterungsversuche gegenüber Politikern und Aktivisten der Zivilgesellschaft (insbesondere Menschenrechtsaktivisten) eingestellt werden sowie dass jeder gewählte Vertreter, unabhängig von seiner politischen Zugehörigkeit, sowie NRO, politische Aktivisten, Presse und normale Bürger frei und ohne Furcht vor gewaltsamer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung oder Folter ihre Meinung äußern können;

3.

fordert die umgehende und bedingungslose Freilassung aller willkürlich Verhafteten, insbesondere von Angehörigen und Anhängern der MDC; verurteilt alle Haftbedingungen, die nicht im Einklang mit den internationalen Menschenrechtskonventionen stehen;

4.

fordert den Rat, die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sich gegenüber der AU und der SADC, insbesondere gegenüber Südafrika aktiv dahingehend zu engagieren, dass sichergestellt wird, dass Einschüchterung und Gewalt im Zusammenhang mit künftigen Wahlen in Simbabwe keinen Platz haben; vertritt allerdings die Auffassung, dass frühzeitige Wahlen die anstehenden Probleme betreffend politische und wirtschaftliche Reformen nicht lösen werden; ist der Ansicht, dass sämtliche Wahlen auf internationalen Normen, darunter Achtung der Menschenrechte, freie Meinungsäußerung und Freizügigkeit, und einem unverzüglichen Verzicht auf Schikanen und Festnahmen von Personen auf der Grundlage ihrer politischen Überzeugung basieren müssen;

5.

begrüßt das am 31. März 2011 in Livingstone veröffentlichte Kommuniqué der SADC-Troika und fordert die SADC auf, eine führende Rolle dahingehend zu übernehmen, dass gewährleistet wird, dass die Empfehlungen des Kommuniqués von allen Parteien in Simbabwe uneingeschränkt umgesetzt werden, um freie und faire Wahlen in Simbabwe zu organisieren;

6.

fordert alle politischen Parteien Simbabwes auf, sich auf einen Fahrplan im Hinblick auf die Organisation freier und fairer, international überwachter Wahlen in Simbabwe zu verständigen;

7.

fordert alle politischen Parteien Simbabwes auf, sich wieder umfassend für den anhaltenden Prozess einer Verfassungsreform zu engagieren, damit vor den nächsten Wahlen eine für das Volk Simbabwes akzeptable Verfassung Simbabwes verabschiedet werden kann;

8.

begrüßt die jüngst erfolgte Aktualisierung (Februar 2011) der Schwarzen Liste der EU von Personen und Körperschaften mit Verbindungen zum Mugabe-Regime; betont, dass diese restriktiven Maßnahmen ausschließlich auf die Kleptokratie in Simbabwe ausgerichtet sind und in keiner Weise Auswirkungen auf die Bevölkerung Simbabwes insgesamt haben werden;

9.

fordert die EU auf, ihre restriktiven Maßnahmen gegen Personen und Einrichtungen mit Verbindung zum herrschenden Mugabe-Regime aufrecht zu erhalten, bis ein Wandel zum Besseren in Simbabwe tatsächlich erwiesen ist; fordert den Rat, die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Schritte zu unternehmen, um diese Sachlage in Simbabwe und auf internationaler Ebene zu erläutern und sich aktiver für eine Unterstützung für einen raschen Übergang zu realer Demokratie und wirtschaftlichem Fortschritt im Land einzusetzen;

10.

fordert die EU auf, keinen Botschafter Simbabwes bei der EU zu akzeptieren, der nicht auf der Grundlage verfassungsmäßiger Verfahren und gemäß der GPA ernannt wurde;

11.

fordert, dass die staatlichen Organe Simbabwes ihren Verpflichtungen im Rahmen des Kimberley-Prozesses nachkommen, die Milizen aus den Diamantenfeldern in Marange vollständig abziehen und für Transparenz in Bezug auf die Einkünfte aus der Diamantenproduktion sorgen;

12.

spricht der EU und den Mitgliedstaaten und weiteren Ländern seine Anerkennung aus, die das Volk von Simbabwe weiterhin direkt unterstützen, und unterstreicht, dass sichergestellt werden muss, dass die entsprechende Unterstützung weiterhin über vertrauenswürdige NRO sowie gezielt erfolgt und diesbezüglich ordnungsgemäß Rechenschaft abgelegt wird, wobei Regierungsstellen zu vermeiden sind;

13.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, den Regierungen der G8-Länder, den Regierungen und Parlamenten von Simbabwe und Südafrika, dem Generalsekretär des Commonwealth, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, den Vorsitzenden der Kommission und des Exekutivrates der Afrikanischen Union, dem Panafrikanischen Parlament sowie dem Generalsekretär und den Regierungen der SADC und dessen Parlamentarischem Forum zu übermitteln.


(1)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0388.

(2)  ABl. L 42 vom 16.2.2011, S. 6.

(3)  ABl. L 50 vom 20.2.2004, S. 66.

(4)  ABl. L 331 vom 10.12.2008, S. 11.


III Vorbereitende Rechtsakte

EUROPÄISCHES PARLAMENT

Dienstag, 5. April 2011

2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/144


Dienstag, 5. April 2011
Inanspruchnahme des Europäischen Fonds zur Anpassung an die Globalisierung: Polen, Podkarpackie – Maschinenbau

P7_TA(2011)0120

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. April 2011 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung gemäß Nummer 28 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 17. Mai 2006 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin und die wirtschaftliche Haushaltsführung (Antrag EGF/2010/013 PL/Podkarpackie – Maschinenbau, Polen) (KOM(2011)0062 – C7-0056/2011 – 2011/2045(BUD))

2012/C 296 E/23

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (KOM(2011)0062 – C7-0056/2011),

gestützt auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 17. Mai 2006 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin und die wirtschaftliche Haushaltsführung (1) (IIV vom 17. Mai 2006), insbesondere auf Nummer 28,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1927/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 zur Einrichtung des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (2) (EGF-Verordnung),

in Kenntnis des Schreibens des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten,

in Kenntnis des Berichts des Haushaltsausschusses (A7-0059/2011),

A.

in der Erwägung, dass die Europäische Union die geeigneten Legislativ- und Haushaltsinstrumente geschaffen hat, um zusätzliche Unterstützung für Arbeitnehmer bereitzustellen, die von den Folgen weit reichender Strukturveränderungen im Welthandelsgefüge betroffen sind, und Hilfestellung bei ihrer Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu leisten,

B.

in der Erwägung, dass der Anwendungsbereich des EGF für ab dem 1. Mai 2009 gestellte Anträge befristet erweitert wurde und nun auch die Unterstützung von Arbeitnehmern umfasst, die infolge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise entlassen worden sind,

C.

in der Erwägung, dass die finanzielle Unterstützung der Union für entlassene Arbeitnehmer im Einklang mit der in der Konzertierungssitzung vom 17. Juli 2008 angenommenen Gemeinsamen Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission und unter gebührender Beachtung der IIV vom 17. Mai 2006 hinsichtlich der Annahme von Beschlüssen über die Inanspruchnahme des Fonds dynamischen Charakter haben und so zügig und effizient wie möglich bereitgestellt werden sollte,

D.

in der Erwägung, dass Polen Unterstützung in Fällen beantragt hat, die 594 Entlassungen (von denen 200 für Unterstützungsmaßnahmen vorgesehen sind) in drei Unternehmen im Wirtschaftszweig NACE Rev.2, Abteilung 28 (Maschinenbau) in der NUTS-II-Region Podkarpackie in Polen betreffen,

E.

in der Erwägung, dass der Antrag die in der EGF-Verordnung festgelegten Kriterien für die Förderfähigkeit erfüllt,

1.

fordert die beteiligten Organe auf, die erforderlichen Anstrengungen zu unternehmen, um die Inanspruchnahme des EGF zu beschleunigen; bekundet in diesem Sinne seine Wertschätzung des verbesserten Verfahrens, das die Kommission aufgrund der Forderung des Europäischen Parlaments nach Beschleunigung der Freigabe der Finanzhilfen eingeführt hat und das darauf abzielt, der Haushaltsbehörde die Bewertung der Kommission hinsichtlich der Förderfähigkeit eines EGF-Antrags zusammen mit dem Vorschlags zur Inanspruchnahme des Fonds vorzulegen; erwartet, dass im Rahmen der anstehenden Überprüfungen des EGF weitere Verbesserungen bezüglich des Verfahrens verwirklicht werden;

2.

erinnert an die von den Organen eingegangene Verpflichtung, ein reibungsloses und zügiges Verfahren für die Annahme von Beschlüssen über die Inanspruchnahme des EGF zu gewährleisten und eine einmalige, zeitlich begrenzte und personenbezogene Unterstützung für Arbeitnehmer zu leisten, die infolge der Globalisierung und der Finanz- und Wirtschaftskrise entlassen wurden; weist darauf hin, dass der EGF diesbezüglich eine wichtige Rolle bei der Wiedereingliederung von entlassenen Arbeitnehmern in den Arbeitsmarkt übernehmen kann; fordert allerdings eine Bewertung der langfristigen Integration dieser Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt als unmittelbare Konsequenz der aus dem EGF finanzierten Maßnahmen;

3.

unterstreicht, dass gemäß Artikel 6 der EGF-Verordnung sichergestellt werden sollte, dass aus dem EGF die Wiedereingliederung einzelner entlassener Arbeitnehmer in das Arbeitsleben unterstützt wird; weist erneut darauf hin, dass die Unterstützung aus dem EGF kein Ersatz für Maßnahmen, die gemäß nationalem Recht oder den Tarifverträgen den Unternehmen obliegen, oder für Maßnahmen zur Umstrukturierung von Unternehmen oder Sektoren sein darf;

4.

stellt fest, dass die übermittelten Angaben über das aus dem EGF zu finanzierende koordinierte Paket personalisierter Dienstleistungen detaillierte Informationen über die Komplementarität mit Maßnahmen, die aus den Strukturfonds finanziert werden, enthalten; fordert die Kommission erneut auf, auch in ihren Jahresberichten eine vergleichende Bewertung dieser Angaben vorzulegen;

5.

begrüßt die Tatsache, dass im Anschluss an wiederholte Forderungen des Parlaments im Haushaltsplan 2011 erstmals Zahlungsermächtigungen in Höhe von 47 608 950 EUR in der EGF-Haushaltslinie 04 05 01 veranschlagt sind; weist darauf hin, dass der EGF als gesondertes spezifisches Instrument mit eigenen Zielsetzungen und Fristen geschaffen wurde und daher zweckgebundene Mittel rechtfertigt, wodurch Mittelübertragungen aus anderen Haushaltslinien, wie in der Vergangenheit verzeichnet, vermieden werden, die sich negativ auf die Verwirklichung verschiedener politischer Ziele auswirken könnten;

6.

billigt den dieser Entschließung beigefügten Beschluss;

7.

beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss mit dem Präsidenten des Rates zu unterzeichnen und seine Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union zu veranlassen;

8.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung einschließlich der Anlage dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


(1)  ABl. C 139 vom 14.6.2006, S. 1.

(2)  ABl. L 406 vom 30.12.2006, S. 1.


Dienstag, 5. April 2011
ANLAGE

BESCHLUSS DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

über die Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung gemäß Nummer 28 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 17. Mai 2006 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin und die wirtschaftliche Haushaltsführung (Antrag EGF/2010/013 PL/Podkarpackie – Maschinenbau)

(Der Text dieser Anlage ist hier nicht wiedergegeben; er entspricht dem endgültigen Rechtsakt, Beschluss 2011/249/EU.)


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/146


Dienstag, 5. April 2011
Inanspruchnahme des Europäischen Fonds zur Anpassung an die Globalisierung: Tschechische Republik – UNILEVER

P7_TA(2011)0124

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. April 2011 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung gemäß Nummer 28 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 17. Mai 2006 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin und die wirtschaftliche Haushaltsführung (Antrag EGF/2010/010 CZ/Unilever, Tschechische Republik) (KOM(2011)0061 – C7-0055/2011 – 2011/2044 – (BUD))

2012/C 296 E/24

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (KOM(2011)0061 – C7-0055/2011),

gestützt auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 17. Mai 2006 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin und die wirtschaftliche Haushaltsführung (1) (IIV vom 17. Mai 2006), insbesondere auf Nummer 28,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1927/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 zur Einrichtung des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (2) (EGF-Verordnung),

in Kenntnis des Schreibens des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten,

in Kenntnis des Berichts des Haushaltsausschusses (A7-0060/2011),

A.

in der Erwägung, dass die Europäische Union die geeigneten Legislativ- und Haushaltsinstrumente geschaffen hat, um zusätzliche Unterstützung für Arbeitnehmer bereitzustellen, die von den Folgen weit reichender Strukturveränderungen im Welthandelsgefüge betroffen sind, und Hilfestellung bei ihrer Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu leisten,

B.

in der Erwägung, dass der Anwendungsbereich des EGF für ab dem 1. Mai 2009 gestellte Anträge befristet erweitert wurde und nun auch die Unterstützung von Arbeitnehmern umfasst, die infolge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise entlassen worden sind,

C.

in der Erwägung, dass die finanzielle Unterstützung der Union für entlassene Arbeitnehmer im Einklang mit der in der Konzertierungssitzung vom 17. Juli 2008 angenommenen Gemeinsamen Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission und unter gebührender Beachtung der IIV vom 17. Mai 2006 hinsichtlich der Annahme von Beschlüssen über die Inanspruchnahme des Fonds dynamischen Charakter haben und so zügig und effizient wie möglich bereitgestellt werden sollte,

D.

in der Erwägung, dass die Tschechische Republik Unterstützung in Fällen beantragt hat, die 634 Entlassungen (die sämtlich für Unterstützungsmaßnahmen vorgesehen sind) in dem im Einzelhandelsektor in der NUTS II-Region Střední Čechy tätigen Unternehmen Unilever ČR spol.sr.o betreffen,

E.

in der Erwägung, dass der Antrag die in der EGF-Verordnung festgelegten Kriterien für die Förderfähigkeit erfüllt,

1.

fordert die beteiligten Organe auf, die erforderlichen Anstrengungen zu unternehmen, um die Inanspruchnahme des EGF zu beschleunigen; bekundet in diesem Sinne seine Wertschätzung des verbesserten Verfahrens, das die Kommission aufgrund der Forderung des Europäischen Parlaments nach Beschleunigung der Freigabe der Finanzhilfen eingeführt hat und das darauf abzielt, der Haushaltsbehörde die Bewertung der Kommission hinsichtlich der Förderfähigkeit eines EGF-Antrags zusammen mit dem Vorschlags zur Inanspruchnahme des Fonds vorzulegen; erwartet, dass im Rahmen der anstehenden Überprüfungen des EGF weitere Verbesserungen bezüglich des Verfahrens verwirklicht werden;

2.

erinnert an die von den Organen eingegangene Verpflichtung, ein reibungsloses und zügiges Verfahren für die Annahme von Beschlüssen über die Inanspruchnahme des EGF zu gewährleisten und eine einmalige, zeitlich begrenzte und personenbezogene Unterstützung für Arbeitnehmer zu leisten, die infolge der Globalisierung und der Finanz- und Wirtschaftskrise entlassen wurden; weist darauf hin, dass der EGF diesbezüglich eine wichtige Rolle bei der Wiedereingliederung von entlassenen Arbeitnehmern in den Arbeitsmarkt übernehmen kann; fordert allerdings eine Bewertung der langfristigen Integration dieser Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt als unmittelbare Konsequenz der aus dem EGF finanzierten Maßnahmen;

3.

unterstreicht, dass gemäß Artikel 6 der EGF-Verordnung sichergestellt werden sollte, dass aus dem EGF die Wiedereingliederung einzelner entlassener Arbeitnehmer in das Arbeitsleben unterstützt wird; weist erneut darauf hin, dass die Unterstützung aus dem EGF kein Ersatz für Maßnahmen, die gemäß nationalem Recht oder den Tarifverträgen den Unternehmen obliegen, oder für Maßnahmen zur Umstrukturierung von Unternehmen oder Sektoren sein darf;

4.

bedauert, dass gemäß der EGF-Verordnung in der jetzigen Fassung keine Untersuchung der finanziellen Gesundheit, möglichen Steuerhinterziehung oder Beihilfesituation der multinationalen Unternehmen erforderlich ist, deren Umstrukturierung die Intervention des EGF rechtfertigt; ist der Ansicht, dass dieses Thema im Rahmen der bevorstehenden Revision der EGF-Verordnung behandelt werden sollte, ohne dass der Zugang entlassener Arbeitnehmer zum EGF gefährdet wird;

5.

stellt fest, dass die übermittelten Angaben über das aus dem EGF zu finanzierende koordinierte Paket personalisierter Dienstleistungen detaillierte Informationen über die Komplementarität mit Maßnahmen, die aus den Strukturfonds finanziert werden, enthalten; fordert die Kommission erneut auf, auch in ihren Jahresberichten eine vergleichende Bewertung dieser Angaben vorzulegen;

6.

begrüßt die Tatsache, dass im Anschluss an wiederholte Forderungen des Parlaments im Haushaltsplan 2011 erstmals Zahlungsermächtigungen in Höhe von 47 608 950 EUR in der EGF-Haushaltslinie 04 05 01 veranschlagt sind; weist darauf hin, dass der EGF als gesondertes spezifisches Instrument mit eigenen Zielsetzungen und Fristen geschaffen wurde und daher zweckgebundene Mittel rechtfertigt, wodurch Mittelübertragungen aus anderen Haushaltslinien, wie in der Vergangenheit verzeichnet, vermieden werden, die sich negativ auf die Verwirklichung verschiedener politischer Ziele auswirken könnten;

7.

billigt den dieser Entschließung beigefügten Beschluss;

8.

beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss mit dem Präsidenten des Rates zu unterzeichnen und seine Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union zu veranlassen;

9.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung einschließlich der Anlage dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


(1)  ABl. C 139 vom 14.6.2006, S. 1.

(2)  ABl. L 406 vom 30.12.2006, S. 1.


Dienstag, 5. April 2011
ANLAGE

BESCHLUSS DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

über die Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung gemäß Nummer 28 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 17. Mai 2006 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin und die wirtschaftliche Haushaltsführung (Antrag EGF/2010/010 CZ/Unilever, Tschechische Republik)

(Der Text dieser Anlage ist hier nicht wiedergegeben; er entspricht dem endgültigen Rechtsakt, Beschluss 2011/233/EU.)


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/148


Dienstag, 5. April 2011
Kontrolle der Ausfuhr von Gütern und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck ***I

P7_TA(2011)0125

Abänderungen des Europäischen Parlaments vom 5. April 2011 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1334/2000 über eine Gemeinschaftsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr von Gütern und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck KOM(2008)0854 – C7-0062/2010 – 2008/0249(COD))

2012/C 296 E/25

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

Der Vorschlag wurde am wie folgt abgeändert (1):

VORSCHLAG DER KOMMISSION

GEÄNDERTER TEXT

Abänderung 1

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Titel

Abänderung 2

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Erwägung 1

(1)

Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1334/2000 des Rates vom 22. Juni 2000 über eine Gemeinschaftsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr von Gütern und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck müssen Güter mit doppeltem Verwendungszweck (einschließlich Software und Technologie) bei ihrer Ausfuhr aus der Gemeinschaft wirksam kontrolliert werden.

(1)

Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1334/2000 des Rates vom 22. Juni 2000 , geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 428/2009 des Rates vom 5. Mai 2009 über eine Gemeinschaftsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr , der Verbringung, der Vermittlung und der Durchfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck (2) , müssen Güter mit doppeltem Verwendungszweck (einschließlich Software und Technologie) wirksam kontrolliert werden , wenn sie aus der Union ausgeführt, durch die Union durchgeführt oder infolge von Vermittlungstätigkeiten eines in der Union ansässigen oder niedergelassenen Vermittlers in ein Drittland geliefert werden .

Abänderung 3

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Erwägung 2

(2)

Eine gemeinschaftsweit einheitliche und widerspruchsfreie Durchführung der Kontrollen ist wünschenswert, um unlauteren Wettbewerb zwischen den Ausführern in der Gemeinschaft zu vermeiden und die Wirksamkeit der Sicherheitskontrollen in der ganzen Gemeinschaft zu gewährleisten.

(2)

Eine unionsweit einheitliche und widerspruchsfreie Durchführung der Kontrollen ist wünschenswert, um unlauteren Wettbewerb zwischen den Ausführern in der Union zu vermeiden , den Geltungsbereich der Allgemeinen Ausfuhrgenehmigungen und die Bedingungen für ihre Verwendung zu harmonisieren und die Wirksamkeit der Sicherheitskontrollen in der ganzen Union zu gewährleisten.

Abänderung 4

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Erwägung 3

(3)

In ihrer Mitteilung vom 18. Dezember 2006 hat die Kommission angeregt, neue Allgemeine Ausfuhrgenehmigungen der Gemeinschaft zu schaffen, um die gegenwärtige Rechtslage zu vereinfachen, die Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Wirtschaftszweige zu verbessern und für alle Ausführer in der Gemeinschaft gleiche Ausgangsbedingungen bei der Ausfuhr bestimmter Güter in bestimmte Bestimmungsländer herzustellen.

(3)

In ihrer Mitteilung vom 18. Dezember 2006 hat die Kommission angeregt, neue Allgemeine Ausfuhrgenehmigungen der Union zu schaffen, um die gegenwärtige Rechtslage zu vereinfachen, die Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Wirtschaftszweige zu verbessern und für alle Ausführer in der Union gleiche Ausgangsbedingungen bei der Ausfuhr bestimmter Güter in bestimmte Bestimmungsländer herzustellen.

Abänderung 5

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Erwägung 3 a (neu)

 

(3a)

Am 5. Mai 2009 nahm der Rat die Verordnung (EG) Nr. 428/2009 an. Die Verordnung (EG) Nr. 1334/2000 wurde entsprechend mit Wirkung vom 27. August 2009 aufgehoben. Die einschlägigen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1334/2000 gelten nur noch für Anträge auf Ausfuhrgenehmigungen, die vor dem 27. August 2009 eingereicht wurden.

Abänderung 6

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Erwägung 4

(4)

Um neue Allgemeine Ausfuhrgenehmigungen der Gemeinschaft für die Ausfuhr bestimmter nicht sensibler Güter in bestimmte nicht sensible Bestimmungsländer zu schaffen, muss die Verordnung (EG) Nr. 1334/2000 durch Hinzufügen neuer Anhänge geändert werden.

(4)

Um neue Allgemeine Ausfuhrgenehmigungen der Union für die Ausfuhr bestimmter spezieller Güter in bestimmte spezielle Bestimmungsländer zu schaffen, müssen die einschlägigen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 428/2009 durch Hinzufügen neuer Anhänge geändert werden.

Abänderung 7

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Erwägung 5

(5)

Die zuständigen Behörden des Niederlassungsmitgliedstaates des Ausführers sollten die Möglichkeit erhalten, die Verwendung der Allgemeinen Ausfuhrgenehmigungen im Sinne dieser Verordnung zu untersagen, wenn der Ausführer wegen Straftaten im Zusammenhang mit Ausfuhren mit dem Entzug des Rechts, diese Genehmigungen zu verwenden, bestraft worden ist.

(5)

Die zuständigen Behörden des Niederlassungsmitgliedstaates des Ausführers sollten die Möglichkeit erhalten, die Verwendung der Allgemeinen Ausfuhrgenehmigungen der Union im Sinne dieser Verordnung zu untersagen, wenn der Ausführer wegen Straftaten im Zusammenhang mit Ausfuhren mit dem Entzug des Rechts, diese Genehmigungen zu verwenden, bestraft worden ist.

Abänderung 9

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Erwägung 6

(6)

Die Verordnung (EG) Nr. 1334/2000 sollte daher entsprechend geändert werden.

(6)

Die Verordnung (EG) Nr. 428/2009 sollte daher entsprechend geändert werden.

Abänderung 10

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Artikel 1 – Nummer 2 a (neu)

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Artikel 13 – Absatz 6

 

(2a)

Artikel 13 Absatz 6 erhält folgende Fassung:

„6.   Alle nach diesem Artikel erforderlichen Mitteilungen erfolgen über sichere elektronische Mittel; dazu kann auch ein sicheres System zählen, das nach Artikel 19 Absatz 4 eingerichtet wird.“

Abänderung 11

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Artikel 1 – Nummer 2 b (neu)

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Artikel 19 – Absatz 4

 

(2b)

Artikel 19 Absatz 4 erhält folgende Fassung:

4.   Die Kommission richtet im Benehmen mit der nach Artikel 23 eingesetzten Koordinierungsgruppe ‚Güter mit doppeltem Verwendungszweck‘ ein sicheres, verschlüsseltes System für den Austausch von Informationen zwischen den Mitgliedstaaten und gegebenenfalls der Kommission ein. Das Europäische Parlament wird über die Haushaltsmittel für dieses System, dessen Entwicklung, dessen vorläufige und endgültige Struktur und Funktionsweise sowie über dessen Netzwerkkosten unterrichtet.“

Abänderung 12

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Artikel 1 – Nummer 2 c (neu)

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Artikel 23 – Absatz 2 a (neu)

 

(2c)

Dem Artikel 23 wird folgender Absatz angefügt:

„(2a)     Der Vorsitz der Koordinierungsgruppe ‚Güter mit doppeltem Verwendungszweck‘ legt dem Europäischen Parlament einen Jahresbericht über seine Tätigkeiten, geprüfte Fragen und Konsultationen sowie eine Liste der konsultierten Ausführer, Vermittler und Interessenträger vor.“

Abänderung 13

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Artikel 1 – Nummer 2 d (neu)

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Artikel 25

 

(2d)

Artikel 25 erhält folgende Fassung:

„Artikel 25

Überprüfung und Berichterstattung

1.    Jeder Mitgliedstaat unterrichtet die Kommission über die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die er zur Durchführung dieser Verordnung erlässt, einschließlich der Maßnahmen gemäß Artikel 24. Die Kommission übermittelt diese Angaben den übrigen Mitgliedstaaten.

2.    Die Kommission überprüft alle drei Jahre die Durchführung dieser Verordnung und legt dem Europäischen Parlament und dem Rat einen umfassenden Durchführungs- und Folgenabschätzungsbericht über ihre Anwendung vor; dieser Bericht kann Vorschläge zur Änderung der Verordnung enthalten. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission alle sachdienlichen Angaben zur Ausarbeitung dieses Berichts.

Spezielle Abschnitte des Berichts betreffen

a)

die Koordinierungsgruppe ‚Güter mit doppeltem Verwendungszweck‘ und dabei deren Tätigkeiten, geprüfte Fragen und Konsultationen sowie eine Liste der konsultierten Ausführer, Vermittler und Interessenträger;

b)

die Durchführung von Artikel 19 Absatz 4, wobei über den Stand der Einrichtung des sicheren, verschlüsselten Systems für den Austausch von Informationen zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission zu berichten ist;

c)

die Durchführung von Artikel 15 Absatz 1, in dem vorgesehen ist, dass Anhang I im Einklang mit den einschlägigen Verpflichtungen und Bindungen und deren Änderungen aktualisiert wird, die die Mitgliedstaaten als Mitglieder der internationalen Nichtverbreitungsregime und Ausfuhrkontrollvereinbarungen oder durch die Ratifizierung einschlägiger internationaler Verträge u. a. im Rahmen der Australischen Gruppe, des Trägertechnologie-Kontrollregimes, der Gruppe der Kernmaterial-Lieferländer, des Wassenaar-Arrangements und des Chemiewaffenübereinkommens eingegangen sind;

d)

die Durchführung von Artikel 15 Absatz 2, in dem vorgesehen ist, dass Anhang IV, bei dem es sich um eine Teilmenge von Anhang I handelt, unter Berücksichtigung des Artikels 36 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere der Interessen der Mitgliedstaaten in Bezug auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit, aktualisiert wird.

Ein weiterer spezieller Abschnitt des Berichts enthält umfassende Angaben über Sanktionen, einschließlich strafrechtlicher Sanktionen, für schwere Verstöße gegen die Bestimmungen dieser Verordnung, wie die vorsätzliche Ausfuhr von Gütern, die für die Verwendung im Rahmen eines Programms zur Entwicklung oder Herstellung von chemischen, biologischen oder atomaren Waffen oder von Flugkörpern für derartige Waffen bestimmt sind, ohne die nach dieser Verordnung vorgeschriebene Genehmigung erhalten zu haben, oder die Erteilung falscher oder unvollständiger Angaben zwecks Erlangung einer Genehmigung, die andernfalls versagt worden wäre.

4.     Das Europäische Parlament oder der Rat können die Kommission zu einer Ad-hoc-Sitzung des zuständigen Ausschusses des Europäischen Parlaments bzw. des Rates laden, damit sie alle Punkte hinsichtlich der Anwendung dieser Verordnung darlegt und erläutert.“

Abänderung 14

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Artikel 1 – Nummer 2 e (neu)

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Artikel 25 a (neu)

 

(2e)

Folgender Artikel wird eingefügt:

„Artikel 25a

Internationale Zusammenarbeit

Unbeschadet der Bestimmungen über zolltechnische Amtshilfevereinbarungen oder -protokolle, die die Union mit Drittländern geschlossen hat, kann die Kommission Vereinbarungen mit Drittländern über die gegenseitige Anerkennung von Ausfuhrkontrollen bei unter diese Verordnung fallenden Gütern mit doppeltem Verwendungszweck aushandeln, vornehmlich um Genehmigungspflichten für die Wiederausfuhr innerhalb des Gebiets der Union aufzuheben. Diesbezügliche Verhandlungen werden im Einklang mit den Verfahren des Artikels 207 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union bzw. den einschlägigen Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) geführt.

Falls von der Union finanzierte Projekte betroffen sind, kann die Kommission gegebenenfalls im Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften der Union oder der Vereinbarungen mit Drittländern ein Ad-hoc-Gremium vorschlagen, in dem alle zuständigen Behörden derMitgliedstaaten vertreten sind und das die Befugnis erhält, über die Ausfuhrgenehmigungen zu befinden, die erforderlich sind, damit diese Projekte, die die Verwendung von Gütern oder Technologien mit doppeltem Verwendungszweck beinhalten, ordnungsgemäß abgewickelt werden.“

Abänderung 15

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Anhang II b – Teil 3 – Absatz 5

5.

Im Sinne dieser Genehmigung sind „geringwertige Sendungen“ Güter, die in einem einzigen Ausfuhrantrag zusammengefasst und vom Ausführer in einer oder in mehreren Sendungen im Gesamtwert von höchstens 5 000 EUR an einen benannten Empfänger versandt werden. „Wert“ ist hierbei der dem Empfänger in Rechnung gestellte Preis; falls es keinen Empfänger oder keinen feststellbaren Preis gibt, wird der statistische Wert herangezogen.

5.

Im Sinne dieser Genehmigung sind „geringwertige Sendungen“ Güter, die in einem einzigen Ausfuhrvertrag zusammengefasst und vom Ausführer in einer oder in mehreren Sendungen im Gesamtwert von höchstens 3 000 EUR an einen benannten Empfänger versandt werden. Wenn eine Transaktion oder eine Handlung nachweislich im Rahmen eines integrierten Geschäftsvorgangs erfolgt, wird bei der Berechnung des Wertes dieser Genehmigung der Wert des gesamten Vorgangs berücksichtigt. „Wert“ ist hierbei der dem Empfänger in Rechnung gestellte Preis; falls es keinen Empfänger oder keinen feststellbaren Preis gibt, wird der statistische Wert herangezogen. Auf die Berechnung des statistischen Werts finden die Artikel 28 bis 36 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 Anwendung. Wenn der Wert nicht bestimmt werden kann, wird die Genehmigung nicht erteilt.

Zusätzliche Kosten, z. B. für die Verpackung oder die Verbringung, können bei der Berechnung ausgeschlossen werden, wenn sie

a)

auf der Rechnung gesondert ausgewiesen sind und

b)

und keine zusätzlichen Faktoren enthalten, die den Wert des Gutes beeinflussen.

Abänderung 16

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Anhang II b – Teil 3 – Absatz 5 a (neu)

 

5a.

Der in Artikel 5 in Euro festgesetzte Betrag wird jährlich, beginnend am 31. Oktober 2012, überprüft, um den von der Europäischen Kommission (Eurostat) veröffentlichten Änderungen der harmonisierten Verbraucherpreisindizes aller Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen. Der Betrag wird automatisch angepasst, indem der Grundbetrag in Euro um die prozentuale Änderung des genannten Indexes in der Zeit zwischen dem 31. Dezember 2010 und dem Zeitpunkt der Überprüfung erhöht wird.

