52013DC0542

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Auf dem Weg zu einem wettbewerbsfähigeren und effizienteren Verteidigungs- und Sicherheitssektor /* COM/2013/0542 final */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Auf dem Weg zu einem wettbewerbsfähigeren und effizienteren Verteidigungs- und Sicherheitssektor

„Die Welt braucht ein Europa, das in der Lage ist, mit militärischen Missionen zur Stabilisierung der Lage in Krisengebieten beizutragen […]. Wir müssen unsere Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik ausbauen und uns auf eine gemeinsame Verteidigungsstrategie verständigen. Denn gemeinsam haben wir die Kraft und das Gewicht, eine fairere Welt zu schaffen, in der klare Regeln gelten und die Menschenrechte geachtet werden.“

Präsident Barroso, Rede zur Lage der Union im September 2012

„Der Rat ruft erneut dazu auf, die militärischen Fähigkeiten im Hinblick auf eine Unterstützung und Stärkung der GSVP zu erhalten und weiterzuentwickeln. Diese Fähigkeiten ermöglichen es der EU, im Rahmen eines weiter gehenden, übergreifenden Ansatzes als Sicherheitsfaktor zu wirken. [...] Des Weiteren weist er auf die Notwendigkeit einer starken und weniger fragmentierten europäischen Verteidigungsindustrie hin, die es gestattet, die militärischen Fähigkeiten Europas und die Befähigung der EU zu autonomem Handeln zu unterstützen und zu stärken.“

Rat „Auswärtige Angelegenheiten“, 19. November 2012, Schlussfolgerungen

1.           Beitrag der Europäischen Kommission zur Stärkung des europäischen Verteidigungs- und Sicherheitssektors

Die vorliegende Mitteilung beruht auf den Arbeiten der Taskforce „Verteidigung“ der Kommission, die 2011 eingesetzt wurde, um alle einschlägigen EU-Politiken in den Dienst des Verteidigungssektors zu stellen. Die EAD und die EDA waren voll in die Arbeiten der Taskforce und die Erstellung der Mitteilung einbezogen.

1.1.        Einleitung

Das strategische und geopolitische Umfeld ist in ständiger und rascher Veränderung begriffen. Das Machtgleichgewicht der Welt verschiebt sich, da neue Schwerpunkte entstehen und die USA ihren strategischen Fokus nach Asien verlagern. In dieser Lage muss Europa mehr Verantwortung für seine Sicherheit nach innen und nach außen übernehmen. Die EU muss eine zuverlässige Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) entwickeln, mit der sie ihr Gewicht in die Waagschale werfen kann. Diese Entwicklung muss mit der NATO und ihren Grundsätzen vollständig vereinbar sein.

Die Sicherheitsaufgaben, vor denen wir heute stehen, sind zahlreich, komplex, miteinander verflochten und schwer vorhersehbar: Auf regionaler Ebene entstandene Krisen können gewaltsam ausgetragen werden, innovative Technologien können neue Anfälligkeits- und Bedrohungsszenarien mit sich bringen, Umweltveränderungen und die Verknappung natürlicher Rohstoffe politische und militärische Konflikte auslösen. Zugleich breiten sich viele Bedrohungen und Gefahren auch leicht über die Staatsgrenzen aus und verwischen die herkömmliche Trennlinie zwischen innerer und äußerer Sicherheit.

Diese Sicherheitsprobleme können nur mit einem umfassenden Konzept bewältigt werden, in dem unterschiedliche Strategien und Instrumente sowie kurz- und langfristige Maßnahmen kombiniert werden. Eine große Bandbreite an zivilen und militärischen Fähigkeiten muss das Fundament für dieses Konzept bilden. Es ist zunehmend unwahrscheinlich, dass ein einzelner Mitgliedstaat dieser Belastung gewachsen ist.

Dies gilt insbesondere für die Verteidigung, bei der neue Ausrüstung oft technisch komplex und kostenintensiv ist. Heute haben die Mitgliedstaaten Schwierigkeiten bei der angemessenen Ausrüstung ihrer Streitkräfte. Bei den jüngst in Libyen durchgeführten Operationen ist zutage getreten, dass Europa erhebliche Defizite bei wichtigen militärischen Fähigkeiten aufweist.

Durch die Krise der öffentlichen Haushalte kommt es zu Kürzungen der Verteidigungsetats, wobei die sich die Lage vor allem dadurch verschlimmert, dass die Ausgaben nicht im Hinblick auf gemeinsame strategische Ziele koordiniert und getätigt werden. Von 2001 bis 2010 gingen die Verteidigungsausgaben in der EU von 251 Mrd. EUR auf 194 Mrd. EUR zurück. Diese Mittelkürzungen haben auch erhebliche Auswirkungen auf die Branchen, die Ausrüstungen für unsere Streitkräfte entwickeln, und führen dazu, dass bestehende und in geplante Programmen zurückgefahren werden. Sie betreffen insbesondere die FuE-Investitionen für Verteidigung, die zur Entwicklung der einschlägigen Fähigkeiten der Zukunft von entscheidender Bedeutung sind. Zwischen 2005 und 2010 wurden die europäischen FuE-Haushalte um 14 % auf 9 Mrd. EUR gekürzt, und die USA allein geben heute sieben Mal mehr für militärische FuE aus als alle 27 EU-Mitgliedstaaten zusammen.

Die Verteidigungshaushalte sind rückläufig und die Kosten für moderne Verteidigungsfähigkeiten nehmen zu. Diese Kostensteigerungen resultieren aus dem langfristigen Trend hin zu einer zunehmenden technischen Komplexität von Verteidigungsgütern, allerdings auch aus der Verringerung von Produktionsvolumina, zu der es infolge der Umgestaltung und des Abbaus europäischer Streitkräfte seit dem Ende des Kalten Krieges kam. Diese Faktoren werden unabhängig von der Höhe der Haushaltsmittel die Verteidigungsmärkte in Europa weiterhin prägen.

Diese Situation hat Folgewirkungen für eine Branche, die in der europäischen Wirtschaft insgesamt eine wesentliche Rolle spielt. Mit einem Umsatz von 96 Mrd. EUR allein im Jahr 2012 ist sie ein bedeutender Industriezweig, der Innovationen hervorbringt und vor allem mit Spitzentechnik und -technologie arbeitet. Die hochmoderne Forschung in dieser Branche hatte wichtige indirekte Auswirkungen auf andere Branchen wie Elektronik, Raumfahrt und zivile Luftfahrt und schafft Wachstum und Tausende hochqualifizierter Arbeitsplätze. Die Verteidigungsbranche Europas beschäftigt direkt rund 400 000 Mitarbeiter und schafft indirekt weitere 960 000 Arbeitsplätze. Sie ist also ein Wirtschaftszweig, der unbedingt erhalten bleiben muss, wenn Europa auch künftig ein weltweit führendes Zentrum für die Innovation in der verarbeitenden Industrie sein will. Aus diesem Grund ist die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Verteidigungsindustrie ein wesentliches Element der Strategie Europa 2020 für intelligentes, nachhaltiges und inklusives Wachstum.

Zugleich lässt sich die Bedeutung dieser Branche nicht nur an der Beschäftigung und am Umsatz messen. Die europäische verteidigungstechnologische und -industrielle Basis (EDTIB) bildet ein wesentliches Element, das Europa in die Lage versetzt, die Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger und den Schutz seiner Werte und Interessen zu gewährleisten. Europa muss seine Verantwortung für seine eigene Sicherheit und für internationalen Frieden und Stabilität im Allgemeinen wahrnehmen können. Das erfordert ein bestimmtes Maß an strategischer Autonomie: Europa muss unabhängig von den Fähigkeiten Dritter entscheiden und handeln können, um ein glaubwürdiger und zuverlässiger Partner zu sein. Versorgungssicherheit, Zugang zu kritischen Technologien und operative Souveränität sind daher von wesentlicher Bedeutung.

Gegenwärtig leben Verteidigungsunternehmen von den positiven Ergebnissen früherer FuE-Investitionen und konnten rückläufige Inlandsaufträge erfolgreich durch Exporte wettmachen. Dies wird jedoch häufig mit dem Transfer von Technologie, Rechten des geistigen Eigentums und Produktion in Länder außerhalb der EU erkauft, wiederum ernste Konsequenzen für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der EDTIB hat.

