ISSN 1725-2407

doi:10.3000/17252407.C_2011.192.deu

Amtsblatt

der Europäischen Union

C 192

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Mitteilungen und Bekanntmachungen

54. Jahrgang
1. Juli 2011


Informationsnummer

Inhalt

Seite

 

I   Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

 

ENTSCHLIESSUNGEN

 

Ausschuss der Regionen

 

90. Plenarsitzung am 11. und 12. Mai 2011

2011/C 192/01

Entschließung des Ausschusses der Regionen zum Thema Nach den Revolutionen: Welche Zukunft für den Mittelmeerraum?

1

 

STELLUNGNAHMEN

 

Ausschuss der Regionen

 

90. Plenarsitzung am 11. und 12. Mai 2011

2011/C 192/02

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: Modernisierung der europäischen Politik im Bereich des öffentlichen Auftragswesens: Wege zu einem effizienteren europäischen Markt für öffentliche Aufträge

4

2011/C 192/03

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: EU-Entwicklungspolitik zur Förderung eines breitenwirksamen Wachstums und einer nachhaltigen Entwicklung — für eine EU-Entwicklungspolitik mit größerer Wirkung

10

2011/C 192/04

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: Auf dem Weg zu einer verstärkten europäischen Katastrophenabwehr

15

2011/C 192/05

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: Die GAP bis 2020 — Nahrungsmittel, natürliche Ressourcen und ländliche Gebiete — die künftigen Herausforderungen

20

 

III   Vorbereitende Rechtsakte

 

Ausschuss der Regionen

 

90. Plenarsitzung am 11. und 12. Mai 2011

2011/C 192/06

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: Eine ehrgeizige europäische Politik für Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse

28

2011/C 192/07

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: Milchpaket

36

DE

 


I Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

ENTSCHLIESSUNGEN

Ausschuss der Regionen

90. Plenarsitzung am 11. und 12. Mai 2011

1.7.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 192/1


Entschließung des Ausschusses der Regionen zum Thema „Nach den Revolutionen: Welche Zukunft für den Mittelmeerraum?“

2011/C 192/01

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Eine humanitäre Krise

1.

beobachtet mit Besorgnis die Veränderungen und die ungewisse Lage im südlichen Mittelmeerraum und unterstützt uneingeschränkt den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Reformprozess, der wahre Demokratisierung, neue Stabilität in allen betroffenen Ländern und eine echte Chance für die in der Region lebenden Männer und Frauen auf Frieden und Wohlstand mit sich bringen dürfte; bedauert und verurteilt scharf jegliche Form der Gewalt und Missachtung der Menschenrechte, wie sie in einigen Ländern der Region zu beobachten sind, und fordert die Europäische Union nachdrücklich auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und einen friedlichen Wandel und den Übergang zur Demokratie zu unterstützen;

2.

ist über die Flüchtlingsbewegung besorgt, die durch die Ereignisse in Nordafrika ausgelöst wurde und von der die näher an der Region gelegenen Mitgliedstaaten und ihre örtlichen Gemeinschaften direkt betroffen sind; betont deshalb das Erfordernis, der Region unverzüglich die konkrete Solidarität und die notwendige Unterstützung zuteilwerden zu lassen, zu der sich die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten in der Erklärung des Europäischen Rates vom 11. März 2011 und in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 24./25. März 2011 verpflichtet haben;

3.

verweist auf die Erklärung des AdR-Präsidiums vom 4. März 2011 (1), in der den Menschen der gesamten Region Unterstützung für ihre Ziele zugesagt und die Solidarität des Ausschusses mit ihren Forderungen nach tatsächlicher Demokratie, politischem Pluralismus, Grundfreiheiten und Wahrung der Menschenrechte zum Ausdruck gebracht wurde;

4.

nimmt ebenfalls zur Kenntnis, dass eine beträchtliche Anzahl von Menschen aus wirtschaftlichen, politischen oder sozialen Gründen in die EU kommt; ist sich bewusst, dass einige von ihnen durch die Not in der Region vertrieben wurden und ihre Forderungen nach Asyl oder internationalem Schutz legitim sein können; erinnert daran, dass das Asylrecht u.a. durch die Charta der Grundrechte garantiert wird und zu den völkerrechtlichen Verpflichtungen der EU und ihrer Mitgliedstaaten gehört;

5.

ist sich darüber im Klaren, dass die politische und soziale Instabilität im südlichen Mittelmeerraum zusammen mit Unterdrückung, wirtschaftlichen Schwierigkeiten in verschiedenen Branchen sowie der fortgesetzten Umweltverschmutzung entscheidende Triebkräfte für die Migration der Bevölkerung innerhalb und aus der Region sind, die wohl andauern wird, da immer mehr Menschen vor politischen Unruhen und Armut fliehen;

Sofortige Reaktion auf die Krise

6.

unterstreicht die Notwendigkeit, sofort auf die sich verschlechternde humanitäre Lage zu reagieren und dabei die Grundrechte und die Situation des Einzelnen zu berücksichtigen; ist der Ansicht, dass diese Reaktion ein zwischen der EU, den Mitgliedstaaten und den Behörden der subnationalen Ebene koordiniertes Konzept beinhalten sollte, und bekräftigt, dass den europäischen Institutionen, Agenturen und Mitgliedstaaten die von den Städten und Regionen innerhalb der EU mit Notfallmaßnahmen und Katastrophenschutz gesammelten Erfahrungen zur Verfügung stehen; bei diesem Konzept sollte auch die organisierte Zivilgesellschaft eingebunden werden, um in den betroffenen Ländern die zwischenmenschlichen Kontakte zu nutzen;

7.

fordert echte Solidarität mit den von Migrationsströmen am direktesten betroffenen Mitgliedstaaten und Gemeinschaften auf der Grundlage einer gerechten Zuweisung der in den Verträgen verankerten operationellen und finanziellen Zuständigkeiten gemäß Artikel 80 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union; ersucht die EU und die Mitgliedstaaten dringend, die entsprechenden Maßnahmen weiterhin der sich ändernden Lage anzupassen und dabei den Bedürfnissen von Migranten oder Vertriebenen sowie den Hilfe leistenden Gemeinschaften Rechnung zu tragen;

8.

ruft alle lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der EU auf, einen Aktionsplan zur Lastenverteilung zu unterstützen, um Flüchtlinge aus der Region wieder anzusiedeln und einen Solidaritätsfonds einzurichten, um dem durch die Krise entstandenen humanitären Druck zu begegnen, sowie die Mitgliedstaaten aufzufordern, den Mechanismus zu aktivieren, der in der Richtlinie 2001/55/EG des Rates über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten auf der Grundlage der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten vorgesehen ist, sowie zu demonstrieren, dass die Europäische Union sich dem Grundsatz der Solidarität und der gemeinsamen Verantwortung ernsthaft verpflichtet fühlt;

9.

fordert, dass bis zur Bereitstellung spezieller Mittel die bereits bestehenden Finanzinstrumente kurzfristig dazu genutzt werden, den mit dem Zustrom von Migranten zusammenhängenden Notlagen zu begegnen;

10.

regt an, Ausgleichsmaßnahmen zur Unterstützung der am stärksten betroffenen Gebiete vorzusehen, um die mit der Notlage verbundenen Verluste und die negativen Folgen für die lokale Wirtschaft - vor allem in Schlüsselsektoren wie Tourismus und Fischerei - auszugleichen;

11.

schlägt in diesem Zusammenhang vor, die Richtlinie 2001/55/EG des Rates zu überprüfen, um den Begriff „Massenzustrom“ von Migranten genauer zu definieren und u.U. in Bezug auf die Bevölkerung des Aufnahmelandes zu definieren;

12.

betont, dass alle von den Mitgliedstaaten ergriffenen Maßnahmen mit den Rechtsvorschriften der EU im Einklang stehen müssen und dabei der Schengen-Besitzstand zu wahren ist, der die Freizügigkeit der Bürgerinnen und Bürger innerhalb der EU garantiert und daher eine der wesentlichen Errungenschaften der europäischen Integration ist, und dass die grundlegenden Menschenrechte gemäß den völkerrechtlichen Instrumenten und den EU-Verträgen und insbesondere gemäß der Charta der Grundrechte zu schützen sind;

13.

begrüßt die Vorschläge der Europäischen Kommission, den gemeinschaftlichen Charakter des Schengener Systems zu bewahren, damit sichergestellt ist, dass die erforderlichen Reaktionen dieses Systems auf Ereignisse außerhalb der EU auf der Grundlage transparenter gemeinsamer europäischer Regeln erfolgen und die bestehende grenzübergreifende Zusammenarbeit nicht unangemessen beschränken;

Eine langfristige Antwort

14.

sieht mehr denn je die dringende Notwendigkeit, eine umfassende gemeinsame Zuwanderungs- und Asylpolitik zu entwickeln, die auf Solidarität und einer gerechten Aufgabenteilung beruht; betont, dass lokale und regionale Gebietskörperschaften vorrangig in Maßnahmen im Bereich der legalen Zuwanderung und der Integration von Migranten einzubeziehen sind;

15.

dringt darauf, alle Kräfte zur Eindämmung der irregulären Migration und ihrer Folgeerscheinungen, insbesondere des Menschenhandels, zu mobilisieren; unterstützt den Abschluss von Rückübernahmeabkommen zwischen der EU und den Ländern der Region; ersucht um eine Überprüfung des Mandats und der Rolle von FRONTEX einschließlich einer Aufstockung ihrer finanziellen, technischen und personellen Mittel für die Überwachung der EU-Grenzen einschließlich der Mittelmeerküsten;

16.

schließt sich den Forderungen nach einer Überprüfung des gegenwärtigen Asylrechts an, insbesondere des Verfahrens für die Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung von Asylanträgen zuständig ist, und fordert die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, weiter an der vollständigen Schaffung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems zu arbeiten; erwartet, dass das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) den am meisten exponierten Mitgliedstaaten wertvolle Hilfe bei der Bewältigung der Migration leistet;

17.

ist überzeugt, dass eine auf freien und fairen Wahlen und Rechtsstaatlichkeit beruhende Demokratie sowie eine effiziente und demokratische Kommunal- und Regionalverwaltung Voraussetzungen für Stabilität und politische und wirtschaftliche Entwicklung in den betroffenen Ländern sind und eine wichtige Rolle dafür spielen, dass die Bürgerinnen und Bürger ihre Befugnisse in ihrem eigenen Land nutzen können;

18.

unterstreicht die praktische Zweckmäßigkeit von Kapazitätsaufbauprogrammen im Kontext der Erweiterungspolitik und der Europäischen Nachbarschaftspolitik und regt - ausgehend von dem konkreten Beispiel des Pilotprogramms „System für lokale Verwaltung (LAF)“ (2) - an, vergleichbare Initiativen für die südlichen Mittelmeerländer zu entwickeln, um deren Kapazitätsaufbau auf lokaler und regionaler Ebene zu unterstützen;

19.

sieht den Zusammenhang zwischen Zuwanderungs- und Entwicklungspolitik und hält es für notwendig, Maßnahmen zu konzipieren, die der Schaffung wirtschaftlicher und sozialer Bedingungen in der Region förderlich sind, die den Menschen vor Ort eine nachhaltige Zukunft garantieren können und damit die Anreize zum Migrieren vermindern; hält es insbesondere für grundlegend, die Armut zu verringern und Arbeitsplätze für die jüngere Generation zu schaffen, und dringt daher auf die volle Nutzung vorhandener EU-Mittel und -Erfahrungen zur Unterstützung der allgemeinen und beruflichen Bildung in diesen Ländern;

20.

betont, wie wichtig es ist, den Handel mit und Investitionen in diesen Ländern zu fördern und Mikrokredite für die Gründung kleiner Unternehmen zur Verfügung zu stellen, um es diesen Ländern zu ermöglichen, ein Wirtschaftswachstum aus eigenen Kräften zu entwickeln und die Armut einzudämmen; betont, dass ein verstärkter Handel mit Nordafrika auch Europa zugutekommt, da er zur Entstehung zahlreicher Arbeitsplätze für Europäer und zu Wirtschaftswachstum in der EU führt; fordert deshalb gemeinsame Anstrengungen, um die noch bestehenden Handelsbeschränkungen zu beseitigen;

21.

ist überzeugt, dass die Union für den Mittelmeerraum (UfM) in der Frage des Umgangs mit der Migration und ihren Folgen eine wichtige Rolle spielen könnte, wenn alle betroffenen Akteure den notwendigen politischen Willen mitbrächten und sie mit den entsprechenden Ressourcen ausstatten würden; unterstreicht in dieser Hinsicht den Beitrag, den die Versammlung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften Europa-Mittelmeer (ARLEM) leisten kann, indem sie die Kooperation und den Erfahrungsaustausch zwischen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften unterstützt; schlägt vor, dass die ARLEM sorgfältig die Lage prüft, ihre Prioritäten um geeignete Reaktionen auf die sich anbahnenden Geschehnisse erweitert und im Rahmen ihrer Zuständigkeit die erforderlichen Schritte unternimmt, um den Demokratisierungsprozess in den betreffenden Ländern aktiv zu unterstützen;

22.

weist darauf hin, dass Diplomatie auf Ebene der Städte und Regionen helfen kann, die laufenden Demokratisierungsprozesse zu fördern und zu festigen, die Allgemeinheit einzubeziehen und das Verhältnis zwischen Volk und Regierung zu verbessern;

23.

ruft die Europäische Kommission auf, dafür Sorge zu tragen, dass in ihren künftigen Politikinitiativen (3) die Grundlage für die Entwicklung umfassender Antworten einschließlich der Empfänglichkeit für die Rolle und den Beitrag lokaler und regionaler Gebietskörperschaften gelegt wird und dass weitere Synergien zwischen Zuwanderungs- und Asylpolitik, auswärtigem Handeln und Entwicklung in engem Zusammenwirken mit der lokalen und regionalen Ebene angestrebt werden;

24.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Präsidenten des Europäischen Rates, dem Europäischen Parlament, der Europäischen Kommission, dem ungarischen EU-Ratsvorsitz, dem Europäischen Auswärtigen Dienst, dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, der Kopräsidentschaft und dem Sekretariat der UfM, der Parlamentarischen Versammlung der UfM und der ARLEM zu übermitteln.

Brüssel, den 12. Mai 2011

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


(1)  CdR 113/2011.

(2)  Der AdR arbeitet bereits eng mit der Europäischen Kommission bei der Unterstützung dieses Pilotprogramms zusammen, das zurzeit auf Kandidatenländer und potenzielle Kandidatenländer beschränkt ist.

(3)  Beispielsweise der Überprüfung der Europäischen Nachbarschaftspolitik, dem Jahresbericht über Migration und Asyl, der Mitteilung über stärkere Solidarität innerhalb der EU, der Mitteilung über Migration und Mobilität für Entwicklung sowie dem Gesamtansatz zur Migrationsfrage.


STELLUNGNAHMEN

Ausschuss der Regionen

90. Plenarsitzung am 11. und 12. Mai 2011

1.7.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 192/4


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: „Modernisierung der europäischen Politik im Bereich des öffentlichen Auftragswesens: Wege zu einem effizienteren europäischen Markt für öffentliche Aufträge“

2011/C 192/02

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

ist erfreut, dass die Kommission KMU als Rückgrat der EU-Wirtschaft ansieht, und hält einen guten Zugang von KMU zu Vergabeverfahren für den Erhalt von Arbeitsplätzen für grundlegend wichtig. Daher ist es wichtig, dass die Schwellen, auf die KMU bei der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen stoßen, weitestmöglich abgebaut werden;

empfiehlt der Kommission, anzuregen, dass Bieter auf nationaler Ebene einen sog. „Ausschreibungspass“ (bevorzugt in der Form eines elektronischen Eintragungssystems) beantragen können, und dessen Inhalt und Nutzung zu vereinheitlichen. Dieser „Pass“ belegt, dass ein Unternehmer Erklärungen und Bescheinigungen vorlegen kann, die häufig von öffentlichen Auftraggebern bei Ausschreibungen angefordert werden. Hat ein Unternehmer einmal einen Pass beantragt, braucht er nicht immer wieder dieselben Erklärungen und Bescheinigungen einzureichen. Dies spart viel Zeit und Ressourcen, wenn ein Unternehmer häufig an Vergabeverfahren teilnimmt;

legt großen Wert auf die Möglichkeit, die Ziele in Bezug auf Innovation, Soziales, Nachhaltigkeit und Umweltschutz über Ausschreibungen zu realisieren. Die Erreichung dieser Ziele wird durch das Kriterium eingeschränkt, dass Forderungen und Wünsche an Bieter mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen müssen, daher sollte die Verbindung zum Auftragsgegenstand nicht als Anforderung aufgestellt werden.

Berichterstatter

Henk KOOL (NL/SPE), Mitglied des Stadtrats von Den Haag

Referenzdokument

Grünbuch der Kommission über die Modernisierung der europäischen Politik im Bereich des öffentlichen Auftragswesens: Wege zu einem effizienteren europäischen Markt für öffentliche Aufträge

KOM(2011) 15 endg.

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.

begrüßt, dass die Europäische Kommission das „Grünbuch über die Modernisierung der europäischen Politik im Bereich des öffentlichen Auftragswesens: Wege zu einem effizienteren europäischen Markt für öffentliche Aufträge“ vorgelegt hat, in dem sie Ansichten lokaler und regionaler Gebietskörperschaften sowie weiterer öffentlicher Auftraggeber in Bezug auf Einsparungen, Modernisierung, Klärung und Vereinfachung der Richtlinien für das öffentliche Auftragswesen Aufmerksamkeit widmet;

2.

vertritt zum einen die Auffassung, dass die Richtlinie 2004/18/EG (im Folgenden „Richtlinie“ genannt) in Teilbereichen zu detailliert ist, und empfiehlt der Kommission, diese Richtlinie möglichst zu vereinfachen;

3.

empfiehlt zum anderen, in der Richtlinie Klärungen vorzunehmen, soweit diese erforderlich sind. Die Richtlinie ist in wesentlichen Punkten vom Europäischen Gerichtshof präzisiert worden; erachtet die Kodifizierung der wichtigsten Rechtsvorschriften aus der Rechtsprechung ohne weitere Verschärfung als sehr wünschenswert; drängt darauf, dass bei „B“-Dienstleistungen, Finanzhilfen, Grundstückstransaktionen und Aufträgen unterhalb der Schwellenwerte keine Vergabepflicht bzw. keine Transparenzpflicht gelten sollte, wenn kein grenzübergreifendes Interesse vorliegt;

4.

hält die Anregung zu Professionalität sowohl bei den öffentlichen Auftraggebern als auch bei den Marktakteuren für wichtig, um zu einem optimal funktionierenden Binnenmarkt zu gelangen; empfiehlt der Kommission, nationale Wissenszentren und ein übergeordnetes europäisches Wissenszentrum einzurichten bzw. einrichten zu lassen. Diese Zentren sollten innerhalb der bereits bestehenden nationalen Rahmen eingerichtet werden. Solche Kompetenzzentren können öffentliche Auftraggeber zugleich auch bei der Umsetzung der Ziele in den Bereichen Innovation, Berücksichtigung sozialer Kriterien bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, Nachhaltigkeit und Umweltschutz unterstützen. Die Nutzung dieser Zentren sollte nicht verpflichtend vorgeschrieben sein. Den lokalen Gebietskörperschaften muss in dieser Angelegenheit Entscheidungsfreiheit gelassen werden.

II.   EMPFEHLUNGEN

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU)

5.

ist erfreut, dass die Kommission KMU als Rückgrat der EU-Wirtschaft ansieht, und hält einen guten Zugang von KMU zu Vergabeverfahren für den Erhalt von Arbeitsplätzen für grundlegend wichtig. Daher ist es wichtig, dass die Schwellen, auf die KMU bei der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen stoßen, weitestmöglich abgebaut werden;

6.

Die Kosten, die für Unternehmen mit der Teilnahme an einer Ausschreibung verbunden sind, müssen möglichst weit reduziert werden. Der Ausschuss unterstützt daher den Vorschlag der Kommission, zunächst nur Eigenerklärungen übermitteln zu lassen und dann lediglich die erfolgreichen Bieter, die die Zuschlagsphase erreicht haben, bzw. den Bieter, der den Zuschlag erhält, aufzufordern, die Originaldokumente vorzulegen;

7.

empfiehlt der Kommission, anzuregen, dass Bieter auf nationaler Ebene einen sog. „Ausschreibungspass“ (bevorzugt in der Form eines elektronischen Eintragungssystems) beantragen können, und dessen Inhalt und Nutzung zu vereinheitlichen. Dieser „Pass“ belegt, dass ein Unternehmer Erklärungen und Bescheinigungen vorlegen kann, die häufig von öffentlichen Auftraggebern bei Ausschreibungen angefordert werden. Hat ein Unternehmer einmal einen Pass beantragt, braucht er nicht immer wieder dieselben Erklärungen und Bescheinigungen einzureichen. Dies spart viel Zeit und Ressourcen, wenn ein Unternehmer häufig an Vergabeverfahren teilnimmt. Ein solcher Ausschreibungspass ist für einen bestimmten Zeitraum gültig, da die ihm zugrunde liegenden Bescheinigungen eine begrenzte Gültigkeitsdauer haben, was wiederum der Zuverlässigkeit des Passes zugute kommt. Auf lokaler und regionaler Ebene besteht bereits vereinzelt ein solches System, mit dem gute Erfahrungen gemacht wurden. Der Ausschreibungspass ist so angelegt, dass hiermit keine hohen Kosten verbunden sind.

8.

Eine unnötige Zusammenführung von Aufträgen unter öffentlichen Auftraggebern und die Zusammenführung von Aufträgen unterschiedlicher Art sind nicht wünschenswert, da bei größeren Aufträgen strengere Kriterien zu erfüllen sein könnten. Der Ausschuss empfiehlt daher, dass die Europäische Kommission stärker für dieses Problem für KMU sensibilisiert und die Bedeutung der Regelung einer Unterteilung in Lose betont;

9.

Eine Ausweitung der Möglichkeiten für einen Rückgriff auf ein Verhandlungsverfahren kommt KMU zugute. Das Verfahren bietet sowohl öffentlichen Auftraggebern als auch Bietern ein gewisses Maß an Flexibilität. Der Fokus der KMU liegt nämlich auf dem Wissen über ihr Produkt bzw. ihre Dienstleistung und nicht auf dem Vergabeverfahren. Der Ausschuss fordert die Kommission dazu auf, das Verhandlungsverfahren als reguläres Verfahren zuzulassen. Dies sollte auf die gleiche Art wie in der Richtlinie 2004/17/EG (Sektorenrichtlinie) geregelt werden, der zufolge die öffentlichen Auftraggeber die Vergabeform wählen können, die sie für die betreffende Ausschreibung für am besten geeignet halten. Der Ausschuss empfiehlt eine Vereinfachung aller parallelen Verfahren;

10.

Das derzeitige nicht offene Verfahren kann für KMU von Nachteil sein. In der ersten Phase, der Auswahlphase, eines nicht offenen Verfahrens können derzeit nur Forderungen und Wünsche in Bezug auf das Unternehmen gestellt werden. Auswahlwünsche beziehen sich meist auf die Frage nach der Erfolgsbilanz und Erfahrung des Unternehmens bei der Durchführung von Projekten. Im Allgemeinen haben größere Unternehmen mehr Projekte durchgeführt als KMU. Auf diese Weise haben größere Unternehmen mehr passende Referenzaufträge aufzuweisen und dadurch eine größere Chance, ausgewählt zu werden. Der Ausschuss empfiehlt daher, in der ersten Runde des nicht offenen Verfahrens zuzulassen, dass auch (bestimmte) Zuschlagskriterien betrachtet werden können.

Flexibilität

11.

empfiehlt, in Vergabeverfahren mehr Flexibilität zu ermöglichen:

12.

Das Vergaberecht ist komplex, und die Möglichkeiten eines Bieters, sein Angebot nachzubessern, sind begrenzt. Dies ist u.a. durch die (nationale) Rechtsprechung und Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber in den einschlägigen Ausschreibungsunterlagen begründet. Der Ausschuss empfiehlt daher, in der neuen Richtlinie oder in deren Begründung näher zu erläutern, welche Nachbesserungen des Bieters zulässig sind und welche Ergänzungen bzw. Anpassungen vorgenommen werden dürfen.

13.

Für einen öffentlichen Auftraggeber kann sich u.U. die Notwendigkeit ergeben, im Verlauf des Vergabeverfahrens aufgrund von Fragen von Bietern eine Änderung bzw. Anpassung in seinem Auftrag vorzunehmen. Bei einer wesentlichen Änderung des Auftrags muss die Ausschreibung derzeit annulliert und anschließend wiederholt werden. Der Ausschuss empfiehlt daher, ein einfaches Verfahren zu schaffen, mit dem ein öffentlicher Auftraggeber seinen Auftrag ändern kann, wie etwa eine offizielle Berichtigung mit einer kurzen Verlängerung der Einreichungsfrist.

14.

Während der Durchführung kann sich herausstellen, dass der öffentliche Auftraggeber einen Aspekt übersehen hat, der angepasst werden soll, jedoch nicht als unvorhersehbar und dringend notwendig eingestuft werden kann. Der Ausschuss hält daher eine Lockerung der geltenden Bestimmung in Bezug auf Anpassungen für ratsam. So könnte dem ursprünglichen Auftragnehmer etwa ein bestimmter prozentualer Anteil des Auftrags als Anpassung zugeschlagen werden, ohne dass den in Artikel 31 der Richtlinie genannten Bedingungen entsprochen werden muss;

15.

fordert die Kommission auf, in der neuen Richtlinie eine viel flexiblere Bestimmung für Rahmenvereinbarungen vorzusehen. Rahmenvereinbarungen sollten auf die gleiche Art wie in der Sektorenrichtlinie geregelt werden, d.h. mit sehr viel mehr Flexibilität als in der klassischen Richtlinie. Die Laufzeit der Verträge und auch die Bestimmung, dass in einer Rahmenvereinbarung im Ausnahmefall nur zwei Lieferanten erforderlich sind, sollten als unnötige Bestimmungen gestrichen werden.