Die Kommission unterrichtet das Europäische Parlament und den Rat jährlich über die Überprüfung und den nach Absatz 1 angepassten Betrag.

Abänderung 17

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Anhang II c – Teil 1 – Güter

1-1)

Diese Ausfuhrgenehmigung entspricht Artikel 6 Absatz 1 und erstreckt sich auf folgende Güter:

1-1)

Diese Ausfuhrgenehmigung entspricht Artikel 9 Absatz 1 und erstreckt sich auf folgende Güter:

Alle Güter mit doppeltem Verwendungszweck, die in einer Nummer des Anhangs I aufgeführt sind, mit Ausnahme der nachstehend in Absatz 1-2 aufgeführten Güter:

Alle Güter mit doppeltem Verwendungszweck, die in einer Nummer des Anhangs I aufgeführt sind, mit Ausnahme der nachstehend in Absatz 1-2 aufgeführten Güter:

a)

wenn die Güter auf das Hoheitsgebiet der Europäischen Gemeinschaft zur Wartung oder Instandsetzung eingeführt worden sind und ohne Veränderung ihrer ursprünglichen Eigenschaften in das Herkunftsland ausgeführt werden; oder

a)

wenn die Güter in das Zollgebiet der Union zur Wartung , zur Instandsetzung oder zum Ersatz zurück eingeführt worden sind und innerhalb von fünf Jahren ab dem Datum der Erteilung der ursprünglichen Ausfuhrgenehmigung ohne Veränderung ihrer ursprünglichen Eigenschaften in das Herkunftsland ausgeführt oder zurück ausgeführt werden; oder

b)

wenn im Austausch für Güter, die zur Instandsetzung oder zum Ersatz im Rahmen der Gewährleistung auf das Hoheitsgebiet der Europäischen Gemeinschaft zurück eingeführt wurden, Güter derselben Beschaffenheit und Zahl in das Herkunftsland ausgeführt werden.

b)

wenn im Austausch für Güter, die zur Wartung, zur Instandsetzung oder zum Ersatz in das Zollgebiet der Union zurück eingeführt wurden, innerhalb von fünf Jahren nach dem Datum der Erteilung der ursprünglichen Ausfuhrgenehmigung Güter derselben Beschaffenheit und Zahl in das Herkunftsland ausgeführt werden.

Abänderung 18

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Anhang II c – Teil 2 – Bestimmungsländer

Ägypten, Algerien, Amerikanische Jungferninseln, Andorra, Antigua und Barbuda, Äquatorialguinea, Argentinien, Aruba , Bahamas, Bahrain, Bangladesch, Barbados, Belize, Benin, Bhutan, Bolivien, Botsuana, Brasilien, Britische Jungferninseln, Brunei, Chile, China, Costa Rica, Dominica, Dominikanische Republik, Ecuador, Dschibuti, El Salvador, Falklandinseln, Färöer, Fidschi, Französische ÜG , Französisch-Guayana, Gabun, Gambia, Ghana, Gibraltar, Grenada, Grönland, Guadeloupe, Guam, Guatemala, Guinea-Bissau, Guyana, Honduras, Indien, Indonesien, Island, Israel, Jordanien , Kamerun, Kap Verde, Katar, Komoren, Kuwait, Lesotho, Liechtenstein, Macau, Madagaskar, Malawi, Malaysia, Malediven, Mali, Marokko, Martinique, Mauritius, Mexiko, Monaco , Montserrat, Namibia, Neukaledonien, Nicaragua, Niederländische Antillen, Niger, Nigeria, Oman, Panama, Papua-Neuguinea, Peru, Philippinen, Puerto Rico, Russland, Salomonen , Samoa, San Marino, São Tomé und Príncipe, Saudi-Arabien, Senegal, Seychellen, Singapur, Sonderverwaltungsregion Hongkong, Sri Lanka, St. Helena, St. Kitts und Nevis, St. Vincent und die Grenadinen, Südafrika, Südkorea, Suriname, Swasiland, Taiwan, Thailand, Togo, Trinidad und Tobago, Tunesien, Türkei, Turks- und Caicosinseln , Uruguay, Vanuatu, Venezuela, Vereinigte Arabische Emirate.

Albanien , Argentinien, Bosnien und Herzegowina, Brasilien, Chile, China (einschließlich Hongkong und Macao) , Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien , Französische überseeische Gebiete , Indien, Island, Israel, Kasachstan , Kroatien, Marokko, Mexiko, Montenegro , Russland, Serbien , Singapur, Südafrika, Südkorea, Tunesien, Türkei, Ukraine , Vereinigte Arabische Emirate.

Abänderung 19

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Anhang II c – Teil 3 – Absatz 1

1.

Diese allgemeine Genehmigung kann nur verwendet werden, wenn die ursprüngliche Ausfuhr gemäß einer allgemeinen Ausfuhrgenehmigung erfolgte oder die ursprüngliche Ausfuhrgenehmigung von den zuständigen Behörden desjenigen Mitgliedstaats erteilt wurde, in dem der ursprüngliche Ausführer niedergelassen war, und zwar für die Ausfuhr der Güter, die anschließend auf das Hoheitsgebiet der Gemeinschaft zur Instandsetzung oder zum Ersatz im Rahmen der Gewährleistung unter den folgenden Bedingungen zurück eingeführt worden sind.

1.

Diese allgemeine Genehmigung kann nur verwendet werden, wenn die ursprüngliche Ausfuhr gemäß einer allgemeinen Ausfuhrgenehmigung der Union erfolgte oder die ursprüngliche Ausfuhrgenehmigung von den zuständigen Behörden desjenigen Mitgliedstaats erteilt wurde, in dem der ursprüngliche Ausführer niedergelassen war, und zwar für die Ausfuhr der Güter, die anschließend in das Zollgebiet der Union zur Wartung, zur Instandsetzung oder zum Ersatz zurück eingeführt worden sind. Diese allgemeine Genehmigung gilt nur für Ausfuhren an den ursprünglichen Endnutzer.

Abänderung 20

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Anhang II c – Teil 3 – Absatz 2 – Nummer 4

(4)

bei einem im Wesentlichen identischen Vorgang, wenn die ursprüngliche Genehmigung widerrufen worden ist.

(4)

wenn die ursprüngliche Genehmigung annulliert, ausgesetzt, geändert oder widerrufen worden ist.

Abänderung 21

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Anhang II c – Teil 3 – Absatz 2 – Nummer 4 a (neu)

 

(4a)

wenn der Endverwendungszweck der betreffenden Güter nicht derselbe ist wie der in der ursprünglichen Ausfuhrgenehmigung angegebene.

Abänderung 22

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Anhang II c – Teil 3Absatz 3Nummer 2

(2)

dem Zoll auf dessen Verlangen Unterlagen über das Datum der Einfuhr der Güter in die Europäische Gemeinschaft , über jedwede Instandsetzung der Güter in der Europäischen Gemeinschaft und darüber vorlegen, dass die Güter zu der Person und in das Land zurückbefördert werden, aus dem sie in die Europäische Gemeinschaft eingeführt worden waren.

(2)

dem Zoll auf dessen Verlangen Unterlagen über das Datum der Einfuhr der Güter in die Union , über jedwede Instandsetzung der Güter in der Union und darüber vorlegen, dass die Güter zum Endnutzer und in das Land zurückbefördert werden, aus dem sie in die Union eingeführt worden waren.

Abänderung 48

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) 428/2009

Anhang IIc – Teil 3 – Ziffer 4

4.

Jeder Ausführer, der von dieser Genehmigung Gebrauch macht, muss die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem er (entsprechend der Definition in Artikel 6 Absatz 6) niedergelassenen ist, vom ersten Gebrauch der Genehmigung spätestens 30 Tage, nachdem die erste Ausfuhr stattgefunden hat, unterrichten.

4.

Jeder Ausführer, der von dieser Genehmigung Gebrauch macht, muss die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem er (entsprechend der Definition in Artikel 6 Absatz 6) niedergelassenen ist, vom ersten Gebrauch dieser Genehmigung spätestens 30 Tage, nachdem die erste Ausfuhr stattgefunden hat, bzw. entsprechend der Anordnung der Behörde desMitgliedstaats, in dem er niedergelassen ist, vor dem ersten Gebrauch dieser allgemeinen Ausfuhrgenehmigung unterrichten. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission das für diese allgemeine Ausfuhrgenehmigung gewählte Unterrichtungsverfahren mit. Die Kommission veröffentlicht die ihr übermittelten Informationen in Reihe C des Amtsblatts der Europäischen Union.

Die Mitgliedstaaten legen fest, wie über die Nutzung dieser Genehmigung Bericht erstattet wird und welche zusätzlichen Informationen der Mitgliedstaat, aus dem die Ausfuhr erfolgt, zu Gütern, die mit dieser Genehmigung ausgeführt werden, anfordern kann.

Ein Mitgliedstaat kann von dem in diesem Mitgliedstaat niedergelassenen Ausführer verlangen, sich vor dem ersten Gebrauch dieser Genehmigung registrieren zu lassen. Die Registrierung erfolgt automatisch und wird dem Ausführer von den zuständigen Behörden unverzüglich bestätigt, jedoch spätestens binnen 10 Arbeitstagen nach Eingang des Registrierungsantrags.

Gegebenenfalls müssen die Bestimmungen des zweiten und dritten Unterabsatzes auf den Bestimmungen beruhen, die Mitgliedstaaten, die nationale allgemeine Ausfuhrgenehmigungen ausstellen, für die Nutzung solcher Genehmigungen festgelegt haben.

Abänderung 24

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Anhang II d – Teil 2 – Bestimmungsländer

Argentinien, Bahrain , Bolivien, Brasilien, Brunei, Chile, China, Ecuador , Ägypten, Sonderverwaltungsregion Hongkong, Island, Jordanien , Kuwait, Malaysia, Mauritius, Mexiko, Marokko, Oman, Philippinien, Katar, Russland, Saudi-Arabien , Singapur, Südafrika, Südkorea , Tunesien, Türkei, Ukraine

Albanien , Argentinien, Bosnien und Herzegowina, Brasilien, Chile, China (einschließlich Hongkong und Macao) , Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien , Französische überseeische Gebiete, Indien, Island, Israel , Kasachstan, Kroatien, Marokko, Mexiko, Montenegro , Russland, Serbien , Singapur, Südafrika, Südkorea, Tunesien, Türkei, Ukraine , Vereinigte Arabische Emirate.

Abänderung 26

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Anhang II d – Teil 3 – Absatz 1 – Nummer 4 a (neu)

 

(4a)

bei denen der Ausführer ihre Zurückversetzung in ihren ursprünglichen Zustand ohne Entfernung, Kopieren oder Weitergabe irgendeines Bestandteils oder irgendeiner Software nicht garantieren kann oder bei denen eine Präsentation mit einem Technologietransfer verbunden ist;

Abänderung 27

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Anhang II d – Teil 3 – Absatz 1 – Nummer 4 b (neu)

 

(4b)

wenn die betreffenden Güter zum Zweck einer privaten Präsentation oder Demonstration (z. B. in internen Ausstellungsräumen) ausgeführt werden sollen;

Abänderung 28

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Anhang II d – Teil 3 – Absatz 1 – Nummer 4 c (neu)

 

(4c)

wenn die betreffenden Güter in ein Produktionsverfahren einfließen sollen;

Abänderung 29

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Anhang II d – Teil 3 – Absatz 1 – Nummer 4 d (neu)

 

(4d)

wenn die betreffenden Güter zu ihrem beabsichtigten Zweck verwendet werden sollen, mit Ausnahme der Mindestanforderungen für eine wirkungsvolle Demonstration, und wenn Dritten spezifische Testergebnisse nicht zur Verfügung gestellt werden;

Abänderung 30

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Anhang II d – Teil 3 – Absatz 1 – Nummer 4 e (neu)

 

(4e)

wenn die Ausfuhr infolge einer Handelstransaktion stattfinden soll, insbesondere wenn die betreffenden Güter verkauft, vermietet oder verleast werden;

Abänderung 31

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Anhang II d – Teil 3 – Absatz 1 – Nummer 4 f (neu)

 

(4f)

wenn die betreffenden Güter auf einer Ausstellung oder Messe nur zum Verkauf, zur Vermietung oder zum Leasing gelagert werden sollen, ohne dass eine Präsentation oder Demonstration erfolgt;

Abänderung 32

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Anhang II d – Teil 3 – Absatz 1 – Nummer 4 g (neu)

 

(4g)

wenn der Ausführer Vorkehrungen trifft, die zur Folge haben, dass er die betreffenden Güter nicht während der gesamten Dauer der vorübergehenden Ausfuhr unter Kontrolle hat;

Abänderung 25

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Anhang II d – Teil 3 – Absatz 1 a (neu)

 

1a.

Diese Allgemeingenehmigung berechtigt zur Ausfuhr von in Teil 1 aufgeführten Gütern unter der Bedingung, dass die Ausfuhr eine vorübergehende Ausfuhr zu Ausstellungen oder Messen ist und dass die Güter binnen 120 Tagen nach der ursprünglichen Ausfuhr vollständig und unverändert wieder in das Zollgebiet der Union eingeführt werden sollen.

Abänderung 49

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) 428/2009

Anhang IId – Teil 3 – Ziffer 3

3.

Jeder Ausführer, der von dieser Allgemeingenehmigung Gebrauch macht, muss die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem er (entsprechend der Definition in Artikel 6 Absatz 6) niedergelassenen ist, vom ersten Gebrauch dieser Genehmigung spätestens 30 Tage, nachdem die erste Ausfuhr stattgefunden hat, unterrichten.

3.

Jeder Ausführer, der von dieser Genehmigung Gebrauch macht, muss die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem er (entsprechend der Definition in Artikel 6 Absatz 6) niedergelassenen ist, vom ersten Gebrauch dieser Genehmigung spätestens 30 Tage, nachdem die erste Ausfuhr stattgefunden hat, bzw. entsprechend der Anordnung der Behörde des Mitgliedstaats, in dem er niedergelassen ist, vor dem ersten Gebrauch dieser allgemeinen Ausfuhrgenehmigung unterrichten. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission das für diese allgemeine Ausfuhrgenehmigung gewählte Unterrichtungsverfahren mit. Die Kommission veröffentlicht die ihr übermittelten Informationen in Reihe C des Amtsblatts der Europäischen Union.

Die Mitgliedstaaten legen fest, wie über die Nutzung dieser Genehmigung Bericht erstattet wird und welche zusätzlichen Informationen der Mitgliedstaat, aus dem die Ausfuhr erfolgt, zu Gütern, die mit dieser Genehmigung ausgeführt werden, anfordern kann.

Ein Mitgliedstaat kann von dem in diesem Mitgliedstaat niedergelassenen Ausführer verlangen, sich vor dem ersten Gebrauch dieser Genehmigung registrieren zu lassen. Die Registrierung erfolgt automatisch und wird dem Ausführer von den zuständigen Behörden unverzüglich bestätigt, jedoch spätestens binnen 10 Arbeitstagen nach Eingang des Registrierungsantrags.

Gegebenenfalls müssen die Bestimmungen des zweiten und dritten Unterabsatzes auf den Bestimmungen beruhen, die Mitgliedstaaten, die nationale allgemeine Ausfuhrgenehmigungen ausstellen, für die Nutzung solcher Genehmigungen festgelegt haben.

Abänderung 34

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Anhang II d – Teil 3 – Absatz 4

4.

Für die Zwecke dieser Genehmigung ist „Ausstellung“ jede Handels- oder Industrieausstellung, Messe oder ähnliche öffentliche Zurschaustellung, die nicht zu privaten Zwecken in Ladengeschäften oder auf Unternehmensgrundstücken zum Zweck des Verkaufs ausländischer Güter durchgeführt wird, während derer die Güter unter Zollaufsicht verbleiben .

4.

Für die Zwecke dieser Genehmigung ist „Ausstellung oder Messe“ eine kommerzielle Veranstaltung von bestimmter Dauer, bei der mehrere Aussteller ihre Produkte Messebesuchern oder der allgemeinen Öffentlichkeit präsentieren.

Abänderung 35

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) Nr. 428/2009 Anhang II e

ANHANG II e

ALLGEMEINE AUSFUHRGENEHMIGUNG DER GEMEINSCHAFT Nr. EU005

Computer und Zubehör

Ausstellende Behörde: Europäische Gemeinschaft

Teil 1

Diese Ausfuhrgenehmigung entspricht Artikel 6 Absatz 1 und erstreckt sich auf folgende Güter des Anhangs I:

1.

Digitalrechner der Nummern 4A003a oder 4A003b, die eine „Angepasste Spitzenleistung“ („APP“) von 0,8 gewichteten Teraflops (WT) nicht überschreiten.

2.

Elektronische Baugruppen der Nr. 4A003c, besonders konstruiert oder geändert zur Steigerung der Rechenleistung durch Zusammenschalten von Prozessoren, wobei die „angepasste Spitzenleistung“ („APP“) der Zusammenschaltung 0,8 gewichtete Teraflops (WT) nicht überschreitet.

3.

Ersatzteile einschließlich Mikroprozessoren für die oben genannten Geräte, die ausschließlich unter 4A003a, 4A003b oder 4A003c aufgeführt sind und die Leistung der Geräte nicht über eine „Angepasste Spitzenleistung“ (APP) von 0,8 gewichteten Teraflops (WT) hinaus erhöhen.

4.

Die unter den Nummern 3A001a5, 4A003e und 4A003g beschriebenen Güter.

Teil 2 —     Bestimmungsländer

Die Ausfuhrgenehmigung gilt in der gesamten Gemeinschaft für Ausfuhren nach folgenden Bestimmungszielen:

Ägypten, Algerien, Amerikanische Jungferninseln, Andorra, Antigua und Barbuda, Äquatorialguinea, Argentinien, Aruba, Bahamas, Bahrain, Barbados, Belize, Benin, Bhutan, Bolivien, Botsuana, Brasilien, Britische Jungferninseln, Brunei, Chile, Costa Rica, Dominica, Dominikanische Republik, Dschibuti, Ecuador, El Salvador, Falklandinseln, Färöer, Fidschi, Französische ÜG, Französisch-Guayana, Gabun, Gambia, Ghana, Gibraltar, Grenada, Grönland, Guadeloupe, Guam, Guatemala, Guinea-Bissau, Guyana, Honduras, Indien, Island, Jordanien, Kamerun, Kap Verde, Katar, Komoren, Kroatien, Kuwait, Lesotho, Liechtenstein, Madagaskar, Malawi, Malaysia, Malediven, Mali, Marokko, Martinique, Mauritius, Mexiko, Moldau, Monaco, Mongolei, Montserrat, Namibia, Neukaledonien, Nicaragua, Niederländische Antillen, Niger, Oman, Sonderverwaltungsregion Hongkong, Panama, Papua-Neuguinea, Peru, Philippinen, Puerto Rico, Russland, Salomonen, Samoa, San Marino, São Tomé und Príncipe, Saudi-Arabien, Senegal, Seychellen, Singapur, St. Helena, St. Kitts und Nevis, St. Vincent und die Grenadinen, Südafrika, Südkorea, Suriname, Swasiland, Togo, Trinidad und Tobago, Tunesien, Türkei, Turks- und Caicosinseln, Ukraine, Uruguay, Vanuatu, Vereinigte Arabische Emirate.

Teil 3 —     Nebenbestimmungen und Voraussetzungen für die Verwendung dieser Genehmigung

1.

Diese Genehmigung gilt nicht als Genehmigung für die Ausfuhr von Gütern:

(1)

die laut Benachrichtigung des Ausführers durch die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem er niedergelassen ist, dazu bestimmt sind oder sein können,

(a)

im Zusammenhang mit der Entwicklung, Herstellung, Handhabung, dem Betrieb, der Wartung, Lagerung, Aufspürung, Erkennung oder Vorbereitung von chemischen, biologischen oder Kernwaffen oder anderen atomaren Sprengkörpern oder der Entwicklung, Herstellung, Wartung oder Lagerung von Flugkörpern, die sich als Träger für solche Waffen eignen, verwendet zu werden,

(b)

letztendlich militärisch verwendet zu werden, wenn gegen das Käuferland oder das Bestimmungsland ein Waffenembargo aufgrund eines vom Rat festgelegten Gemeinsamen Standpunkts oder einer vom Rat verabschiedeten Gemeinsamen Aktion oder einer Entscheidung der OSZE oder ein Waffenembargo aufgrund einer verbindlichen Resolution des VN-Sicherheitsrates verhängt wurde, oder

(c)

für die Verwendung als Bestandteile von militärischen Gütern, die in nationalen Militärlisten aufgeführt sind und aus dem Hoheitsgebiet des jeweiligen Mitgliedstaats ohne Genehmigung oder unter Verstoß gegen eine aufgrund innerstaatlicher Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats erteilte Genehmigung ausgeführt wurden, verwendet zu werden;

(2)

von denen dem Ausführer bekannt ist, dass sie ganz oder teilweise für eine der in Artikel 4 Absätze 1 und 2 angeführten Verwendungen bestimmt sind;

(3)

wenn die Güter nach einem Zollfreigebiet oder einem Zollfreilager ausgeführt werden, das in einem unter die Genehmigung fallenden Bestimmungsziel liegt.

2.

Jeder Ausführer, der von dieser Genehmigung Gebrauch macht, muss

(1)

die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem er (entsprechend der Definition in Artikel 6 Absatz 6) niedergelassen ist, vom ersten Gebrauch der Genehmigung spätestens 30 Tage nach dem Datum der ersten Ausfuhr unterrichten;

(2)

dem Käufer vor der Ausfuhr mitteilen, dass die Güter, die er gemäß dieser Genehmigung auszuführen beabsichtigt, nicht an einen endgültigen Bestimmungsort in einem Land wiederausgeführt werden dürfen, das kein Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft oder keine französische überseeische Gebietskörperschaft und nicht in Teil 2 dieser Genehmigung genannt ist.

entfällt

Abänderung 36

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Anhang II f – Teil 1 – Absätze 3 und 4

3.

Güter, die in Kategorie 5 Teil 2 A bis D (Informationssicherheit) aufgeführt sind, einschließlich besonders konstruierter Bestandteile oder besonders entwickelten Zubehörs hierfür, wie folgt:

(a)

Unter den folgenden Nummern angegebene Güter, sofern ihre kryptografischen Funktionen nicht für staatliche Endbenutzer in der Europäischen Gemeinschaft konstruiert oder geändert worden sind:

5A002a1;

Software der Position 5D002c1, die die Eigenschaften der von Unternummer 5A002a1 erfassten Geräte besitzt oder deren Funktionen ausführt oder simuliert;

(b)

unter 5B002 angegebene Ausrüstung für unter Buchstabe a angegebene Güter;

(c)

Software als Bestandteil von Ausrüstung, deren Merkmale oder Funktionen unter Buchstabe b angegeben sind.

4.

Technologie für die Verwendung von unter 3a bis 3c aufgeführten Gütern.

entfällt

Abänderung 37

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Anhang II f – Teil 2 – Bestimmungländer

Argentinien, Kroatien, Russland, Südafrika, Südkorea, Türkei, Ukraine

Argentinien, China (einschließlich Hongkong und Macao), Kroatien, Island, Indien, Israel, Russland, Südafrika, Südkorea, Türkei, Ukraine

Abänderung 39

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Anhang II f – Teil 3 – Absatz 1 – Nummer 1 – Buchstabe c b (neu)

 

(cb)

im Zusammenhang mit Verstößen gegen die Menschenrechte, die Grundsätze der Demokratie oder die Meinungsfreiheit, wie sie in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union festgelegt sind, auf die Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union Bezug nimmt, verwendet zu werden, indem Abfangtechniken und Vorrichtungen der digitalen Datenübertragung zur Überwachung von Mobiltelefonen und Textnachrichten und zur gezielten Beobachtung der Internet-Nutzung (z. B. durch Überwachungsstellen und Schnittstellen zur legalen Überwachung [„Lawful Interception Gateways“]) eingesetzt werden;

Abänderung 40

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Anhang II f – Teil 3 – Absatz 1 – Nummer 2

(2)

von denen dem Ausführer bekannt ist, dass sie ganz oder teilweise für eine der in Artikel 4 Absätze 1 und 2 angeführten Verwendungen bestimmt sind.

(2)

von denen dem Ausführer bekannt ist, dass sie ganz oder teilweise für eine der in Unterabsatz 1 angeführten Verwendungen bestimmt sind;

Abänderung 41

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Anhang II f – Teil 3 – Absatz 1 – Nummer 2 a (neu)

 

(2a)

wenn dem Ausführer bekannt ist, dass die Güter in ein anderes Bestimmungsland als eines der in Teil 2 dieser Genehmigung bzw. Teil 2 der Allgemeinen Ausfuhrgenehmigung der Gemeinschaft Nr. EU001 aufgeführten Bestimmungsländer oder in die Mitgliedstaaten wieder ausgeführt werden.

Abänderung 50

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) 428/2009

Anhang IIf – Teil 3 – Ziffer 3 – Punkt 1

(1)

die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem er (entsprechend der Definition in Artikel 6 Absatz 6) niedergelassen ist, vom ersten Gebrauch der Genehmigung spätestens 30 Tage nach dem Datum der ersten Ausfuhr unterrichten;

(1)

die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem er (entsprechend der Definition in Artikel 6 Absatz 6) niedergelassen ist, vom ersten Gebrauch dieser Genehmigung spätestens 30 Tage, nachdem die erste Ausfuhr stattgefunden hat, bzw. entsprechend der Anordnung der Behörde des Mitgliedstaats, in dem er niedergelassen ist, vor dem ersten Gebrauch dieser allgemeinen Ausfuhrgenehmigung unterrichten. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission das für diese allgemeine Ausfuhrgenehmigung gewählte Unterrichtungsverfahren mit. Die Kommission veröffentlicht die ihr übermittelten Informationen in Reihe C des Amtsblatts der Europäischen Union.

Die Mitgliedstaaten legen fest, wie über die Nutzung dieser Genehmigung Bericht erstattet wird und welche zusätzlichen Informationen der Mitgliedstaat, aus dem die Ausfuhr erfolgt, zu Gütern, die mit dieser Genehmigung ausgeführt werden, anfordern kann. Ein Mitgliedstaat kann von dem in diesem Mitgliedstaat niedergelassenen Ausführer verlangen, sich vor dem ersten Gebrauch dieser Genehmigung registrieren zu lassen. Die Registrierung erfolgt automatisch und wird dem Ausführer von den zuständigen Behörden unverzüglich bestätigt, jedoch spätestens binnen 10 Arbeitstagen nach Eingang des Registrierungsantrags. Gegebenenfalls müssen die Bestimmungen des zweiten und dritten Unterabsatzes auf den Bestimmungen beruhen, die Mitgliedstaaten, die nationale allgemeine Ausfuhrgenehmigungen ausstellen, für die Nutzung solcher Genehmigungen festgelegt haben.

Abänderung 43

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Anhang II g – Teil 2 – Bestimmungsländer

Argentinien, Bangladesch, Belize, Benin, Bolivien, Brasilien, Chile, Cook-Insel, Costa Rica, Dominica, Ecuador, El Salvador, Fidschi, Georgien, Guatemala, Guyana, Indien, Kamerun, Lesotho, Malediven, Mauritius, Mexiko, Namibia, Nicaragua, Oman, Panama, Paraguay, Peru, Republik Korea, Russland, Seychellen, Sri Lanka, St. Lucia, Südafrika, Swasiland, Türkei, Ukraine, Uruguay .

Argentinien

Island

Kroatien

Südkorea

Türkei

Ukraine.

Abänderung 44

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Anhang II g – Teil 3 – Absatz 1 – Nummer 2

(2)

von denen dem Ausführer bekannt ist, dass sie ganz oder teilweise für eine der in Artikel 4 Absätze 1 und 2 angeführten Verwendungen bestimmt sind.

(2)

die ganz oder teilweise für eine der in Artikel 4 Absätze 1 und 2 angeführten Verwendungen bestimmt sind.

Abänderung 45

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) Nr. 428/2009

Anhang II g – Teil 3 – Absatz 1 – Nummer 2 a (neu)

 

(2a)

wenn dem Ausführer bekannt ist, dass die Güter in ein anderes Bestimmungsland als eines der in Teil 2 dieser Genehmigung bzw. Teil 2 der Allgemeinen Ausfuhrgenehmigung der Gemeinschaft Nr. EU001 aufgeführten Bestimmungsländer oder in die Mitgliedstaaten wieder ausgeführt werden.

Abänderung 51

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Anhang

Verordnung (EG) 428/2009

Anhang IIg – Teil 3 – Ziffer 4 – Punkt 1

(1)

die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem er (entsprechend der Definition in Artikel 6 Absatz 6) niedergelassen ist, vom ersten Gebrauch der Genehmigung spätestens 30 Tage nach dem Datum der ersten Ausfuhr unterrichten;

(1)

die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem er (entsprechend der Definition in Artikel 6 Absatz 6) niedergelassen ist, vom ersten Gebrauch dieser Genehmigung spätestens 30 Tage, nachdem die erste Ausfuhr stattgefunden hat, bzw. entsprechend der Anordnung der Behörde des Mitgliedstaats, in dem er niedergelassen ist, vor dem ersten Gebrauch dieser allgemeinen Ausfuhrgenehmigung unterrichten. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission das für diese allgemeine Ausfuhrgenehmigung gewählte Unterrichtungsverfahren mit. Die Kommission veröffentlicht die ihr übermittelten Informationen in Reihe C des Amtsblatts der Europäischen Union.

Die Mitgliedstaaten legen fest, wie über die Nutzung dieser Genehmigung Bericht erstattet wird und welche zusätzlichen Informationen der Mitgliedstaat, aus dem die Ausfuhr erfolgt, zu Gütern, die mit dieser Genehmigung ausgeführt werden, anfordern kann. Ein Mitgliedstaat kann von dem in diesem Mitgliedstaat niedergelassenen Ausführer verlangen, sich vor dem ersten Gebrauch dieser Genehmigung registrieren zu lassen. Die Registrierung erfolgt automatisch und wird dem Ausführer von den zuständigen Behörden unverzüglich bestätigt, jedoch spätestens binnen 10 Arbeitstagen nach Eingang des Registrierungsantrags. Gegebenenfalls müssen die Bestimmungen des zweiten und dritten Unterabsatzes auf den Bestimmungen beruhen, die Mitgliedstaaten, die nationale allgemeine Ausfuhrgenehmigungen ausstellen, für die Nutzung solcher Genehmigungen festgelegt haben.

(1)  Der Gegenstand wurde sodann gemäß Artikel 57 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Geschäftsordnung an den Ausschuss zurücküberwiesen (A7-0028/2011).

(2)   ABl. L 134 vom 29.5.2009, S. 1.


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/165


Dienstag, 5. April 2011
Öffentlich unterstützte Exportkredite ***I

P7_TA(2011)0126

Abänderungen des Europäischen Parlaments vom 5. April 2011 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Anwendung bestimmter Leitlinien auf dem Gebiet der öffentlich unterstützten Exportkredite (KOM(2006)0456 – C7-0050/2010 – 2006/0167(COD))

2012/C 296 E/26

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

Der Vorschlag wurde wie folgt abgeändert (1):

VORSCHLAG DER KOMMISSION

GEÄNDERTER TEXT

Abänderung 1

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 2 a (neu)

 

(2a)

Das Übereinkommen hat dazu beigetragen, die Auswirkungen der derzeitigen Wirtschafts- und Finanzkrise abzuschwächen, indem Handel und Investitionen von Unternehmen, denen im privaten Sektor sonst keine Kredite gewährt würden, unterstützt und dadurch Arbeitsplätze geschaffen wurden.

Abänderung 2

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 2 b (neu)

 

(2b)

Die Exportkreditagenturen sollten die Ziele und die Politik der Union berücksichtigen und achten. Bei der Unterstützung von Unternehmen mit Sitz in der Union sollten die Agenturen die Grundsätze und Normen der Union in Bereichen wie Konsolidierung der Demokratie, Achtung der Menschenrechte und entwicklungspolitische Kohärenz einhalten und fördern.

Abänderung 3

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 2 c (neu)

 

(2c)

Die Exportkreditagenturen der Mitgliedstaaten sollten die eingehenden Anträge jedoch aufmerksam prüfen und dabei berücksichtigen, dass die in Form von Exportkrediten bereitgestellte öffentliche Hilfe mittel- und langfristig möglicherweise zur Staatsverschuldung des jeweiligen Mitgliedstaates beitragen kann, insbesondere angesichts des größeren Ausfallrisikos nach der Finanzkrise.

