2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/51


Mittwoch, 6. April 2011
Governance und Partnerschaft im Binnenmarkt

P7_TA(2011)0144

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. April 2011 zu Governance und Partnerschaft im Binnenmarkt (2010/2289(INI))

2012/C 296 E/08

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission „Auf dem Weg zu einer Binnenmarktakte für eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft: 50 Vorschläge, um gemeinsam besser zu arbeiten, zu unternehmen und Handel zu treiben“ (KOM(2010)0608),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission „Europa 2020 – Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ (KOM(2010)2020),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission „Ein Binnenmarkt für das Europa des 21. Jahrhunderts“ (KOM(2007)0724) und das dazugehörige Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen über die Erfolge des Binnenmarkts (SEK(2007)1521),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 4. September 2007 zur Überprüfung des Binnenmarktes (1) und das dazugehörige Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen zur Binnenmarktüberprüfung: ein Jahr danach (SEK(2008)3064),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission zur Intelligenten Regulierung in der Europäischen Union (KOM(2010)0543),

unter Hinweis auf den 27. Jahresbericht der Kommission über die Kontrolle der Anwendung des EU-Rechts und auf das dazugehörige Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen zur Lage in den einzelnen Branchen (SEK(2010)1143),

unter Hinweis auf die Empfehlung der Kommission vom 29. Juni 2009 zur Optimierung der Funktionsweise des Binnenmarktes (2),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 10. Dezember 2010 zur Binnenmarktakte,

in Kenntnis des Berichts von Professor Mario Monti an die Kommission über die Wiederbelebung des Binnenmarktes,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Mai 2010 zur Schaffung eines Binnenmarktes für Verbraucher und Bürger (3),

unter Hinweis auf den Binnenmarktanzeiger Nr. 21 (2010) und auf seine Entschließungen vom 9. März 2010 (4) und vom 23. September 2008 (5) zum Binnenmarktanzeiger,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission „Ein Europa der Ergebnisse – Anwendung des Gemeinschaftsrechts“ (KOM(2007)0502),

unter Hinweis auf die Artikel 258 bis 260 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

gestützt auf die Artikel 7, 10 und 15 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz sowie der Stellungnahmen des Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten und des Rechtsausschusses (A7-0083/2011),

A.

in der Erwägung, dass der Binnenmarkt der aktiven Unterstützung aller Bürger, aller europäischen Organe und Einrichtungen sowie aller Mitgliedstaaten und aller Beteiligten bedarf,

B.

in der Erwägung, dass es im Hinblick auf eine aktive Unterstützung aller Beteiligten von wesentlicher Bedeutung ist, dass im Rahmen von Konsultationen und beim Dialog mit der Kommission sowie in Sachverständigenkreisen die tatsächliche Vertretung der Zivilgesellschaft und von KMU gewährleistet wird,

C.

in der Erwägung, dass eine ordnungsgemäße Verbreitung, Verlautbarung und Steuerung der unterschiedlichen Konsultationen und Berichte der Organe der Union (EU 2020, Bürgerbericht 2010, Integrierte Industriepolitik, Digitale Agenda für Europa, Monti-Bericht, Entschließung des Parlaments zur Bereitstellung eines Binnenmarktes für die Verbraucher und Bürger, Berichte Gonzales und IMCO usw.) für eine erfolgreiche Wiederbelebung des Binnenmarktes von besonderer Bedeutung sind,

D.

in der Erwägung, dass nach wie vor eine beträchtliche Kluft besteht zwischen den Bestimmungen des Binnenmarkts und dem Nutzen, den die Bürger und die Unternehmen in der Praxis aus diesen Bestimmungen ziehen können,

E.

in der Erwägung, dass das Umsetzungsdefizit in der Union durchschnittlich bei 1,7 % liegt, wenn man die Fälle berücksichtigt, in denen die Umsetzungsdauer einer Richtlinie die Frist überschreitet und in denen die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat,

Einleitung

1.

begrüßt mit Interesse die Mitteilung der Kommission „Auf dem Weg zu einer Binnenmarktakte“, insbesondere deren drittes Kapitel und das von ihr vorgeschlagene allgemeine Konzept, mit Hilfe dessen ein Gleichgewicht im Binnenmarkt zwischen Unternehmen und Bürgern wiederhergestellt werden soll und die Demokratie und die Transparenz des Entscheidungsprozesses verbessert werden sollen; betont, dass mit diesem Konzept ein möglichst ausgewogenes Verhältnis zwischen den Vorschlägen der drei Teile der Mitteilung sichergestellt werden soll;