Das Problem der schrumpfenden Verteidigungshaushalte wird noch durch die anhaltende Fragmentierung europäischer Märkte verschärft, die zu unnötigen Überschneidungen im Bereich der Fähigkeiten, Organisationen und Ausgaben führen. Kooperation und EU‑weiter Wettbewerb sind nach wie vor die Ausnahme, mehr als 80 % der Investitionen in Verteidigungsausrüstung werden auf nationaler Ebene getätigt. Dadurch riskiert Europa, kritische Kompetenz und Autonomie bei wichtigen Fähigkeiten zu verlieren.

In dieser Situation bedarf es einer Neuausrichtung der Prioritäten. Wenn Mehrausgaben schwierig werden, müssen die Ausgaben gezielt erfolgen, und hierfür besteht erheblicher Raum. Trotz der Kürzungen gaben EU-Mitgliedstaaten im Jahr 2011 insgesamt immer noch mehr für Verteidigung aus als China, Russland und Japan zusammen genommen.[1] Haushaltsbeschränkungen müssen daher durch eine intensivere Zusammenarbeit und eine effizientere Nutzung von Ressourcen aufgefangen werden, etwa durch die Unterstützung von Clustern, eine Spezialisierung auf bestimmte Aufgaben, gemeinsame Forschung und Beschaffung, einen neuen dynamischeren Ansatz für zivil-militärische Synergien und mehr Marktintegration.

1.2.        Die Strategie der Kommission

Die Verteidigung ist nach wie vor das Herzstück der nationalen Souveränität, und Entscheidungen über militärische Fähigkeiten werden weiterhin von den Mitgliedstaaten getroffen. Die EU hat dabei jedoch auch einen wichtigen Beitrag zu leisten. Sie kann mit ihren Strategien und Instrumenten strukturelle Änderungen durchzusetzen und bietet den Mitgliedstaaten den optimalen Rahmen dafür, gemeinsam ein angemessenes Maß an Autonomie zu wahren. Die Mitgliedstaaten verfügen über insgesamt etwa 1,6 Mio. Soldaten und jährliche Verteidigungsetats von 194 Mrd. EUR, so dass die EU im Einklang mit ihren Werten ein strategisch wichtiger Akteur auf der internationalen Bühne werden kann.

Der Europäische Rat ersuchte daher in seinen Schlussfolgerungen vom 14. Dezember 2012 „die Hohe Vertreterin, insbesondere über den Europäischen Auswärtigen Dienst und die Europäische Verteidigungsagentur sowie die Kommission [...], weitere Vorschläge und Maßnahmen zur Stärkung der GSVP und zur Verbesserung der Verfügbarkeit von benötigten zivilen und militärischen Fähigkeiten auszuarbeiten [...]“.

Oberstes Ziel ist die Stärkung der europäischen Verteidigung, um den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gewachsen zu sein. Die Mitgliedstaaten werden viele der erforderlichen Reformen weiterführen. Die Europäische Verteidigungsagentur (EDA) hat die Mission, die Mitgliedstaaten bei der Verbesserung der Verteidigungsfähigkeiten der Union im Sinne der GSVP zu unterstützen. Die Kommission kann ebenfalls einen wichtigen Beitrag leisten und hat bereits damit begonnen, wie Präsident Barroso betonte: „Die Kommission leistet ihren Teil: Sie bemüht sich kraft ihrer Zuständigkeiten aufgrund des Vertrags um einen Binnenmarkt für Verteidigung und um die Entwicklung einer einschlägigen industriellen Basis in Europa. “

Im Sinne dieser Ziele hat die Kommission die beiden Richtlinien über die Vergabeverfahren im Bereich sensibler Verteidigungs- und Sicherheitsgüter (Richtlinie 2009/81/EG) und über die Verbringung von Verteidigungsgütern (Richtlinie 2009/43/EG) vorgelegt, die heute den Eckpfeiler des europäischen Verteidigungsmarktes bilden. Darüber hinaus hat sie wirtschaftspolitische Maßnahmen und eigene Forschungs- und Innovationsprogramme für Sicherheit und Raumfahrt entwickelt. Die Kommission hat ferner Strategien und Instrumente zur Unterstützung der inneren und äußeren Sicherheit in Bereichen wie Schutz von Außengrenzen, Meeresüberwachung, Zivilschutz oder Krisenmanagement erarbeitet, die zahlreiche technologische, industriepolitische, konzeptionelle und operative Ähnlichkeiten aufweisen und mit der Verteidigungsbranche in Zusammenhang stehen.

Die vorliegende Mitteilung fasst diese bisherigen einschlägigen Rechtsvorschriften zusammen und entwickelt ihn im Rahmen der im Vertrag von Lissabon festgelegten Kompetenzen weiter. Insbesondere wird darin versucht, mögliche Synergien und die Ergebnisse des fruchtbaren Austauschs zu nutzen, die sich durch das Verschwimmen der Trennlinie zwischen Verteidigung und Sicherheit und zwischen dem zivilen und dem militärischem Bereich ergeben.

Die Kommission will diese Ziele durch Maßnahmen zu folgenden Aspekten erreichen:

· Weitere Vertiefung des Binnenmarktes für Verteidigung und Sicherheit. Das bedeutet vor allem, die umfassende Anwendung der beiden vorhandenen Richtlinien sicherzustellen. Auf der Grundlage der bestehenden Rechtsvorschriften wird die Kommission ferner gegen Marktverzerrungen vorgehen und an der Verbesserung der Versorgungssicherheit zwischen Mitgliedstaaten mitwirken;

· Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der EDTIB. Zu diesem Zweck wird die Kommission eine Industriepolitik für die Verteidigungsbranche mit zwei Hauptaspekten erarbeiten:

– Förderung der Wettbewerbsfähigkeit, unter anderem durch die Entwicklung von ‚Hybridnormen‘ zum Nutzen der Sicherheits- und Verteidigungsmärkte und der Auslotung der Möglichkeiten zur Entwicklung eines europäischen Zertifizierungssystems für militärische Flugtauglichkeit;

– KMU-Förderung, unter anderem durch die Entwicklung einer europäischen strategischen Cluster-Partnerschaft, um Verbindungen zu anderen Clustern herzustellen und in der Verteidigungsbranche tätige KMU im globalen Wettbewerb zu unterstützen.

· Optimale Nutzung zivil-militärischer Synergien, um die effizienteste Verwendung der von den europäischen Steuerzahlern stammenden Mittel sicherzustellen, und zwar insbesondere durch die:

– Konzentration ihrer Aktivitäten auf einen möglichen fruchtbaren Austausch zwischen ziviler und militärischer Forschung sowie auf das Potenzial der Güter mit doppeltem Verwendungszweck im Bereich der Raumfahrt;

– Unterstützung der Streitkräfte bei der Senkung ihres Energieverbrauchs, so dass sie ihren Beitrag zu den 20/20/20-Zielen der Union leisten können.

· Darüber hinaus schlägt die Kommission Maßnahmen vor, die eine Erkundung neuer Wege, die Förderung der strategischen Debatte in Europa und die Vorbereitung auf mehr und intensivere europäische Zusammenarbeit zum Ziel haben, und zwar insbesondere durch:

· die Bewertung des Potenzials von im Eigentum der EU stehenden Fähigkeiten mit doppeltem Verwendungszweck, die in bestimmten Sicherheitsbereichen die einzelstaatlichen Fähigkeiten ergänzen und zu effektiven und kostengünstigen Wirkungsmultiplikatoren werden können;

· die Erwägung einer vorbereitenden Maßnahme für im GSVP Kontext betriebene Forschung mit Schwerpunkt auf den Bereichen, in denen EU‑Verteidigungsfähigkeiten am dringendsten benötigt werden.

Die Kommission lädt die Staats- und Regierungschefs ein, die vorliegende Mitteilung sowie die von der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik erarbeiteten Berichte im Dezember 2013 im Europäischen Rat zu erörtern.

Aktionsplan[2]

2.           Stärkung des Binnenmarktes für Verteidigung

2.1.        Gewährleistung der Markteffizienz

· Die vollständige Umsetzung der Richtlinie 2009/81/EG über die Vergabeverfahren im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich bildet das Rückgrat für die Regulierung des europäischen Verteidigungsmarktes. Erstmals gelten hier spezifische Binnenmarktregeln zur Förderung eines fairen und EU-weiten Wettbewerbs. Die Verteidigungsbranche bleibt jedoch ein spezieller Markt, in der die einzelstaatliche Fragmentierung eine lange Tradition hat. Die Kommission wird daher mit besonderen Maßnahmen sicherstellen, dass die Richtlinie richtig angewandt wird und ihren Zweck erfüllt.