Abänderung 4

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 2 d (neu)

 

(2d)

Exportkreditagenturen sollten eingehende Anträge sorgfältig prüfen, um mit der geleisteten öffentlichen Unterstützung einen möglichst großen Nutzen zu erzielen, und dabei berücksichtigen, dass zweckmäßig ausgerichtete Exportkredite dazu beitragen, Unternehmen und insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) mit Sitz in der Union neue Möglichkeiten des Marktzugangs zu erschließen und gleichzeitig offenen und fairen Handel und ein für beide Seiten vorteilhaftes Wachstum in der Zeit nach der Krise zu fördern.

Abänderung 5

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 2 e (neu)

 

(2e)

Die OECD fordert die Offenlegung von Informationen über Exportkredite von ihren Mitgliedern, um zu verhindern, dass ihr Verhalten zu Protektionismus oder Marktverzerrungen führt. Innerhalb der Union sollte Transparenz gewährleistet werden, um gleiche Bedingungen für die Mitgliedstaaten zu schaffen.

Abänderung 6

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 2 f (neu)

 

(2f)

Die Exportkreditagenturen sind inzwischen die größten öffentlichen Geldgeber der Entwicklungsländer. Demnach machen die Schulden im Zusammenhang mit Exportkrediten den Großteil der Staatsverschuldung der Entwicklungsländer aus. Die Projektfinanzierung für Exportkredite in Entwicklungsländern konzentriert sich zu einem erheblichen Teil auf Sektoren wie Verkehr, Erdöl- und Erdgasgewinnung, Bergbau und großtechnische Anlagen, beispielsweise große Staudämme.

Abänderung 7

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 2 g (neu)

 

(2 g)

Die Teilnehmer des Übereinkommens bemühen sich kontinuierlich darum, Marktverzerrungen zu minimieren und gleiche Bedingungen zu schaffen, in deren Rahmen die von den öffentlich unterstützten Exportkreditagenturen der OECD-Mitglieder berechneten Prämien vom Risiko abhängen und die langfristigen Kosten und Verluste decken. Um dieses Ziel rascher zu erreichen, sind Transparenz und die Berichterstattung durch die öffentlich unterstützten Exportkreditagenturen erforderlich.

Abänderung 8

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 2 h (neu)

 

(2h)

Zur Unterstützung der kontinuierlichen Bemühungen in der OECD um höhere Standards in Bezug auf Transparenz und Berichterstattung für öffentlich unterstützte Exportkreditagenturen von OECD-Mitgliedern und Nichtmitgliedern sollten in der Union zusätzliche Transparenz- und Berichterstattungsauflagen für in der Union niedergelassene öffentlich unterstützte Exportkreditagenturen gemäß Anhang 1a dieser Verordnung gelten.

Abänderung 9

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 2 i (neu)

 

(2i)

Aufbau und Konsolidierung von Demokratie und Rechtstaatlichkeit sowie Achtung der Menschenrechte und der in Artikel 21 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) festgelegten und in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union genannten Grundfreiheiten sowie der Grundsätze des Umweltschutzes und der allgemeinen Grundsätze der sozialen Verantwortung der Unternehmen (SVU), ergänzt um weitere Beispiele international bewährter Verfahren, sollten als Leitlinien für alle Projekte dienen, die von in der Union niedergelassenen öffentlich unterstützten Exportkreditagenturen finanziert werden, und eine Folgenabschätzung in den Bereichen Umwelt und Soziales umfassen, die den Menschenrechten und den in die Vorschriften des Umwelt- und Sozialrechts der Union übernommenen Standards Rechnung trägt, die für die von Exportkreditagenturen finanzierten Sektoren und Projekte von Bedeutung sind. Die „Common Approaches“ der OECD sehen bereits in ihrer derzeitigen Fassung die Verwendung der Standards der Europäischen Gemeinschaft in den Bereichen Korruption, nachhaltige Kreditvergabe und Umweltschutz als Maßstab bei der Projektprüfung als ausdrückliche Option vor. Der Rückgriff auf diese Bestimmung sollte weiter gefördert werden, wobei zu berücksichtigen ist, dass Projektsponsoren, Exporteure, Finanzinstitute und Exportkreditagenturen unterschiedliche Funktionen, Verantwortlichkeiten und eine unterschiedliche Hebelwirkung in Bezug auf öffentlich unterstützte Projekte haben.

Abänderung 10

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 2 j (neu)

 

(2j)

Die Klimaschutzziele der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten im Sinn ihrer unionsrechtlichen und internationalen Verpflichtungen sollten als Leitlinie für alle Projekte dienen, die von in der Union niedergelassenen öffentlich unterstützten Exportkreditagenturen finanziert werden. Hierzu gehören: die Schlusserklärung der Staats- und Regierungschefs beim G20-Gipfel in Pittsburgh vom 24. und 25. September 2009 über die schrittweise Abschaffung von Subventionen für fossile Brennstoffe, das Ziel der Union, bis 2020 ihre Treibhausgasemissionen gegenüber dem Niveau von 1990 um 30 % zu verringern, die Energieeffizienz um 20 % zu erhöhen und 20 % des Energieverbrauchs durch erneuerbare Energieträger zu decken, und das Ziel der Union, ihre Treibhausgasemissionen bis 2050 um 80 bis 95 % zu senken. DieAbschaffung von Subventionen für fossile Brennstoffe sollte mit Maßnahmen einhergehen, die gewährleisten, dass keine negativen Auswirkungen auf den Lebensstandardvon Arbeitnehmern und Armen entstehen.

Abänderung 11

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 2 k (neu)

 

(2k)

Die Grundsätze der SVU, die international sowohl von der OECD als auch von der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) und den Vereinten Nationen uneingeschränkt anerkannt werden, betreffen das von den Unternehmen erwartete verantwortungsvolle Handeln und setzen insbesondere die Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften voraus, vor allem in den Bereichen Beschäftigung, Arbeitsbeziehungen, Menschenrechte, Umweltschutz, Verbraucherinteressen und Transparenz gegenüber den Verbrauchern, Korruptionsbekämpfung und Besteuerung. Ferner sind die besondere Lage und die besonderen Fähigkeiten von KMU zu berücksichtigen.

Abänderung 12

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 2 l (neu)

 

(2l)

Angesichts des verstärkten Wettbewerbs auf den Weltmärkten und um Wettbewerbsnachteilen für Unternehmen in der Union entgegenzuwirken, sollten sich die Kommission und die Mitgliedstaaten im Rahmen der OECD stärker um die Einbeziehung der Staaten, die sich nicht am Übereinkommen beteiligen, bemühen und bilaterale und multilaterale Verhandlungen dazu nutzen, weltweite Standards für öffentlich unterstützte Exportkredite festzulegen. Weltweite Standards in diesem Bereich sind eine Voraussetzung für gleiche Bedingungen im Welthandel.

Abänderung 13

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 2 m (neu)

 

(2 m)

Zwar sind OECD-Länder an das Übereinkommen gebunden, doch Nicht-OECD-Mitgliedstaaten und insbesondere Schwellenländer beteiligen sich nicht am Übereinkommen, was ungerechtfertigte Vorteile für Exporteure aus diesen Ländern herbeiführen könnte. Daher sollte diesen Ländern nahegelegt werden, der OECD beizutreten und sich am Übereinkommen zu beteiligen.

Abänderung 14

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 2 n (neu)

 

(2n)

Angesichts der Politik der Union für eine bessere Rechtsetzung, durch die bestehende Rechtsvorschriften vereinfacht und verbessert werden sollen, sollten sich die Kommission und die Mitgliedstaaten bei künftigen Überprüfungen des Übereinkommens auf den Abbau des Verwaltungsaufwands für Unternehmen und nationale Verwaltungen einschließlich Exportkreditagenturen konzentrieren.

Abänderung 15

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 2 o (neu)

 

(2o)

Die Verbesserungen an dem Übereinkommen sollten bewirken, dass völlige Übereinstimmung mit Artikel 208 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) hergestellt wird, um so zur Verwirklichung des allgemeinen Ziels des Aufbaus und der Konsolidierung der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie der Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten beizutragen. Daher sollten in der Union bei der Umsetzung des Übereinkommens in das Unionsrecht weitere Maßnahmen angewandt werden, damit die Kompatibilität zwischen dem Übereinkommen und dem Unionsrecht gewährleistet ist.

Abänderung 16

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 2 p (neu)

 

(2p)

Die Methoden der Folgenabschätzung in den Bereichen Umwelt und Soziales, die die Einhaltung der Anforderungen für die Vergabe von Exportkrediten gewährleisten, sollten voll und ganz mit den Grundsätzen der EU-Strategie für nachhaltige Entwicklung, dem Übereinkommen von Cotonou sowie dem Europäischen Konsens zur Entwicklungspolitik in Einklang stehen; zudem sollten sie den Zusagen und Verpflichtungen der Union nach dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) und dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die biologische Vielfalt (UNCBD) sowie der Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (MDG) und den in den internationalen Übereinkommen verankerten Sozial-, Arbeits- und Umweltschutznormen Rechnung tragen.

Abänderung 17

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 4

(4)

Daher sollte die Entscheidung 2001/76/EG durch diese Entscheidung mit dem als Anhang beigefügten konsolidierten und überarbeiteten Wortlaut des Übereinkommens aufgehoben und ersetzt und die Entscheidung 2001/77/EG aufgehoben werden –

(4)

Daher sollte die Entscheidung 2001/76/EG aufgehoben und durch diese Verordnung mit dem als Anhang 1 beigefügten konsolidierten und überarbeiteten Wortlaut des Übereinkommens ersetzt und die Entscheidung 2001/77/EG aufgehoben werden –

Abänderung 18

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 1 – Unterabsatz 1

Die Leitlinien des Übereinkommens über öffentlich unterstützte Exportkredite finden in der Gemeinschaft Anwendung.

Die Leitlinien des Übereinkommens über öffentlich unterstützte Exportkredite finden in der Union Anwendung.

Abänderung 19

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 1 a (neu)

 

Artikel 1a

Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Vorschlag für eine neue Verordnung zur Aufhebung und Ersetzung dieser Verordnung vor, sobald die Mitglieder der OECD eine Neufassung des Übereinkommens vereinbart haben, jedoch in keinem Fall später als zwei Monate nach dessen Inkrafttreten.

Abänderung 20

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 1 b (neu)

 

Artikel 1b

Die zusätzlichen Transparenz- und Berichterstattungsauflagen, die in der Union gelten, sind in Anhang 1a dieser Verordnung aufgeführt.

Abänderung 21

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 1 c (neu)

 

Artikel 1c

Der Rat erstattet dem Europäischen Parlament und der Kommission alljährlich Bericht über die Umsetzung des Übereinkommens über öffentlich unterstützte Exportkredite durch die einzelnen Mitgliedstaaten.

Abänderung 22

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 1 d (neu)

 

Artikel 1d

Die Bilanzen der Exportkreditagenturen der Mitgliedstaaten bieten einen umfassenden Überblick über die Aktiva und Passiva der Agenturen. Die Nutzung von außerbilanzmäßigen Zweckgeschäften durch Exportkreditagenturen ist umfassend offenzulegen.

Unternehmen, denen Exportkredite gewährt werden, mit Ausnahme von KMU, veröffentlichen nach Ländern aufgeschlüsselte jährliche Finanzrechnungen.

Abänderung 23

Vorschlag für eine Verordnung

Anhang 1a (neu)

 

Anhang 1a

1.

Unbeschadet der Vorrechte der Einrichtungen der Mitgliedstaaten, die die nationalen Exportkreditprogramme überwachen, legt jeder Mitgliedstaat dem Europäischen Parlament und der Kommission einen jährlichen Tätigkeitsbericht vor.

Dieser jährliche Tätigkeitsbericht enthält folgende Angaben:

Prüfung aller nationalen Instrumente und Programme, für die das Übereinkommen gilt, sowie ihrer Übereinstimmung mit dem Übereinkommen, insbesondere dessen Anforderung, dass die Prämien vom Risiko abhängen und die langfristigen Kosten decken müssen;

Überblick über die wesentlichen operationellen Entwicklungen während des Berichtzeitraums und über ihre Übereinstimmung mit dem Übereinkommen (Aufzählung neuer Zusagen, Risiken, Prämienaufschläge, bezahlte Forderungen und Einziehungen sowie Mechanismen für die Berechnung der Kosten von Umweltrisiken);

Darlegung der Politik des Mitgliedstaates, durch die dafür gesorgt wird, dass die Entwicklungsziele und -maßnahmen der Union als Richtschnur für die Aktivitäten in den Bereichen Exportkredite in Bezug auf Umweltschutz und Soziales, Menschenrechte, nachhaltige Kreditvergabe und Korruptionsbekämpfung dienen.

2.

Die Kommission legt ihre Analyse des jährlichen Tätigkeitsberichts vor, in deren Rahmen sie die Einhaltung der entwicklungspolitischen Vorgaben der Union durch die Mitgliedstaaten bewertet und die allgemeinen Entwicklungen in diesem Bereich für das Europäische Parlament kommentiert.

3.

Die Kommission legt dem Europäischen Parlament einen jährlichen Bericht über die Anstrengungen vor, die sie in den einzelnen Gremien zur internationalen Zusammenarbeit, einschließlich der OECD und der G20, und in bilateralen Treffen mit Drittstaaten, einschließlich Gipfeltreffen und Verhandlungen über Partnerschafts- und Kooperationsabkommen und Freihandelsabkommen, unternommen hat, um zu erreichen, dass Drittstaaten, insbesondere Schwellenländer, Leitlinien für die Transparenz ihrer Exportkreditagenturen auf einem Niveau einführen, das mindestens gleichwertig mit den „Common Approaches“ der OECD ist.

(1)  Der Gegenstand wurde gemäß Artikel 57 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Geschäftsordnung an den Ausschuss zurücküberwiesen (A7-0364/2010).


Mittwoch, 6. April 2011

2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/172


Mittwoch, 6. April 2011
Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 1/2011 - Einzelplan III - Kommission

P7_TA(2011)0128

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu dem Standpunkt des Rates zum Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 1/2011 der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2011, Einzelplan III – Kommission (07704/2011 – C7-0072/2011 – 2011/2022(BUD))

2012/C 296 E/27

Das Europäische Parlament,

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 314, und auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 106a,

gestützt auf die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (1), insbesondere auf die Artikel 37 und 38,

unter Hinweis auf den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2011, der am 15. Dezember 2010 endgültig erlassen wurde (2),

gestützt auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 17. Mai 2006 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin und die wirtschaftliche Haushaltsführung (3),

in Kenntnis des Entwurfs des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 1/2011 der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2011, der von der Kommission am 14. Januar 2011 vorgelegt wurde (KOM(2011)0009),

in Kenntnis des Standpunkts des Rates zum Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 1/2011, der vom Rat am 15. März 2011 festgelegt wurde (07704/2011 – C7-0072/2011),

gestützt auf die Artikel 75b und 75e seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Haushaltsausschusses (A7-0115/2011),

A.

in der Erwägung, dass der Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 1/2011 zum Gesamthaushaltsplan 2011 die Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der Europäischen Union in Höhe eines Betrags von 182,4 Mio. EUR an Verpflichtungs- und Zahlungsermächtigungen zur Abmilderung der Folgen der in Polen, der Slowakei, der Tschechischen Republik, Ungarn, Kroatien und Rumänien durch starke Regenfälle verursachten Überschwemmungen ermöglichen soll,

B.

in der Erwägung, dass der Zweck des Entwurfs des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 1/2011 darin besteht, diese Haushaltsanpassung förmlich in den Haushaltsplan 2011 aufzunehmen,

C.

in der Erwägung, dass die dem Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2011 als Anlage beigefügte Gemeinsame Erklärung zu den Zahlungsermächtigungen die Vorlage eines Berichtigungshaushaltsplans vorsah, „falls die in den Haushaltsplan 2011 eingesetzten Mittel nicht ausreichen, um die Ausgaben … zu decken“,

D.

in der Erwägung, dass der Rat die Einrichtung einer „Negativreserve“ gemäß Artikel 44 der Haushaltsordnung beschlossen hat,

E.

in der Erwägung, dass der Beschluss des Rates einzig und allein pragmatisch ausgerichtet ist und keine nachhaltige und den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Haushaltsführung entsprechende Lösung für einen etwaigen künftigen unvorhergesehenen Bedarf darstellt und daher als einmalige Option angesehen werden sollte,

F.

in der Erwägung, dass der Rat die Kommission aufgefordert hat, „so bald wie möglich“ einen Vorschlag zur Erwirtschaftung der Negativreserve vorzulegen,

G.

in der Erwägung, dass der bevorstehende Entwurf eines Berichtigungshaushaltsplans zur Einsetzung der Überschüsse des Haushaltsjahres 2010 in den Haushaltsplan eine geeignete und zeitgerechte Gelegenheit für die Erwirtschaftung der Negativreserve bieten wird,

1.

nimmt Kenntnis von dem Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 1/2011;

2.

ist der Ansicht, dass der Solidaritätsfonds der Europäischen Union nach einer Naturkatastrophe so rasch wie möglich in Anspruch genommen werden sollte und dass die Bearbeitung der Anträge auf Gewährung einer Finanzhilfe, die Bewertung und die Ausarbeitung der Vorschläge und der Erlass der entsprechenden Haushaltsmaßnahmen und Rechtsakte auf effiziente und schnell wirksame Weise erfolgen sollten;

3.

fordert die Kommission unbeschadet ihres Initiativrechts auf, den Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans zur Einsetzung des Überschusses des Haushaltsjahres 2010 gemäß Artikel 15 der Haushaltsordnung zu nutzen, um die Negativreserve zu erwirtschaften;

4.

billigt den Standpunkt des Rates zum Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 1/2011 ohne Abänderungen und beauftragt seinen Präsidenten, festzustellen, dass der Berichtigungshaushaltsplan Nr. 1/2011 endgültig erlassen ist, und seine Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union zu veranlassen;

5.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


(1)  ABl. L 248 vom 16.9.2002, S. 1.

(2)  ABl. L 68 vom 15.3.2011.

(3)  ABl. C 139 vom 14.6.2006, S. 1.


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/173


Mittwoch, 6. April 2011
Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der Europäischen Union - Überschwemmungen 2010 in Polen, der Slowakei, Ungarn, der Tschechischen Republik, Kroatien und Rumänien

P7_TA(2011)0129

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der Europäischen Union gemäß Nummer 26 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 17. Mai 2006 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin und die wirtschaftliche Haushaltsführung (KOM(2011)0010 – C7-0023/2011 – 2011/2021(BUD))

2012/C 296 E/28

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (KOM(2011)0010 – C7-0023/2011),

gestützt auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 17. Mai 2006 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin und die wirtschaftliche Haushaltsführung (1) (IIV vom 17. Mai 2006), insbesondere auf Nummer 26,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 2012/2002 des Rates vom 11. November 2002 zur Errichtung des Solidaritätsfonds der Europäischen Union (2),

unter Hinweis auf die in der Konzertierungssitzung vom 17. Juli 2008 angenommene gemeinsame Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission zum Solidaritätsfonds,

in Kenntnis des Berichts des Haushaltsausschusses sowie der Stellungnahme des Ausschusses für regionale Entwicklung (A7-0114/2011),

1.

billigt den dieser Entschließung beigefügten Beschluss;

2.

weist darauf hin, dass gemäß Nummer 26 der IIV vom 17. Mai 2006 die Möglichkeit für eine Umschichtung von Mitteln auf die Rubriken besteht, in denen zusätzliche Ausgaben notwendig sind, und dass die Kommission dies berücksichtigen muss, wenn sie den erforderlichen Vorschlag unterbreitet;

3.

stellt fest, dass die Kommission mit ihrer Forderung nach zusätzlichen Verpflichtungen und Zahlungen zur Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der Europäischen Union zu solch einem frühen Zeitpunkt des Jahres keine Möglichkeit zur Umwidmung oder Umschichtung innerhalb und zwischen den betreffenden Rubriken gefunden hat;

4.

ist bereit, bei der Prüfung der Gesamtsituation der Zahlungen die Ausführung des Haushaltsplans 2010 zu berücksichtigen;

5.

beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss mit dem Präsidenten des Rates zu unterzeichnen und seine Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union zu veranlassen;

6.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung einschließlich der Anlage dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


(1)  ABl. C 139 vom 14.6.2006, S. 1.

(2)  ABl. L 311 vom 14.11.2002, S. 3.


Mittwoch, 6. April 2011
ANLAGE

BESCHLUSS DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

über die Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der Europäischen Union gemäß Nummer 26 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 17. Mai 2006 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin und die wirtschaftliche Haushaltsführung

(Der Text dieser Anlage ist hier nicht wiedergegeben; er entspricht dem endgültigen Rechtsakt, Beschluss 2011/286/EU.)


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/174


Mittwoch, 6. April 2011
Fischereiabkommen EG/Komoren ***

P7_TA(2011)0130

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss eines Protokolls zur Festlegung der Fangmöglichkeiten und der finanziellen Gegenleistung nach dem partnerschaftlichen Fischereiabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Union der Komoren (15572/2010 – C7-0020/2011 – 2010/0287(NLE))

2012/C 296 E/29

(Zustimmung)

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Entwurfs eines Beschlusses des Rates (15572/2010),

in Kenntnis des Entwurfs eines Protokolls zur Festlegung der Fangmöglichkeiten und der finanziellen Gegenleistung nach dem partnerschaftlichen Fischereiabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Union der Komoren (15571/2010),

in Kenntnis des vom Rat gemäß Artikel 43 Absatz 2 und Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterbreiteten Ersuchens um Zustimmung (C7-0020/2011),

gestützt auf Artikel 81 und Artikel 90 Absatz 8 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis der Empfehlung des Fischereiausschusses sowie der Stellungnahmen des Haushaltsausschusses und des Entwicklungsausschusses (A7-0056/2011),

1.

gibt seine Zustimmung zu dem Abschluss des Protokolls;

2.

fordert die Kommission auf, ihm die Ergebnisse der Sitzungen und Tätigkeiten des in Artikel 9 des partnerschaftlichen Fischereiabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Union der Komoren (1) vorgesehenen gemischten Ausschusses, das in Artikel 7 Absatz 2 des Protokolls genannte mehrjährige sektorale Programm und die Ergebnisse der jährlichen Bewertungen zu übermitteln; fordert, dass Vertreter des Europäischen Parlaments als Beobachter an den Sitzungen und den Tätigkeiten des in Artikel 9 des Abkommens vorgesehenen gemischten Ausschusses teilnehmen können; fordert die Kommission auf, dem Parlament und dem Rat im letzten Jahr der Geltungsdauer des Protokolls und vor der Einleitung von Verhandlungen über die Verlängerung des Abkommens einen Bericht über dessen Durchführung vorzulegen;

3.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Union der Komoren zu übermitteln.


(1)  Genehmigt durch die Verordnung (EG) Nr. 1563/2006 des Rates vom 5. Oktober 2006 (ABl. L 290 vom 20.10.2006, S. 6).


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/175


Mittwoch, 6. April 2011
Mechanismus für die Beilegung von Streitigkeiten im Rahmen des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation EG/Jordanien ***

P7_TA(2011)0131

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss eines Abkommens in Form eines Protokolls zwischen der Europäischen Union und dem Haschemitischen Königreich Jordanien zur Festlegung eines Mechanismus für die Beilegung von Streitigkeiten, die die Handelsbestimmungen des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Haschemitischen Königreich Jordanien andererseits betreffen (13758/2010 – C7-0057/2011 – 2010/0173(NLE))

2012/C 296 E/30

(Zustimmung)

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Entwurfs eines Beschlusses des Rates (13758/2010),

in Kenntnis des Entwurfs des Abkommens in Form eines Protokolls zwischen der Europäischen Union und dem Haschemitischen Königreich Jordanien zur Festlegung eines Mechanismus für die Beilegung von Streitigkeiten, die die Handelsbestimmungen des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Haschemitischen Königreich Jordanien andererseits betreffen (13974/2010),

in Kenntnis des vom Rat gemäß Artikel 207 Absatz 4 Unterabsatz 1 und Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer v des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterbreiteten Ersuchens um Zustimmung (C7-0057/2011),

gestützt auf Artikel 81 und Artikel 90 Absatz 8 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis der Empfehlung des Ausschusses für internationalen Handel (A7-0067/2011),

1.

gibt seine Zustimmung zu dem Abschluss des Abkommens;

2.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und des Haschemitischen Königreichs Jordanien zu übermitteln.


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/176


Mittwoch, 6. April 2011
Abkommen EU/Marokko zur Festlegung eines Mechanismus für die Beilegung von Streitigkeiten ***

P7_TA(2011)0132

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss eines Abkommens zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Marokko zur Festlegung eines Mechanismus für die Beilegung von Streitigkeiten (13754/2010 – C7-0431/2010 – 2010/0181(NLE))

2012/C 296 E/31

(Zustimmung)

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Entwurfs eines Beschlusses des Rates (13754/2010),

in Kenntnis des Entwurfs eines Abkommens zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Marokko zur Festlegung eines Mechanismus für die Beilegung von Streitigkeiten (13973/2010),

in Kenntnis des vom Rat gemäß Artikel 207 Absatz 4 Unterabsatz 1 und Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer v des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterbreiteten Ersuchens um Zustimmung (C7-0431/2010),

gestützt auf Artikel 81 und Artikel 90 Absatz 8 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis der Empfehlung des Ausschusses für internationalen Handel (A7-0066/2011),

1.

gibt seine Zustimmung zu dem Abschluss des Abkommens;

2.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und des Königreichs Marokko zu übermitteln.


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/176


Mittwoch, 6. April 2011
Mechanismus für die Beilegung von Streitigkeiten im Rahmen des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation EG/Ägypten ***

P7_TA(2011)0133

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss eines Abkommens in Form eines Protokolls zwischen der Europäischen Union und der Arabischen Republik Ägypten zur Festlegung eines Mechanismus für die Beilegung von Streitigkeiten, die die Handelsbestimmungen des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Arabischen Republik Ägypten andererseits betreffen (13762/2010 – C7-0372/2010 – 2010/0229(NLE))

2012/C 296 E/32

(Zustimmung)

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Entwurfs eines Beschlusses des Rates (13762/2010),

in Kenntnis des Entwurfs eines Abkommens in Form eines Protokolls zwischen der Europäischen Union und der Arabischen Republik Ägypten zur Festlegung eines Mechanismus für die Beilegung von Streitigkeiten, die die Handelsbestimmungen des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Arabischen Republik Ägypten andererseits betreffen (13975/2010),

in Kenntnis des vom Rat gemäß Artikel 207 Absatz 4 Unterabsatz 1 und Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a) Ziffer v) des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterbreiteten Ersuchens um Zustimmung (C7-0372/2010),

gestützt auf Artikel 81 und Artikel 90 Absatz 8 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis der Empfehlung des Ausschusses für internationalen Handel (A7-0068/2011),

1.

gibt seine Zustimmung zu dem Abschluss des Abkommens;

2.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Arabischen Republik Ägypten zu übermitteln.


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/177


Mittwoch, 6. April 2011
Teilnahme der Ukraine an den Programmen der Union ***

P7_TA(2011)0134

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss des Protokolls zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits über ein Rahmenabkommen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine über die allgemeinen Grundsätze für die Teilnahme der Ukraine an den Programmen der Union (13604/2010 – C7-0401/2010 – 2010/0218(NLE))

2012/C 296 E/33

(Zustimmung)

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Entwurfs eines Beschlusses des Rates (13604/2010),

in Kenntnis des Entwurfs des Protokolls zu dem am 14. Juni 1994 unterzeichneten Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits (1) über ein Rahmenabkommen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine über die allgemeinen Grundsätze für die Teilnahme der Ukraine an den Programmen der Union (13962/2010),

in Kenntnis des vom Rat gemäß den Artikeln 114, 168, 169, 172, Artikel 173 Absatz 3, den Artikeln 188, 192 und Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterbreiteten Ersuchens um Zustimmung (C7-0401/2010),

gestützt auf Artikel 81, Artikel 90 Absatz 8 und Artikel 46 Absatz 1 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis der Empfehlung des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A7-0063/2011),

1.

gibt seine Zustimmung zu dem Abschluss des Protokolls;

2.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Ukraine zu übermitteln.


(1)  ABl. L 49 vom 19.2.1998, S. 3.


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/178


Mittwoch, 6. April 2011
Einfuhr von Fischereierzeugnissen aus Grönland ***I

P7_TA(2011)0135

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates mit Vorschriften für die Einfuhr von Fischereierzeugnissen, lebenden Muscheln, Stachelhäutern, Manteltieren, Meeresschnecken und deren Nebenprodukten aus Grönland in die Europäische Union (KOM(2010)0176 – C7-0136/2010 – 2010/0097(COD))

2012/C 296 E/34

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an den Rat (KOM(2010)0176),

gestützt auf Artikel 203 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, gemäß dem es vom Rat konsultiert wurde (C7-0136/2010),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 3, Artikel 43 Absatz 2 und Artikel 204 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf den Einzigen Artikel des Protokolls (Nr. 34) über die Sonderregelung für Grönland, das dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügt ist,

in Kenntnis der Stellungnahme des Rechtsausschusses zu der vorgeschlagenen Rechtsgrundlage,

in Kenntnis der begründeten Stellungnahme, die vom italienischen Senat im Rahmen des Protokolls (Nr. 2) über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit abgegeben wurde und in der festgestellt wird, dass der Entwurf des Gesetzgebungsakts nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip übereinstimmt,

gestützt auf die Artikel 55 und 37 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Fischereiausschusses (A7-0057/2011),

1.

legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.

fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie beabsichtigt, ihren Vorschlag entscheidend zu ändern oder durch einen anderen Text zu ersetzen;

3.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


Mittwoch, 6. April 2011
P7_TC1-COD(2010)0097

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 6. April 2011 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) Nr. …/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Vorschriften für die Einfuhr von Fischereierzeugnissen, lebenden Muscheln, Stachelhäutern, Manteltieren, Meeresschnecken und deren Nebenprodukten aus Grönland in die Europäische Union [Abänd. 1]

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 43 Absatz 2 und Artikel 204 , [Abänd. 2]

gestützt auf den Einzigen Artikel des Protokolls (Nr. 34) über die Sonderregelung für Grönland, das dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügt ist, [Abänd. 3]

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Geseztgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (2), [Abänd. 2]

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Grönland ist in der Liste der überseeischen Länder und Gebiete in Anhang II des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) aufgeführt. Gemäß Artikel 198 AEUV ist das Ziel der Assoziierung die Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der überseeischen Länder und Gebiete und die Herstellung enger Wirtschaftsbeziehungen zwischen ihnen und der gesamten Union.

(2)

Dänemark und Grönland haben beantragt, den Handel zwischen der Union und Grönland mit Fischereierzeugnissen, Muscheln, Stachelhäutern, Manteltieren, Meeresschnecken und daraus gewonnenen Nebenprodukten mit Ursprung in Grönland gemäß den Bestimmungen von Anhang III des Beschlusses 2001/822/EG des Rates vom 27. November 2001 über die Assoziation der überseeischen Länder und Gebiete mit der Europäischen Gemeinschaft (3) nach den Vorschriften für den Handel innerhalb der Union zu erlauben.

(3)

Bei diesem Handel sollten neben den Vorschriften der gemeinsamen Marktorganisation für Fischereierzeugnisse auch die Vorschriften der Union für Tiergesundheit und Lebensmittelsicherheit, die in den Rechtsakten der Union verankert sind, beachtet werden.

(4)

Daher sollten sich Dänemark und Grönland dazu verpflichten, dass Sendungen von Erzeugnissen aus Grönland in die Europäische Union den geltenden Unionsvorschriften für Tiergesundheit, Lebensmittelsicherheit und die gemeinsame Marktorganisation für Fischereierzeugnisse entsprechen. Einschlägige Futtermittel- und Lebensmittelunternehmer sollten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (4) registriert und in eine Liste aufgenommen werden.

(5)

Die zuständige Behörde Grönlands hat der Kommission offizielle Zusicherungen in Bezug auf die Gewährleistung der Einhaltung der Unionsvorschriften und der Tiergesundheitsvorschriften für die betreffenden Erzeugnisse gegeben. Diese Zusicherungen erstrecken sich insbesondere auf die Anwendung der Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Oktober 2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte (5), der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs (6) und der Richtlinie 2006/88/EG des Rates vom 24. Oktober 2006 mit Gesundheits- und Hygienevorschriften für Tiere in Aquakultur und Aquakulturerzeugnisse und zur Verhütung und Bekämpfung bestimmter Wassertierkrankheiten (7) und umfassen eine Verpflichtung, für die weitere Einhaltung der Vorschriften für den Handel innerhalb der Union zu sorgen.

