51998IP0422

Entschließung zu dem Anpassungsmechanismus im Falle asymmetrischer Schocks

Amtsblatt Nr. C 098 vom 09/04/1999 S. 0171


A4-0422/98

Entschließung zu dem Anpassungsmechanismus im Falle asymmetrischer Schocks

Das Europäische Parlament,

* unter Hinweis auf Artikel 103 a des EG-Vertrags,

* gestützt auf Artikel 148 seiner Geschäftsordnung,

* unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. April 1997 zur Überprüfung des Systems des mittelfristigen finanziellen Beistands zur Stützung der Zahlungsbilanzen der Mitgliedstaaten ((ABl. C 132 vom 28.4.1997, S. 105.)),

* unter Hinweis auf die Sachverständigenanhörung im Unterausschuß Währung,

* in Kenntnis des Berichts seines Ausschusses für Wirtschaft, Währung und Industriepolitik (A4-0422/98),

A. in der Erwägung, daß nach der Einführung des Euro länderspezifische Schocks zwar seltener werden, aber nicht völlig verschwinden,

B. in der Erwägung, daß mit der Einführung des Euro die Währungsturbulenzen innerhalb der Euro-Zone und die nationalen Währungspolitiken verschwinden und eine Währungspolitik für die gesamte Euro-Zone beginnen wird, daß aber eine stärkere Koordinierung der von den Regierungen der Mitgliedstaaten verfolgten wirtschaftlichen Strategien erforderlich sein wird,

C. in der Erwägung, daß nach dem Ende der nationalen Währungssouveränität aktivere Haushaltspolitiken und Lohnanpassungen erforderlich sind,

D. in der Erwägung, daß das einzige, kaum durch andere Mittel zu ersetzende Instrument, das die Mitgliedstaaten durch die Einführung des Euro verlieren, die Möglichkeit zur Abwertung (oder Aufwertung) ihrer Währungen ist, auch wenn dieses Instrument auch heute schon für die an der Euro-Zone teilnehmenden Staaten kein wirksames Instrument mehr ist,

E. in der Erwägung, daß diese Möglichkeit der Währungsanpassung die Wirtschaft nicht strukturell verbessert und es bestenfalls ermöglicht, den Regierungen Zeit für die erforderlichen Strukturänderungen in der Wirtschaft zu verschaffen,

F. in der Erwägung, daß die Mitgliedstaaten auch in der WWU immer noch ein Instrument benötigen könnten, das ihnen eine Atempause verschafft, falls sie mit ernstlichen asymmetrischen Schocks konfrontiert werden,

G. in der Erwägung, daß dieses Instrument besonders dann gebraucht würde, wenn die Mitgliedstaaten mit ernstlichen asymmetrischen Schocks konfrontiert werden, bevor sie ihr Haushaltsdefizit ausreichend verringert haben,

1. ist der Auffassung, daß die betroffenen Mitgliedstaaten auf asymmetrische Schocks grundsätzlich so reagieren sollten, daß sie Maßnahmen zur strukturellen Anpassung ihrer Wirtschaft ergreifen;

2. ist der Auffassung, daß es notwendig sein wird, die Wirtschaftspolitiken der Mitgliedstaaten enger zu koordinieren;

3. ist sich der Gefahr bewusst, daß asymmetrische Schocks, die nicht angemessen oder rechtzeitig behoben werden, in einer Währungsunion nachteilige Auswirkungen auf den Binnenhandel und den Wohlstand dieser Union insgesamt haben könnten;

4. ist der Meinung, daß die Einführung von Elementen des Zusammenhalts in die wichtigsten Politiken und Aktionen der Gemeinschaft dazu beitragen wird, die mit den asymmetrischen Schocks verbundenen Risiken zu verringern;

