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Amtsblatt
der Europäischen Union

DE

Reihe C


C/2024/2807

23.4.2024

EMPFEHLUNG (EU) DES RATES

vom 12. April 2024

zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets

(C/2024/2807)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 136 in Verbindung mit Artikel 121 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Wirtschaft des Euro-Währungsgebiets hat sich angesichts der großen wirtschaftlichen Schocks der letzten Jahre als widerstandsfähig erwiesen, was von einer starken, koordinierten und zeitgerechten politischen Reaktion zeugt; in jüngster Zeit hat sie jedoch an Dynamik verloren. Nach der deutlichen Erholung in den Jahren 2021 und 2022 dürfte sich das Wachstum im Euro-Währungsgebiet 2023 auf 0,6 % verlangsamen. Die hohen, sich jedoch mäßigenden Verbraucherpreise für die meisten Waren und Dienstleistungen stellen eine schwere Belastung für die Wirtschaft dar, auch wenn sich die Energiepreise rückläufig entwickeln, und von der Auslandsnachfrage geht keine starke Unterstützung aus. Unterdessen kommen die wirtschaftlichen Auswirkungen der strafferen Geldpolitik nach und nach zum Tragen. Positiv zu vermerken sind der weiterhin robuste Arbeitsmarkt, die auf einem Tiefststand befindliche Arbeitslosenquote — wobei Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten und deren Regionen bestehen — und ein Rekordhoch der Erwerbsbeteiligungs- und Beschäftigungsquoten, wenngleich Anzeichen für eine Abkühlung zu erkennen sind. Für 2024 wird dank des anhaltenden Beschäftigungszuwachses und der steigenden Reallöhne mit einer allmählichen Erholung des Wachstums um 1,2 % gerechnet, während die Inflation sich weiter rückläufig entwickeln dürfte. Die Aussichten sind nach wie vor mit großer Unsicherheit und Risiken behaftet, vor allem im Zusammenhang mit der Entwicklung des anhaltenden Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine, der Lage im Nahen Osten nach den brutalen und wahllosen Terroranschlägen der Hamas auf Israel, in deren Folge es zu erneuten Unterbrechungen der Energieversorgung mit erheblichen Auswirkungen auf die Energiepreise kommen könnte, und den Risiken im Zusammenhang mit dem strukturellen Abschwung in China. Diese Risiken könnten sich zudem durch die erst nach und nach greifenden Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung und deren möglichen Auswirkungen auf die Wirtschaftstätigkeit verschärfen. Auch strukturelle Veränderungen, insbesondere im Zusammenhang mit den zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels, wie sie von extremen Wetterbedingungen und beispiellosen Waldbränden und Überschwemmungen veranschaulicht wurden, sind den Aussichten abträglich.

(2)

Nach ihrem Höchststand vom Oktober 2022 hat sich die Gesamtinflation im Euro-Währungsgebiet vor allem aufgrund sinkender Energiepreise, aber auch angesichts eines allmählichen und breiten Rückgangs bei den anderen Komponenten abgeschwächt. Dennoch bewegt sich die Inflation bei Nahrungsmitteln und Dienstleistungen nach wie vor auf einem hohen Niveau, was insbesondere die sozial schwächsten Bevölkerungsgruppen trifft, und der Inflationsdruck ist in einer Reihe von Mitgliedstaaten weiterhin beträchtlich. Die Inflation dürfte im Jahr 2024 auf 3,2 % — und damit nach wie vor über dem Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2 % bleiben — und 2025 auf 2,2 % sinken. Der Rückgang der Inflation resultiert auch aus der schnellsten und stärksten Zinserhöhung, die die EZB seit der Schaffung der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) vorgenommen hat. Wenngleich die Renditen von Staatsanleihen im Euro-Währungsgebiet gestiegen sind, blieben die Spreads relativ stabil. Die EZB hat wiederholt ihre Entschlossenheit zum Ausdruck gebracht, die Zinsen so lange wie nötig auf einem hohen Niveau zu halten, um die Inflation auf den Zielwert zu senken, und klargestellt, dass sie im Hinblick auf den künftigen geldpolitischen Pfad weiterhin datenbasierte Entscheidungen treffen wird.