(6)

Die Richtlinie 96/23/EG des Rates vom 29. April 1996 über Kontrollmaßnahmen hinsichtlich bestimmter Stoffe und ihrer Rückstände in lebenden Tieren und tierischen Erzeugnissen (8) schreibt die Erstellung nationaler Überwachungspläne für Tiere in Aquakultur vor. Dementsprechend sollten diese Bestimmungen auch für Grönland gelten.

(7)

Um die Einfuhr von Erzeugnissen aus Grönland in die Europäische Union gemäß den in den Rechtsakten der Union verankerten Vorschriften für den Handel innerhalb der Union zu ermöglichen, sollten sich Dänemark und Grönland dazu verpflichten, die einschlägigen Bestimmungen in Grönland vor dem Datum des Erlasses dieser Verordnung [Abänd. 1] umzusetzen und anzuwenden. Dänemark und Grönland sollten sich verpflichten, dafür zu sorgen, dass die Einfuhr der betreffenden Erzeugnisse aus Drittländern nach Grönland unter Einhaltung der Unionsvorschriften für Tiergesundheit und Lebensmittelsicherheit erfolgt. Veterinärkontrollen an den grönländischen Grenzkontrollstellen sollten im Einklang mit der Richtlinie 97/78/EG des Rates vom 18. Dezember 1997 zur Festlegung von Grundregeln für die Veterinärkontrollen von aus Drittländern in die Gemeinschaft eingeführten Erzeugnissen (9) durchgeführt werden. Die Veterinärkontrollen an den Grenzkontrollstellen werden in enger Zusammenarbeit mit Zollbeamten durchgeführt. Um diese Aufgabe zu erleichtern, ist es angemessen, den zuständigen Behörden die einschlägigen Verweise auf die Kombinierte Nomenklatur gemäß Anhang I der Entscheidung 2007/275/EG der Kommission vom 17. April 2007 mit Verzeichnissen von Tieren und Erzeugnissen, die gemäß den Richtlinien 91/496/EWG und 97/78/EG des Rates an Grenzkontrollstellen zu kontrollieren sind (10), zur Verfügung zu stellen.

(8)

Die Richtlinie 90/425/EWG des Rates vom 26. Juni 1990 zur Regelung der veterinärrechtlichen und tierzüchterischen Kontrollen im innergemeinschaftlichen Handel mit lebenden Tieren und Erzeugnissen im Hinblick auf den Binnenmarkt (11) sieht die Einführung eines informatisierten Systems zum Verbund der Veterinärbehörden vor, damit insbesondere der rasche Informationsaustausch im Zusammenhang mit Tiergesundheit und Tierschutz zwischen den zuständigen Behörden erleichtert wird (TRACES). Gemäß der Entscheidung 2004/292/EG der Kommission vom 30. März 2004 zur Einführung des TRACES-Systems (12) wenden die Mitgliedstaaten das TRACES-System ab dem 1. April 2004 an. TRACES ist von großer Bedeutung für die wirksame Überwachung des Handels mit Tieren und tierischen Erzeugnissen und sollte daher für die Übermittlung von Daten über die Verbringung von und den Handel mit diesen Erzeugnissen in Grönland verwendet werden.

(9)

Ausbrüche von Tierseuchen, die in der Richtlinie 82/894/EWG des Rates vom 21. Dezember 1982 über die Mitteilung von Viehseuchen in der Gemeinschaft (13) aufgeführt sind, sind der Kommission über das Tierseuchenmeldesystem (ADNS) im Einklang mit der Entscheidung 2005/176/EG der Kommission vom 1. März 2005 zur Festlegung der Code-Form und der Codes für die Mitteilung von Tierseuchen gemäß der Richtlinie 82/894/EWG des Rates (14) zu melden. Diese Bestimmungen sollten in Bezug auf die betreffenden Erzeugnisse auch für Grönland gelten.

(10)

Mit der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (15) wurde ein Schnellwarnsystem für von Lebens- oder Futtermitteln ausgehende unmittelbare oder mittelbare Gefahren für die menschliche Gesundheit (RASFF) eingeführt. Diese Bestimmungen sollten in Bezug auf die betreffenden Erzeugnisse auch für Grönland gelten.

(11)

Bevor Grönland Veterinärkontrollen von aus Drittländern nach Grönland eingeführten Erzeugnissen durchführen kann, sollte eine EU-Inspektion in Grönland erfolgen, um zu prüfen, ob die grönländischen Grenzkontrollstellen die Anforderungen der Richtlinie 97/78/EG sowie der Verordnung (EG) Nr. 136/2004 der Kommission vom 22. Januar 2004 mit Verfahren für die Veterinärkontrollen von aus Drittländern eingeführten Erzeugnissen an den Grenzkontrollstellen der Gemeinschaft (16) und der Entscheidung 2001/812/EG der Kommission vom 21. November 2001 zur Festlegung der Bedingungen für die Zulassung der für die Veterinärkontrollen von Drittlanderzeugnissen zuständigen Grenzkontrollstellen der Gemeinschaft (17) erfüllen.

(12)

Nach dem positiven Ergebnis besagter Inspektion sollten die grönländischen Grenzkontrollstellen in der Entscheidung 2009/821/EG der Kommission vom 28. September 2009 zur Aufstellung eines Verzeichnisses zugelassener Grenzkontrollstellen, zur Festlegung bestimmter Vorschriften für die von Veterinärsachverständigen der Kommission durchgeführten Inspektionen und zur Definition der Veterinäreinheiten in TRACES (18) aufgelistet werden. Um die wirksame Kontrolle der nach Grönland und danach in die Europäischen Union eingeführten Fischereierzeugnisse zu gewährleisten, sollte diese Verordnung [Abänd. 1] ab dem Zeitpunkt gelten, zu dem die grönländischen Grenzkontrollstellen in der Entscheidung 2009/821/EG aufgelistet sind.

(13)

Die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (19), erlassen werden –

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG [Abänd. 1] ERLASSEN:

Artikel 1

Gegenstand und Anwendungsbereich

Diese Verordnung [Abänd. 1] gilt für Fischereierzeugnisse, Muscheln, Stachelhäuter, Manteltiere, Meeresschnecken und daraus gewonnene Nebenprodukte (im Folgenden „Erzeugnisse“), die aus Grönland stammen oder nach Grönland verbracht wurden und danach in die Europäische Union eingeführt werden.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung [Abänd. 1] bezeichnet der Ausdruck

a)

„Muscheln“ Weichtiere im Sinne von Anhang I Nummer 2.1. der Verordnung (EG) Nr. 853/2004;

b)

„Fischereierzeugnisse“ Erzeugnisse im Sinne von Anhang I Nummer 3.1. der Verordnung (EG) Nr. 853/2004;

c)

„Nebenprodukte“ tierische Nebenprodukte im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002, die aus Fischereierzeugnissen, Muscheln, Stachelhäutern, Manteltieren oder Meeresschnecken gewonnen werden;

d)

„Erzeugnisse mit Ursprung in Grönland“ Erzeugnisse im Sinne von Anhang III des Beschlusses 2001/822/EG.

Artikel 3

Allgemeine Vorschriften für den Handel mit Fischereierzeugnissen, lebenden Muscheln, Stachelhäutern, Manteltieren, Meeresschnecken und deren Nebenprodukten zwischen der Europäischen Union und Grönland

(1)   Die Mitgliedstaaten genehmigen die Einfuhr der Erzeugnisse aus Grönland in die Europäische Union gemäß den Rechtsakten der Union über den Handel innerhalb der Union.

(2)   Die Einfuhr der Erzeugnisse in die Union unterliegt folgenden Bedingungen:

a)

wirksame Umsetzung und Durchführung in Grönland der die Erzeugnisse betreffenden Vorschriften der Rechtsakte der Union für Tiergesundheit, Lebensmittelsicherheit und die gemeinsame Marktorganisation für Fischereierzeugnisse;

b)

Erstellung und Führung einer Liste der registrierten Futtermittel- und Lebensmittelunternehmer durch die zuständige Behörde Dänemarks und Grönlands gemäß Artikel 31 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004;

c)

Übereinstimmung der Sendungen von Erzeugnissen, die aus Grönland in die Union verbracht werden, mit den anwendbaren Vorschriften der Rechtsakte der Union über Tiergesundheit, Lebensmittelsicherheit und die gemeinsame Marktorganisation für Fischereierzeugnisse;

d)

ordnungsgemäße Anwendung der Vorschriften in den Rechtsakten der Union über Tiergesundheit, Lebensmittelsicherheit und die gemeinsame Marktorganisation für Fischereierzeugnisse auf die Einfuhr der Erzeugnisse nach Grönland.

Artikel 4

Überwachungspläne für Tiere in Aquakultur

Dänemark und Grönland legen der Kommission Überwachungspläne, die der Ermittlung von Rückständen und Stoffen bei Tieren in Aquakultur in Grönland dienen, gemäß der Richtlinie 96/23/EG zur Genehmigung vor.

Artikel 5

Kontrollen von aus Drittländern nach Grönland eingeführten Erzeugnissen

(1)   Die aus Drittländern nach Grönland eingeführten Sendungen von Erzeugnissen werden Veterinärkontrollen gemäß den Vorschriften der Richtlinie 97/78/EG unterzogen.

Zur Erleichterung dieser Veterinärkontrollen stellt die Kommission den zuständigen Behörden Dänemarks und Grönlands für die Erzeugnisse Verweise auf die in Anhang I der Entscheidung 2007/275/EG der Kommission aufgeführten Codes der Kombinierten Nomenklatur zur Verfügung.

(2)   Vorschläge für Grenzkontrollstellen in Grönland werden der Kommission gemäß Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie 97/78/EG zur Genehmigung vorgelegt.

Das Verzeichnis der für Grönland zugelassenen Grenzkontrollstellen wird in das Verzeichnis der Grenzkontrollstellen der Mitgliedstaaten aufgenommen, das gemäß den Richtlinien 91/496/EWG und 97/78/EG festgelegt wurde.

Artikel 6

Informationssystem

(1)   Daten über die Verbringung von und den Handel mit den Erzeugnissen in Grönland werden in dänischer Sprache über TRACES gemäß der Entscheidung 2004/292/EG übermittelt.

(2)   Die Meldung von Wassertierkrankheiten bei den betreffenden Erzeugnissen in Grönland erfolgt über ADNS gemäß der Richtlinie 82/894/EWG und der Entscheidung 2005/176/EG.

(3)   Die Meldung von unmittelbaren oder mittelbaren Risiken für die menschliche Gesundheit, die von den Erzeugnissen in Grönland ausgehen, erfolgt über das mit der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 eingeführte RASFF.

Artikel 7

Identitätskennzeichen

Sendungen von Erzeugnissen, die aus Grönland in die Europäische Union verbracht werden, werden gemäß den Vorschriften in Anhang II Abschnitt I Buchstabe B der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 mit dem Identifikationskennzeichen für Grönland („GL“) versehen.

Artikel 8

Bestätigung der Erfüllung der Bedingungen dieser Verordnung [Abänd. 1]

Dänemark und Grönland legen vor dem in Artikel 11 genannten Tag der Anwendbarkeit dieser Verordnung [Abänd. 1] eine schriftliche Bestätigung vor, wonach die notwendigen Maßnahmen für die Anwendung dieser Verordnung [Abänd. 1] ergriffen wurden.

Artikel 9

Durchführungsmaßnahmen

Die zur die Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen werden nach dem in Artikel 10 genannten Verfahren erlassen.

Artikel 10

Ausschussverfahren

(1)   Die Kommission wird von dem Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit, der durch Artikel 58 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 eingesetzt wurde, unterstützt.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

Artikel 11

Inkrafttreten und Anwendbarkeit

Diese Verordnung [Abänd. 1] tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. [Abänd. 1]

Sie gilt ab dem Tag der Auflistung der ersten grönländischen Grenzkontrollstelle in der Entscheidung 2009/821/EG.

Geschehen zu

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

Im Namen des Rates

Der Präsident


(1)  ABl. …

(2)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011.

(3)  ABl. L 314 vom 30.11.2001, S. 1.

(4)  ABl. L 165 vom 30.4.2004, S. 1.

(5)  ABl. L 273 vom 10.10.2002, S. 1.

(6)  ABl. L 139 vom 30.4.2004, S. 55.

(7)  ABl. L 328 vom 24.11.2006, S. 14.

(8)  ABl. L 125 vom 23.5.1996, S. 10.

(9)  ABl. L 24 vom 30.1.1998, S. 9.

(10)  ABl. L 116 vom 4.5.2007, S. 9.

(11)  ABl. L 224 vom 18.8.1990, S. 29.

(12)  ABl. L 94 vom 31.3.2004, S. 63.

(13)  ABl. L 378 vom 31.12.1982, S. 58.

(14)  ABl. L 59 vom 5.3.2005, S. 40.

(15)  ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1.

(16)  ABl. L 21 vom 28.1.2004, S. 11.

(17)  ABl. L 306 vom 23.11.2001, S. 28.

(18)  ABl. L 296 vom 12.11.2009, S. 1.

(19)  ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13.


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/184


Mittwoch, 6. April 2011
Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzstatus ***I

P7_TA(2011)0136

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzstatus (Neufassung) (KOM(2009)0554 – C7-0248/2009 – 2009/0165(COD))

2012/C 296 E/35

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren – Neufassung)

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (KOM(2009)0554),

gestützt auf Artikel 251 Absatz 2 und Artikel 63 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe d und Unterabsatz 2 Buchstabe a des EG-Vertrags, gemäß denen ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C7-0248/2009),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat „Auswirkungen des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon auf die laufenden interinstitutionellen Beschlussfassungsverfahren“ (KOM(2009)0665),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 und Artikel 78 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

in Kenntnis der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 28. April 2010 (1),

gestützt auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 28. November 2001 über die systematischere Neufassung von Rechtsakten (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. März 2009 zu der Zukunft des gemeinsamen europäischen Asylsystems (3),

unter Hinweis auf das Schreiben des Rechtsausschusses vom 2. Februar 2010 an den Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres gemäß Artikel 87 Absatz 3 seiner Geschäftsordnung,

gestützt auf die Artikel 87 und 55 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A7-0085/2011),

A.

in der Erwägung, dass der vorliegende Vorschlag nach Auffassung der beratenden Gruppe der Juristischen Dienste des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission keine anderen inhaltlichen Änderungen enthält als diejenigen, die im Vorschlag als solche ausgewiesen sind, und dass sich der Vorschlag in Bezug auf die Kodifizierung der unveränderten Bestimmungen der bisherigen Rechtsakte zusammen mit jenen Änderungen auf eine reine Kodifizierung der bestehenden Rechtstexte ohne inhaltliche Änderungen beschränkt,

1.

legt unter Berücksichtigung der Empfehlungen der beratenden Gruppe der Juristischen Dienste des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.

fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie beabsichtigt, ihren Vorschlag entscheidend zu ändern oder durch einen anderen Text zu ersetzen;

3.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


(1)  ABl. C 18 vom 19.1.2011, S. 85.

(2)  ABl. C 77 vom 28.3.2002, S. 1.

(3)  ABl. C 87E vom 1.4.2010, S. 10.


Mittwoch, 6. April 2011
P7_TC1-COD(2009)0165

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 6. April 2011 im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie 2011/…/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzstatus (Neufassung)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 78 Absatz 2,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (3) muss in wesentlichen Punkten geändert werden. Aus Gründen der Klarheit empfiehlt es sich, eine Neufassung dieser Richtlinie vorzunehmen.

(2)

Eine gemeinsame Asylpolitik einschließlich eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist wesentlicher Bestandteil des Ziels der Europäischen Union, schrittweise einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts aufzubauen, der allen offen steht, die wegen besonderer Umstände rechtmäßig in der Union um Schutz nachsuchen.

(3)

Der Europäische Rat kam auf seiner Sondertagung vom 15. und 16. Oktober 1999 in Tampere überein, auf ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem hinzuwirken, das sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung des Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge in der Fassung des New Yorker Protokolls vom 31. Januar 1967 („Genfer Flüchtlingskonvention“) stützt, damit der Grundsatz der Nichtzurückweisung gewahrt bleibt und niemand dorthin zurückgeschickt wird, wo er Verfolgung ausgesetzt ist.

(4)

Nach den Schlussfolgerungen von Tampere sollte ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem auf kurze Sicht einheitliche Standards für ein gerechtes und wirksames Asylverfahren in den Mitgliedstaaten umfassen; auf längere Sicht sollten die Regeln der Gemeinschaft zu einem gemeinsamen Asylverfahren in der Europäischen Gemeinschaft führen.

(5)

Die Richtlinie 2005/85/EG stellte eine erste Maßnahme im Bereich der Asylverfahren dar.

(6)

Die erste Phase auf dem Weg zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem ist nun abgeschlossen. Der Europäische Rat hatte auf seiner Tagung vom 4. November 2004 das Haager Programm angenommen, das die Ziele für den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts vorgibt, die im Zeitraum 2005-2010 erreicht werden sollen. Im Haager Programm wurde die Kommission aufgefordert, die Bewertung der Rechtsakte aus der ersten Phase abzuschließen und dem Rat und dem Europäischen Parlament die Rechtsakte und Maßnahmen der zweiten Phase so vorzulegen, dass sie vor Ende 2010 angenommen werden können. Dem Haager Programm zufolge soll im Rahmen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ein gemeinsames Asylverfahren und ein unionsweit geltender einheitlicher Schutzstatus geschaffen werden.

(7)

Im Europäischen Pakt zu Einwanderung und Asyl vom 16. Oktober 2008 stellte der Europäische Rat fest, dass zwischen den Mitgliedstaaten weiterhin beträchtliche Unterschiede bei der Gewährung von Schutz bestehen, und regte neue Initiativen, darunter einen Vorschlag zur Einführung eines einheitlichen Asylverfahrens mit gemeinsamen Garantien, an, um die Einführung des im Haager Programms vorgesehenen Gemeinsamen Europäischen Asylsystems zu vollenden.

(8)

Es ist erforderlich, dass die Mittel des Europäischen Flüchtlingsfonds und des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen mobilisiert werden, unter anderem, um in geeigneter Weise die Bemühungen der Mitgliedstaaten um Umsetzung der für die zweite Phase des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems vorgegebenen Schutzstandards zu unterstützen, insbesondere die Bemühungen jener Mitgliedstaaten, deren Asylsystem vor allem aufgrund ihrer geografischen oder demografischen Lage einem besonderen und unverhältnismäßigen Druck ausgesetzt ist. Es ist zudem erforderlich, dass in Mitgliedstaaten, die eine im Verhältnis zu ihrer Bevölkerung überproportional hohe Anzahl von Asylanträgen erhalten, finanzielle Unterstützung sowie administrativer und technischer Beistand unmittelbar über den Europäischen Flüchtlingsfonds beziehungsweise das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen mobilisiert werden, um sie in die Lage zu versetzen, dieser Richtlinie zu entsprechen. [Abänd. 1]

(9)

Die Unionsvorschriften für Verfahren zur Gewährung internationalen Schutzes sollten auf dem Grundsatz beruhen, dass ein Antrag auf internationalen Schutz nur einmal geprüft wird, um im Einklang mit der Richtlinie […./…/EU] [über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Anerkennungsrichtlinie)] eine umfassende und effiziente Prüfung des Schutzbedürfnisses der Antragsteller zu gewährleisten.

(10)

Hauptziel dieser Richtlinie ist im Hinblick auf die Einführung eines gemeinsamen Asylverfahrens in der Union die Weiterentwicklung der Mindestnormen für die Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzstatus.

(11)

Die Angleichung der Rechtsvorschriften über die Verfahren zur Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzstatus soll dazu beitragen, die Sekundärmigration von Antragstellern zwischen Mitgliedstaaten, soweit sie auf Unterschiede in den Rechtsvorschriften zurückzuführen ist, einzudämmen, und gleiche Bedingungen für die Anwendung der Richtlinie […./…/EU] [Anerkennungsrichtlinie] in den Mitgliedstaaten schaffen.

(12)

Es liegt in der Natur von Mindestnormen, dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben sollten, günstigere Regelungen für Drittstaatsangehörige oder Staatenlose, die um internationalen Schutz in einem Mitgliedstaat nachsuchen, einzuführen oder beizubehalten, wenn davon ausgegangen werden kann, dass ein solcher Antrag von einer Person gestellt wird, die internationalen Schutz im Sinne der Richtlinie […./…/EU] [Anerkennungsrichtlinie] benötigt.

(13)

Diese Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere durch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden. Sie zielt insbesondere darauf ab, die Anwendung der Artikel 1, 4, 18, 19, 21, 24 und 47 der Charta zu fördern, und muss entsprechend umgesetzt werden. [Abänd. 2]

(14)

In Bezug auf die Behandlung von Personen, die unter diese Richtlinie fallen, sind die Mitgliedstaaten an ihre Verpflichtungen aus den völkerrechtlichen Instrumenten gebunden, denen sie beigetreten sind.

(15)

Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, den Grundsatz der Nichtzurückweisung und das Recht auf Asyl uneingeschränkt einzuhalten, wozu auch der Zugang zu einem Asylverfahren für jeden gehört, der Asyl beantragen will und in ihre Gerichtsbarkeit fällt, einschließlich derjenigen unter der tatsächlichen Kontrolle einer Einrichtung der Union oder eines Mitgliedstaats. [Abänd. 3]

(16)

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass sämtliche Entscheidungen über Anträge auf internationalen Schutz auf der Grundlage von Tatsachen ergehen und erstinstanzlich von Behörden getroffen werden, deren Bedienstete angemessene Kenntnisse in Asyl- und Flüchtlingsangelegenheiten haben und die hierzu erforderliche Schulung erhalten. [Abänd. 4]

(17)

Es liegt im Interesse sowohl der Mitgliedstaaten als auch der Personen, die internationalen Schutz beantragen, dass unbeschadet einer angemessenen und vollständigen Prüfung der Anträge so rasch wie möglich über die Anträge auf internationalen Schutz entschieden wird.

(18)

Der Begriff „öffentliche Ordnung“ kann unter anderem die Verurteilung wegen der Begehung einer schweren Straftat umfassen.

(19)

Damit die Personen, die Schutz als Flüchtlinge im Sinne des Artikels 1 der Genfer Flüchtlingskonvention oder als Personen mit Anspruch auf subsidiären Schutz benötigen, korrekt erfasst werden, sollte jeder Antragsteller effektiven Zugang zum Asylverfahren und die Gelegenheit zur Zusammenarbeit und zum Austausch mit den zuständigen Behörden erhalten, um ihnen den ihn betreffenden Sachverhalt verständlich darlegen zu können; ferner sollten wirksame Garantien bestehen, damit er sein Verfahren über sämtliche Instanzen betreiben kann. Außerdem sollte das Verfahren zur Prüfung eines Antrags dem Antragsteller in der Regel zumindest das Recht auf Verbleib bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Asylbehörde einräumen und im Falle einer ablehnenden Entscheidung die Zeit, die für die Einlegung eines Rechtsbehelfs erforderlich ist, sowie , so lange, wie ein zuständiges Gericht dies genehmigt, das Recht auf Beiziehung eines Dolmetschers zur Darlegung des Falls bei Anhörung durch die Behörden, die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme mit einem Vertreter des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) und mit Organisationen, die Antragstellern Rechtsberatung oder sonstige Beratungsleistungen anbieten, das Recht auf eine in geeigneter Weise mitgeteilte sowie sachlich und rechtlich begründete Entscheidung, die Möglichkeit zur Hinzuziehung eines Rechtsanwalts oder sonstigen Rechtsberaters, das Recht des Antragstellers, in entscheidenden Verfahrensabschnitten in einer Sprache, die er versteht oder von der angenommen werden darf, dass er sie versteht, über seine Rechtsstellung informiert zu werden, sowie im Fall einer ablehnenden Entscheidung das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem Gericht. [Abänd. 5]

(20)

Um sicherzustellen, dass das Prüfungsverfahren effektiv in Anspruch genommen wird, sollten Beamte, die als Erste mit Personen in Kontakt kommen, die um internationalen Schutz nachsuchen, insbesondere solche Beamte, die Land- oder Seegrenzen überwachen oder Grenzkontrollen durchführen, Anweisungen und die notwendigen Schulungen erhalten, wie sie Ersuchen um internationalen Schutz erkennen, registrieren und den zuständigen Asylbehörden übermitteln sollen. Sie sollten in der Lage sein, Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, die sich im Hoheitsgebiet einschließlich an der Grenze, in den Hoheitsgewässern oder in den Transitzonen der Mitgliedstaaten befinden und internationalen Schutz beantragen wollen, alle relevanten Informationen zukommen zu lassen, wo und wie sie internationalen Schutz beantragen können. Befinden sich diese Personen in den Hoheitsgewässern eines Mitgliedstaats, sollten sie an Land gebracht und ihre Anträge nach Maßgabe dieser Richtlinie geprüft werden. [Abänd. 6]

(21)

Darüber hinaus sollten besondere Verfahrensgarantien für schutzbedürftige Antragsteller wie Minderjährige, unbegleitete Minderjährige, Schwangere, Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen von Gewalt , wie etwa geschlechtsspezifische Gewalt und grausame traditionelle Praktiken erlitten haben, oder Behinderte vorgesehen werden, um die notwendigen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sie das Verfahren effektiv in Anspruch nehmen und die zur Begründung ihres Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Angaben machen können. [Abänd. 7]

(22)

Einzelstaatliche Maßnahmen, die sich auf die Erkennung und Dokumentation von Folter oder sonstigen schweren Formen physischer oder psychischer Gewalt einschließlich sexueller Gewalt in Verfahren nach Maßgabe dieser Richtlinie beziehen, sollten sich unter anderem auf das Handbuch für die wirksame Untersuchung und Dokumentation von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (Istanbul-Protokoll) stützen.

(23)

Die Prüfungsverfahren sollten geschlechtsspezifischen Anforderungen Rechnung tragen, um eine substanzielle Gleichstellung weiblicher und männlicher Antragsteller zu gewährleisten. Persönliche Anhörungen sollten in einer Weise abgehalten werden, die es weiblichen und männlichen Antragstellern gleichermaßen ermöglicht, auf Verlangen mit einer Person des gleichen Geschlechts, die für Anhörungen zu geschlechtsspezifischer Verfolgung besonders geschult ist, über ihre Erfahrungen in Fällen geschlechtsspezifischer Verfolgung zu sprechen. In Verfahren, in denen auf das Konzept des sicheren Drittstaats, das Konzept des sicheren Herkunftsstaats oder den Begriff des Folgeantrags abgestellt wird, sollte der Komplexität geschlechtsspezifisch begründeter Ansprüche angemessen Rechnung getragen werden. [Abänd. 8]

(24)

Bei der Umsetzung dieser Richtlinie sollten die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1989 über die Rechte des Kindes das Wohl des Kindes vorrangig berücksichtigen.

(25)

Verfahren zur Prüfung des Bedürfnisses nach internationalem Schutz sollten so gestaltet sein, dass es den Asylbehörden möglich ist, Anträge auf internationalen Schutz eingehend zu prüfen. [Abänd. 9]

(26)

Stellt der Antragsteller einen Folgeantrag, ohne neue Beweise oder Argumente vorzubringen, so wäre es unverhältnismäßig, die Mitgliedstaaten zur erneuten Durchführung des gesamten Prüfungsverfahrens zu verpflichten. In diesen Fällen sollten die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Grundsatz der Rechtskraft einen Antrag als unzulässig abweisen können.

(27)

Anträge auf internationalen Schutz werden oftmals an der Grenze oder in Transitzonen gestellt, bevor eine Entscheidung über die Einreise des Antragstellers vorliegt. Die Mitgliedstaaten sollten Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit und/oder Begründetheit von Anträgen vorsehen können, um vor Ort über an der Grenze oder in Transitzonen gestellte Anträge entscheiden zu können.

(28)

Ein entscheidendes Kriterium für die Begründetheit eines Antrags auf internationalen Schutz ist die Sicherheit des Antragstellers in seinem Herkunftsstaat. Kann ein Drittstaat als sicherer Herkunftsstaat betrachtet werden, so sollten die Mitgliedstaaten diesen als sicher bestimmen und von der Vermutung ausgehen können, dass dieser Staat für einen bestimmten Antragsteller sicher ist, sofern Letzterer keine Gegenargumente vorbringt.

(29)

In Anbetracht des bei der Feststellung der Flüchtlingseigenschaft von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen erzielten Harmonisierungsniveaus sollten gemeinsame Kriterien für die Bestimmung von Drittstaaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden.

(30)

Die Bestimmung eines Drittstaates als sicherer Herkunftsstaat im Sinne dieser Richtlinie kann keine absolute Garantie für die Sicherheit von Staatsangehörigen dieses Landes bieten. Bei der dieser Bestimmung zugrunde liegenden Prüfung können naturgemäß nur die allgemeinen staatsbürgerlichen, rechtlichen und politischen Gegebenheiten in dem betreffenden Land sowie der Umstand berücksichtigt werden, ob Personen, die in dem betreffenden Land der Verfolgung, Folter oder unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung für schuldig befunden werden, auch tatsächlich bestraft werden. Daher ist es wichtig, dass ein als sicher eingestuftes Land für einen Antragsteller nicht länger als solches gelten kann, wenn dieser nachweist, dass es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass das betreffende Land für ihn in seiner besonderen Situation nicht sicher ist.

(31)

Die Mitgliedstaaten sollten alle Anträge in der Sache prüfen, d. h. beurteilen, ob der betreffende Antragsteller gemäß der Richtlinie […/…/EU] [Anerkennungsrichtlinie] als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anerkannt werden kann, sofern die vorliegende Richtlinie nichts anderes vorsieht, insbesondere dann, wenn gewährleistet werden kann, dass ein anderer Staat den Antrag prüfen oder für einen effektiven Schutz sorgen würde. Die Mitgliedstaaten sollten insbesondere nicht verpflichtet sein, einen Antrag auf internationalen Schutz in der Sache zu prüfen, wenn der erste Asylstaat dem Antragsteller die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt oder ihm anderweitig zugänglichen und effektiven Schutz gewährt hat und die Rückübernahme des Antragstellers in diesen Staat gewährleistet ist. Die Mitgliedstaaten sollten nur dann nach diesem Grundsatz verfahren, wenn der betroffene Antragsteller in dem betreffenden Drittstaat tatsächlich sicher ist. [Abänd. 10]

(32)

Die Mitgliedstaaten sollten auch nicht verpflichtet sein, einen Antrag auf internationalen Schutz in der Sache zu prüfen, wenn vom Antragsteller aufgrund einer ausreichenden Verbindung zu einem Drittstaat im Sinne einzelstaatlicher Rechtsvorschriften erwartet werden kann, dass er in diesem Drittstaat Schutz suchen wird, und wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die Übernahme oder Rückübernahme des Antragstellers in diesen Staat gewährleistet ist. Die Mitgliedstaaten sollten nur dann nach diesem Grundsatz verfahren, wenn dieser spezifische Antragsteller in dem betreffenden Drittstaat tatsächlich sicher wäre. Zur Vermeidung der Sekundärmigration der Antragsteller sollten gemeinsame Grundsätze festgelegt werden, nach denen Mitgliedstaaten Drittstaaten als sicher betrachten oder als sicher bestimmen.

[Abänd. 11]

(33)

Bezüglich der Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft oder des subsidiären Schutzstatus sollten die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass Personen mit internationalem Schutzstatus ordnungsgemäß über eine eventuelle Überprüfung ihres Schutzstatus informiert werden und die Möglichkeit haben, den Behörden ihren Standpunkt darzulegen, bevor diese eine begründete Entscheidung über die Aberkennung ihres Schutzstatus treffen können.

(34)

Einem Grundprinzip des Unionsrechts zufolge muss gegen die Entscheidungen über einen Antrag auf internationalen Schutz und über die Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft oder des subsidiären Schutzstatus ein wirksamer Rechtsbehelf vor einem Gericht gegeben sein.

(35)

Gemäß Artikel 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union berührt diese Richtlinie nicht die Wahrnehmung der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit.

(36)

Diese Richtlinie betrifft nicht die Verfahren zwischen Mitgliedstaaten im Rahmen der Verordnung (EU) Nr. […/… ][zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin-Verordnung)].

(37)

Antragsteller, für die die Verordnung (EU) Nr. […/…] [Dublin-Verordnung] gilt, sollten sowohl die in dieser Richtlinie festgelegten Grundsätze und Garantien in Anspruch nehmen können als auch die besonderen Garantien jener Verordnung.

(38)

Die Anwendung dieser Richtlinie sollte in regelmäßigen Abständen bewertet werden.