Ausschreibungen als Motivation für Innovation, die Berücksichtigung sozialer Kriterien, Nachhaltigkeit und Umweltschutz

16.

begrüßt die Aufmerksamkeit, die die Kommission in dem Grünbuch der Umsetzungen von Zielen in den Bereichen Umweltschutz, Stärkung der sozialen Eingliederung, Verbesserung des Zugangs für Menschen mit Behinderungen und Förderung von Innovation widmet;

17.

unterstreicht, dass der Erfolg der Europa-2020-Strategie entscheidend davon abhängt, inwiefern es der lokalen und regionalen Ebene gelingt, die in den Leitinitiativen als Ziele angepeilten neuen innovativen Lösungen umzusetzen. Neue innovative Praktiken entstehen nicht von selbst. Durch die Modernisierung der europäischen Vergabevorschriften muss Kommunen und sonstigen öffentlichen Akteuren mehr strategischer Handlungsspielraum gewährt und ihre Innovatorenrolle unterstrichen werden;

18.

unterstreicht, dass durch eine Überarbeitung der Vergabevorschriften die Rolle der öffentlichen Verwaltungen in der Innovationsförderung aufgewertet werden muss. Auch für große, millionenschwere Entwicklungsvorhaben, die komplexe gesellschaftliche Herausforderungen lösen sollen und über Konsortien als Risikoträger abgewickelt werden, müssen die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen werden. Hier muss eine Kommune oder ein anderer öffentlicher Akteur auf eigene Kosten solche Zusammenschlüsse bilden und dazu die benötigten Kompetenzen mithilfe von Unternehmen und anderen Akteuren zusammenführen können. Im Rahmen herkömmlicher Ausschreibungen ist dies schwer, wenn nicht gar unmöglich. Soll etwas völlig Neues geschaffen werden können, muss es ungeachtet der Ausschreibungsvorschriften möglich sein, auf dem Verhandlungsweg verschiedene Kompetenzen zusammenzubringen und insbesondere die Beteiligung kleiner Unternehmen zu ermöglichen;

19.

legt großen Wert auf die Möglichkeit, die Ziele in Bezug auf Innovation, Soziales, Nachhaltigkeit und Umweltschutz über Ausschreibungen zu realisieren. Die Erreichung dieser Ziele wird durch das Kriterium eingeschränkt, dass Forderungen und Wünsche an Bieter mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen müssen, daher sollte die Verbindung zum Auftragsgegenstand nicht als Anforderung aufgestellt werden. Öffentliche Auftraggeber können dann selbst bestimmen, ob sie von der Verbindung zum Auftragsgegenstand für diese Aspekte als Voraussetzung absehen und welche Kriterien sie ansetzen, da die Gegebenheiten in den einzelnen Mitgliedstaaten zu unterschiedlich sind. Der Ausschuss empfiehlt, dies in die neue Richtlinie aufzunehmen;

20.

stimmt der Europäischen Kommission zu, dass die Behörden einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der strategischen Ziele von Europa 2020 leisten können, indem sie ihre Kaufkraft zur Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen mit höherem „gesellschaftlichem Wert“ einsetzen, der sich zum Beispiel in Innovationsförderung, Umweltfreundlichkeit und Bekämpfung des Klimawandels, Verringerung des Energieverbrauchs, Verbesserung der Beschäftigungslage, des Gesundheitswesens und der sozialen Bedingungen sowie der Förderung der Chancengleichheit und stärkeren Einbeziehung benachteiligter Gruppen äußern kann. Es muss ein Gleichgewicht gefunden werden zwischen den obigen Zielen sowie Objektivität und Nichtdiskriminierung, um für einen lauteren Wettbewerb zu sorgen und einen fairen Zugang für KMU zu ermöglichen. Darüber hinaus muss es lokalen und regionalen Gebietskörperschaften möglich sein, bei der Auftragsvergabe strengere Kriterien als die Mindestvorschriften der EU anzulegen, ohne dabei den freien Wettbewerb zu gefährden. Der Ausschuss fordert die Kommission nichtsdestoweniger auf, bei der Festlegung der neuen Richtlinien für das öffentliche Auftragswesen den öffentlichen Auftraggebern eine gewisse Entscheidungsfreiheit zu geben. Erreicht werden kann dies, indem von den Behörden einerseits verlangt wird, im öffentlichen Auftragswesen bestimmte Dienstleistungen von „gesellschaftlichem Wert“ zu fördern, ihnen andererseits aber die Freiheit gelassen wird, aus einer Liste eine oder mehrere Optionen zu wählen;

21.

empfiehlt der Kommission, Sensibilisierungsarbeit zu leisten und auf EU-Ebene neue Wege für die Förderung des Einsatzes von Langzeitarbeitslosen, Menschen mit Behinderungen und Praktikant(inn)en bei der Durchführung öffentlicher Aufträge zu entwickeln. So können öffentliche Auftraggeber, wenn sie dies wünschen, als Zuschlagskriterium oder Auftragsbedingung in ihre Ausschreibungsunterlagen aufnehmen, dass das Unternehmen, das den Zuschlag für diesen Auftrag erhält, einen bestimmten prozentualen Anteil des Auftragswerts bei der Durchführung des Auftrags oder an anderer Stelle in dem jeweiligen Unternehmen für den Einsatz dieser Zielgruppen verwendet. Diese Verpflichtung muss auf EU-Ebene freiwillig bleiben, und den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften muss ein Höchstmaß an Flexibilität gelassen werden, um die verschiedenen politischen Ziele, die sie im Rahmen einer Ausschreibung erreichen wollen, festlegen und dabei die Erzielung eines bestmöglichen Preis-Leistungsverhältnisses in den Mittelpunkt stellen zu können;

22.

hält das Zuschlagskriterium des wirtschaftlich günstigsten Angebots für ein ausgezeichnetes Instrument für die Erreichung der Ziele in den Bereichen Innovation, Berücksichtigung sozialer Kriterien bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, Nachhaltigkeit und Umweltschutz; beantwortet die Frage der Kommission, ob das Zuschlagskriterium des niedrigsten Preises für bestimmte Auftragskategorien abgeschafft werden sollte, mit Nein. Auch bei dem Zuschlagskriterium „niedrigster Preis“ können die genannten Ziele eine Rolle spielen, und zwar in Form von Mindestanforderungen. Öffentlichen Auftraggebern muss diesbezüglich je nach Art des jeweiligen Auftrags Entscheidungsfreiheit gelassen werden. Daneben haben öffentliche Auftraggeber auch häufig in Bezug auf Einsparungen Zielvorgaben, die bei der Entscheidung für ein Zuschlagskriterium berücksichtigt werden müssen.

23.

Öffentlichen Auftraggebern ist es nicht immer möglich, die Einhaltung der Auftragsbedingungen in der gesamten Lieferkette zu überwachen. Beispielsweise ist schwer zu kontrollieren, ob im Herstellungsprozess in einem Drittstaat Kinderarbeit zum Einsatz kommt. Der Ausschuss fordert die Kommission auf, diesem Problem Aufmerksamkeit zu widmen.

Neue Verfahren:

24.

empfiehlt, in die neue Richtlinie einige neue Verfahren aufzunehmen. Diese betreffen einen sog. Marktplatz für A-Dienstleistungen, ein Modell für eine bürgerbestimmte Auswahl und ein Verfahren für Aufträge mit starken Preisschwankungen.

25.

Marktplatz für A-Dienstleistungen. Für B-Dienstleistungen funktioniert dieses System in einigen Mitgliedstaaten bislang wie folgt: Es wird keine allgemeine Rahmenvereinbarung ausgeschrieben, sondern jeder Einzelauftrag wird auf einem sog. (digitalen) Marktplatz ausgeschrieben. Auf diesem Marktplatz werden somit sehr viele verschiedene Einzelaufträge angeboten. Interessenten können auf jeden einzelnen Auftrag reagieren. Pro Auftrag wird eine Rangfolge der Preisangebote erstellt. Von den fünf günstigsten Anbietern werden anschließend die Qualitätsaspekte betrachtet und begutachtet. Der Anbieter, der das wirtschaftlich günstigste der fünf Angebote eingereicht hat, erhält den Zuschlag. Der Vorteil eines Marktplatzes für A-Dienstleistungen besteht darin, dass dieses System die Chancen von arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen erhöht. Es wird vorgeschlagen, ein ähnliches System auch für A-Dienstleistungen zu entwickeln.

26.

Modell für eine bürgerbestimmte Auswahl. Das Modell für eine bürgerbestimmte Auswahl ist ein Verfahren, das eine Lösung für Aufträge bietet, bei denen die Entscheidung der Bürger für ein bestimmtes Unternehmen von Bedeutung ist. Dies kommt u.a. bei Aufträgen zum Tragen, bei denen es um persönliche Dienstleistungen geht. Bei diesem Verfahren können alle Bieter, die den Qualitätsanforderungen genügen und einem vom öffentlichen Auftraggeber festgelegten (Höchst-)Preis zustimmen, einen Rahmenvertrag erhalten. Anschließend wählen die Bürger aus, von welcher Organisation sie die persönliche Dienstleistung erbracht bekommen möchten.

27.

Verfahren für starke Preisschwankungen. Auf einigen Märkten, wie etwa auf dem Energiemarkt, gibt es starke Preisschwankungen. Bei derartigen Aufträgen ist es wünschenswert, dass die Beschwerdefrist möglichst kurz ist. Das Angebot des Bieters gründet sich nämlich auf den Marktpreis für Energie am Tage der Einreichung des Angebots. Es wird vorgeschlagen, in die neue Richtlinie aufzunehmen, dass für solche Märkte eine angepasste Beschwerdefrist gilt.

Änderung der Schwellenwerte

28.

ist erfreut, dass die Kommission die Höhe der Schwellenwerte auf den Prüfstand stellt; empfiehlt, vor der Festlegung neuer Schwellenwerte zu prüfen, bei welchen Schwellenwerten Interesse aus dem Ausland vorhanden ist. Dies würde bedeuten, dass Schwellenwerte für Lieferungen und Dienstleistungen erheblich höher anzusetzen wären als bisher. Falls davon auszugehen ist, dass kein Interesse aus dem Ausland besteht, kann den öffentlichen Auftraggebern die Mühe eines europäischen Ausschreibungsverfahrens erspart bleiben. Der Ausschuss vertritt die Auffassung, dass das Erfordernis erheblich höherer Schwellenwerte Gegenstand jeglicher Neuverhandlung des WTO-Abkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA) sein muss.

Grundsatz der Transparenz

29.

Generell: Es ist nicht immer deutlich, ob ein grenzübergreifendes Interesse vorliegt. In vielen Fällen ist hier eine Marktstudie erforderlich, was wiederum mit zusätzlichen Ausgaben für öffentliche Auftraggeber verbunden ist. Eine Klärung, die öffentlichen Auftraggebern mehr Sicherheit in Bezug auf die Frage gibt, was unter „grenzübergreifend“ zu verstehen ist, wäre sinnvoll. Daher empfiehlt der Ausschuss der Kommission, eine Liste von Gegenständen bzw. Märkten aufzustellen, in die das „grenzübergreifende“ Element hineinspielt. Auch müsste eine Unterscheidung getroffen werden, ob dies für den gesamten Mitgliedstaat oder nur für die Grenzgebiete gilt.

30.

Die von der Kommission gestellte Frage, ob die öffentlichen Auftraggeber dazu verpflichtet sein sollten, die Leistungsbeschreibung für größere Aufträge in mehr als einer Sprache zu verfassen bzw. in einer Fremdsprache verfasste Angebote zu akzeptieren, beantwortet der Ausschuss mit Nein. Dies würde den Verwaltungsaufwand erheblich erhöhen, und wahrscheinlich würden im Ergebnis nur sehr wenige Angebote aus dem Ausland eingehen;

31.

Aufträge unterhalb der europäischen Schwellenwerte: Der Ausschuss ist der Ansicht, dass Aufträge unterhalb der europäischen Schwellenwerte nicht unter den Begriff „grenzübergreifend“ fallen sollten. Die heutige Praxis zeigt, dass nur bei einer sehr begrenzten Anzahl von Aufträgen oberhalb der europäischen Schwellenwerte ausländische Bewerber mitbieten. Der Ausschuss empfiehlt der Kommission, in einer Studie zu untersuchen, um welche Zahlen es hier genau geht. Auf dieser Grundlage kann dann entschieden werden, ob es überhaupt angezeigt ist, dass Aufträge unterhalb der europäischen Schwellenwerte unter den Begriff „grenzübergreifend“ fallen.

32.

Aufträge, die nicht unter die Richtlinie fallen: Es ist nicht deutlich, inwieweit der Grundsatz der Transparenz bei den Aufträgen, die nicht unter die Richtlinie fallen (Ausschlüsse), eine Rolle spielt. Bei bestimmten Ausnahmen ist dies offensichtlicher, z.B. bei Dienstleistungskonzessionen. Bei anderen Ausnahmen, wie etwa Arbeitsverträgen und Grundstücktransaktionen, sollte der Grundsatz der Transparenz nicht gelten. Der Ausschuss bittet die Kommission um eine Klärung, für welche Aufträge, die nicht unter die Richtlinie fallen, der Grundsatz der Transparenz gilt.

33.

B-Dienstleistungen: Der Ausschuss empfiehlt, dass die B-Dienstleistungen, die nach der Überprüfung der „A“- und „B“-Liste auf die „B“-Liste gesetzt worden sind, nicht dem Grundsatz der Transparenz unterliegen sollten, und schlägt der Kommission vor, dies in die neue Richtlinie aufzunehmen.

Neuaufteilung der „A“- und „B“-Dienstleistungen

34.

fordert dazu auf, die derzeit geltende Aufteilung in „A“- und „B“-Dienstleistungen beizubehalten. Die Liste der „B“-Dienstleistungen ist Bereichen vorbehalten, bei denen es keinen grenzüberschreitenden Wettbewerb gibt, bzw. Bereichen, die eine derart persönliche Komponente enthalten, dass eine europäische Ausschreibung nicht wünschenswert ist, wie etwa bei medizinischen Versorgungsleistungen und Sozialdienstleistungen. Im letztgenannten Fall ist das Vertrauen des Auftraggebers und des Nutzers/Patienten in die Person, die mit der Durchführung des Auftrags betraut ist, von zentraler Bedeutung. Dies sind häufig subjektive Kriterien, für die in einem Vergabeverfahren kein Platz ist. Der Ausschuss fordert die Kommission dazu auf, „A“-Leistungen, die nicht für den grenzüberschreitenden Handel geeignet sind, in die Kategorie „B“ zu überführen. Der Ausschuss fordert die Kommission zudem dazu auf, Instrumente zu entwickeln, die es lokalen und regionalen Gebietskörperschaften erleichtern, zu klären, ob konkrete Ausschreibungen für Aufträge unter die im Anhang aufgeführten „A“- oder „B“-Dienstleistungen fallen;

35.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, das Gemeinsame Vokabular für öffentliche Aufträge (CPV) zu überprüfen. Die CPV-Codes und die dazugehörigen Dienstleistungen sind schwer zu deuten und werfen Fragen auf. Der Ausschuss ersucht eindringlich um eine deutliche Erläuterung bzw. eine Anleitung für die CPV-Codes.

Ausschlüsse

36.

empfiehlt, den Bestimmungen Aufmerksamkeit zu widmen, die Aufträge betreffen, die nicht unter die Richtlinie fallen. Sowohl eine Klärung als auch eine Ergänzung dieser Bestimmungen muss erwogen werden. Beispielsweise ist nicht deutlich, welche Finanzdienstleistungen unter die in Artikel 16 Buchstabe d) genannten Ausnahmen fallen und wann es sich um eine Dienstleistung gemäß Anhang II Teil A in Bezug auf finanzielle Dienstleistungen (Kategorie 6) handelt;

37.

fordert einen Ausschluss von Aufträgen zwischen öffentlichen Auftraggebern in der neuen Richtlinie. Da Gebietskörperschaften zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Steuergeldern verpflichtet sind, sollten sie gegen eine Kostenerstattung gegenseitig auf ihre Kenntnisse und Fähigkeiten zurückgreifen können, ohne dass hierfür eine Ausschreibungspflicht besteht. Solch ein Ausschluss wäre eine wesentliche Verbesserung der Kohärenz des EU-Rechtrahmens und wäre die Lösung eines der dringlichsten Probleme, mit denen lokale und regionale Gebietskörperschaften bei Ausschreibungen derzeit konfrontiert sind.

38.

Öffentliche Auftraggeber stoßen bei der Ausschreibung von IKT-Systemen auf große Schwierigkeiten. Eine IKT-Umgebung besteht für einen öffentlichen Auftraggeber aus verschiedenen, miteinander verbundenen Systemen. Ergänzende Aufträge, wie etwa zusätzliche Lizenzen und geeignete neue Module, können daher nicht immer ohne größere Probleme - sowohl technischer als auch finanzieller Art - ausgeschrieben werden. Daher empfiehlt der Ausschuss der Kommission zu prüfen, ob die diesbezüglichen Ausnahmemöglichkeiten in der neuen Richtlinie ausgeweitet werden können und/oder ein neues Verfahren für IKT-Systeme eingeführt werden kann, bei denen der Wettbewerb nicht auf Herstellerebene, sondern auf der Ebene der Lieferanten von Erzeugnissen einer ganz bestimmten Marke;

39.

teilt die Auffassung der Kommission, dass Innovation gefördert werden muss. Aufgrund des Vergaberechts können öffentliche Auftraggeber nicht ohne weiteres neue innovative Produkte anschaffen; schlägt vor, dass die Kommission die Möglichkeiten für eine Freistellung von der Ausschreibungspflicht untersuchen sollte, z.B. eine Freistellung, die für zwei Jahre ab dem Zeitpunkt der Erteilung eines Patents auf eine Erfindung gelten könnte.

Berücksichtigung früherer Erfahrungen

40.

vertritt die Auffassung, dass öffentliche Auftraggeber die Möglichkeit haben sollten, bei künftigen Ausschreibungen auf Erfahrungen zurückzugreifen, die ein öffentlicher Auftraggeber bereits mit Auftragnehmern gemacht hat. Negative Erfahrungen, bei denen das Endergebnis unzureichend war, sollten berücksichtigt werden können. Derzeit kann ein Anbieter, der zunächst seine Leistung (wissentlich) schlecht erbringt, im Prinzip bei einer neuen Ausschreibung wieder mitbieten - auch wenn diese Ausschreibung in bestimmten Fällen nur deswegen erforderlich ist, weil der bisherige Auftragnehmer von dem Auftrag zurückgetreten ist. Aufgrund des gestörten Verhältnisses, des zerstörten Vertrauens und der abgelieferten Leistung ist dies häufig nicht wünschenswert. Der Ausschuss empfiehlt ein System, das es gestattet, eigene Erfahrungen mit einem bestimmten Unternehmen einfließen zu lassen. Das System muss selbstverständlich Objektivität gewährleisten. Machbar ist dies durch die Verwendung eines offiziellen Bewertungsberichts früherer Aufträge und eine zeitliche Beschränkung des Ausschlusses.

Definition ausschreibungspflichtiger Aufträge

41.

fordert eindringlich, den Anwendungsbereich der neuen Richtlinie auf Beschaffungen des öffentlichen Auftraggebers selbst zu beschränken. Für diese Sichtweise gibt es Belege in der Rechtsprechung des EuGH, der zufolge für die Abgrenzung des Anwendungsbereichs der Richtlinie ein unmittelbarer wirtschaftlicher Nutzen für den Auftraggeber bestehen muss. Allgemeine Vereinbarungen z.B. über die Raumentwicklung und Finanzhilfen sollten nicht unter diese Definition fallen. Nur die Aufstellung von Anforderungen an z.B. eine Bauleistung bringt noch kein Entgelt und keine Ausschreibungspflicht mit sich. Öffentliche Auftraggeber sollten für die Erfüllung ihres öffentlichen Auftrags nämlich frei entscheiden können, welche Anforderungen sie aufnehmen wollen, um so eine Richtung vorzugeben. Der Ausschuss empfiehlt eine Klärung der Definition eines ausschreibungspflichtigen Auftrags mithilfe einer Kodifizierung der einschlägigen Rechtsprechung.

42.

Öffentliche Auftraggeber haben Schwierigkeiten mit der Definition öffentlicher Bauaufträge. Der Ausschuss vertritt die Auffassung, dass das Kriterium „die Erbringung einer Bauleistung (…), gleichgültig mit welchen Mitteln, gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernissen“ Fragen aufwirft. Der Ausschuss empfiehlt eine Anpassung und Vereinfachung dieser Definition.

Einrichtungen des öffentlichen Rechts

43.

fordert die Beachtung der Situation kleiner Einrichtungen des öffentlichen Rechts. Eine Ausschreibungspflicht bedeutet eine unverhältnismäßige Belastung für diese kleinen Einrichtungen des öffentlichen Rechts.

44.

Die Definition einer Einrichtung des öffentlichen Rechts muss überarbeitet werden. Für Unternehmen ist es schwierig nachzuprüfen, ob sie es mit einer Einrichtung des öffentlichen Rechts zu tun haben oder nicht. Die Definition enthält nämlich Kriterien in Bezug auf die Finanzierung und die Aufsicht, die von Dritten nicht kontrolliert werden können. Zudem hat der EuGH die Kriterien für Einrichtungen des öffentlichen Rechts präzisiert. Der Ausschuss empfiehlt der Kommission, eine neue Definition des Begriffs „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ aufzustellen.

Brüssel, den 11. Mai 2011

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


1.7.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 192/10


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: „EU-Entwicklungspolitik zur Förderung eines breitenwirksamen Wachstums und einer nachhaltigen Entwicklung — für eine EU-Entwicklungspolitik mit größerer Wirkung“

2011/C 192/03

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

teilt die Auffassung der Kommission, dass trotz der Fortschritte in bestimmten sozialen Bereichen noch ein langer Weg zurückgelegt werden muss, bis die Entwicklungsziele erreicht sind, die sich die Weltgemeinschaft vor etwas mehr als einem Jahrzehnt im Rahmen der Millenniumserklärung gesteckt hat;

hält es für erforderlich, den Faktoren im Zusammenhang mit den verfügbaren Mitteln zur Finanzierung der Entwicklung mehr Aufmerksamkeit zu schenken und dabei an den Verpflichtungen im Bereich der Hilfe festzuhalten, die Bereitstellung nationaler Mittel in den Entwicklungsländern zu fördern, ihre Steuersysteme zu stärken, der Korruption entgegenzuwirken sowie die Bekämpfung der Steuerhinterziehung, der Kapitalflucht und der illegalen Finanzströme und die Suche nach neuen Finanzierungsquellen zu unterstützen;

bedauert, dass die Europäische Kommission, obwohl sie die grundlegende Bedeutung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften (LRG) im Rahmen der Entwicklungshilfe und der Kooperationsprogramme anerkennt, im Grünbuch nicht berücksichtigt hat, dass den LRG im Hinblick auf eine effiziente und von der Gesellschaft mitgetragene EU-Kooperationspolitik eine immer wichtigere Rolle zukommt. Der AdR fordert, das Augenmerk stärker auf die Rolle der LRG bei der Förderung einer Entwicklung für die breite Bevölkerung, bei der Schaffung effizienter Regierungsinstitutionen in den Entwicklungsländern und der Einführung eines ökologisch nachhaltigen Energiemodells zu richten;

hofft, dass mit der Überprüfung der europäischen Entwicklungspolitik und dem europäischen Konsens dazu der Weg fortgesetzt wird, der bereits in der Mitteilung „Die Gebietskörperschaften als Akteure der Entwicklungszusammenarbeit“ eingeschlagen wurde: Darin wurden Stellung, Rolle und Mehrwert der Gebietskörperschaften in diesen Bereichen und Politiken herausgestellt. Vor diesem Hintergrund und um den Austausch zu fördern und den Gebietskörperschaften ein Forum für den politischen Meinungsaustausch auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit zu bieten, verpflichtet sich der AdR dazu, mit der Europäischen Kommission bei der Veranstaltung der Jahreskonferenz zur dezentralen Zusammenarbeit weiterhin eng zusammenzuarbeiten.

Berichterstatter

Jesús GAMALLO ALLER (ES/EVP), Generaldirektor für Außenbeziehungen und für Beziehungen zur Europäischen Union, Regierung der Autonomen Gemeinschaft Galicien

Referenzdokument

Grünbuch „EU-Entwicklungspolitik zur Förderung eines breitenwirksamen Wachstums und einer nachhaltigen Entwicklung — für eine EU-Entwicklungspolitik mit größerer Wirkung“

KOM(2010) 629 endg.

