URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

15. September 2016 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Gemeinsamer Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste — Richtlinie 2002/21/EG — Art. 4 und 19 — Nationale Regulierungsbehörde — Harmonisierungsmaßnahmen — Empfehlung 2009/396/EG — Rechtliche Tragweite — Richtlinie 2002/19/EG — Art. 8 und 13 — Betreiber, der als Betreiber mit beträchtlicher Macht auf einem Markt eingestuft wird — Von einer nationalen Regulierungsbehörde auferlegte Verpflichtungen — Verpflichtung zur Preiskontrolle und Kostenrechnung — Festnetz- und Mobilfunk-Zustellungsentgelte — Umfang der Kontrolle, die die nationalen Gerichte in Bezug auf die Entscheidungen der nationalen Regulierungsbehörden vornehmen können“

In der Rechtssache C‑28/15

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom College van Beroep voor het bedrijfsleven (Berufungsgericht für Verwaltungsstreitigkeiten im Bereich Wirtschaft, Niederlande) mit Entscheidung vom 13. Januar 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 23. Januar 2015, in dem Verfahren

Koninklijke KPN NV,

KPN BV,

T‑Mobile Netherlands BV,

Tele2 Nederland BV,

Ziggo BV,

Vodafone Libertel BV,

Ziggo Services BV, ehemals UPC Nederland BV,

Ziggo Zakelijk Services BV, ehemals UPC Business BV,

gegen

Autoriteit Consument en Markt (ACM)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richterin C. Toader, des Richters A. Rosas, der Richterin A. Prechal und des Richters E. Jarašiūnas (Berichterstatter),

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. März 2016,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Koninklijke KPN NV und der KPN BV, vertreten durch L. Mensink und C. Schillemans, advocaten,

der T‑Mobile Netherlands BV, vertreten durch B. Braeken und C. Eijberts, advocaten,

der Tele2 Nederland BV, vertreten durch P. Burger und P. van Ginneken, advocaten,

der Ziggo BV, vertreten durch W. Knibbeler, N. Lorjé und P. van den Berg, advocaten,

der Vodafone Libertel BV, vertreten durch P. Waszink, advocaat,

der Ziggo Services BV und der Ziggo Zakelijk Services BV, vertreten durch W. Knibbeler, N. Lorjé und P. van den Berg, advocaten,

der niederländischen Regierung, vertreten durch J. Langer und M. Bulterman als Bevollmächtigte,

der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und R. Kanitz als Bevollmächtigte,

der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von A. De Stefano, avvocato dello Stato,

der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,

der finnischen Regierung, vertreten durch S. Hartikainen als Bevollmächtigten,

der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Wilman, G. Braun und L. Nicolae als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 28. April 2016

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste (Rahmenrichtlinie) (ABl. 2002, L 108, S. 33) in der durch die Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 (ABl. 2009, L 337, S. 37) geänderten Fassung (im Folgenden: Rahmenrichtlinie) in Verbindung mit den Art. 8 und 13 der Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (Zugangsrichtlinie) (ABl. 2002, L 108, S. 7) in der durch die Richtlinie 2009/140 geänderten Fassung (im Folgenden: Zugangsrichtlinie).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Koninklijke KPN NV, der KPN BV, der T‑Mobile Netherlands BV, der Tele2 Nederland BV, der Ziggo BV, der Vodafone Libertel BV, der Ziggo Services BV, ehemals UPC Nederland BV, und der Ziggo Zakelijk Services BV, ehemals UPC Business BV, auf der einen und der Autoriteit Consument en Markt (ACM) (Behörde für Verbraucher- und Marktangelegenheiten, im Folgenden: ACM) auf der anderen Seite über eine Entscheidung zur Festsetzung von Höchstpreisen für Festnetz- und Mobilfunk-Zustellungsdienste.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rahmenrichtlinie

3

Art. 4 („Rechtsbehelf“) Abs. 1 der Rahmenrichtlinie lautet:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass es auf nationaler Ebene wirksame Verfahren gibt, nach denen jeder Nutzer oder Anbieter elektronischer Kommunikationsnetze und/oder ‑dienste, der von einer Entscheidung einer nationalen Regulierungsbehörde betroffen ist, bei einer von den beteiligten Parteien unabhängigen Beschwerdestelle einen Rechtsbehelf gegen diese Entscheidung einlegen kann. Diese Stelle, die auch ein Gericht sein kann, muss über angemessenen Sachverstand verfügen, um ihrer Aufgabe wirksam gerecht zu werden. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass den Umständen des Falles angemessen Rechnung getragen wird und wirksame Einspruchsmöglichkeiten gegeben sind.

Bis zum Abschluss eines Beschwerdeverfahrens bleibt die Entscheidung der nationalen Regulierungsbehörde wirksam, sofern nicht nach Maßgabe des nationalen Rechts einstweilige Maßnahmen erlassen werden.“

4

Art. 8 der Rahmenrichtlinie („Politische Ziele und regulatorische Grundsätze“) bestimmt:

„(1)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die nationalen Regulierungsbehörden bei der Wahrnehmung der in dieser Richtlinie und den Einzelrichtlinien festgelegten regulatorischen Aufgaben alle angezeigten Maßnahmen treffen, die den in den Absätzen 2, 3 und 4 vorgegebenen Zielen dienen. Die Maßnahmen müssen in angemessenem Verhältnis zu diesen Zielen stehen.

(2)   Die nationalen Regulierungsbehörden fördern den Wettbewerb bei der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste sowie zugehöriger Einrichtungen und Dienste, indem sie unter anderem

a)

sicherstellen, dass für die Nutzer, einschließlich behinderter Nutzer, älterer Menschen und Personen mit besonderen sozialen Bedürfnissen, der größtmögliche Nutzen in Bezug auf Auswahl, Preise und Qualität erbracht wird;

(3)   Die nationalen Regulierungsbehörden tragen zur Entwicklung des Binnenmarktes bei …

(4)   Die nationalen Regulierungsbehörden fördern die Interessen der Bürger der Europäischen Union …

…“

5

Art. 16 („Marktanalyseverfahren“) der Rahmenrichtlinie sieht in seinen Abs. 2 und 4 vor:

„(2)   Wenn eine nationale Regulierungsbehörde … gemäß Artikel 8 der … Zugangsrichtlinie … feststellen muss, ob Verpflichtungen für Unternehmen aufzuerlegen, beizubehalten, zu ändern oder aufzuheben sind, ermittelt sie anhand der Marktanalyse gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels, ob auf einem relevanten Markt wirksamer Wettbewerb herrscht.