(39)

Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich die Festlegung von Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzstatus, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden kann und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahme besser auf Unionsebene zu erreichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(40)

Gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Richtlinie, die daher für Dänemark weder bindend noch in Dänemark anwendbar ist.

(41)

Die Verpflichtung zur Umsetzung dieser Richtlinie in innerstaatliches Recht sollte nur jene Bestimmungen betreffen, die im Vergleich zu der Richtlinie 2005/85/EG inhaltlich geändert wurden. Die Verpflichtung zur Umsetzung der inhaltlich unveränderten Bestimmungen ergibt sich aus der Richtlinie 2005/85/EG.

(42)

Die vorliegende Richtlinie sollte die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der in Anhang II Teil B genannten Frist für die Umsetzung der Richtlinie in innerstaatliches Recht unberührt lassen –

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

KAPITEL I

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 1

Zweck

Diese Richtlinie legt Mindestnormen für die Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzstatus im Sinne der Richtlinie …/…/EU [Anerkennungsrichtlinie] fest.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

a)

„Genfer Flüchtlingskonvention“ das Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge in der durch das New Yorker Protokoll vom 31. Januar 1967 geänderten Fassung;

b)

„Antrag“ oder „Antrag auf internationalen Schutz“ das Ersuchen eines Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen um Schutz durch einen Mitgliedstaat, wenn davon ausgegangen werden kann, dass der Antragsteller die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder die Gewährung des subsidiären Schutzstatus anstrebt, und wenn er nicht ausdrücklich um eine andere, gesondert zu beantragende Form des Schutzes außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie […./…/EU] [Anerkennungsrichtlinie] ersucht;

c)

„Antragsteller“ oder „Person, die internationalen Schutz beantragt“, einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, über den noch keine rechtskräftige Entscheidung ergangen ist;

d)

„Antragsteller mit besonderen Bedürfnissen“ einen Antragsteller, der aufgrund seines Alters, seines Geschlechts, seiner sexuellen Ausrichtung, seiner Geschlechtsidentität, einer Behinderung, körperlicher oder psychischer Erkrankungen oder infolge von Folter, Vergewaltigung oder sonstigen schweren Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt besondere Garantien benötigt, um die Rechte aus dieser Richtlinie in Anspruch nehmen und den sich aus dieser Richtlinie ergebenden Pflichten nachkommen zu können; [Abänd. 13]

e)

„rechtskräftige Entscheidung“ eine Entscheidung darüber, ob einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gemäß der Richtlinie […./…/EU] [Anerkennungsrichtlinie] die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutzstatus zuzuerkennen ist, und gegen die kein Rechtsbehelf nach Kapitel V der vorliegenden Richtlinie mehr eingelegt werden kann, unabhängig davon, ob ein solcher Rechtsbehelf zur Folge hat, dass Antragsteller sich bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf in dem betreffenden Mitgliedstaat aufhalten dürfen;

f)

„Asylbehörde“ vorbehaltlich des Anhangs I jede gerichtsähnliche Behörde bzw. jede Verwaltungsstelle eines Mitgliedstaats, die für die Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz zuständig und befugt ist, erstinstanzliche Entscheidungen über diese Anträge zu erlassen;

g)

„Flüchtling“ einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, der die Voraussetzungen des Artikels 2 Buchstabe d der Richtlinie […/…/EU] [Anerkennungsrichtlinie] erfüllt;

h)

„Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz“ einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der die Voraussetzungen des Artikels 2 Buchstabe f der Richtlinie […./…/EU] [Anerkennungsrichtlinie] erfüllt;

i)

„internationaler Schutz“ die Anerkennung eines Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtling oder Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz durch einen Mitgliedstaat;

j)

„Flüchtlingseigenschaft“ die Anerkennung eines Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtling durch einen Mitgliedstaat;

k)

„subsidiärer Schutzstatus“ die Anerkennung eines Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen durch einen Mitgliedstaat als Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat;

l)

„Minderjähriger“ einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen unter 18 Jahren;

m)

„unbegleiteter Minderjähriger“ einen Minderjährigen im Sinne von Artikel 2 Buchstabe l der Richtlinie […./…/EU] [Anerkennungsrichtlinie];

n)

„Vertreter“ eine Person, die von den zuständigen Behörden als Vormund zur Unterstützung und Vertretung eines unbegleiteten Minderjährigen bestellt wurde, um die Interessen des Minderjährigen zu wahren und für ihn, soweit erforderlich, Rechtshandlungen vorzunehmen;

o)

„Aberkennung des internationalen Schutzstatus“ die Entscheidung einer zuständigen Behörde, einer Person die Flüchtlingseigenschaft oder den subsidiären Schutzstatus gemäß der Richtlinie […./…/EU] [Anerkennungsrichtlinie] abzuerkennen, zu beenden oder die Verlängerung des Schutzstatus zu verweigern;

p)

„Verbleib im Mitgliedstaat“ den Verbleib im Hoheitsgebiet – einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen – des Mitgliedstaats, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde oder geprüft wird;

q)

„neue Fakten und Umstände“ Fakten, die die Kernpunkte des Antrags stützen und zur Revision einer früheren Entscheidung beitragen könnten. [Abänd. 15]

Artikel 3

Anwendungsbereich

(1)   Diese Richtlinie gilt für alle Anträge auf internationalen Schutz, die im Hoheitsgebiet – einschließlich an der Grenze, in den Hoheitsgewässern oder in den Transitzonen – der Mitgliedstaaten gestellt werden, sowie für die Aberkennung des internationalen Schutzstatus.

(2)   Diese Richtlinie gilt nicht für Fälle, in denen in Vertretungen der Mitgliedstaaten um diplomatisches oder territoriales Asyl nachgesucht wird.

(3)   Die Mitgliedstaaten können beschließen, diese Richtlinie in Verfahren anzuwenden, in denen außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie […/…/EU] [Anerkennungsrichtlinie] über Anträge auf internationalen Schutz jedweder Form entschieden wird.

Artikel 4

Zuständige Behörden

(1)   Die Mitgliedstaaten benennen für alle Verfahren eine Asylbehörde, die für eine angemessene Prüfung der Anträge gemäß dieser Richtlinie zuständig ist. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass dieser Behörde zur fristgerechten Erfüllung ihrer Aufgaben kompetentes Fachpersonal in ausreichender Zahl zur Verfügung steht. Hierzu sehen die Mitgliedstaaten für das Personal, das die Anträge prüft und Entscheidungen über den internationalen Schutzstatus erlässt, Schulungsprogramme mit Grund- und Aufbaulehrgängen vor.

(2)   Gegenstand der Schulung im Sinne von Absatz 1 sind unter anderem folgende Themen:

a)

materiell- und verfahrensrechtliche Vorschriften zum internationalen Schutz und zu den Menschenrechten, wie sie in den einschlägigen völkerrechtlichen Instrumenten und Unionsrechtsakten enthalten sind, einschließlich des Grundsatzes der Nichtzurückweisung und des Diskriminierungsverbots;

b)

Antragsteller mit besonderen Bedürfnissen gemäß Artikel 2 Buchstabe d; [Abänd. 16]

c)

Sensibilisierung für geschlechtsspezifische Fragen, Fragen der sexuellen Ausrichtung, traumabezogene und altersspezifische Fragestellungen , unter besonderer Berücksichtigung von unbegleiteten Minderjährigen ; [Abänd. 17]

d)

Verwendung von Herkunftslandinformationen;

e)

Gesprächsführungstechniken, einschließlich interkultureller Kommunikation;

f)

Erkennung und Dokumentation von Folterspuren und Anzeichen von Folter;

g)

Beweiswürdigung einschließlich des Grundsatzes „in dubio pro reo“;

h)

Rechtsprechung zur Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz.

(3)   Die Mitgliedstaaten können jedoch vorsehen, dass eine andere Behörde für die Bearbeitung von Anträgen auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. …/…. [Dublin-Verordnung] zuständig ist.

(4)   Wird eine Behörde gemäß Absatz 3 benannt, so stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Bediensteten dieser Behörde über ausreichende Kenntnisse verfügen und eine geeignete Schulung erhalten, um ihren Verpflichtungen bei der Anwendung dieser Richtlinie nachkommen zu können. [Abänd. 18]

(5)   Anträge auf internationalen Schutz, die in einem Mitgliedstaat bei den Behörden eines anderen Mitgliedstaats gestellt werden, die in ersterem Mitgliedstaat Grenz- oder Einreisekontrollen durchführen, werden von dem Mitgliedstaat bearbeitet, in dessen Hoheitsgebiet sie gestellt werden.

Artikel 5

Günstigere Bestimmungen

Die Mitgliedstaaten können bei den Verfahren zur Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzstatus günstigere Bestimmungen einführen oder beibehalten, soweit diese Bestimmungen mit dieser Richtlinie vereinbar sind.

KAPITEL II

GRUNDSÄTZE UND GARANTIEN

Artikel 6

Zugang zum Verfahren

(1)   Die Mitgliedstaaten benennen die Behörden, die für die Entgegennahme und Registrierung der Anträge auf internationalen Schutz zuständig sind. Die Mitgliedstaaten können unbeschadet der Absätze 5, 6, 7 und 8 verlangen, dass Anträge auf internationalen Schutz persönlich und/oder an einem bestimmten Ort gestellt werden.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass eine Person, die einen Antrag auf internationalen Schutz stellen möchte, effektiv Gelegenheit erhält, den Antrag so bald wie möglich bei der zuständigen Behörde zu stellen. Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass ein gesetzlicher Vertreter den Antrag im Namen des Antragstellers stellen kann, wenn dieser dazu nicht persönlich in der Lage ist. [Abänd. 19]

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass jeder geschäftsfähige Erwachsene das Recht hat, im eigenen Namen einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen.

(4)   Die Mitgliedstaaten können festlegen, dass ein Antragsteller auch für die Personen, die von ihm abhängig sind, einen Antrag stellen kann. In solchen Fällen stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass abhängige Volljährige der Antragstellung in ihrem Namen zustimmen; wird diese Zustimmung nicht erteilt, so gewährleisten die Mitgliedstaaten ihnen die Möglichkeit einer Antragstellung im eigenen Namen.

Diese Zustimmung wird bei der Antragstellung oder spätestens bei der persönlichen Anhörung des abhängigen Volljährigen verlangt. Bevor die Zustimmung verlangt wird, wird jeder Volljährige unter vier Augen über die verfahrensrechtlichen Folgen belehrt sowie über sein Recht, einen gesonderten Antrag auf internationalen Schutz zu stellen.

(5)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ein Minderjähriger das Recht hat, im eigenen Namen - wenn er nach einzelstaatlichem Recht als verfahrensfähig anzusehen ist - oder andernfalls durch seinen gesetzlichen Vertreter oder dessen Bevollmächtigten einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen. In allen anderen Fällen findet Absatz 6 Anwendung. [Abänd. 20]

(6)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass geeignete Stellen im Sinne von Artikel 10 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (4) das Recht haben, im Namen eines unbegleiteten Minderjährigen einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, wenn diese Stellen auf der Grundlage einer Würdigung der persönlichen Umstände des Minderjährigen der Auffassung sind, dass der Minderjährige möglicherweise Schutz im Sinne der Richtlinie […./…/EU] [Anerkennungsrichtlinie] benötigt.

(7)   Die Mitgliedstaaten können im einzelstaatlichen Recht die Fälle festlegen,

a)

in denen ein Minderjähriger einen Antrag im eigenen Namen stellen kann;

b)

in denen der Antrag eines unbegleiteten Minderjährigen von einem Vertreter gemäß Artikel 21 Absatz 1 Buchstabe a zu stellen ist;

[Abänd. 21]

(8)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Grenzschutz-, Polizei- und Einwanderungsbehörden sowie das Personal von Gewahrsamseinrichtungen Anweisungen und die notwendige Schulung für die Erkennung, Registrierung und Übermittlung von Anträgen auf internationalen Schutz erhalten. Sind diese Behörden als zuständige Behörden im Sinne von Absatz 1 benannt, schließen die Anweisungen auch die Pflicht zur Registrierung der Anträge ein. Ist dies nicht der Fall, schließen die Anweisungen die Pflicht ein, die Anträge zusammen mit allen sachdienlichen Informationen an die für die Registrierung zuständige Behörde weiterzuleiten. [Abänd. 22]

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle anderen Behörden, an die sich eine Person, die einen Antrag auf internationalen Schutz stellen möchte, aller Wahrscheinlichkeit nach wendet, diese Person über die Modalitäten und die zuständige Stelle für die Stellung eines solchen Antrags beraten können, und/oder weisen diese Behörden gegebenenfalls an, den Antrag an die zuständige Behörde weiterzuleiten.

(9)   Der Antrag auf internationalen Schutz wird von den zuständigen Behörden gemäß Absatz 8 Unterabsatz 1 innerhalb von 72 Stunden, nachdem die Person ihren Wunsch bekundet hat, internationalen Schutz zu beantragen, registriert.

Artikel 7

Informations- und Beratungsleistungen an Grenzübergangsstellen und in Gewahrsamseinrichtungen

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Informationen über die Art und Weise, wie Anträge auf internationalen Schutz zu stellen sind, an folgenden Orten zur Verfügung stehen:

a)

Grenzübergangsstellen an den Außengrenzen einschließlich Transitzonen und

b)

Gewahrsamseinrichtungen.

(2)   Die Mitgliedstaaten treffen Vorkehrungen für die Bereitstellung eines Dolmetschers, um die Verständigung zwischen Personen, die internationalen Schutz beantragen wollen, und den Grenzschutzbeamten oder Bediensteten der Gewahrsamseinrichtungen zu gewährleisten.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Organisationen, die Rechtsberatung und/oder -vertretung für Antragsteller erbringen, auf der Grundlage einer Vereinbarung mit den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats rasch Zugang zu Grenzübergangsstellen einschließlich Transitzonen sowie zu Gewahrsamseinrichtungen erhalten. [Abänd. 23]

Die Mitgliedstaaten können Vorschriften zur Regelung der Anwesenheit dieser Organisationen an den in diesem Artikel genannten Orten vorsehen , solange sie die Antragsteller in ihrem Zugang zu den Beratungsleistungen nicht einschränken. [Abänd. 24]

Artikel 8

Berechtigung zum Verbleib im Mitgliedstaat während der Prüfung des Antrags

(1)   Antragsteller dürfen ausschließlich zum Zwecke des Verfahrens so lange im Mitgliedstaat verbleiben, bis die Asylbehörde rechtskräftig über den Asylantrag entschieden hat, einschließlich in Fällen, in denen ein Antragsteller einen Rechtsbehelf einlegt, und so lange, wie ein zuständiges Gericht dies genehmigt . Aus dieser Bleibeberechtigung ergibt sich kein Anspruch auf einen Aufenthaltstitel. [Abänd. 25]

(2)   Die Mitgliedstaaten können nur eine Ausnahme machen, wenn eine Person einen Folgeantrag im Sinne von Artikel 34 Absatz 7 stellt oder wenn sie eine Person aufgrund von Verpflichtungen gemäß dem Rahmenbeschluss 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (5) oder aus anderen Gründen entweder an einen anderen Mitgliedstaat oder aber an einen Drittstaat mit Ausnahme des Herkunftsstaats des Antragstellers oder an internationale Strafgerichte überstellen bzw. ausliefern.

(3)   Ein Mitgliedstaat darf einen Antragsteller nur dann gemäß Absatz 2 an einen Drittstaat ausliefern, wenn ▐ eine Auslieferungsentscheidung keine unmittelbare oder mittelbare Zurückweisung zur Folge hat, die im Widerspruch zu den internationalen Verpflichtungen des Mitgliedstaats steht, oder den Antragsteller nicht einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung bei der Ankunft in dem Drittstaat aussetzt. [Abänd. 26]

Artikel 9

Anforderungen an die Prüfung von Anträgen

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Anträge auf internationalen Schutz nicht allein deshalb abgelehnt oder von der Prüfung ausgeschlossen werden, weil die Antragstellung nicht so rasch wie möglich erfolgt ist.

(2)   Bei einem Antrag auf internationalen Schutz wird zuerst geprüft, ob der Antragsteller die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling erfüllt. Ist dies nicht der Fall, wird geprüft, ob der Antragsteller Anspruch auf subsidiären Schutz hat.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Asylbehörde ihre Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz nach angemessener Prüfung trifft. Zu diesem Zweck stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass

a)

die Anträge einzeln, objektiv und unparteiisch geprüft und entschieden werden;

b)

genaue und aktuelle Informationen aus verschiedenen Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) , des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen und internationalen Menschenrechtsorganisationen , eingeholt werden, die Aufschluss geben über die allgemeine Lage in den Herkunftsstaaten der Antragsteller und gegebenenfalls in den Staaten, durch die sie gereist sind, und dass diese Informationen den für die Prüfung und Entscheidung der Anträge zuständigen Bediensteten zur Verfügung stehen sowie dem betreffenden Antragsteller und seinem Rechtsbeistand, sofern die Informationen von der Asylbehörde bei der Entscheidung über den Antrag berücksichtigt werden; [Abänd. 27]

c)

die für die Prüfung und Entscheidung der Anträge zuständigen Bediensteten die anzuwendenden Normen im Bereich Asyl- und Flüchtlingsrecht sowie Menschenrechte kennen und die in Artikel 4 Absatz 1 vorgesehenen Schulungsprogramme mit Grund- und Aufbaulehrgängen absolviert haben; [Abänd. 28]

d)

die für die Prüfung und Entscheidung der Anträge zuständigen Bediensteten die Anweisung und die Möglichkeit erhalten, so oft dies erforderlich ist, in bestimmten Fragen, unter anderem medizinischen, kulturellen, kinder- oder geschlechtsspezifischen Fragen , religiösen Fragen oder Fragen der sexuellen Ausrichtung, Sachverständige hinzuzuziehen. [Abänd. 29]

e)

der Antragsteller und sein Rechtsberater Zugang zu den in Buchstabe d genannten Informationen von Sachverständigen haben. [Abänd. 30]

(4)   Die in Kapitel V genannten staatlichen Stellen haben über die Asylbehörde oder den Antragsteller oder in sonstiger Weise Zugang zu den in Absatz 3 Buchstabe b genannten Informationen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgabe benötigen.

(5)   Die Mitgliedstaaten legen Vorschriften für die Übersetzung der für die Prüfung der Anträge sachdienlichen Unterlagen fest.

Artikel 10

Anforderungen an die Entscheidung der Asylbehörde

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Entscheidungen über Anträge auf internationalen Schutz schriftlich ergehen.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen ferner sicher, dass bei der Ablehnung oder Bewilligung eines Antrags auf Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder des subsidiären Schutzstatus die sachlichen und rechtlichen Gründe für die Ablehnung oder Bewilligung in der Entscheidung klar dargelegt werden und zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung eine vom Empfänger bei Erhalt unterzeichnete schriftliche Belehrung beigefügt wird, wie eine ablehnende Entscheidung angefochten werden kann.[Abänd. 31]

[Abänd. 32]

(3)   Für die Zwecke des Artikels 6 Absatz 4 können die Mitgliedstaaten immer dann, wenn dieselben Gründe für den Antrag genannt werden, eine einzige Entscheidung treffen, die alle vom Antragsteller abhängigen Personen erfasst.

(4)   Absatz 3 findet keine Anwendung in Fällen, in denen die Offenlegung bestimmter Umstände gegenüber Mitgliedern der Familie die Interessen der betreffenden Person gefährden kann, einschließlich bei Verfolgungen aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit , der sexuellen Ausrichtung, der Geschlechtsidentität oder des Alters. In diesen Fällen ergeht eine gesonderte Entscheidung an die betroffene Person. [Abänd. 33]

Artikel 11

Garantien für Personen, die internationalen Schutz beantragen

(1)   Bezüglich der Verfahren des Kapitels III stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass alle Personen, die internationalen Schutz beantragen, über folgende Garantien verfügen:

a)

Sie werden in einer Sprache, die sie verstehen oder von der angenommen werden darf, dass sie sie verstehen, über den Verlauf des Verfahrens und über ihre Rechte und Pflichten während des Verfahrens sowie darüber informiert, welche Folgen es haben kann, wenn sie ihren Pflichten nicht nachkommen und nicht mit den Behörden zusammenarbeiten. Sie werden über die Frist und die Möglichkeiten unterrichtet, die ihnen zur Einhaltung der Verpflichtung, die Angaben nach Artikel 4 der Richtlinie […./…/EU] [Anerkennungsrichtlinie] vorzulegen, zur Verfügung stehen. Diese Informationen werden so rechtzeitig gegeben, dass die Antragsteller die in der vorliegenden Richtlinie garantierten Rechte in Anspruch nehmen und ihren in Artikel 12 genannten Verpflichtungen nachkommen können. [Abänd. 34]

b)

Erforderlichenfalls wird ein Dolmetscher beigezogen, damit sie den zuständigen Behörden ihren Fall darlegen können. Die Mitgliedstaaten haben zumindest dann von der Erforderlichkeit einer solchen Beiziehung auszugehen, wenn die Asylbehörde den Antragsteller zu einer Anhörung nach den Artikeln 13, 14, 15, 16 und 31 vorlädt und ohne die Beiziehung eines Dolmetschers eine angemessene Verständigung nicht gewährleistet werden kann. In diesem Fall und in anderen Fällen, in denen die zuständigen Behörden den Antragsteller vorladen, werden die Kosten für den Dolmetscher von der öffentlichen Hand getragen.

c)

Ihnen darf nicht die Möglichkeit verwehrt werden, mit dem UNHCR oder einer anderen Organisation, die für Asylbewerber nach Maßgabe des einzelstaatlichen Rechts dieses Mitgliedstaats Beratungsleistungen erbringt, Verbindung aufzunehmen.

d)

Sie werden innerhalb einer angemessenen Frist von der Entscheidung der Asylbehörde über ihren Antrag auf internationalen Schutz in Kenntnis gesetzt. Wird der Antragsteller durch einen Rechtsanwalt oder sonstigen Rechtsberater vertreten, so kann dieser statt des Antragstellers von der Entscheidung in Kenntnis gesetzt werden.

e)

Sie sind von der Asylbehörde über das Ergebnis der Entscheidung in einer Sprache zu unterrichten, die sie verstehen oder von der angenommen werden darf, dass sie sie verstehen, sofern sie nicht von einem Rechtsanwalt oder sonstigen Rechtsberater beraten oder vertreten werden. Die Mitteilung muss bei einer ablehnenden Entscheidung auch mit einer Rechtsbehelfsbelehrung gemäß Artikel 10 Absatz 2 versehen sein. [Abänd. 35]

(2)   Bezüglich der Verfahren nach Kapitel V sichern die Mitgliedstaaten allen Antragstellern Garantien zu, die den in Absatz 1 Buchstaben b, c und d aufgeführten gleichwertig sind.

Artikel 12

Verpflichtungen der Personen, die internationalen Schutz beantragen

(1)   Personen, die internationalen Schutz beantragen , sind verpflichtet, soweit sie physisch und psychologisch dazu in der Lage sind, bei der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken und ihre Identität, Staatsangehörigkeit und andere in Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie […./…/EU] [Anerkennungsrichtlinie] genannte Angaben gegenüber den zuständigen Behörden offenzulegen. Im Fall des Nichtbesitzes eines gültigen Reisepasses oder Passersatzes ist der Antragsteller verpflichtet, an der Beschaffung eines Identitätspapiers mitzuwirken . Solange der Antragsteller während der Prüfung des Antrags unter internationalem Schutz im Mitgliedstaat verbleiben darf, ist er nicht verpflichtet, mit Behörden des Herkunftslandes in Kontakt zu treten, wenn von jenem Land staatliche Verfolgungshandlungen zu befürchten sind. Die Mitgliedstaaten können den Antragstellern weitere Kooperationsverpflichtungen auferlegen, sofern diese Verpflichtungen für die Bearbeitung des Antrags erforderlich sind. [Abänd. 36]

(2)   Die Mitgliedstaaten können insbesondere festlegen, dass

a)

Antragsteller verpflichtet sind, sich entweder unverzüglich oder zu einem bestimmten Zeitpunkt bei den zuständigen Behörden zu melden oder dort persönlich vorstellig zu werden;

b)

Antragsteller die in ihrem Besitz befindlichen Dokumente, die für die Prüfung des Antrags sachdienlich sind, wie zum Beispiel ihren Reisepass, vorlegen müssen;

c)

Antragsteller verpflichtet sind, so rasch wie möglich die zuständigen Behörden über ihren jeweiligen Aufenthaltsort oder ihre Anschrift und über Änderungen dieses Aufenthaltsortes oder der Anschrift zu unterrichten. Die Mitgliedstaaten können festlegen, dass der Antragsteller an dem von ihm mitgeteilten letzten Aufenthaltsort erfolgte – bzw. an die mitgeteilte letzte Anschrift gerichtete – Mitteilungen gegen sich gelten lassen muss;

d)

die zuständigen Behörden den Antragsteller sowie die von ihm mitgeführten Sachen durchsuchen dürfen, sofern die Durchsuchung von einer Person gleichen Geschlechts vorgenommen wird, die für das Alter und die Kultur des Antragstellers sensibilisiert ist und die das Prinzip der Menschenwürde und die körperliche und geistige Unversehrtheit voll und ganz respektiert ; [Abänd. 37]

e)

die zuständigen Behörden ein Lichtbild des Antragstellers anfertigen dürfen und

f)

die zuständigen Behörden die mündlichen Aussagen des Antragstellers aufzeichnen dürfen, sofern er darüber im Voraus unterrichtet wurde.

Artikel 13

Ladung zur persönlichen Anhörung

(1)   Bevor die Asylbehörde eine Entscheidung trifft, wird dem Antragsteller Gelegenheit zu einer persönlichen Anhörung zu seinem Antrag auf internationalen Schutz in einer Sprache, die er versteht, durch einen nach einzelstaatlichem Recht zuständigen Bediensteten gegeben. Anhörungen zur Zulässigkeit eines Antrags auf internationalen Schutz und zum Inhalt eines Antrags auf internationalen Schutz werden stets von einem Bediensteten der Asylbehörde durchgeführt. [Abänd. 38]

Beantragt eine Person internationalen Schutz für von ihr abhängige Personen, muss jeder volljährigen Person, auf die sich der Antrag bezieht, Gelegenheit gegeben werden, sich unter vier Augen zu äußern und zu dem Antrag gehört zu werden.

Die Mitgliedstaaten legen in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften fest , in welchen Fällen einem Minderjährigen Gelegenheit zu einer persönlichen Anhörung gegeben wird , und berücksichtigen dabei gebührend das Wohl des Kindes und seine besonderen Bedürfnisse.[Abänd. 39]

(2)   Auf die persönliche Anhörung zum Inhalt des Antrags kann verzichtet werden, wenn

a)

die Asylbehörde anhand der verfügbaren Beweismittel die Flüchtlingseigenschaft zuerkennen kann oder

b)

die Asylbehörde zu der Auffassung gelangt ist, dass der Antragsteller aufgrund dauerhafter Umstände, die sich seinem Einfluss entziehen, nicht zu einer Anhörung in der Lage ist. Im Zweifelsfall kann die Asylbehörde einen medizinischen Gutachter beiziehen, um festzustellen, ob es sich um einen vorübergehenden oder dauerhaften Zustand handelt. [Abänd. 40]

Sieht die Asylbehörde gemäß Buchstabe b keine Gelegenheit zu einer persönlichen Anhörung des Antragstellers – oder gegebenenfalls der vom Antragsteller abhängigen Person – vor, so gestattet sie dem Antragsteller oder der von ihm abhängigen Person , die persönliche Anhörung zu verschieben und weitere Informationen zu unterbreiten. [Abänd. 41]

[Abänd. 42]

(3)   Die Tatsache, dass nach Absatz 2 Buchstabe b keine persönliche Anhörung stattgefunden hat, darf die Entscheidung der Asylbehörde nicht negativ beeinflussen.

(4)   Ungeachtet des Artikels 25 Absatz 1 können die Mitgliedstaaten bei ihrer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz die Tatsache berücksichtigen, dass der Antragsteller einer Aufforderung zur persönlichen Anhörung nicht nachgekommen ist, es sei denn, er hat berechtigte Gründe für sein Fernbleiben vorgebracht.

Artikel 14

Anforderungen an die persönliche Anhörung

(1)   Die persönliche Anhörung findet in der Regel ohne die Anwesenheit von Familienangehörigen statt, soweit nicht die Asylbehörde die Anwesenheit solcher Angehörigen zwecks einer angemessenen Prüfung für erforderlich hält.

(2)   Eine persönliche Anhörung erfolgt unter Bedingungen, die eine angemessene Vertraulichkeit gewährleisten.

(3)   Die Mitgliedstaaten ergreifen geeignete Maßnahmen, damit die persönliche Anhörung unter Bedingungen durchgeführt wird, die dem Antragsteller eine zusammenhängende Darlegung der Gründe seines Antrags gestatten. Zu diesem Zweck

a)

gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die anhörende Person qualifiziert, geschult und befähigt ist, die persönlichen oder allgemeinen Umstände des Antrags einschließlich der kulturellen Herkunft, der Geschlechtszugehörigkeit , der sexuellen Ausrichtung, Geschlechtsidentität oder der Schutzbedürftigkeit des Antragstellers zu berücksichtigen; [Abänd. 43]

b)

sehen die Mitgliedstaaten, soweit möglich, vor, dass die Anhörung von einer Person gleichen Geschlechts durchgeführt wird, wenn der Antragsteller darum ersucht;

c)

wählen die Mitgliedstaaten einen kompetenten Dolmetscher, der eine angemessene Verständigung zwischen dem Antragsteller und der anhörenden Person zu gewährleisten vermag und der an einen Verhaltenskodex betreffend die Rechte und Pflichten des Dolmetschers gebunden ist . Die Verständigung muss nicht zwingend in der vom Antragsteller bevorzugten Sprache stattfinden, wenn es eine andere Sprache gibt, die er versteht und in der er sich klar ausdrücken kann. Die Mitgliedstaaten stellen, soweit möglich, einen Dolmetscher gleichen Geschlechts bereit, wenn der Antragsteller darum ersucht; [Abänd. 44]

d)

stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Person, die die Anhörung zum Inhalt des Antrags auf internationalen Schutz durchführt, keine Uniform trägt;

e)

stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass Anhörungen von Minderjährigen kindgerecht und von einer Person mit den notwendigen Kenntnissen der besonderen Bedürfnisse und Rechte von Minderjährigen durchgeführt werden. [Abänd. 45]

(4)   Die Mitgliedstaaten können Vorschriften über die Anwesenheit Dritter bei der persönlichen Anhörung erlassen.

Artikel 15

Inhalt der persönlichen Anhörung

Wird eine persönliche Anhörung zum Inhalt eines Antrags auf internationalen Schutz durchgeführt, trägt die Asylbehörde dafür Sorge, dass dem Antragsteller hinreichend Gelegenheit gegeben wird, die zur Begründung seines Antrags notwendigen Angaben gemäß Artikel 4 Absätze 1 und 2 der Richtlinie […./…/EU] [Anerkennungsrichtlinie] vorzubringen. Zu diesem Zweck stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass

a)

die an den Antragsteller gerichteten Fragen für die Beurteilung, ob er internationalen Schutz im Sinne der Richtlinie […./…/EU] [Anerkennungsrichtlinie] benötigt, relevant sind;

b)

der Antragsteller hinreichend Gelegenheit hat, sich zu fehlenden Angaben zu äußern, die für die Begründung seines Antrags notwendig sind, und/oder zu Abweichungen oder Widersprüchen in seinen Aussagen.

Artikel 16

Niederschrift und Bericht über die persönliche Anhörung

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass über jede persönliche Anhörung eine Niederschrift erstellt wird.

(2)   Die Mitgliedstaaten legen fest, dass der Inhalt der Niederschrift am Ende der persönlichen Anhörung vom Antragsteller zu genehmigen ist. Hierzu stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der Antragsteller Gelegenheit erhält, sich zu Übersetzungsfehlern oder missverständlichen Formulierungen in der Niederschrift zu äußern und/oder diese zu klären.

(3)   Weigert sich der Antragsteller, den Inhalt der Niederschrift zu genehmigen, so werden die dafür geltend gemachten Gründe in seiner Akte vermerkt.

Die Weigerung des Antragstellers, den Inhalt der Niederschrift zu genehmigen, hindert die Asylbehörde nicht daran, über seinen Antrag zu entscheiden.