Maßnahme:

· Die Kommission wird überwachen, ob die Rüstungsmärkte der Mitgliedstaaten offen sind, und mithilfe der Datenbank Tender Electronic Daily (TED) und anderer spezifischer Quellen die Anwendung der neuen Vergabevorschriften bewerten. Sie wird ihre Marktüberwachungsaktivitäten mit der EDA koordinieren, um etwaige Synergien zu nutzen und unnötige Doppelarbeit zu vermeiden.

In Zeiten knapper Haushalte kommt es besonders auf den effizienten Einsatz finanzieller Mittel an. Dies lässt sich durch die Bündelung der Nachfrage auf eine wirksame Weise erreichen. Die Richtlinie enthält besondere Bestimmungen über zentrale Beschaffungsstellen, mit deren Hilfe die Mitgliedstaaten die neuen Regeln auch auf gemeinsame Vergabeverfahren, etwa über die EDA, anwenden können. Die Mitgliedstaaten sollten auf dieses Instrument möglichst häufig zurückgreifen, um Größenvorteile zu maximieren und in vollem Umfang von der EU-weiten Kooperation zu profitieren.

Bestimmte Verträge sind aus dem Geltungsbereich der Richtlinie ausgenommen, da die Anwendung der in der Richtlinie enthaltenen Regeln in ihrem Fall nicht angemessen wäre. Dies gilt besonders für Kooperationsprogramme, die ein wirksames Mittel zur Förderung von Marktkonsolidierung und Wettbewerbsfähigkeit sind.

Andere besondere Ausnahmen, insbesondere bei Abschlüssen zwischen Regierungen und Auftragsvergaben nach internationalen Regeln, könnten aber in einer Weise interpretiert werden, die die korrekte Anwendung der Richtlinie unterläuft. Dies könnte die Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt gefährden. Die Kommission wird daher sicherstellen, dass diese Ausnahmen streng ausgelegt und nicht zur Umgehung der Richtlinie missbraucht werden.

Maßnahme:

· Die Kommission wird bestimmte Ausnahmen genau eingrenzen. Hierzu wird sie in Absprache mit den Mitgliedstaaten bestimmte Leitlinien vorlegen, insbesondere bezüglich Abschlüssen zwischen Regierungen und internationalen Verträgen.

2.2.        Beseitigung von Marktverzerrungen

Zur Weiterentwicklung des Binnenmarktes für Verteidigung und zur Schaffung gleicher Bedingungen für alle europäischen Anbieter wird die Kommission fortdauernde unlautere und diskriminierende Praktiken und Marktverzerrungen beseitigen. Insbesondere wird sie ihre Strategien gegen Kompensationsgeschäfte einsetzen, also gegen wirtschaftliche Entschädigungen, die bei Ankäufen von Verteidigungsgütern bei ausländischen Anbietern vorgeschrieben sind. Kompensationsvorschriften sind diskriminierende Maßnahmen, die im Widerspruch zu den Grundsätzen des EU‑Vertrages und zu effektiven Beschaffungsmethoden stehen und daher mit dem Binnenmarkt für Verteidigung nicht vereinbar sind.

Maßnahme:

· Die Kommission wird sicherstellen, dass Kompensationsgeschäfte bald der Vergangenheit angehören. Seit der Verabschiedung der Richtlinie über die Vergabeverfahren im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich haben alle Mitgliedstaaten ihre einzelstaatlichen Rechtsvorschriften für Kompensationsgeschäfte aufgehoben oder geändert. Die Kommission wird überprüfen, ob diese Änderungen mit dem EU-Recht im Einklang stehen. Sie wird ferner dafür sorgen, dass der neue rechtliche Rahmen tatsächlich eine Änderung der Beschaffungspraxis in den Mitgliedstaaten bewirkt.

Die Kommission hat die Fusionskontrollvorschriften in erheblichem Umfang auf den Verteidigungssektor angewandt. Diese Fälle ermöglichten es der Kommission, eine wirksame Wettbewerbskontrolle zu garantieren und dadurch zum besseren Funktionieren des Marktes für Verteidigungsgüter beizutragen. Bezüglich der staatlichen Beihilfen sollten öffentliche Ausgaben gemäß der Mitteilung über die Modernisierung der Beihilfepolitik effizienter und zielgerichteter getätigt werden. Dabei kommt der Kontrolle staatlicher Beihilfen eine grundlegende Funktion beim Schutz und beim Ausbau des Binnenmarktes auch im Verteidigungssektor zu.

Die Mitgliedstaaten sind nach dem EU-Vertrag verpflichtet, der Kommission alle staatlichen Beihilfen zu melden, darunter auch Beihilfen im rein militärischen Bereich. Sie dürfen von dieser Verpflichtung nur dann abweichen, wenn sie nachweisen können, dass eine Meldung aus Gründen, die wesentliche Sicherheitsinteressen gemäß Artikel 346 AEUV berühren, unterlassen werden muss. Wenn sich also ein Mitgliedstaat auf Artikel 346 berufen will, muss er nachweisen können, dass konkrete Maßnahmen im militärischen Bereich zum Schutz seiner wesentlichen Sicherheitsinteressen notwendig und angemessen sind und dass sie nicht über das hierfür unbedingt erforderliche Maß hinausgehen. Die Beweislast für die Erfüllung dieser Bedingungen liegt bei den Mitgliedstaaten.

Maßnahme:

· Die Kommission wird sicherstellen, dass alle erforderlichen Bedingungen erfüllt sind, wenn zur Rechtfertigung staatlicher Beihilfen auf Artikel 346 AEUV verwiesen wird.

2.3.        Verbesserung der Versorgungssicherheit

Die Versorgungssicherheit ist von entscheidender Bedeutung, um das Funktionieren des Binnenmarktes für Verteidigung und die Europäisierung der Lieferketten in der Branche sicherzustellen. Für die meisten Probleme mit der Versorgungssicherheit sind die Mitgliedstaaten verantwortlich. Die Kommission kann jedoch Instrumente entwickeln, mit deren Hilfe die Mitgliedstaaten die Versorgungssicherheit untereinander verbessern können. Die Richtlinie 2009/43/EG über die innergemeinschaftliche Verbringung von Verteidigungsgütern ist ein solches Instrument, da es ein neues Genehmigungssystem einführt, das den freien Verkehr von Verteidigungsgütern im Binnenmarkt erleichtert. Die Mitgliedstaaten sollten nun die Möglichkeiten dieser Richtlinie in vollem Umfang nutzen, um die Versorgungssicherheit innerhalb der Union zu verbessern.

Maßnahmen:

· Die Kommission wird gemeinsam mit der EDA einen Konsultationsprozess einführen, der zu einer politischen Verpflichtung für die Mitgliedstaaten führen soll, einander der vertraglich festgelegten oder vereinbarten Lieferung von Gütern, Materialien oder Dienstleistungen im Verteidigungssektor für den Endverbrauch durch die Streitkräfte von Mitgliedstaaten zu versichern.

· Die Kommission wird das System für die Verbringung von Verteidigungsgütern optimieren, indem sie a) nationale Behörden bei ihren Bemühungen zur Sensibilisierung des Wirtschaftszweigs unterstützt,, b) ein Zentralregister für allgemeine Genehmigungen aufbaut und deren Anwendung fördert und sich c) für vorbildliche Verfahren im Zusammenhang mit Verbringungen innerhalb der EU einsetzt.

Die Versorgungssicherheit hängt auch von der Kontrolle und vom Besitz kritischer industrieller und technologischer Vermögenswerte ab. In mehreren Mitgliedstaaten gibt es auf nationaler Ebene Rechtsvorschriften zur Kontrolle ausländischer Investitionen in Verteidigungsunternehmen. Je stärker die industriellen Lieferketten jedoch international ausgerichtet sind, desto mehr können sich geänderte Beteiligungsverhältnisse in einem einzigen Unternehmen (auch auf nachgeordneten Stufen) auf die Versorgungssicherheit bei den Streitkräften und Unternehmen anderer Mitgliedstaaten auswirken. Damit ist auch die Frage, wie autonom Europa auf dem Gebiet der militärischen Fähigkeiten derzeit ist und künftig bleiben will, ebenso verbunden wie die allgemeine Frage der Kontrolle zufließender ausländischer Direktinvestitionen in diesem Sektor. Zur Bewältigung dieser Herausforderung wird unter Umständen ein europäischer Ansatz notwendig sein.