5. erwartet nicht, daß asymmetrische Schocks nach der Einführung des Euro völlig verschwinden werden; hält es daher für klug, darauf vorbereitet zu sein, und geht dabei davon aus, daß Schocks nicht nur einzelne Mitgliedstaaten, sondern auch bestimmte Branchen und Sektoren in unterschiedlichen Regionen und Mitgliedstaaten gleichzeitig betreffen werden;

6. ist der Auffassung, daß neue Bemühungen zur Förderung der Mobilität der Produktionsfaktoren erforderlich sind, und zwar durch Förderung des Erlernens der verschiedenen europäischen Sprachen, durch eine engere Koordinierung der akademischen und der beruflichen Bildung und Ausbildung und durch die Beseitigung der Hindernisse, die einer Übertragung der Sozialleistungen entgegenstehen;

7. empfiehlt den Mitgliedstaaten und den Sozialpartnern, die Einführung eines Versicherungsmechanismus gegen asymmetrische Schocks auf nationaler Ebene, wie in Finnland bereits geschehen, zu prüfen;

8. ist der Auffassung, daß die Union künftig zweckmässigerweise mit einem Haushalt ausgestattet werden sollte, der es ihr ermöglicht, wirksam gegen Konjunktureinbrüche vorzugehen;

9. ist jedoch der Auffassung, daß es ratsam wäre, als letzten Ausweg ein Versicherungsinstrument auf Gemeinschaftsebene zu schaffen, weil die Gefahr besteht, daß sich asymmetrische Schocks auf die gesamte Union auswirken, sofern nicht rechtzeitig angemessene Gegenmaßnahmen ergriffen werden;

10. ist der Auffassung, daß Artikel 103 a des EG-Vertrags ein derartiges Versicherungsinstrument sein könnte und von den Verfassern des Vertrags auch als solches beabsichtigt war;

11. ist sich jedoch bewusst, daß dieses Instrument nicht rasch angewendet werden kann, da es sowohl für die eigentliche Unterstützung als auch für die Durchführungsbedingungen Einstimmigkeit im Rat erfordert;

12. ist andererseits der Auffassung, daß die Anwendung eines derartigen Versicherungsinstruments rasch beschlossen werden könnte, wenn die Dringlichkeit vorliegt, sofern es nun ausgearbeitet und bereitgestellt würde;

13. ist nicht der Auffassung, daß die Schaffung dieses Versicherungsinstruments ein moralisches Risiko beinhaltet, da es sich nicht um einen Transfermechanismus, sondern um einen reinen Versicherungsmechanismus handelt; es betrifft Kredite, die mit Zinsen rückzahlbar sind; ausserdem wird die Konditionalität dieses Instruments die Mitgliedstaaten davon abhalten, ihre Bemühungen um ausgewogene Haushalte einzustellen oder zu verringern;

14. ersucht die Kommission und den Rat, rasch eine auf Artikel 103 a EGV gegründete Verordnung auszuarbeiten und anzunehmen, die es den Euro-11 ermöglicht, die Verwendung dieses Versicherungsinstruments rasch zu genehmigen, sobald die Notwendigkeit gegeben ist;

15. fordert die Kommission auf, einen europäischen Sachverständigenrat zu schaffen, der jährlich zwei Gutachten erstellt, und ersucht die Kommission, ein Frühwarnsystem für länderspezifische Schocks zu entwickeln, um es den Mitgliedstaaten und der Union zu ermöglichen, rasch und angemessen zu reagieren;

16. ersucht die Kommission, andere Möglichkeiten zur Stabilisierung der Wirtschaften der Mitgliedstaaten, die länderspezifischen Schocks ausgesetzt sind, zu prüfen, darunter insbesondere die Möglichkeit, Beiträge zum Haushalt der Union vorzuschießen oder zu stunden (wobei der Gläubiger Zinsen erhält);

17. fordert die Kommission und den Rat auf, es rechtzeitig zu einem Vorschlag für ein Versicherungsinstrument zu konsultieren;

18. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission, dem Rat sowie der Europäischen Zentralbank zu übermitteln.