(3)

Der Energiepreisschock hat die Kostenwettbewerbsfähigkeit im Euro-Währungsgebiet in Mitleidenschaft gezogen, insbesondere in den energieintensiveren Mitgliedstaaten und Industriezweigen. Bislang wurden die negativen Auswirkungen der höheren Kosten durch Wechselkursschwankungen und befristete nationale Maßnahmen der Regierungen zur Unterstützung von Unternehmen und finanziell schwächeren Haushalten abgemildert. Allerdings haben die hohen Energiekosten zusammen mit den Unterschieden hinsichtlich der Energieintensität der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten und den Unterschieden hinsichtlich der Energiebeschaffung der Mitgliedstaaten sowie den Unterschieden bei Marktstrukturen und politischen Maßnahmen zu großen Inflationsunterschieden im Euro-Währungsgebiet beigetragen. Wenngleich die Energiepreise im Jahr 2023 zurückgegangen sind, haben sich diese Inflationsunterschiede bislang nur teilweise verringert. Zusammen mit dem ungleichen Lohnwachstum in den letzten zwei Jahren könnten die Preisunterschiede — sofern sie anhalten — zwischen den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets zu Unterschieden bei der Wettbewerbsfähigkeit führen und zu makroökonomischen Ungleichgewichten beitragen, die das reibungslose Funktionieren des Euro-Währungsgebiets untergraben könnten. Daher ist es wichtig, alle makroökonomischen Ungleichgewichte anzugehen. Mittelfristig hängen Produktivitätssteigerungen im Euro-Währungsgebiet und in den Mitgliedstaaten zum Teil davon ab, ob Innovation und Investitionen gefördert werden können. In dieser Hinsicht würden Energiepreise und -kosten, die möglicherweise dauerhaft auf einem höheren Niveau als bei den Handelspartnern verharren, und die nach wie vor bestehende Lücke beim Produktivitätswachstum im Vergleich zu Wettbewerbern sowie die zunehmende Gefahr einer geoökonomischen Fragmentierung die Volkswirtschaft des Euro-Währungsgebiets benachteiligen.

(4)

Das derzeitige makroökonomische Umfeld, das durch anhaltende Unsicherheit, hohe Inflation und die beeinträchtigte Wettbewerbsfähigkeit des Euro-Währungsgebiets gekennzeichnet ist, erfordert eine ehrgeizige politische Agenda. Auf kurze Sicht besteht eine Priorität nach wie vor darin, die Inflation wieder auf das Ziel der EZB von 2 % zurückzuführen. Anhaltende Unterschiede bei den Inflationsraten zwischen den Mitgliedstaaten könnten zudem zu Divergenzen bei der Wettbewerbsfähigkeit führen. Die Haushaltspolitik sollte den Inflationsdruck nicht weiter verschärfen. Die Realeinkommen gingen 2022 zurück, sodass Lohnentwicklungen zur Abmilderung des Kaufkraftverlusts, insbesondere bei Geringverdienern, erforderlich sind. Zugleich sollten Zweitrundeneffekte auf Inflation und Wettbewerbsfähigkeit von den Behörden genau überwacht und bei der Lohnbildung berücksichtigt werden. Des Weiteren ist es nach wie vor von entscheidender Bedeutung, die Risiken für die makrofinanzielle Stabilität und die makroökonomischen Auswirkungen strengerer Finanzierungsbedingungen zu begrenzen. Mit Blick auf die Zukunft muss das Euro-Währungsgebiet weiterhin inklusives und nachhaltiges Wachstum fördern, seine globale Wettbewerbsfähigkeit wahren und gleichzeitig Divergenzen innerhalb des Euro-Währungsgebiets vermeiden. In dieser Hinsicht sind Reformen und Investitionen, einschließlich Reformen und Investitionen zur Förderung des grünen und des digitalen Wandels und der Resilienz des Euro-Währungsgebiets, äußerst wichtig. Die zeitnahe und wirksame Einbeziehung der Sozialpartner und ein starker sozialer Dialog sind von entscheidender Bedeutung für die Unterstützung der Politikgestaltung und eine starke Eigenverantwortung, mit der die Umsetzung gefördert wird.

(5)