Maßnahme:

· Die Kommission wird ein Grünbuch über die Kontrolle der industriellen Kapazitäten in den Bereichen Verteidigung und sensible Sicherheitsfragen vorlegen. Sie wird die Interessenträger konsultieren, um etwaige Unzulänglichkeiten des derzeitigen Systems und gegebenenfalls europäische Fähigkeiten zu ermitteln. Ferner wird sie Optionen zum Aufbau eines EU-weiten Überwachungssystems untersuchen, das Melde- und Konsultationsmechanismen für die Mitgliedstaaten umfasst.

3.           Förderung einer wettbewerbsfähigeren Verteidigungsindustrie

Die Schaffung eines echten Binnenmarkts für Verteidigung erfordert nicht nur einen robusten Rechtsrahmen, sondern auch eine maßgeschneiderte europäische Industriepolitik. Die Zukunft der EDTIB liegt in verstärkter Kooperation und regionaler Spezialisierung, der innerhalb von und zwischen Exzellenznetzen stattfindet. Eine weitere Aufwertung ihrer zivil-militärischen Dimension kann wettbewerbsfördernd wirken und zu Wirtschaftswachstum und regionaler Entwicklung beitragen. Darüber hinaus kommt es in einem zunehmend globalisierten Markt für Verteidigungsgüter ganz wesentlich darauf an, dass europäische Verteidigungsunternehmen ein solides Geschäftsumfeld in Europa vorfinden, damit sie sich im weltweiten Wettbewerb besser behaupten können.

3.1.        Normung – Entwicklung der Grundlagen für Kooperation und Wettbewerbsfähigkeit im Verteidigungssektor

Die meisten in der EU im Verteidigungsbereich verwendeten Normen sind ziviler Natur. Sind spezifische Verteidigungsnormen erforderlich, werden diese auf nationaler Ebene erarbeitet, was die Zusammenarbeit behindert und die Kosten für die Branche erhöht. Aus diesem Grund würden gemeinsame Verteidigungsnormen die Kooperation und Interoperabilität zwischen den Streitkräften Europas erheblich verbessern und die europäische Branche bei den neu entstehenden Technologien konkurrenzfähiger machen.

Den Mitgliedstaaten müssen daher unbedingt Anreize zur Entwicklung europäischer zivil-militärischer Normen geboten werden. Diese sollten natürlich freiwillig bleiben, und es darf zu keinen Überschneidungen mit den normbasierten Tätigkeiten der NATO und anderer relevanter Organisationen kommen. Es könnte jedoch noch viel mehr zur Entwicklung von Normen in Bereichen getan werden, in denen Regelungslücken und ein gemeinsamer Bedarf festgestellt werden. Das betrifft insbesondere Normen für neu entstehende Technologien, wie etwa ferngesteuerte Luftfahrtsysteme (Remotely Piloted Aircraft Systems, RPAS), und für bereits etablierte Bereichen, wie z. B. den Feldlagerschutz, in dem die Märkte unterentwickelt sind und Potenzial zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie vorhanden ist.

Maßnahmen:

· Die Kommission wird die Entwicklung von ‚Hybridnormen‘ für Produkte fördern, die sowohl im militärischen als auch im zivilen Bereich Anwendung finden können. Sie hat bereits 2012 einen Normungsauftrag für eine solche „Hybridnorm“ für softwaredefinierten Funk erteilt. Die nächsten Normungsaufträge könnten sich mit folgenden Themen befassen: Nachweis- und Probenahmenormen für chemische, biologische, radiologische, nukleare und explosive (CBRNE) Stoffe, RPAS, Flugtauglichkeitsvorschriften, Datenverbundnormen, Verschlüsselung und anderen kritischen Informations- und Kommunikationstechnologien.

· Die Kommission wird gemeinsam mit der EDA und den europäischen Normungsgremien Optionen für die Einrichtung eines Mechanismus untersuchen, mit dem spezifisch europäische Normen für militärische Produkte und Anwendungen im Einvernehmen mit den Mitgliedstaaten erarbeitet werden sollen. Mit diesen Mechanismen sollen hauptsächlich Normen erstellt werden, mit denen der in bestimmten Bereichen ermittelte Bedarf gedeckt und dabei sensible Informationen adäquat behandelt werden.

· Die Kommission wird gemeinsam mit der EDA neue Möglichkeiten prüfen, um bestehende Instrumente zur Auswahl vorbildlicher Verfahren für die Beschaffung von Verteidigungsgütern stärker bekanntzumachen.

3.2.        Niedrigere Kosten und raschere Entwicklung durch ein gemeinsames Zertifizierungskonzept

Die Zertifizierung ist ebenso wie die Normung eine Grundvoraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und die Kooperation im Bereich der europäischen Verteidigung. Dass es kein europaweites Zertifizierungssystem für Rüstungsgüter gibt, wirkt wie ein Engpass, der das Inverkehrbringen von Erzeugnissen verzögert und die Kosten während der gesamten Nutzungsdauer des Erzeugnisses erheblich erhöht. Es sind bessere Regelungen auf dem Gebiet der Zertifizierung erforderlich, damit bestimmte gegenwärtig auf nationaler Ebene erledigte Aufgaben künftig gemeinschaftlich ausgeführt werden können.

Insbesondere im Bereich der militärischen Flugtauglichkeit würde diese Problematik nach Angaben der EDA eine um 50 % längere Entwicklungszeit und um 20 % höhere Entwicklungskosten verursachen. Darüber hinaus ermöglicht ein System gemeinsamer und harmonisierter Anforderungen eine länderübergreifende Flugzeugwartung oder Schulung von Wartungspersonal und senkt dadurch die Kosten.

Als weiteres Beispiel ist die Munition zu nennen. Es gibt keine gemeinsame Zertifizierung für bodengestützte Munition, was Europa schätzungsweise 1,5 Mrd. EUR im Jahr (bei jährlichen Gesamtausgaben für Munition in Höhe von 7,5 Mrd. EUR) kostet.

Maßnahme:

· Die Kommission wird sich auf die zivile Erfahrung der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA), ihre bei der Zertifizierung des Airbus A-400M (in seiner zivilen Konfiguration) gewonnenen Erkenntnisse und die einschlägigen Arbeiten der EDA stützen, wenn sie die einzelnen Optionen bewertet, die zur Verfügung stehen, um die Aufgaben im Zusammenhang mit der ersten Flugtauglichkeit militärischer Produkte in den von der EDA spezifizierten Bereichen im Auftrag der Mitgliedstaaten auszuführen.

3.3.        Rohstoffe – Beseitigung von Versorgungsrisiken für Europas Verteidigungsbranche

Mehrere Rohstoffe wie etwa Elemente seltener Erden sind in vielen Verteidigungsanwendungen – von RPAS bis zu präzisionsgelenkter Munition und von Laserzielgeräten bis zur Satellitenkommunikation – unverzichtbar. Bei mehreren dieser Stoffe bestehen erhöhte Versorgungsrisiken, durch die die Wettbewerbsfähigkeit des Verteidigungssektors beeinträchtigt wird. Ein Verzeichnis von Rohstoffen, die für die EU-Wirtschaft als unverzichtbar gelten, bildet ein Hauptelement der EU-Gesamtstrategie für Rohstoffe. Die derzeitige Liste kritischer Rohstoffe auf EU-Ebene wird voraussichtlich bis Ende 2013 überarbeitet werden. Da sie für zivile und militärische Zwecke gleichermaßen wichtige Stoffe enthält, würde sich ein deutlicher Mehrwert ergeben, wenn bei dieser Überarbeitung die besondere Bedeutung von Rohstoffen für Europas Verteidigungssektor berücksichtigt würde.

Maßnahme:

· Die Kommission wird prüfen, welche Rohstoffe, die für den Verteidigungssektor im Rahmen der EU-Gesamtstrategie für Rohstoffe kritisch sind und gegebenenfalls gezielte politische Maßnahmen ausarbeiten.

3.4.        Unterstützung von KMU, der treibenden Kraft für eine innovative Verteidigungsbranche in der EU

Die Richtlinien für die Auftragsvergabe und Verbringung im Verteidigungswesen bieten KMU neue Chancen, sich am Aufbau eines europäischen Verteidigungsmarktes zu beteiligen. Dies gilt insbesondere für die in der Vergaberichtlinie enthaltenen Bestimmungen über Unteraufträge, durch die der Zugang zu den Lieferketten ausländischer Generalunternehmer verbessert wird. Die Mitgliedstaaten sollten daher diese Bestimmungen aktiv zur Förderung von Chancen für KMU nutzen.