2.

vertritt die Auffassung, dass die drei Kapitel der Mitteilung gleichermaßen wichtig sind und miteinander in Verbindung stehen und dass sie im Rahmen eines einheitlichen Ansatzes und ohne die einzelnen Themenschwerpunkte voneinander zu trennen behandelt werden sollten;

3.

fordert die Kommission und den Rat nachdrücklich auf, den ganzheitlichen Ansatz einer Wiederbelebung des Binnenmarktes zu verstärken und dabei die binnenmarktrelevanten Prioritäten auf alle Politikbereiche zu konzentrieren, die für die Verwirklichung des Binnenmarkts zum Nutzen der europäischen Bürger, Verbraucher und Unternehmen von zentraler Bedeutung sind;

4.

vertritt die Auffassung, dass die Stärkung der europäischen Governance, die Umsetzung der Strategie EU 2020 und die Wiederbelebung des Binnenmarkts für die Wiederankurbelung der europäischen Wirtschaft von gleich großer Bedeutung sind und im Verbund miteinander betrachtet werden sollten;

5.

vertritt die Auffassung, dass ein barrierefreier und wettbewerbsfähiger Binnenmarkt vollendet werden sollte, um Arbeitnehmern, Studenten, Rentnern und den Bürgern im allgemeinen sowie Unternehmen, insbesondere KMU, im Alltag konkrete Vorteile zu bringen;

6.

fordert die Kommission auf, den Zeitplan für die Verwirklichung der Binnenmarktakte bekanntzugeben und regelmäßig die konkreten Fortschritte zu veröffentlichen, um die europäischen Bürger für ihre Durchführung zu sensibilisieren, und ihre Vorzüge zu ermitteln;

Allgemeine Bewertung

Stärkung der politischen Führung und Partnerschaft

7.

bekundet seine Überzeugung, dass eine der wesentlichen Herausforderungen für die Wiederbelebung des Binnenmarkts darin besteht, politische Führung, Engagement und Koordination zu gewährleisten; ist der Ansicht, dass eine umfassende Lenkung von höchster politischer Ebene für die Wiederbelebung des Binnenmarkts von entscheidender Bedeutung ist;

8.

regt an, dass der Präsident der. Kommission das Mandat erhalten sollte, in enger Zusammenarbeit mit dem Präsidenten des Europäischen Rates und den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten die Neubelebung des Binnenmarktes zu koordinieren und zu überwachen; fordert die Präsidenten der Kommission und des Europäischen Rates nachdrücklich auf, ihre jeweiligen Maßnahmen, die der Ankurbelung des Wirtschaftswachstums, der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, der Förderung der sozialen Marktwirtschaft und der Nachhaltigkeit der Union dienen sollen, eng zu koordinieren;

9.

verweist auf die gestärkte Rolle des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente nach dem Vertrag von Lissabon; fordert nachdrücklich eine Stärkung der Rolle des Parlaments im Gesetzgebungsprozess zum Binnenmarkt; ermutigt die nationalen Parlamente, sich über den gesamten Gesetzgebungszyklus hinweg mit den Binnenmarktbestimmungen zu befassen und sich an gemeinsamen Aktivitäten mit dem Europäischen Parlament zu beteiligen, was zu einer verstärkten Synergie zwischen beiden parlamentarischen Ebenen führt;

10.

begrüßt den Ansatz der Kommission, den Dialog und die Partnerschaft in den Mittelpunkt des wiederbelebten Binnenmarkts zu stellen, und fordert verstärkte Anstrengungen aller Akteure, um zu gewährleisten, dass dieser Lösungsansatz in die Praxis umgesetzt wird, so dass der Binnenmarkt seine umfassende Rolle bei der Förderung von Wachstum und einer stark wettbewerbsfähigen Marktwirtschaft spielen kann;

11.