Nach einer deutlichen krisenbedingten Expansion von 2020 bis 2022, die zur Bewältigung externer Schocks sowie zum Schutz finanziell schwächerer Haushalte und rentabler Unternehmen beigetragen hat, dürfte der haushaltspolitische Gesamtkurs im Euro-Währungsgebiet 2023 und 2024 restriktiv sein, was sich auch aus der Notwendigkeit ergibt, das öffentliche Defizit und den öffentlichen Schuldenstand abzubauen und den Inflationsdruck nicht zu verschärfen sowie gleichzeitig angesichts der hohen Unsicherheit agil zu bleiben. Im Zeitraum von 2020 bis 2022 unterstützte der expansive haushaltspolitische Kurs des Euro-Währungsgebiets, der sich auf rund 4 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) belief, die Wirtschaft vor dem Hintergrund der COVID-19-Krise und des Energiepreisanstiegs infolge der groß angelegten Militärinvasion der Ukraine durch Russland. In den Jahren 2023 und 2024 dürfte der haushaltspolitische Kurs insgesamt kontraktiv werden und in beiden Jahren um 0.5 % des BIP zurückgehen, was in erster Linie auf das nahezu vollständige Auslaufen der krisenbedingten Entlastungsmaßnahmen im Energiebereich zurückzuführen ist. Der für 2023 und 2024 erwartete kontraktive haushaltspolitische Gesamtkurs wird dazu beitragen, in einigen Mitgliedstaaten im Laufe der Zeit die Haushaltspuffer wiederherzustellen und damit die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Haushalte zu verbessern. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, die Einhaltung der vom Rat der Europäischen Union (im Folgenden „Rat“) empfohlenen Höchstwerte für das Nettoausgabenwachstum sicherzustellen. Neben der Notwendigkeit, eine umsichtige Haushaltsstrategie beizubehalten, müssen auch die öffentlichen Investitionen aufrechterhalten und erforderlichenfalls so weit wie möglich erhöht sowie private Investitionen weiter gefördert werden, um Wettbewerbsfähigkeit, inklusives und nachhaltiges langfristiges Wachstum und einen fairen grünen und einen fairen digitalen Wandel voranzubringen. In den Jahren 2023 und 2024 dürften die öffentlichen Investitionen in den meisten Mitgliedstaaten mit fortgesetzter Unterstützung aus der durch die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) geschaffenen Aufbau- und Resilienzfazilität (RRF) und anderen Unionsfonds weiter ausgeweitet werden. Die öffentlichen Finanzen sind auch aufgrund hoher Kosten, etwa in den Bereichen der Bevölkerungsalterung und der Verteidigung, sowie angesichts des weniger günstigen Zins-Wachstums-Differenzials unter Druck geraten. Im Rahmen ihrer länderspezifischen Empfehlungen wurde einer Reihe von Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets empfohlen, die Tragfähigkeit ihrer Renten- und Gesundheitssysteme zu verbessern und Steuerreformen zu verabschieden. Die regelmäßige Durchführung von staatlichen Ausgabenüberprüfungen im Rahmen des jährlichen und mehrjährigen Haushaltsverfahrens würde dazu beitragen, die Effizienz und Qualität der öffentlichen Ausgaben zu steigern. Für staatliche Ausgabenüberprüfungen müssen Umfang, Mandat und Methodik eindeutig festgelegt werden, und ihre Ergebnisse sollten der Öffentlichkeit klar bekannt gemacht werden. Maßnahmen zur Bekämpfung aggressiver Steuerplanung, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung können die Steuersysteme ferner effizienter und gerechter machen und gleichzeitig die Erholung unterstützen und die Einnahmen steigern.

(6)

Die aggregierte Schuldenquote des Euro-Währungsgebiets dürfte im Zeitraum 2023-2024 um kumuliert 2,8 Prozentpunkte zurückgehen und sich Ende 2024 somit auf 89,7 % des BIP belaufen. Der Rückgang ist in erster Linie auf das Wachstum des nominalen BIP zurückzuführen, das über dem durchschnittlichen für ausstehende Schulden zu zahlenden Zinssatz liegt. Allerdings ist die Verschuldung in mehreren Mitgliedstaaten nach wie vor hoch, und die insgesamt höheren Zinssätze werden schrittweise die Schuldendienstkosten nach oben treiben, was sich bei sonst gleichen Bedingungen negativ auf die Schuldendynamik auswirkt. Im Dezember 2023 erzielte der Rat eine Einigung über das Paket zur Überprüfung der wirtschaftspolitischen Steuerung, das aus einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die wirksame Koordinierung der Wirtschaftspolitiken und der multilateralen haushaltspolitischen Überwachung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates zur Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit und der Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2011/85/EU über die Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten besteht. Die Reform des Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung zielt darauf ab, realistische, nachhaltige und schrittweise Haushaltsanpassungen auf der Grundlage länderspezifischer mittelfristiger Pläne zu fördern und durch Anreize für einschlägige Reformen und Investitionen das nachhaltige Wachstum zu erhöhen. Der reformierte Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung wird mit Blick auf die künftige Haushaltspolitik für mehr Klarheit und Vorhersehbarkeit sorgen und gleichzeitig die Schuldentragfähigkeit und das Wirtschaftswachstum fördern.