Weitere Schritte sind insbesondere im Bereich von Clustern erforderlich. Diese werden oft von einem Generalunternehmen gesteuert, das in einer Lieferkette mit kleineren Firmen zusammenarbeitet. Darüber hinaus gehören Cluster oft zu Exzellenznetzen, die aus Generalunternehmern, KMU, Forschungsinstituten und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen bestehen.

Cluster sind daher für KMU von besonderer Bedeutung, da sie ihnen Zugang zu gemeinsam genutzten Einrichtungen, zu Nischenbereichen, auf die sie sich spezialisieren können, und zu Kooperationsmöglichkeiten mit anderen KMU bieten. In solchen Clustern können Unternehmen Stärken und Ressourcen kombinieren, um neue Märkte zu erschließen und sich als Kompetenzzentren zu etablieren. Sie können auch – einem immer stärkeren Trend folgend – neue zivile Produkte und Anwendungen auf der Basis von Technologien und Materialien entwickeln, die (wie z. B. das Internet und GPS) ursprünglich zu Verteidigungszwecken konzipiert wurden, oder umgekehrt.

Maßnahmen:

· Die Kommission wird gemeinsam mit der Industrie mit einem Bottom-up-Ansatzuntersuchen, wie eine europäische strategische Cluster-Partnerschaft aufgebaut werden kann, mit der neue Wertschöpfungsketten gefördert und Hindernisse, mit denen im Verteidigungssektor tätige KMU im globalen Wettbewerb konfrontiert sind, beseitigt werden können. In diesem Kontext wird die Kommission Instrumente zur KMU-Förderung (u. a. COSME) für im Verteidigungssektor tätige KMU einsetzen. Hierzu kann auch die Mobilisierung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds erwogen werden. In diesem Kontext müssen auch die Förderkriterien für Projekte mit doppeltem Verwendungszweck präzisiert werden.

· Die Kommission wird ferner das Enterprise Europe Network (EEN) in Anspruch nehmen, um KMU im Verteidigungssektor bei der Vernetzung und Bildung von Partnerschaften, der Internationalisierung ihrer Tätigkeiten, Technologietransfers und der Finanzierung von Geschäftschancen zu beraten.

· Die Kommission wird eine regionale Vernetzung fördern, die darauf abzielt, Vermögenswerte aus der Verteidigungsindustrie und -forschung in regionale intelligente Spezialisierungsstrategien zu integrieren und dafür vor allem ein europäisches Netzwerk von im Verteidigungssektor engagierten Regionen zu nutzen.

3.5.        Qualifikationen – Change Management und Zukunftssicherung

In der Verteidigungsbranche vollzieht sich ein grundlegender Wandel, an den sich Mitgliedstaaten und Industrie anpassen müssen. Dazu erklärte der Europäische Rat im Dezember 2008 Folgendes: „Die Umstrukturierung der verteidigungstechnologischen und -industriellen Basis Europas – insbesondere auf der Grundlage europäischer Hochleistungszentren und unter Vermeidung von Doppelentwicklungen – ist eine strategische und wirtschaftliche Notwendigkeit, um Solidität und Wettbewerbsfähigkeit dieses Sektors zu gewährleisten.“

Obwohl für den Umstrukturierungsprozess hauptsächlich die Branche verantwortlich ist, kommt der Kommission, den Regierungen der Mitgliedstaaten und den lokalen Behörden eine ergänzende Funktion zu. Die Kommission und die Mitgliedstaaten können auf eine Reihe von Instrumenten der EU zurückgreifen, um neue Qualifikationen zu fördern und die Auswirkungen der Umstrukturierung zu bewältigen. Diese Instrumente sollten mit einem klaren Verständnis der für die Branche besonders wichtigen Fähigkeiten und Technologien eingesetzt werden. Die Kommission wird die Mitgliedstaaten auffordern, Arbeitsmarktflexibilitätsprogramme zu nutzen, um Unternehmen, etwa unter einem vorübergehenden Rückgang der Nachfrage nach ihren Produkten leidende Anbieter, zu unterstützen und ein vorausschauendes Konzept für die Umstrukturierung zu fördern. In diesem Kontext können die Mitgliedstaaten auf den Europäischen Sozialfonds (ESF) und in einigen Fällen bei Massenentlassungen auf den Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung zurückgreifen. Ein wichtiges Fundament dafür wird eine Bestandsaufnahme der vorhandenen und künftig benötigten Qualifikationen sein, die möglicherweise auf einem europäischen Ausbildungsrat für den Verteidigungssektor unter Federführung von Branchenvertretern beruht.

Maßnahmen:

· Die Kommission wird die für die Zukunft der Branche als wesentlich erachteten Qualifikationen unter anderem durch die derzeit eine Probephase durchlaufenden sektorspezifischen Programme („Ausbildungsallianzen“ und „Wissensallianzen“) fördern.

· Die Kommission wird für die Umschulung und Fortbildung von Arbeitskräften zur Inanspruchnahme des ESF auffordern, und zwar insbesondere für Projekte, die im Zeichen von Ausbildungsbedarf, Abstimmung von Qualifikationen und Antizipierung des Wandels stehen.

· Die Kommission wird ferner dem Potenzial der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds Rechnung tragen, um Regionen zu unterstützen, die von den negativen Folgen der Umstrukturierung der Verteidigungsindustrie betroffen sind, und insbesondere Arbeitnehmern bei der Anpassung an die neue Lage zur Seite zu stehen und die Neuausrichtung der Wirtschaft zu fördern.

4.           Nutzung von Forschungspotenzialen im Bereich der Technologien mit doppeltem Verwendungszweck und Innovationsförderung

Da eine ganze Reihe von Technologien einen doppelten Verwendungszweck aufweisen kann, ergeben sich vermehrt Synergien zwischen ziviler und militärischer Forschung. In diesem Kontext findet eine laufende Koordinierung zwischen dem Sicherheitsthema des Siebten Rahmenprogramms für Forschung und technologische Entwicklung und den Forschungstätigkeiten im europäischen Verteidigungsbereich statt. Bisher konzentrierten sich die Arbeiten auf CBRNE und betrafen in letzter Zeit auch die Cyberverteidigung im Zusammenhang mit der GSVP und deren Synergien mit der Computer- und Netzsicherheit. Mehrere diesbezügliche Aktivitäten werden in der Europäischen Strategie für Computer- und Netzsicherheit angekündigt und haben zum Ziel, die Online-Umgebung der EU zur sichersten der Welt zu machen. Ferner hat das Gemeinsame Unternehmen „Single European Sky Air Traffic Management Research Programme“ (SESAR) Forschungstätigkeiten zur Computer- und Netzsicherheit auf dem Gebiet des Flugverkehrsmanagement eingeleitet.

Im Rahmen von Horizont 2020 eröffnen die Bereiche „Führung in Grundlagen- und industriellen Technologien“, darunter „Schlüsseltechnologien“ (Key Enabling Technologies, KETs) und „Sichere Gesellschaften“ (die gesellschaftliche Herausforderung) Aussichten auf technische Fortschritte, die für zivile Anwendungen auslösen können, sondern auch auf dem Gebiet der Technologien mit doppeltem Verwendungszweck innovationsfördernd wirken können. Obwohl die von der EU finanzierten Forschungs- und Innovationsmaßnahmen im Rahmen von Horizont 2020 ausschließlich auf zivile Anwendungen ausgerichtet sein werden, wird die Kommission bewerten, wie diese Ergebnisse auch für industrielle Fähigkeiten in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit genutzt werden könnten. Ferner wird die Kommission Synergien bei der Entwicklung von Anwendungen mit doppeltem Verwendungszweck und einer eindeutigen Sicherheitsdimension oder sonstigen Technologien mit doppeltem Verwendungszweck ausloten, zu denen etwa Technologien zur Unterstützung der Integration des zivilen RPAS in das europäische Luftverkehrssystem zählen, die im Rahmen des Gemeinsamen Unternehmens SESAR durchgeführt werden soll.

Die Forschung im Verteidigungsbereich bringt erhebliche Folgewirkungen unter anderem für die Elektronik, die Raumfahrt, die Zivilluftfahrt und die Tiefseeerschließung mit sich. Derartige Effekte sollen auch künftig von der Verteidigung auf den zivilen Bereich ausgehen, damit die militärische Forschung weiterhin einen Beitrag zu zivilen Innovationen leisten kann.