fordert die Kommission gemeinsam mit dem Ratsvorsitz auf, ein Binnenmarktforum auf Jahresbasis auszurichten und dazu Vertreter aus den EU-Institutionen, den Mitgliedstaaten, der Zivilgesellschaft und aus Unternehmensorganisationen zusammenzubringen, um die bei der Wiederbelebung des Binnenmarktes erzielten Fortschritte zu bewerten, bewährte Verfahren auszutauschen und sich den vordringlichsten Anliegen der europäischen Bürger zu widmen; ermutigt die Kommission, ihre Bemühungen zur Ermittlung der 20 wichtigsten Quellen für die Unzufriedenheit und Frustration der Bürger im Zusammenhang mit dem Binnenmarkt fortzusetzen; schlägt vor, dass das Binnenmarktforum von der Kommission genutzt werden könnte, um diese Probleme und die jeweiligen Lösungen vorzustellen;

12.

fordert die Mitgliedstaaten eindringlich auf, bei der Wiederbelebung des Binnenmarkts Eigenverantwortung unter Beweis zu stellen; begrüßt die Initiativen der Mitgliedstaaten zur Optimierung der Art und Weise, wie sie mit den Binnenmarktrichtlinien im Sinne einer verbesserten Koordination, der Schaffung von Anreizstrukturen und der Stärkung der politischen Bedeutung ihrer Umsetzung umgehen; hält es im Rahmen der Diskussion über die Prioritäten für neue Rechtsvorschriften für wesentlich, mehr Nachdruck auf eine zeitgerechte und korrekte Umsetzung, eine ordnungsgemäße Anwendung und eine optimierte Durchsetzung der Rechtsvorschriften zum Binnenmarkt zu legen und entsprechende Anreize zu schaffen;

13.

stellt fest, die Binnenmarktbestimmungen häufig von lokalen und regionalen Behörden umgesetzt werden; unterstreicht das Erfordernis einer stärkeren Einbeziehung der regionalen und lokalen Körperschaften in die Verwirklichung des Binnenmarktes gemäß dem Subsidiaritätsprinzip und dem Grundsatz der Partnerschaft in sämtlichen Phasen des Beschlussfassungsprozesses; schlägt zur Betonung dieses dezentralisierten Ansatzes die Aufstellung eines „Territorialen Pakts der kommunalen und regionalen Gebietskörperschaften zur Strategie Europa 2020“ in jedem Mitgliedstaat vor, um eine stärkere Eigenverantwortung bei der Umsetzung der Strategie EU 2020 herbeizuführen;

14.

ist der Ansicht, dass eine verantwortungsvolle Verwaltung des Binnenmarktes die Bedeutung der Beratungsgremien auf europäischer Ebene, des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen, sowie die Bedeutung der Sozialpartner achten und stärken muss;

15.

betont, dass der Dialog mit den Sozialpartnern und der Zivilgesellschaft wesentlich für die Wiederherstellung des Vertrauens in den Binnenmarkt ist; erwartet neue und ehrgeizige Vorschläge von der Kommission, wie dieser Dialog tatsächlich verbessert werden kann; verlangt, dass die Sozialpartner bei allen einschlägigen Binnenmarktvorschriften, die den Arbeitsmarkt betreffen, beteiligt und konsultiert werden;

16.

begrüßt die Absicht der Kommission, einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog mit der Zivilgesellschaft zu fördern;

17.

fordert die Kommission auf, ein Grünbuch über Leitlinien für Konsultationen der EU-Institutionen mit repräsentativen Verbänden und der Zivilgesellschaft zu veröffentlichen und dabei zu gewährleisten, dass diese Konsultationen breit angelegt und interaktiv stattfinden und für die vorgeschlagenen politischen Maßnahmen von zusätzlichem Nutzen sind;

18.

fordert die Kommission auf, den Dialog und die Kommunikation bestmöglich auf die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger auszurichten, indem z. B. sämtliche öffentlichen Konsultationen der Kommission in allen Amtssprachen der Union bereitgestellt werden oder bei der Wahl der sprachlichen Mittel darauf geachtet wird, dass die Bürgerinnen und Bürger diese auch verstehen;

19.