(7)

Die Nettokosten für Soforthilfemaßnahmen zur Abmilderung der wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen des Anstiegs der Energiepreise waren im Jahr 2023 nach wie vor hoch, jedoch leicht rückläufig, da die Energiepreise nach Erreichen ihres Höchststands von 2022 zurückgegangen sind. Nach Schätzungen der Kommission belaufen sich die Nettokosten solcher Soforthilfemaßnahmen im Jahr 2023 auf 1,0 % des BIP des Euro-Währungsgebiets, verglichen mit 1,3 % im Jahr 2022. Auch wenn die Ausrichtung verbessert wurde, sind fast die Hälfte der damit verbundenen Haushaltskosten im Jahr 2023 in preisseitige Maßnahmen geflossen, die nicht auf finanziell schwächere Haushalte und Unternehmen ausgerichtet sind. Die meisten Maßnahmen dürften nun im Laufe des Jahres 2024 im Einklang mit der erwarteten Stabilisierung der Energiepreise auslaufen. Sollte dies eintreten, werden die verbleibenden Haushaltskosten für das Euro-Währungsgebiet insgesamt im Jahr 2024 bei rund 0,2 % des BIP liegen. Sollten die Energiepreise jedoch wieder auf ein Niveau steigen, das neue oder fortgesetzte Entlastungsmaßnahmen erforderlich machen würde, sollten diese Entlastungsmaßnahmen gezielt auf den Schutz finanziell schwächerer Haushalte und Unternehmen ausgerichtet werden, finanziell tragbar sein und Anreize zum Energiesparen erhalten. Über krisenbedingte Maßnahmen im Energiebereich hinaus könnte eine stärkere Nutzung von Umweltsteuern im Einklang mit dem Verursacherprinzip zusammen mit dem schrittweisen Auslaufen von Subventionen für fossile Brennstoffe, die weder Energiearmut bekämpfen noch zu einem gerechten Übergang beitragen, und anderen umweltschädlichen Subventionen generell dazu beitragen, den haushaltspolitischen Spielraum für die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets zu vergrößern.

(8)

Die Aufrechterhaltung eines hinreichend hohen Niveaus hochwertiger öffentlicher Investitionen kann dazu beitragen, private Investitionen zu fördern, das Potenzialwachstum anzukurbeln, die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und den grünen und den digitalen Wandel zu unterstützen sowie die soziale und wirtschaftliche Resilienz zu stärken. In diesem Zusammenhang stellt die vollständige Umsetzung der Reformen und Investitionen im Rahmen der RRF und der kohäsionspolitischen Fonds eine Priorität dar. Die Umsetzung der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne ist gut vorangeschritten, allerdings fallen die Fortschritte je nach Mitgliedstaat unterschiedlich aus, und die Umsetzung muss in einigen Fällen intensiviert werden, um die entstandenen Verzögerungen zu überbrücken. Mitte November hatte die Kommission 34 Zahlungsanträge von 19 Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets erhalten und einen Gesamtbetrag von 162,1 Mrd. EUR in Form von Zuschüssen und Darlehen ausgezahlt. Davon wurden 51,6 Mrd. EUR als Vorfinanzierung bereitgestellt und 110,5 Mrd. EUR nach der Erreichung von Etappenzielen und Zielwerten ausgezahlt. Die Auszahlungen erfolgten im Jahr 2023 etwas langsamer als erwartet, was zum Teil darauf zurückzuführen ist, dass sich die Mitgliedstaaten aufgrund der geänderten Mittelzuweisung, neuer Darlehensanträge und der Einführung der REPowerEU-Kapitel auf die Überarbeitung ihrer nationalen Aufbau- und Resilienzpläne konzentrieren. Seit Beginn der COVID-19-Krise wurden im Rahmen der Kohäsionspolitik aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, dem Kohäsionsfonds, dem Europäischen Sozialfonds und der Beschäftigungsinitiative für junge Menschen knapp 120 Mrd. EUR an die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets ausgezahlt. Bei der Halbzeitüberprüfung der Kohäsionspolitik werden die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, kohäsionspolitische Programme zu überprüfen und Mittel für dringende Bedürfnisse und neue Herausforderungen bereitzustellen. Im Zyklus des Europäischen Semesters 2024 werden Orientierungen für die Halbzeitüberprüfung vorgegeben und wird Hilfestellung geleistet, um Mittel so zu kanalisieren, dass dem sozioökonomischen Kontext und den Herausforderungen in den Mitgliedstaaten und ihren Regionen Rechnung getragen wird; gleichzeitig wird die Komplementarität mit der RRF und anderen Unionsfonds weiterhin gefördert.

(9)