(4)   Stellt eine nationale Regulierungsbehörde fest, dass auf einem relevanten Markt kein wirksamer Wettbewerb herrscht, so ermittelt sie, welche Unternehmen allein oder gemeinsam über beträchtliche Macht auf diesem Markt gemäß Artikel 14 verfügen, und erlegt diesen Unternehmen geeignete spezifische Verpflichtungen nach Absatz 2 des vorliegenden Artikels auf bzw. ändert diese oder behält diese bei, wenn sie bereits bestehen.“

6

In Art. 19 („Harmonisierungsmaßnahmen“) der Rahmenrichtlinie heißt es:

„(1)   … [D]ie Kommission [kann], wenn sie der Ansicht ist, dass aufgrund der unterschiedlichen Umsetzung der in dieser Richtlinie und den Einzelrichtlinien vorgesehenen Regulierungsaufgaben durch die nationalen Regulierungsbehörden Hindernisse für den Binnenmarkt entstehen können, im Hinblick auf die Verwirklichung der in Artikel 8 genannten Ziele eine Empfehlung oder eine Entscheidung über die harmonisierte Anwendung dieser Richtlinie und der Einzelrichtlinien erlassen, wobei sie weitestgehend die Stellungnahme des [Gremiums Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (GEREK)] berücksichtigt.

(2)   …

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die nationalen Regulierungsbehörden diesen Empfehlungen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben weitestgehend Rechnung tragen. Beschließt eine nationale Regulierungsbehörde, sich nicht an eine Empfehlung zu halten, so teilt sie dies unter Angabe ihrer Gründe der Kommission mit.

…“

Zugangsrichtlinie

7

Der 20. Erwägungsgrund der Zugangsrichtlinie lautet:

„Preiskontrolle kann notwendig sein, wenn die Marktanalyse ergibt, dass auf bestimmten Märkten der Wettbewerb unzureichend ist. … Die Methode der Kostendeckung sollte auf die Umstände abgestimmt sein und das Erfordernis berücksichtigen, die wirtschaftliche Effizienz und einen nachhaltigen Wettbewerb zu fördern und für die Verbraucher möglichst vorteilhaft zu sein.“

8

Art. 1 der Zugangsrichtlinie bestimmt:

„(1)   Auf der von der [Rahmenrichtlinie] geschaffenen Grundlage wird mit der vorliegenden Richtlinie die Regulierung des Zugangs zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung durch die Mitgliedstaaten harmonisiert. Ziel ist es, in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des Binnenmarkts einen Rechtsrahmen für die Beziehungen zwischen Netzbetreibern und Diensteanbietern zu schaffen, der einen nachhaltigen Wettbewerb und die Interoperabilität der elektronischen Kommunikationsdienste gewährleistet und die Interessen der Verbraucher fördert.

(2)   Mit dieser Richtlinie … werden Ziele für nationale Regulierungsbehörden in Bezug auf den Zugang und die Zusammenschaltung vorgegeben und Verfahren festgelegt, die gewährleisten sollen, dass die von den nationalen Regulierungsbehörden auferlegten Verpflichtungen überprüft … werden. …“

9

Art. 5 („Befugnisse und Zuständigkeiten der nationalen Regulierungsbehörden in Bezug auf Zugang und Zusammenschaltung“) der Zugangsrichtlinie bestimmt in seinem Abs. 1:

„Die nationalen Regulierungsbehörden fördern und garantieren gegebenenfalls entsprechend dieser Richtlinie bei ihren Maßnahmen zur Verwirklichung der in Artikel 8 der [Rahmenrichtlinie] festgelegten Ziele einen angemessenen Zugang und eine geeignete Zusammenschaltung sowie die Interoperabilität der Dienste und nehmen ihre Zuständigkeit in einer Weise wahr, die Effizienz und nachhaltigen Wettbewerb, effiziente Investitionen und Innovation fördert und den Endnutzern größtmöglichen Nutzen bringt.

…“

10

Art. 8 („Auferlegung, Änderung oder Aufhebung von Verpflichtungen“) der Zugangsrichtlinie bestimmt:

„(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die nationalen Regulierungsbehörden befugt sind, die in den Artikeln 9 bis 13a genannten Verpflichtungen aufzuerlegen.

(2)   Wird ein Betreiber aufgrund einer Marktanalyse nach Artikel 16 der [Rahmenrichtlinie] als Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht auf einem bestimmten Markt eingestuft, so erlegt die nationale Regulierungsbehörde diesem im erforderlichen Umfang die in den Artikeln 9 bis 13 der vorliegenden Richtlinie genannten Verpflichtungen auf.

(4)   Die nach diesem Artikel auferlegten Verpflichtungen müssen der Art des aufgetretenen Problems entsprechen und müssen im Hinblick auf die Ziele des Artikels 8 der [Rahmenrichtlinie] angemessen und gerechtfertigt sein. Die Verpflichtungen dürfen nur nach der Anhörung gemäß den Artikeln 6 und 7 jener Richtlinie auferlegt werden.

…“

11

Art. 13 („Verpflichtung zur Preiskontrolle und Kostenrechnung“) der Zugangsrichtlinie sieht vor:

„(1)   Weist eine Marktanalyse darauf hin, dass ein Betreiber aufgrund eines Mangels an wirksamem Wettbewerb seine Preise zum Nachteil der Endnutzer auf einem übermäßig hohen Niveau halten oder Preisdiskrepanzen praktizieren könnte, so kann die nationale Regulierungsbehörde dem betreffenden Betreiber gemäß Artikel 8 hinsichtlich bestimmter Arten von Zusammenschaltung und/oder Zugang Verpflichtungen betreffend die Kostendeckung und die Preiskontrolle einschließlich kostenorientierter Preise auferlegen und ihm bestimmte Auflagen in Bezug auf Kostenrechnungsmethoden erteilen. Um zu Investitionen der Betreiber auch in Netze der nächsten Generation anzuregen, tragen die nationalen Regulierungsbehörden den Investitionen des Betreibers Rechnung und ermöglichen ihm eine angemessene Rendite für das entsprechend eingesetzte Kapital, wobei gegebenenfalls die spezifischen Risiken im Zusammenhang mit einem bestimmten neuen Netzprojekt, in das investiert wird, zu berücksichtigen sind.

(2)   Die nationalen Regulierungsbehörden stellen sicher, dass alle vorgeschriebenen Kostendeckungsmechanismen und Tarifsysteme die wirtschaftliche Effizienz und einen nachhaltigen Wettbewerb fördern und für die Verbraucher möglichst vorteilhaft sind. In diesem Zusammenhang können die nationalen Regulierungsbehörden auch Preise berücksichtigen, die auf vergleichbaren, dem Wettbewerb geöffneten Märkten gelten.