Die Kommission erkennt auch die potenziellen Vorteile weiterer Möglichkeiten für außerhalb von Horizont 2020 im GSVP-Kontext betriebene Forschung. Dabei könnte es sich um eine als vorbereitende Maßnahme für Verteidigungsfähigkeiten handeln, die für GSVP-Operationen unbedingt benötigt werden, die auf Synergien mit einzelstaatlichen Forschungsprogrammen ausgerichtet sind. Die Kommission wird Inhalte und Modalitäten gemeinsam mit den Mitgliedstaaten, dem EAD und der EDA festlegen. Parallel dazu sollten die Mitgliedstaaten an einer angemessenen Finanzierung der Verteidigungsforschung festhalten und diese verstärkt in partnerschaftlicher Zusammenarbeit betreiben.

Maßnahmen:

· Die Kommission plant, ein vorkommerzielles Vergabeprogramm für Prototypen zu unterstützen, für das zunächst Folgendes in Frage käme: CBRN-Nachweis, RPAS und Kommunikationsanlagen auf Basis von softwaredefinierter Funktechnologie.

· Die Kommission wird Möglichkeiten zur Unterstützung der Forschung im GSVP‑Kontext, etwa durch eine vorbereitende Maßnahme, erwägen. Der Schwerpunkt würde dabei auf den Bereichen liegen, in denen EU-Verteidigungsfähigkeiten am dringendsten benötigt würden und Synergien mit einzelstaatlichen Forschungsprogrammen angestrebt werden.

5.           Entwicklung von Fähigkeiten

Die Kommission arbeitet bereits an der Deckung des Bedarfs an nichtmilitärischen Fähigkeiten, die zur Unterstützung von Maßnahmen in Bereichen der inneren und äußeren Sicherheit, wie etwa Zivilschutz[3], Krisenmanagement, Cybersicherheit, Schutz der Außengrenzen und Meeresüberwachung, dienen. Bisher waren diese Aktivitäten auf die Kofinanzierung und Koordinierung von Fähigkeiten der Mitgliedstaaten beschränkt. Die Kommission will einen Schritt weiter gehen, um dafür Sorge zu tragen, dass Europa über das gesamte Spektrum der benötigten Sicherheitsfähigkeiten verfügen kann, dass diese möglichst kostenwirksam betrieben werden können und dass in relevanten Bereichen die Interoperabilität zwischen nichtmilitärischen und militärischen Fähigkeiten sichergestellt wird.

Maßnahmen:

· Die Kommission wird weiterhin die Interoperabilität der gemeinsamen Nutzung von Informationsdiensten zwischen zivilen und militärischen Nutzern verbessern, wie sie im gemeinsamen Informationsraum für den maritimen Bereich als Pilotprojekt erprobt wird.

· Auf der Grundlage der bestehenden EU-Netzwerke wird die Kommission gemeinsam mit den Mitgliedstaaten die Bildung einer zivil-militärischen Kooperationsgruppe in den Bereichen a) Nachweistechnologien und b) Methoden zur Bekämpfung selbstgebauter Sprengkörper, tragbarer Luftabwehrsysteme (MANPADS) und anderer relevanter Bedrohungen wie CBRNE-Gefahren prüfen.

· Die Kommission wird mit dem EAD in einer gemeinsamen Bewertung den Bedarf an Fähigkeiten mit doppeltem Verwendungszweck ermitteln, die für die Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU benötigt werden. Auf Basis dieser Bewertung wird sie in einem Vorschlag darlegen, welcher Bedarf sich gegebenenfalls am besten durch direkt angekaufte, im Eigentum der Union stehende und von ihr betriebene Vermögenswerte gedeckt werden könnte.

6.           Raumfahrt und Verteidigung

Die meisten Raumfahrttechnologien, Raumfahrtinfrastrukturen und Weltraumdienste sind für zivile und militärische Zwecke gleichermaßen nutzbar. Im Gegensatz zu allen Raumfahrtnationen besteht in der EU jedoch kein struktureller Zusammenhang zwischen zivilen und militärischen Raumfahrtaktivitäten. Diese Trennung verursacht wirtschaftliche und politische Kosten, die sich Europa nicht mehr leisten kann. Sie wird noch dadurch verstärkt, dass Europa von Anbietern bestimmter kritischer Technologien aus Drittländern, die häufig Ausfuhrbeschränkungen unterliegen, abhängig ist.

Obwohl einige Raumfahrtfähigkeiten auch in Zukunft ausschließlich nationaler und/oder militärischer Kontrolle unterstehen müssen, werden in mehreren Bereichen zunehmende Synergien zwischen zivilen und Verteidigungsaktivitäten zu geringeren Kosten und mehr Effizienz führen.

6.1.        Schutz von Raumfahrt-Infrastrukturen

Galileo und Copernicus sind bedeutende europäische Raumfahrt-Infrastrukturen. Mit Galileo, das im Eigentum der EU steht, und Copernicus werden die wichtigsten EU-Maßnahmen unterstützt. Diese kritischen Infrastrukturen müssen als Rückgrat für Anwendungen und Dienste, die für unsere Wirtschaft und das Wohlergehen und die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger von wesentlicher Bedeutung sind, unbedingt geschützt werden.

Weltraumschrott ist zur größten Bedrohung der Nachhaltigkeit unserer Raumfahrtaktivitäten geworden. Zur Verringerung des Kollisionsrisikos müssen Satelliten und Weltraumschrott geortet und überwacht werden. Für diese als Beobachtung und Verfolgung von Objekten im Weltraum (Space Surveillance and Tracking, SST) bezeichnete Tätigkeit werden heute überwiegend bodengestützte Sensoren wie Teleskopen und Radaranlagen eingesetzt. Gegenwärtig gibt es auf europäischer Ebene keine SST-Kapazität; Satelliten- und Startdienstbetreiber sind bei Kollisionsschutzsystemen auf US-Daten angewiesen.

Die EU ist bereit, den Aufbau eines europäischen SST-Dienstes zu unterstützen, der auf ein Netz vorhandener SST-Anlagen im Besitz von Mitgliedstaaten, möglicherweise im Rahmen einer transatlantischen Perspektive, aufgesetzt werden soll. Diese Dienste sollten staatlichen, kommerziellen, zivilen und militärischen Betreibern und Behörden zur Verfügung stehen. Dazu müssen sich die Mitgliedstaaten, die entsprechende Anlagen besitzen, zur Kooperation und zur Bereitstellung eines Kollisionsschutzdienstes auf europäischer Ebene verpflichten. Oberstes Ziel ist es, den Schutz europäischer Raumfahrtinfrastrukturen mit einer europäischen Fähigkeit sicherzustellen.

Maßnahmen:

· Die Kommission hat 2013 einen Vorschlag für ein Programm zur SST-Unterstützung vorgelegt und wird davon ausgehend prüfen, wie langfristig ein hohes Maß Effizienz beim SST-Dienst sichergestellt werden kann.

6.2.        Satellitenkommunikation

Militärische und zivile Sicherheitsakteure sind in zunehmendem Maße auf Satellitenkommunikation (SATCOM) als einzigartige Fähigkeit zur Gewährleistung von Fernkommunikation und Rundfunk angewiesen. Sie erleichtert den Einsatz von mobilen oder aufstellbaren Plattformen als Ersatz für bodengestützte Kommunikationsinfrastrukturen und zur Bewältigung des Austauschs großer Datenmengen.

Kommerzielle SATCOM ist die erschwinglichste und flexibelste Lösung zur Deckung des steigenden Bedarfs. Da die Nachfrage nach Sicherheits-SATCOM zu fragmentiert ist, könnten durch die Bündelung und gemeinsame Nutzung von SATCOM-Akquisitionen aufgrund von Größenvorteilen und höherer Widerstandsfähigkeit erhebliche Kosteneinsparungen erzielt werden.

Kommerzielle SATCOM-Dienste können die zentrale staatliche/militärische Satellitenkommunikation (MILSATCOM), die von einigen EU-Mitgliedstaaten individuell entwickelt wird, nicht vollständig ersetzen. Diese Kommunikationsform ist jedoch nicht in der Lage, den Bedarf kleinerer Einheiten, insbesondere von Militärflugzeugen oder Sondereinheiten im Einsatz, zu decken.

Darüber hinaus wird die Nutzungsdauer des derzeit von den Mitgliedstaaten betriebenen Dienstes MILSATCOM bis zum Ende dieses Jahrzehnts abgelaufen sein. Diese Schlüsselfähigkeit muss erhalten bleiben.