(4)   Unbeschadet der Absätze 1 und 2 können die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass ein schriftlicher Bericht über die persönliche Anhörung erstellt wird, der mindestens die vom Antragsteller vorgetragenen wesentlichen Angaben zu seinem Antrag enthält. In diesem Fall sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass die Niederschrift über die persönliche Anhörung dem Bericht beigefügt wird.

(5)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Antragsteller rechtzeitig Einblick in die Niederschrift und gegebenenfalls den Bericht über die persönliche Anhörung nehmen kann, bevor die Asylbehörde über den Antrag entscheidet.

Artikel 17

Rechtsmedizinische Gutachten

(1)   Die Mitgliedstaaten gestatten Antragstellern auf Antrag, eine ärztliche Untersuchung zu veranlassen, um Aussagen über eine in der Vergangenheit erlittene Verfolgung oder einen in der Vergangenheit erlittenen ernsthaften Schaden zu belegen. Zu diesem Zweck räumen die Mitgliedstaaten den Antragstellern eine angemessene Frist für die Vorlage eines medizinischen Gutachtens bei der Asylbehörde ein.

(2)   Unbeschadet des Absatzes 1 gewährleistet die Asylbehörde in Fällen, in denen Grund zu der Annahme besteht, dass der Antragsteller unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet, dass vorbehaltlich der Zustimmung des Antragstellers eine ärztliche Untersuchung durchgeführt wird.

(3)   Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Vorkehrungen, um sicherzustellen, dass für die ärztliche Untersuchung im Sinne von Absatz 2 unparteiische und qualifizierte medizinische Gutachter zur Verfügung stehen, und dass die weniger invasive ärztliche Untersuchung gewählt wird, wenn es sich bei dem Antragsteller um einen Minderjährigen handelt . [Abänd. 46]

(4)   Die Mitgliedstaaten sehen weitere für die Anwendung dieses Artikels relevante Vorschriften und Regelungen für die Erkennung und Dokumentation von Folter und anderen Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt vor.

(5)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Personen, von denen die Antragsteller nach Maßgabe dieser Richtlinie befragt werden, in der Foltererkennung geschult werden.

(6)   Die Ergebnisse der ärztlichen Untersuchung im Sinne der Absätze 1 und 2 werden von der Asylbehörde zusammen mit den anderen Angaben im Antrag gewürdigt. Sie werden insbesondere dann herangezogen, wenn festgestellt werden soll, ob die Aussagen des Antragstellers glaubwürdig und ausreichend sind.

Artikel 18

Anspruch auf Beratung in Bezug auf verfahrenstechnische und rechtliche Aspekte, Rechtsberatung und -vertretung [Abänd. 47]

(1)   Personen, die internationalen Schutz beantragen, erhalten in allen Phasen des Verfahrens, auch nach einer ablehnenden Entscheidung, effektiv Gelegenheit, einen Rechtsanwalt oder sonstigen nach einzelstaatlichem Recht zugelassenen oder zulässigen Rechtsberater in Fragen ihres Antrags auf internationalen Schutz zu konsultieren.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass auf Antrag vorbehaltlich der Bestimmungen des Absatzes 3 unentgeltlich Rechtsberatung und/oder -vertretung gewährt wird. Zu diesem Zweck sehen die Mitgliedstaaten.

a)

unentgeltliche Beratung in Bezug auf verfahrenstechnische und rechtliche Aspekte in Verfahren nach Kapitel III vor, die zumindest die Erteilung von Auskünften zum Verfahren unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Antragstellers , die Vorbereitung der notwendigen Verfahrensunterlagen, auch im Rahmen der persönlichen Anhörung, sowie die Erklärung der tatsächlichen und rechtlichen Gründe im Falle einer ablehnenden Entscheidung umfasst . Die Beratung kann von einer qualifizierten Nichtregierungsorganisation oder durch qualifizierte Fachkräfte durchgeführt werden. [Abänd. 48]

b)

unentgeltliche Rechtsberatung und –vertretung in Verfahren nach Kapitel V vor, die zumindest die Vorbereitung der erforderlichen Verfahrensdokumente und die Teilnahme an der Verhandlung vor einem erstinstanzlichen Gericht im Namen des Antragstellers umfasst. [Änderungsantrag, der nicht alle Sprachen betrifft]

(3)   Die Mitgliedstaaten können in ihren einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorsehen, dass unentgeltliche Rechtsberatung und/oder -vertretung nur gewährt wird

a)

für Personen, die nicht über die nötigen finanziellen Mittel verfügen, und/oder

b)

für die Dienstleistungen der Rechtsanwälte oder sonstigen Rechtsberater, die nach einzelstaatlichem Recht zur Unterstützung und/oder Vertretung von Personen, die internationalen Schutz beantragen, bestimmt wurden. [Abänd. 50]

In Bezug auf die Verfahren nach Kapitel V können die Mitgliedstaaten beschließen, den Antragstellern unentgeltliche Rechtsberatung und/oder -vertretung nur soweit zur Verfügung zu stellen, wie dieser Beistand zur Gewährleistung eines wirksamen Rechtsschutzes erforderlich ist. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die nach diesem Absatz gewährte Rechtsberatung und/oder -vertretung nicht willkürlich eingeschränkt wird. Die Mitgliedstaaten können sich entscheiden, diese Rechtsberatung und/oder –vertretung nur dann zu gewähren, wenn nach Einschätzung des Gerichts hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht. [Abänd. 51]

(4)   Die Mitgliedstaaten können die Modalitäten für die Stellung und Bearbeitung von Anträgen auf Rechtsberatung und/oder -vertretung regeln.

(5)   Die Mitgliedstaaten erlauben und erleichtern es Nichtregierungsorganisationen ▐. Personen, die internationalen Schutz beantragen, in Verfahren nach Kapitel III und/oder Kapitel V unentgeltlich Rechtsberatung und/oder -vertretung zu gewähren. [Abänd. 52]

(6)   Ferner können die Mitgliedstaaten

a)

für die Gewährung von unentgeltlicher Rechtsberatung und/oder -vertretung eine finanzielle und/oder zeitliche Begrenzung vorsehen, soweit dadurch der Zugang zur Rechtsberatung und/oder -vertretung nicht willkürlich eingeschränkt wird;

b)

vorsehen, dass Antragstellern hinsichtlich der Gebühren und anderen Kosten keine günstigere Behandlung zuteil wird, als sie den eigenen Staatsangehörigen in Fragen der Rechtsberatung im Allgemeinen gewährt wird.

(7)   Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass der Antragsteller ihnen die entstandenen Ausgaben ganz oder teilweise zurückerstattet, wenn sich seine finanzielle Lage beträchtlich verbessert hat oder wenn die Entscheidung zur Gewährung solcher Leistungen aufgrund falscher Angaben des Antragstellers getroffen wurde.

Artikel 19

Umfang der Rechtsberatung und -vertretung

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Rechtsanwalt oder ein sonstiger nach einzelstaatlichem Recht zugelassener oder zulässiger Rechtsberater, der einen Antragsteller gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften unterstützt oder vertritt, Zugang zu den in den Akten des Antragstellers enthaltenen Informationen erhält, auf deren Grundlage über den Antrag entschieden wurde oder entschieden wird.

Die Mitgliedstaaten können hiervon abweichen, wenn die Preisgabe von Informationen oder Quellen die nationale Sicherheit, die Sicherheit der Organisationen oder Personen, von denen diese Informationen stammen, oder die Sicherheit der Person(en), die die Informationen betreffen, gefährden oder die Ermittlungsinteressen im Rahmen der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz durch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten oder die internationalen Beziehungen der Mitgliedstaaten beeinträchtigen würde. In diesen Fällengewähren die Mitgliedstaaten

a)

zumindest einem Rechtsanwalt oder sonstigen Rechtsberater, der einer Sicherheitsprüfung unterzogen wurde, Zugang zu den Informationen oder Quellen, soweit diese Informationen für die Prüfung des Antrags oder für die Entscheidung zur Aberkennung des internationalen Schutzstatus relevant sind;

b)

den in Kapitel V genannten staatlichen Stellen Zugang zu den betreffenden Informationen oder Quellen.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Rechtsanwalt oder ein sonstiger Rechtsberater, der den Antragsteller unterstützt oder vertritt, zum Zweck der Beratung des Antragstellers Zugang zu abgeschlossenen Bereichen, wie Gewahrsamseinrichtungen oder Transitzonen, erhält.

Die Mitgliedstaaten dürfen die Möglichkeit zum Besuch von Antragstellern in abgeschlossenen Bereichen im Einklang mit den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften nur dann einschränken, wenn dies objektiv für die Sicherheit, die öffentliche Ordnung oder die Verwaltung dieses Bereichs oder zur Gewährleistung einer effizienten Prüfung des Antrags erforderlich ist und der Zugang des Rechtsanwalts oder Rechtsberaters dadurch nicht wesentlich behindert oder unmöglich gemacht wird.

(3)   Die Mitgliedstaaten erlauben dem Antragsteller, sich bei der persönlichen Anhörung von einem Rechtsanwalt oder sonstigen nach einzelstaatlichem Recht zugelassenen oder zulässigen Rechtsberater oder einer qualifizierten Fachkraft begleiten zu lassen. [Abänd. 53]

(4)   Unbeschadet dieses Artikels oder des Artikels 21 Absatz 1 Buchstabe b können die Mitgliedstaaten Vorschriften für die Anwesenheit eines Rechtsanwalts oder sonstigen Rechtsberaters bei allen Anhörungen im Rahmen des Asylverfahrens festlegen.

Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass der Antragsteller auch dann bei der persönlichen Anhörung anwesend ist, wenn er sich nach Maßgabe der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften von einem Rechtsanwalt oder sonstigen Rechtsberater vertreten lässt; ferner können sie verlangen, dass der Antragsteller die Fragen persönlich beantwortet.

Die Asylbehörde kann die persönliche Anhörung des Antragstellers unbeschadet des Artikels 21 Absatz 1 Buchstabe b auch dann durchführen, wenn der Rechtsanwalt oder Rechtsberater nicht daran teilnimmt.

Artikel 20

Antragsteller mit besonderen Bedürfnissen

(1)     Gemäß Artikel 21 der Richtlinie […/…/EU] über die Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern [Aufnahmerichtlinie] sehen die Mitgliedstaaten in ihren einzelstaatlichen Rechtsvorschriften Verfahren vor, mit denen, sobald ein Antrag auf internationalen Schutz eingereicht wird, geprüft wird, ob der Antragsteller besondere Bedürfnisse hat, und die Art dieser Bedürfnisse benannt wird. [Abänd. 54]

(2)   Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Vorkehrungen, um sicherzustellen, dass Antragsteller mit besonderen Bedürfnissen Gelegenheit erhalten, in ihrem Antrag möglichst vollständige Angaben zu machen und alle verfügbaren Beweise vorzulegen. Erforderlichenfalls wird ihnen eine Fristverlängerung eingeräumt, damit sie Beweismittel beibringen oder andere notwendige Verfahrenshandlungen vornehmen können.

(3)   In Fällen, in denen ein Antragsteller nach Auffassung der Asylbehörde Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt im Sinne von Artikel 21 der Richtlinie […/…/EU] [Aufnahmerichtlinie] erlitten hat, wird dem Antragsteller ausreichend Zeit und eine entsprechende Unterstützung gewährt, damit er sich auf die persönliche Anhörung zum Inhalt seines Antrags vorbereiten kann. Besonderes Augenmerk gilt den Antragstellern, die ihre sexuelle Ausrichtung zunächst nicht angegeben haben. [Abänd. 55]

(4)   Artikel 28 Absätze 6 und 7 findet auf Antragsteller im Sinne von Absatz 3 dieses Artikels keine Anwendung.

(5)     Gemäß den Bedingungen in Artikel 18 haben Antragsteller mit besonderen Bedürfnissen Anspruch auf unentgeltliche Rechtsberatung in allen in dieser Richtlinie vorgesehenen Verfahren. [Abänd. 56]

Artikel 21

Garantien für unbegleitete Minderjährige

(1)   Bei allen Verfahren nach Maßgabe dieser Richtlinie und unbeschadet der Artikel 13, 14 und 15

a)

ergreifen die Mitgliedstaaten sofort Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass ein Vertreter bestellt wird, der den unbegleiteten Minderjährigen bei der Antragstellung und der Prüfung des Antrags vertritt und unterstützt. Der Vertreter muss unparteiisch und im Umgang mit Kindern versiert sein. Bei diesem Vertreter kann es sich auch um den Vertreter im Sinne der Richtlinie […/…/EU] [Aufnahmerichtlinie] handeln; [Änderungsantrag, der nicht alle Sprachen betrifft]

b)

stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der Vertreter Gelegenheit erhält, den unbegleiteten Minderjährigen über die Bedeutung und die möglichen Konsequenzen seiner persönlichen Anhörung sowie gegebenenfalls darüber aufzuklären, wie er sich auf seine persönliche Anhörung vorbereiten kann. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ein Vertreter und/oder ein Rechtsanwalt oder ein sonstiger nach einzelstaatlichem Recht zugelassener Rechtsberater oder eine qualifizierte Fachkraft bei dieser Anhörung anwesend ist und innerhalb des von der anhörenden Person festgelegten Rahmens Gelegenheit erhält, Fragen zu stellen und Bemerkungen vorzubringen. [Abänd. 58]

Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass der unbegleitete Minderjährige auch dann bei der persönlichen Anhörung anwesend ist, wenn der Vertreter zugegen ist.

[Abänd. 59]

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass

(a)

die persönliche Anhörung eines unbegleiteten Minderjährigen nach den Artikeln 13, 14 und 15 von einer Person durchgeführt wird, die mit den besonderen Bedürfnissen und Rechten Minderjähriger vertraut ist; [Abänd. 60]

(b)

die Entscheidung der Asylbehörde über einen Antrag eines unbegleiteten Minderjährigen von einem Bediensteten vorbereitet wird, der mit den besonderen Bedürfnissen und Rechten Minderjähriger vertraut ist. [Abänd. 61]

(3)   Unbegleitete Minderjährige und der bestellte Vertreter erhalten vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 18 für alle in dieser Richtlinie vorgesehenen Verfahren unentgeltliche Rechtsberatung in Bezug auf verfahrenstechnische und rechtliche Aspekte und unentgeltliche Rechtsvertretung. [Abänd. 62]

(4)   Die Mitgliedstaaten können im Rahmen der Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz ärztliche Untersuchungen zur Bestimmung des Alters unbegleiteter Minderjähriger durchführen lassen, wenn aufgrund der Aussagen dieser Minderjährigen oder anderer einschlägiger Beweise Zweifel bezüglich der Altersangabe bestehen. Bestehen die Zweifel nach der ärztlichen Untersuchung fort, wird stets zum Vorteil des unbegleiteten Minderjährigen entschieden. [Abänd. 63]

Die ärztliche Untersuchung wird unter uneingeschränkter Achtung der Würde der Person und mit den verlässlichsten und weniger invasiven Methoden von qualifizierten und unparteiischen medizinischen Gutachtern durchgeführt. [Abänd. 65 und Änderungsantrag, der nicht alle Sprachen betrifft]

Im Falle einer ärztlichen Untersuchung stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass

a)

unbegleitete Minderjährige vor der Prüfung ihres Antrags auf internationalen Schutz in einer Sprache, von der angenommen werden darf, dass sie sie verstehen, über die Möglichkeit der Altersbestimmung im Wege einer ärztlichen Untersuchung informiert werden. Diese Information umfasst eine Aufklärung über die Untersuchungsmethode, über die möglichen Folgen des Untersuchungsergebnisses für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz sowie über die Folgen der Weigerung des unbegleiteten Minderjährigen, sich der ärztlichen Untersuchung zu unterziehen; [Abänd. 66]

b)

eine Untersuchung zur Altersbestimmung nach Einwilligung des unbegleiteten Minderjährigen und/oder seines Vertreters durchgeführt wird und

c)

die Entscheidung, den Antrag auf internationalen Schutz eines unbegleiteten Minderjährigen abzulehnen, der diese ärztliche Untersuchung verweigert hat, nicht ▐ in dieser Weigerung begründet ist. [Abänd. 67]

Die Tatsache, dass ein unbegleiteter Minderjähriger eine solche ärztliche Untersuchung verweigert hat, hindert die Asylbehörde nicht daran, eine Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz zu treffen.

(5)   Artikel 28 Absätze 6 und 7, Artikel 30 Absatz 2 Buchstabe c und Artikel 36 finden auf unbegleitete Minderjährige keine Anwendung.

(6)   Bei der Umsetzung dieses Artikels berücksichtigen die Mitgliedstaaten vorrangig das Kindeswohl.

Artikel 22

Gewahrsam

(1)   Die Mitgliedstaaten nehmen eine Person nicht allein deshalb in Gewahrsam, weil sie einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Die Gründe für den Gewahrsam und die Gewahrsamsbedingungen sowie die Garantien für in Gewahrsam befindliche Antragsteller bestimmen sich nach der Richtlinie […/…/EU] [Aufnahmerichtlinie].

(2)   Wird eine Person, die internationalen Schutz beantragt hat, in Gewahrsam genommen, so stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass eine rasche gerichtliche Überprüfung des Gewahrsams nach Maßgabe der Richtlinie […/…/EU] [Aufnahmerichtlinie] möglich ist.

Artikel 23

Ingewahrsamnahme von Minderjährigen

Die Ingewahrsamnahme von Minderjährigen ist unter allen Umständen streng verboten. [Abänd. 68]

Artikel 24

Verfahren bei Rücknahme des Antrags

(1)   Soweit die Mitgliedstaaten in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften die Möglichkeit einer ausdrücklichen Rücknahme des Antrags auf internationalen Schutz vorsehen, stellen sie im Falle der ausdrücklichen Rücknahme des Antrags durch den Antragsteller sicher, dass die Asylbehörde die Entscheidung trifft, ▐ die Antragsprüfung einzustellen und den Antragsteller über die Folgen der Rücknahme aufzuklären . [Abänd. 69]

(2)   Die Mitgliedstaaten können auch beschließen, dass die Asylbehörde die Antragsprüfung einstellen kann, ohne dass eine Entscheidung ergeht. In diesem Fall stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Asylbehörde eine entsprechende Notiz in die Akte des Antragstellers aufnimmt.

Artikel 25

Verfahren bei stillschweigender Rücknahme des Antrags oder Nichtbetreiben des Verfahrens

(1)   Besteht Grund zu der Annahme, dass ein Antragsteller seinen Antrag stillschweigend zurückgenommen hat oder das Verfahren ohne vernünftigen Grund nicht weiter betreibt, so stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Asylbehörde entscheidet, entweder die Antragsprüfung einzustellen oder den Asylantrag aufgrund der Tatsache abzulehnen, dass der Asylbewerber nicht nachgewiesen hat, dass er gemäß der Richtlinie […/…/EU] [Qualifizierungsrichtlinie] Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft hat, wenn er zusätzlich zu den oben genannten Gründen:

die Zusammenarbeit verweigert hat, oder

illegal untergetaucht ist, oder

aller Wahrscheinlichkeit nach keinen Anspruch auf internationalen Schutz hat, oder

gemäß Artikel 37 aus einem sicheren Drittstaat stammt oder über einen solchen eingereist ist. [Abänd. 103]

Die Mitgliedstaaten können insbesondere dann davon ausgehen, dass der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz stillschweigend zurückgezogen hat oder das Verfahren nicht weiter betreibt, wenn er nachweislich

a)

den Aufforderungen zur Vorlage von für den Antrag wesentlichen Informationen gemäß Artikel 4 der Richtlinie […./…/EG] [Anerkennungsrichtlinie] oder einer Aufforderung zur persönlichen Anhörung gemäß den Artikeln 13, 14, 15 und 16 nicht nachgekommen ist, es sei denn, er weist innerhalb einer angemessenen Frist nach, dass sein Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte;

b)

untergetaucht ist oder seinen Aufenthaltsort ohne Genehmigung verlassen und nicht innerhalb einer angemessenen Frist die zuständige Behörde kontaktiert hat oder seinen Melde- und Mitteilungspflichten nicht innerhalb einer angemessenen Frist nachgekommen ist.

Die Mitgliedstaaten können Fristen oder Leitlinien für die Anwendung dieser Bestimmungen festsetzen.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ein Antragsteller, der sich nach Einstellung der Antragsprüfung gemäß Absatz 1 wieder bei der zuständigen Behörde meldet, berechtigt ist, um Wiedereröffnung des Verfahrens zu ersuchen. Innerhalb eines Asylverfahrens kann nur einmal um die Wiedereröffnung des Verfahrens ersucht werden. [Abänd. 70]

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die betreffende Person nicht entgegen dem Grundsatz der Nichtzurückweisung abgeschoben wird.

Die Mitgliedstaaten können der Asylbehörde die Wiederaufnahme der Prüfung in dem Verfahrensabschnitt gestatten, in dem sie eingestellt wurde.

(3)   Dieser Artikel gilt unbeschadet der Verordnung (EU) Nr. …/…. [Dublin-Verordnung].

Artikel 26

Rolle des UNHCR

(1)   Die Mitgliedstaaten gewähren dem UNHCR:

a)

Zugang zu Personen, die internationalen Schutz beantragt haben, auch zu denen, die sich in Gewahrsam oder in der Transitzone eines Flughafens oder Hafens befinden;

b)

Zugang zu Informationen über einzelne Anträge auf internationalen Schutz, über den Verlauf des Verfahrens und die erlassenen Entscheidungen, sofern der Antragsteller dem zustimmt;

c)

die Möglichkeit zur Stellungnahme zu einzelnen Anträgen in jedem Verfahrensabschnitt bei jeder zuständigen Behörde in Ausübung der Überwachungsbefugnisse nach Artikel 35 der Genfer Flüchtlingskonvention.

(2)   Absatz 1 findet auch auf eine Organisation Anwendung, die im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats im Auftrag des UNHCR auf der Grundlage einer Vereinbarung mit dem Mitgliedstaat tätig ist.

Artikel 27

Weitergabe oder Einholung von Informationen zu einzelnen Anträgen

Im Rahmen der Prüfung eines Antrags

a)

geben die Mitgliedstaaten keine Informationen über einzelne Anträge auf internationalen Schutz oder über die Tatsache, dass ein solcher Antrag gestellt wurde, an die Stelle(n) weiter, die den Antragsteller seinen Angaben zufolge verfolgt oder ihm einen ernsthaften Schaden zugefügt hat/haben;

b)

werden von den Mitgliedstaaten bei der oder den Stellen, die den Antragsteller seinen Angaben zufolge verfolgt oder ihm einen ernsthaften Schaden zugefügt haben, keine Informationen in einer Weise eingeholt, die diesen Stellen ▐ die Tatsache zur Kenntnis bringen würde, dass diese Person einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, und die die körperliche Unversehrtheit des Antragstellers oder der von ihm abhängigen Personen oder die Freiheit und Sicherheit seiner noch im Herkunftsstaat lebenden Familienangehörigen in Gefahr bringen würde. [Abänd. 71]

KAPITEL III

ERSTINSTANZLICHE VERFAHREN

ABSCHNITT I

Artikel 28

Prüfungsverfahren

(1)   Die Mitgliedstaaten bearbeiten Anträge auf internationalen Schutz im Rahmen eines Prüfungsverfahrens unter Beachtung der Grundsätze und Garantien in Kapitel II.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass dieses Verfahren unbeschadet einer angemessenen und vollständigen Prüfung der Anträge so rasch wie möglich zum Abschluss gebracht wird.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass das Verfahren innerhalb von sechs Monaten nach Antragstellung abgeschlossen wird.

Die Mitgliedstaaten können diese Frist in Einzelfällen, die sich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht als komplex erweisen, um höchstens sechs weitere Monate verlängern.

(4)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Antragsteller in den Fällen, in denen eine Entscheidung innerhalb der in Absatz 3 Unterabsatz 1 genannten Frist nicht möglich ist,

a)

über die Verzögerung informiert wird und

b)

auf sein Ersuchen hin über die Gründe für die Verzögerung und den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung über seinen Antrag zu rechnen ist, unterrichtet wird.

Die Folgen einer nicht fristgemäß im Sinne von Absatz 3 ergangenen Entscheidung bestimmen sich nach einzelstaatlichem Recht.

(5)   Die Asylbehörden können die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz im Einklang mit den Grundsätzen und Garantien nach Kapitel II vorziehen, [Abänd. 73]

a)

wenn der Antrag begründet erscheint,

b)

wenn der Antragsteller besondere Bedürfnisse hat, insbesondere unbegleitete Minderjährige, [Abänd. 74]

c)

in anderen Fällen mit Ausnahme der in Absatz 6 genannten Anträge.

(6)   Die Mitgliedstaaten können festlegen, dass das Prüfungsverfahren im Einklang mit den Grundsätzen und Garantien nach Kapitel II beschleunigt wird, wenn

a)

der Antragsteller bei der Einreichung und Begründung seines Antrags nur Tatsachen vorgebracht hat, die für die Prüfung der Frage, ob er als Flüchtling oder Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz im Sinne der Richtlinie […./…/EG] [Anerkennungsrichtlinie] anzuerkennen ist, nicht von Belang sind, oder

b)

der Antragsteller offensichtlich nicht als Flüchtling anzuerkennen ist oder die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in einem Mitgliedstaat nach Maßgabe der Richtlinie […./…/EU] [Anerkennungsrichtlinie] offensichtlich nicht erfüllt, oder [Abänd. 105]

c)

der Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat im Sinne dieser Richtlinie kommt, oder

d)

der Antragsteller die Behörden durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten über seine Identität und/oder Staatsangehörigkeit, die sich negativ auf die Entscheidung hätten auswirken können, getäuscht hat, oder

e)

wenn angenommen werden kann, dass er ein Identitäts- oder ein Reisedokument, das die Feststellung seiner Identität oder Staatsangehörigkeit ermöglicht hätte, mutwillig vernichtet oder beseitigt hat, oder

f)

der Antragsteller deutlich inkohärente, widersprüchliche, unwahrscheinliche, unvollständige oder falsche Angaben gemacht hat, die als Begründung für seine Behauptung, dass er eine verfolgte Person im Sinne der Richtlinie […./…/EG] [Anerkennungsrichtlinie] sei, offensichtlich nicht überzeugend sind, oder [Abänd. 75]

g)

der Antragsteller einen Folgeantrag gestellt hat, der eindeutig keine relevanten neuen Elemente in Bezug auf seine besonderen Umstände oder die Lage in seinem Herkunftsstaat enthält; oder [Abänd. 107]

h)

der Antragsteller es ohne vernünftigen Grund versäumt hat, den Antrag zu einem früheren Zeitpunkt zu stellen, obwohl er Gelegenheit dazu gehabt hätte; oder [Abänd. 108]

[Abänd. 76]

i)

der Antragsteller den Antrag nur zur Verzögerung oder Behinderung der Vollstreckung einer bereits getroffenen oder unmittelbar bevorstehenden Entscheidung stellt, die zu seiner Abschiebung führen würde.

j)

der Antragsteller ohne ersichtlichen Grund seinen Verpflichtungen zur Mitwirkung bei der Aufklärung des Sachverhalts und seiner Identität nach Artikel 4 Absätze 1 und 2 der Richtlinie […./…/EU] [Anerkennungsrichtlinie] oder nach Artikel 12 Absatz 1, Artikel 12 Absatz 2 Buchstaben a, b und c und Artikel 25 Absatz 1 der vorliegenden Richtlinie nicht nachgekommen ist; oder [Abänd. 109]

k)

der Antragsteller unrechtmäßig in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats eingereist ist oder seinen Aufenthalt unrechtmäßig verlängert hat und es ohne ersichtlichen Grund versäumt hat, zum angesichts der Umstände seiner Einreise frühestmöglichen Zeitpunkt bei den Behörden vorstellig zu werden und/oder einen Asylantrag zu stellen; oder [Abänd. 110]

l)

der Antragsteller aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die nationale Sicherheit des Mitgliedstaats anzusehen ist oder er aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und öffentlichen Ordnung nach einzelstaatlichem Recht vollziehbar ausgewiesen ist. [Abänd. 77]

(7)   Die Mitgliedstaaten können unbegründete Anträge im Sinne von Artikel 29, bei denen einer der in Absatz 6 dieses Artikels aufgeführten Umstände gegeben ist, nach angemessener und vollständiger Prüfung als offensichtlich unbegründet abweisen.

(8)   Die Mitgliedstaaten legen für den Erlass von Entscheidungen in einem erstinstanzlichen Verfahren gemäß Absatz 6 angemessene Fristen fest.

(9)   Der Umstand, dass ein Antrag auf internationalen Schutz nach einer irregulären Einreise in das Hoheitsgebiet oder an der Grenze einschließlich in Transitzonen gestellt wurde, sowie das Fehlen von Dokumenten bei der Einreise oder die Verwendung falscher oder gefälschter Dokumente hat nicht an sich schon die Einleitung eines beschleunigten Prüfungsverfahrens zur Folge. [Abänd. 78]

Artikel 29

Unbegründete Anträge

Die Mitgliedstaaten betrachten ▐ einen Antrag auf internationalen Schutz nur dann als unbegründet, wenn die Asylbehörde festgestellt hat, dass der Antragsteller nicht die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzstatus nach Maßgabe der Richtlinie […./…/EU] [Anerkennungsrichtlinie] erfüllt. [Abänd. 79]

ABSCHNITT II

Artikel 30

Unzulässige Anträge

(1)   Zusätzlich zu den Fällen, in denen nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. […/….] [Dublin-Verordnung] ein Antrag nicht geprüft wird, müssen die Mitgliedstaaten nicht prüfen, ob dem Antragsteller der internationale Schutzstatus im Sinne der Richtlinie …./…/EU [Anerkennungsrichtlinie] zuzuerkennen ist, wenn ein Antrag auf der Grundlage dieses Artikels als unzulässig betrachtet wird.

(2)   Die Mitgliedstaaten dürfen einen Antrag auf internationalen Schutz nur dann als unzulässig betrachten, wenn

a)

ein anderer Mitgliedstaat die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat;

b)

ein Staat, der kein Mitgliedstaat ist, als erster Asylstaat des Antragstellers gemäß Artikel 32 betrachtet wird;

c)

ein Staat, der kein Mitgliedstaat ist, als für den Antragsteller sicherer Drittstaat gemäß Artikel 37 betrachtet wird;

d)

der Antragsteller nach einer rechtskräftigen Entscheidung einen identischen Antrag gestellt hat;

e)

eine vom Antragsteller abhängige Person einen Antrag stellt, nachdem sie gemäß Artikel 6 Absatz 4 eingewilligt hat, dass ihr Fall Teil eines in ihrem Namen gestellten Antrags ist, und keine Tatsachen betreffend die Situation dieser Person vorliegen, die einen gesonderten Antrag rechtfertigen.

Artikel 31

Besondere Vorschriften für die Anhörung im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung

(1)   Die Mitgliedstaaten geben den Antragstellern Gelegenheit, sich zu der Anwendung der in Artikel 30 aufgeführten Gründe in ihrem besonderen Fall zu äußern, bevor über die Unzulässigkeit des Antrags entschieden wird. Hierzu führt die Asylbehörde eine persönliche Anhörung zur Zulässigkeit des Antrags durch. Die Mitgliedstaaten dürfen nur bei Folgeanträgen im Sinne von Artikel 35 eine Ausnahme machen. [Abänd. 80]

(2)   Absatz 1 gilt unbeschadet des Artikels 5 der Verordnung (EU) Nr. …/…. [Dublin-Verordnung].

(3)     Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Bedienstete der Asylbehörde, der die Anhörung zur Zulässigkeit des Antrags durchführt, keine Uniform trägt. [Abänd. 81]

Artikel 32

Konzept des ersten Asylstaats

Ein Staat kann als erster Asylstaat einer Person, die internationalen Schutz beantragt, angesehen werden, wenn

a)

der Antragsteller in dem betreffenden Staat als Flüchtling anerkannt wurde und er diesen Schutz weiterhin in Anspruch nehmen kann oder

b)

ihm in dem betreffenden Staat anderweitig wirksamer Schutz, einschließlich der Anwendung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung, gewährt wird, [Abänd. 82]

vorausgesetzt, dass er von diesem Staat wieder aufgenommen wird.

Bei der Anwendung des Konzepts des ersten Asylstaats auf die besonderen Umstände einer Person, die internationalen Schutz beantragt, berücksichtigen die Mitgliedstaaten Artikel 37 Absatz 1 ▐.