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Allgemeine Bemerkungen

1.

teilt die Auffassung der Kommission, dass trotz der Fortschritte in bestimmten sozialen Bereichen noch ein langer Weg zurückgelegt werden muss, bis die Entwicklungsziele erreicht sind, die sich die Weltgemeinschaft vor etwas mehr als einem Jahrzehnt im Rahmen der Millenniumserklärung gesteckt hat;

2.

stimmt mit der Kommission darin überein, dass es notwendig ist, die Wirksamkeit und den Mehrwert der EU-Entwicklungspolitik zu verbessern, um die Millenniumsentwicklungsziele zu verwirklichen, und ist der Ansicht, dass diese Aufgabe in Zeiten einer schweren Wirtschaftskrise, wie sie derzeit zahlreiche Geber erleben, umso dringlicher ist;

3.

bedauert, dass im Grünbuch nicht näher auf die Kriterien eingegangen wird, die notwendig sind, um den Zusatznutzen der Kooperationsmaßnahmen der EU zu ermitteln, dass der Notwendigkeit einer strengeren Folgenabschätzung der bisherigen Ergebnisse nicht stärker Rechnung getragen wird und dass keine Schritte vorgeschlagen werden, um die Paris-Agenda, das Aktionsprogramm von Accra und die Verpflichtungen, die sich aus dem Europäischen Konsens über die Entwicklungspolitik und dem Verhaltenskodex der EU ergeben, zu vertiefen;

4.

hält es für erforderlich, den Faktoren im Zusammenhang mit den verfügbaren Mitteln zur Finanzierung der Entwicklung mehr Aufmerksamkeit zu schenken und dabei an den Verpflichtungen im Bereich der Hilfe festzuhalten, die Bereitstellung nationaler Mittel in den Entwicklungsländern zu fördern, ihre Steuersysteme zu stärken, der Korruption entgegenzuwirken sowie die Bekämpfung der Steuerhinterziehung, der Kapitalflucht und der illegalen Finanzströme und die Suche nach neuen Finanzierungsquellen zu unterstützen;

5.

ist der Überzeugung, dass eine gut definierte und systematisch kontrollierte und evaluierte Hilfe in Wirklichkeit eine wertvolle Investition der Geber ist: eine Investition in Freiheit und Recht in dem Sinne, dass damit zur Schaffung von Gesellschaften beigetragen wird, in denen Gerechtigkeit und Menschenrechte stärker im Mittelpunkt stehen; eine Investition in Fortschritts- und Wohlstandsmöglichkeiten, da die Entwicklung in einer Welt der gegenseitigen Abhängigkeiten nicht nur den einen zugute kommt, sondern auch ein Quell der Stabilität und der Dynamik für die anderen ist; und eine Investition in Sicherheit, weil sie Spannungen mildert und die Weltordnungspolitik verbessert;

6.

unterstreicht, dass die internationale Hilfe nur ein Teil eines Bündels von Faktoren ist, die Entwicklungsprozesse in den ärmsten Ländern fördern können, weshalb die Kohärenz zwischen den derzeitigen Maßnahmen der Geberländer verbessert und die Rahmenregelungen für internationale Transaktionen und die Agrarsubventionen der reichen Länder so gestaltet werden müssen, dass sie zu einer möglichst gerechten Verteilung der Fortschrittschancen, die die Globalisierung bietet, beitragen. Der Ausschuss bedauert jedoch, dass diese Aspekte im Grünbuch nicht gebührend berücksichtigt werden, obwohl sie Gegenstand der Sitzungen der Staats- und Regierungschefs auf Ebene der Vereinten Nationen und der G-20 sind;

7.

bedauert, dass die Europäische Kommission, obwohl sie die grundlegende Bedeutung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften (LRG) im Rahmen der Entwicklungshilfe und der Kooperationsprogramme anerkennt, im Grünbuch nicht berücksichtigt hat, dass den LRG im Hinblick auf eine effiziente und von der Gesellschaft mitgetragene EU-Kooperationspolitik eine immer wichtigere Rolle zukommt. Der AdR fordert, das Augenmerk stärker auf die Rolle der LRG bei der Förderung einer Entwicklung für die breite Bevölkerung, bei der Schaffung effizienter Regierungsinstitutionen in den Entwicklungsländern und der Einführung eines ökologisch nachhaltigen Energiemodells zu richten;

8.

hofft, dass mit der Überprüfung der europäischen Entwicklungspolitik und dem europäischen Konsens dazu der Weg fortgesetzt wird, der bereits in der Mitteilung „Die Gebietskörperschaften als Akteure der Entwicklungszusammenarbeit“ eingeschlagen wurde: Darin wurden Stellung, Rolle und Mehrwert der Gebietskörperschaften in diesen Bereichen und Politiken herausgestellt. Vor diesem Hintergrund und um den Austausch zu fördern und den Gebietskörperschaften ein Forum für den politischen Meinungsaustausch auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit zu bieten, verpflichtet sich der AdR dazu, mit der Europäischen Kommission bei der Veranstaltung der Jahreskonferenz zur dezentralen Zusammenarbeit weiterhin eng zusammenzuarbeiten;

9.

erinnert an die Stellungnahme des Ausschusses der Regionen „Frühjahrspaket: Aktionsplan der EU zur Verwirklichung der Milleniumsentwicklungsziele“ (CdR 116/2010), in der angeregt wurde, „in Betracht zu ziehen, dass jede der 100 000 lokalen und regionalen Gebietskörperschaften unter Beachtung des nationalen Rechts den Beschluss fasst, von sich aus jährlich mindestens einen Euro pro Einwohner in die Entwicklungshilfe fließen zu lassen. Gebietskörperschaften, die nicht unmittelbar an Maßnahmen der dezentralen Entwicklungszusammenarbeit beteiligt sind, könnten ihren Beitrag in einen kommunalen Entwicklungshilfefonds einzahlen, wie das heute bereits in Spanien geschieht. Aktionen, die indirekt zur Entwicklung beitragen (zum Beispiel durch Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Armut in der Welt), könnten ebenfalls als entsprechende Beiträge gewertet werden“;

Verbesserung der Wirkung entwicklungspolitischer Maßnahmen

10.

teilt die Auffassung der Kommission, dass es zweckmäßig ist, die Hilfe „auf Bereiche mit klar erkennbarem Mehrwert“ auszurichten. Der Ausschuss weist aber darauf hin, dass weder Kriterien noch Indikatoren vorgegeben werden, mit denen eindeutig festgelegt werden kann, wie der Mehrwert der EU-Kooperationspolitik zu messen ist;

11.

stimmt der Empfehlung der Kommission zu, die Folgenabschätzungsverfahren für die EU-Entwicklungszusammenarbeit zu verstärken und zu verbessern, und weist darauf hin, dass es für die EU einen großen Spielraum gibt, solidere und innovativere Folgenabschätzungsverfahren einzuführen, z.B. durch Anwendung aleatorischer Techniken (randomized evaluation), die die EU bisher kaum erprobt hat. Diese Bemühungen sollten auch auf den Bereich der dezentralen Zusammenarbeit übertragen werden;

12.

teilt die Auffassung der Kommission, dass das Ziel „Wachstum für die menschliche Entwicklung“ aus mindestens zwei Gründen Vorrang erhalten sollte: Erstens, weil auf diese Weise die Schieflage korrigiert wird, die die Hilfe in den letzten Jahren geprägt hat, d.h. die Schwerpunktlegung auf die soziale Dimension der Entwicklung, die ohne integrativen wirtschaftlichen Fortschritt nur schwer aufrechtzuerhalten ist. Zweitens, weil die Krise derzeit die Fähigkeit der Wirtschaft zahlreicher Entwicklungsländer zur Erzeugung von Wachstum, zur Minderung von Armut und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beeinträchtigt;

13.

weist jedoch darauf hin, dass Wachstum und Entwicklung nicht gleichbedeutend sind und dass die Entwicklung über den Ausbau der Produktionskapazitäten hinaus eine Förderung der sozialen Errungenschaften und eine territoriale Verteilung des Wohnstands impliziert, und zwar durch eine nachhaltige, flächendeckende und auch für die ärmsten Bevölkerungsteile zugängliche lokale und regionale Entwicklung;

14.

weist darauf hin, dass das Zusammenspiel der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften als die für ein endogenes und nachhaltiges Wachstum maßgeblichen Akteure entscheidend ist, um diese gebietsbasierte Entwicklung zu verwirklichen;

15.

teilt die Auffassung der Kommission, dass die Stärkung der Institutionen der Partnerländer und die Verbesserung der Effizienz und Legitimität zu den zentralen Aufgaben jeder Entwicklungsstrategie gehören, da sie die Rahmenbedingungen für die Lenkung des Prozesses des wirtschaftlichen und sozialen Wandels verbessern;

16.

ersucht jedoch die Kommission um mehr Aufmerksamkeit für die negativen Auswirkungen der Abhängigkeit von Hilfe auf die Qualität der Institutionen und für die Aufgaben einer entschlossenen Korruptionsbekämpfung und einer Stärkung der Steuerkapazitäten der Entwicklungsländer, da dadurch nicht nur die Qualität und Legitimität ihrer Institutionen verbessert, sondern auch ihre Abhängigkeit von Hilfe verringert und ihre Fähigkeit zur Erschließung landeseigener Ressourcen gestärkt werden;

17.

unterstreicht darüber hinaus, dass für das Ziel stärker legitimierter und effizienterer Institutionen die Dezentralisierungsprozesse eine entscheidende Rolle spielen, da sie Regierende und Bürger einander näherbringen und demokratische Werte in der Gesellschaft verankern. Bei diesen Prozessen sollten die Gebietskörperschaften eine zentrale Aufgabe übernehmen - ein Aspekt, der im Grünbuch jedoch unberücksichtigt bleibt;

18.

stimmt mit der Kommission darin überein, dass die Erreichung eines gewissen Sicherheitsniveaus eine Voraussetzung für die Entwicklung ist. Deshalb müssen die Geber das Verhältnis zwischen den Sicherheits- und Entwicklungsbelangen, die miteinander verknüpft sind, überprüfen und die Stärkung der Institutionen, die Förderung der Menschenrechte und den sozialen Zusammenhalt in Ländern mit schwachem Staatsgebilde durch die Einführung von Frühwarnsystemen und präventiver Diplomatie auf den Weg bringen. Der Ausschuss fordert die Kommission jedoch auf, die Verteilung der diesbezüglichen Zuständigkeiten zwischen den EU-Dienststellen für Zusammenarbeit einerseits und für auswärtiges Handeln andererseits besser zu klären;

19.

teilt die Auffassung der Kommission, dass zur Verbesserung der Wirksamkeit der Hilfe eine „viel systematischere und wirksamere“ Koordinierung zwischen den europäischen Gebern erforderlich ist, und befürwortet ebenfalls, dass die Kommission dem Rat im Jahr 2011 einen Vorschlag unterbreitet, um die Programmzyklen der Länder zu synchronisieren. Der Ausschuss weist ferner darauf hin, dass die Verbesserung der Koordinierung der Hilfe einer der in der Paris-Agenda festgeschriebenen Grundsätze zur Stärkung der Effizienz der Hilfe, ein Element des Europäischen Konsenses über die Entwicklungspolitik und eines der normativen Prinzipien der Verträge der EU (Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Vertrag von Maastricht über die Europäische Union und Vertrag von Lissabon) ist;

20.

bedauert gleichwohl, dass im Grünbuch ein anderer Aspekt, der die Koordinierung ergänzt und enorme Potenziale bietet, ungenannt bleibt, nämlich die Notwendigkeit von Fortschritten bei der Arbeitsteilung zwischen den europäischen Gebern. Dabei sollte es nicht nur um die Arbeitsteilung der nationalen Geber untereinander, sondern auch zwischen ihnen und den betreffenden subnationalen (regionalen und lokalen) Gebern gehen, da diese in verschiedenen Kooperationssystemen der EU eine Rolle spielen. Der Ausschuss fordert deshalb die Kommission auf, Anlaufstellen für die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften im Europäischen Auswärtigen Dienst und in der Generaldirektion Entwicklungszusammenarbeit (DEVCO) sowohl in der EU als auch in den Partnerländern zu schaffen. Darüber hinaus hält der Ausschuss die Schaffung einer spezifischen Haushaltslinie für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der EU für unabdingbar;

21.

ist der Auffassung, dass im Grünbuch - im Interesse einer angemessenen Arbeitsteilung - die Aufnahme eines Konzepts, das nicht nur auf Zielen, sondern auch auf Akteuren und der Aufgabenverteilung zwischen diesen Akteuren beruht, in die EU-Entwicklungshilfepolitik befürwortet werden sollte. Bei diesem Konzept sollte der Beitrag der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften zur Bereicherung und Wirksamkeit der Kooperationspolitik besonders herausgestellt werden;

22.

weist darauf hin, dass die Hilfe nur eine der Komponenten der öffentlichen Politik der Geber ist, die Auswirkungen auf die Entwicklungsmöglichkeiten der Partnerländer haben. Deshalb besteht ein zentrales Ziel der EU-Entwicklungspolitik in einer stärkeren Verzahnung der öffentlichen Politikbereiche. Dies ist ebenfalls ein seit langem verankertes Prinzip der EU (Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Vertrag von Maastricht über die Europäische Union und Vertrag von Lissabon). Die jährlichen Evaluierungsberichte der Kommission über die Fortschritte der Mitgliedstaaten (und der Kommission selbst) bei grundlegenden sektorspezifischen Aspekten im Bereich der Politikkohärenz sind ein wertvolles Instrument zur Förderung des Fortschritts und der Übernahme von Verantwortung in diesem Bereich. Der AdR weist in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung weiterer Reformen der Gemeinsamen Agrarpolitik hin, um sicherzustellen, dass sie den Zielen der EU in der Entwicklungspolitik nicht zuwiderläuft;

23.

möchte hervorheben, dass die bestehenden Beziehungen zwischen den lokalen Gebietskörperschaften Europas und ihren Partnern in den Empfängerländern die Möglichkeit bieten, die Anwendung des Prinzips der Eigenverantwortung konkret voranzubringen, das im Mittelpunkt der Pariser Erklärung steht und keine ausschließlich zwischenstaatliche Angelegenheit sein darf;

24.

betont, dass die Grundregeln der Handelsabkommen der EU eingehalten werden müssen, d.h. die Herkunftsvorschriften für Produkte aus Partnerländern sollten nicht ausgenommen werden, auch wenn dies Teil der Assoziierungsabkommen sein kann. Dann müssen die potenziellen Beeinträchtigungen des ordnungsgemäßen Funktionierens des Binnenmarkts infolge des Abweichens von diesen Bestimmungen gegen die möglichen Vorteile der Förderung einer ausschließlich lokalen Produktion für die nachhaltige Entwicklung dieser Länder abgewogen werden;

25.

teilt die Auffassung der Kommission, dass Budgethilfe kein Allheilmittel ist und sie deshalb erst nach einer strengen Prüfung der Bedingungen des jeweiligen Lands angewandt werden darf. Der Ausschuss weist aber darauf hin, dass die Budgethilfe eine Möglichkeit zur Strukturierung der Hilfe ist, die die Koordinierung der Geber und die Eigenverantwortung der Partnerländer fördert. Es handelt sich hier um zwei Ziele, die für den Rückgriff auf diese Formel sprechen, sofern die entsprechenden Bedingungen erfüllt sind;

26.

bekräftigt sein Interesse an einer stärkeren Kooperation mit der Europäischen Kommission im Bereich der Politik der dezentralen Entwicklungszusammenarbeit. Der Ausschuss unterstreicht zudem, dass die Anstrengungen fortgesetzt werden müssen, damit die Mitgliedstaaten und alle lokalen und regionalen Gebietskörperschaften vom Atlas der dezentralen Zusammenarbeit Gebrauch machen, in dem die von den Gebietskörperschaften der EU finanzierten einschlägigen Tätigkeiten aufgeführt sind. Er betont ferner, dass das Internetportal der dezentralen Entwicklungszusammenarbeit hilft, Partner in diesem Bereich zu finden, die Wirksamkeit der Hilfe zu verbessern und Doppelarbeit zu vermeiden;

27.

ist der Auffassung, dass die EU über den wirtschaftlichen Beitrag der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften hinaus dem wichtigen Zusatznutzen der Regionen und anderen Gebietskörperschaften auf bestimmten Fachgebieten in stärkerem Maße Rechnung tragen muss. Mit ihren Erfahrungen und Kenntnissen in Bereichen, die auf die Erfordernisse der Partnerländer zugeschnittene Lösungen liefern können, bieten diese Gebietskörperschaften einen Mehrwert für die Zusammenarbeit etwa in folgenden Bereichen: Stärkung der Verwaltungskapazitäten, Raumordnung, Bildung, Katastrophenschutz, Sicherung der Nahrungsmittelversorgung durch Landwirtschaft und Fischerei, erneuerbare Energieträger, Wasser, Umwelt, Meereswissenschaften und entwicklungsbezogene FuE. Dies gilt insbesondere für die Regionen in äußerster Randlage, die aktive Grenzgebiete und Plattformen der EU in der Welt sind und die zur Wirksamkeit der europäischen Entwicklungspolitik beitragen können;

Eine Politik als Katalysator für ein breitenwirksames und nachhaltiges Wachstum

28.

teilt die Ansicht, dass die Förderung eines breitenwirksamen und nachhaltigen Wachstums in den Partnerländern eines der Hauptziele der Hilfe sein sollte. Der Ausschuss bedauert jedoch, dass im Grünbuch nicht auf die Faktoren hingewiesen wird, die für die Verwirklichung dieses Ziels von zentraler Bedeutung sind. Der erste Faktor bezieht sich auf die Notwendigkeit, eine adäquate Umverteilung der Früchte des Fortschritts zu fördern, indem die Einkommensverteilung stärker nach den Gerechtigkeitsparametern erfolgt, die aus gesellschaftlicher Sicht wünschenswert sind. Ein gewisses Gerechtigkeitsniveau ist erforderlich, um Stabilität zu garantieren, die Institutionen zu festigen und das Wachstum für die breite Bevölkerung zu fördern. Der zweite Faktor betrifft die Notwendigkeit der Stärkung der Steuerkapazitäten der Länder sowie der Bekämpfung von Betrug, Kapitalflucht und illegalen Finanzströmen, die zum Abfließen der knappen landeseigenen Mittel der Entwicklungsländer und damit zur Einschränkung ihrer Fortschrittsmöglichkeiten führen;

29.

macht jedoch darauf aufmerksam, dass Entwicklung etwas anderes ist als Wachstum: Sie beinhaltet die Verbreitung der sozialen Errungenschaften, die Festigung der Institutionen und den Wandel von Gesellschaft und Wirtschaft in diesen Ländern. Das Ziel sollte mithin sein, ein breitenwirksames und nachhaltiges Wachstum zu fördern, das einen gebietsbasierten Entwicklungsprozess in Gang bringt;

30.

unterstreicht die Bedeutung der Gleichberechtigung zur Erzielung eines nachhaltigen Wachstums in den Partnerländern. Abgesehen davon, dass es hier um eine grundlegende Menschenrechtsfrage geht, sind Reformen, die Mädchen und Frauen helfen, ihr Potenzial in der Gesellschaft zu entfalten – ohne dass sie diskriminiert oder ihnen Gewalt angedroht wird – der wirkungsvollste Weg für unsere Partnerländer, ihre Volkswirtschaften zu entwickeln;

31.

ist der Auffassung, dass der Aufbau solider und legitimer Institutionen voraussetzt, dass der Verteilung der Früchte des Wachstums, der Chancen und der Mitsprache innerhalb der Länder mehr Beachtung geschenkt wird und gleichzeitig die Dezentralisierungsprozesse zur Annäherung der Institutionen an die Bürger vorangetrieben werden. Deshalb muss die Verwaltungskapazität der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der Partnerländer nach dem Vorbild von Programmen wie TAIEX oder ERASMUS ausgebaut werden, was zu einer besseren Nutzung der Mittel für Zusammenarbeit beitragen würde. Außerdem ersucht der Ausschuss die Kommission um die Einführung von Programmen für sektorbezogene Budgethilfen, die den Gebietskörperschaften der Entwicklungsländer einen leichteren Zugang zu den Ressourcen verschaffen;

32.

stellt fest, dass einer der für die Entwicklung grundlegenden Aspekte eine gute Bildungspolitik ist, und fordert die EU auf, die Förderung der Bildung in den betreffenden Ländern als eine Säule ihrer Politik der Entwicklungszusammenarbeit zu verankern;

33.

weist darauf hin, dass zur Verwirklichung dieses Ziels die Dezentralisierungsprozesse der Partnerländer, da wo angezeigt, gefördert und unterstützt werden müssen, wobei das Subsidiaritätsprinzip bei der Aufteilung der Zuständigkeiten zu bekräftigen ist. Die Dezentralisierung ist ein angemessener Weg, um Staaten zu demokratisieren und sie in der sozialen Wirklichkeit stärker zu verankern, und eine Voraussetzung für eine Entwicklung, die das gesamte Territorium und alle Teile der Gesellschaft erreicht;

Nachhaltiges Wachstum

34.

stimmt der im Grünbuch vertretenen Auffassung zu, dass in jeder zielführenden Entwicklungsstrategie den Aspekten der Bekämpfung des Klimawandels und des Schutzes der Artenvielfalt Rechnung zu tragen ist. Gleichzeitig weist der Ausschuss darauf hin, dass der Klimawandel und die übrigen Umweltherausforderungen eine Fortschrittschance für einige Entwicklungsländer bedeuten, falls sich diese die natürlichen und ökologischen Ressourcen, über die sie verfügen, zunutze machen. Die Verpflichtung, die die EU in Kopenhagen eingegangen ist und in Cancún bekräftigt hat, unterstreicht die Bedeutung, die dieser Dimension der Entwicklungsprozesse beigemessen wird, wie auch die Notwendigkeit, die Maßnahmen der Partnerländer zur Anpassung an den Klimawandel und zur Abmilderung seiner Folgen zu unterstützen;

35.

bedauert, dass das Grünbuch in dieser Hinsicht kein umfassenderes Bild von der Rolle bietet, die den subnationalen (regionalen und lokalen) Behörden bei der Mitgestaltung einer soliden Umweltstrategie zukommt. Diese Körperschaften sind für die Einführung nachhaltiger Strategien für die Wasser- und Abfallwirtschaft, die Energieversorgung und den Schutz empfindlicher Ökosysteme maßgeblich;

36.

teilt die Auffassung, dass das nationale Energiemodell ein Schlüsselelement jeder Strategie der ökologisch nachhaltigen Entwicklung ist. Mithin ist es notwendig, den verstärkten Einsatz erneuerbarer Energieträger zu fördern. Der Ausschuss weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die einschlägigen Erfahrungen der EU für Entwicklungsländer nützlich sein können; gleichzeitig eignen sich einige Entwicklungsländer aufgrund ihrer spezifischen Bedingungen für den Ausbau derartiger Energieträger;

37.

schlägt einen internationalen Pakt der Bürgermeister und Regionen zur Sicherung der Energieversorgung aller Bürger im Rahmen der gemeinsamen Programme einschließlich eines angemessenen und spezifischen Finanzinstruments dafür vor;

38.

fordert nachdrücklich, das Ziel der Umstellung des Energiemodells (zugunsten der erneuerbaren Energiequellen) durch ein anderes zu ergänzen, das darauf abzielt, die Energieinfrastruktur im Land und die Energieversorgung für die schwächsten Bevölkerungsgruppen zu angemessenen Bedingungen zu verbessern;

Landwirtschaft und Ernährungssicherheit

39.

stimmt mit der Kommission darin überein, dass die ländliche Entwicklung und die Lebensmittelsicherheit insofern wesentliche Elemente des Entwicklungsprozesses sind, als sie einen Sektor betreffen, der im Mittelpunkt der Prozesse des Wachstums und der wirtschaftlichen Umgestaltung der ärmsten Ländern steht – mit maßgeblichen Folgen für die Ausübung des Grundrechts auf angemessene Ernährung, das mit anderen Rechten der Menschen (u.a. auf Gesundheit, Bildung und Arbeit) zusammenhängt und den Grad der Unabhängigkeit der Länder auf internationaler Ebene beeinflusst;

40.

merkt an, dass die derzeitige Krise mit einem abnormen Anstieg der Preise für Rohstoffe (einschließlich für Nahrungsmittel) einhergegangen ist, was sehr große Auswirkungen auf die Versorgung in den ärmsten Ländern - insbesondere in Subsahara-Afrika - hat, von denen viele Nettoimporteure von Lebensmitteln sind. Der Ausschuss unterstreicht auch, dass es in der Folge zu Rückschritten bei bereits wichtigen sozialen Errungenschaften kommen kann;

41.

ist der Ansicht, dass diese Situation aus vier Faktoren resultiert: 1. der verstärkten Nachfrage großer Länder mit starkem Wachstum, die derartige Produkte auf dem Weltmarkt massiv kaufen; 2. der unzureichenden Beteiligung der reichen Länder und der öffentlichen Hand in den Entwicklungsländern an den notwendigen Investitionen in die ländliche Entwicklung in den letzten Jahren; 3. den Geschäften von Spekulanten, die in diesen Produkten eine lukrative Möglichkeit sehen, um ihr Kapital rentabel anzulegen; und 4. den Folgen von Umweltschäden für die Produktivität von Boden und Landwirtschaft;

42.

fordert, im Rahmen der EU-Kooperationspolitik frühere Fehler nicht zu wiederholen und der ländlichen Entwicklung und der Ernährungssicherheit der Partnerländer bei der Festlegung der EU-Strategie für internationale Hilfe höhere Priorität einzuräumen. Der Ausschuss weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die EU über langjährige Erfahrungen im Bereich der ländlichen Entwicklung, der Agrarpolitik und der Förderung der Ernährungssicherheit verfügt, die in den Dienst der Entwicklungsländer gestellt werden können;

43.

fordert, auch in diesem Zusammenhang den Kapazitäten und Erfahrungen der Regionen Rechnung zu tragen. Die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften verfügen in folgenden Bereichen über einschlägige Erfahrungen: Konzipierung der Basisinfrastruktur für die Verteilung von Lebensmitteln, Untersuchung der Fruchtbarkeit des Bodens und Anpassung des Anbaus an die jeweiligen Umweltbedingungen, Umgang mit empfindlichen lokalen Ökosystemen und Planung zwecks Sicherung der Versorgung der Bevölkerung. Mithin ist es wichtig, dass sich die Gebietskörperschaften in gebührendem Maße in die Entwicklungspolitik der EU einbringen.

Brüssel, den 11. Mai 2011

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


1.7.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 192/15


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: „Auf dem Weg zu einer verstärkten europäischen Katastrophenabwehr“

2011/C 192/04

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

unterstreicht die Bedeutung der lokalen und regionalen Ebene im Bereich des Katastrophenschutzes. Lokale und regionale Gebietskörperschaften stehen bei der Bekämpfung von Naturkatastrophen und von Menschen verursachten Katastrophen oftmals an vorderster Front und müssen daher in die Entwicklungen auf diesem Gebiet zwingend einbezogen werden, gerade auch vor dem Hintergrund, dass gesetzgeberische Kompetenzen in zahlreichen Mitgliedstaaten lokal bzw. regional ausgestaltet sind;

unterstreicht, wie wichtig das Engagement der EU zur Unterstützung der von den Mitgliedstaaten getroffenen Maßnahmen ist. Gerade die Schäden aus vorangegangenen naturbedingten und durch von Menschen verursachten Katastrophen zeigen, dass es zum Teil noch Optimierungsbedarf in den Mitgliedstaaten gibt; auch im Bereich der weiteren Intensivierung der länder- und regionalübergreifenden Zusammenarbeit besteht noch Raum für eine Weiterentwicklung. Hier kann die EU, vor allem durch eine Verbesserung der Koordinierung, einen wertvollen Beitrag für eine noch effektivere und effizientere Zusammenarbeit leisten;

erinnert jedoch auch daran, dass der Katastrophenschutz eine originäre Aufgabe der Mitgliedstaaten sowie deren regionaler und lokaler Ebenen ist, deren Kompetenzen nicht verletzt werden dürfen;

hebt hervor, dass der AEUV im Bereich der Katastrophenabwehr eine unterstützende, koordinierende und ergänzende Aufgabe vorsieht. Daher kommt den Beobachtungszentren (MIC) im Rahmen des Verfahrens der Zusammenarbeit für den Katastrophenschutz eine koordinierende Aufgabe zu, wohingegen die EU weder über die Zuständigkeit zur Schaffung eigener Einheiten noch über ein Weisungsrecht über von den Mitgliedstaaten bereitgestellte Einheiten und sonstige Ressourcen verfügt. Sämtliche Planungen und Maßnahmen müssen daher angepasst und im Einklang mit den Auflagen umgesetzt werden, die die Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips durch die EU-Mitgliedstaaten ermöglichen;

bekennt sich zu den Grundsätzen Solidarität, Zusammenarbeit, Abstimmung und Unterstützung zwischen den Mitgliedstaaten, Regionen und lokalen Gebietskörperschaften der EU im Bereich des Katastrophenschutzes und stimmt der Auffassung der Kommission zu, dass es noch mehr Kohärenz, Effizienz und Sichtbarkeit bedarf, um das Ziel einer stärker integrierten EU-Katastrophenabwehrkapazität zu erreichen.