fordert die Kommission eindringlich auf, eine pädagogische Informationskampagne über das Wesen des Binnenmarkts und die festgesetzten Ziele zur Stärkung der Dynamik des Binnenmarkts unter Einbindung der Dimension des gesellschaftlichen und territorialen Zusammenhalts in die Wege zu leiten; besteht darauf, dass diese Kommunikationskampagne dazu beitragen muss, eine bessere Beteiligung und bewusste Mitwirkung eines jeden Bürgers, Arbeitnehmers und Verbrauchers bei der Verwirklichung eines wettbewerbsfähigen, gerechten und ausgewogenen Marktes zu begünstigen;

20.

vertritt die Auffassung, dass die neuen auf Zusammenarbeit ausgerichteten Instrumente und Ansätze von Web 2.0 die Möglichkeit bieten, eine offenere, verlässlichere, bedarfsgerechtere und effizientere Lenkung des Binnenmarktes herbeizuführen;

Regulierung des Binnenmarkts

21.

vertritt die Auffassung, dass Initiativen einzelner Mitgliedstaaten ohne eine koordinierte Aktion auf Unionsebene nicht effizient sein können und dass es deshalb von grundlegender Bedeutung ist, dass die Europäische Union mit einer einzigen Stimme sprechen und gemeinsame Maßnahmen umsetzen sollte; weist darauf hin, dass die Solidarität, auf der das Modell der europäischen Sozialwirtschaft beruht, und die Koordination der jeweiligen nationalen Antworten von entscheidender Bedeutung waren, um kurzlebige protektionistische Maßnahmen einzelner Mitgliedstaaten zu vermeiden; äußert seine Besorgnis darüber, dass die Rückkehr zu wirtschaftlichem Protektionismus auf nationaler Ebene höchstwahrscheinlich eine Zersplitterung des Binnenmarktes und eine Minderung der Wettbewerbsfähigkeit bewirken würde und daher verhindert werden muss; befürchtet, dass die derzeitige Wirtschafts- und Finanzkrise in verschiedenen Mitgliedstaaten als Rechtfertigung für die Wiederbelebung protektionistischer Maßnahmen genutzt werden könnte, wogegen die Rezession vielmehr gemeinsame Schutzmechanismen erfordert;

22.

vertritt die Auffassung, dass Fortschritte im Binnenmarkt nicht auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner beruhen sollten; ermutigt die Kommission daher, die Führung zu übernehmen und ehrgeizige Vorschläge vorzulegen; ermutigt die Mitgliedstaaten, die Methode der verstärkten Zusammenarbeit in Bereichen anzuwenden, in denen das Verfahren zur Erzielung einer Einigung zwischen den 27 nicht durchführbar ist; stellt fest, dass es anderen Staaten freistehen würde, sich in einer späteren Phase an diesen Pionierinitiativen zu beteiligen;

23.

ist der Ansicht, dass die allgemeine Effizienz und Rechtmäßigkeit des Binnenmarkts unter der Komplexität der Binnenmarktlenkung leiden;

24.

ist der Ansicht, dass der Qualität und der Klarheit der Rechtsvorschriften der Union mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte, um so die Umsetzung der Rechtsvorschriften zum Binnenmarkt durch die Mitgliedstaaten zu erleichtern;

25.

vertritt die Auffassung, dass die Verwendung von Verordnungen anstelle von Richtlinien gegebenenfalls zu einem eindeutigeren Regelungsumfeld beitragen und die mit dem Verfahren der Umsetzung verbundenen Umsetzungskosten mindern würde; fordert die Kommission auf, einen zielgerichteteren Ansatz bei der Wahl der Gesetzgebungsinstrumente auszuarbeiten, der sich an den rechtlichen und inhaltlichen Merkmalen der umzusetzenden Bestimmungen orientiert, und dabei die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit zu achten;

26.

ermutigt die Kommission und den Rat, ihre Bemühungen zur Umsetzung der Strategie einer intelligenten Regulierung zu intensivieren, um die Qualität der Regulierung unter umfassender Beachtung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit weiter zu verbessern;

27.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, die unabhängige Bewertung der Rechtsvorschriften vorab und im Nachhinein unter Mitwirkung der Beteiligten im Hinblick auf eine verbesserte Effizienz der Rechtsvorschriften fortzusetzen;

28.

schlägt vor, dass die Kommission den KMU-Test systematisiert und verfeinert und dabei die Unterschiedlichkeit ihrer Situation berücksichtigt, um die Auswirkungen der Legislativvorschläge auf diese Unternehmen zu bewerten;

29.