…“

Empfehlung 2009/396/EG

12

In den Erwägungsgründen 5, 7, und 13 der Empfehlung 2009/396/EG der Kommission vom 7. Mai 2009 über die Regulierung der Festnetz‑ und Mobilfunk-Zustellungsentgelte in der EU (ABl. 2009, L 124, S. 67) heißt es:

„(5)

Der Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste schreibt u. a. die Einführung der notwendigen und geeigneten Kostenrechnungsmechanismen sowie die Verpflichtung zur Preiskontrolle vor, und zwar insbesondere in den Artikeln 9, 11 und 13 in Verbindung mit Erwägungsgrund 20 der … Zugangsrichtlinie ….

(7)

Die Anrufzustellung auf der Vorleistungsebene ist ein Dienst, der notwendig ist, um Anrufe zu den gewählten Anschlüssen (bei Festnetzen) oder zu Mobilfunkteilnehmern (bei Mobilfunknetzen) zustellen zu können. Die Entgeltberechnung in der [Europäischen Union] stützt sich auf das ‚Calling-Party-Network-Pays‘-Prinzip, demzufolge das Zustellungsentgelt vom angerufenen Netz festgesetzt und vom Netz des Anrufers bezahlt wird. Dem angerufenen Teilnehmer wird dieser Dienst nicht berechnet, so dass er in der Regel keinen Grund hat, auf den Zustellungspreis seines Netzbetreibers zu reagieren. Vor diesem Hintergrund richten die Regulierungsbehörden ihr Augenmerk vor allem auf die überhöhten Preise. Hohe Zustellungsentgelte werden letztlich durch höhere Gesprächsentgelte der Endnutzer wieder hereingeholt. Aufgrund der Gegenseitigkeit des Zugangs auf den Zustellungsmärkten können weitere Wettbewerbsprobleme auftreten, wenn es zum Beispiel zu einer Quersubventionierung zwischen Betreibern kommt. Solche Probleme gibt es sowohl auf den Festnetz‑ als auch auf den Mobilfunkzustellungsmärkten regelmäßig. Da die Betreiber der Zustellungsdienste in der Lage und versucht sind, die Preise weit über die Kosten anzuheben, gilt die Orientierung an den Kosten als das am besten geeignete Mittel, um dieses Problem mittelfristig in den Griff zu bekommen. Nach Erwägungsgrund 20 der [Zugangsrichtlinie] sollte die Art der Kostendeckung den jeweiligen Umständen angemessen sein. Angesichts der Besonderheiten der Anrufzustellungsmärkte und der sich daraus ergebenden Wettbewerbs- und Verteilungsbedenken hat die Kommission bereits seit langem festgestellt, dass die Festlegung eines gemeinsamen Konzepts, das sich auf effiziente Kosten und die Anwendung symmetrischer Zustellungsentgelte stützt, die Effizienz und einen tragfähigen Wettbewerb fördern würde, was im Hinblick auf Preis- und Dienstangebote den Endnutzern zugutekäme.

(13)

Angesichts der Besonderheiten der Anrufzustellungsmärkte sollten die Kosten der Zustellungsdienste zukunftsorientiert mit Blick auf die langfristigen zusätzlichen Kosten (‚long-run incremental costs‘ – LRIC) berechnet werden. …“

13

Die Ziff. 1 und 2 der Empfehlung 2009/396 lauten:

„1.

Nationale Regulierungsbehörden [(NRB)], die Betreiber aufgrund einer gemäß Artikel 16 der [Rahmenrichtlinie] durchgeführten Marktanalyse als Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht auf den Vorleistungsmärkten für die Anrufzustellung in einzelnen öffentlichen Telefonnetzen (nachstehend als ‚Festnetz‑ und Mobilfunkzustellungsmärkte‘ bezeichnet) einstufen und diesen Preiskontroll‑ und Kostenrechnungsverpflichtungen im Sinne von Artikel 13 der [Zugangsrichtlinie] auferlegen, sollten Zustellungsentgelte festlegen, die sich auf die einem effizienten Betreiber entstehenden Kosten stützen. Damit müssen diese auch symmetrisch sein. Hierbei sollten die nationalen Regulierungsbehörden wie folgt verfahren.

2.

Es wird empfohlen[,] bei der Bewertung der effizienten Kosten die laufenden Kosten zugrunde zu legen und nach einem Bottom-up-Modell zu verfahren, das sich zur Kostenrechnung auf die Methode der langfristigen zusätzlichen Kosten (LRIC) stützt.“

Niederländisches Recht

14

Art. 1.3 Abs. 1 der Telecommunicatiewet (Telekommunikationsgesetz, im Folgenden: Tw) bestimmt in seiner auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung:

„(1)   [ACM] trägt dafür Sorge, dass ihre Entscheidungen zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 bis 5 der [Rahmenrichtlinie] genannten Ziele beitragen, in jedem Fall durch:

a)

die Förderung des Wettbewerbs bei der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze, elektronischer Kommunikationsdienste oder zugehöriger Einrichtungen, u. a. durch Förderung effizienter Infrastrukturinvestitionen und Unterstützung von Innovationen;

b)

die Entwicklung des Binnenmarkts;

c)

die Förderung der Interessen der Endnutzer, was die Auswahl, den Preis und die Qualität anbelangt.“

15

Art. 1.3 Abs. 2 und 3 Tw sieht vor, dass ACM bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Befugnisse den in Art. 19 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie genannten Empfehlungen der Europäischen Kommission weitestgehend Rechnung tragen muss. Wenn ACM eine Empfehlung nicht anwendet, hat sie dies der Kommission unter Angabe ihrer Gründe mitzuteilen.

16

Gemäß Art. 6a.1 Tw definiert ACM als NRB die relevanten Märkte im Bereich der elektronischen Kommunikation. Hierfür untersucht ACM gemäß Art. 6a.1 Abs. 5 Tw, ob auf dem betreffenden Markt wirksamer Wettbewerb herrscht. Ist dies nicht der Fall, stellt ACM gemäß Art. 6a.2 Tw fest, ob ein oder mehrere Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügen, und erlegt diesen geeignete Verpflichtungen auf.