Die Förderung von privaten Investitionen, Innovation und Kompetenzentwicklung ist von entscheidender Bedeutung, um die Produktivität zu steigern und die Wettbewerbsfähigkeit des Euro-Währungsgebiets zu stärken, insbesondere zur Unterstützung des grünen und des digitalen Wandels. Die Beseitigung von Investitionshemmnissen, auch durch Reformen, mit denen Planungs-, Genehmigungs- und andere Verwaltungsverfahren gestrafft und digitalisiert werden, würde dabei helfen, private Investitionen anzukurbeln. Auch die Industriepolitik und angebotsseitige Maßnahmen können dazu beitragen, indem Investitionen gefördert, die Wettbewerbsfähigkeit gewahrt und Risiken vermieden werden, die sich aus der übermäßigen Abhängigkeit von einer begrenzten Anzahl von Drittländern in den Bereichen Schlüsseltechnologien, Rohstoffe und industrielle Vorleistungen ergeben. Mit ihrem Industrieplan zum Grünen Deal für das klimaneutrale Zeitalter hat die Kommission mehrere Initiativen zur Stärkung strategischer Sektoren vorgelegt, darunter der Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Rahmens für Maßnahmen zur Stärkung des europäischen Ökosystems der Fertigung von Netto-Null-Technologieprodukten (die Netto-Null-Industrie-Verordnung), der Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Rahmens zur Gewährleistung einer sicheren und nachhaltigen Versorgung mit kritischen Rohstoffen und zur Änderung der Verordnungen (EU) 168/2013, (EU) 2018/858, (EU) 2018/1724 und (EU) 2019/1020 und der Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung der Plattform „Strategische Technologien für Europa“ (STEP) und zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG, der Verordnungen (EU) 2021/1058, (EU) 2021/1056, (EU) 2021/1057, (EU) Nr. 1303/2013, (EU) Nr. 223/2014, (EU) 2021/1060, (EU) 2021/523, (EU) 2021/695, (EU) 2021/697 und (EU) 2021/241 (der STEP Vorschlag). Zudem bieten der Innovationsfonds und der Modernisierungsfonds finanzielle Unterstützung für den notwendigen Übergang im Privatsektor. Darüber hinaus hat die Kommission die Mitgliedstaaten durch die Annahme des Befristeten Rahmens für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft infolge des Angriffs Russlands auf die Ukraine — Krisenbewältigung und Gestaltung des Wandels in die Lage versetzt, von der in den Vorschriften über staatliche Beihilfen vorgesehenen Flexibilität Gebrauch zu machen, um Maßnahmen in Sektoren zu unterstützen, die eine Schlüsselrolle für den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft spielen. Da die von den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets ergriffenen Maßnahmen, die die von der Energiekrise am stärksten betroffenen Sektoren unterstützen und den grünen Wandel fördern sollen, üblicherweise auf nationaler Ebene beschlossen werden, besteht die Gefahr, dass sie die Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt verzerren. Der STEP-Vorschlag zielt darauf ab, den gestiegenen Bedarf an öffentlichen Unionsinvestitionen in strategische Technologien zu decken und wesentlich höhere private Investitionen anzustoßen, und kann dabei helfen, den Zusammenhalt und den Binnenmarkt zu wahren. Für eine inklusive, wettbewerbsfähige und resiliente Wirtschaft im Euro-Währungsgebiet sind starke Kapitalmärkte unerlässlich. Eine vertiefte Kapitalmarktunion würde dazu beitragen, die für den grünen und den digitalen Wandel erforderliche private Finanzierung anzukurbeln, die Fragmentierung zu verringern und den Zugang zu Finanzmitteln zu verbessern. Im Februar 2023 forderte der Europäische Rat den Rat und das Europäische Parlament auf, die Umsetzung des Aktionsplans zur Kapitalmarktunion zu beschleunigen, indem die Arbeiten an den Gesetzgebungsvorschlägen in diesem Bereich vorangebracht und abgeschlossen werden. Im Mai 2023 setzte sich die Euro-Gruppe das Ziel, bis März 2024 eine Einigung über die Bereiche zu erzielen, in denen die Kommission eine weitere Vertiefung der Kapitalmarktunion in Erwägung ziehen sollte. Im Rahmen der Arbeiten zur WWU legte die Kommission 2023 ein Paket von Vorschlägen für einen Rechtsrahmen für einen digitalen Euro vor, bestehend aus dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Euro-Banknoten und Euro-Münzen als gesetzliches Zahlungsmittel, dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Erbringung von Diensten im Zusammenhang mit dem digitalen Euro durch Zahlungsdienstleister mit Sitz in Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist, und zur Änderung der Verordnung (EU) 2021/1230 des Europäischen Parlaments und des Rates und dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung des digitalen Euro. Ein digitaler Euro zur Ergänzung des Euro-Bargelds würde die Digitalisierung der Wirtschaft sowie Innovationen im Massenzahlungsverkehr unterstützen und gleichzeitig die Fragmentierung des Zahlungsverkehrs in der Union verringern. Er würde eine neue Möglichkeit schaffen, um bei der Nutzung europäischer Zahlungsdienste risikoloses Zentralbankgeld zu verwenden. Ein digitaler Euro würde außerdem grenzüberschreitende Zahlungen erleichtern und zur Stärkung der internationalen Rolle des Euro sowie der offenen strategischen Autonomie der Unionbeitragen.