ist der Ansicht, dass Entsprechungstabellen zur besseren Umsetzung der Binnenmarktbestimmungen beitragen und ihre Durchsetzung erheblich vereinfachen; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, für alle Rechtsvorschriften zum Binnenmarkt Entsprechungstabellen zu erstellen und zu veröffentlichen; weist darauf hin, dass das Parlament Berichte über die mit dem Rat erzielten Kompromisstexte künftig nicht mehr auf die Tagesordnung seiner Plenartagungen setzt, wenn keine Bestimmungen zu Entsprechungstabellen vorgesehen werden;

Verwaltungstechnische Koordination, Problemlösungsmechanismen und Information

30.

unterstützt die in der Binnenmarktakte enthaltenen Vorschläge, die darauf abzielen, die künftige verwaltungstechnische Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten auszubauen und dazu auch das Informationssystem zum Binnenmarkt unter Berücksichtigung seiner Sicherheit und seiner Benutzerfreundlichkeit auf andere relevante Legislativbereiche auszuweiten; fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten durch die Bereitstellung von Fortbildungsmaßnahmen und Anleitungen zu unterstützen;

31.

ist der Auffassung, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Entwicklung des Informationssystems für den Binnenmarkt – nach einer eingehenden Bewertung der Vorzüge und Probleme, die eine solche Ausweitung des Systems bewirken kann – einbezogen werden könnten;

32.

unterstreicht die Bedeutung einer besseren Kommunikation und einer Ausweitung des Binnenmarkt-Informationssystems, da insbesondere KMU unbedingt mit klaren Informationen über den Binnenmarkt versorgt werden müssen;

33.

begrüßt die Absicht der Kommission, mit den Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten, um informelle Problemlösungsinstrumente wie SOLVIT, das EU-Pilotprojekt und die Europäischen Verbraucherzentren zu konsolidieren und zu stärken; fordert die Kommission auf, einen Fahrplan in Bezug auf die Entwicklung und Verknüpfung unterschiedlicher Problemlösungsinstrumente vorzulegen, um so die Effizienz und die Benutzerfreundlichkeit zu gewährleisten und unnötige Überschneidungen zu vermeiden; fordert die Mitgliedstaaten auf, diese Problemlösungsinstrumente mit den entsprechenden Mitteln auszustatten;

34.

fordert die Kommission auf, die Webseite „Ihr Europa“ weiterzuentwickeln und zu fördern, damit diese einen einzigen Zugang zu allen Informationen und Hilfsdiensten bietet, auf die die Bürger und die Unternehmen angewiesen sind, um ihre Rechte im Binnenmarkt geltend machen zu können;

35.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die einheitlichen Anlaufstellen nach der Dienstleistungsrichtlinie zu benutzerfreundlichen und leicht zugänglichen e-Government-Zentren auszubauen, in denen die Unternehmen alle erforderlichen Informationen in den jeweiligen EU-Sprachen erhalten, alle Formalitäten erledigen und die nötigen Schritte auf elektronischem Wege abwickeln können, um Dienstleistungen im entsprechenden Mitgliedstaat zu erbringen;

36.

erkennt die wichtige Rolle an, die EURES im Hinblick auf die Erleichterung der Freizügigkeit von Arbeitnehmern innerhalb der EU sowie zur Sicherstellung einer engen Zusammenarbeit zwischen den Arbeitsvermittlungsstellen der Mitgliedstaaten spielt; fordert die Mitgliedstaaten auf, das Bewusstsein der Öffentlichkeit für diesen nützlichen Dienst zu stärken, damit eine größere Zahl von EU-Bürgern die Beschäftigungsmöglichkeiten in der EU in vollem Umfang wahrnehmen können;

37.

fordert die nationalen Parlamente, die lokalen und regionalen Behörden und die Sozialpartner auf, sich aktiv an der Vermittlung der Vorzüge des Binnenmarkts zu beteiligen;

Umsetzung und Durchsetzung

38.

fordert die Kommission auf, alle Befugnisse nach dem Vertrag in Anspruch zu nehmen, um die Umsetzung, die Anwendung und die Durchsetzung der Bestimmungen zum Binnenmarkt zum Vorteil der europäischen Bürger, Verbraucher und Unternehmen zu verbessern; fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen zur umfassenden und ordnungsgemäßen Umsetzung der Binnenmarktbestimmungen zu intensivieren;