17

Art. 6a.2 Abs. 3 Tw lautet:

„Eine Verpflichtung im Sinne von Abs. 1 ist geeignet, wenn sie der Art des auf dem betreffenden Markt festgestellten Problems entspricht und im Hinblick auf die Ziele des Art. 1.3 angemessen und gerechtfertigt ist.“

18

In Art. 6a.7 Tw heißt es:

„(1)   [ACM] kann auf der Grundlage von Art. 6a.2 Abs. 1 für die von ihr festgelegten Zugangsformen Verpflichtungen hinsichtlich der Regelung der berechneten Entgelte oder der Kostenrechnung auferlegen, wenn eine Marktanalyse darauf hinweist, dass ein Betreiber aufgrund eines Mangels an wirksamem Wettbewerb, jeweils zum Nachteil der Endnutzer, die Preise auf einem übermäßig hohen Niveau halten oder Preisdiskrepanzen praktizieren kann. [ACM] kann die Verpflichtungen mit Auflagen für deren ordnungsgemäße Erfüllung verbinden.

(2)   Die in Abs. 1 genannten Verpflichtungen können vorsehen, dass für den Zugang ein kostenorientiertes Entgelt berechnet oder eine von [ACM] festgelegte oder genehmigte Kostenrechnungsmethode angewandt wird.

(3)   Hat [ACM] ein Unternehmen verpflichtet, für den Zugang ein kostenorientiertes Entgelt zu berechnen, so weist das Unternehmen nach, dass seine Entgelte tatsächlich kostenorientiert sind.

(4)   Unbeschadet der Bestimmungen von Abs. 1 Satz 2 kann [ACM] die Verpflichtung, eine Kostenrechnungsmethode einzuführen, mit Maßnahmen hinsichtlich der Mitteilung der Ergebnisse der Umsetzung dieser Methode durch das Unternehmen, dem die Verpflichtung auferlegt wurde, verbinden. …“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

19

Im Rahmen eines Verfahrens, das dem Ausgangsverfahren vorausging, legte die Onafhankelijke Post en Telecommunicatie Autoriteit (OPTA) (Unabhängige Post- und Telekommunikationsbehörde) – nunmehr ACM –, die in den Niederlanden die Eigenschaft einer NRB im Sinne der Rahmenrichtlinie hat, mit Entscheidung vom 7. Juli 2010 nach einer Analyse der relevanten Märkte Betreibern, die als Unternehmen mit einer beträchtlichen Macht auf den niederländischen Festnetz- und Mobilfunkzustellungsmärkten ermittelt wurden, Preismaßnahmen auf, die auf dem „reines Bulric“ („Bottom-Up Long-Run Incremental Costs“) genannten Kostenrechnungsmodell (im Folgenden: „reines Bulric“-Modell) beruhten, nach dem nur die zusätzlichen Kosten erstattet werden. Am 31. August 2011 hob das vorlegende Gericht, das College van Beroep voor het bedrijfsleven (Berufungsgericht für Verwaltungsstreitigkeiten im Bereich Wirtschaft, Niederlande), diese Entscheidung mit der Begründung auf, dass ein anderes Kostenrechnungsmodell hätte angewandt werden müssen, das ein breiteres Kostenspektrum als das „reine Bulric“-Modell berücksichtige, nämlich das „Bulric‑Plus“-Modell.

20

In der Folge erließ ACM, nachdem sie festgestellt hatte, dass auf dem Vorleistungsmarkt für Anrufzustellungen in Fest‑ und Mobilfunknetzen die Gefahr übermäßig hoher Preise und der Praktizierung von Preisdiskrepanzen bestand, am 5. August 2013 einen Beschluss, mit dem sie gemäß der niederländischen Regelung, mit der die Art. 8 und 13 der Zugangsrichtlinie umgesetzt werden, und der Empfehlung 2009/396 auf der Grundlage des „reinen Bulric“-Modells für die Erbringung dieser Leistungen Preisobergrenzen festsetzte. ACM hielt dieses Modell für die Festsetzung von kostenorientierten Zustellungsentgelten für geeignet und war der Ansicht, es sei nach dieser Empfehlung das einzige Modell für eine Orientierung der Entgelte, das mit dem Unionsrecht im Einklang stehe. Eine auf der Grundlage dieses Rechnungsmodells getroffene Preismaßnahme vermeide das Risiko übermäßig hoher Preise und der Praktizierung von Preisdiskrepanzen und fördere gleichzeitig den Wettbewerb, die Entwicklung des Binnenmarkts und die Interessen der Endnutzer.

21

Koninklijke KPN, KPN, T‑Mobile Netherlands, Tele2 Nederland, Ziggo, Vodafone Libertel, Ziggo Services und Ziggo Zakelijk Services, bei denen es sich um Anbieter insbesondere von Anrufzustellungen in Mobilfunknetzen handelt, erhoben beim vorlegenden Gericht eine Nichtigkeitsklage gegen den Beschluss von ACM vom 5. August 2013. Das vorlegende Gericht hat die Durchführung des Beschlusses mit Entscheidung vom 27. August 2013 im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig ausgesetzt.

22

Im Rahmen ihrer Klagen machen Koninklijke KPN, KPN, T‑Mobile Netherlands und Vodafone Libertel geltend, eine auf der Grundlage des „reinen Bulric“-Modells festgelegte Preisverpflichtung verstoße gegen Art. 6a.2 Abs. 3 und Art. 6a.7 Abs. 2 Tw, die jeweils vorsähen, dass ein Preis kostenorientiert und eine von ACM auferlegte Verpflichtung geeignet sein müsse.

23

Diese Unternehmen machen geltend, das gesamte Vorbringen von ACM zu den erwarteten positiven Auswirkungen der Anwendung des „reinen Bulric“-Modells auf die Preisstruktur im Endkundenmarkt könne nicht die Auferlegung von Preisverpflichtungen wie denen, die sich aus dem Beschluss vom 5. August 2013 ergäben, rechtfertigen. Nach ihrer Ansicht haben die auf der Grundlage dieses Modells festgelegten Preise zur Folge, dass die Zustellungsentgelte niedriger seien als die Entgelte, die auf einem durch Wettbewerb geprägten Markt erreicht würden. Die Empfehlung 2009/396 stehe daher nicht im Einklang mit Art. 13 der Zugangsrichtlinie. Außerdem stünden diese Preisverpflichtungen – wegen ihrer Unangemessenheit im Hinblick auf die Ziele des Beschlusses von ACM – u. a. im Widerspruch zu Art. 6a.2 Abs. 3 Tw.

24

Das vorlegende Gericht führt aus, die Auslegung, wonach eine Form der Preisregulierung nach dem „reinen Bulric“-Modell, die über eine weniger strenge, bereits kostenorientierte Preismaßnahme nach dem „Bulric‑Plus“-Modell hinausgehe, angeordnet werden könne, werde nicht durch den Wortlaut von Art. 6a.7 Abs. 2 Tw gestützt.