Der Antragsteller hat die Möglichkeit, die Anwendung des Konzepts des ersten Asylstaats mit der Begründung anzufechten, dass der betreffende erste Asylstaat für ihn in seiner besonderen Situation nicht sicher ist. [Abänd. 83]

[Abänd. 84]

ABSCHNITT III

[Abänd. 85]

Artikel 33

Konzept des sicheren Herkunftsstaats

(1)   Ein Drittstaat, der gemäß dieser Richtlinie als sicherer Herkunftsstaat bestimmt wurde, kann nach individueller Prüfung des Antrags nur dann als für einen bestimmten Antragsteller sicherer Herkunftsstaat betrachtet werden, wenn

a)

der Antragsteller die Staatsangehörigkeit des betreffenden Staates besitzt oder

b)

der Antragsteller staatenlos ist und zuvor seinen gewöhnlichen Aufenthalt in dem betreffenden Staat hatte

c)

und keine schwerwiegenden Gründe dafür vorgebracht hat, dass der Staat in seinem speziellen Fall im Hinblick auf die Anerkennung als Flüchtling oder als Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz im Sinne der Richtlinie […./…/EU] [Anerkennungsrichtlinie] nicht als sicherer Herkunftsstaat zu betrachten ist.

(2)   Die Mitgliedstaaten legen in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften weitere Regeln und Modalitäten für die Anwendung des Konzepts des sicheren Herkunftsstaats fest.

ABSCHNITT IV

Artikel 34

Folgeanträge

(1)   Wenn eine Person, die einen Antrag auf internationalen Schutz in einem Mitgliedstaat gestellt hat, in demselben Mitgliedstaat weitere Angaben vorbringt oder einen Folgeantrag stellt, prüft dieser Mitgliedstaat die weiteren Angaben oder die Elemente des Folgeantrags im Rahmen der Prüfung des früheren Antrags oder der Prüfung der Entscheidung, gegen die ein Rechtsbehelf eingelegt wurde, insoweit die Asylbehörde in diesem Rahmen alle Elemente, die den weiteren Angaben oder dem Folgeantrag zugrunde liegen, berücksichtigen kann . [Abänd. 87]

(2)   Für die Zwecke der gemäß Artikel 30 Absatz 2 Buchstabe d zu treffenden Entscheidung über die Zulässigkeit eines Antrags auf internationalen Schutz können die Mitgliedstaaten ein besonderes Verfahren gemäß Absatz 3 anwenden, wenn eine Person einen Folgeantrag auf internationalen Schutz stellt,

a)

nachdem sie ihren früheren Antrag gemäß Artikel 24 zurückgezogen hat;

b)

nachdem eine rechtskräftige Entscheidung über den früheren Antrag ergangen ist.

(3)   Ein Folgeantrag auf internationalen Schutz unterliegt zunächst einer ersten Prüfung, ob nach der Rücknahme des früheren Antrags oder nach Erlass der Entscheidung gemäß Absatz 2 Buchstabe b über diesen Antrag neue Elemente oder Erkenntnisse betreffend die Frage, ob der Antragsteller nach Maßgabe der Richtlinie […./…/EU] [Anerkennungsrichtlinie] als Flüchtling oder als Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz anzuerkennen ist, zutage getreten oder vom Antragsteller vorgebracht worden sind.

(4)   Wenn im Anschluss an die erste Prüfung nach Absatz 3 neue Elemente oder Erkenntnisse zutage treten oder vom Antragsteller vorgebracht werden, die erheblich zu der Wahrscheinlichkeit beitragen, dass er nach Maßgabe der Richtlinie […./…/EU] [Anerkennungsrichtlinie] als Flüchtling oder als Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz anzuerkennen ist, wird der Antrag gemäß Kapitel II weiter geprüft.

(5)   Die Mitgliedstaaten können gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften einen Folgeantrag weiter prüfen, wenn es andere Gründe gibt, aus denen das Verfahren wieder aufgenommen werden muss.

[Abänd. 88]

(6)   Das Verfahren nach diesem Artikel kann auch im Falle einer abhängigen Person angewandt werden, die einen Antrag stellt, nachdem sie gemäß Artikel 6 Absatz 4 eingewilligt hat, dass ihr Fall Teil eines in ihrem Namen gestellten Antrags ist. In diesem Fall wird bei der ersten Prüfung nach Absatz 3 geprüft, ob Tatsachen betreffend die Situation dieser Person vorliegen, die einen gesonderten Antrag rechtfertigen.

(7)   Wenn die betreffende Person , nachdem das Verfahren über den ersten Antrag nach Absatz 2 beendet wurde, vor Vollstreckung der Rückkehrentscheidung in demselben Mitgliedstaat einen neuen Antrag auf internationalen Schutz stellt, der nicht zu einer weiteren Prüfung nach diesem Artikel führt, bieten sich diesem Mitgliedstaat folgende Möglichkeiten: [Abänd. 113]

a)

er kann eine Ausnahmeregelung zum Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet anwenden, sofern die Asylbehörde sich vergewissert hat, dass eine Rückkehrentscheidung keine direkte oder indirekte Zurückweisung zur Folge hat, die einen Verstoß gegen die völkerrechtlichen und gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen dieses Mitgliedstaats darstellt; und/oder

b)

er kann eine Überprüfung des Antrags auf seine Zulässigkeit gemäß diesem Artikel und gemäß Artikel 30 vorsehen; und/oder

c)

er kann eine Beschleunigung des Prüfungsverfahrens gemäß Artikel 28 Absatz 6 Buchstabe i vorsehen.

In den unter Unterabsatz 1 Buchstaben b und c vorgesehenen Fällen können die Mitgliedstaaten von den üblicherweise geltenden Fristen für Zulässigkeitsprüfungen und/oder beschleunigte Verfahren entsprechend ihren einzelstaatlichen Rechtsvorschriften abweichen.

(8)   Wenn eine Person, gegen die ein Überstellungsbeschluss gemäß Verordnung (EU) [Nr. …/…] [Dublin-Verordnung] zu vollstrecken ist, in dem überstellenden Mitgliedstaat weitere Angaben vorbringt oder einen Folgeantrag stellt, prüft der gemäß jener Verordnung zuständige Mitgliedstaat die weiteren Angaben oder Folgeanträge im Einklang mit dieser Richtlinie.

Artikel 35

Verfahrensvorschriften

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Personen, die internationalen Schutz beantragen und deren Antrag einer ersten Prüfung gemäß Artikel 34 unterliegt, über die Garantien nach Artikel 11 Absatz 1 verfügen.

(2)   Die Mitgliedstaaten können im einzelstaatlichen Recht Vorschriften für die erste Prüfung gemäß Artikel 34 festlegen. Diese Vorschriften können unter anderem

a)

den betreffenden Antragsteller verpflichten, Tatsachen anzugeben und wesentliche Beweise vorzulegen, die ein neues Verfahren rechtfertigen;

b)

die erste Prüfung allein auf der Grundlage schriftlicher Angaben ohne persönliche Anhörung gestatten, ausgenommen die Fälle nach Artikel 34 Absatz 6.

Diese Bedingungen dürfen weder den Zugang eines Antragstellers zu einem neuen Verfahren unmöglich machen noch zu einer effektiven Aufhebung oder erheblichen Beschränkung dieses Zugangs führen.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass

a)

der Antragsteller in geeigneter Weise über das Ergebnis der ersten Prüfung und in dem Fall, dass sein Antrag nicht weiter geprüft wird, über die Gründe dafür und die etwaigen Rechtsbehelfe dagegen informiert wird;

b)

bei Vorliegen einer in Artikel 34 Absatz 3 beschriebenen Situation die Asylbehörde den Folgeantrag so bald wie möglich gemäß Kapitel II weiter prüft.

ABSCHNITT V

Artikel 36

Verfahren an der Grenze

(1)   Die Mitgliedstaaten können nach Maßgabe der Grundsätze und Garantien nach Kapitel II Verfahren festlegen, um an der Grenze oder in Transitzonen des Mitgliedstaats über Folgendes zu entscheiden:

a)

die Zulässigkeit eines an derartigen Orten gestellten Antrags im Sinne des Artikels 30 und/oder [Abänd. 89]

b)

die Begründetheit eines Antrags in einem beschleunigten Verfahren nach Artikel 28 Absatz 6.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass eine Entscheidung im Rahmen der Verfahren nach Absatz 1 innerhalb einer angemessenen Frist ergeht. Ist innerhalb von vier Wochen keine Entscheidung ergangen, so wird dem Antragsteller die Einreise in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats gestattet, damit sein Antrag nach Maßgabe der anderen Bestimmungen dieser Richtlinie bearbeitet werden kann. Das Festhalten der Antragsteller an der Grenze oder in den Transitzonen der Mitgliedstaaten steht einer Ingewahrsamnahme gemäß Artikel 22 gleich. [Abänd. 90]

(3)   Wenn es aufgrund einer Ankunft, bei der eine erhebliche Anzahl von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen an der Grenze oder in Transitzonen einen Antrag auf internationalen Schutz stellt, aus praktischen Gründen nicht möglich ist, die Bestimmungen des Absatzes 1 anzuwenden, können die genannten Verfahren auch in diesen Fällen und für die Zeit angewandt werden, in der die Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen normalerweise in der Nähe der Grenze oder in Transitzonen untergebracht werden.

ABSCHNITT VI

Artikel 37

Konzept der sicheren Drittstaaten

(1)    Ein Drittstaat kann nur dann als sicherer Drittstaat ▐ betrachtet werden, wenn der betreffende Drittstaat eine Person, die internationalen Schutz beantragt, nach den folgenden Grundsätzen behandelt und folgende Bedingungen erfüllt sind:

a)

keine Gefährdung für Leben und Freiheit aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung,

b)

) keine Gefahr, einen ernsthaften Schaden gemäß [Richtlinie …/…/EU] [Anerkennungsrichtlinie] zu erleiden,

c)

Wahrung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung nach der Genfer Flüchtlingskonvention,

d)

Einhaltung des Verbots der Abschiebung, wenn diese einen Verstoß gegen das im Völkerrecht festgelegte Verbot der Folter und grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung darstellt,

e)

Bestehen der Möglichkeit, einen Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder einer anderen ergänzenden Form des Schutzes zu stellen, die mit dem Schutz im Sinne der [Richtlinie …/…/EU] [Anerkennungsrichtlinie] vergleichbar ist, und im Falle der Zuerkennung eines solchen Status oder Schutzes einen Schutz zu erhalten, der mit dem durch jene Richtlinie gewährten Schutz vergleichbar ist.

f)

Ratifizierung und Einhaltung der Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention ohne geografischen Vorbehalt,

g)

Verfügbarkeit eines gesetzlich festgelegten Asylverfahrens, und

h)

Bestimmung als sicherer Drittstaat durch das Europäische Parlament und den Rat nach Absatz 2.

(2)     Das Europäische Parlament und der Rat erlassen nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren eine gemeinsame Liste von Drittstaaten, die als sichere Drittstaaten für die Zwecke des Absatzes 1 betrachtet werden, oder ändern diese Liste entsprechend.

(3)   Die betreffenden Mitgliedstaaten legen im einzelstaatlichen Recht die Einzelheiten zur Durchführung des Absatzes 1 und Vorschriften fest , die Folgendes erfordern:

a)

eine Verbindung zwischen der Person, die internationalen Schutz beantragt, und dem betreffenden Drittstaat, so dass es aufgrund dieser Verbindung vernünftig erscheint, dass diese Person sich in diesen Staat begibt,

b)

eine Methodik, mit der sich die zuständigen Behörden davon überzeugen, dass das Konzept des sicheren Drittstaats auf einen bestimmten Staat oder einen bestimmten Antragsteller angewandt werden kann. Diese Methodik umfasst eine Einzelfallprüfung der Sicherheit des Landes für einen bestimmten Antragsteller,

c)

mit dem Völkerrecht vereinbare Regeln, die es ermöglichen, in Form einer Einzelprüfung festzustellen, ob der betreffende Drittstaat für einen bestimmten Antragsteller sicher ist, und die dem Antragsteller zumindest die Möglichkeit bieten, die Anwendung des Konzepts des sicheren Drittstaats mit der Begründung anzufechten, dass der betreffende Drittstaat für ihn in seiner besonderen Situation nicht sicher ist. Darüber hinaus hat der Antragsteller die Möglichkeit, das Bestehen einer Verbindung zwischen ihm und dem betreffenden Drittstaat gemäß Buchstabe a anzufechten.

(4)   Bei der Durchführung einer ▐ auf diesen Artikel gestützten Entscheidung ▐ unterrichten die betreffenden Mitgliedstaaten den Antragsteller entsprechend ▐.

(5)   Ist der sichere Drittstaat nicht bereit, den Antragsteller wieder aufzunehmen, so stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass gemäß den Grundsätzen und Garantien nach Kapitel II Zugang zu einem Verfahren gewährt wird.

(6)     Die Mitgliedstaaten erstellen keine einzelstaatlichen Listen sicherer Herkunftsstaaten oder einzelstaatliche Listen sicherer Drittstaaten. [Abänd. 91]

KAPITEL IV

VERFAHREN ZUR ABERKENNUNG DES INTERNATIONALEN SCHUTZSTATUS

Artikel 38

Aberkennung des internationalen Schutzstatus

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass eine Prüfung zur Aberkennung des internationalen Schutzstatus einer bestimmten Person eingeleitet werden kann, wenn neue Elemente oder Erkenntnisse zutage treten, die darauf hindeuten, dass Gründe für eine Überprüfung der Berechtigung des internationalen Schutzstatus bestehen.

Artikel 39

Verfahrensvorschriften

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass in Fällen, in denen die zuständige Behörde in Erwägung zieht, den internationalen Schutzstatus eines Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen nach Maßgabe von Artikel 14 oder Artikel 19 der Richtlinie […./…/EU] [Anerkennungsrichtlinie] abzuerkennen, die betreffende Person über folgende Garantien verfügt:

a)

Sie ist schriftlich davon in Kenntnis zu setzen, dass die zuständige Behörde den Anspruch auf internationalen Schutz überprüft und aus welchen Gründen eine solche Überprüfung stattfindet, und

b)

ihr ist in einer persönlichen Anhörung gemäß Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe b und gemäß den Artikeln 13,14 und 15 oder in einer schriftlichen Erklärung Gelegenheit zu geben, Gründe vorzubringen, die dagegen sprechen, ihr den internationalen Schutzstatus abzuerkennen.

Darüber hinaus stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass im Rahmen eines solchen Verfahrens

a)

die zuständige Behörde in der Lage ist, aus verschiedenen Quellen genaue und aktuelle Informationen, wie gegebenenfalls Informationen des UNHCR und des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, über die allgemeine Lage in den Herkunftsstaaten der betroffenen Personen einzuholen und,

b)

wenn die Informationen für die Zwecke der Überprüfung des internationalen Schutzstatus im Einzelfall eingeholt werden, diese nicht von den Urhebern der Verfolgung oder des ernsthaften Schadens in einer Weise beschafft werden, dass Letztere unmittelbar darüber unterrichtet werden, dass es sich bei der betreffenden Person um eine Person mit internationalem Schutzstatus handelt, deren Status überprüft wird; ferner ist auszuschließen, dass die körperliche Unversehrtheit der Person und der von ihr abhängigen Personen oder die Freiheit und Sicherheit ihrer noch im Herkunftsstaat lebenden Familienangehörigen gefährdet werden.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Entscheidung der zuständigen Behörde, den internationalen Schutzstatus abzuerkennen, schriftlich ergeht. Die Entscheidung enthält eine sachliche und rechtliche Begründung sowie eine schriftliche Rechtsbehelfsbelehrung.

(3)   Sobald die zuständige Behörde die Entscheidung erlassen hat, den internationalen Schutzstatus abzuerkennen, sind Artikel 18 Absatz 2, Artikel 19 Absatz 1 und Artikel 26 gleichermaßen anwendbar.

(4)   Abweichend von den Absätzen 1, 2 und 3 können die Mitgliedstaaten beschließen, dass der internationale Schutzstatus im Falle eines eindeutigen Verzichts der Person mit internationalem Schutzstatus auf ihre Anerkennung als Person mit internationalem Schutzstatus von Rechts wegen erlischt.

KAPITEL V

RECHTSBEHELFE

Artikel 40

Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Personen, die internationalen Schutz beantragen, das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem Gericht haben gegen

a)

eine Entscheidung über ihren Antrag auf internationalen Schutz, einschließlich einer Entscheidung,

i)

einen Antrag als unbegründet in Bezug auf die Flüchtlingseigenschaft und/oder den subsidiären Schutzstatus zu betrachten,

ii)

einen Antrag gemäß Artikel 30 als unzulässig zu betrachten;

iii)

die an der Grenze oder in den Transitzonen eines Mitgliedstaats nach Artikel 36 Absatz 1 ergangen ist;

iv)

keine Prüfung nach Artikel 37 vorzunehmen;

b)

eine Ablehnung der Wiederaufnahme der Prüfung eines Antrags nach ihrer Einstellung gemäß den Artikeln 24 und 25;

c)

eine Entscheidung zur Aberkennung des internationalen Schutzstatus nach Artikel 39.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass von der Asylbehörde als Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz anerkannte Personen ihr Recht nach Absatz 1 wahrnehmen können, gegen eine Entscheidung, einen Antrag als unbegründet in Bezug auf die Flüchtlingseigenschaft zu betrachten, einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen. Bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf hat die betreffende Person Anspruch auf die gleichen Rechte und Leistungen wie die Personen, denen gemäß der Richtlinie […./…/EU] [Anerkennungsrichtlinie] der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der wirksame Rechtsbehelf nach Absatz 1 eine umfassende Prüfung vorsieht, die sich sowohl auf Tatsachen als auch auf Rechtsfragen erstreckt und bei der das Bedürfnis nach internationalem Schutz gemäß der Richtlinie […./…/EU] [Anerkennungsrichtlinie] zumindest in Rechtsbehelfsverfahren vor erstinstanzlichen Gerichten ex nunc beurteilt wird.

(4)   Die Mitgliedstaaten legen Mindestfristen und sonstige Vorschriften fest, die erforderlich sind, damit der Antragsteller sein Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf nach Absatz 1 wahrnehmen kann. [Abänd. 92]

Die Mitgliedstaaten legen eine Frist von mindestens 45 Werktagen fest, innerhalb derer die Antragsteller ihr Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf wahrnehmen können. Für Antragsteller, die sich in einem beschleunigten Verfahren nach Artikel 28 Absatz 6 befinden, sehen die Mitgliedstaaten eine Frist von mindestens 30 Werktagen vor. Die Fristen dürfen den Zugang eines Antragstellers zu einem wirksamen Rechtsbehelf nach Absatz 1 weder unmöglich machen noch unverhältnismäßig erschweren. Die Mitgliedstaaten können auch von Amts wegen eine Überprüfung der im Einklang mit Artikel 36 ergangenen Entscheidungen vorsehen. [Abänd. 93]

(5)   Unbeschadet Absatz 6 hat der Rechtsbehelf nach Absatz 1 zur Folge, dass Antragsteller bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf im betreffenden Mitgliedstaat verbleiben dürfen.

(6)   Im Falle einer im beschleunigten Verfahren nach Artikel 28 Absatz 6 ergangenen Entscheidung und im Falle einer Entscheidung, einen Antrag gemäß Artikel 30 Absatz 2 Buchstabe d als unzulässig zu betrachten, ist das Gericht, wenn in einem derartigen Fall das Recht auf Verbleib in dem betreffenden Mitgliedstaat bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften nicht vorgesehen ist, befugt, entweder auf Antrag des Antragstellers oder von Amts wegen darüber zu entscheiden, ob der Antragsteller im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats verbleiben darf. [Abänd. 94]

Dieser Absatz gilt nicht für die Verfahren nach Artikel 36.

(7)   Die Mitgliedstaaten gestatten dem Antragsteller, bis zur Entscheidung in dem Verfahren nach Absatz 6 im Hoheitsgebiet zu verbleiben ; eine Ausnahme kann für Folgeanträge gemacht werden, die nicht zu einer weiteren Prüfung nach den Artikeln 34 und 35 führen, wenn eine Rückkehrentscheidung nach Artikel 3 Nummer 4 der Richtlinie 2008/115/EG vorliegt, und für Entscheidungen im Verfahren nach Artikel 37, wenn dies in einzelstaatlichen Vorschriften vorgesehen ist.[Abänd. 117]

(8)   Die Absätze 5, 6 und 7 dieses Artikels gelten unbeschadet des Artikels 26 der Verordnung (EU) Nr. …/…. [Dublin-Verordnung].

(9)   Die Mitgliedstaaten legen für das Gericht nach Absatz 1 Fristen für die Prüfung der Entscheidung der Asylbehörde fest.

(10)   Wurde dem Antragsteller ein Status zuerkannt, der ihm nach einzelstaatlichem Recht und nach Unionsrecht dieselben Rechte und Vergünstigungen wie die Flüchtlingseigenschaft nach Maßgabe der Richtlinie […./…/EU] [Anerkennungsrichtlinie] gewährt, so kann davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller über einen wirksamen Rechtsbehelf verfügt, wenn ein Gericht entscheidet, dass der Rechtsbehelf nach Absatz 1 unzulässig ist oder wegen mangelnden Interesses vonseiten des Antragstellers an der Fortsetzung des Verfahrens wenig Aussichten auf Erfolg hat.

(11)   Die Mitgliedstaaten können ferner in ihren einzelstaatlichen Rechtsvorschriften die Bedingungen für die Vermutung der stillschweigenden Rücknahme oder des Nichtbetreibens eines Rechtsbehelfs nach Absatz 1 sowie das anzuwendende Verfahren festlegen.

KAPITEL VI

ALLGEMEINE UND SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 41

Anfechtung durch die Behörden

Die Möglichkeit der Behörden, die behördlichen und/oder gerichtlichen Entscheidungen nach Maßgabe ihres einzelstaatlichen Rechts anzufechten, bleibt von dieser Richtlinie unberührt.

Artikel 42

Vertraulichkeit

Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die mit der Anwendung dieser Richtlinie betrauten Behörden hinsichtlich aller Informationen, von denen sie bei ihrer Tätigkeit Kenntnis erlangen, an den Grundsatz der Vertraulichkeit gebunden sind, so wie sich dieser aus dem einzelstaatlichen Recht ergibt.

Artikel 43

Zusammenarbeit

Jeder Mitgliedstaat benennt eine einzelstaatliche Kontaktstelle und teilt deren Anschrift der Kommission mit. Die Kommission leitet diese Angaben an die übrigen Mitgliedstaaten weiter.

In Abstimmung mit der Kommission treffen die Mitgliedstaaten die geeigneten Maßnahmen, um eine unmittelbare Zusammenarbeit und einen Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden herzustellen.

Artikel 44

Bericht

Die Kommission erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum […] Bericht über die Anwendung und die Kosten dieser Richtlinie in den Mitgliedstaaten und schlägt gegebenenfalls die notwendigen Änderungen vor. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission alle für die Erstellung dieses Berichts erforderlichen Informationen und Finanzdaten . Nach Vorlage dieses Berichts erstattet die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat mindestens alle zwei Jahre Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie in den Mitgliedstaaten. [Abänd. 95]

Artikel 45

Umsetzung

Die Mitgliedstaaten setzen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, um den Artikeln […] bis spätestens […] nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit und fügen eine Tabelle mit den Entsprechungen zwischen der Richtlinie und diesen einzelstaatlichen Vorschriften bei.

Die Mitgliedstaaten setzen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, um Artikel 28 Absatz 3 bis … (6) nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit und fügen eine Tabelle mit den Entsprechungen zwischen der Richtlinie und diesen einzelstaatlichen Vorschriften bei. [Abänd. 96]

Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. In diese Vorschriften fügen sie die Erklärung ein, dass Verweise in den geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf die durch diese Richtlinie aufgehobene Richtlinie als Verweise auf diese Richtlinie gelten. Die Mitgliedstaaten legen die Einzelheiten der Bezugnahme und die Formulierung der Erklärung fest.

Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten einzelstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die diese Richtlinie betreffen, und fügen eine Tabelle mit den Entsprechungen zwischen den einzelstaatlichen Vorschriften und dieser Richtlinie bei.

Artikel 46

Übergangsbestimmungen

Die Mitgliedstaaten wenden die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Artikel 45 Absatz 1 auf nach […] gestellte Anträge auf internationalen Schutz sowie auf nach […] eingeleitete Verfahren zum Entzug des internationalen Schutzstatus an. Für vor […] gestellte Anträge und vor […] eingeleitete Verfahren zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft gelten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Maßgabe der Richtlinie 2005/85/EG.

Die Mitgliedstaaten wenden die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Artikel 45 Absatz 2 auf nach […] gestellte Anträge auf internationalen Schutz an. Für vor […] gestellte Anträge gelten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Maßgabe der Richtlinie 2005/85/EG

Artikel 47

Aufhebung

Die Richtlinie 2005/85/EG wird unbeschadet der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der in Anhang II Teil B genannten Frist für die Umsetzung der Richtlinie in einzelstaatliches Recht mit Wirkung vom [Tag, der auf den in Artikel 45 Absatz 1 dieser Richtlinie genannten Zeitpunkt folgt] aufgehoben.

Bezugnahmen auf die aufgehobene Richtlinie gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Richtlinie und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang III zu lesen.

Artikel 48

Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel […] sind ab dem … [Tag nach dem in Artikel 45 Absatz 1 aufgeführten Datum] anwendbar.

Artikel 49

Adressaten

Diese Richtlinie ist gemäß den Verträgen an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu […]

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

Im Namen des Rates

Der Präsident


(1)  ABl. C 18 vom 19.1.2011, S. 85.

(2)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011.

(3)  ABl. L 326 vom 13.12.2005, S. 13.

(4)  ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98.

(5)  ABl. L 190 vom 18.7.2002, S. 1.

(6)   Zwei Jahre ab dem Datum der Umsetzung dieser Richtlinie.

Mittwoch, 6. April 2011
ANHANG I

Bestimmung des Begriffs „Asylbehörde“

Bei Umsetzung dieser Richtlinie darf Irland, soweit § 17 Absatz 1 des Refugee Act 1996 (in seiner geänderten Fassung) weiter gilt, davon ausgehen, dass

die „Asylbehörde“ im Sinne des Artikels 2 Buchstabe f dieser Richtlinie das Office of the Refugee Applications Commissioner bezeichnet, soweit es um die Prüfung geht, ob ein Antragsteller als Flüchtling anzuerkennen ist oder nicht, und

die „erstinstanzliche Entscheidung“ im Sinne des Artikels 2 Buchstabe f dieser Richtlinie auch Empfehlungen des Refugee Applications Commissioner darüber umfasst, ob ein Antragsteller als Flüchtling anzuerkennen ist oder nicht.

Irland wird der Kommission jede Änderung von § 17 Absatz 1 des Refugee Act 1996 (in seiner geänderten Fassung) mitteilen.

[Abänd. 85]

Mittwoch, 6. April 2011
ANHANG II

Teil A

Aufgehobene Richtlinie

(gemäß Artikel 47)

Richtlinie 2005/85/EG des Rates

(ABl. L 326 vom 13.12.2005, S. 13)

Teil B

Frist für die Umsetzung der Richtlinie in einzelstaatliches Recht

(gemäß Artikel 47)

Richtlinie

Umsetzungsfrist

2005/85/EG

Erste Frist: 1. Dezember 2007

Zweite Frist: 1. Dezember 2008

Mittwoch, 6. April 2011
ANHANG III

ENTSPRECHUNGSTABELLE (1)

Richtlinie 2005/85/EG

Vorliegende Richtlinie

Artikel 1

Artikel 1

Artikel 2 Buchstabe a

Artikel 2 Buchstabe a

Artikel 2 Buchstabe b

Artikel 2 Buchstabe b

Artikel 2 Buchstabe c

Artikel 2 Buchstabe c

Artikel 2 Buchstabe d

Artikel 2 Buchstabe d

Artikel 2 Buchstabe e

Artikel 2 Buchstabe e

Artikel 2 Buchstabe f

Artikel 2 Buchstabe f

Artikel 2 Buchstabe g

Artikel 2 Buchstabe h

Artikel 2 Buchstabe i

Artikel 2 Buchstabe g

Artikel 2 Buchstabe j

Artikel 2 Buchstabe k

Artikel 2 Buchstabe l

Artikel 2 Buchstabe h

Artikel 2 Buchstabe m

Artikel 2 Buchstabe i

Artikel 2 Buchstabe n

Artikel 2 Buchstabe j

Artikel 2 Buchstabe o

Artikel 2 Buchstabe k

Artikel 2 Buchstabe p

Artikel 3 Absatz 1

Artikel 3 Absatz 1

Artikel 3 Absatz 2

Artikel 3 Absatz 2

Artikel 3 Absatz 3

Artikel 3 Absatz 4

Artikel 3 Absatz 3

Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 1

Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 1

Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 2

Artikel 4 Absatz 2

Artikel 4 Absatz 2

Artikel 4 Absatz 3

Artikel 4 Absatz 3

Artikel 4 Absatz 4

Artikel 4 Absatz 5

Artikel 5

Artikel 5

Artikel 6 Absatz 1

Artikel 6 Absatz 1

Artikel 6 Absatz 2

Artikel 6 Absatz 2

Artikel 6 Absatz 3

Artikel 6 Absatz 3

Artikel 6 Absatz 4

Artikel 6 Absatz 5

Artikel 6 Absatz 6

Artikel 6 Absatz 4

Artikel 6 Absatz 7

Artikel 6 Absatz 5

Artikel 6 Absatz 8

Artikel 6 Absatz 9

Artikel 7 Absatz 1 bis Absatz 3

Artikel 7 Absatz 1

Artikel 8 Absatz 1

Artikel 7 Absatz 2

Artikel 8 Absatz 2

Artikel 8 Absatz 3

Artikel 8 Absatz 1

Artikel 9 Absatz 1

Artikel 9 Absatz 2

Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe a

Artikel 9 Absatz 3 Buchstabe a

Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe b

Artikel 9 Absatz 3 Buchstabe b

Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe c

Artikel 9 Absatz 3 Buchstabe c

Artikel 9 Absatz 3 Buchstabe d

Artikel 8 Absatz 3

Artikel 9 Absatz 4

Artikel 8 Absatz 5

Artikel 9 Absatz 5

Artikel 9 Absatz 1

Artikel 10 Absatz 1

Artikel 9 Absatz 2 Unterabsatz 1

Artikel 10 Absatz 2 Unterabsatz 1

Artikel 9 Absatz 2 Unterabsatz 2

Artikel 9 Absatz 3

Artikel 10 Absatz 3

Artikel 10 Absatz 4

Artikel 10

Artikel 11

Artikel 11

Artikel 12

Artikel 12 Absatz 1

Artikel 13 Absatz 1

Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe a

Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe a

Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe b

Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe c

Artikel 12 Absatz 3

Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe b

Artikel 12 Absatz 4 bis Absatz 6

Artikel 13 Absatz 3 bis Absatz 5

Artikel 13 Absatz 1 und Absatz 2

Artikel 14 Absatz 1 und Absatz 2

Artikel 13 Absatz 3 Buchstabe a

Artikel 14 Absatz 3 Buchstabe a

Artikel 14 Absatz 3 Buchstabe b

Artikel 13 Absatz 3 Buchstabe b

Artikel 14 Absatz 3 Buchstabe c

Artikel 14 Absatz 3 Buchstabe d

Artikel 14 Absatz 3 Buchstabe e

Artikel 13 Absatz 4

Artikel 14 Absatz 4

Artikel 13 Absatz 5

Artikel 15

Artikel 14

Artikel 16

Artikel 17

Artikel 15 Absatz 1, Absatz 2 und Absatz 3 Unterabsatz 1

Artikel 18 Absatz 1, Absatz 2 und Absatz 3 Unterabsatz 1

Artikel 15 Absatz 3 Buchstabe a

Artikel 15 Absatz 3 Buchstabe b

Artikel 18 Absatz 3 Buchstabe a

Artikel 15 Absatz 3 Buchstabe c

Artikel 18 Absatz 3 Buchstabe b

Artikel 15 Absatz 3 Buchstabe d

Artikel 15 Absatz 3 Unterabsatz 2

 