Berichterstatter

Norbert KARTMANN (DE/EVP), Mitglied des Hessischen Landtages

Referenzdokument

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat: „Auf dem Weg zu einer verstärkten Katastrophenabwehr: die Rolle von Katastrophenschutz und humanitärer Hilfe“

KOM(2010) 600 endg.

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Allgemeine Bemerkungen

1.

begrüßt die Absicht der Kommission, die Kohärenz der Politik für die Katastrophenabwehr zu verbessern und ein ausgewogenes gemeinschaftliches Gesamtkonzept der EU im Bereich des Zivilschutzes zu erarbeiten, wie es der AdR bereits zuvor gefordert hat (1);

2.

unterstreicht die Bedeutung der lokalen und regionalen Ebene im Bereich des Katastrophenschutzes. Lokale und regionale Gebietskörperschaften stehen bei der Bekämpfung von Naturkatastrophen und von Menschen verursachten Katastrophen oftmals an vorderster Front und müssen daher in die Entwicklungen auf diesem Gebiet zwingend einbezogen werden, gerade auch vor dem Hintergrund, dass gesetzgeberische Kompetenzen in zahlreichen Mitgliedstaaten lokal bzw. regional ausgestaltet sind;

3.

bekräftigt insbesondere vor dem Hintergrund der Katastrophe in Japan die Bedeutung eines effektiven Hilfssystems mit kurzen Reaktionszeiten zum Schutz der Bevölkerung, das so nur auf regionaler und lokaler Ebene gewährleistet werden kann; unterstreicht die in der Entschließung des Ausschusses der Regionen „Die Folgen der Naturkatastrophen in Japan und die Auswirkungen der Atomkatastrophe: Lehren für die Europäische Union“ (CdR 123/2011) enthaltene Forderung, eine Debatte über zentrale Fragen der Sicherheit vor dem Hintergrund der Erkenntnisse aus Japan zu führen und dabei auch die neuesten Forschungsergebnisse hierzu zu berücksichtigen; fordert die Mitgliedstaaten und die Regionen auf, ihre bestehende Planung zum Katastrophenschutz aufgrund dieser Erkenntnisse zu überprüfen und gegebenenfalls zu überarbeiten;

4.

begrüßt die Klarstellung der Kommission, dass die Verstärkung der europäischen Katastrophenabwehrkapazitäten auf der Basis der von den Mitgliedstaaten bereitgestellten Einheiten und Kräfte erfolgen soll. Der AdR befürwortet die Strategie der Kommission, aufbauend auf diesen bestehenden Strukturen, Ressourcen noch wirksamer zu bündeln und deren Einsatz zu koordinieren, ohne hierbei zusätzlichen Verwaltungsaufwand zu erzeugen. Durch eine bessere Koordinierung können noch wirksamere Ergebnisse für die von Katastrophen betroffenen Menschen erzielt werden;

5.

bekennt sich bei Aktivitäten im Bereich des Katastrophenschutzes zu den Grundsätzen von Solidarität, Subsidiarität und Prävention;

6.

unterstreicht, wie wichtig das Engagement der EU zur Unterstützung der von den Mitgliedstaaten getroffenen Maßnahmen ist. Gerade die Schäden aus vorangegangenen naturbedingten und durch von Menschen verursachten Katastrophen zeigen, dass es zum Teil noch Optimierungsbedarf in den Mitgliedstaaten gibt; auch im Bereich der weiteren Intensivierung der länder- und regionalübergreifenden Zusammenarbeit besteht noch Raum für eine Weiterentwicklung. Hier kann die EU, vor allem durch eine Verbesserung der Koordinierung, einen wertvollen Beitrag für eine noch effektivere und effizientere Zusammenarbeit leisten;

7.

betont die Bedeutung der Thematik vor dem Hintergrund des Klimawandels; Häufigkeit und Schwere von Naturkatastrophen sind bedrohlich; insbesondere stellen Hochwasser, Dürren und Waldbrände sowie Schäden durch Kälte und Schnee eine zunehmende Gefahr dar;

8.

unterstreicht ebenfalls die Bedeutung dieser Frage im Zusammenhang mit anderen Naturkatastrophen, wie Vulkanausbrüchen und Erdbeben, von denen Südeuropa und die Türkei, ja sogar Mitteleuropa, Statistiken zufolge in unregelmäßigen Abständen heimgesucht werden;

9.

weist darauf hin, dass mit dem Vertrag von Lissabon eine Solidaritätsklausel (Artikel 222 AEUV) eingeführt wurde, aufgrund derer die EU und ihre Mitgliedstaaten dazu angehalten sind, einander im Falle einer Naturkatastrophe oder einer vom Menschen verursachten Katastrophe innerhalb der EU zu unterstützen. Weiterhin begrüßt der Ausschuss der Regionen die Stärkung der koordinierenden Aufgabe der EU entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip sowie die Förderung der Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten auf diesem Gebiet und die gegenseitige Katastrophenhilfe der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe f) i.V.m. Artikel 2 Absatz 5 AEUV und Artikel 196 AEUV;

Defizite evaluieren

10.

erklärt, dass der Ausgangspunkt für weitere Aktivitäten zur Verstärkung der Katastrophenabwehr und Krisenreaktionsfähigkeit eine strukturierte Analyse der Ausgangslage und etwaiger Defizite sein muss, um hier passgenaue Lösungsmöglichkeiten entwickeln zu können;

11.

hebt hervor, dass dabei die Ermittlung und Inventarisierung der verfügbaren Ressourcen in den Mitgliedstaaten ein wichtiger Punkt ist. In einem weiteren Schritt sollte - neben Maßnahmen zur Verbesserung der Koordinierung und Verfügbarkeit - auf der Basis der ermittelten Ressourcen geprüft werden, welche Defizite bestehen und wo ein konkreter Unterstützungsbedarf der Mitgliedstaaten bei der Optimierung ihrer Vorhaltungen durch die EU besteht. Umsetzungsmaßnahmen sollten nur auf der Basis fundierter Evaluierungsergebnisse erfolgen;

Module einer europäischen Katastrophenabwehr

12.

fördert die Bestrebung der Kommission, über das derzeitige Konzept der „Ad-hoc“-Hilfe der Mitgliedstaaten hinaus Systeme der Vorausplanung zu entwickeln;

13.

teilt die Auffassung der Kommission, dass die Entwicklung von Referenzszenarien, die Ermittlung und Inventarisierung vorhandener nationaler Ressourcen auf Basis dieser Szenarien sowie die intensivierte Durchführung von Übungen sinnvolle Maßnahmen darstellen, um die bestehenden Ressourcen noch effektiver und effizienter zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger einsetzen und überprüfen bzw. rechtzeitig ergänzen zu können. Dabei können auch entsprechende Notfallpläne ein wertvolles Instrument darstellen;

14.

erkennt die Bemühung der Kommission an, die Katastrophenabwehrkapazitäten weiter zu verbessern. Dies sollte durch eine Weiterentwicklung des im Grundsatz bewährten Gemeinschaftsverfahrens erfolgen;

Grundsätze des Katastrophenschutzes: Solidarität, Subsidiarität und Prävention

15.

bekennt sich ausdrücklich zum Grundsatz der Solidarität und der gegenseitigen Hilfe in Katastrophenlagen, wie sie in einer Vielzahl von staatenübergreifenden und bilateralen Vereinbarungen und tatsächlichen Hilfeleistungen zwischen den Regionen zum Ausdruck gekommen ist. Die vielfältige Zusammenarbeit zwischen den Regionen über Staatsgrenzen hinweg zeigt, dass es gerade auch die Regionen sind, die einen wesentlichen Beitrag zu einer raschen Katastrophenhilfe leisten. Diese erfolgreiche Zusammenarbeit beinhaltet auch das gemeinsame Ziel einer Erstellung von Risikokarten und die Bewertung potenzieller Gefahren. Die Regionen haben hier eine Schlüsselrolle, da sie im Falle von Naturkatastrophen besonders betroffen sind, und dementsprechend haben sie Katastrophenschutzdienste entwickelt und Erfahrungen gesammelt, die an angrenzende Drittstaaten weitergegeben werden können; speziell Regionen in äußerster Randlage haben wertvolle Erfahrungen gesammelt, die sich auf umliegende Regionen übertragen lassen;

16.

betont die Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten in diesem Bereich und die Regelung EU-rechtlicher Kompetenzen nach Art. 196 AEUV, wie dies jüngst auch der Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ in seinen Schlussanträgen vom 14. Dezember 2010 herausgestellt hat (2);

17.

bekräftigt, dass auch diejenigen Mitgliedstaaten und Regionen unterstützt werden sollten, die immer wieder von Naturkatastrophen heimgesucht werden, damit diese noch besser dazu befähigt werden, auf Katastrophenlagen schnell und wirksam reagieren zu können;

18.

ist der Auffassung, dass die Unterstützung des Abbaus etwaiger Defizite in einzelnen Bereichen durch die EU vor allem dadurch erfolgen sollte, dass der Aufbau und der Ausbau der Katastrophenabwehrkapazitäten in und von den Mitgliedstaaten selbst im Einklang mit den anerkannten Normen und Auflagen der EU vorangetrieben werden kann;

19.

hebt hervor, dass der AEUV im Bereich der Katastrophenabwehr eine unterstützende, koordinierende und ergänzende Aufgabe vorsieht. Daher kommt den Beobachtungszentren (MIC) im Rahmen des Verfahrens der Zusammenarbeit für den Katastrophenschutz eine koordinierende Aufgabe zu, wohingegen die EU weder über die Zuständigkeit zur Schaffung eigener Einheiten noch über ein Weisungsrecht über von den Mitgliedstaaten bereitgestellte Einheiten und sonstige Ressourcen verfügt. Sämtliche Planungen und Maßnahmen müssen daher angepasst und im Einklang mit den Auflagen umgesetzt werden, die die Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips durch die EU-Mitgliedstaaten ermöglichen;

20.

stellt fest, dass den Einheiten und Einrichtungen auf regionaler und lokaler Ebene in den Mitgliedstaaten eine zentrale Rolle in der Katastrophenschutz-Architektur zukommt. Eine wirksame und schnelle Katastrophenabwehr wird am sinnvollsten von den nationalen, regionalen und lokalen Kräften geleistet. Nur durch ein flächendeckendes Netz entsprechender Vorsorgemaßnahmen können Katastrophen schnell und wirksam bekämpft und deren Auswirkungen bestmöglich eingedämmt werden. Gerade die Erfahrungen mit der Bewältigung aktueller Katastrophen (Waldbrände und Hochwasserlagen) zeigen, wie wichtig eine schnelle und stringente Reaktion für eine erfolgreiche Katastrophenabwehr ist;

21.

hält darüber hinaus auch weiterhin eine intensive Zusammenarbeit der Regionen und Gebiete, die einer gemeinsamen Bedrohung ausgesetzt sind, für unerlässlich. Die Regionen als die vor Ort zuständigen und verantwortlichen Stellen für einen effektiven und effizienten Katastrophenschutz betonen in diesem Zusammenhang erneut ihr besonderes, länderübergreifendes Solidaritätsbekenntnis. Derzeit existieren bereits eine Reihe von grenzüberschreitenden Vereinbarungen und Hilfsabkommen, mit denen sich die Regionen zum gegenseitigen Beistand verpflichtet haben und die die Grundlage für eine erfolgreiche Zusammenarbeit bilden. Die Regionen haben bereits in einer Vielzahl von Fällen bewiesen, dass sie in der Lage sind, diese Vereinbarungen mit Leben zu füllen. Die Notwendigkeit der Erstellung einer Risikokarte und eine Bewertung potenzieller Gefahren können sich in der Praxis als äußerst wertvoll erweisen;

22.

erklärt, dass ein flächendeckend wirksamer Katastrophenschutz vor Ort vor allem auch mit Hilfe von freiwilligen Helferinnen und Helfern erzielt werden kann. Eine Stärkung der ehrenamtlichen Strukturen stellt daher einen wirkungsvollen Beitrag zur Verbesserung der regionalen Katastrophenabwehrkapazitäten dar. Der AdR fordert die Kommission auf, künftig verstärkt den Aufbau und den Ausbau ehrenamtlicher Strukturen im Katastrophenschutz in den Regionen zu unterstützen, in denen dies gewünscht ist. Gerade das Europäische Jahr der Freiwilligentätigkeit sollte dazu genutzt werden, die Mitgliedstaaten in ihren Bestrebungen zu unterstützen, entsprechende Strukturen aufzubauen;

23.

erkennt an, dass insbesondere vor dem Hintergrund der durch den Klimawandel zunehmenden Gefahren von Naturkatastrophen das Thema Prävention eine herausragende Bedeutung erlangt. Die EU sollte daher ihre diesbezüglichen Aktivitäten verstärken und insbesondere die Regionen dabei unterstützen, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um Katastrophen überhaupt nicht erst entstehen zu lassen bzw. ihre Auswirkungen so gering wie möglich zu halten. Gerade die Erfahrungen mit Waldbrandkatastrophen in den südeuropäischen Staaten haben gezeigt, welchen Erfolg präventive Maßnahmen haben können und welche Bedeutung ihnen zukommt;

Grundsätze humanitärer Hilfsmaßnahmen

24.

spricht sich auf der Grundlage organisatorischer und rechtlicher Vereinbarungen zwischen den Regionen (Parteien) für die Nutzung von Synergieeffekten aus, die durch die beabsichtigte Stärkung des Beobachtungs- und Informationszentrums (MIC) als Einrichtung zur Koordinierung von Einsätzen im Katastrophenschutz sowie im Bereich der humanitären Hilfe entstehen. Es muss jedoch darauf geachtet werden, dass die rechtlichen und strukturellen Unterschiede der beiden Bereiche gewahrt bleiben;

25.

unterstützt die Bestrebung, Maßnahmen der humanitären Hilfe stärker mit internationalen staatlichen und nichtstaatlichen Hilfsorganisationen abzustimmen. Durch eine intensivere Zusammenarbeit sowie die Möglichkeit der Nutzung elektronischer Datenbanken der einzelnen Parteien (Regionen) sollte der Aufbau von Doppelstrukturen vermieden werden. Dies gilt insbesondere für die Einrichtung von EU-eigenen Hilfsgüterdepots. Gerade im Bereich der Sachhilfe sollten darüber hinaus auch Synergien zwischen den Hilfeleistungen der Mitgliedstaaten und der von der EU finanzierten humanitären Hilfe gesucht werden. Dabei sollte versucht werden, sich mit den übrigen Akteuren, insbesondere mit den Regionen, zu koordinieren, um so die Wirksamkeit der entsprechenden Hilfe zu erhöhen;

26.

weist darauf hin, dass die geostrategische Lage einiger Regionen, wie der Regionen in äußerster Randlage, diese zu privilegierten europäischen Akteuren im Bereich der humanitären Nothilfe außerhalb der EU macht, wie kürzliche Interventionen, z.B. in Haiti, zeigen;

27.

sieht eine zentrale Aufgabe darin, die Leistungen in den Bereichen Katastrophenabwehr und humanitäre Hilfe künftig besser sichtbar zu machen. Dies dient nicht nur der Information der Unionsbürger über die Reaktion der EU auf Katastrophen und der politischen Stärkung der Gemeinschaft als verantwortungsvollen und verlässlichen internationalen Partner, sondern ist auch geeignet, den vielen Helferinnen und Helfern, die diese Einsätze überhaupt erst ermöglichen, eine zusätzliche Motivation für ihr Engagement zu geben. Die Entwicklung einer gemeinsamen Kommunikationsstrategie, die EDV- und internetgestützt ist (Datenbank der verfügbaren Kräfte und Mittel), ist dabei ein wichtiges Element zur Verbesserung der Sichtbarkeit. Diese Kommunikationsstrategie sollte auch eine angemessene Darstellung der Leistungsfähigkeit bestehender Mechanismen und Hilfsstrukturen beinhalten;

28.

verweist auf die Erfahrungen aus den aktuellen internationalen Katastrophenhilfseinsätzen, die gezeigt haben, dass ein wesentlicher Faktor für eine effektive Hilfe die schnelle und unbürokratische Verfügbarkeit von Transportkapazitäten darstellt. Im Hinblick auf die Optimierung internationaler Hilfseinsätze begrüßt der AdR daher ausdrücklich die Vorschläge für eine Verstärkung der Transportkostenkofinanzierung. In diesem Zusammenhang sollte darüber hinaus auch geprüft werden, wie die Bereitstellung und Vermittlung von entsprechenden Transportkapazitäten verbessert werden kann. Hier müssen Wege gefunden werden, die es den Hilfeleistenden ermöglichen, auch ohne zusätzliche Übernahme der Transportkosten schnell und unbürokratisch in den betroffenen Regionen Hilfe leisten zu können. Ziel muss es sein, denjenigen, der bereits die erforderlichen Ressourcen bereitstellt, soweit als möglich von den Transportkosten zu befreien;

29.

regt an, die erfolgreiche interregionale Zusammenarbeit gerade auch im Bereich der jeweiligen gesamtstaatlichen Präventionsansätze gezielt weiter zu fördern und zu unterstützen; weist darauf hin, dass die INTERREG-Initiative sich beim Austausch bewährter Praktiken im Bereich der Verhütung von Naturkatastrophen gerade im grenzüberschreitenden Kontext als sehr wirksam erwiesen hat. Die Einrichtung Europäischer Verbünde für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) kann die Durchführung von Katastrophenverhütungsmaßnahmen in den Bereichen gemeinsamer Datenbanken, Übungen, Risikobewertung und Frühwarnsysteme, sowie Technologietransfer und Expertenaustausch weiter verbessern;

30.

bewertet das von der Kommission geäußerte Anliegen, die vorhandenen Ressourcen bestmöglich zu nutzen und keine zusätzlichen finanziellen und bürokratischen Belastungen zu schaffen, als positiv. Dies ist gerade für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, die zwar über umfassende Kenntnisse auf dem Gebiet der Katastrophenvorsorge und -abwehr verfügen, aber mit einem begrenzten Budget auskommen müssen, von besonderer Bedeutung. Dies gilt vor allem auch für den Bereich der humanitären Hilfseinsätze, für die keine besonderen Mittel auf der Ebene der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bereitstehen, da diese nicht zu deren originären Aufgaben gehören;

Stärkung und Funktionsweise des MIC

31.

begrüßt die beabsichtigte Stärkung des MIC als Einrichtung zur Koordinierung der Einsätze sowohl bei Katastrophenhilfseinsätzen innerhalb des Gemeinschaftsgebiets als auch bei humanitären Einsätzen außerhalb der EU, insbesondere in den Ländern, die Katastrophen gegenüber am verletzlichsten sind und den niedrigsten „Index der menschlichen Entwicklung“ der Vereinten Nationen aufweisen. Beachtet werden muss jedoch, dass nicht beabsichtigt ist, auch operative Aufgaben in diesem Zusammenhang zu übernehmen. Die operative Verantwortung muss auch weiterhin bei den Hilfeleistenden bleiben; dort kann sie am besten wahrgenommen werden;

Schlussbemerkungen

32.

bekennt sich zu den Grundsätzen der Solidarität, Zusammenarbeit, Abstimmung und Unterstützung zwischen den Mitgliedstaaten, Regionen und lokalen Gebietskörperschaften der EU im Bereich des Katastrophenschutzes (3) und stimmt der Auffassung der Kommission zu, dass es noch mehr Kohärenz, Effizienz und Sichtbarkeit bedarf, um das Ziel einer stärker integrierten EU-Katastrophenabwehrkapazität zu erreichen;

33.

erinnert jedoch auch daran, dass der Katastrophenschutz eine originäre Aufgabe der Mitgliedstaaten sowie deren regionaler und lokaler Ebenen ist, deren Kompetenzen nicht verletzt werden dürfen;

34.

begrüßt daher vor dem Hintergrund der EU-Kompetenz des Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe f) i.V.m. Artikel 2 Absatz 5 AEUV und Artikel 196 AEUV, dass die Kommission die Forderung einer europäischen Katastrophenschutztruppe nicht aufgegriffen hat;

35.

unterstützt die Bestrebung der Kommission, ein gemeinschaftliches Gesamtkonzept zu entwickeln, um die Bereiche der Vorsorge, Abwehr und Folgenbewältigung von Katastrophen auf vertragskonformer Grundlage zu regeln.

Brüssel, den 11. Mai 2011

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


(1)  CdR 139/2009 fin.

(2)  Schlussfolgerungen des Rates „Allgemeine Angelegenheiten“, 3060. Sitzung vom 14.12.2010.

(3)  So bereits CdR 116/2006 fin.


1.7.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 192/20


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: „Die GAP bis 2020 — Nahrungsmittel, natürliche Ressourcen und ländliche Gebiete — die künftigen Herausforderungen“

2011/C 192/05

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

unterstreicht, dass Direktzahlungen weiterhin das Grundgerüst für die Einkommensstabilisierung der Landwirte als Entgelt für die Bereitstellung öffentlicher Güter und als Kompensation für die höheren Produktionsstandards der EU darstellen müssen, sofern diese Entkoppelung nicht die Gefahr einer Aufgabe der Erzeugung in Gebieten mit dauerhaften naturbedingten Nachteilen nach sich zieht;

betont, dass die GAP und die Kohäsionspolitik nicht unabhängig voneinander betrachtet werden können. Die territorialen Ziele dieser Politiken müssen vor allem auf Gemeinschaftsebene stärker als bisher koordiniert werden;

bekräftigt seine Unterstützung des Vorschlags, einen gemeinsamen strategischen Rahmen für die Strukturfonds und die übrigen Fonds zur Förderung der territorialen Entwicklung wie den ELER und den EFF einzurichten;

ist besorgt über die ersten Leitlinien, die die Europäische Kommission zur Regulierung der Agrarmärkte für die Zeit nach 2013 vorgelegt hat, und ist der Auffassung, dass eine Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik nicht denkbar ist ohne Beibehaltung der öffentlichen Regulierung der Märkte, die es ermöglicht, gegen Preisschwankungen vorzugehen und für Erzeuger und Verbraucher stabile Preise zu gewährleisten;

betont, dass die Zukunft der GAP vor diesem Hintergrund nicht unabhängig von der Zukunft der europäischen Handelspolitik gesehen werden kann; wenn die EU ihren Beitrag zur Nahrungsmittelsicherheit in der Welt leisten will, muss müssen die europäische EU und die internationale Handelspolitik auch im Rahmen der WTO dafür sorgen, dass die europäische Landwirtschaft in der EU im Rahmen fairer Bedingungen produzieren;

hebt die besondere subsidiäre Verantwortung bei der Gestaltung der künftigen Kohäsions- und Agrarpolitik hervor. Ohne den gemeinschaftlichen Ansatz dieser Politiken und den Mehrwert einer gemeinsamen Politik in Frage zu stellen, müssen die lokalen und regionalen Körperschaften stärker als bisher in die Entscheidungen über die Gestaltung der künftigen Säulen der künftigen GAP eingebunden werden. Die Schaffung eines Multi-Governance-Rahmens (EU-Mitgliedstaaten, Regionen und Gemeinden) ist unbedingt notwendig, wenn man gleichzeitig den gemeinschaftlichen Ansatz der GAP erhalten, die lokale Verantwortung stärken und die Akzeptanz in der Gesellschaft verbessern will;

unterstreicht, dass die Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik nur erreicht werden können, wenn auch nach 2014 ausreichende Finanzmittel zur Verfügung stehen.

Berichterstatter

Luis DURNWALDER (IT/EVP), Landeshauptmann der Autonomen Provinz Bozen

Referenzdokument

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Die GAP bis 2020: Nahrungsmittel, natürliche Ressourcen und ländliche Gebiete - die künftigen Herausforderungen

KOM(2010) 672 endg.

I.   ALLGEMEINE BEMERKUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

stellt wie folgt fest:

1.

Die Landwirtschaft ist für die Entwicklung der ländlichen Gebiete in Europa von großer Bedeutung, da in ihr fast 30 Mio. Menschen beschäftigt sind. Die ländlichen Gebiete bedecken 90 % des Territoriums der Europäischen Union, 60 % der europäischen Bürger leben im ländlichen Raum.

2.

Die Landwirtschaft ist Garant für die Ernährungssicherheit der Europäer, schafft Wirtschaftskreisläufe und Arbeitsplätze sowie qualitativ hochwertige Lebensräume, trägt zur hydrogeologischen Struktur des Territoriums bei und erhält Kulturlandschaften und Brauchtum. Ohne Landwirtschaft ist eine multifunktionale und nachhaltige Entwicklung der ländlichen Räume in Europa nicht denkbar.

3.

Deshalb ist die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) seit der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft eine ihrer zentralen Aufgabenbereiche. Die GAP hat gezeigt, dass eine gemeinschaftliche Politik einen großen Mehrwert für die europäische Gesellschaft bringen kann, wobei die Ziele der EU-2020-Strategie durch territoriale Pakte gefördert werden können.

4.

Die GAP war und ist auch deshalb erfolgreich, weil sie sich im Laufe der Jahrzehnte ihres Bestandes immer wieder den neuen Herausforderungen in Europa und in der Welt stellte und entsprechend angepasst wurde.

5.

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die Preisvolatilität, die Einkommenseinbrüche für die Landwirte, die wachsende Nachfrage nach Lebensmitteln und agrarischen Rohstoffen in der Welt und die Forderungen nach Nachhaltigkeit und Ökologisierung der Produktionsmethoden, insbesondere nach verstärktem Schutz in der Landwirtschaft vor den negativen Auswirkungen des Klimawandels, aber auch nach einem verbesserten Tierschutz und einen guten Verbraucherschutz - sowohl unter dem Aspekt der Lebensmittelsicherheit als auch der Versorgungssicherheit in der Landwirtschaft -, erfordern jetzt eine Gestaltung der GAP nach 2013.

6.

Der Ausschuss der Regionen hat bereits auf seiner 85. Plenartagung am 9./10. Juni 2010 eine Initiativstellungnahme zur Zukunft der GAP nach 2013 verabschiedet, in der er die Meinung vertrat, dass die GAP

eine gemeinsame Politik bleiben muss;

die Ernährungsunabhängigkeit und -sicherheit der Europäer sicherstellen muss;

die Einkommensstabilität garantieren muss;

allen Erzeugnissen zugute kommen und die Einführung alternativer landwirtschaftlicher Methoden fördern und die Beschäftigung und nachhaltige Flächennutzung begünstigen muss;

auch unter Berücksichtigung der Aspekte Landschaft und biologische Vielfalt umwelt- und ressourcenfreundliche Produktionssysteme begünstigen muss;

den natürlichen und geografischen Nachteilen (Berg- und Inselregionen, bevölkerungsarme Gebiete, Regionen in äußerster Randlage) Rechnung tragen muss;

sich auf Landwirtschaft und Ernährung konzentrieren muss;

zur Weiterentwicklung und Vereinfachung bestimmter Umsetzungsmodalitäten und Verwaltungsmodalitäten der 1. und 2. Säule der GAP beitragen muss, insbesondere durch eine stärkere und bessere Einbindung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften;

eine Finanzausstattung haben muss, die den künftigen Herausforderungen und Problemstellungen entspricht.