25

Jedoch könne ACM die Auferlegung einer strengeren Preisverpflichtung erlaubt werden, wenn sie angesichts der Art des auf den betreffenden Märkten festgestellten Problems angemessen und gerechtfertigt sei und die in Art. 8 Abs. 2 bis 4 der Rahmenrichtlinie genannten Ziele verfolge. Bei der Auferlegung solcher Verpflichtungen müsse ACM prüfen, ob die geplante Preisverpflichtung zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet sei und nicht über das hierfür erforderliche Maß hinausgehe. Sie müsse außerdem ihre Entscheidung begründen und eine Abwägung der betroffenen Interessen vornehmen.

26

Das vorlegende Gericht hat jedoch Zweifel an der Richtigkeit einer derartigen Auslegung. Es möchte zum einen wissen, welche Interessen abgewogen werden dürfen oder müssen und welches Gewicht jedem dieser Interessen bei der gerichtlichen Kontrolle des vor ihm angefochtenen, von ACM erlassenen Beschlusses beigemessen werden darf oder muss. Zum anderen möchte es wissen, welches Gewicht es in dem bei ihm anhängigen Verfahren dem Umstand beizumessen hat, dass die Kommission in der Empfehlung 2009/396 für den Erlass einer angemessenen Preismaßnahme auf dem Vorleistungsmarkt für die Anrufzustellung in Fest- und Mobilfunknetzen die Heranziehung des „reinen Bulric“-Modells empfohlen hat.

27

Unter diesen Voraussetzungen hat das College van Beroep voor het bedrijfsleven (Berufungsgericht für Verwaltungsstreitigkeiten im Bereich Wirtschaft) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Ist Art. 4 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit den Art. 8 und 13 der Zugangsrichtlinie dahin auszulegen, dass es den nationalen Gerichten grundsätzlich gestattet ist, in einem Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit eines von der NRB auferlegten kostenorientierten Tarifs auf dem Vorleistungsmarkt für Anrufzustellungen eine andere als die mit der Empfehlung 2009/396, in der das „reine Bulric“-Modell als geeignete Preismaßnahme auf den Anrufzustellungsmärkten empfohlen wird, übereinstimmende Entscheidung zu treffen, wenn sie dies aufgrund der tatsächlichen Umstände des von ihnen zu würdigenden Falles und/oder aufgrund von Erwägungen des nationalen bzw. supranationalen Rechts für geboten erachten?

2.

Sofern die erste Frage bejaht wird: Inwiefern ist es den nationalen Gerichten dann gestattet, bei der Würdigung einer kostenorientierten Preismaßnahme

a)

im Hinblick auf Art. 8 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie das Argument der NRB, dass die Entwicklung des Binnenmarkts gefördert werde, anhand des Ausmaßes der tatsächlichen Beeinflussung des Funktionierens des Binnenmarkts zu bewerten;

b)

im Hinblick auf die in Art. 8 der Rahmenrichtlinie und Art. 13 der Zugangsrichtlinie verankerten politischen Ziele und Regulierungsgrundsätze zu prüfen, ob die Preismaßnahme

i)

verhältnismäßig ist,

ii)

geeignet ist,

iii)

angemessen und gerechtfertigt ist;

c)

von der NRB zu verlangen, hinreichend glaubhaft zu machen, dass

i)

das in Art. 8 Abs. 2 der Rahmenrichtlinie genannte politische Ziel, dass die NRB den Wettbewerb bei der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste fördern, tatsächlich verwirklicht wird und für die Nutzer tatsächlich der größtmögliche Nutzen in Bezug auf Auswahl, Preise und Qualität erbracht wird,

ii)

das in Art. 8 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie genannte politische Ziel, zur Entwicklung des Binnenmarkts beizutragen, tatsächlich verwirklicht wird und

iii)

das in Art. 8 Abs. 4 der Rahmenrichtlinie genannte politische Ziel, die Interessen der Unionsbürger zu fördern, tatsächlich verwirklicht wird;

d)

im Hinblick auf Art. 16 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie sowie Art. 8 Abs. 2 und 4 der Zugangsrichtlinie bei der Beantwortung der Frage, ob es sich um eine geeignete Preismaßnahme handelt, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Maßnahme auf einem Markt angeordnet wurde, auf dem die regulierten Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügen, in der gewählten Form („reines Bulric“) jedoch zur Förderung eines der Ziele der Rahmenrichtlinie – den Interessen der Endnutzer – auf einem anderen, nicht für eine Regulierung in Betracht kommenden Markt dient?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

28

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 4 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit den Art. 8 und 13 der Zugangsrichtlinie dahin auszulegen ist, dass es einem nationalen Gericht in einem Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit einer von der NRB für die Vornahme von Anrufzustellungen in Fest‑ und Mobilfunknetzen auferlegten Preisverpflichtung gestattet ist, von der Empfehlung 2009/396, in der das „reine Bulric“-Modell als geeignete Preismaßnahme auf dem Anrufzustellungsmarkt empfohlen wird, abzuweichen.

29

Zu den Art. 8 und 13 der Zugangsrichtlinie ist anzumerken, dass nach deren Art. 8 Abs. 2 die NRB für den Fall, dass ein Betreiber aufgrund einer Marktanalyse nach Art. 16 der Rahmenrichtlinie als Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht auf einem bestimmten Markt eingestuft wird, diesem im erforderlichen Umfang die in den Art. 9 bis 13 der Zugangsrichtlinie genannten Verpflichtungen auferlegen.

30

Nach Art. 13 Abs. 1 der Zugangsrichtlinie kann die NRB für den Fall, dass eine Marktanalyse darauf hinweist, dass ein Betreiber aufgrund eines Mangels an wirksamem Wettbewerb seine Preise zum Nachteil der Endnutzer auf einem übermäßig hohen Niveau halten oder Preisdiskrepanzen praktizieren könnte, dem betreffenden Betreiber gemäß Art. 8 der Zugangsrichtlinie hinsichtlich bestimmter Arten von Zusammenschaltung und/oder Zugang Verpflichtungen betreffend die Kostendeckung und die Preiskontrolle einschließlich kostenorientierter Preise auferlegen und ihm bestimmte Auflagen in Bezug auf Kostenrechnungsmethoden erteilen.

31

Somit geht aus Art. 8 Abs. 2 der Zugangsrichtlinie in Verbindung mit deren Art. 13 Abs. 1 hervor, dass die NRB für den Fall, dass ein Betreiber aufgrund einer Marktanalyse nach Art. 16 der Rahmenrichtlinie als Betreiber mit beträchtlicher Macht auf einem bestimmten Markt eingestuft wird, diesem im erforderlichen Umfang „hinsichtlich bestimmter Arten von Zusammenschaltung und/oder Zugang Verpflichtungen betreffend die Kostendeckung und die Preiskontrolle einschließlich kostenorientierter Preise auferlegen und ihm bestimmte Auflagen in Bezug auf Kostenrechnungsmethoden erteilen kann“.