Artikel 18 Absatz 3 Unterabsatz 2

Artikel 15 Absatz 4

Artikel 18 Absatz 4

Artikel 18 Absatz 5

Artikel 15 Absatz 5

Artikel 18 Absatz 6

Artikel 15 Absatz 6

Artikel 18 Absatz 7

Artikel 16 Absatz 1

Artikel 19 Absatz 1

Artikel 16 Absatz 2

Artikel 19 Absatz 2

Artikel 19 Absatz 3

Artikel 16 Absatz 3

Artikel 19 Absatz 4

Artikel 16 Absatz 4

Artikel 19 Absatz 4

Artikel 20 Absatz 1 bis Absatz 3

Artikel 17 Absatz 1

Artikel 21 Absatz 1

Artikel 17 Absatz 2 Buchstabe a

Artikel 21 Absatz 2 Buchstabe a

Artikel 17 Absatz 2 Buchstabe b

Artikel 17 Absatz 2 Buchstabe c

Artikel 21 Absatz 2 Buchstabe b

Artikel 17 Absatz 3

Artikel 17 Absatz 4

Artikel 21 Absatz 3

Artikel 21 Absatz 4

Artikel 17 Absatz 5

Artikel 21 Absatz 5

Artikel 21 Absatz 6

Artikel 17 Absatz 6

Artikel 21 Absatz 7

Artikel 18

Artikel 22

Artikel 19

Artikel 23

Artikel 20

Artikel 24

Artikel 20 Absatz 1 Buchstaben a und b

Artikel 24 Absatz 1 Buchstaben a und b

Artikel 20 Absatz 2

Artikel 24 Absatz 2

Artikel 24 Absatz 3

Artikel 21

Artikel 25

Artikel 22

Artikel 26

Artikel 23

Artikel 27

Artikel 23 Absatz 1

Artikel 27 Absatz 1

Artikel 23 Absatz 2 Unterabsatz 1

Artikel 27 Absatz 2

Artikel 23 Absatz 2 Unterabsatz 2

Artikel 27 Absatz 3

Artikel 27 Absatz 4

Artikel 23 Absatz 3

Artikel 27 Absatz 5

Artikel 23 Absatz 4

Artikel 27 Absatz 6

Artikel 23 Absatz 4 Buchstabe a

Artikel 27 Absatz 6 Buchstabe a

Artikel 23 Absatz 4 Buchstabe b

Artikel 23 Absatz 4 Buchstabe c Ziffer i

Artikel 27 Absatz 6 Buchstabe b

Artikel 23 Absatz 4 Buchstabe c Ziffer ii

Artikel 23 Absatz 4 Buchstabe d

Artikel 27 Absatz 6 Buchstabe c

Artikel 23 Absatz 4 Buchstabe e

Artikel 23 Absatz 4 Buchstabe f

Artikel 27 Absatz 6 Buchstabe d

Artikel 23 Absatz 4 Buchstabe g

Artikel 23 Absatz 4 Buchstabe h

Artikel 23 Buchstabe i

Artikel 23 Absatz 4 Buchstabe j

Artikel 27 Absatz 6 Buchstabe f

Artikel 23 Absatz 4 Buchstaben k bis n

Artikel 23 Absatz 4 Buchstabe o

Artikel 27 Absatz 6 Buchstabe e

Artikel 27 Absatz 7

Artikel 27 Absatz 8

Artikel 27 Absatz 9

Artikel 28

Artikel 24

Artikel 25

Artikel 29

Artikel 25 Absatz 1

Artikel 29 Absatz 1

Artikel 25 Absatz 2 Buchstaben a bis c

Artikel 29 Absatz 2 Buchstaben a bis c

Artikel 25 Absatz 2 Buchstaben d und e

Artikel 25 Absatz 2 Buchstaben f und g

Artikel 29 Absatz 2 Buchstaben d und e

Artikel 30

Artikel 26

Artikel 31

Artikel 27

Artikel 32

Artikel 27 Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe b

Artikel 27 Absatz 1 Buchstaben b bis d

Artikel 32 Absatz 1 Buchstaben c bis e

Artikel 27 Absatz 2 bis Absatz 5

Artikel 32 Absatz 2 bis Absatz 5

Artikel 28

Artikel 29

Artikel 30

Artikel 33

Artikel 30 Absatz 2 bis Absatz 4

Artikel 33 Absatz 2

Artikel 30 Absatz 5

Artikel 33 Absatz 3

Artikel 30 Absatz 6

Artikel 33 Absatz 4

Artikel 31

Artikel 34

Artikel 31 Absatz 2

Artikel 31 Absatz 3

Artikel 34 Absatz 2

Artikel 32 Absatz 1 bis Absatz 7

Artikel 35 Absatz 1 bis Absatz 7

Artikel 35 Absatz 8 und Absatz 9

Artikel 33

Artikel 34

Artikel 36

Artikel 34 Absatz 1 und Absatz 2 Buchstabe a

Artikel 36 Absatz 1 und Absatz 2 Buchstabe a

Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe b

Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe c

Artikel 36 Absatz 2 Buchstabe b

Artikel 34 Absatz 3 Buchstaben a und b

Artikel 36 Absatz 3 Buchstaben a und b

Artikel 35 Absatz 1

Artikel 37 Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 37 Absatz 1 Buchstabe b

Artikel 35 Absatz 2 und Absatz 3 Buchstaben a bis f

Artikel 35 Absatz 4

Artikel 37 Absatz 2

Artikel 35 Absatz 5

Artikel 37 Absatz 3

Artikel 36 Absatz 1 bis Absatz 2 Buchstabe c

Artikel 38 Absatz 1 bis Absatz 2 Buchstabe c

Artikel 36 Absatz 2 Buchstabe d

Artikel 36 Absatz 3

Artikel 36 Absatz 4

Artikel 38 Absatz 3

Artikel 36 Absatz 5

Artikel 38 Absatz 4

Artikel 36 Absatz 6

Artikel 38 Absatz 5

Artikel 36 Absatz 7

Artikel 37

Artikel 39

Artikel 38

Artikel 40

Artikel 39

Artikel 41

Artikel 39 Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 41 Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 41 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer i

Artikel 39 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer i

Artikel 41 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii

Artikel 39 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii

Artikel 41 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer iii

Artikel 39 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer iii

Artikel 39 Absatz 1 Buchstabe b

Artikel 41 Absatz 1 Buchstabe b

Artikel 39 Absatz 1 Buchstaben c und d

Artikel 39 Absatz 1 Buchstabe e

Artikel 41 Absatz 1 Buchstabe c

Artikel 41 Absatz 2 und Absatz 3

Artikel 39 Absatz 2

Artikel 41 Absatz 4

Artikel 39 Absatz 3

Artikel 41 Absatz 5 bis Absatz 8

Artikel 39 Absatz 4

Artikel 41 Absatz 9

Artikel 39 Absatz 5

Artikel 41 Absatz 10

Artikel 39 Absatz 6

Artikel 41 Absatz 11

Artikel 40

Artikel 42

Artikel 41

Artikel 43

Artikel 44

Artikel 42

Artikel 45

Artikel 43

Artikel 46

Artikel 44

Artikel 47

Artikel 48

Artikel 45

Artikel 49

Artikel 46

Artikel 50

Anhang I

Anhang I

Anhang II

Anhang II

Anhang III

Anhang III

Anhang IV


(1)  Die Entsprechungstabelle wurde nicht aktualisiert.


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/223


Mittwoch, 6. April 2011
Europäische Tourismusstatistik ***I

P7_TA(2011)0137

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die europäische Tourismusstatistik (KOM(2010)0117 – C7-0085/2010 – 2010/0063(COD))

2012/C 296 E/36

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (KOM(2010)0117),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 sowie Artikel 338 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C7-0085/2010),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

in Kenntnis der Beiträge des Parlaments der Portugiesischen Republik und des Italienischen Senats zu dem Entwurf des Gesetzgebungsakts,

in Kenntnis der vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 22. März 2011 gemachten Zusage, den Standpunkt des Europäischen Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen,

gestützt auf Artikel 55 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr (A7-0329/2010),

1.

legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.

fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie beabsichtigt, ihren Vorschlag entscheidend zu ändern oder durch einen anderen Text zu ersetzen;

3.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


Mittwoch, 6. April 2011
P7_TC1-COD(2010)0063

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 6. April 2011 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) Nr. …/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates über die europäische Tourismusstatistik und zur Aufhebung der Richtlinie 95/57/EG des Rates

(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Verordnung (EU) Nr. 692/2011).


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/224


Mittwoch, 6. April 2011
Finanzielle Maßnahmen der Gemeinschaft zur Durchführung der Gemeinsamen Fischereipolitik und im Bereich des Seerechts ***I

P7_TA(2011)0138

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 861/2006 des Rates über finanzielle Maßnahmen der Gemeinschaft zur Durchführung der Gemeinsamen Fischereipolitik und im Bereich des Seerechts (KOM(2010)0145 – C7-0107/2010 – 2010/0080(COD))

2012/C 296 E/37

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (KOM(2010)0145),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und Artikel 43 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C7-0107/2010),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Beiträge des Parlaments der Portugiesischen Republik und des Italienischen Senats zu dem Entwurf des Gesetzgebungsakts,

in Kenntnis der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 15. Juli 2010 (1),

in Kenntnis der vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 11. März 2011 gemachten Zusage, den Standpunkt des Europäischen Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen

gestützt auf Artikel 55 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Fischereiausschusses (A7-0017/2011),

1.

legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.

fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie beabsichtigt, ihren Vorschlag entscheidend zu ändern oder durch einen anderen Text zu ersetzen;

3.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


(1)  ABl. C 44 vom 11.2.2011, S. 171.


Mittwoch, 6. April 2011
P7_TC1-COD(2010)0080

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 6. April 2011 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) Nr. …/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 861/2006 des Rates über finanzielle Maßnahmen der Gemeinschaft zur Durchführung der Gemeinsamen Fischereipolitik und im Bereich des Seerechts

(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Verordnung (EU) Nr. 693/20111).


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/225


Mittwoch, 6. April 2011
Fischerei - Technische Übergangsmaßnahmen ***I

P7_TA(2011)0139

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1288/2009 des Rates zur Festlegung technischer Übergangsmaßnahmen für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 30. Juni 2011 (KOM(2010)0488 – C7-0282/2010 – 2010/0255(COD))

2012/C 296 E/38

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (KOM(2010)0488),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und Artikel 43 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C7-0282/2010),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

in Kenntnis der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 19. Januar 2011 (1),

in Kenntnis der vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 9. März 2011 gemachten Zusage, den Standpunkt des Europäischen Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen

gestützt auf Artikel 55 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Fischereiausschusses (A7-0024/2011),

1.

legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.

fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie beabsichtigt, ihren Vorschlag entscheidend zu ändern oder durch einen anderen Text zu ersetzen;

3.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


(1)  ABl. C 84 vom 17.3.2011, S. 47.


Mittwoch, 6. April 2011
P7_TC1-COD(2010)0255

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 6. April 2011 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) Nr. …/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 850/98 des Rates zur Erhaltung der Fischereiressourcen durch technische Maßnahmen zum Schutz von jungen Meerestieren und der Verordnung (EG) Nr. 1288/2009 des Rates zur Festlegung technischer Übergangsmaßnahmen für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 30. Juni 2011

(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Verordnung (EU) Nr. 579/2011.)


2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/226


Mittwoch, 6. April 2011
Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben für das Haushaltsjahr 2012 – Einzelplan I – Parlament

P7_TA(2011)0140

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu dem Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben des Europäischen Parlaments für das Haushaltsjahr 2012 (2011/2018(BUD))

2012/C 296 E/39

Das Europäische Parlament,

gestützt auf Artikel 314 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (1), insbesondere auf Artikel 31,

gestützt auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 17. Mai 2006 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin und die wirtschaftliche Haushaltsführung (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. März 2011 zu den Leitlinien für das Haushaltsverfahren 2012 – Einzelpläne I, II, IV, V, VI, VII, VIII, IX und X (3),

in Kenntnis des Berichts des Generalsekretärs an das Präsidium über die Aufstellung des Vorentwurfs des Haushaltsvoranschlags des Europäischen Parlaments für das Haushaltsjahr 2012,

unter Hinweis auf den Vorentwurf des Haushaltsvoranschlags, der am 23. März 2011 gemäß Artikel 23 Absatz 7 und Artikel 79 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments vom Präsidium aufgestellt wurde,

unter Hinweis auf den Entwurf des Haushaltsvoranschlags, der gemäß Artikel 79 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments vom Haushaltsausschuss aufgestellt wurde,

gestützt auf Artikel 79 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Haushaltsausschusses (A7-0087/2011),

A.

in der Erwägung, dass die Organe angesichts der derzeitigen finanziellen, wirtschaftlichen und sozialen Lage der Union mit der erforderlichen Qualität und Effizienz agieren und strenge Verwaltungsverfahren anwenden müssen, damit Einsparungen erzielt werden können, sowie in der Auffassung, dass sich diese Einsparungen auf die Haushaltslinien beziehen sollten, die die Mitglieder des Europäischen Parlaments betreffen,

B.

in der Erwägung, dass den Organen ausreichende Ressourcen zur Verfügung gestellt werden sollten, diese angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Lage jedoch sorgfältig und effizient verwaltet werden sollten,

C.

in der Erwägung, dass die Fortführung der verstärkten Zusammenarbeit zwischen dem Haushaltsausschuss und dem Präsidium während des gesamten jährlichen Haushaltsverfahrens nach Maßgabe der Artikel 23 und 79 der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, wonach das Präsidium für finanzielle, organisatorische und administrative Entscheidungen in Angelegenheiten der internen Organisation des Parlaments und für die Aufstellung des Vorentwurfs des Haushaltsvoranschlags des Parlaments und der Haushaltsausschuss im Rahmen des jährlichen Verfahrens für den dem Plenum des Parlaments zu unterbreitenden Bericht über den Haushaltsvoranschlag zuständig ist, in hohem Maße wünschenswert ist,

D.

in der Erwägung, dass die Vorrechte des Plenums bezüglich der Annahme des Haushaltsvoranschlags und des endgültigen Haushaltsplans im Einklang mit dem Vertrag und der Geschäftsordnung umfassend gewahrt werden,

E.

in der Erwägung, dass am 15. März und 22. März 2011 eine Vorkonzertierungssitzung zwischen einer Delegation des Präsidiums und einer Delegation des Haushaltsausschusses stattgefunden hat,

F.

in der Erwägung, dass das für den Haushalt zuständige Mitglied der Kommission in einem Schreiben vor kurzem alle Organe aufgefordert hat, bei der Aufstellung ihrer Haushaltsvoranschläge für den Entwurf des Haushaltsplans 2012 alle erdenklichen Anstrengungen zur Begrenzung der Ausgaben zu unternehmen,

Allgemeiner Rahmen und Haushaltsplan generell

1.

begrüßt die bisher gute Zusammenarbeit zwischen dem Präsidium und dem Haushaltsausschuss während des laufenden Haushaltsverfahrens und die zwischen dem Präsidium und dem Haushaltsausschuss im Rahmen der Vorkonzertierung vom 22. März 2011 erzielte Vereinbarung;

2.

stellt fest, dass sich das Volumen des Vorentwurfs des Haushaltsvoranschlags für das Haushaltsjahr 2012 entsprechend dem Vorschlag, den der Generalsekretär dem Präsidium unterbreitet hat, auf 1 773 560 543 EUR beläuft, was 20,26 % der Rubrik 5 des mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) entspricht; stellt fest, dass die vorgeschlagene Steigerungsrate gegenüber dem Haushaltsplan 2011 5,20 % beträgt;

3.

begrüßt, dass das Präsidium im Vergleich zu seinen ursprünglichen Angaben im Vorentwurf des Haushaltsvoranschlags zum Haushaltsplan 2012, der nach der Vorkonzertierung mit dem Haushaltsausschuss in seiner Sitzung vom 23. März 2011 angenommen wurde, Einsparungen angenommen hat; billigt den Vorschlag des Präsidiums und legt das Gesamtvolumen des Haushaltsvoranschlags für das Haushaltsjahr 2012 auf 1 724 575 043 EUR fest, was 19,70 % der Rubrik 5 des MFR entspricht; stellt fest, dass die vorgeschlagene Steigerungsrate gegenüber dem Haushaltsplan 2011 2,30 % beträgt;

4.

fordert eine langfristige Überprüfung des Haushaltsplans des Europäischen Parlaments; fordert, für die Zukunft potenzielle Einsparungen zu ermitteln, um die Kosten zu senken und Ressourcen für den langfristigen Betrieb des Parlaments als eines Teils der Gesetzgebungsbehörde zu gewinnen;

5.

bekräftigt, dass das Parlament angesichts der schwierigen wirtschaftlichen und budgetären Lage in den Mitgliedstaaten haushaltspolitische Verantwortung und Zurückhaltung an den Tag legen sollte, indem es unterhalb der Inflationsrate bleibt (4); weist darauf hin, dass nach den interinstitutionellen Regeln ein mit der Erweiterung in Zusammenhang stehender Bedarf entweder im Wege eines Berichtigungsschreibens oder eines Berichtigungshaushaltsplans berücksichtigt werden muss; betont, dass die Mittel für die sich aus dem Vertrag von Lissabon ergebenden 18 neuen Mitglieder des Europäischen Parlaments ebenfalls durch ein Berichtigungsschreiben oder einen Berichtigungshaushaltsplans bereitgestellt werden;

6.

fordert außerdem die Verwaltung nachdrücklich auf, eine objektive Bewertung des Haushaltsplans des Europäischen Parlaments vorzulegen, wobei das Ziel darin bestehen sollte, in allen Bereichen Einsparungsmöglichkeiten ausfindig zu machen, und dem Haushaltsausschuss diese Bewertung rechtzeitig vor Abschluss des Haushaltsverfahrens zuzuleiten;

7.

erinnert daran, dass die Obergrenze der Rubrik 5 des MFR für den Haushaltsplan der Union für 2012 bei 8 754 Millionen EUR liegt;

8.

ist der Ansicht, dass das Europäische Parlament und die anderen Organe angesichts der Wirtschaftskrise und großer öffentlicher Schuldenlasten und Sparzwänge in Zeiten anhaltender nationaler haushaltspolitischer Konsolidierungsbemühungen haushaltspolitische Verantwortung und Zurückhaltung an den Tag legen sollten, ohne das Ziel einer herausragenden gesetzgeberischen Qualität in Frage zu stellen;

Spezifische Themen

9.

ruft das Präsidium dazu auf, einen strikten Ansatz im Bereich der Verwaltung der Humanressourcen zu verfolgen, ehe innerhalb des Europäischen Parlaments neue Planstellen geschaffen werden;

10.

ist der Ansicht, dass die anhaltenden Bemühungen um eine Modernisierung und Rationalisierung der Verwaltung und die Vorschläge für 2012 zu einer Verringerung der extern erbrachten Dienstleistungen beitragen sollten, und erhofft sich hier beträchtliche Einsparungen, so dass ein Ausgabenniveau erreicht wird, das zumindest dem des Jahres 2010 vergleichbar ist;

11.

begrüßt den Vorschlag des Generalsekretärs, die Umweltpolitik des Parlaments weiter umzusetzen, eine Informationskampagne einzuleiten, die mehrjährige IKT-Strategie zu unterstützen und die Verwaltung weiter zu modernisieren und zu rationalisieren;

12.

vertritt die Auffassung, dass sich die Bemühungen um eine Modernisierung und Rationalisierung der Verwaltung auch auf die Sicherheit des Parlaments erstrecken sollten; fordert eine Reserve von 3 Millionen EUR, die freigegeben würde, sobald ein realisierbares Konzept für Verbesserungen und Kostenpläne vorgelegt werden; verweist auf seine oben genannte Entschließung vom 9. März 2011, nach der im Rahmen einer umfassenden Überprüfung festgestellt werden sollte, ob das Recht der europäischen Bürger auf freien Zugang, um mit ihren europäischen Vertretern zusammenzukommen, effizienter mit der dringenden Notwendigkeit abgestimmt werden könnte, die Sicherheit der Beschäftigten der Organe zu garantieren; fordert den Generalsekretär auf, hierzu bis zum 30. Juni 2011 einen Bericht vorzulegen;

13.

unterstreicht die Bedeutung aller in den Leitlinien für den Haushaltsplan 2012 genannten Aspekte wie Modernisierung der Softwaresysteme einschließlich der digitalen Strategie im Zusammenhang mit den Web-2.0-Werkzeugen und der sozialen Netzwerke, die Einrichtung eines Cloud-Computing-Systems und eines W-LAN-Dienstes, die Informations- und Kommunikationspolitik, das System des Wissensmanagements, Übersetzen und Dolmetschen, die Umweltpolitik und EMAS sowie eine aktive Nichtdiskriminierungspolitik;

14.

vertritt die Auffassung, dass bei der Ausführung des Haushaltsplans 2012 durch Senkungen insbesondere des Verbrauchs von Wasser, Energie und Papier weitere Einsparungen angestrebt sowie Anstrengungen unternommen werden sollten, die bei dienstlichen Missionen und Reisen anfallenden Kosten zu reduzieren;

15.

betont, dass eine konstante und gleichmäßig Unterrichtung der europäischen Bürgerinnen und Bürger erforderlich ist, und ersucht seine Verwaltung, die bestehenden und potenziellen Standorte für seine Informationsbüros kontinuierlich zu verfolgen, insbesondere wenn eine kostenlose Unterbringung angeboten wird;

16.

fordert eine gründliche Überprüfung der bestehenden Verbindungen zwischen dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten, um Möglichkeiten zu erörtern, wie die Fachkontakte zwischen den Ausschüssen des Europäischen Parlaments und den Ausschüssen der einzelstaatlichen Parlamente verbessert werden können, damit ein stichhaltigerer und befriedigender Dialog auf den Weg gebracht werden kann;

Im Bau befindliche Gebäude

17.

verweist auf seinen Standpunkt in seiner oben genannten Entschließung vom 9. März 2011; vertritt die Auffassung, dass vorgezogene Zahlungen zur Senkung der Finanzierungskosten auch in Zukunft zu den obersten Prioritäten zählen werden; fordert in diesem Zusammenhang eine optimale Nutzung der Haushaltsmittel, die Entwicklung einer mittel- und langfristigen Strategie, um die besten Lösungen herauszufinden, wobei verschiedene Optionen und alternative Finanzierungsmöglichkeiten geprüft werden und die Grundsätze der Transparenz und wirtschaftlichen Haushaltsführung zu beachten sind;

18.

weist wiederholt darauf hin, dass das Europäische Parlament Möglichkeiten zur Heranziehung zusätzlicher Mittel ausschließlich auf der Grundlage der erforderlichen Informationen hinsichtlich (1) des Betrags und der Quellen der erwarteten Finanzierungsmittel, (2) zusätzlicher Angaben zu den rechtlichen Auswirkungen und (3) unter der Voraussetzung prüft, dass sämtliche Entscheidungen in Bezug auf dieses Vorhaben im Rahmen eines ordnungsgemäßen Entscheidungsprozesses fallen müssen, der eine offene Debatte und Transparenz gewährleistet; nimmt Kenntnis von den geschätzten Gesamtkosten der Errichtung des Hauses der europäischen Geschichte, den geschätzten laufenden Kosten und dem Personalbedarf; fordert das Präsidium auf, die geschätzten laufenden Kosten zu senken; ersucht darum, dass ihm – um einen transparenten und fruchtbaren Dialog mit allen beteiligten Parteien führen zu können – ein Geschäftsplan vorgelegt wird, der Aufschluss über die langfristige Geschäftsstrategie des Hauses der europäischen Geschichte gibt, und fordert, so schnell wie möglich gemäß Artikel 179 Absatz 3 der Haushaltsordnung über das Bauprojekt unterrichtet zu werden; schlägt bis zur Vorlage dieses Geschäftsplans eine Reserve in Höhe von 2 Millionen EUR vor;

19.

lehnt es ab, in diesem Stadium für das Haus der europäischen Geschichte eine eigene Haushaltslinie zu schaffen; fordert deshalb die Übertragung der Mittel in Höhe von 1 Million EUR, die für den neuen Posten „3247“ (Haus der europäischen Geschichte) vorgesehen waren, auf Posten 10 1 (Rückstellungen für unvorhergesehene Ausgaben); ist jedoch der Ansicht, dass die Schaffung einer solchen Haushaltslinie Teil eines transparenten Verfahrens sein sollte und von der Haushaltsbehörde genehmigt werden sollte;

Abschließende Erwägungen

20.

nimmt den Haushaltsvoranschlag für das Haushaltsjahr 2012 an und erinnert daran, dass die Annahme des Standpunkts des Parlaments zu dem Entwurf des Haushaltsplans in der vom Rat geänderten Fassung entsprechend dem im Vertrag vorgesehenen Verfahren im Oktober 2012 stattfinden wird;

*

* *

21.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung und den Haushaltsvoranschlag dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


(1)  ABl. L 248 vom 16.9.2002, S. 1.

(2)  ABl. C 139 vom 14.6.2006, S. 1.

(3)  Angenommene Texte, P7_TA(2011)0088.

(4)  Eurostat Pressemitteilung 41/2011 vom 16. März 2011.


Donnerstag, 7. April 2011

2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/230


Donnerstag, 7. April 2011
Impfung gegen die Blauzungenkrankheit ***I

P7_TA(2011)0147

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2000/75/EG hinsichtlich der Impfung gegen die Blauzungenkrankheit (KOM(2010)0666 – 05499/2011 – C7-0032/2011 – 2010/0326(COD))

2012/C 296 E/40

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an den Rat (KOM(2010)0666),

in Kenntnis des Schreibens des Rates vom 26. Januar 2011, worin der Rat die Ansicht vertreten hat, dass die Rechtsgrundlage geändert werden sollte, und das Europäische Parlament ersucht hat, seinen Standpunkt zum Vorschlag der Kommission auf der Grundlage von Artikel 43 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union festzulegen (05499/2011 - C7-0032/2011),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und Artikel 43 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

in Kenntnis der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 15. März 2011 (1),

in Kenntnis der Stellungnahme des Rechtsausschusses zu der geforderten Änderung der Rechtsgrundlage,

gestützt auf die Artikel 55 und 37 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (A7-0121/2011),

1.

legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.

fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie beabsichtigt, ihren Vorschlag entscheidend zu ändern oder durch einen anderen Text zu ersetzen;

3.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


(1)  Noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht.


Donnerstag, 7. April 2011
P7_TC1-COD(2010)0326

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 7. April 2011 im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie 2011/…/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2000/75/EG hinsichtlich der Impfung gegen die Blauzungenkrankheit

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union , insbesondere auf Artikel 43 Absatz 2 ,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Richtlinie 2000/75/EG des Rates vom 20. November 2000 mit besonderen Bestimmungen für Maßnahmen zur Bekämpfung und Tilgung der Blauzungenkrankheit (3) enthält Kontrollregeln und Maßnahmen zur Bekämpfung und Tilgung der Blauzungenkrankheit, einschließlich Vorschriften für die Abgrenzung von Schutz- und Kontrollzonen sowie für den Einsatz von Impfstoffen gegen die Blauzungenkrankheit.

(2)

Früher wurde nur das sporadische Einschleppen bestimmter Serotypen des Virus der Blauzungenkrankheit in der Union verzeichnet. Diese wurden überwiegend in den Süden der Union eingeschleppt. Seit Erlass der Richtlinie 2000/75/EG und vor allem seit Einschleppen der Serotypen 1 und 8 des Virus der Blauzungenkrankheit in die Union in den Jahren 2006 und 2007 hat sich das Virus der Blauzungenkrankheit jedoch in der Union weiter ausgebreitet und wird möglicherweise in bestimmten Gebieten endemisch. Deshalb ist es schwierig geworden, die Ausbreitung des Virus einzudämmen.

(3)

Die in der Richtlinie 2000/75/EG festgelegten Vorschriften für die Impfung gegen die Blauzungenkrankheit beruhen auf Erfahrungen mit dem Einsatz der so genannten „modifizierten Lebendimpfstoffe“ oder der „abgeschwächten Lebendimpfstoffe“, der einzigen bei Erlass der genannten Richtlinie zur Verfügung stehenden Impfstoffe. Der Einsatz dieser Impfstoffe kann zu einer unerwünschten örtlichen Zirkulation des Impfstoffvirus auch bei ungeimpften Tieren führen.

(4)

In den letzten Jahren brachte eine neue Technologie „inaktivierte Impfstoffe“ gegen die Blauzungenkrankheit hervor, mit denen dieses Risiko für ungeimpfte Tiere nicht einhergeht. Der umfangreiche Einsatz solcher Impfstoffe in der Impfkampagne 2008 und 2009 hat zu einer erheblichen Verbesserung der Seuchenlage geführt. Es besteht nunmehr breiter Konsens darüber, dass die Impfung mit inaktivierten Impfstoffen das Mittel der Wahl für die Bekämpfung der Blauzungenkrankheit und die Prävention klinischer Fälle in der Union darstellt.

(5)

Um sicherzustellen, dass die Ausbreitung des Virus der Blauzungenkrankheit besser bekämpft wird und um die Belastung für den Landwirtschaftssektor durch diese Seuche zu verringern, sollten die in der Richtlinie 2000/75/EG festgelegten derzeit geltenden Vorschriften für die Impfung geändert werden, damit den jüngsten technologischen Entwicklungen bei der Impfstoffherstellung Rechnung getragen wird.

(6)

Damit die neuen Vorschriften in der Impfsaison 2011 genutzt werden können, sollte die vorliegende Richtlinie am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten.

(7)

Die in dieser Richtlinie vorgesehenen Änderungen sollten die Vorschriften für die Impfung flexibler gestalten und außerdem berücksichtigen, dass nunmehr inaktivierte Impfstoffe zur Verfügung stehen, die auch außerhalb derjenigen Gebiete erfolgreich eingesetzt werden können, in denen Verbringungsbeschränkungen für Tiere gelten.

(8)

Darüber hinaus sollte der Einsatz abgeschwächter Lebendimpfstoffe nicht ausgeschlossen werden, vorausgesetzt, es werden geeignete Vorsorgemaßnahmen getroffen; ihr Einsatz könnte unter bestimmten Umständen weiterhin notwendig sein, beispielsweise nach Einschleppung eines neuen Serotyps des Virus der Blauzungenkrankheit, gegen den möglicherweise keine inaktivierten Impfstoffe zur Verfügung stehen.

(9)

Die Richtlinie 2000/75/EG sollte daher entsprechend geändert werden —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Die Richtlinie 2000/75/EG wird wie folgt geändert:

1.

In Artikel 2 wird folgender Buchstabe angefügt:

„j)

‚abgeschwächte Lebendimpfstoffe‘: Impfstoffe, die durch Anpassung von Feldisolaten des Virus der Blauzungenkrankheit durch Passagenreihen in der Gewebekultur oder in embryonierten Hühnereiern hergestellt werden.“.

2.

Artikel 5 erhält folgende Fassung:

Artikel 5

(1)   Die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats kann beschließen, den Einsatz von Impfstoffen gegen die Blauzungenkrankheit zu erlauben, sofern:

a)

eine solche Entscheidung auf dem Ergebnis einer von der zuständigen Behörde durchgeführten spezifischen Risikobewertung beruht;

b)

die Kommission vor einer solchen Impfung informiert wird.

(2)   Werden abgeschwächte Lebendimpfstoffe eingesetzt, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die zuständige Behörde Folgendes abgrenzt:

a)

eine Schutzzone, die mindestens aus dem Impfgebiet besteht;

b)

eine Kontrollzone, die aus einem Teil des Gebiets der Union besteht, der sich mindestens 50 Kilometer über die Grenzen der Schutzzone hinaus erstreckt.“.

3.

Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe d erhält folgende Fassung:

„d)

Er leitet die nach dem Verfahren des Artikels 20 Absatz 2 getroffenen Vorkehrungen in die Wege, insbesondere was die Durchführung eines etwaigen Impfprogramms oder anderer alternativer Maßnahmen angeht.“.

4.

Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe b erhält folgende Fassung:

„b)

Die Kontrollzone besteht aus einem Teil des Gebiets der Union, der sich mindestens 50 Kilometer über die Grenzen der Schutzzone hinaus erstreckt und in dem in den vorausgegangenen 12 Monaten keine Impfung mit abgeschwächtem Lebendimpfstoff gegen die Blauzungenkrankheit durchgeführt wurde.“.

5.

Artikel 10 Nummer 2 erhält folgende Fassung:

„2.

in der Kontrollzone Impfungen gegen die Blauzungenkrankheit mit abgeschwächten Lebendimpfstoffen verboten sind.“.

Artikel 2

(1)   Die Mitgliedstaaten erlassen und veröffentlichen bis spätestens 30. Juni 2011 die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Rechtsvorschriften mit und fügen eine Tabelle der Entsprechungen zwischen dieser Richtlinie und den innerstaatlichen Rechtsvorschriften bei.

Sie wenden diese Vorschriften spätestens ab dem 1. Juli 2011 an.

Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

(2)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 3

Diese Richtlinie tritt am ▐ Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 4

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Brüssel, den

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

Im Namen des Rates

Der Präsident


(1)  Stellungnahme vom 15.3.2011 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(3)  ABl. L 327 vom 22.12.2000, S. 74.