7.

Der Ausschuss der Regionen verabschiedete am 27. Januar 2011 die Prospektivstellungnahme zum Thema „Regionale Agrar- und Ernährungswirtschaft“, in der der Wert einer vielgestaltigen europäischen Landwirtschaft und der Mehrwert einer lokalen Vermarktung für ökologische, soziale und wirtschaftliche Bedürfnisse hervorgehoben wird.

8.

In Fortführung seiner Arbeiten zur Reform der GAP und als Reaktion auf die Mitteilung von November 2010 nimmt der Ausschuss der Regionen zustimmend zur Kenntnis, dass die Kommission in dieser Mitteilung viele der in der oben genannten Stellungnahme des Ausschusses der Regionen genannten Punkte aufgreift und unterstreicht, dass diese Gültigkeit haben und bei der Reform berücksichtigt werden müssen.

9.

Der Ausschuss der Regionen unterstreicht besonders die Bedeutung der GAP, vor allem der 2. Säule der GAP, für die Gesamtentwicklung der ländlichen Räume in Europa. Diese wiederum hat viele Berührungspunkte mit der Kohäsionspolitik und deshalb können diese Politikbereiche, wenn auch eigenständig und jeder für sich notwendig, nicht unabhängig voneinander betrachtet werden. Die territorialen Ziele dieser Politiken müssen vor allem auf Gemeinschaftsebene stärker als bisher koordiniert werden. Der Ausschuss betont das Erfordernis, dass Schwerpunkt 3 der 2. Säule mit ausreichenden Mitteln für die Förderung der Lebensqualität im ländlichen Raum und die Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft ausgestattet wird.

10.

Der Ausschuss der Regionen hebt die besondere subsidiäre Verantwortung bei der Gestaltung der künftigen Kohäsions- und Agrarpolitik hervor. Ohne den gemeinschaftlichen Ansatz dieser Politiken und den Mehrwert einer gemeinsamen Politik in Frage zu stellen, müssen die lokalen und regionalen Körperschaften stärker als bisher in die Entscheidungen über die Gestaltung der künftigen Säulen der künftigen GAP eingebunden werden. Die Schaffung eines Multi-Governance-Rahmens (EU-Mitgliedstaaten, Regionen und Gemeinden) ist unbedingt notwendig, wenn man gleichzeitig den gemeinschaftlichen Ansatz der GAP erhalten, die lokale Verantwortung stärken und die Akzeptanz in der Gesellschaft verbessern will. Gleichzeitig muss aber vermieden werden, dass dieses Subsidiaritätsprinzip zu einer unnötigen Vielzahl von Planungsebenen und damit zu einem untragbaren Verwaltungsaufwand führt.

Die Herausforderungen der GAP

stellt weiters wie folgt fest:

11.

Die Nachfrage nach Lebensmitteln wird weltweit wachsen. Dies ist sowohl auf die zu erwartende Zunahme der Weltbevölkerung als auch auf die Steigerung der Kaufkraft und die damit verbundenen Änderungen in der Ernährungsweise in vielen Schwellenländern zurückzuführen. Die GAP, deren Hauptaufgabe in erster Linie die Ernährung der Menschen in Europa und die Gewährleistung des Ernährungsgleichgewichts ist, kann und muss ihren Beitrag zur Befriedigung dieser wachsenden globalen Nachfrage leisten. Darüber hinaus leistet die Landwirtschaft auch wichtige Beiträge zur Bereitstellung öffentlicher Güter, insbesondere für die Energieversorgung und zur Versorgung nachwachsenden Rohstoffen, die nicht unmittelbar mit der Lebensmittelerzeugung konkurrieren, sowie für den Erhalt dynamischer ländlicher Räume.

12.

Vor diesem Hintergrund kann die Zukunft der GAP nicht unabhängig von der Zukunft der europäischen Handelspolitik gesehen werden. Wenn die EU ihren Beitrag zur Nahrungsmittelsicherheit in der Welt leisten will, müssen die EU und die internationale Handelspolitik auch im Rahmen der WTO dafür sorgen, dass die Landwirtschaft in der EU im Rahmen fairer Bedingungen produzieren kann. Wenn die Landwirte Auflagen erfüllen müssen, die über den internationalen Standard hinausgehen und zusätzliche Kosten verursachen, müssen diese Mehrkosten bei Importregelungen im Rahmen internationaler Handelsabkommen berücksichtigt werden.

13.

Die landwirtschaftliche Tätigkeit ist ganz besonders mit der Umwelt verbunden. Eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen ist daher nicht nur ein berechtigtes Anliegen der Gesellschaft, sondern auch ein vitales Interesse der Bauern selbst; außerdem ist sie für die Sicherstellung des Potenzials der landwirtschaftlichen Erzeugung von grundlegender Bedeutung. Deshalb sollte sich die Landwirtschaft auch den Herausforderungen des Klimawandels, des Verlusts an Bodenfruchtbarkeit, der Wasserknappheit und -verschmutzung, dem Verlust von Lebensräumen und biologischer Vielfalt stellen, und die GAP muss Lösungen für diese anstehenden Probleme unterstützen.

14.

Dabei muss insbesondere die Rolle der Landwirtschaft bei der Bekämpfung des Klimawandels betont werden. Die Landwirte haben bereits große Anstrengungen unternommen, Treibhausemissionen signifikant zu verringern. Darüber hinaus muss aber auch noch intensiv an der Entwicklung von Anpassungsstrategien gearbeitet werden, damit die Landwirtschaft auch in Zukunft obengenannte Funktionen erfüllen kann. Hervorgehoben werden sollte jedoch auch die Rolle des Bodens als Kohlenstoffsenke, wobei zugleich sein Gehalt an organischem Material erhöht und damit seine Fruchtbarkeit verbessert werden kann, sowie der Beitrag des Holzanbaus zur Kohlenstoffbindung. Die Landwirtschaft ist auch einer der Schlüsselsektoren zur Lösung des Problems. Sie leistet einen Beitrag zur nachhaltigen Energieversorgung und zum Aufbau einer sanften Chemie auf Basis von nachwachsenden Rohstoffen. Eine besondere Rolle kommt dabei auch den Regionen und Gemeinden zu, welche innovative, auch auf Biomasse basierende Energiekonzepte unterstützen. Wichtigster nachhaltig erzeugter Energieträger ist dabei Holz. Deshalb ist es notwendig, auch weiterhin im Rahmen der ländlichen Entwicklung die Forstwirtschaft zu stärken, auch in jenen Regionen, wo der Wald einen wichtigen Beitrag zum Gefahrenschutz, zur Erosionsbekämpfung und zur touristischen Attraktivität leistet, sowie die Nutzung von Holzabfällen aus dem Baumschnitt zu fördern.

15.

Der Ausschuss der Regionen unterstützt die Position der Kommission, auch weiterhin die Agrarpolitik auf zwei aufeinander abgestimmten Säulen aufzubauen, wobei die bisherige Ausrichtung der Säulen beibehalten werden soll. Er weist jedoch darauf hin, dass die Ziele in den beiden Säulen stärker präzisiert werden müssen.

16.

Die Direktzahlungen in der 1. Säule sichern das Einkommen der Landwirte ab, honorieren die Bauern für die Bereitstellung öffentlicher Güter wie Landschaftsschutz, Umweltschutz und Lebensmittelsicherheit, auf welche der europäische Bürger heute nicht mehr verzichten will, sollen die erhöhten Standards der EU gegenüber den Mitbewerbern auf dem Weltmarkt ausgleichen und stellen eine Absicherung gegen volatile Märkte dar.

17.

Die zweite Säule fördert die Entwicklung der ländlichen Räume. Damit muss sie insbesondere auch von den Regionen und Lokalkörperschaften gestaltet und den individuellen Bedürfnissen der Regionen angepasst werden. Die Regionen bekennen sich auch zu ihrer Verantwortung zur finanziellen Mitverantwortung bei der Gestaltung der 2. Säule im Rahmen der Kofinanzierung.

18.

Der Ausschuss der Regionen unterstreicht, dass die Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik nur erreicht werden können, wenn auch nach 2014 ausreichende Finanzmittel zur Verfügung stehen;

II.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

Direktzahlungen

19.

unterstreicht, dass Direktzahlungen weiterhin das Grundgerüst für die Einkommensstabilisierung der Landwirte als Entgelt für die Bereitstellung öffentlicher Güter und als Kompensation für die höheren Produktionsstandards der EU darstellen müssen, sofern diese Entkoppelung nicht die Gefahr einer Aufgabe der Erzeugung in Gebieten mit dauerhaften naturbedingten Nachteilen nach sich zieht;

20.

unterstützt den Anspruch, die Verteilung der Direktzahlungen zukünftig gerechter zu gestalten, da das derzeitige System der Direktzahlungen, das auf den in der Vergangenheit erzeugten Mengen beruht, den Wettbewerb innerhalb der EU verzerrt und durch ein System ersetzt werden muss, in dem alle Agrarbewirtschaftungsformen in der Europäischen Union gleichrangig behandelt werden;

21.

ist der Meinung, dass um Marktungleichgewichte innerhalb der EU zu vermeiden, die Betriebsprämien in Europa weiter angeglichen werden müssen. Unterstreicht jedoch, dass bei der Mittelverteilung auf die einzelnen Mitgliedstaaten beide Säulen berücksichtigt werden müssen;

22.

spricht sich für ein Weiterführen des Modells der entkoppelten Betriebsprämie aus und unterstützt die Vorschläge der Kommission für eine möglichst rasche Abschaffung der historischen und betriebsindividuellen Betriebsprämien und befürwortet daher den Übergang zu einer regionalisierten Prämie;

23.

unterstreicht die Notwendigkeit, im Zuge dieses schrittweisen Übergangs die ungleiche Verteilung der Betriebsprämie innerhalb der Mitgliedstaaten, welche das Modell der historischen Verteilung mit sich gebracht hat, abzubauen, weil es dem Geist der Entkoppelung widerspricht und zu nicht akzeptablen Marktungleichgewichten innerhalb der Mitgliedstaaten geführt hat und führt, hebt jedoch die Notwendigkeit hervor, einen Übergangszeitraum vorzusehen, damit die Betriebe Zeit haben, sich auf die neue Beihilferegelung einzustellen;

24.

unterstützt die Kommission in ihrem Vorschlag, eine Obergrenze bei Betriebsprämien einzuführen. Unterstreicht, dass diese auf die unterschiedlichen Betriebsformen, die Formen von Zusammenschlüssen und den Beitrag des Betriebs zur Beschäftigung Rücksicht nehmen muss sowie im Falle juristischer Personen auf die Zahl der Mitglieder und eine zeitgemäße Strukturanpassung der Landwirtschaft der Europäischen Union nicht verhindern darf;

25.

unterstreicht die Überlegungen der Kommission, dass auch zukünftig in Gebieten mit spezifischen Problemen und für Formen der Landwirtschaft, welche für den Fortbestand der Landwirtschaft in diesen Gebieten von besonderer Wichtigkeit sind, gekoppelte Prämien vorgesehen werden müssen. In diesem Zusammenhang sei auf die Bedeutung der Raufutterfresser für die Berggebiete, arktischen Gebiete, Inselgebiete und dünn besiedelten Gebiete, sämtliche Produktionssysteme, die aufgrund des Klimas und des schwierigen Geländes besonderer Unterstützung bedürfen, und im Besonderen für die Erhaltung der Milchwirtschaft in diesen Gebieten auch nach Auslaufen des Quotensystems im Sektor Milch verwiesen. Ohne funktionierende Milchwirtschaft ist eine Erhaltung der landwirtschaftlich genutzten Fläche, besonders der Wiesen und Almweiden in den Hoch- und Mittelgebirgsregionen, nicht erreichbar. Ebenso sind auch die ertragsarmen Olivenhaine in Berggebieten und anderen, aufgrund ihres Klimas nur bedingt für Landwirtschaft geeigneten Gebieten von entscheidender Bedeutung. Darüber hinaus ist es im Sinne des Erhalts der europäischen Weideökosysteme und der landwirtschaftlichen Tätigkeit in bestimmten Gebieten wichtig, dass die landwirtschaftliche Erzeugung von Rind-, Kalb-, Schafs- und Ziegenfleisch aufrechterhalten wird. Mit dem Verlust dieser Flächen für die Landwirtschaft ginge die einzigartige Kulturlandschaft dieser Gebiete verloren. Außerdem werden marginale Böden auch im städtischen Umland für die Rinderhaltung genutzt. Dies ist wichtig, um freie öffentliche Flächen (z.B. als Überflutungsflächen) zu erhalten und doch auch in gewissem Sinne wirtschaftlich zu nutzen. Ohne gekoppelte Unterstützung ist dieser Sektor nicht überlebensfähig und kann diese Rolle nicht mehr erfüllen;

26.

die von der WTO erlaubten gekoppelten Beihilfen müssen zur Gänze ausgeschöpft werden;

27.

unterstützt die Empfehlung der Kommission, die Betriebsprämie in benachteiligten Gebieten zu erhöhen und damit die Erzeugungsmehrkosten dieser Betriebe abzufedern und eine flächendeckende Landwirtschaft in ganz Europa zu fördern. Unterstreicht, dass eine solche Erhöhung im Geiste einer gerechten Einkommenssicherung der Landwirte in allen Regionen Europas gerechtfertigt und notwendig ist;

28.

hebt hervor, dass eine aktive Rolle gegen neue Umweltherausforderungen nicht allein der GAP und den Landwirten aufgebürdet werden darf, zumal die dafür vorgesehenen Finanzmittel nicht aufgestockt werden;

29.

betont, dass die Agrarumweltprogramme in der 2. Säule zu dem Ziel einer stärker ökologisch ausgerichteten Landwirtschaft beitragen müssen. In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, dass einige Mitgliedstaaten weniger als 10 % des Gesamtbudgets in der 2. Säule verwenden und damit den Bauern kaum Agrarumweltprogramme anbieten. Schlägt daher vor, dass zukünftig alle Mitgliedstaaten zumindest 10 % des Gesamtbudgets für Agrarumweltprogramme in der 2. Säule verwenden müssen und dass dafür eine reduzierte Kofinanzierung von mindestens 10 % angewendet werden kann;

30.

ist der Ansicht, dass die biologische und die integrierte Landwirtschaft im Rahmen der GAP stärker gefördert werden sollten, da sie sich in die Politik der nachhaltigen Entwicklung einreihen;

31.

hält es angesichts der schnellen Veralterung der aktiven Bauern in der Europäischen Union für dringend notwendig, zusätzliche Maßnahmen für Jungbauern vorzusehen. Die bisher in der 2. Säule angebotene Jungbauernförderung hat sich als nicht ausreichend erwiesen, um die fortschreitende Veralterung der aktiven Landwirte zu stoppen. Heute sind in der EU nur 7 % der Bauern jünger als 35 Jahre, während ein Drittel älter als 65 Jahre ist. Es muss daher untersucht werden, ob es möglich ist, eine Erhöhung der Direktzahlungen in der 1. Säule für Jungbauern vorzusehen, um so einen zusätzlichen Anreiz für junge Menschen zu schaffen, in der Landwirtschaft tätig zu werden;

32.

weist darauf hin, dass die jüngeren Generationen angemessene öffentliche Dienstleistungen benötigen, um landwirtschaftliche Betriebe in ländlichen Gebieten aufzubauen. Durch Anreize für den Erwerb innovativer und umweltfreundlicher Produktionssysteme und Schaffung neuer alternativer wirtschaftlicher Möglichkeiten kann die landwirtschaftliche Kapazität der ländlichen Gebiete erhalten werden;

33.

unterstützt den Vorschlag der Kommission, für Kleinlandwirte eine vereinfachte und spezifische Unterstützungsregelung einzuführen, um so eine kleinstrukturierte bäuerliche Landwirtschaft vor allem auch in benachteiligten Gebieten zu erhalten und Bürokratie abzubauen. Betont dabei, dass 82 % der Bauern in Europa eine Förderung von weniger als 5 000 EUR erhalten, durch die diesen Betrieben zusätzliche Unterstützung zuteil werden kann, und damit eine Entbürokratisierung von Kleinbauern eine erhebliche bürokratische Entlastung und eine gesteigert Akzeptanz der Bauern für die GAP mit sich bringen würde;

34.

unterstreicht, dass die Cross Compliance und das Integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem (InVeKoS) vereinfacht werden müssen ohne damit die Funktionalität dieses Systems in Frage zu stellen. Ansatzpunkte dafür sind die Einführung von EU-weit gültigen Schlüsselkriterien für die Kontrolle von CC vor Ort, die Halbierung der Kontrollquoten bei CC und bei InVeKoS, um die Anforderungen und Kontrollen in den einzelnen europäischen Regionen zu harmonisieren, sofern die Mitgliedstaaten funktionsfähige Systeme vorweisen können, sowie die Anwendung praxisgerechter Toleranzschwellen;

35.

teilt die Auffassung der Kommission, dass die Prämien auf aktive Landwirte beschränkt werden sollen, wobei aber die Nebenerwerbslandwirte nicht benachteiligt werden dürfen, welche besonders in benachteiligten Gebieten eine wichtige Rolle für den Erhalt der Landwirtschaft spielen; schlägt aber vor, dass die Kommission grundlegende Definitionen für „aktiver Landwirt“ und „Agrarland“ vorlegt, die auf der Ebene der Mitgliedstaaten bzw. Regionen ergänzt werden können;

36.

ist der Auffassung, dass für jene Bereiche, die bisher über eigene Marktordnungen geregelt werden und in denen damit das System der entkoppelten Betriebsprämien nicht oder nur teilweise angewandt wird, wie etwa die Sektoren Obst und Gemüse, Wein oder Zucker, diese spezifischen Marktordnung aufrecht erhalten bleiben sollen;

Marktbezogene Maßnahmen

37.

ist besorgt über die ersten Leitlinien, die die Europäische Kommission zur Regulierung der Agrarmärkte für die Zeit nach 2013 vorgelegt hat, und ist der Auffassung, dass eine Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik nicht denkbar ist ohne Beibehaltung der öffentlichen Regulierung der Märkte, die es ermöglicht, gegen Preisschwankungen vorzugehen und für Erzeuger und Verbraucher stabile Preise zu gewährleisten;

38.

weist darauf hin, dass die Gemeinschaftspräferenz auch weiterhin als wichtiges Prinzip der GAP angesehen werden muss und dass diese wesentlich dazu beiträgt, die Lebensmittelsouveränität in Europa zu erhalten;

39.

ist der Auffassung, dass die noch bestehenden Marktinstrumente wie Intervention und private und öffentliche Lagerhaltung und auf sensible Produkte begrenzte Exportsubventionen sich als unbedingt notwendig erwiesen haben und daher als Sicherheitsnetz mit entsprechender Haushaltslinie aufrecht erhalten bleiben sollen;

40.

weist darauf hin, dass die Entkoppelung zu einer stärkeren Marktorientierung der europäischen Landwirtschaft, aber auch einer starken Preisvolatilität geführt hat, die dem Fortbestand der Betriebe abträglich ist;

41.

weist darauf hin, dass die Marktinstrumente dafür ausgelegt sein müssen, einerseits die Versorgung der Agrarmärkte zu sichern und die Bauern vor abrupten Preis- und damit Einkommenseinbrüchen zu bewahren und andererseits die Volatilität der Verbraucherpreise für Lebens einzuschränken;

42.

ist der Auffassung, dass diese Instrumente notwendigerweise verbessert werden müssen. Dabei sollte eine Erweiterung der Liste von Erzeugnissen, für die eine zeitweilige Lagerung festgelegt ist, die Verlängerung der Interventionszeiträume und die Einführung von Maßnahmen für eine zeitweilige Aufgabe der Produktion geprüft werden. Darüber hinaus ist es nötig, den Missbrauch beim Handel mit Agrarrohstoffen mit geeigneten Mitteln zu verhindern, ohne die Funktionalität der Märkte zu beeinträchtigen. Dies würde dem Ziel dienen, die Volatilität der Märkte im Gefolge von Agrar- und Lebensmittelkrisen zu verringern;

43.

weist darauf hin, dass die Beteiligung der Landwirte an der Wertschöpfung innerhalb der gesamten Lebensmittelkette laufend abnimmt und dass Marktinstrumente entwickelt werden müssen, welche dieser Entwicklung Einhalt gewähren. Fordert in diesem Zusammenhang die Kommission auf, Rahmenregelungen für Erzeugerzusammenschlüsse und Branchenverbände zu schaffen und dadurch die Position der Landwirte in der Lebensmittelkette zu stärken. Insbesondere für die Milchproduktion in Gebieten mit naturbedingten Nachteilen oder mit gefährdeten Erzeugerstrukturen oder -systemen sollte der Zusammenschluss der Produzenten und die gemeinsame Vermarktung unterstützt werden, um damit die Effekte des Auslaufens der Milchquote abzufedern und ein Abwandern der Produktion zu verhindern;

44.

ersucht die Europäische Kommission, die Wirkung des zwischengeschalteten Einzelhandels auf Lebensmittelerzeuger, Vertreiber, Lieferanten, Verbraucher und das weitere Umfeld zu untersuchen;

45.

ist der Auffassung, dass die EU-Wettbewerbsregeln überarbeitet werden sollten, um wirklich ein Gleichgewicht in der Lebensmittelkette herzustellen;

46.

ist der Auffassung, dass neben den öffentlichen Steuerungsinstrumenten für den Markt auf Gegenseitigkeit beruhende Vorsorgesysteme wie die Mehrgefahrenversicherung weiter ausgebaut werden müssen und dass in diesem Zusammenhang Möglichkeiten für die Mitgliedstaaten geschaffen werden, um die Zusammenschlüsse und Kooperationen der Landwirte untereinander zur gegenseitigen Absicherung oder mit anderen Gliedern der Lebensmittelkette zu unterstützen, was zu einer bürokratischen Entlastung führen würde;

47.

unterstreicht, dass die EU in den vergangenen Jahren große Anstrengungen gemacht hat, um die Exportsubventionen auslaufen zu lassen. Weist aber auch darauf hin, dass ein endgültiger Verzicht auf dieses Marktinstrument auch von der Bereitschaft der Drittstaaten abhängig gemacht werden muss, im Rahmen der WTO auf dieses Instrument im internationalen Handel vollkommen zu verzichten; in diesem Fall sind mit den WTO-Vorschriften vereinbare Exportförderinstrumente erforderlich;

48.

fordert die Kommission dazu auf, die Auswirkungen des Auslaufens bestehender Quotensysteme genau zu untersuchen und Maßnahmen zu entwickeln, die die Erzeugungs- und Verarbeitungsstrukturen sichern;

49.

ersucht die Kommission, in den vorzulegenden Optionen für die künftige Regulierung des Sektors Zucker und Isoglukose eine Richtung einzuschlagen, die eine europäische Erzeugung mit Einkünften für die Zuckerrübenanbauer sichert, die den Fortbestand dieser Anbaukulturen und der bestehenden Verarbeitungsbetriebe gewährleistet;

50.

fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, ihre Anstrengungen bei Forschungund Entwicklung im Bereich von Innovationen und in Bezug auf Absatzförderung zu verstärken; fordert daher eine ständige Berücksichtigung der Forschung im Bereich Lebensmittel in den künftigen Forschungs- und Entwicklungsprogrammen der EU;

51.

fordert die Kommission auf, im Rahmen der Handelspolitik, insbesondere bei bilateralen Abkommen auch die Interessen der europäischen Landwirtschaft offensiv zu vertreten und die Auswirkungen der Handelspolitik auf die GAP, insbesondere der bilateralen Abkommen oder Abkommen im Rahmen der WTO, auf die europäische Landwirtschaft zu berücksichtigen; zur Durchsetzung der weltweiten Durchsetzung der EU-Nachhaltigkeitsnormen sind hingegen die WTO-Verhandlungen ausschlaggebend;

52.

weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es ein Recht des Verbrauchers ist, die hohen Standards der Landwirtschaft in der EU im Bereich soziale Rechte, Lebensmittelsicherheit, Umweltschutz, Qualität und Tierschutz auch für importierte Lebensmittel einzufordern. Dafür muss in internationalen und bilateralen Handelsgesprächen entschlossen eingetreten werden;

Entwicklung des ländlichen Raums

53.

stellt fest, dass trotz der Anstrengungen der Union im Bereich der GAP und der Kohäsionspolitik viele ländliche Räume in Europa weiterhin unter Entvölkerung und rückläufiger Entwicklung leiden und das Entwicklungsniveau dieser Räume unter dem Gemeinschaftsdurchschnitt und weit unter dem Niveau der meisten urbanen Räume liegt;

54.

weist auf die besondere Rolle der Landwirte in stadtnahen Gebieten hin, in denen die ländlichen und landwirtschaftlichen Ressourcen starkem Druck ausgesetzt sein können, und hebt hervor, dass die Erzeugung von Lebensmitteln und öffentlichen Gütern in der Nähe von Ballungsräumen aufrechterhalten werden sollte;

55.

betont daher die Bedeutung der 2. Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik für die Gesamtentwicklung der ländlichen Räume einschließlich der stadtnahen Gebiete;

56.

unterstreicht die Bedeutung der 2. Säule der GAP für die Modernisierung der Landwirtschaft, die Erhaltung sowie die Verbesserung der Agrarstruktur und insbesondere auch für die Erhaltung und Verbesserung der ländlichen Räume und der Situation deren Bevölkerung insgesamt in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht; dazu bedarf es einer Politik der ländlichen Entwicklung, die die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft verbessert, indem ein Teil dieser Politik auf Maßnahmen im Bereich der Strukturen und Infrastrukturen der Landwirtschaft und der Lebensmittelindustrie gerichtet wird;

57.

unterstreicht, dass die ländliche Entwicklung einen wichtigen Beitrag leisten kann, um die in der Strategie 2020 festgelegten Ziele der EU verwirklichen zu können; nichtsdestoweniger müssen die Aufgaben der themenorientierten politischen Maßnahmen der EU und deren Förderschwerpunkte (d.h. Klima und Energie) klar von den für die GAP-Fonds (bzw. den Regionalfonds) festzulegenden Förderschwerpunkten unterschieden und abgegrenzt werden;

58.