32

Zur Umsetzung von Art. 13 der Zugangsrichtlinie wird in der Empfehlung 2009/396 ein Kostenrechnungsmodell empfohlen, und zwar das „reine Bulric“-Modell. Mit dieser Empfehlung soll ausweislich ihrer Erwägungsgründe 5, 7 und 13 angesichts der Besonderheiten der Anrufzustellungsmärkte der Ungleichbehandlung und den Verzerrungen in der Union auf den Festnetz‑ und Mobilfunkzustellungsmärkten, die einem wirkungsvollen Wettbewerb abträglich sind und den Endnutzern schaden, ein Ende gesetzt werden.

33

Nach Ziff. 1 der Empfehlung 2009/396 sollten NRB, die Betreiber aufgrund einer gemäß Art. 16 der Rahmenrichtlinie durchgeführten Marktanalyse als Betreiber mit beträchtlicher Macht auf den Vorleistungsmärkten für die Festnetz‑ und Mobilfunkzustellung einstufen und diesen Preiskontroll‑ und Kostenrechnungsverpflichtungen im Sinne von Art. 13 der Zugangsrichtlinie auferlegen, Zustellungsentgelte festlegen, die sich auf die einem effizienten Betreiber entstehenden Kosten stützen. Hierbei sollten die NRB nach der in dieser Empfehlung beschriebenen Weise verfahren.

34

Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 288 AEUV eine solche Empfehlung grundsätzlich nicht verbindlich ist. Darüber hinaus gestattet es Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 2 der Rahmenrichtlinie den NRB ausdrücklich, von den nach Art. 19 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie erlassenen Empfehlungen der Kommission abzuweichen, sofern sie ihr dies unter Angabe ihrer Gründe mitteilen.

35

Demnach ist die NRB beim Erlass einer Entscheidung, mit der sie den Betreibern aufgrund der Art. 8 und 13 der Zugangsrichtlinie Preisverpflichtungen auferlegt, nicht an die Empfehlung 2009/396 gebunden.

36

Insoweit ist festzustellen, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass die NRB bei der Wahrnehmung dieser hoheitlichen Funktionen über eine weitreichende Befugnis verfügen, um die Regulierungsbedürftigkeit eines Marktes in jedem Einzelfall beurteilen zu können (Urteil vom 3. Dezember 2009, Kommission/Deutschland, C‑424/07, EU:C:2009:749, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung). So verhält es sich bei der Preiskontrolle, wobei nach dem 20. Erwägungsgrund der Zugangsrichtlinie die Methode der Kostendeckung auf die Umstände abgestimmt sein und das Erfordernis berücksichtigen soll, die wirtschaftliche Effizienz und einen nachhaltigen Wettbewerb zu fördern und für die Verbraucher möglichst vorteilhaft zu sein.

37

Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 2 der Rahmenrichtlinie verlangt jedoch, dass die NRB den Empfehlungen der Kommission bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben „weitestgehend Rechnung tragen“.

38

Erlegt die NRB Preiskontroll- und Kostenrechnungsverpflichtungen im Sinne von Art. 13 der Zugangsrichtlinie auf, hat sie daher grundsätzlich den in der Empfehlung 2009/396 gegebenen Hinweisen zu folgen. Nur wenn sie im Rahmen ihrer Beurteilung einer konkreten Situation den Eindruck hat, dass das in dieser Empfehlung empfohlene „reine Bulric“-Modell den Umständen nicht angemessen ist, kann sie unter Angabe ihrer Gründe von ihr abweichen.

39

Hinsichtlich des Umfangs der gerichtlichen Kontrolle einer Entscheidung der NRB ergibt sich aus Art. 4 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie, dass der durch diese Bestimmung garantierte Rechtsbehelf auf einem wirksamen Einspruchsverfahren beruhen muss, durch das den Umständen des Falles angemessen Rechnung getragen werden kann. Außerdem muss nach dieser Bestimmung die zur Entscheidung über einen solchen Rechtsbehelf berufene Stelle, die auch ein Gericht sein kann, über angemessenen Sachverstand verfügen, um ihrer Aufgabe wirksam gerecht zu werden.

40

Daher kann ein nationales Gericht, wenn es mit einem Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit einer von der NRB nach den Art. 8 und 13 der Zugangsrichtlinie auferlegten Preisverpflichtung befasst ist, von der Empfehlung 2009/396 abweichen.

41

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs sind, wenngleich die Empfehlungen keine bindenden Wirkungen entfalten sollen, die nationalen Gerichte verpflichtet, sie bei der Entscheidung der bei ihnen anhängigen Rechtsstreitigkeiten zu berücksichtigen, insbesondere dann, wenn sie Aufschluss über die Auslegung zu ihrer Durchführung erlassener nationaler Vorschriften geben oder wenn sie verbindliche Unionsvorschriften ergänzen sollen (Urteil vom 24. April 2008, Arcor, C‑55/06, EU:C:2008:244, Rn. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung).

42

Folglich kann ein nationales Gericht im Rahmen seiner gerichtlichen Kontrolle einer aufgrund der Art. 8 und 13 der Zugangsrichtlinie erlassenen Entscheidung der NRB – wie der Generalanwalt in Nr. 78 seiner Schlussanträge festgestellt hat – nur dann von der Empfehlung 2009/396 abweichen, wenn es dies aufgrund der tatsächlichen Umstände des konkreten Falles, insbesondere der Besonderheiten des Marktes des betreffenden Mitgliedstaats, für geboten erachtet.

43

Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 4 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit den Art. 8 und 13 der Zugangsrichtlinie dahin auszulegen ist, dass es einem nationalen Gericht in einem Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit einer von der NRB für die Vornahme von Anrufzustellungen in Fest‑ und Mobilfunknetzen auferlegten Preisverpflichtung nur dann gestattet ist, von der Empfehlung 2009/396, in der das „reine Bulric“-Modell als geeignete Preismaßnahme auf dem Anrufzustellungsmarkt empfohlen wird, abzuweichen, wenn es dies aufgrund der tatsächlichen Umstände des konkreten Falles, insbesondere der Besonderheiten des Marktes des betreffenden Mitgliedstaats, für geboten erachtet.