Maßnahmen:

· Die Kommission wird Maßnahmen gegen die Fragmentierung der SATCOM-Nachfrage im Sicherheitsbereich treffen. Insbesondere wird die Kommission an die Erfahrungen der EDA anknüpfen und die Bündelung der in Europa im militärischen und im Sicherheitsbereich bestehenden Nachfrage nach kommerziellen SATCOM-Diensten fördern.

· Die Kommission wird prüfen, welche Möglichkeiten bestehen, um die Anstrengungen der Mitgliedstaaten im Hinblick auf den Einsatz staatlicher Telekommunikationsnutzlasten an Bord von (auch für kommerzielle Zwecke eingesetzten) Satelliten über bestehende Programme und Fazilitäten zu unterstützen und die nächste Generation staatlicher MILSATCOM-Fähigkeiten auf europäischer Ebene zu entwickeln.

6.3.        Aufbau einer hochauflösenden EU-Satellitenfähigkeit

Die sicherheitspolitische Bedeutung der hochauflösenden Satellitenbildgebung nimmt – auch im Kontext von GSVP und GASP – weiter zu. Die EU ist darauf angewiesen, wenn es um Frühwarnungen, zeitnahe Entscheidungsfindung, fortschrittliche Planung und verbesserter EU-Krisenreaktionsmaßnahmen im zivilen wie auch im militärischen Bereich geht.

Auf diesem Gebiet wird gegenwärtig an mehreren nationalen Verteidigungsprogrammen gearbeitet. Einige Mitgliedstaaten haben auch hochauflösende duale Systeme zur Ergänzung rein auf Verteidigung ausgerichteter nationaler Programme entwickelt. Durch diese dualen Systeme konnten neue Formen einer Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten an der Nutzung der Satellitenbildgebung entstehen, wobei die Akquisition entweder am Markt oder durch bilaterale Vereinbarungen erfolgte. Dieser erfolgreiche Ansatz, der Anforderungen von zivilen und militärischen Nutzern miteinander gerecht wird, sollte weiterverfolgt werden.

Da der Bedarf an hochauflösender Bildaufnahme weiterhin wächst, muss zur Vorbereitung auf die nächste Generation hochauflösender militärischer und ziviler Beobachtungssatelliten, mit deren Einsatz etwa 2025 zu rechnen ist, eine Reihe von Technologien erforscht und entwickelt werden, wie etwa hyperspektrale, hochauflösende Satelliten im geostationären Orbit oder moderne ultrahochauflösende Satelliten in Kombination mit neuen Sensorplattformen wie beispielsweise RPAS.

Maßnahme:

· Die Europäische Kommission wird gemeinsam mit dem EAD und der EDA die Möglichkeit zur stufenweisen Entwicklung neuer Darstellungsmöglichkeiten prüfen, die für Missionen und Operationen im Rahmen von GASP und GSVP eingesetzt werden. Darüber hinaus wird die Europäische Kommission an der Entwicklung der Technologien mitwirken, die für die künftigen Generationen hochauflösender Beobachtungssatelliten erforderlich sind.

7.           Anwendung der energiepolitischen Maßnahmen der EU und ihrer Förderinstrumente im Verteidigungssektor

Die Streitkräfte sind die größten öffentlichen Energieverbraucher in der EU. Nach Angaben der EDA belaufen sich ihre jährlichen Gesamtausgaben allein für Strom auf mehr als eine 1 Mrd. EUR. Darüber hinaus bleiben fossile Brennstoffe die wichtigste Quelle zur Deckung dieses Energiebedarfs, was sensible Abhängigkeiten entstehen lässt und für die Verteidigungshaushalte das Risiko von Preiserhöhungen mit sich bringt. Zur Verbesserung der Versorgungssicherheit und zur Senkung der Betriebskosten haben die Streitkräfte daher ein starkes Interesse an der Reduzierung ihres energetischen Fußabdrucks.

Zugleich besitzen die Streitkräfte Gebäude mit einer geschätzten Gesamtfläche von 200 Mio. Quadratmetern und 1 % der gesamten Landfläche Europas und sind damit auch der größte öffentliche Eigentümer von Freiflächen und Infrastrukturen. Durch die Nutzung dieses Potenzials könnten die Streitkräfte ihren Energiebedarf reduzieren und einen beträchtlichen Teil davon aus eigenen emissionsarmen und autonomen Quellen decken. Das würde die Kosten und Abhängigkeiten verringern und zugleich einen Beitrag zu den Energiezielen der Union leisten.

Auf dem Gebiet der Forschung hat die Kommission den Europäischen Strategieplan für Energietechnologie- (SET-Plan) entwickelt, um innovative und kohlenstoffarme Energietechnologien zu fördern, die einen höheren Effizienzgrad als vorhandene Energietechnologien aufweisen und nachhaltiger als diese sind. Angesichts seines bedeutenden Energiebedarfs könnte dem Verteidigungssektor eine Vorreiterrolle beim Einsatz der durch den SET-Plan neu entstehenden Energietechnologien zukommen.

Maßnahmen:

· Die Kommission wird bis Mitte 2014 einen speziellen Konsultationsmechanismus mit Verteidigungsexperten aus den Mitgliedstaaten einrichten, der sich am Modell bestehender konzertierter Aktionen zu erneuerbaren Energien und Energieeffizienz orientieren wird. Dieser Mechanismus wird folgende Schwerpunkte aufweisen: a) Energieeffizienz vor allem im Gebäudesektor; b) erneuerbare Energie und alternative Kraftstoffe, c) Energieinfrastruktur, einschließlich des Einsatzes intelligenter Netztechnologien. Zudem sieht er Folgendes vor:

– Prüfung der Anwendbarkeit der in der EU bestehenden Energiekonzepte, Rechtsvorschriften und Förderinstrumente für den Verteidigungssektor.

– Festlegung möglicher Ziele und Schwerpunktbereiche für ein umfassendes Energiekonzept für Streitkräfte auf EU‑Ebene.

– Erarbeitung von Empfehlungen für einen Ratgeber für erneuerbare Energien und Energieeffizienz im Verteidigungssektor mit besonderem Augenmerk auf der Umsetzung der bestehenden EU-Rechtsvorschriften, dem Einsatz innovativer Technologien und der Verwendung innovativer Finanzinstrumente.

– Regelmäßiger Informationsaustausch mit der Lenkungsgruppe für den SET‑Plan.

· Die Kommission wird auch die Entwicklung eines Leitfadens zur Umsetzung der Richtlinie 2012/27/EU im Verteidigungssektor erwägen.

· Die Kommission wird GO GREEN, das Fotovoltaik-Demonstrationsprojekt der europäischen Streitkräfte, unterstützen. Nach der erfolgreichen Demonstrationsphase wird die Kommission auch zur Weiterentwicklung von GO GREEN betragen, dabei eine noch größere Zahl von Mitgliedstaaten einbeziehen und das Projekt möglicherweise auch auf andere erneuerbare Energiequellen wie Windkraft, Biomasse und Wasserkraft ausdehnen.

8.           Stärkung der internationalen Dimension

Angesichts schrumpfender Verteidigungsetats in Europa haben Exporte in Drittländer für europäische Unternehmen zunehmend an Bedeutung gewonnen, um die rückläufige Nachfrage auf den Heimatmärkten auszugleichen. Solche Exporte sollten in Übereinstimmung mit den im Gemeinsamen Standpunkt 2008/944/GASP vom 8. Dezember 2008 festgelegten politischen Grundsätzen sowie dem am 2. April 2013 durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedeten Vertrag über den Waffenhandel genehmigt werden. Zugleich hat Europa ein wirtschaftliches und politisches Interesse daran, europäische Unternehmen auf den Weltmärkten zu fördern. Schließlich muss Europa sicherstellen, dass es ein kohärentes Konzept für die Überwachung ausländischer Investitionen vorliegt (siehe hierzu Abschnitt 2.3 über Versorgungssicherheit).

8.1.        Wettbewerbsfähigkeit auf Drittmärkten

Die Verteidigungsausgaben haben sich in Europa zwar verringert, steigen in vielen anderen Teilen der Welt jedoch weiterhin an. Der Zugang zu diesen Märkten ist oft schwierig und hängt u. a. von politischen Erwägungen und Markteintrittsbarrieren ab. Der weltweit größte Markt für Rüstungsgüter, die Vereinigten Staaten, ist für Einfuhren aus Europa praktisch geschlossen. Andere Drittländer sind offener, verlangen jedoch häufig Kompensationsgeschäfte, die Unternehmen aus der EU stark belasten. Schließlich konkurrieren auf vielen Drittmärkten europäische Anbieter miteinander, so dass aus der Sicht der EU die Unterstützung eines bestimmten europäischen Anbieters schwierig ist.