(10)

Wenngleich sich der Wachstumsimpuls verlangsamt hat, ist der Arbeitsmarkt nach wie vor widerstandsfähig. Vor dem Hintergrund des Arbeitskräftemangels und der Qualifikationsdefizite sowie einer zunehmenden Tendenz zum Horten von Arbeitskräften bei den Unternehmen sind die Beschäftigung und die Arbeitsstunden 2023 weiter gestiegen. Zwar stand die insgesamt gute Leistung in allen Mitgliedstaaten auf breiter Basis, doch sind einige Gruppen auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor unterrepräsentiert, darunter Frauen, junge Menschen, und geringqualifizierte Menschen mit Behinderungen. Aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen spielen zusammen mit der Bereitstellung von hochwertiger und erschwinglicher frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung sowie Langzeitpflege eine Schlüsselrolle bei der Förderung der Teilhabe und der Unterstützung des Qualifikationsangebots und -erwerbs — auch im Hinblick auf den grünen und den digitalen Wandel –, was sich langfristig positiv auf das Potenzialwachstum und die Wettbewerbsfähigkeit auswirken wird. Bei verbesserten Arbeitsbedingungen und komplementär zur Talenterschließung innerhalb der Union können eine gesteuerte legale Zuwanderung aus Drittländern und die Achtung und Durchsetzung von Arbeits- und Sozialrechten dazu beitragen, Qualifikationsdefizite und den Arbeitskräftemangel anzugehen. Im Jahr 2022 wurden von den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets 664 000 erste Aufenthaltstitel für Beschäftigungszwecke für Drittstaatsangehörige erteilt, eine Zahl, die sich in den vorangegangenen zehn Jahren fast verdreifacht hat.

(11)

Vor dem Hintergrund der hohen Inflation und der angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt sind die Nominallöhne 2022 und in den ersten Monaten des Jahres 2023 gestiegen (+4,8 %). Wenngleich dadurch Kaufkraftverluste teilweise abgemildert wurden, hat das Nominallohnwachstum nicht mit der Inflation Schritt gehalten (Rückgang der Reallöhne 2022 um 3,7 %). In den Jahren 2023 und 2024 ist ein kräftiges Nominallohnwachstum zu erwarten, während die Reallöhne moderat steigen dürften, was die Binnennachfrage ankurbeln wird. Gleichzeitig könnte sich der erwartete Lohnzuwachs auf die Preise von Waren auswirken, die mit einem hohen Anteil an inländischer Arbeitsleistung (z. B. im Dienstleistungssektor) hergestellt werden, auch wenn die Auswirkungen auf die Preise abgefedert werden könnten, falls die bereits verzeichneten Erhöhungen der Stückgewinne zurückgefahren werden. Ohne einen entsprechenden Produktivitätszuwachs könnten sich höhere Löhne auch auf die Wettbewerbsfähigkeit auswirken, und dauerhafte Divergenzen im Euro-Währungsgebiet könnten — neben anderen Faktoren — auch zu makroökonomischen Ungleichgewichten führen. Daher sollten Lohnvereinbarungen im Einklang mit den nationalen Gepflogenheiten und unter Berücksichtigung der Rolle der Sozialpartner neben der sektoralen und nationalen Dynamik auch die Entwicklungen im Euro-Währungsgebiet angemessen widerspiegeln.

(12)

Der Anstieg der Lebenshaltungskosten, der hauptsächlich auf die Energiekrise und die damit einhergehende Verschlechterung der Handelsbedingungen zurückzuführen ist, hatte negative Auswirkungen auf das Realeinkommen sowie erhebliche soziale Folgen. Im Jahr 2022 stiegen die Preise für Wohnung, Wasser, Strom, Gas und andere Brennstoffe um 17,5 %, für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke um 10,5 % und für den Verkehr um 11,2 %. Haushalte mit niedrigem Einkommen litten besonders unter den stark gestiegenen Lebenshaltungskosten. Mehr als die Hälfte der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets verzeichnete — trotz der Entwicklung der Nominallöhne und der Unterstützungsmaßnahmen — eine Zunahme der materiellen und sozialen Deprivation sowie der Energiearmut. In mehreren Mitgliedstaaten betrafen die gestiegenen Lebenshaltungskosten vor allem ältere Menschen sowie Menschen in ländlichen Gebieten stark.