Zur zweiten Frage

44

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob das Unionsrecht dahin auszulegen ist, dass es einem nationalen Gericht in einem Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit einer von der NRB für die Vornahme von Anrufzustellungen in Fest‑ und Mobilfunknetzen auferlegten Preisverpflichtung gestattet ist, die Verhältnismäßigkeit dieser Verpflichtung im Hinblick auf die in Art. 8 der Rahmenrichtlinie und in Art. 13 der Zugangsrichtlinie genannten Ziele zu beurteilen und den Umstand zu berücksichtigen, dass diese Verpflichtung zur Förderung der Interessen der Endnutzer auf einem nicht für eine Regulierung in Betracht kommenden Endkundenmarkt dient.

45

In diesem Zusammenhang möchte das vorlegende Gericht zudem wissen, ob es von einer NRB verlangen kann, dass sie glaubhaft macht, dass mit dieser Verpflichtung die Ziele des Art. 8 der Rahmenrichtlinie tatsächlich verwirklicht werden.

46

Zum ersten Teil der zweiten Frage ist festzustellen, dass nach Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 1 der Rahmenrichtlinie die NRB bei der Wahrnehmung ihrer in dieser Richtlinie und den Einzelrichtlinien – und somit insbesondere in der Zugangsrichtlinie – festgelegten regulatorischen Aufgaben alle angezeigten Maßnahmen treffen müssen, die den in diesem Artikel vorgegebenen Zielen dienen, nämlich den Wettbewerb bei der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und elektronischer Kommunikationsdienste zu fördern, zur Entwicklung des Binnenmarkts beizutragen und die Interessen der Unionsbürger zu fördern. Außerdem müssen nach dieser Bestimmung die Maßnahmen in angemessenem Verhältnis zu diesen Zielen stehen.

47

Auf der mit der Rahmenrichtlinie geschaffenen Grundlage werden daher mit der Zugangsrichtlinie gemäß ihrem Art. 1 Abs. 1 und 2 die Regulierung des Zugangs zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung durch die Mitgliedstaaten harmonisiert. Das Ziel der Zugangsrichtlinie besteht darin, in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des Binnenmarkts einen Rechtsrahmen für die Beziehungen zwischen Netzbetreibern und Diensteanbietern zu schaffen, der einen nachhaltigen Wettbewerb und die Interoperabilität der elektronischen Kommunikationsdienste gewährleistet und die Interessen der Verbraucher fördert. Die Zugangsrichtlinie gibt den NRB u. a. Ziele in Bezug auf den Zugang und die Zusammenschaltung vor.

48

Hinsichtlich der Voraussetzungen, unter denen die NRB einem Betreiber, der als Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht auf einem bestimmten Markt eingestuft wird, für die Vornahme von Anrufzustellungen in Fest‑ und Mobilfunknetzen eine Preisverpflichtung auferlegen kann, ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 8 Abs. 4 der Zugangsrichtlinie die von der NRB auferlegten Verpflichtungen einschließlich der in Art. 13 dieser Richtlinie vorgesehenen der Art des aufgetretenen Problems entsprechen und im Hinblick auf die Ziele des Art. 8 der Rahmenrichtlinie angemessen und gerechtfertigt sein müssen und nur nach der Anhörung gemäß den Art. 6 und 7 der Rahmenrichtlinie auferlegt werden dürfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. September 2015, KPN, C‑85/14, EU:C:2015:610, Rn. 47).

49

Nach Art. 13 Abs. 2 der Zugangsrichtlinie stellen die NRB in Wahrnehmung der in deren Art. 13 Abs. 1 vorgesehenen Befugnisse sicher, dass alle vorgeschriebenen Kostendeckungsmechanismen und Tarifsysteme die wirtschaftliche Effizienz und einen nachhaltigen Wettbewerb fördern und für die Verbraucher möglichst vorteilhaft sind. In diesem Zusammenhang können die NRB auch Preise berücksichtigen, die auf vergleichbaren, dem Wettbewerb geöffneten Märkten gelten.

50

Folglich muss sich die NRB beim Erlass einer Entscheidung, mit der sie den Betreibern aufgrund der Art. 8 und 13 der Zugangsrichtlinie Verpflichtungen auferlegt, dessen vergewissern, dass diese Verpflichtungen sämtlichen in Art. 8 der Rahmenrichtlinie und in Art. 13 der Zugangsrichtlinie genannten Zielen gerecht werden. Zudem muss ein nationales Gericht im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle dieser Entscheidung sicherstellen, dass die NRB allen sich aus diesen beiden Artikeln ergebenden Anforderungen genügen.

51

Wie der Generalanwalt in Nr. 82 seiner Schlussanträge festgestellt hat, entzieht die Tatsache, dass eine Preisverpflichtung auf die Empfehlung 2009/396 gestützt ist, dem nationalen Gericht nicht die Befugnis, die Verhältnismäßigkeit dieser Verpflichtungen im Hinblick auf die in Art. 8 der Rahmenrichtlinie und in Art. 13 der Zugangsrichtlinie genannten Ziele zu prüfen.

52

Daher kann ein nationales Gericht, das wie im Ausgangsverfahren mit einer Klage gegen eine Entscheidung der NRB befasst ist, in der das in der Empfehlung 2009/396 empfohlene „reine Bulric“-Modell angewandt wird, im Rahmen seiner Kontrolle unter Anwendung der nationalen Verfahrensvorschriften prüfen, ob die Kläger hinreichende Anhaltspunkte dargetan haben, um glaubhaft zu machen, dass die Anwendung dieses Modells gegebenenfalls angesichts der Besonderheiten des betreffenden Marktes im Hinblick auf die in Art. 8 der Rahmenrichtlinie und in Art. 13 der Zugangsrichtlinie genannten Ziele unverhältnismäßig ist.

53

Im Übrigen geht aus Art. 8 Abs. 2 Buchst. a und Abs. 4 der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 4 der Zugangsrichtlinie, wobei der letztgenannte Artikel auf Art. 8 der Rahmenrichtlinie verweist, hervor, dass die NRB bei der Förderung des Wettbewerbs sicherstellen müssen, dass für die Endnutzer und die Verbraucher der größtmögliche Nutzen u. a. in Bezug auf Auswahl und Preise erbracht wird und die Interessen der Unionsbürger gefördert werden. Außerdem müssen die NRB bei der Auferlegung von Kostendeckungsmechanismen im Sinne von Art. 13 Abs. 2 der Zugangsrichtlinie u. a. sicherstellen, dass dieser Mechanismus für die Verbraucher möglichst vorteilhaft ist.