39.

ist der Ansicht, dass das Vertragsverletzungsverfahren auch weiterhin ein Schlüsselinstrument für die Gewährleistung eines funktionierenden Binnenmarktes bleibt; betont jedoch, dass andere weniger zeitaufwändige und umständliche Instrumente zusätzlich auch ins Auge gefasst werden sollten;

40.

fordert die Kommission auf, jeder politischen Einmischung zu widerstehen und in Fällen, in denen Problemlösungsmechanismen im Vorfeld einer Auseinandersetzung fehlschlagen, unverzüglich Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten;

41.

stellt fest, dass die jüngste Rechtsprechung des Gerichtshofs der Kommission neue Möglichkeiten eröffnet, „allgemeine und strukturelle Verletzungen“ der Binnenmarktbestimmungen durch die Mitgliedstaaten zu ahnden;

42.

fordert die Kommission auf, die durch Artikel 260 AEUV eingeführten Änderungen, mit denen die Verhängung von Finanzstrafen im Zusammenhang mit Vertragsverletzungsverfahren vereinfacht und beschleunigt werden soll, umfassend zu nutzen;

43.

ist der Auffassung, dass die Kommission eine aktivere Rolle bei der Durchsetzung der Binnenmarktvorschriften spielen und eine systematischere und unabhängigere Überwachung vorsehen sollte, um so Vertragsverletzungsverfahren zu beschleunigen und zügiger durchzuführen;

44.

bedauert, dass allzu viele Vertragsverletzungsverfahren lange Zeit anhängig sind, bevor sie abgeschlossen oder vor den Gerichtshof gebracht werden; fordert die Kommission auf, eine Frist von 12 Monaten für die durchschnittliche Höchstdauer zur Behandlung von Vertragsverletzungen von der Einleitung des Vorgangs bis zur Übermittlung des Antrags an den Gerichtshof festzusetzen; bedauert zutiefst, dass diese Verfahren keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Unionsbürger oder andere in der Union niedergelassene Staatsbürger haben, die möglicherweise Opfer einer mangelhaften Durchsetzung von Rechtsvorschriften der Union geworden sind;

45.

fordert die Kommission auf, auf transparente Weise bessere Informationen über laufende Vertragsverletzungsverfahren zur Verfügung zu stellen;

46.

fordert die Kommission auf, eine Referenzfrist festzulegen, bis zu der die Mitgliedstaaten den Urteilen des Gerichtshofs nachkommen müssen;

47.

unterstützt die Initiativen der Kommission zur weiteren Verbesserung der Inanspruchnahme der alternativen Streitbeilegung im Hinblick auf die Gewährleistung eines zügigen und reibungslosen Zugangs zu einer einfachen und kostengünstigen außergerichtlichen Streitbeilegung für Verbraucher und Unternehmen bei innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Streitfällen im Zusammenhang sowohl mit online-Käufen als auch mit offline-Käufen; begrüßt den von der Kommission eingeleiteten Konsultationsprozess; besteht darauf, dass die Bürger über das Vorhandensein der alternativen Streitbeilegung besser informiert werden müssen;

48.

fordert die Kommission auf, sich beispielsweise durch energischere Maßnahmen zur Unterbindung unlauterer Geschäftspraktiken ebenfalls verstärkt auf die Vorbeugung von Streitfällen zu konzentrieren;

49.

begrüßt die Absicht der Kommission, eine öffentliche Konsultation zu einem europäischen Ansatz auf dem Gebiet der kollektiven Rechtsdurchsetzung einzuleiten, spricht sich aber gegen die Einführung von Instrumenten zur kollektiven Rechtsdurchsetzung nach amerikanischem Vorbild aus, bei denen ein großer wirtschaftlicher Anreiz besteht, gänzlich unbegründete Ansprüche vor Gericht zu bringen;

50.

stellt fest, dass jeder geplante Vorschlag für Sammelklagen bei Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht in Einklang mit dem Standpunkt des Parlaments stehen muss, der in seiner Entschließung vom 26. März 2009 zu Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts dargelegt wurde; weist zudem mit Nachdruck darauf hin, dass das Parlament bei der Annahme eines solchen Rechtsaktes im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens einbezogen werden muss, und fordert die Kommission auf, sich auf allgemeiner Grundlage mit Mindestnormen im Zusammenhang mit dem Recht auf Entschädigung im Falle von Verstößen gegen das EU-Recht zu beschäftigen;