stellt fest, dass die Maßnahmen zur ländlichen Entwicklung Teil der 2. Säule der GAP und damit eine agrarpolitische Maßnahme sind, aber auch viele Berührungspunkte mit der Kohäsionspolitik aufweisen. Deshalb ist es notwendig, die Ziele der 2. Säule der Agrarpolitik und der Kohäsionspolitik bei der Programmierung aufeinander abzustimmen, um jedwede Gefahr von Doppelgleisigkeiten oder Grauzonen zu vermeiden, Synergien zu nutzen und bei der Politik für den ländlichen Raum den Schwerpunkt wieder auf den Agrarsektor zu legen; fordert diesbezüglich, die für die verschiedenen europäischen Fonds geltenden Verwaltungsvorschriften anzugleichen;

59.

bekräftigt seine Unterstützung des Vorschlags, einen gemeinsamen strategischen Rahmen für die Strukturfonds und die übrigen Fonds zur Förderung der territorialen Entwicklung wie den ELER und den EFF einzurichten;

60.

fordert, dass die subsidiäre Verantwortung der Regionen bei der Ausgestaltung der 2. Säule der Agrarpolitik in besonderer Weise respektiert wird, indem bei der Ausgestaltung ein wirkliche Multi-Governance Ansatz verfolgt wird, der die besondere Bedeutung und Kompetenz der Regionen bei der Anpassung der Maßnahmen an die spezifischen Bedürfnisse der Region berücksichtigt. Unterstreicht in diesem Zusammenhang, den subsidiären Ansatz in der 2. Säule, wonach die Mitgliedstaaten bzw. Regionen angepasst an die regionalen Gegebenheiten eigenverantwortlich auswählen, welche Maßnahmen sie umsetzen;

61.

vertritt daher die Auffassung, dass eine von der Basis ausgehende Umsetzung der Maßnahmen zur ländlichen Entwicklung und Ausschöpfung der für diese Zwecke bereitgestellten Mittel in erster Linie mittels enger lokaler Entwicklungspartnerschaften gewährleistet werden sollte;

62.

hält es angesichts der schnellen Veralterung der aktiven europäischen Bauern für dringend notwendig, attraktive Maßnahmen für Jungbauern vorzusehen, neue Kräfte für den Sektor zu gewinnen zu versuchen und die bisher in der 2. Säule angebotene Jungbauernförderung zu ergänzen;

63.

fordert ferner spezielle Maßnahmen zur Umsetzung der Vorschläge des Qualitätspakets, beispielsweise die Förderung der Modernisierung der landwirtschaftlichen Betriebe, die Qualitätsprodukte herstellen, sowie die Unterstützung der an die Verbraucher gerichteten Aufklärungskampagnen;

64.

hält es für erforderlich, die Betriebsberatung über CC hinaus auf alle wichtigen Felder der Beratung (Produktionstechnik, Betriebswirtschaft, Bewältigung der neuen Herausforderungen), Einführung von Innovationen und Fragen des Umweltmanagements, Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels usw.) auszudehnen und innerhalb der 2. Säule geeignete Maßnahmen zu deren Förderung zu schaffen. Dabei sollte der Fokus auf der Förderung akkreditierter Beratungsdienste gelegt werden. Ziel muss es sein, allen Landwirten in der EU Zugang zu kompetenten Beratungsdiensten zu ermöglichen, unabhängig davon, ob diese Dienste vom Staat, öffentlichen Körperschaften oder von Privatunternehmen angeboten werden;

65.

hebt die besondere Bedeutung der Diversifizierung für kleinstrukturierte landwirtschaftliche Betriebe, für Betriebe in benachteiligten Gebieten oder den nördlichsten Regionen mit sehr geringer Bevölkerungsdichte sowie in den Insel-, Grenz- und Bergregionen hervor und fordert hierfür Anreizmaßnahmen vorzusehen;

66.

unterstreicht die Bedeutung eines Angebots von qualitativ hochwertigen Qualifizierungsmaßnahmen für die Landwirtschaft, insbesondere für die Zeit nach der Berufsausbildung. Die raschen Veränderungen in der Land- und Ernährungswirtschaft sowie im gesamten Umfeld erfordern eine lebenslange Bildung;

67.

unterstützt die Bemühungen der Kommission, im Rahmen der 2. Säule der Agrarpolitik die Zusammenarbeit von Landwirten zu fördern, insbesondere auch bei der gemeinsamen Nutzung von Betriebsmitteln in der Vermarktung der Produkte bei der gemeinsamen Arbeitsorganisation oder bei den gemeinsamen Anstrengungen im Bereich der Tierhaltung, um somit den Wettbewerbsnachteil kleinstrukturierter Betriebe zu vermindern;

68.

unterstreicht die Wichtigkeit der 2. Säule der GAP besonders für Betriebe in benachteiligten Gebieten und unterstützt daher den Vorschlag der Kommission, die Ausgleichszulage auch weiterhin als Teil des LEP anzubieten. Schlägt hierbei vor, die bestehenden Gestaltungsspielräume zu belassen und die bestehende Obergrenze anzuheben, um Notwendigkeiten in besonders schwierig strukturierten Berggebieten sowie in stadtnahen Gebieten mit einem stark verstädterten ländlichen Raum entgegenzukommen. Schlägt weiters vor, die nördlichsten Regionen mit sehr geringer Bevölkerungsdichte sowie die Insel-, Grenz- und Bergregionen durch ein spezifisches Maßnahmenpaket, wie etwa Beiträge für Erfassungskosten, spezifische Maßnahmen für die Almen, eine Biodiversitätsprämie und die Anerkennung der Bergerzeugnisse im Rahmen der Überarbeitung der EU-Politik für Qualitätsregelungen zu unterstützen;

69.

betont, dass in vielen europäischen Regionen die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit notwendigerweise mit einer Verbesserung der Agrarinfrastrukturen einhergehen muss; hebt außerdem hervor, dass Innovationen als Voraussetzung für Anpassungen an den Klimawandel, Steigerung der Ressourceneffizienz und Optimierung des Betriebsmanagements unerlässlich sind und deshalb stärker gefördert werden müssen;

70.

weist darauf hin, dass die Kommission eine EU-weite vereinheitlichte Neuabgrenzung der benachteiligten Zwischengebiete anstrebt und zeigt sich angesichts der Durchführung dieser Pläne besorgt; ist der Auffassung, dass die dabei angepeilten neuen Kriterien zielsicher sein müssen und den Mitgliedstaaten und Regionen dabei ausreichend Subsidiarität und Flexibilität gewährt werden muss. Unterstreicht, dass die Neuabgrenzung auf jeden Fall mit angemessenen Übergangsfristen abgefedert wird;

71.

betont, dass angesichts der Herausforderungen des Klimawandels und der Notwendigkeit einer nachhaltigen Entwicklung des ländlichen Raums die Förderung der Maßnahmen, die auf eine nachhaltige Wassernutzung in der Landwirtschaft mittels Reduzierung von Wasserverbrauch und -verschmutzung abzielen, Maßnahmen zum Erhalt des Grundwasserspiegels (z.B. durch Erhaltung der Terrassen auf Inseln und in Berggebieten, Steigerung der Bodenfruchtbarkeit) sowie Maßnahmen zur Schadensvermeidung und Wiederherstellung infolge von Klimakatastrophen beschädigter landwirtschaftlicher Infrastruktur verstärkt und erleichtert werden müssen;

72.

unterstreicht die Wichtigkeit der Agrarumweltprogramme und fordert, dass zukünftig alle Mitgliedstaaten zumindest 10 % des gesamten ihnen zur Verfügung stehenden Agrarbudgets für Agrarumweltprogramme einsetzen sollten, um somit einen effektiven Beitrag zur Nachhaltigkeit der Landwirtschaft sowie zur Anerkennung von Bewirtschaftungssystemen mit hohem Naturschutzwert zu leisten, die die Erhaltung und Bewahrung der Artenvielfalt auf landwirtschaftlich genutzten Flächen ermöglichen und zu einem besseren Schutz von Wasser und Boden beitragen;

73.

hebt hervor, dass bei den Agrarumweltprogrammen wieder eine Anreizkomponente eingeführt werden muss, um die Akzeptanz in der Landwirtschaft zu erhöhen, und dass darin Gewicht auf die durch bestimmte landwirtschaftliche Praktiken erzeugten externen Effekte gelegt werden sollte;

74.

ist der Auffassung, dass die Umsetzung der Maßnahmen im LEP durch die Möglichkeit einer Kofinanzierung durch Dritte erheblich erleichtert werden kann;

75.

betont, dass die aktive Waldbewirtschaftung für die Sicherheit vieler ländlicher Gebiete, vor allem der Berggebiete, und für die touristische Attraktivität von besonderer Bedeutung ist und deshalb die Regionen die Möglichkeit haben sollen, die Waldbewirtschaftung im Rahmen der LEP zu unterstützen;

76.

unterstreicht die Bedeutung von LEADER für die integrierte Entwicklung der ländlichen Räume insbesondere auch aufgrund des Bottom-up-Prinzips, welches sich als sehr effizient erwiesen hat und fordert die Kommission auf, diesen Ansatz auch zukünftig anzubieten und zu stärken. Allerdings ist es notwendig, LEADER zukünftig flexibler zu gestalten und innovativen Ansätzen Vorrang zu geben. Im Rahmen von LEADER müssen auch bessere Möglichkeiten für die Koordinierung verschiedener Projekte im Rahmen lokaler Entwicklungspläne gegeben werden. Das heute gültige Achsensystem bei der Ausgestaltung des LEP hat sich als starr erwiesen. Deshalb ist es notwendig, den Kommunen und Regionen mehr Flexibilität zu gewähren, um damit besser den lokalen Bedürfnissen gerecht zu werden. Es ist notwendig, die Abwicklung des LEP zu vereinfachen, besonders das Berichtwesen;

77.

vertritt darüber hinaus die Auffassung, dass der für LEADER gewählte Ansatz mit einem Modell für lokale Entwicklungspartnerschaften kombiniert werden sollte, das sich auf von der Basis ausgehende Strategien zur lokalen Entwicklung sowie bereichsübergreifende Maßnahmen, Zusammenarbeit im Bereich Innovation und Netzwerkbildung stützt;

78.

ist der Auffassung, dass die Begrenzungen bei der Förderung von Investitionen in ernährungswirtschaftliche Betriebe an die strukturellen Entwicklungen angepasst werden müssen (Anhebung bzw. Aufhebung der KMU-Grenzen);

79.

hebt hervor, dass der Aufwand für die Programmierung, Programmabwicklung, Evaluierung, Monitoring und Begleitung inzwischen viel zu hoch ist und deshalb deutlich reduziert werden muss.

Brüssel, den 11. Mai 2011

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


III Vorbereitende Rechtsakte

Ausschuss der Regionen

90. Plenarsitzung am 11. und 12. Mai 2011

1.7.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 192/28


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: „Eine ehrgeizige europäische Politik für Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse“

2011/C 192/06

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

ist der Auffassung, dass die Qualität der EU-Agrarerzeugnisse einen entscheidenden Mehrwert der GAP darstellt und zu ihren wichtigsten Trümpfen auf dem Weltmarkt zählt; ist deshalb der Ansicht, dass die Qualitätspolitik einer der Schwerpunkte der GAP nach 2013 werden muss; fordert, dass im Rahmen der künftigen GAP geeignete Instrumente geschaffen werden, mit denen die Entwicklung von Qualitätsregelungen gestärkt, gefördert und begleitet werden kann;

ist der Auffassung, dass es von grundlegender Bedeutung ist, eine ausgewogene Verteilung der Wirtschaftstätigkeit auf das Gebiet der Europäischen Union beizubehalten und sich dabei auf differenzierte Entwicklungsmodelle zu stützen; meint, dass die am meisten benachteiligten ländlichen Gebiete ihre landwirtschaftliche Produktion mittels einer Differenzierung auf den Märkten erhalten können, indem sie sich auf die bestehenden Qualitätsregelungen stützen, die verstärkt und ausgebaut werden müssen; hält ein solches differenziertes Konzept für die Agrarmärkte für besonders relevant für Erzeugnisse aus Bergregionen und regionale Erzeugnisse, die im Rahmen kurzer Vermarktungswege abgesetzt werden können;

ist der Auffassung, dass der Schutz der Bezeichnung „Erzeugnis der Berglandwirtschaft“ nachhaltig zur wirtschaftlichen Entwicklung, zur Raumplanung und zum Umweltschutz beitragen würde;

betont, dass zur Entwicklung der regionalen Agrar- und Ernährungswirtschaft die Schaffung eines europäischen Kennzeichens sowie die Entwicklung von Instrumenten im Rahmen der zweiten Säule der GAP erforderlich sind, um die Erzeuger entsprechend zu ermutigen; fordert die Kommission deshalb auf, Vorschläge zur Ergänzung der Regelung für die EU-Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse vorzulegen, die in diese Richtung gehen;

ist der Auffassung, dass wirtschaftlicher Erfolg und Nachhaltigkeit landwirtschaftlicher Erzeugnisse, die spezifischen Qualitätsregelungen unterliegen, untrennbar mit einer Steuerung des Angebots verbunden sind;

empfiehlt unter Hinweis auf bereits verabschiedete Stellungnahmen, dass der Einsatz von GVO in den Spezifikationen für amtliche Qualitätskennzeichen auszuschließen ist;

fordert, dass der internationale Schutz geografischer Angaben verstärkt wird.

Berichterstatter

René SOUCHON (FR/SPE), Präsident des Regionalrats der Auvergne

Referenzdokument

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse

KOM(2010) 733 endg.

I.   GEGENSTAND UND ZIELE

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

A.   Qualitätspolitik als grundlegender Bestandteil der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und wichtigster Trumpf der europäischen Agrarerzeugnisse auf internationalen Märkten

1.

stellt fest, dass die EU-Standards für die Sicherheit und Qualität von Lebensmitteln zu den höchsten der Welt gehören;

2.

ist der Auffassung, dass die Qualität der EU-Agrarerzeugnisse einen entscheidenden Mehrwert der GAP darstellt und zu ihren wichtigsten Trümpfen auf dem Weltmarkt zählt;

3.

verweist darauf, dass die Qualitätsregelungen, die kollektiv getragen werden, fester Bestandteil des kulturellen, landwirtschaftlichen und gastronomischen Erbes der Europäischen Union sind; stellt fest, dass diese Qualitätsregelungen gemeinsames Erbe sind, das geschützt und gepflegt werden muss;

4.

weist darauf hin, dass die Differenzierung durch Qualität es ermöglicht, den Mehrwert innerhalb der einzelnen Teilbereiche zu maximieren und den ausgeprägten Erwartungen der Verbraucher in der EU und der Produktionsbetriebe zu entsprechen;

5.

betont, dass die Erzeugung ausgewiesener Qualitätsprodukte angesichts der Krise bei den Preisen für landwirtschaftliche Rohstoffe stabilisierend in den einzelnen Regionen wirkt; weist darauf hin, dass die Erzeugung ausgewiesener Qualitätsprodukte die Förderung von Investitionen, Forschung und Innovation und die Gewährleistung einer gerechteren Umverteilung des Mehrwerts innerhalb der Produktionskette auf die Erzeuger ermöglicht;

6.

ist deshalb der Auffassung, dass die Qualitätspolitik einer der Schwerpunkte der GAP nach 2013 werden muss;

7.

hält es für grundlegend wichtig und fordert deshalb, dass im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2013 weiter hohe Standards für europäische Agrarerzeugnisse aktiv unterstützt werden;

8.

ist der Auffassung, dass wirtschaftlicher Erfolg und Nachhaltigkeit landwirtschaftlicher Erzeugnisse, die spezifischen Qualitätsregelungen unterliegen, untrennbar mit einer Steuerung des Angebots verbunden sind; ist der Auffassung, dass die unverhältnismäßige Zunahme der Produktionsmengen, über die Marktsegmente hinaus, in denen diese Erzeugnisse üblicherweise abgesetzt werden, zur Entwertung der Produkte führt. Diese Entwertung zieht einen Preisverfall nach sich, der wiederum zum gänzlichen Verschwinden des Erzeugnisses führen kann. Die Geschäftsmodelle, die den Qualitätsregelungen zugrunde liegen, sind nur deshalb von wirtschaftlicher Bedeutung, weil sie sich vom Standardmodell unterscheiden. Ihre allgemeine Verbreitung und der damit verbundene Verlust ihrer Einzigartigkeit führen unausweichlich zur Verödung der am meisten gefährdeten Gebiete;

9.

stellt fest, dass es die gegenwärtigen Regelungen nicht ermöglichen, die gemeinsamen Tätigkeiten, die von Vereinigungen und Regionen getragen werden, in zufriedenstellender Weise mit europäischen, nationalen und regionalen Mitteln zu unterstützen, und dass es nur bei Produkten mit den bekanntesten geografischen Angaben möglich ist, die für die Inanspruchnahme europäischer Beihilfen erforderlichen Eigenmittel aufzubringen;

B.   Qualitätsregelungen als wichtiges Instrument für die Raumordnung und die Entwicklung ländlicher Gebiete

trifft folgende Feststellungen:

10.

die Qualitätsregelungen bieten zahlreichen landwirtschaftlich geprägten Gebieten eine Möglichkeit, an der Globalisierung teilzuhaben, weil so besonderem Wissen und Können Anerkennung gezollt und ein qualitativ hochwertiges Angebot für den Verbraucher bereitgestellt wird;

11.

die ländliche Entwicklung ist ein wichtiger Aspekt und darf beim Nachdenken über Qualitätsregelungen nicht außer Acht gelassen werden, da diese die wirtschaftliche Dynamik der ländlichen Gebiete vor Ort unmittelbar beeinflussen;

12.

die ländlichen Gebiete der Europäischen Union sind heterogen und weisen ein breites Spektrum unterschiedlichster Besonderheiten auf. Ihr landwirtschaftliches Potenzial sowie die mit Boden und Klima verbundenen Möglichkeiten wie auch die logistischen Gegebenheiten und die Marktbedingungen unterscheiden sich erheblich;

13.

vor dem Hintergrund der Globalisierung und angesichts der derzeit herrschenden weltweiten Konkurrenz müssen die am meisten benachteiligten Gebiete die Möglichkeit haben, spezifische Instrumente zu nutzen, die es ihnen gestatten, besondere Modelle zu entwickeln bzw. ihre Agrarerzeugnisse auf den Märkten mit für die Verbraucher besonderen Attributen zu versehen. Es ist deshalb von grundlegender Bedeutung, dass die heutigen Maßnahmen, die den Wettbewerbsnachteil benachteiligter Gebiete ausgleichen, bestehen bleiben und alle ländlichen Gebiete der Union Zugang zu Instrumenten haben, mit deren Hilfe sie ihre Erzeugnisse auf den lokalen, europäischen und internationalen Märkten vermarkten und differenzieren können;

betont folgende Aspekte:

14.

die besonderen und strengeren Produktionsbeschränkungen aufgrund der Qualitätsregelungen führen zu höheren Produktionskosten und erfordern zusätzliche Anstrengungen der Erzeuger. Die Verbraucher sind bereit, für diese Anstrengungen einen angemessenen Preis zu zahlen, und erhalten dafür ein Produkt, das sie als besser und/oder typisch betrachten;

15.

die derzeit herrschenden Wettbewerbsregeln begünstigen die Gebiete, die in Bezug auf die Produktionskosten die meisten Vorteile bieten. Die am wenigsten begünstigten Gebiete leiden umgekehrt unter Wettbewerbsnachteilen in Bezug auf die Kosten;

ist deshalb der Auffassung,

16.

dass es von grundlegender Bedeutung ist, eine ausgewogene Verteilung der Wirtschaftstätigkeit auf das Gebiet der Europäischen Union beizubehalten und sich dabei auf differenzierte Entwicklungsmodelle zu stützen;

17.

dass die am meisten benachteiligten ländlichen Gebiete ihre landwirtschaftliche Produktion mittels einer Differenzierung auf den Märkten erhalten können, indem sie sich auf die bestehenden Qualitätsregelungen stützen, die verstärkt und ausgebaut werden müssen;

18.

dass ein solches differenziertes Konzept für die Agrarmärkte besonders relevant für Erzeugnisse aus Bergregionen und für regionale Erzeugnisse ist, die im Rahmen kurzer Vermarktungswege abgesetzt werden können;

II.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

C.   Die Qualität im internationalen Handel schützen und fördern

19.

betont, dass die Anerkennung von Qualitätsregelungen im Rahmen des internationalen Handels von entscheidender Bedeutung ist. Für diese Anerkennung von unter eine Qualitätsregelung fallenden Erzeugnissen dürfen nicht dieselben Regeln gelten wie für Handelsmarken. Der Grundsatz der Ursprungsbezeichnungen berührt das Eigentum und das kollektive Erbe und hat nichts mit privatem Eigentum zu tun. Der Ausschuss hält es deshalb für wünschenswert, den internationalen Schutz geografischer Angaben zu verstärken;

20.

bekräftigt unter Hinweis auf bereits verabschiedete Stellungnahmen seine Forderung, die Anerkennung geografischer Angaben sowie den internationalen rechtlichen Rahmen für diese Angaben zu stärken. Auf diese Weise sollte es möglich sein, einen wirklich effizienten und nachhaltigen internationalen Schutz der Qualitätsregelungen zu erreichen;

21.

ist insbesondere der Auffassung, dass die Europäische Union ihre Anstrengungen für eine Verbesserung des Schutzes geografischer Angaben (g.g.A. und g.U.) im Rahmen der WTO-Verhandlungen sowie der WIPO verstärken muss;

22.

fordert insbesondere

a.

die Ausweitung des Schutzes nach Artikel 23 des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) auf alle Agrarprodukte,

b.

die Einrichtung eines internationalen multilateralen Registers geografischer Angaben (g.A.);

c.

den Abschluss bilateraler Abkommen über die gegenseitige Anerkennung aller eingetragenen g.U. und g.g.A. zwischen der EU und Drittstaaten;

23.

wirft jedoch die Frage nach den Risiken auf, die aus bestimmten bilateralen Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Erzeugnissen mit geografischen Angaben erwachsen, die derzeit ausgehandelt werden; ist der Auffassung, dass sichergestellt werden muss, dass der Abschluss dieser Abkommen nicht dazu führt, dass Produkte aus Drittländern auf den europäischen Markt gelangen, die zwar eine geografische Angabe tragen, bei denen die Anforderungen oder Kontrollen jedoch hinter europäischen Standards zurückbleiben;

24.

empfiehlt die Festlegung konkreter Maßnahmen, mit denen verhindert wird, dass Produkte, deren Kennzeichnung nicht den Rechtsvorschriften über die Qualität von landwirtschaftlichen Erzeugnissen in der EU entspricht, innerhalb der EU vermarktet sowie aus der EU ausgeführt werden;

D.   Die Definition geografischer Angaben klarer und strikter gestalten

25.

bezweifelt, ob die Änderung der Definitionen der geschützten Ursprungsbezeichnungen (g.U.) und geschützten geografischen Angaben (g.g.A.), die die Europäische Kommission in ihrem Vorschlag für eine Verordnung vorlegt, wirklich begründet ist;

26.

fordert die Europäsche Kommission ausdrücklich auf, sicherzustellen, dass die Streichung der Verweise auf die Phasen der Zubereitung und Herstellung der Produkte nicht zu einem verminderten Schutz oder missbräuchlicher Verwendung führen kann;

27.

wirft zudem die Frage auf, ob es sinnvoll ist, spezifische Definitionen für einzelne Produkttypen zu erarbeiten, und betont, dass die Berücksichtigung möglicher Besonderheiten der Produktionsschritte für einige Produkttypen nicht die Einheit und Kohärenz des Systems geografischer Angaben auf europäischer Ebene beeinträchtigen darf;

28.

fordert die Europäische Kommission auf, zu erläutern, welches Verfahren sie für delegierte Rechtsakte anzuwenden gedenkt, und empfiehlt, sämtliche Beteiligten vorher zu konsultieren;

E.   Erzeugnisse aus Bergregionen fördern und differenzieren

29.

stellt fest, dass Agrarprodukte aus Berggebieten in den Augen der Verbraucher starke Identitätsträger sind, da sie Ergebnis von Produktionssystemen sind, die zum großen Teil extensiv und/oder traditionell funktionieren; weist darauf hin, dass diese Produkte in hohem Maße Träger öffentlicher Güter und wichtig für die lokale Wirtschaft sind;

30.

verweist darauf, dass Gebirge 40 % des europäischen Gebiets im weiteren Sinne (1) und 15 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche ausmachen (2) und dass 18 % der landwirtschaftlichen Betriebe in Bergregionen liegen; weist darauf hin, dass der Anteil von Berggebieten an der Fläche der Europäischen Union mit der Erweiterung noch zunehmen wird (3);

31.

ist der Auffassung, dass die Anerkennung der Erzeugnisse aus Berggebieten und ihre besondere Kennzeichnung unverzüglich in die EU-Qualitätspolitik für Agrarprodukte insgesamt aufzunehmen ist und dass dies im Einklang mit der Anerkennung der Berggebiete in der Gemeinsamen Agrarpolitik erfolgen muss;

32.

ist der Auffassung, dass die Fähigkeit der Erzeuger in Berggebieten, ihre Produkte im Rahmen der Qualitätssysteme optimal zu vermarkten, angesichts ihrer geringeren Produktivität eine unabdingbare Voraussetzung dafür ist, dass sie ihre Tätigkeit aufrechterhalten können (4);

33.

betont, dass die Erzeugnisse aus Berggebieten Besonderheiten im Hinblick auf den Ort und die Verfahren ihrer Herstellung und Verarbeitung aufweisen (5), die unmittelbare qualitative Vorteile (6) für die Verbraucher mit sich bringen;

34.

ist deshalb der Auffassung, dass es der Schutz der Bezeichnung „Erzeugnis der Berglandwirtschaft“ gestatten würde, die Erzeugnisse der Berglandwirtschaft (d.h. pflanzliche und tierische Erzeugnisse und lokale Verarbeitungserzeugnisse) relativ kostengünstig besser zu vermarkten und zu schützen, und dass zu diesem Zweck in allen Mitgliedstaaten die Schaffung eines Marktsegments zu fördern ist, in dem der Wert dieser Produkte anerkannt wird; weist darauf hin, dass damit die Pflege und Weiterentwicklung der Traditionen, der Kultur und des Erbes der Berggebiete gewährleistet wäre und die Verankerung von Produktions- und Verarbeitungsstrukturen vor Ort gefördert würde;

35.

ist der Auffassung, dass ein Schutz dieser Erzeugnisse unter der Bezeichnung „Erzeugnisse der Berglandwirtschaft“ nachhaltig zur wirtschaftlichen Entwicklung, zur Raumplanung und zum Umweltschutz beitragen würde. Diese Aspekte sind in den Regionen sehr wichtig, in denen die Aufgabe landwirtschaftlich genutzter Flächen mit Umweltzerstörung, der Zunahme „natürlicher“ Risiken und der Ausdünnung des sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Gefüges einhergeht;

36.

weist darauf hin, dass es schwierig ist, Zahlen betreffend die Vermarktung von Erzeugnissen aus Berggebieten für die ganze EU vorzulegen, solange der Begriff noch nicht europaweit einheitlich definiert ist. In bestimmten Teilbereichen sind jedoch bereits spürbare positive Auswirkungen zu verzeichnen, sobald den Wirtschaftsbeteiligten die Möglichkeit gegeben wird, ihre Produkte auf diese Weise zu vermarkten. In diesem Zusammenhang ist auf das Beispiel der Molkereiwirtschaft im Zentralmassiv in Frankreich hinzuweisen (7);

37.

erinnert daran, dass er sich bereits mehrfach für die Einführung freiwilliger vorbehaltener Bezeichnungen für Erzeugnisse der Berglandwirtschaft ausgesprochen hat, und bekräftigt in dieser Stellungnahme seine Forderung, Erzeugnisse der Berglandwirtschaft im Rahmen der geplanten Qualitätspolitik der Europäischen Union unverzüglich zu berücksichtigen;

38.

unterstreicht ebenfalls erneut, dass die Regionen einen wichtigen Beitrag zur Definition von Bezeichnungen mit dem Bestandteil „Berg-“ leisten sollten und dass sie an der Schaffung von Produktionsketten im Rahmen einer regional verankerten Politik der Entwicklung des ländlichen Raums wesentlich beteiligt sein müssen;

F.   Förderung kurzer Vermarktungswege und des Direktverkaufs

39.

ist anknüpfend an die bereits verabschiedete Stellungnahme zur regionalen Agrar- und Ernährungswirtschaft (8) der Auffassung, dass die Förderung kurzer Vertriebsketten und des Direktverkaufs von ausschlaggebender Bedeutung ist; verweist darauf, dass er in dieser Stellungnahme die „regionale Agrar- und Ernährungswirtschaft“ als Kombination von vier Faktoren definiert hat: eine kurze Vertriebskette, eine kurze physische Entfernung zwischen dem Produktionsort und dem Ort des Verbrauchs, eine Arbeitsweise, die auch die Parameter Transport, Vertrieb, Reststromnutzung, erneuerbare Energien, Vermarktung, Werbung und Qualitätssicherung berücksichtigt, eine Arbeitsweise, die auf lokaler und regionaler Ebene gesteuert werden muss; betont, dass die Vermarktung regionaler Erzeugnisse es ermöglicht, die landwirtschaftliche Erzeugung zurückzuverlagern und wieder in ihrem jeweiligen Ursprungsgebiet zu verankern, was ihren Verbrauch auf den lokalen Märkten erleichtert; stellt zudem fest, dass die Vermarktung regionaler Erzeugnisse zu einer angemessenen Verteilung der landwirtschaftlichen Tätigkeit auf das gesamte Gebiet der EU beiträgt und sich positiv auf die Umwelt auswirkt, sofern darauf geachtet wird, dass die Erzeugung an die natürlichen Produktionskapazitäten des jeweiligen Gebiets angepasst ist;

40.

betont auch den wirtschaftlichen Nutzen kurzer Vermarktungswege, die es Erzeugern ermöglichen können, ein höheres Einkommen zu erzielen, da die Gewinnspannen einer zu langen Vermarktungskette entfallen; weist darauf hin, dass diese Erzeuger gewöhnlich kaum in der Lage sind, sich gegen Verhandlungsgepflogenheiten der Agrar- und Ernährungswirtschaft mit starker Konzentration und deren Vermarktungsbedingungen zur Wehr zu setzen;

41.

stellt mit Blick auf die Vermarktung regionaler Erzeugnisse Folgendes klar:

a.