(13)

Der Bankensektor des Euro-Währungsgebiets hat sich trotz mehrerer Phasen verstärkter Marktturbulenzen als resilient erwiesen. Der Bankensektor des Euro-Währungsgebiets ist nun gut kapitalisiert und rentabel, wie die unionsweiten Stresstests 2023 der mit der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) eingerichtete Europäischen Bankenaufsichtsbehörde bestätigt haben. Mit der restriktiveren Geld- und Kreditvergabepolitik verlangsamten sich die Kreditströme in den privaten Sektor deutlich. Für die Zukunft besteht die Gefahr, dass eine drastische Verschlechterung der makroökonomischen Aussichten in Verbindung mit Zinsen, die über einen längeren Zeitraum auf einem hohen Niveau bleiben, auf die Qualität der Vermögenswerte durchschlägt. Gleichzeitig könnte sich der Sektor der Finanzintermediation außerhalb des Bankensektors als anfällig erweisen. Angesichts strengerer Finanzierungsbedingungen wird es wichtig sein, Risiken zeitnah zu überwachen, proaktiv mit Schuldnern zusammenzuarbeiten und notleidende Kredite aktiv zu verwalten, damit der Finanzsektor weiterhin die Wirtschaft finanzieren kann. Weitere Risiken für die Finanzmärkte können nicht ausgeschlossen werden. So könnten insbesondere höhere Risikoprämien und verschärfte Liquiditätsbedingungen eine deutlichere und möglicherweise ungeordnete Korrektur der Preise von Vermögenswerten nach sich ziehen. Die laufende Anpassung an den Märkten für Wohn- und Gewerbeimmobilien muss ebenfalls genau beobachtet werden. Steigende Zinsen und eine sinkende Kreditaufnahmekapazität könnten zu substanziellen Korrekturen der Immobilienpreise führen und Finanzinstabilität auslösen.

(14)

In der Erklärung des Euro-Gipfels vom März 2023 bekräftigten die Staats- und Regierungschefs des Euro-Währungsgebiets ihr Zusage zur Vollendung der Bankenunion im Einklang mit der Erklärung der Euro-Gruppe vom 16. Juni 2022 +. Vor diesem Hintergrund hat die Kommission im April 2023 einen Vorschlag zur Reform des Rahmens für das Krisenmanagement im Bankensektor und für die Einlagensicherung vorgelegt. Dieser Vorschlag zielt darauf ab, einen Rahmen für ausfallende Banken unabhängig von ihrer Größe und ihrem Geschäftsmodell, einschließlich kleinerer Akteure, zu schaffen und so die Finanzstabilität zu wahren, den Einsatz öffentlicher Mittel zu minimieren und das Vertrauen der Einleger zu stärken. Die Eurogruppe verpflichtete sich, den Stand der Bankenunion anschließend zu überprüfen und einvernehmlich etwaige weitere Maßnahmen bezüglich der übrigen, zur Stärkung und Vollendung der Bankenunion noch ausstehenden Elemente zu ermitteln. Insbesondere würde die Ratifizierung des überarbeiteten Vertrags zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus, der die Einführung der gemeinsamen Letztsicherung für den mit der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) eingerichteten einheitlichen Abwicklungsfonds ermöglicht, die Widerstandsfähigkeit des Euro-Währungsgebiets weiter stärken —

EMPFIEHLT HIERMIT, dass die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets im Zeitraum 2024-2025 sowohl jeder für sich, unter anderem im Wege der Umsetzung ihrer nationalen Aufbau- und Resilienzpläne, als auch gemeinsam im Rahmen der Euro-Gruppe tätig werden und

1.

eine koordinierte und umsichtige Haushaltspolitik verfolgen, um den Schuldenstand auf einem dem Vorsichtsgebot entsprechenden Niveau zu halten oder die Schuldenquoten auf einen plausibel rückläufigen Pfad zu bringen; im Euro-Währungsgebiet entsprechend den länderspezifischen Empfehlungen des Rates einen insgesamt restriktiven finanzpolitischen Kurs erreichen, wobei die Maßnahmen angesichts der vorherrschenden Unsicherheit flexibel bleiben sollten, und somit die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen verbessern und eine Verschärfung des Inflationsdrucks vermeiden; Sofort-Entlastungsmaßnahmen im Energiebereich im Jahr 2024 so rasch wie möglich zurückfahren und die damit verbundenen Einsparungen nutzen, um Defizite abzubauen; finanzpolitische Strategien entwickeln, um mittelfristig eine dem Vorsichtsgebot entsprechende Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit erforderlichenfalls durch eine entschlossene, differenzierte, schrittweise und realistische Konsolidierung in Verbindung mit hochwertigen öffentlichen Investitionen und Reformen zu stärken, damit insbesondere für ein höheres nachhaltiges Wachstum gesorgt und die Widerstandsfähigkeit des Euro-Währungsgebiets gegenüber künftigen Herausforderungen verbessert wird; in diese Strategien erforderlichenfalls Maßnahmen aufnehmen, um die Effizienz und Qualität der öffentlichen Ausgaben weiter zu steigern und die Tragfähigkeit und Angemessenheit der Renten-, Gesundheits- und Langzeitpflegesysteme zu steigern;

2.

ein hohes Niveau an öffentlichen Investitionen aufrechterhalten, um den grünen und den digitalen Wandel zu fördern und die Produktivität, Wettbewerbsfähigkeit sowie die wirtschaftliche und soziale Resilienz zu stärken; die weitere, rasche und wirksame Umsetzung der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne sicherstellen, einschließlich ihrer REPowerEU-Kapitel; die kohäsionspolitischen Programme in vollem Umfang nutzen und sicherstellen, dass bei der Halbzeitüberprüfung der kohäsionspolitischen Programme unter anderem die im Rahmen des Europäischen Semesters ermittelten neuen Herausforderungen und Empfehlungen sowie die Fortschritte bei der Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte berücksichtigt werden, ohne ihre Gesamtambition zu schmälern;

3.

im Einklang mit den nationalen Gepflogenheiten und unter Berücksichtigung der Rolle der Sozialpartner Lohnentwicklungen unterstützen, mit denen die Kaufkraftverluste insbesondere für Geringverdiener abgemildert werden, wobei den Risiken für die Inflation und der Wettbewerbsdynamik gebührend Rechnung zu tragen ist und dauerhafte Divergenzen innerhalb des Euro-Währungsgebiets zu vermeiden sind; Weiterbildung und Umschulung fördern, auch im Hinblick auf den grünen und den digitalen Wandel; eine aktive Arbeitsmarktpolitik zur Behebung des Arbeitskräftemangels und der Qualifikationsdefizite sowie zur Steigerung von Produktivität und Wachstum umsetzen; die Arbeitsbedingungen verbessern, um Arbeitskräfte anzuziehen und zu halten sowie den Arbeitskräftemangel anzugehen; Maßnahmen ergreifen, um komplementär zur Talenterschließung innerhalb der Union die gesteuerte legale Migration von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus Drittländern in Berufen mit Arbeitskräftemangel zu erleichtern; angemessene und tragfähige Systeme des Sozialschutzes und der sozialen Inklusion bewahren und stärken; die wirksame Beteiligung der Sozialpartner an der Politikgestaltung sicherstellen und den sozialen Dialog stärken;

4.

Investitionshemmnisse beseitigen, um die bestehende Investitionslücke für den grünen und den digitalen Wandel zu verringern; den Zugang zu Finanzmitteln durch weitere Fortschritte bei der Vertiefung und Stärkung der Kapitalmarktunion verbessern, insbesondere für innovative Unternehmen und kleine und mittlere Unternehmen; sicherstellen, dass die öffentliche Unterstützung für relevante strategische Sektoren gezielt eingesetzt wird und keine Verzerrungen der Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt bewirkt und dabei der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Euro-Währungsgebiets und der offenen strategischen Autonomie der Union Rechnung getragen wird; die internationale Rolle des Euro weiter stärken und weitere Fortschritte bei den Arbeiten zum digitalen Euro erreichen;

5.

die Makrofinanzstabilität erhalten, die Kanäle für die Kreditvergabe an die Wirtschaft aufrechterhalten und das Risiko einer Fragmentierung des Finanzsektors weiter fördern; mit restriktiveren Finanzierungsbedingungen verbundene Risiken beobachten, insbesondere Risiken, die mit der Qualität der Vermögenswerte und möglichen Korrekturen der Preise der Vermögenswerte zusammenhängen, auch an den Immobilienmärkten; die Entwicklungen im Bankensektor und bei der Finanzintermediation außerhalb des Bankensektors beobachten, um die Entstehung von Systemrisiken und negativen Spillover-Effekten auf die Wirtschaft zu verhindern; die Bankenunion vollenden, indem die Arbeiten an allen noch ausstehenden Elementen fortgesetzt werden.

6.

Beim weiteren Vorgehen zur Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) sollten die Erkenntnisse berücksichtigt werden, die bei der Gestaltung und Umsetzung der umfassenden wirtschaftspolitischen Antwort der Union auf die COVID-19-Krise, gewonnen wurden. Weitere Fortschritte bei der Vertiefung der WWU sollten unter uneingeschränkter Wahrung des Binnenmarkts der Union und offen und transparent gegenüber den nicht dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten erfolgen.

Geschehen zu Luxemburg am 12. April 2024.

Im Namen des Rates

Der Präsident/Die Präsidentin

V. VAN PETEGHEM


(1)   ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1. ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/1997/1466/oj.

(2)   ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25. ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2011/1176/oj.

(3)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2021/241/oj).

(4)  Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/78/EG der Kommission (ABl. L 331 vom15.12.2010, S. 12, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2010/1093/oj).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. L 225 vom 30.7.2014, S. 1, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2014/806/oj).


ELI: http://data.europa.eu/eli/C/2024/2807/oj

ISSN 1977-088X (electronic edition)