Überwachung, Bewertung und Modernisierung

51.

unterstützt einen zielgerichteten und auf Nachweise gestützten Ansatz in Bezug auf Überwachung und Bewertung; ersucht die Kommission, ihre Instrumente der Marktüberwachung, wie etwa den in der Dienstleistungsrichtlinie vorgesehenen Warnmechanismus, durch eine Optimierung der Methodologie, der Indikatoren und der Datenerhebung weiter auszubauen und dabei die Grundsätze der praktischen Durchführbarkeit und der Kosteneffizienz zu beachten;

52.

weist darauf hin, dass eine schnellere und eindeutigere Bewertung des Stands der Umsetzung aller Rechtsvorschriften zum Binnenmarkt durch die Mitgliedstaaten erforderlich ist;

53.

weist nachdrücklich auf die mit der Dienstleistungsrichtlinie zur Verfügung gestellte gegenseitige Bewertung als einem innovativen Weg für den Einsatz von Gruppendruck zur Verbesserung der Qualität der Umsetzung hin; unterstützt gegebenenfalls die gegenseitige Bewertung in anderen Bereichen, beispielsweise im Bereich der Freizügigkeit von Waren;

54.

ermuntert die Mitgliedstaaten, ihre innerstaatlichen Rechtsvorschriften und Verfahren mit Auswirkungen auf die Freizügigkeit von Waren und Dienstleistungen regelmäßig zu überprüfen, um die nationalen Bestimmungen zu vereinfachen und zu modernisieren und Überschneidungen zu beseitigen; stellt fest, dass der Prozess der Überprüfung einzelstaatlicher Rechtsvorschriften mit Blick auf die Durchführung der Dienstleistungsrichtlinie ein wirkungsvolles Mittel in anderen Bereichen zur Beseitigung von Überschneidungen und ungerechtfertigten einzelstaatlichen Hindernissen für den freien Verkehr von Waren und Dienstleistungen bieten könnte;

55.

fordert die Kommission auf, die Maßnahmen des öffentlichen Sektors zur Verfolgung innovativer Konzepte zu unterstützen und dabei neue Technologien und Verfahren zu nutzen und die bewährtesten Praktiken in der öffentlichen Verwaltung zu verbreiten, die einen Bürokratieabbau herbeiführen und eine Politik fördern werden, bei der der Bürger im Mittelpunkt steht;

Schlüsselprioritäten

56.

fordert, dass jeder Frühjahrsgipfel des Europäischen Rates der Bewertung des Stands des Binnenmarktes auf der Grundlage eines Überwachungsprozesses gewidmet werden sollte;

57.

fordert die Kommission auf, ein Grünbuch über Leitlinien für Konsultationen der EU-Institutionen mit repräsentativen Verbänden und der Zivilgesellschaft zu veröffentlichen und dabei zu gewährleisten, dass diese Konsultationen breit angelegt, interaktiv und transparent stattfinden und für die vorgeschlagenen politischen Maßnahmen von zusätzlichem Nutzen sind;

58.

fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, für alle Rechtsvorschriften zum Binnenmarkt Entsprechungstabellen zu erstellen und zu veröffentlichen;

59.

fordert die Mitgliedstaaten auf, das Umsetzungsdefizit in Bezug auf die Binnenmarktrichtlinien auf 0,5 % für noch ausstehende Rechtsvorschriften und auf 0,5 % für bis Ende 2012 nicht ordnungsgemäß umgesetzte Rechtsvorschriften zu senken;

60.

fordert die Kommission auf, bis Ende 2011 einen Legislativvorschlag über die Inanspruchnahme alternativer Streitbeilegung in der Union vorzulegen, und betont, wie wichtig es ist, dass dieser Vorschlag zügig angenommen wird;

*

* *

61.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.


(1)  ABl. C 187 E vom 24.7.2008, S. 80.

(2)  ABl. L 176 vom 7.7.2009, S. 17.

(3)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0186.

(4)  ABl. C 349 E vom 22.12.2010, S. 25.

(5)  ABl. C 8 E vom 14.1.2010, S. 7.