Es geht vor allem darum, die Wege zwischen Produktionsort und Ort des Verbrauchs von Lebensmitteln zu verkürzen, unabhängig davon, ob diese verarbeitet werden, und damit geografisch möglichst kurze Produktions-, Verarbeitungs- und Vermarktungsketten zu fördern. Dank einer solchen Verkürzung entfallen nicht notwendige Treibhausgasemissionen, die durch zu lange und zu komplexe Wege entstehen;

b.

der Direktverkauf durch Kleinerzeuger auf den lokalen Märkten ist ein Beispiel für einen kurzen Vertriebsweg, und entsprechende Systeme müssen umfassend in die Agrarpolitik der Europäischen Union insgesamt einbezogen werden. Kurze Vermarktungswege führen zum Wiederaufbau einer starken Bindung zwischen Erzeuger und Verbraucher und gestatten auch eine bessere Rückverfolgbarkeit der Produkte, wodurch Besorgnisse der Verbraucher im Hinblick auf die Herkunft der von ihnen verzehrten Produkte zerstreut werden;

c.

der Grundsatz kurzer Vermarktungswege besteht nicht nur darin, die Zahl der Zwischenglieder zwischen Erzeuger und Verbraucher zu reduzieren, sondern es geht vor allem darum, die Lebensmittelkette in den Regionen dynamischer zu gestalten. Kurze Vermarktungswege schließen die Erzeuger, die Verarbeiter sowie die Händler vor Ort ein, die alle unmittelbar oder mittelbar an der Entwicklung ländlicher Gebiete beteiligt sind;

d.

dies muss unbedingt mit einer besseren Verteilung des Mehrwerts in der gesamten Kette einhergehen, die es vor allem den Erzeugern ermöglicht, sich diesen Mehrwert wieder anzueignen;

42.

ist der Auffassung, dass zur Entwicklung einer regionalen Agrar- und Ernährungswirtschaft die Schaffung eines europäischen Kennzeichens sowie die Entwicklung von Instrumenten im Rahmen der zweiten Säule der GAP erforderlich sind, um die Erzeuger entsprechend zu ermutigen;

43.

fordert die Kommission deshalb auf, Vorschläge zur Schaffung eines neuen Zeichens und zur Festlegung eines Identitätskennzeichens für im Rahmen der regionalen Agrar- und Ernährungswirtschaft vermarktete regionale Produkte vorzulegen, die in die Regelung für die EU-Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse aufgenommen werden;

44.

unterstützt nachdrücklich die Initiativen der Kommission zur Ausdehnung der obligatorischen Angabe des „Erzeugungsortes“ auf dem Erzeugnis und plädiert für ähnliche obligatorische Angaben in der Gastronomie;

45.

betont, dass dieses neue Zeichen auch eine Lösung für Tausende traditioneller Erzeugnisse der europäischen Regionen sein könnte, die nicht unbedingt mit geografischen Angaben versehen werden sollen;

46.

weist die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und den Rat darauf hin, dass die Regeln für die Vergabe öffentlicher Aufträge so angepasst werden müssen, dass der Ankauf regionaler Agrarprodukte durch die Gebietskörperschaften erleichtert wird; stellt fest, dass die öffentlichen Auftraggeber gemäß Artikel 26 der Richtlinie 2004/18/EG in den Verdingungsunterlagen zusätzliche Bedingungen im Hinblick auf soziale und umweltbezogene Aspekte angeben können;

47.

fordert, dass Artikel 53 der Richtlinie 2004/18/EG so geändert wird, dass ausdrücklich Kriterien wie räumliche Nähe bzw. Reduzierung der CO2-Emissionen infolge des Transports der Waren berücksichtigt werden;

48.

betont, dass die Regionen das bereits erwähnte neue Zeichen „Kurzer Vermarktungsweg“ vergeben können, da sie in der Lage sind, lokale und kulturelle Aspekte der Erzeugnisse zu beurteilen; weist darauf hin, dass die Regionen zudem – zusätzlich zu den europäischen Fonds – die wichtigsten Partner für die Förderung dieser Produkte sind;

G.   Förderung und Entwicklung garantiert traditioneller Spezialitäten

49.

weist darauf hin, dass das System der garantiert traditionellen Spezialitäten geeignet ist, bestimmte traditionelle Erzeugnisse der Agrar- und Ernährungswirtschaft zu schützen und zu entwickeln. Der Wert dieser garantiert traditionellen Spezialitäten wird im Gegensatz zur großen Mehrheit der industriellen Produkte der Agrar- und Lebensmittelwirtschaft im Wesentlichen durch die Arbeit des Erzeugers geschaffen. Diese Produkte tragen dazu bei, die Vielfalt des Angebots der Agrar- und Ernährungswirtschaft zu gewährleisten und den Reichtum des europäischen gastronomischen Erbes zu fördern;

50.

hält es für sinnvoll, eine EU-weite Zählung der Produkte vorzunehmen, die zur traditionellen europäischen Feinschmeckerkunst zählen. Auf diese Weise könnte eine Grundlage für die mögliche Anerkennung als garantiert traditionelle Spezialität geschaffen werden. Dies stünde im Übrigen im Einklang mit der weltweiten Initiative der UNESCO und würde es ermöglichen, ähnliche, von mehreren Mitgliedstaaten eingeleitete Maßnahmen zu verallgemeinern;

H.   Qualitätsprodukte frei von gentechnisch veränderten Organismen

51.

empfiehlt unter Hinweis auf bereits verabschiedete Stellungnahmen, dass der Einsatz von GVO in den Spezifikationen für amtliche Qualitätskennzeichen auszuschließen ist. Dieses Verbot sollte von den Mitgliedstaaten schrittweise innerhalb einer angemessenen Frist von höchstens fünf Jahren eingeführt werden, damit die Erzeuger Gelegenheit haben, die erforderlichen technischen Vorkehrungen zu treffen. Dieser Zeitraum sollte genutzt werden, um alternative Bezugsquellen zu ermitteln, die es ermöglichen, den Einsatz von GVO in Rohstoffen, vor allem bei Futtermitteln, zu vermeiden;

52.

hält es für grundlegend wichtig, den Einsatz gentechnisch veränderter Organismen in allen Phasen der Herstellung von Produkten mit amtlichen Qualitätskennzeichen ausdrücklich zu untersagen. Ein solches Verbot könnte die Nachhaltigkeit traditioneller Produktionsverfahren und die Besonderheiten der Qualitätsregelungen gewährleisten;

53.

ist im Übrigen der Auffassung, dass das Verbot von GVO in den Spezifikationen für amtliche Qualitätskennzeichen kurzfristig eine unabdingbare Voraussetzung dafür ist, die Transparenz und Glaubwürdigkeit der Regelungen in den Augen der Verbraucher zu bewahren;

54.

betont, dass eine Änderung der Spezifikationen für amtliche Qualitätskennzeichen immer dringlicher wird, zumal sich außerhalb von Qualitätsregelungen private Initiativen entwickeln, die für GVO-freie Produkte bürgen;

55.

betont auch, dass die Entwicklung eines garantiert GVO-freien Markts für Produkte mit einem amtlichen Qualitätskennzeichen insofern eine Chance für die Erzeuger ist, als die Nachfrage nach solchen Produkten bei europäischen Verbrauchern extrem stark ausgeprägt ist;

56.

ist der Auffassung, dass GVO-freie Produkte mit amtlichen Qualitätskennzeichen wie auch Erzeugnisse des ökologischen Landbaus von den Verbrauchern sehr gut angenommen werden. Diese Tatsache gewährleistet einen nachhaltigen Absatz und gleicht damit eventuelle zusätzliche Kosten aus, die die Erzeuger kurzfristig übernehmen können;

57.

betont, dass das Verbot des Einsatzes von GVO bei Produkten mit amtlichen Qualitätskennzeichen mit einer offensiven Strategie im Hinblick auf die Produktion und die Versorgung mit GVO-freiem pflanzlichen Eiweiß in der Europäischen Union einhergehen muss. Diese Strategie muss untrennbar mit einer kohärenten Entwicklung GVO-freier Kulturen in Europa verbunden sein und ist daher eine wichtige Chance für die Entwicklung des Anbaus von Eiweißpflanzen in Europa, deren Vorteile für Landwirtschaft und Umweltschutz weithin anerkannt sind. Die Entwicklung des Anbaus GVO-freier Eiweißkulturen kann mit Hilfe spezifischer Beihilfen für Agrar-Umweltmaßnahmen im Rahmen der GAP unterstützt werden;

58.

empfiehlt daher, eine Untersuchung über den verstärkten Anbau von GVO-freien Eiweißkulturen (Erbsen, Ackerbohnen) durchzuführen, die offenbar die besten Quellen (9) für die Erzeugung von GVO-freiem Eiweiß sind;

59.

ist der Auffassung, dass die Mehrkosten, die durch das Verbot des Einsatzes von GVO durch die Spezifikationen für alle Erzeugnisse mit amtlichen Qualitätssiegeln entstehen, dadurch minimiert werden können, dass diese Regelung schrittweise über einen Zeitraum von fünf Jahren hinweg eingeführt wird, dass diese Mehrkosten, wenn sie auf die gesamte Wertschöpfungskette umgelegt werden, für den Verbraucher nur geringfügig ins Gewicht fallen und nur wenige Eurocent pro Kilogramm betragen (10) und dass schließlich die Vorteile für die Umwelt, die der Anbau GVO-freier Eiweißpflanzen mit sich bringt, sämtliche Mehrkosten mittel- und langfristig aufwiegen werden (11);

60.

unterstreicht, dass hochwertige Erzeugnisse auf der Basis von landwirtschaftlichen Rohstoffen (Fleisch, Eier, Milch usw.), die unter Verwendung von GVO-haltigen Futtermitteln produziert werden, entsprechend etikettiert werden müssen, um unlauteren Wettbewerb zwischen GVO-frei hergestellten EU-Erzeugnissen und vom internationalen Markt stammenden, unter Verwendung von GVO hergestellten Erzeugnissen zu verhindern;

I.   Die Produktion steuern

61.

ist der Auffassung, dass eine wichtige Aufgabe der Agrarpolitik (12) in der Regulierung und Steuerung des Angebots landwirtschaftlicher Qualitätserzeugnisse liegt und dass Qualitätsregelungen zwar nicht den Gesetzen der konventionellen Märkte unterworfen, aber dennoch den Unwägbarkeiten des Marktes ausgesetzt sind;

62.

ist der Auffassung, dass die Entwicklung und die Anwendung von Qualitätsregelungen untrennbar mit einer abgestimmten Politik der Angebotssteuerung verknüpft sind. Der Anstieg der Produktivität und/oder der Mengen, die in einem Gebiet erzeugt werden, ist meistens nicht mit dem Schutz der Umwelt und der Wahrung der Qualität und der Besonderheiten des Produkts vereinbar;

63.

ist auch der Auffassung, dass die unkontrollierte Entwicklung der verkauften Mengen ohne Steuerung der Produktion in bestimmten Fällen zu einem beträchtlichen Verfall der Erzeugerpreise führen kann, so dass die Produktion für die Erzeuger wirtschaftlich nicht mehr von Interesse ist. Im übrigen können die Erzeuger in Gebieten mit naturbedingten Nachteilen rückläufige Preise bei Qualitätsprodukten nicht durch eine Erhöhung der Produktionsmenge kompensieren und sind, da sie sich nicht anpassen können, gezwungen, ihre Tätigkeit einzustellen;

64.

ist deshalb der Auffassung, dass sich Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse von dem Grundsatz, dass der Wettbewerb nur über die Preise erfolgt, freimachen müssen und dass der Fortbestand einer Qualitätsregelung nicht von der Erhöhung des Produktionsvolumens abhängig sein darf, sondern vielmehr auf der dem Erzeugnis innewohnenden Qualität beruhen muss, die einen höheren Preis rechtfertigt, den der Verbraucher zu zahlen bereit ist;

65.

fordert unter Hinweis auf bereits verabschiedete Stellungnahmen die Schaffung von Instrumenten zur Steuerung der Produktion für Erzeugnisse, die einer Qualitätszertifizierung unterliegen, und fordert die Europäische Kommission auf, konkrete Instrumente für die Steuerung solcher Märkte vorzuschlagen;

J.   Die Kommunikation verbessern und die Entwicklung von Qualitätsregelungen begleiten

66.

ist der Auffassung, dass der Verbraucher Einfluss darauf hat, dass sich die Erzeugung von Agrarprodukten zurückverlagert und konsolidiert, denn er sorgt letzten Endes dafür, dass sich diese bezahlt macht;

67.

ist der Auffassung, dass die Kommunikation über die Produktionsbedingungen verbessert werden muss, damit der Verbraucher aktiv an den Vorteilen der Qualitätsregelungen teilhaben kann. Die Verbraucher müssen in die Lage versetzt werden, die vier offiziellen europäischen Kennzeichen zu erkennen und von den Marken privater Unternehmen zu unterscheiden, die mit geografischen Bezeichnungen verbunden sind;

68.

ist der Auffassung, dass die Anbieter die vom Rat oder von der Kommission für die Kennzeichnung von landwirtschaftlichen Qualitätserzeugnissen festgelegten grafischen Symbole generell und systematisch verwenden sollten und dass die Verbraucher besser über die Bedeutung und den Stellenwert dieser Symbole informiert werden sollten;

69.

fordert, dass im Rahmen der künftigen GAP geeignete Instrumente geschaffen werden, mit denen die Entwicklung von Qualitätsregelungen gestärkt, gefördert und begleitet werden kann;

70.

fordert insbesondere die Ergreifung von Maßnahmen im Rahmen der zweiten Säule der GAP, durch die die derzeitigen Maßnahmen des ELER zur Unterstützung und Förderung von Qualitätsregelungen verbessert bzw. ersetzt werden können, und zwar mittels:

a.

einer stärkeren Berücksichtigung der Einschränkungen, denen Erzeuger von Qualitätsprodukten unterliegen,

b.

umfassenderer Beihilfen für Erzeugergemeinschaften im Zusammenhang mit der Zertifizierung, Kontrolle und Werbung sowie vorausgehenden Studien,

c.

der Möglichkeit, g.U. und g.g.A. mit vorläufigem Schutz zu finanzieren,

d.

der Möglichkeit, kollektive Maßnahmen mehrerer g.U. und g.g.A. zu finanzieren und nationale und regionale Kofinanzierung zu nutzen;

K.   Die Umsetzung der Qualitätspolitik vereinfachen und verbessern

71.

verweist darauf, dass die EU Maßnahmen im Bereich der Qualität von Agrarprodukten ergreifen muss, um einen wirksamen Schutz dieser Produkte und eine zuverlässige Information der Verbraucher zu gewährleisten;

72.

begrüßt die Vorschläge der Europäischen Kommission zur Aktualisierung der Regeln und zur Reduzierung des Verwaltungsaufwands für die Erzeuger, vor allem im Zusammenhang mit der Registrierung der Produkte;

73.

begrüßt auch, dass die Bedeutung und die Verantwortung der Erzeugergemeinschaften bei der Vergabe geografischer Angaben anerkannt wurde;

74.

billigt den Vorschlag der Kommission, der darauf abzielt, die Regelungen für garantiert traditionelle Spezialitäten zu vereinfachen und gezielter zu fassen.

Brüssel, den 12. Mai 2011

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


(1)  „Mountain areas in Europe“ (Berggebiete in Europa), Studie von NORDRegio, erstellt für die Europäische Kommission (GD REGIO, 2004).

(2)  „Peak performance: New insights into Mountain Farming in the European Union“ (Spitzenleistung: Neue Einblicke in die Berglandwirtschaft in der Europäischen Union), Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen, Dezember 2009.

(3)  „Europe's ecological Backbone: recognising the true value of our mountains“ (Europas ökologisches Rückgrat: Anerkennung des wirklichen Werts unserer Gebirge), Sept. 2010, EUA Nr. 6/2010.

(4)  „Peak performance: New insights into Mountain Farming in the European Union“ (Spitzenleistung: Neue Einblicke in die Berglandwirtschaft in der Europäischen Union), Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen, Dez. 2009: Die Produktivität von Agrarbetrieben in benachteiligten Gebieten in Bergregionen ist um 28 % geringer als die Produktivität von Agrarbetrieben in benachteiligten Gebieten, die nicht in Bergregionen gelegen sind, und um 40 % geringer als in nicht benachteiligten Gebieten.

(5)  „Produits agroalimentaires de montagne en Europe: résultats, conclusions et réalisations concrètes du projet (Erzeugnisse der Berglandwirtschaft in Europa: Ergebnisse, Schlussfolgerungen und konkrete Errungenschaften)“, Nov. 2004, S. 7 und 17.

(6)  „La composante milieu physique dans l'effet terroir pour la production fromagère: quelques réflexions à partir du cas des fromages des Alpes du Nord“ (Natürliche Umwelt als Faktor für den regionalen Charakter der Käseproduktion: Überlegungen anhand von Käseprodukten aus den nördlichen Alpen). Jean-Marcel Dorioz, Philippe Fleury, Jean-Baptiste Coulon, Bruno Martin. Courrier de l’environnement de l’INRA Nr. 40, Juni 2000. http://www.inra.fr/dpenv/pdf/DoriozD27.pdf.

(7)  Mit Hilfe einer neu geschaffenen Marke „Bergmilch“ sollen drei bis vier Millionen Liter Trinkmilch, die im Zentralmassiv erzeugt wurden, vermarktet werden: http://www.leprogres.fr/fr/region/la-haute-loire/haute-loire/article/3939334,183/Une-marque-Montagne-pour-le-lait-du-Massif-central.html. Beispiele aus der Schweiz zeigen, dass sich gegenüber herkömmlicher Trinkmilch ein Mehrwert von bis zu 30 % erzielen lässt (Revue Montagna, Juli 2010). Aus Berggebieten stammen 11,5 % der in Europa erzeugten Milch, und dort sind zwischen einem Fünftel und einem Sechstel der milcherzeugenden Betriebe ansässig. Die Produktionskosten liegen 12 % über den Kosten im Flachland, und die Entlohnung beträgt weniger als 10 000 EUR pro LAE. Diese Nachteile werden durch Beihilfen nur zu 34 % aufgefangen. „Le lait de montagne européen: un symbole menacé“ (Europäische Bergmilch: ein Symbol in Gefahr), Institut de l’élevage-CNIEL, Mai 2009, S. 7.

(8)  Prospektivstellungnahme des Ausschusses der Regionen „Regionale Agrar- und Ernährungswirtschaft“, verabschiedet auf der Plenartagung am 27. Januar 2011, Berichterstatterin: Lenie DWARSHUIS-VAN DE BEEK (NL/ALDE), Mitglied der Exekutive der Provinz Südholland.

(9)  Die genannten Kulturen werden gegenwärtig in Frankreich (Erbsen) und Großbritannien (Ackerbohnen) angebaut.

(10)  MILANESI J.: Quel avenir pour les filières animales „sans OGM“ en France? (Hat die GVO-freie Tierhaltung in Frankreich eine Zukunft?) Artikel des Unternehmens der Hühnererzeugung „Label Rouge“. 3. Tage der sozialwissenschaftlichen Forschung. INRA SFER CIRAD, 9., 10. und 11. Dezember 2009 – Montpellier, Frankreich. http://www.sfer.asso.fr/content/download/2981/27271/version/1/file/B3+-+Milanesi.pdf.

(11)  La relance des légumineuses dans le cadre d’un plan protéines: quels bénéfices environnementaux? (Die Wiederentdeckung der Hülsenfrüchte im Rahmen eines Eiweißplans – Vorteile für die Umwelt) Generalkommissariat für nachhaltige Entwicklung, Frankreich, 2009. http://www.developpement-durable.gouv.fr/IMG/pdf/E_D15.pdf.

(12)  Giraud-Héraud Eric, Soler Louis-Georges. Quelle légitimité à des mécanismes de régulation de l'offre dans les appellations d'origine protégée? (Wie legitim sind Verfahren zur Angebotssteuerung bei geschützten Ursprungsbezeichnungen?) In: Économie rurale. No 277-278, 2003. S. 123-134. http://www.persee.fr/web/revues/home/prescript/article/ecoru_0013-0559_2003_num_277_1_5441.


1.7.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 192/36


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: „Milchpaket“

2011/C 192/07

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

gibt zu bedenken, dass die Milcherzeugung in der Europäischen Union von großer Bedeutung ist. In vielen Mitgliedstaaten und Regionen ist sie ein wichtiger Pfeiler der regionalen Wirtschaft und der landwirtschaftlichen Wertschöpfung. Die Milcherzeugung übernimmt dabei wichtige ökologische Aufgaben, prägt nachhaltig die Kulturlandschaft und ist ein wichtiger Arbeitgeber in den ländlichen Regionen;

ist der Auffassung, dass der Reformprozess den regionalen und strukturellen Unterschieden in der Milchviehhaltung und der Molkereiwirtschaft gerecht werden muss. In vielen Regionen wird Milch überwiegend in kleinen und mittleren Familienbetrieben erzeugt, in anderen Regionen wiederum sind große landwirtschaftliche Unternehmen prägend für die Milcherzeugungsstruktur. Daher dürfen die Reformen im Milchsektor diese Betriebsstrukturen nicht gefährden; dies gilt insbesondere für die Strukturen, die zu nachhaltigem Wachstum beitragen;

unterstützt die Initiative der EU-Kommission, bestimmte einheitliche Regelungen für Milcherzeugerorganisationen in der EU einzuführen, damit die Möglichkeit des Zusammenschlusses von Milcherzeugern – auch grenzüberschreitend – in allen Regionen gegeben ist;

erachtet es daher als angemessen, den Mitgliedstaaten die Anerkennung von Erzeugerorganisationen und deren Vereinigungen im Milchbereich nach einzelstaatlichem Recht und im Einklang mit bestimmten unionsrechtlichen Vorgaben weiterhin zu ermöglichen;

begrüßt den Vorschlag der EU-Kommission, Branchenorganisationen im Sektor Milch und Milcherzeugnisse zuzulassen, um damit wichtige Impulse in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Förderung einer ökologischen Produktion und Absatzförderung zu geben;

stellt die Notwendigkeit eines zuverlässigen und reaktionsfähigen Sicherheitsnetzes, das rasch und wirksam auf außerordentliche Markt- und Preisveränderungen reagieren kann, für eine zukunftsorientierte Milcherzeugung in der EU fest.

Berichterstatterin

Emilia MÜLLER (DE/EVP), Staatsministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten des Freistaates Bayern

Referenzdokumente

Bericht der Europäischen Kommission an das Europäische Parlament und den Rat - Die Entwicklung der Marktlage und die sich daraus ergebenden Bedingungen für ein reibungsloses allmähliches Auslaufen der Milchquotenregelung

KOM(2010) 727 endg.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) 1234/2007 des Rates im Hinblick auf Vertragsbeziehungen im Sektor Milch und Milcherzeugnisse

KOM(2010) 728 endg.