54

Demnach muss die NRB im Rahmen des Verfahrens zum Erlass einer Entscheidung unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens die Interessen der Endnutzer und der Verbraucher unabhängig davon berücksichtigen, auf welchem Markt die Verpflichtungen auferlegt werden. Da die Endnutzer und die Verbraucher definitionsgemäß auf den Vorleistungsmärkten für die Festnetz- und Mobilfunkzustellung nicht präsent sind, ist es zudem äußerst wichtig, dass ihre Interessen bei der Prüfung der Wirkung, die eine von der NRB auf einem Vorleistungsmarkt auferlegte Preisverpflichtung auf einem Endkundenmarkt haben soll, berücksichtigt und bewertet werden können.

55

Folglich kann ein nationales Gericht bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer von der NRB auferlegten Preisverpflichtung im Hinblick auf die in Art. 8 der Rahmenrichtlinie und in Art. 13 der Zugangsrichtlinie genannten Ziele prüfen, ob diese auf den Vorleistungsmärkten für die Festnetz‑ und Mobilfunkzustellung auferlegte Verpflichtung auch den Interessen der Endnutzer auf einem nicht für eine Regulierung in Betracht kommenden Endkundenmarkt dient.

56

Was den zweiten Teil der zweiten Frage anbelangt – mit dem geklärt werden soll, ob ein nationales Gericht von der NRB verlangen kann, dass sie glaubhaft macht, dass mit dieser Verpflichtung die Ziele des Art. 8 der Rahmenrichtlinie tatsächlich verwirklicht werden –, ist darauf hinzuweisen, dass nach dieser Bestimmung die NRB bei der Wahrnehmung ihrer in dieser Richtlinie und insbesondere in der Zugangsrichtlinie festgelegten regulatorischen Aufgaben alle angezeigten und angemessenen Maßnahmen treffen müssen, die den in dieser Bestimmung vorgegebenen Zielen dienen, nämlich den Wettbewerb bei der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste zu fördern, zur Entwicklung des Binnenmarkts beizutragen und die Interessen der Unionsbürger zu fördern.

57

Zur Verwirklichung der Ziele des Art. 8 der Rahmenrichtlinie müssen die NRB gemäß Art. 5 Abs. 1 der Zugangsrichtlinie namentlich ihre Zuständigkeit in einer Weise wahrnehmen, die Effizienz und nachhaltigen Wettbewerb, effiziente Investitionen und Innovation fördert und den Endnutzern größtmöglichen Nutzen bringt.

58

Die Preisverpflichtungen, die die NRB auferlegen können, einschließlich Preisverpflichtungen der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Art, müssen daher auf die Verwirklichung der Ziele des Art. 8 der Rahmenrichtlinie gerichtet sein. Dagegen kann – wie der Generalanwalt in den Nrn. 96 und 97 seiner Schlussanträge festgestellt hat – nicht verlangt werden, dass eine NRB glaubhaft macht, dass mit diesen Verpflichtungen diese Ziele tatsächlich verwirklicht werden.

59

Einer NRB eine solche Beweislast aufzuerlegen, würde nämlich außer Acht lassen, dass der Erlass von Verpflichtungen auf einer analytischen Prognose der Marktentwicklung beruht, der für die Lösung der aufgetretenen Wettbewerbsprobleme das Verhalten und/oder die Kosten eines effizienten Betreibers als Ausgangspunkt dienen. Hinsichtlich zukunftsorientierter Maßnahmen ist es unmöglich oder übermäßig schwierig, den Nachweis zu erbringen, dass mit ihnen die Ziele des Art. 8 der Rahmenrichtlinie tatsächlich verwirklicht werden.

60

Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass das Unionsrecht dahin auszulegen ist, dass es einem nationalen Gericht in einem Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit einer von der NRB für die Vornahme von Anrufzustellungen in Fest‑ und Mobilfunknetzen auferlegten Preisverpflichtung gestattet ist, die Verhältnismäßigkeit dieser Verpflichtung im Hinblick auf die in Art. 8 der Rahmenrichtlinie und in Art. 13 der Zugangsrichtlinie genannten Ziele zu beurteilen und den Umstand zu berücksichtigen, dass diese Verpflichtung zur Förderung der Interessen der Endnutzer auf einem nicht für eine Regulierung in Betracht kommenden Endkundenmarkt dient.

61

Ein nationales Gericht kann bei seiner gerichtlichen Kontrolle einer Entscheidung der NRB von dieser Behörde nicht verlangen, dass sie glaubhaft macht, dass mit dieser Verpflichtung die Ziele des Art. 8 der Rahmenrichtlinie tatsächlich verwirklicht werden.

Kosten

62

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste (Rahmenrichtlinie) in der durch die Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 geänderten Fassung in Verbindung mit den Art. 8 und 13 der Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (Zugangsrichtlinie) in der durch die Richtlinie 2009/140 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass es einem nationalen Gericht in einem Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit einer von der nationalen Regulierungsbehörde für die Vornahme von Anrufzustellungen in Fest‑ und Mobilfunknetzen auferlegten Preisverpflichtung nur dann gestattet ist, von der Empfehlung 2009/396/EG der Kommission vom 7. Mai 2009 über die Regulierung der Festnetz- und Mobilfunk-Zustellungsentgelte in der EU, in der das „reines Bulric“ („Bottom-Up Long-Run Incremental Costs“) genannte Kostenrechnungsmodell als geeignete Preismaßnahme auf dem Anrufzustellungsmarkt empfohlen wird, abzuweichen, wenn es dies aufgrund der tatsächlichen Umstände des konkreten Falles, insbesondere der Besonderheiten des Marktes des betreffenden Mitgliedstaats, für geboten erachtet.

 

2.

Das Recht der Europäischen Union ist dahin auszulegen, dass es einem nationalen Gericht in einem Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit einer von der nationalen Regulierungsbehörde für die Vornahme von Anrufzustellungen in Fest‑ und Mobilfunknetzen auferlegten Preisverpflichtung gestattet ist, die Verhältnismäßigkeit dieser Verpflichtung im Hinblick auf die in Art. 8 der Richtlinie 2002/21 in der durch die Richtlinie 2009/140 geänderten Fassung und in Art. 13 der Richtlinie 2002/19 in der durch die Richtlinie 2009/140 geänderten Fassung genannten Ziele zu beurteilen und den Umstand zu berücksichtigen, dass diese Verpflichtung zur Förderung der Interessen der Endnutzer auf einem nicht für eine Regulierung in Betracht kommenden Endkundenmarkt dient.

Ein nationales Gericht kann bei seiner gerichtlichen Kontrolle einer Entscheidung der nationalen Regulierungsbehörde von dieser Behörde nicht verlangen, dass sie glaubhaft macht, dass mit dieser Verpflichtung die Ziele des Art. 8 der Richtlinie 2002/21 in der durch die Richtlinie 2009/140 geänderten Fassung tatsächlich verwirklicht werden.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Niederländisch.