Maßnahme:

· Die Kommission wird mit den Interessenträgern einen Dialog über die Möglichkeiten zur Unterstützung der europäischen Verteidigungsbranche auf Drittmärkten aufnehmen. Hinsichtlich der Kompensationsgeschäfte auf Drittmärkten wird dabei geprüft, wie eventuelle negative Auswirkungen solcher Kompensationsgeschäfte auf den Binnenmarkt und die europäische verteidigungsindustrielle Basis abgeschwächt werden können. Ferner wird untersucht, in welcher Weise die EU-Institutionen europäische Anbieter unterstützen könnten, wenn nur ein Unternehmen aus Europa mit Anbietern aus anderen Teilen der Welt konkurriert.

8.2.        Ausfuhrkontrollen für Güter mit doppeltem Verwendungszweck

Ausfuhrkontrollen für Güter mit doppeltem Verwendungszweck bilden eine präzise Ergänzung der Waffenhandelskontrollen und sind für die Sicherheit der EU sowie für die Wettbewerbsfähigkeit vieler Raumfahrt-, Verteidigungs- und Sicherheitsunternehmen von großer Bedeutung. Die Kommission hat eine Prüfung der EU-Politik für Ausfuhrkontrollen eingeleitet und eine breite öffentliche Konsultation durchgeführt, deren Schlussfolgerungen in einer Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen vom Januar 2013 vorgelegt wurden. Der Reformprozess wird mit der Erarbeitung einer Mitteilung fortgesetzt, in der auf die noch verbliebenen Handelsbarrieren eingegangen wird, die Unternehmen aus der EU daran hindern, optimal vom Binnenmarkt profitieren.

Maßnahme:

· Im Rahmen der laufenden Überprüfung der Ausfuhrkontrollpolitik wird die Kommission zunächst eine Folgenabschätzung über die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 428/2009 vorlegen und daran anschließend eine Mitteilung, in der eine langfristige Vision für strategische EU-Ausfuhrkontrollen und konkrete politische Initiativen dargestellt werden, um die Ausfuhrkontrollen an die sich rasch verändernden technologischen, wirtschaftlichen und politischen Bedingungen anzupassen. Im Zuge dessen können auch Vorschläge zur Änderung der Rechtsvorschriften über das Ausfuhrkontrollsystem der EU unterbreitet werden.

9.           Schlussfolgerungen

Nur mit weitreichenden politischen und strukturellen Reformen wird es möglich sein, die Verteidigungsfähigkeiten zu erhalten und weiterzuentwickeln, mit denen die gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen trotz gravierender Etatkürzungen bewältigt werden können. Es ist an der Zeit, ehrgeizige Maßnahmen zu treffen.

9.1.        Ein neuer Rahmen für die Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen zivilem und militärischem Bereich

Die Zusammenarbeit zwischen zivilem und militärischem Bereich stellt eine komplexe Herausforderung mit zahlreichen operativen, politischen, technischen und industriellen Facetten dar. Dies gilt besonders für Europa, da in diesem Fall durch Kompetenzverteilung und Arbeitsteilung die Lage noch komplexer wird. Diese Mitteilung stellt ein Maßnahmenpaket vor, das zur Bewältigung dieser Herausforderungen und zu einer intensiveren Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten beitragen kann. In diesem Kontext wollen wir ein integriertes Konzept zur sowohl für den zivilen als auch militärischen Bereich entwickeln, mit dem nahtlos alle Phasen des Nutzungszyklus der Fähigkeiten – von der Ermittlung des Bedarfs bis zum tatsächlichen Einsatz vor Ort – erfasst werden.

Als ersten Schritt wird die Kommission prüfen, wie sie intern mit Sicherheits- und Verteidigungsangelegenheiten umgeht. Anhand der Erfahrungen der Taskforce „Verteidigung“ wird sie ihre Mechanismen für die Kooperation und Koordination zwischen ihren eigenen Dienststellen und mit den Interessenträgern optimieren.

9.2.        Ein Aufruf an die Mitgliedstaaten

In der vorliegenden Mitteilung ist ein Aktionsplan für den Beitrag der Kommission zur Aufwertung der GSVP dargelegt. Die Kommission lädt den Europäischen Rat ein, diesen Aktionsplan im Dezember 2013 zusammen mit dem von der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik erarbeiteten Bericht angesichts der folgenden Erwägungen zu erörtern:

– Beschlüsse über Investitionen und Fähigkeiten für die Bereiche Sicherheit und Verteidigung sollten auf einem gemeinsamen Verständnis von Bedrohungen und Interessen beruhen. Europa muss daher zu gegebener Zeit ein strategisches Konzept entwickeln, das alle Aspekte der militärischen und nichtmilitärischen Sicherheit berücksichtigt. Mit der Erarbeitung dieses Konzepts sollte eine breitere politische Debatte über die Umsetzung einschlägiger Bestimmungen des Vertrags von Lissabon einhergehen. In diesem Zusammenhang sollte eine breitere politische Debatte über die Umsetzung einschlägiger Bestimmungen des Vertrags von Lissabon geführt werden.

– Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) ist eine Notwendigkeit. Eine wirksame GSVP sollte auf dem Fundament einer vollwertigen europäischen Politik im Bereich der Fähigkeiten und der Rüstung nach Artikel 42 EUV beruhen.

– Im Sinne der Kohärenz der Bemühungen muss die GSVP mit anderen einschlägigen EU-Politiken eng abgestimmt werden. Dies ist besonders wichtig, damit Synergien zwischen der Entwicklung und dem Einsatz von Fähigkeiten auf dem Gebiet der Verteidigung und der zivilen Sicherheit entstehen und genutzt werden können.

– Damit die GSVP glaubwürdig ist, braucht Europa eine starke verteidigungstechnologische und -industrielle Basis. Dafür muss auf jeden Fall eine europäische Strategie für die Verteidigungsindustrie erarbeitet werden, die auf einem Konsens über das Maß an Autonomie, das Europa in kritischen technologischen Bereichen wahren will, beruht.

– Eine wesentliche Voraussetzung zur Erhaltung einer wettbewerbsfähigen Industrie, die in der Lage ist, die von uns benötigten Fähigkeiten zu erschwinglichen Preisen zu produzieren, ist die Aufwertung des Binnenmarktes für Verteidigung und Sicherheit und die Schaffung von Bedingungen, unter denen europäische Unternehmen in allen Mitgliedstaaten ungehindert tätig werden können.

– Angesichts erheblicher Haushaltskürzungen kommt es besonders auf die effiziente Zuteilung und Verwendung finanzieller Mittel an. Dies bedeutet unter anderem, dass die Betriebskosten gesenkt, die Nachfrage gebündelt und die militärischen Anforderungen harmonisiert werden müssen.

– Damit der tatsächliche Mehrwert des EU-Rahmens sichtbar wird, bedarf es eines gemeinsamen Projekts im Bereich der zentralen Verteidigungsfähigkeiten, für das alle einschlägigen politischen Maßnahmen der EU in vollem Umfang mobilisiert werden könnten.

9.3.        Die nächsten Schritte

Auf der Grundlage der Gespräche mit den Staats- und Regierungschefs wird die Kommission für die in dieser Mitteilung festgelegten Bereiche einen detaillierten Fahrplan mit konkreten Maßnahmen und Zeitvorgaben erarbeiten.

Zur Erstellung und Umsetzung dieses Fahrplans wird die Kommission einen eigenen Mechanismus für Konsultationen mit den nationalen Behörden einrichten, der je nach Politikbereich unterschiedliche Formen annehmen kann. Die EDA und der Europäische Auswärtige Dienst werden in diesen Konsultationsmechanismus eingebunden.

[1]               Daten des Internationalen Stockholmer Instituts für Friedensforschung (SIPRI).

[2]               In diesem Aktionsplan vorgesehene Maßnahmen sind kohärent und mit den einschlägigen Finanzinstrumenten vereinbar, die innerhalb des mehrjährigen Finanzrahmens festgelegt wurden.

[3]               Hinsichtlich des Zivilschutzes ist die Entwicklung von Fähigkeiten im Vorschlag der Kommission für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Katastrophenschutzverfahren der Union (KOM(2011) 934 endg.) enthalten.