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Politische Entwicklung und regionale Bedeutung des Sektors Milch

1.

weist darauf hin, dass der Sektor Milch sich in einem der stärksten Liberalisierungsprozesse der EU befindet. Das Absenken des internen Stützungsniveaus, die Entkoppelung der Direktzahlungen und der Milchprämie, der schrittweise Abbau des Außenschutzes sowie das geplante Auslaufen der Milchquotenregelung 2015 stellen große Herausforderungen für Milcherzeuger und Molkereien dar;

2.

erwartet, dass die Liberalisierung des Milchmarktes zu mehr Preisvolatilität und damit zu großen Unsicherheiten in den betrieblichen Planungen der Milcherzeuger führen wird;

3.

weist nachdrücklich darauf hin, dass der Spekulation auf dem Weltmarkt für landwirtschaftliche Erzeugnisse Einhalt geboten werden muss, und betont die Rolle, die der EU-Außenhandelspolitik dabei zukommt; erinnert daran, dass die neue GAP auf dem Prinzip der Nahrungsmittelselbstversorgung gründen und die Frage der Öffnung des europäischen Marktes für günstigere Importe mit der Erörterung der Vorschläge zur Regulierung des EU-Marktes verbunden werden sollte;

4.

geht davon aus, dass andererseits die Öffnung der Märkte und die Freigabe der Produktionsmengen die Möglichkeit bieten, Marktsignale besser aufzugreifen und vorhandene Nachfragepotenziale zu nutzen;

5.

gibt zu bedenken, dass die Milcherzeugung in der Europäischen Union von großer Bedeutung ist. In vielen Mitgliedstaaten und Regionen ist sie ein wichtiger Pfeiler der regionalen Wirtschaft und der landwirtschaftlichen Wertschöpfung. Die Milcherzeugung übernimmt dabei wichtige ökologische Aufgaben, prägt nachhaltig die Kulturlandschaft und ist ein wichtiger Arbeitgeber in den ländlichen Regionen;

6.

unterstreicht, dass die Liberalisierung des Milchmarkts keine Beeinträchtigung der Ernährungssicherheit im Binnenmarkt oder unbegründete Änderungen der bisherigen Verbraucherpräferenzen auslösen darf. Auch darf sie in Erzeugung und Verbrauch nicht zu neuen Marktverzerrungen in und zwischen den Mitgliedstaaten, zwischen Norden und Süden, Osten und Westen sowie in Bezug auf Drittstaaten führen;

7.

ist der Auffassung, dass der Reformprozess den regionalen und strukturellen Unterschieden in der Milchviehhaltung und der Molkereiwirtschaft gerecht werden muss. In vielen Regionen wird Milch überwiegend in kleinen und mittleren Familienbetrieben erzeugt, in anderen Regionen wiederum sind große landwirtschaftliche Unternehmen prägend für die Milcherzeugungsstruktur. Daher dürfen die Reformen im Milchsektor diese Betriebsstrukturen nicht gefährden; dies gilt insbesondere für die Strukturen, die zu nachhaltigem Wachstum beitragen;

8.

vertritt die Ansicht, dass den heterogenen Strukturen in der Molkereiwirtschaft ebenfalls Rechnung getragen werden muss, da diese durch die große Spannbreite von regionalen Spezialitäten bis hin zu innovativen und auf den Absatz ausgerichteten Produkten von großer Bedeutung für die Versorgung mit hochwertigen, sicheren und gesunden Milchprodukten in der Europäischen Union sind;

9.

erwartet, dass durch das Auslaufen der Milchquotenregelung eine stärkere Verlagerung der Milchproduktion an Gunststandorte stattfinden wird, wodurch sich große Herausforderungen für die betroffenen Regionen ergeben werden;

10.

weist darauf hin, dass die Milcherzeugung als auch die Milchverarbeitung im Besonderen von hohen Investitionskosten und arbeitsintensiven Produktions- und Verarbeitungsprozessen gekennzeichnet sind und daher lange Zyklen aufweisen und Planungssicherheit benötigen;

11.

gibt zu bedenken, dass die Milcherzeuger verstärkt auf Marktsignale achten und ihre Betriebe daraufhin ausrichten, jedoch noch weiterhin große Anstrengungen notwendig sind, damit diese in einem liberalisierten Milchmarkt bestehen können;

12.

fordert die EU und die zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten angesichts der ernährungsphysiologischen Vorteile auf, das Europäische Schulmilchprogramm aktiv zu fördern, um Kinder an gesunde Ernährungsgewohnheiten heranzuführen;

Herausforderungen in einem liberalisierten Milchmarkt

13.

erwartet, dass eine umfassende Reform erfolgt, die eine Rationalisierung des Marktes für Milch und Milchprodukte bewirkt und transparente Rahmenbedingungen mit von gleichberechtigten Marktteilnehmern einvernehmlich festgelegten Regeln schafft;

14.

ist der Auffassung, dass die zunehmende Preisvolatilität eine der größten Herausforderungen für die Milcherzeugung in den Regionen darstellt. Die Sicherung der Liquidität und die Überwindung von Marktkrisen sind für Milcherzeuger aufgrund ihrer kontinuierlichen Produktion, die lange Produktionszyklen aufweist, von zentraler Bedeutung;

15.

erachtet daher Maßnahmen und Möglichkeiten zur Begrenzung des Erlösrisikos als wichtigen Bestandteil des Reformprozesses im Sektor Milch. Mithilfe von branchenspezifischen, regionalen und gemeinschaftlichen Mechanismen des Risikomanagements muss es möglich sein, den Milcherzeugern ein ausreichendes Maß an Planungssicherheit zu gewährleisten. Hierbei können Preisabsicherungsmechanismen für den verarbeitenden Sektor ebenso wichtig sein wie die Möglichkeit eines Risikoausgleichs eines Wirtschaftszweiges oder einer Gemeinschaft von Erzeugern;

16.

weist darauf hin, dass Innovationen und Forschung Schlüsselfaktoren für eine erfolgreiche und nachhaltige Entwicklung des Sektors sein werden, unterstreicht in diesem Zusammenhang jedoch auch die notwendige verlässliche Informierung der Verbraucher;

17.

ist davon überzeugt, dass sich durch eine Öffnung der Märkte und die Freigabe der Produktion Exportpotenziale sowohl für an Drittlandsmärkte angepasste Produkte als auch für regionale Spezialitäten und qualitativ hochwertige Produkte ergeben können;

18.

äußert seine Erwartung, dass sich diese Potenziale nur mit viel Engagement erschließen lassen. Der Milchsektor, vor allem kleine und mittlere Unternehmen, die prägend für die regionale Milcherzeugung in der EU sind, muss dabei und bei der Etablierung regionaler Wertschöpfungsketten verstärkt unterstützt werden;

19.

unterstreicht, dass die Liberalisierung des Milchmarktes und die Förderung des Exports auch unkontrollierte Entwicklungen und Änderungen des bisherigen Marktgleichgewichts auslösen können; fordert die Europäische Kommission daher auf zu prüfen, welche Auswirkungen die Öffnung der Märkte und die Liberalisierung des Milchmarktes für die Erzeugungs- und Lieferketten mit sich bringen und welche Veränderungen sich daraus auf die mögliche Änderung des Binnenverbrauchs ergeben;

Marktentwicklungen

20.

nimmt den Milchmarktbericht der Kommission zur Kenntnis, der den starken Einfluss der weltweiten Marktentwicklungen auf den europäischen Milchsektor verdeutlicht und aufzeigt, wie wichtig die derzeitigen Marktmaßnahmen (Intervention, private Lagerhaltung und Exporterstattungen) für die Stabilisierung des Milchpreises auf einem niedrigen Niveau im Jahr 2009 waren;

21.

erkennt, dass die ungewöhnlich hohen Milchpreise des Jahres 2007 insbesondere von einem weltweit niedrigen Angebot und einer guten Nachfrage bedingt waren;

22.

weist darauf hin, dass die Krise am Milchmarkt im Jahr 2009 mit historischen Tiefstpreisen in Europa durch die schwache Nachfrage im Export, die u.a. durch die Weltwirtschaftskrise hervorgerufen wurde, und ein Überangebot an Milch beeinflusst wurde; zugleich würde er es begrüßen, wenn die Europäische Kommission die Faktoren untersuchen würde, die den Einzelhandelspreis für Milch beeinflussen;

23.

betont, dass die Milchmarktkrise sich in den Regionen unterschiedlich stark ausgewirkt hat, gleichzeitig jedoch in ganz Europa insbesondere für Milcherzeugerbetriebe, die investiert haben, existenzgefährdend war;

24.

teilt die Meinung der Kommission, dass in der EU immer mehr Milch angeliefert und vor allem zunehmend zu Käse- und Frischmilcherzeugnissen verarbeitet werden wird, für die es in der Europäischen Union und auch im Export Absatzmöglichkeiten geben wird;

25.

erkennt, dass in einigen Mitgliedstaaten die nationalen Milchquoten bei relativ guten Erlössituationen für Milch bereits keine bindende Wirkung mehr haben und in diesen Regionen positive Marktsignale verstärkt aufgegriffen werden;

26.

teilt die Einschätzung der Kommission, dass die weltweiten Produktmärkte großen Einfluss auf die Preise und die Marktentwicklung in der EU haben und dass gerade für die exportorientierten Produktsegmente die Fähigkeit der EU, Interventionsbestände aufzunehmen, wichtig für die Marktstabilität ist, erwartet indes die Vorschläge der Kommission für neue Maßnahmen, die allen Regionen der Union zugutekommen;

27.

erinnert daran, dass in der Milchmarktkrise alleine 4,5 % der Butterproduktion und 27,4 % der Magermilchproduktion interveniert wurden und u.a. rund 262 Mio. kg Käse, rd. 559 Mio. kg Vollmilchpulver und knapp 133 Mio. kg Butter mit Hilfe von Ausfuhrbeihilfen abgesetzt wurden;

Stärkung der Marktstellung von Milcherzeugern und Wettbewerbsfragen

28.

begrüßt die Empfehlungen der Hochrangigen Expertengruppe (HLG) „Milch“ im Hinblick auf die Untersuchung der mittel- bis langfristigen Herausforderungen für den Sektor Milch und die umfassende Zusammenstellung der Organisation und der Struktur der Wertschöpfungskette in den Ländern der EU;

29.

bekräftigt die Ergebnisse der HLG „Milch“ in Bezug auf die Heterogenität und die regionalen Spezifika der Organisation der Milcherzeuger und der Strukturen in der Milchverarbeitung;

30.

verweist darauf, dass über die Hälfte der europäischen Milcherzeugung von den Erzeugern einer Verarbeitungsgenossenschaft zur Vermarktung angedient wird;

31.

stellt fest, dass in vielen Regionen der EU private Unternehmen und Molkereigenossenschaften die regionale Milcherzeugung stützen, Zukunftsmärkte erschließen und erfolgreiche, marktorientierte und innovative Produkte entwickeln;

32.

unterstützt die Ansichten der HLG „Milch“, dass im Zuge der fortschreitenden Marktliberalisierung die Wettbewerbsstellung der Milcherzeuger überprüft und gestärkt werden muss;

33.

gibt dabei zu bedenken, dass es große regionale Unterschiede in der Organisation der Milcherzeuger gibt. Während in einigen Regionen große Unternehmen den Markt dominieren, ergänzen sich in anderen Regionen mittelständische Privatunternehmen und Molkereigenossenschaften. In einigen Regionen gibt es jedoch Nachholbedarf bei der Verbesserung der Strukturen der Anbieterseite;

34.

bewertet den Vorschlag der EU-Kommission, die Verwendung von Milchlieferverträgen zu fördern, als eine reale Möglichkeit, den Milcherzeugern mehr Planungssicherheit und Klarheit für ihre Milchanlieferung zu geben;

35.

weist darauf hin, dass eine Verpflichtung zur Erstellung von Milchlieferverträgen nicht zu Störungen des Binnenmarktes bzw. zu Marktverzerrungen im grenzüberschreitenden Verkehr mit Milch führen darf;

36.

fordert daher die Kommission auf, genau darauf zu achten, dass Verträge unter Beachtung der EU-Wettbewerbsregeln vollkommen frei verhandelt werden;

37.

unterstreicht die Vorteile, die anerkannte Milcherzeugerorganisationen gerade beim Bündeln von Milch und bei Vertragsverhandlungen über Milchanlieferungen für die Erzeuger und auch die Verarbeiter bieten;

38.

erkennt ein Ungleichgewicht in der Wertschöpfungskette insbesondere dort, wo Milcherzeuger keine Möglichkeit haben, sich in Gemeinschaften zu organisieren, um ihre Milch zu vermarkten;

39.

unterstreicht die Notwendigkeit einer Stärkung der Anbieterseite in der Wertschöpfungskette vor allem in einem Milchmarkt, dessen Preise frei von staatlichen Regulierungsmaßnahmen gebildet werden;

40.

unterstützt die Initiative der EU-Kommission, bestimmte einheitliche Regelungen für Milcherzeugerorganisationen in der EU einzuführen, damit die Möglichkeit des Zusammenschlusses von Milcherzeugern - auch grenzüberschreitend - in allen Regionen gegeben ist;

41.

weist darauf hin, dass in einigen Mitgliedstaaten und Regionen langjährige Erfahrungen mit Milcherzeugergemeinschaften, die ihre Milchanlieferungen kollektiv vermarkten, bestehen;

42.

begrüßt die Organisation der Erzeuger im Sektor Milch auf europäischer Ebene. Eine solche Organisation muss jedoch regionale Spezifika berücksichtigen;

43.

erachtet es daher als angemessen, den Mitgliedstaaten die Anerkennung von Erzeugerorganisationen und deren Vereinigungen im Milchbereich nach einzelstaatlichem Recht und im Einklang mit bestimmten unionsrechtlichen Vorgaben weiterhin zu ermöglichen;

44.

erkennt an, dass es für länderübergreifende Erzeugerorganisationen und deren Vereinigungen einheitlicher Regelungen auf EU-Ebene bedarf;

45.

tritt im Übrigen dafür ein, dass neue Regelungen zu Vertragsverhandlungen von Erzeugerorganisationen und deren Vereinigungen mit dem harmonisierten System konform sein sollten;

46.

hält es für erforderlich, dass Regelungen zu Vereinigungen von Erzeugerorganisationen nicht in delegierten Rechtsakten getroffen werden, da sie wesentliche Bereiche der gemeinsamen Marktordnung betreffen;

47.

fordert die Kommission in jedem Fall auf, bereits bestehende Milcherzeugerorganisationen nicht in ihrer Existenz zu gefährden und genau zu prüfen, welche Regelungen und Voraussetzungen für die Anerkennung von Milcherzeugerorganisationen zielführend sind, damit diese unter Berücksichtigung der Sektorspezifika und der regionalen Strukturunterschiede erfolgreich Milch vermarkten können;

48.

hält gegebenenfalls Übergangsregelungen für bereits anerkannte Milcherzeugerorganisationen für geboten;

49.

hält es für sachgerecht, die Grenzen für die Bündelung von Milch durch Milcherzeugerorganisationen bei vertikal integrierten Milcherzeugerorganisationen, die Milch verarbeiten, nicht anzuwenden;

50.

fordert eine Überprüfungsmöglichkeit der Höchstgrenzen für die Bündelung, um sicherzustellen, dass der Wettbewerb am Milchmarkt nicht eingeschränkt oder ausgeschaltet wird;

51.

begrüßt in diesem Sinne ausdrücklich die Möglichkeit, die nationale Höchstgrenze auf ein angemessenes Niveau herabzusetzen, um den regionalen und nationalen Wettbewerb um Milch zu gewährleisten. Der Schutz von bestehenden kleinen und mittleren Molkereien vor Wettbewerbsbehinderungen ist für deren Existenz und damit auch für die Sicherung einer erfolgreichen regionalen Milcherzeugung von großer Bedeutung;

52.

begrüßt den Vorschlag der EU-Kommission, Branchenorganisationen im Sektor Milch und Milcherzeugnisse zuzulassen, um damit wichtige Impulse in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Förderung einer ökologischen Produktion und Absatzförderung zu geben;

53.

strebt einen gesunden Wettbewerb an, durch den allen Teilnehmern am Markt ein angemessener Teil an der Wertschöpfung gesichert wird;

54.

fordert die EU-Kommission auf, eine regelmäßige Überprüfung der Regelungen für Erzeuger- und Branchenorganisationen vorzusehen, damit den an der Wertschöpfungskette Milch Beteiligten eine zuverlässige Grundlage für eine Bündelung und langfristige Marktausrichtung gegeben wird;

55.

erkennt die Notwendigkeit einer guten und zeitnahen Marktinformation für die EU-Kommission an, äußert jedoch seine Bedenken über die Verwendung und Zweckmäßigkeit dieser Informationen, da diese sich auf einen volatilen Markt, der auch anfällig für Spekulationen ist, auswirken könnten;

Marktmaßnahmen

56.

stellt die Notwendigkeit eines zuverlässigen und reaktionsfähigen Sicherheitsnetzes, das rasch und wirksam auf außerordentliche Markt- und Preisveränderungen reagieren kann, für eine zukunftsorientierte Milcherzeugung in der EU fest;

57.

fordert daher, dass die Interventionszeiträume nicht mehr befristet werden, um schnell und wirkungsstark auf Krisen reagieren zu können;

58.

fordert für Krisenfälle die Wiedereinführung der privaten Lagerhaltung für Käse in der EU, um auch für die zunehmende Produktionsausrichtung auf Käse ein angepasstes Sicherheitsnetz anzubieten;

59.

betont die große Bedeutung von Maßnahmen zur Stabilisierung des Milchmarktes und fordert die Kommission auf, unter streng gefassten Voraussetzungen Ausfuhrbeihilfen für den Krisenfall als eine Option beizubehalten;

60.

äußert Zweifel an der Wirksamkeit einer ein- bis zweiprozentigen Einschränkung der Milcherzeugung in der EU gegen Entschädigung;

61.

hat Bedenken gegenüber der Ausgestaltung und der Durchführbarkeit einer freiwilligen Produktionseinschränkung gegen Entschädigung, da eine solche Maßnahme Spekulationen fördert sowie ein erhebliches Missbrauchspotenzial bietet. Auch würde eine solche Maßnahme einer vom Erzeuger in Eigeninitiative vorzunehmenden Anpassung der Produktion an die Marktentwicklung entgegenstehen.

II.   ÄNDERUNGSVORSCHLÄGE

Änderungsvorschlag 1

Erwägungsgrund (6)

Vorschlag der Kommission

Änderungsvorschlag des AdR

(6)

Die Preisweitergabe in der Kette ist problematisch, insbesondere im Hinblick auf die Ab-Hof-Preise. Umgekehrt gab es bei der Milch 2009 auf der Angebotsseite keine Reaktion auf den Nachfragerückgang. In einigen bedeutenden Erzeugerländern produzierten die Landwirte als Reaktion auf den Preisrückgang sogar mehr als im Jahr zuvor. Der entlang der Wertschöpfungskette entstehende Mehrwert konzentriert sich zunehmend in den nachgelagerten Sektoren, vor allem bei den Molkereien.

(6)

Die Preisweitergabe in der Kette ist problematisch, insbesondere im Hinblick auf die Ab-Hof-Preise. Umgekehrt gab es bei der Milch 2009 auf der Angebotsseite Reaktion auf den Nachfragerückgang. In einigen bedeutenden Erzeugerländern produzierten die Landwirte als Reaktion auf den Preisrückgang sogar mehr als im Jahr zuvor. Der entlang der Wertschöpfungskette entstehende Mehrwert konzentriert sich zunehmend in den nachgelagerten Sektoren.

Begründung

Die Reaktionen der Milcherzeuger auf die Milchmarktkrise sind in den Mitgliedstaaten unterschiedlich ausgefallen. Insgesamt konnte nach dem Bericht der Kommission eine um 0,6 % geringere Milchanlieferung 2009 gegenüber 2008 festgestellt werden.

Bei der Teilhabe an der Wertschöpfung ist die Abnehmerseite (Handel) gegenüber der Anbieterseite (Erzeuger und Verarbeiter) i.d.R. im Vorteil.

Änderungsvorschlag 2

Artikel 122

Vorschlag der Kommission

Änderungsvorschlag des AdR

In Artikel 122 Absatz 1 Buchstabe a wird nach Ziffer (iii) folgende Ziffer eingefügt:

„(iiia)

Milch und Milcherzeugnisse;“

In Artikel 122 Absatz eingefügt:

Begründung

Eine Eingliederung des Sektors Milch und Milcherzeugnisse in Artikel 122 Absatz 1 Buchstabe a VO (EG) Nr. 1234/2007 hätte gem. Artikel 124 Abs. 1 der Verordnung eine abschließende Vollregelung zur Folge, die bestehende und funktionierende Regelungssysteme auf nationaler Ebene aushebeln würde. Um eine Anerkennung von Erzeugerorganisationen nach einzelstaatlichem Recht und im Einklang mit dem Unionsrecht weiterhin zu ermöglichen, ist der Bereich Milch und Milcherzeugnisse nicht wie geplant in Artikel 122 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung sondern beispielsweise in einem neu aufzunehmenden Artikel 122 Absatz 5 der Verordnung zu regeln. Damit wird den nationalen Unterschieden Rechnung getragen und das Subsidiaritätsprinzip beachtet.

Für länderübergreifende Erzeugerorganisationen bedarf es gegebenenfalls bestimmter einheitlicher Regelungen auf EU-Ebene. Die Kommission wird daher ermächtigt, für diesen Bereich einheitliche Durchführungsbestimmungen zu erlassen.

Die Festlegung aller übrigen Anerkennungsvoraussetzungen ist hingegen Sache der Mitgliedstaaten. Damit wird wiederum den nationalen Unterschieden Rechnung getragen und das Subsidiaritätsprinzip beachtet. Für die Regelung möglicher sonstiger Anerkennungsvoraussetzungen sind damit ausschließlich die Mitgliedstaaten zuständig.

Änderungsvorschlag 3

Artikel 126 a Abs. 3

Vorschlag der Kommission

Änderungsvorschlag des AdR

In Teil II Titel II Kapitel II wird folgender Abschnitt IIa eingefügt: „(…) Artikel 126a Vertragsverhandlungen im Sektor Milch und Milcherzeugnisse

(…)

3.   Im Sinne dieses Artikels schließen Bezugnahmen auf Erzeugerorganisationen auch Zusammenschlüsse von Erzeugerorganisationen ein. Um die angemessene Kontrolle dieser Zusammenschlüsse sicherzustellen, kann die Kommission durch delegierte Rechtsakte Regelungen über die für die Anerkennung solcher Zusammenschlüsse geltenden Bedingungen erlassen.“

In Teil II Titel II Kapitel II wird folgender Abschnitt IIa eingefügt: „(…) Artikel 126a Vertragsverhandlungen im Sektor Milch und Milcherzeugnisse

(…)

3.   Im Sinne dieses Artikels schließen Bezugnahmen auf Erzeugerorganisationen auch Zusammenschlüsse von Erzeugerorganisationen ein. Um die angemessene Kontrolle , kann die Kommission durch delegierte Rechtsakte Regelungen erlassen.“

Begründung

Artikel 126a des Entwurfs trifft Regelungen zu Vertragsverhandlungen im Sektor Milch und Milcherzeugnisse. Die Ermächtigung der Kommission, über delegierte Rechtsakte auch Regelungen „über die für die Anerkennung solcher Zusammenschlüsse geltenden Bedingungen zu erlassen“, entspricht nicht der Systematik des Art. 126a des Entwurfs und ist daher zu streichen.

Sinnvoll sind hingegen Regelungen über eine angemessene Kontrolle sowohl von Erzeugerorganisationen als auch von Zusammenschlüssen von Erzeugerorganisationen in Hinblick auf die in den Absätzen 1 und 2 geregelten Vertragsverhandlungen.

Die Kommission ist daher in Artikel 126a Absatz 3 Satz 2 des Entwurfs zu ermächtigen, für Erzeugerorganisationen und deren Zusammenschlüsse Rechtsakte in diesem Bereich zu erlassen.

Änderungsvorschlag 4

Artikel 126b NEU

Vorschlag der Kommission

Änderungsvorschlag des AdR

 

Nach Art. 126a wird folgender Art. 126b eingefügt:

Begründung

Regelungen über die Anerkennung von Zusammenschlüssen von Erzeugerorganisationen sind als wesentliche Aspekte nicht in delegierten Rechtsakten - wie in Artikel 126a Absatz 3 Satz 2 des Entwurfs vorgesehen - sondern in der Verordnung selbst zu treffen.

Für länderübergreifende Vereinigungen von Erzeugerorganisationen bedarf es gegebenenfalls bestimmter einheitlicher Regelungen auf EU-Ebene. Die Kommission wird daher ermächtigt, für diesen Bereich einheitliche Durchführungsbestimmungen zu erlassen.

Die Festlegung aller übrigen Anerkennungsvoraussetzungen ist hingegen Sache der Mitgliedstaaten. Damit wird wiederum den nationalen Unterschieden Rechnung getragen und das Subsidiaritätsprinzip beachtet. Für die Regelung möglicher sonstiger Anerkennungsvoraussetzungen sind damit ausschließlich die Mitgliedstaaten zuständig.

Änderungsvorschlag 5

Artikel 204

Vorschlag der Kommission

Änderungsvorschlag des AdR

In Artikel 204 wird folgender Absatz eingefügt:

„6.   Für Milch und Milcherzeugnisse gelten Artikel 122 Absatz 1 Ziffer iiia, Artikel 123 Absatz 4 sowie die Artikel 126a, 177a, 185e und 185f bis zum 30. Juni 2020.“

In Artikel 204 wird folgender Absatz eingefügt:

„6.   Für Milch und Milcherzeugnisse gelten Artikel 122 Absatz , Artikel 123 Absatz 4 sowie die Artikel 126a, 177a, 185e und 185f bis zum 30. Juni 2020.“

Begründung

Siehe Änderungsvorschläge 2 und 4.

Änderungsvorschlag 6

Artikel 185 f (2) (c)

Vorschlag der Kommission

Änderungsvorschlag des AdR

iii)

die Dauer des Vertrags, der auf unbestimmte Zeit mit Kündigungsklauseln abgeschlossen werden kann.

iii)

die Dauer des Vertrags, der auf unbestimmte Zeit mit Kündigungsklauseln abgeschlossen werden kann.

Begründung

Die grundlegenden Bestandteile von Verträgen sollten eine maximale Flexibilität ermöglichen, die Erzeugern und Verarbeitungsbetrieben gleichermaßen zugutekommt.

Brüssel, den 12. Mai 2011

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO