Brüssel, den 11.12.2018

COM(2018) 819 final

2018/0415(CNS)

Vorschlag für eine

RICHTLINIE DES RATES

zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 in Bezug auf Vorschriften für Fernverkäufe von Gegenständen und bestimmte inländische Lieferungen von Gegenständen


BEGRÜNDUNG

1.KONTEXT DES VORSCHLAGS

Gründe und Ziele des Vorschlags

Am 5. Dezember 2017 erließ der Rat die Richtlinie (EU) 2017/2455 des Rates 1 (im Folgenden „Richtlinie über die Mehrwertsteuer im elektronischen Geschäftsverkehr“) zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG 2 (im Folgenden „MwSt-Richtlinie“), in der unter anderem Folgendes festgelegt ist:

Ausweitung des Anwendungsbereichs der Sonderregelungen für nicht in der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige, die Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen oder elektronische Dienstleistungen an Nichtsteuerpflichtige gemäß Artikel 358 bis 369k der MwSt-Richtlinie (sogenannte „kleine einzige Anlaufstelle“) erbringen, auf alle Arten von Dienstleistungen sowie auf innergemeinschaftliche Fernverkäufe von Gegenständen sowie auf Fernverkäufe von Gegenständen und Fernverkäufe von aus Drittgebieten oder Drittländern eingeführten Gegenständen, und Umwandlung der kleinen einzigen Anlaufstelle in eine einzige Anlaufstelle. Die kleine einzige Anlaufstelle erlaubt Erbringern solcher Dienstleistungen, ein Webportal in dem Mitgliedstaat zu nutzen, in dem sie zur Entrichtung der in anderen Mitgliedstaaten fälligen Mehrwertsteuer verpflichtet sind;

Einführung von Sonderbestimmungen für Steuerpflichtige, die durch die Nutzung einer elektronischen Schnittstelle, beispielsweise eines Marktplatzes, einer Plattform, eines Portals oder Ähnlichem, bestimmte Lieferungen an Nichtsteuerpflichtige durch andere Steuerpflichtige unterstützen.

Mit diesem Vorschlag sollen zusätzliche Vorschriften festgelegt werden, um diese Änderungen der MwSt-Richtlinie zu unterstützen, die ab dem 1. Januar 2021 gelten, da diese Unterstützung nicht durch die in der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates 3 (im Folgenden „MwSt-Durchführungsverordnung“) festgelegte Durchführungsmaßnahmen erreicht werden kann. Dies betrifft insbesondere die Bestimmungen über elektronische Schnittstellen, die die Lieferung von Gegenständen an Nichtsteuerpflichtige in der EU durch nicht in der EU ansässige Steuerpflichtige unterstützen, und die Sonderregelungen für die Erklärung und Entrichtung der Mehrwertsteuer bei der Einfuhr, wenn die einzige Anlaufstelle für Fernverkäufe von aus Drittgebieten oder Drittländern eingeführten Gegenständen nicht genutzt wird.

Übereinstimmung mit den bestehenden Vorschriften in diesem und in anderen Politikbereichen der Union

Dieser Vorschlag enthält ausführliche Bestimmungen zur Ergänzung der Richtlinie über die Mehrwertsteuer im elektronischen Geschäftsverkehr, die Teil des Mehrwertsteuer-Aktionsplans 4 ist.

Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen

Die Richtlinie über die Mehrwertsteuer im elektronischen Geschäftsverkehr wurde über den Mehrwertsteueraktionsplan hinaus auch als wichtige Initiative im Rahmen der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt 5 sowie der Binnenmarktstrategie 6 und des Aktionsplans für elektronische Behördendienste 7 ermittelt.

2.RECHTSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄSSIGKEIT

Rechtsgrundlage

Der Vorschlag stützt sich auf Artikel 113 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden „AEUV“). Laut diesem Artikel erlässt der Rat gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses einstimmig die Bestimmungen zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten im Bereich der indirekten Steuern.

Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)

Dieser Vorschlag greift bestimmte Fragen auf, die sich aus der Annahme der Richtlinie über die Mehrwertsteuer im elektronischen Geschäftsverkehr ergeben, die von allen Mitgliedstaaten gleichermaßen anzuwenden ist. Die Änderungen sollen insbesondere sicherstellen, dass die Bestimmungen über elektronische Schnittstellen einheitlich von allen Mitgliedstaaten angewandt werden, sodass keine Schlupflöcher entstehen, die zu Einnahmeausfällen führen könnten.

Der Vorschlag steht daher mit dem Subsidiaritätsprinzip im Einklang.

Verhältnismäßigkeit

Der Vorschlag ist mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar, d. h. er geht nicht über das für die Erreichung der Ziele der Richtlinie über die Mehrwertsteuer im elektronischen Geschäftsverkehr und für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderliche Maß hinaus. Ebenso wie für die Subsidiaritätsprüfung gilt, dass die Mitgliedstaaten die Fragen ohne einen Vorschlag zur Änderung der Mehrwertsteuerrichtlinie nicht lösen können.

Wahl des Instruments

Der Vorschlag erfordert eine Änderung der Mehrwertsteuerrichtlinie. Er enthält die besonderen Vorschriften, die für die ordnungsgemäße Anwendung einiger Bestimmungen der Richtlinie über die Mehrwertsteuer im elektronischen Geschäftsverkehr erforderlich sind, deren Ziele nicht durch die Annahme von Durchführungsmaßnahmen erreicht werden können, weil sie die Änderung der grundlegenden Bestimmungen der MwSt-Richtlinie erfordern. Dies betrifft insbesondere die Bestimmungen über elektronische Schnittstellen, die die Lieferung von Gegenständen in der EU durch nicht in der EU ansässige Steuerpflichtige unterstützen, und die Sonderregelungen für die Erklärung und Entrichtung der Mehrwertsteuer bei der Einfuhr, wenn die einzige Anlaufstelle für die Einfuhr nicht genutzt wird.

3.ERGEBNISSE DER EX-POST-BEWERTUNG, DER KONSULTATION DER INTERESSENTRÄGER UND DER FOLGENABSCHÄTZUNG

Konsultation der Interessenträger

Die Kommission hat im Rahmen der Gruppe „Zukunft der Mehrwertsteuer“ mehrere Konsultationen bei den Behörden der Mitgliedstaaten – Steuer- und Zollverwaltungen – durchgeführt. Sie ist außerdem mit den betroffenen Unternehmen sowohl im Rahmen der MwSt-Expertengruppe als auch bei gezielten Sitzungen mit Betreibern elektronischer Schnittstellen und Postbetreibern zusammengetroffen. Ferner fand im März 2018 in Malta ein spezieller Fiscalis-2020-Workshop mit Vertretern der Steuer- und Zollbehörden und der betroffenen Wirtschaftszweige statt, bei dem gemeinsam Fragen im Zusammenhang mit der Umsetzung der Richtlinie über die Mehrwertsteuer im elektronischen Geschäftsverkehr erörtert wurden.

Folgenabschätzung

Für den Vorschlag, der zur Annahme der Richtlinie über die Mehrwertsteuer im elektronischen Geschäftsverkehr führte, wurde eine Folgenabschätzung durchgeführt. Mit dem vorliegenden Vorschlag wird lediglich das geändert, was für das Funktionieren einiger Bestimmungen dieser Richtlinie erforderlich ist.

Effizienz der Rechtsetzung und Vereinfachung

Das Hauptziel des Vorschlags besteht darin, die Bestimmungen über Steuerpflichtige auszuweiten, die elektronische Schnittstellen, beispielsweise Marktplätze, Plattformen und Portale betreiben, mit denen die Lieferung von Gegenständen in der EU durch nicht in der EU ansässige Steuerpflichtige unterstützt wird. Die vorgeschlagenen Änderungen werden den Verwaltungsaufwand für diese Steuerpflichtigen dadurch weiter verringern, dass eine größere Zahl von Transaktionen über die einzige Anlaufstelle gemeldet werden kann, wodurch die Mehrwertsteuererhebung verbessert wird. Diese Bestimmungen haben daher keine Auswirkungen auf in der EU niedergelassene Kleinstunternehmen und KMU.

4.AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT

Der Vorschlag hat keine Auswirkungen auf den Haushalt.

5.WEITERE ANGABEN

Durchführungspläne sowie Monitoring-, Bewertungs- und Berichterstattungsmodalitäten

Die Umsetzung wird vom Ständigen Ausschuss für die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden (SCAC) mit Unterstützung durch seinen IT-Unterausschuss, den Ständigen Ausschuss für Informationstechnologie (SCIT) überwacht.

Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags

Artikel 14a, der mit der Richtlinie über die Mehrwertsteuer im elektronischen Geschäftsverkehr in die MwSt-Richtlinie eingefügt wurde, sieht vor, dass Steuerpflichtige, die Fernverkäufe von aus Drittgebieten oder Drittländern eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von nicht mehr als 150 EUR (Artikel 14a Absatz 1) oder die innergemeinschaftliche Lieferung von Gegenständen durch einen nicht in der Gemeinschaft ansässigen Steuerpflichtigen an einen Nichtsteuerpflichtigen (Artikel 14a Absatz 2) durch die Nutzung einer elektronischen Schnittstelle, beispielsweise eines Marktplatzes, einer Plattform oder eines Portals, unterstützen, behandelt werden, als ob sie diese Gegenstände selbst erhalten und geliefert hätten.

Dadurch wird eine Lieferung eines Unternehmens an einen Verbraucher (B2C-Lieferung) – der Lieferer verkauft über eine elektronische Schnittstelle Gegenstände an den Erwerber – praktisch in zwei Lieferungen aufgeteilt: eine Lieferung des Lieferers an die elektronische Schnittstelle (B2B-Lieferung) und eine Lieferung der elektronischen Schnittstelle an den Erwerber (B2C-Lieferung.) Daher muss festgelegt werden, welcher dieser Lieferungen die Versendung oder Beförderung der Gegenstände zugeschrieben wird, damit der Ort der Lieferung ordnungsgemäß bestimmt werden kann. Artikel 1 Absatz 1 sieht vor, dass die Versendung oder Beförderung der Lieferung von der elektronischen Schnittstelle an den Erwerber zugeschrieben werden sollte, wie es auch in der Erklärung im Ratsprotokoll über die Annahme der Richtlinie über die Mehrwertsteuer im elektronischen Geschäftsverkehr festgehalten wurde.

Die direkte Anwendung des Artikels 14a Absatz 2 würde einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand für die betroffenen Unternehmen und das Risiko von Mehrwertsteuerausfällen mit sich bringen, da die Mehrwertsteuer von der elektronischen Schnittstelle an den Lieferer gezahlt würde, der Gegenstände durch die Nutzung der elektronischen Schnittstelle verkauft. Folgende Änderungen sollen diese Probleme lösen:

Die B2B-Lieferung des Lieferers, der Gegenstände über die elektronische Schnittstelle an die elektronische Schnittstelle verkauft, wird von der Steuer befreit (Artikel 1 Nummer 2), und dieser Lieferer ist berechtigt, die Vorsteuer abzuziehen, die er selbst beim Kauf oder bei der Einfuhr der gelieferten Gegenstände entrichtet hat (Artikel 1 Nummer 3)

Gemäß Artikel 369b der MwSt-Richtlinie in der durch die Richtlinie über die Mehrwertsteuer im elektronischen Geschäftsverkehr geänderten Fassung kann die einzige Anlaufstelle nur für die Erklärung und Entrichtung der Mehrwertsteuer auf innergemeinschaftliche Fernverkäufe von Gegenständen und nicht für inländische Lieferungen von Gegenständen verwendet werden. Da Lieferer, die Gegenstände über eine elektronische Schnittstelle verkaufen, in verschiedenen Mitgliedstaaten Lager halten können, aus denen sie inländische Lieferungen tätigen, wären elektronische Schnittstellen, die behandelt würden, als hätten sie diese Gegenstände selbst geliefert, verpflichtet, sich in allen diesen Mitgliedstaaten für Mehrwertsteuerzwecke registrieren zu lassen, um Mehrwertsteuer auf diese inländischen Lieferungen abzuführen. Dadurch würde die mit der einzigen Anlaufstelle verbundene Vereinfachung für elektronische Schnittstellen zunichtegemacht und zusätzliche Verpflichtungen für diese geschaffen. Es wird daher vorgeschlagen, dass elektronische Schnittstellen die einzige Anlaufstelle auch für inländische Lieferungen an Erwerber nutzen dürfen, wenn sie behandelt werden, als hätten sie die Gegenstände selbst gemäß Artikel 14a Absatz 2 der MwSt-Richtlinie geliefert. Dies erfordert folgende Änderungen des Titels XII Kapitel 6 der MwSt-Richtlinie:

Änderung der Überschrift des Kapitels und des Abschnitts 3 (Artikel 1 Nummern 5 und 6);

Änderung der Begriffsbestimmung des Mitgliedstaats des Verbrauchs (Artikel 1 Nummer 7 Buchstabe a);

Ausweitung des Anwendungsbereichs der Sonderregelung (Artikel 1 Nummer 8);

Änderung der Bestimmung über den Ausschluss eines Steuerpflichtigen von der Sonderregelung (Artikel 1 Nummer 9);

Genehmigung der Erklärung dieser inländischen Lieferungen in einer Mehrwertsteuererklärung über eine einzige Anlaufstelle (Artikel 1 Nummern 10 und 11).

Schließlich wird eine letzte Änderung in den Sonderregelungen für die Erklärung und Entrichtung der Mehrwertsteuer bei der Einfuhr vorgeschlagen, wenn die einzige Anlaufstelle nicht verwendet wird, um Mehrwertsteuer auf Fernverkäufe von Gegenständen aus Drittgebieten oder Drittländern zu erklären. Gemäß den Artikeln 369y bis 369zb, die mit der Richtlinie über die Mehrwertsteuer im elektronischen Geschäftsverkehr in die MwSt-Richtlinie aufgenommen wurden, ist die Einfuhrmehrwertsteuer bis zum Ende des auf die Einfuhr folgenden Monats an den Zoll zu entrichten. Diese Zahlungsfrist entspricht jedoch nicht der Frist für die globale Zahlung der Zollschuld nach Artikel 111 des Zollkodex der Union, der einen Zahlungsaufschub bis zur Mitte des auf die Einfuhr folgenden Monats vorsieht. Mit dem vorliegenden Vorschlag wird die Frist für den Zahlungsaufschub im Rahmen dieser Sonderregelungen an die im Zollkodex der Union 8 vorgesehene Frist angeglichen (Artikel 1 Nummer 12).

Artikel 2 sieht vor, dass die Maßnahmen ab dem 1. Januar 2021 gelten, d. h. ab dem Datum der Anwendung der entsprechenden Bestimmungen der Richtlinie über die Mehrwertsteuer im elektronischen Geschäftsverkehr.

2018/0415 (CNS)

Vorschlag für eine

RICHTLINIE DES RATES

zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 in Bezug auf Vorschriften für Fernverkäufe von Gegenständen und bestimmte inländische Lieferungen von Gegenständen

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 113,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments 9 ,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses 10 ,

gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)Die Richtlinie 2006/112/EG des Rates 11 in der durch die Richtlinie (EU) 2017/2455 des Rates 12 geänderten Fassung sieht vor, dass Steuerpflichtige, die Fernverkäufe von aus Drittgebieten oder Drittländern eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von nicht mehr als 150 EUR oder die innergemeinschaftliche Lieferung von Gegenständen durch einen nicht in der Gemeinschaft ansässigen Steuerpflichtigen an einen Nichtsteuerpflichtigen durch die Nutzung einer elektronischen Schnittstelle, beispielsweise eines Marktplatzes, einer Plattform, eines Portals oder Ähnlichem, unterstützen, behandelt werden, als ob sie diese Gegenstände selbst erhalten und geliefert hätten. Da mit dieser Bestimmung eine einzige Lieferung in zwei Lieferungen aufgeteilt wird, muss festgelegt werden, welcher dieser Lieferungen die Versendung oder Beförderung der Gegenstände zugeschrieben wird, um den Ort der Lieferung ordnungsgemäß zu bestimmen.

(2)Während Steuerpflichtige, die durch die Nutzung einer elektronischen Schnittstelle die Lieferung von Gegenständen an einen Nichtsteuerpflichtigen in der Gemeinschaft unterstützen, gemäß den geltenden Vorschriften die an nicht in der Gemeinschaft ansässige Zulieferer entrichtete Mehrwertsteuer abziehen können, besteht das Risiko, dass letztere die Mehrwertsteuer nicht an die Steuerbehörden abführen. Um dieses Risiko zu vermeiden, sollte die Lieferung des Lieferers, der Gegenstände durch die Nutzung einer elektronischen Schnittstelle verkauft, von der Mehrwertsteuer befreit werden, und dieser Lieferer sollte das Recht auf Abzug der Vorsteuer erhalten, die er für den Kauf oder die Einfuhr der gelieferten Gegenstände entrichtet hat.

(3)Darüber hinaus können nicht in der Gemeinschaft ansässige Lieferer, die durch Nutzung einer elektronischen Schnittstelle Gegenstände verkaufen, Lager in mehreren Mitgliedstaaten unterhalten und zusätzlich zu innergemeinschaftlichen Fernverkäufen von Gegenständen Gegenstände aus diesen Lagern an Erwerber im selben Mitgliedstaat liefern. Derzeit fallen solche Lieferungen nicht unter die Sonderregelung für innergemeinschaftliche Fernverkäufe von Gegenständen und für Dienstleistungen, die von in der Gemeinschaft, nicht aber im Mitgliedstaat des Verbrauchs ansässigen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht werden. Um den Verwaltungsaufwand zu verringern, sollte es diesen Steuerpflichtigen, die die innergemeinschaftliche Lieferung von Gegenständen an einen Nichtsteuerpflichtigen durch die Nutzung einer elektronischen Schnittstelle unterstützen und die behandelt werden, als ob sie diese Gegenstände selbst erhalten und geliefert hätten, gestattet sein, diese Sonderregelung in Anspruch zu nehmen; um Mehrwertsteuer auf diese inländischen Lieferungen anzumelden und zu entrichten.

(4)Um Kohärenz im Hinblick auf die Entrichtung der Mehrwertsteuer und der Einfuhrabgaben bei der Einfuhr von Waren zu gewährleisten, sollte die Frist für die Entrichtung der Mehrwertsteuer bei der Einfuhr an die Zollbehörden an die in Artikel 111 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates 13 festgelegte Frist für Zölle angepasst werden, wenn die Sonderregelungen für die Erklärung und Entrichtung der Mehrwertsteuer bei der Einfuhr in Anspruch genommen werden.

(5)Gemäß der Gemeinsamen Politischen Erklärung der Mitgliedstaaten und der Kommission vom 28. September 2011 zu erläuternden Dokumenten 14 haben sich die Mitgliedstaaten verpflichtet, in begründeten Fällen zusätzlich zur Mitteilung ihrer Umsetzungsmaßnahmen ein oder mehrere Dokumente zu übermitteln, in denen der Zusammenhang zwischen den Bestandteilen einer Richtlinie und den entsprechenden Teilen nationaler Umsetzungsinstrumente erläutert wird. In Bezug auf die vorliegende Richtlinie hält der Gesetzgeber die Übermittlung derartiger Dokumente für gerechtfertigt.

(6)Die Richtlinie 2006/112/EG sollte daher entsprechend geändert werden —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Die Richtlinie 2006/112/EG wird wie folgt geändert:

1.In Titel V Kapitel 1 Abschnitt 2 wird folgender Artikel 36b angefügt:

„Artikel 36b

Wird ein Steuerpflichtiger gemäß Artikel 14a behandelt, als ob er Gegenstände erhalten und geliefert hätte, wird die Versendung oder Beförderung der Gegenstände der Lieferung durch diesen Steuerpflichtigen zugeschrieben.“

2.Folgender Artikel 136 a wird eingefügt:

„Artikel 136a

Wird ein Steuerpflichtiger gemäß Artikel 14a Absatz 2 behandelt, als ob er Gegenstände erhalten und geliefert hätte, befreien die Mitgliedstaaten die Lieferung dieser Gegenstände an diesen Steuerpflichtigen von der Steuer.“

3.Artikel 169 Buchstabe b erhält folgende Fassung:

„b)für seine Umsätze, die gemäß den Artikeln 136a, 138, 142, 144, 146 bis 149, 151, 152, 153, 156, dem Artikel 157 Absatz 1 Buchstabe b, den Artikeln 158 bis 161 und Artikel 164 befreit sind;“

4.Artikel 204 Absatz 1 Unterabsatz 3 erhält folgende Fassung:

Die Mitgliedstaaten dürfen die Option nach Unterabsatz 2 jedoch nicht auf Steuerpflichtige im Sinne des Artikels 358a Nummer 1 anwenden, die sich für die Anwendung der Sonderregelung für von nicht in der Gemeinschaft ansässigen Steuerpflichtigen erbrachte Dienstleistungen entschieden haben.“

5.Die Überschrift von Titel XII Kapitel 6 erhält folgende Fassung:

„Sonderregelungen für Steuerpflichtige, die Dienstleistungen an Nichtsteuerpflichtige erbringen, Fernverkäufe von Gegenständen und bestimmte inländische Lieferungen von Gegenständen tätigen“

6.Die Überschrift von Titel XII Kapitel 6 Abschnitt 3 erhält folgende Fassung:

„Sonderregelung für innergemeinschaftliche Fernverkäufe von Gegenständen, für Lieferungen von Gegenständen innerhalb eines Mitgliedstaats über eine entsprechende elektronische Schnittstelle und für von in der Gemeinschaft, nicht aber im Mitgliedstaat des Verbrauchs ansässigen Steuerpflichtigen erbrachte Dienstleistungen“

7.Artikel 369a wird wie folgt geändert:

a)Absatz 1 Nummer 3 erhält folgende Fassung:

„3.„Mitgliedstaat des Verbrauchs“:

a)bei der Erbringung von Dienstleistungen der Mitgliedstaat, der gemäß Titel V Kapitel 3 der Ort der Erbringung der Dienstleistungen als gelegen gilt;

b)im Falle innergemeinschaftlicher Fernverkäufe von Gegenständen, der Mitgliedstaat, in dem die Versendung oder Beförderung der Gegenstände an den Erwerber endet;

c)im Falle von Lieferungen von Gegenständen über eine entsprechende elektronische Schnittstelle gemäß Artikel 14a Absatz 2, bei denen die Versendung oder Beförderung der gelieferten Gegenstände im selben Mitgliedstaat beginnt und endet, dieser Mitgliedstaat.“

b)Folgender Absatz 3 wird angefügt:

„Hat der Steuerpflichtige den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit nicht in der Gemeinschaft und hat er dort keine feste Niederlassung, so ist der Mitgliedstaat der Identifizierung der Mitgliedstaat, aus dem die Gegenstände versandt oder befördert werden. Gibt es mehr als einen Mitgliedstaat, aus dem Gegenstände versandt oder befördert werden, so gibt der Steuerpflichtige an, welcher dieser Mitgliedstaaten der Mitgliedstaat der Identifizierung sein soll. Der Steuerpflichtige ist an diese Entscheidung für das betreffende Kalenderjahr und die beiden darauf folgenden Kalenderjahre gebunden.“

8.Artikel 369b erhält folgende Fassung:

„Artikel 369b

Die Mitgliedstaaten gestatten folgenden Steuerpflichtigen, diese Sonderregelung in Anspruch zunehmen:

a)Steuerpflichtigen, die innergemeinschaftliche Fernverkäufe tätigen;

b)Steuerpflichtigen, die die Lieferung von Gegenständen gemäß Artikel 14a Absatz 2 unterstützen, wenn die Versendung oder Beförderung der gelieferten Gegenstände im selben Mitgliedstaat beginnt und endet;

c)nicht im Mitgliedstaat des Verbrauchs ansässigen Steuerpflichtigen, die Dienstleistungen an Nichtsteuerpflichtige erbringen.

Diese Sonderregelung gilt für alle Gegenstände oder Dienstleistungen, die von den betreffenden Steuerpflichtigen in der Gemeinschaft geliefert bzw. erbracht werden.“

9.Artikel 369e Buchstabe a erhält folgende Fassung:

„a)wenn dieser mitteilt, dass er keine Lieferungen von Gegenständen mehr tätigt und keine Dienstleistungen mehr erbringt, die unter diese Sonderregelung fallen;“

10.Artikel 369f erhält folgende Fassung:

„Artikel 369f

Der Steuerpflichtige, der diese Sonderregelung in Anspruch nimmt, hat im Mitgliedstaat der Identifizierung für jedes Kalenderquartal eine Mehrwertsteuererklärung elektronisch abzugeben, unabhängig davon, ob unter diese Sonderregelung fallende Gegenstände geliefert oder Dienstleistungen erbracht wurden oder nicht. Die Erklärung ist bis zum Ende des Monats nach Ablauf des Steuerzeitraums abzugeben, der von der Erklärung umfasst wird.“

11.Artikel 369g Absätze 1 und 2 erhalten folgende Fassung:

„(1)    In der Mehrwertsteuererklärung anzugeben sind die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer nach Artikel 369d und in Bezug auf jeden Mitgliedstaat des Verbrauchs, in dem die Mehrwertsteuer geschuldet wird, der Gesamtbetrag ohne Mehrwertsteuer, die anzuwendenden Mehrwertsteuersätze, der Gesamtbetrag der entsprechenden Mehrwertsteuer aufgegliedert nach Steuersätzen und die Gesamtsteuerschuld in Bezug auf die unter diese Sonderregelung fallenden folgenden Lieferungen während des Steuerzeitraums:

a)innergemeinschaftliche Fernverkäufe von Gegenständen und Lieferungen von Gegenständen gemäß Artikel 14a Absatz 2, wenn die Versendung oder Beförderung dieser Gegenstände im selben Mitgliedstaat beginnt und endet;

b)Erbringung von Dienstleistungen.

Gemäß Absatz 4 enthält die Mehrwertsteuererklärung auch Änderungen in Bezug auf frühere Steuerzeiträume.

(2)    Werden Gegenstände aus anderen Mitgliedstaaten als dem Mitgliedstaat der Identifizierung versandt oder befördert, so sind in der Mehrwertsteuererklärung auch der Gesamtwert der folgenden, unter diese Sonderregelung fallenden Lieferungen für jeden Mitgliedstaat, aus dem die Gegenstände versandt oder befördert werden, anzugeben:

a)innergemeinschaftliche Fernverkäufe von Gegenständen mit Ausnahme von Fernverkäufen über eine elektronische Schnittstelle gemäß Artikel 14a Absatz 2;

b)innergemeinschaftliche Fernverkäufe von Gegenständen und Lieferungen von Gegenständen durch Steuerpflichtige gemäß Artikel 14a Absatz 2, wenn die Versendung oder Beförderung dieser Gegenstände im selben Mitgliedstaat beginnt und endet.

Bei den in Buchstabe a genannten Lieferungen umfasst die Mehrwertsteuererklärung außerdem die individuelle Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer oder die von jedem einzelnen Mitgliedstaat zugewiesene Steuerregisternummer.

Bei den in Buchstabe b genannten Lieferungen umfasst die Mehrwertsteuererklärung außerdem die individuelle Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer oder die von jedem einzelnen Mitgliedstaat zugewiesene Steuerregisternummer, falls vorhanden.

Die Mehrwertsteuererklärung enthält die in diesem Absatz genannten Angaben, aufgegliedert nach dem Mitgliedstaat des Verbrauchs.“

12.Artikel 369zb Absatz 2 erhält folgende Fassung:

„(2) Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass die in Absatz 1 genannte Mehrwertsteuer monatlich zu entrichten ist. Die Zahlungsfrist ist dieselbe wie die Frist für die Zahlung von Einfuhrabgaben in vergleichbaren Situationen.“

Artikel 2

1.Die Mitgliedstaaten erlassen und veröffentlichen spätestens am 31. Dezember 2020 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit.

Sie wenden diese Vorschriften ab dem 1. Januar 2021 an.

Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

2.Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten nationalen Vorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 3

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 4

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am […]

   Im Namen des Rates

   Der Präsident

(1)    Richtlinie (EU) 2017/2455 des Rates vom 5. Dezember 2017 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG und der Richtlinie 2009/132/EG in Bezug auf bestimmte mehrwertsteuerliche Pflichten für die Erbringung von Dienstleistungen und für Fernverkäufe von Gegenständen (ABl. L 348 vom 29.12.2017, S. 7).
(2)    Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1).
(3)    Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. März 2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Neufassung) (ABl. L 77 vom 23.3.2011, S. 1).
(4)    COM(2016) 148 final – Auf dem Weg zu einem einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum – Zeit für Reformen.
(5)    COM(2015) 192 final.
(6)    COM(2015) 550 final.
(7)    COM(2016) 179 final.
(8)    ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1.
(9)    ABl. C vom , S. .
(10)    ABl. C vom , S. .
(11)    Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1).
(12)    Richtlinie (EU) 2017/2455 des Rates vom 5. Dezember 2017 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG und der Richtlinie 2009/132/EG in Bezug auf bestimmte mehrwertsteuerliche Pflichten für die Erbringung von Dienstleistungen und für Fernverkäufe von Gegenständen (ABl. L 348 vom 29.12.2017, S. 7).
(13)    Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1).
(14)    ABl. C 369 vom 17.12.2011, S. 14.