52006PC0399

Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 im Hinblick auf die Zuständigkeit in Ehesachen und zur Einführung von Vorschriften betreffend das anwendbare Recht in diesem Bereich {SEK(2006) 949} {SEK(2006) 950} /* KOM/2006/0399 endg. - CNS 2006/0135 */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 17.7.2006

KOM(2006) 399 endgültig

2006/0135 (CNS)

Vorschlag für eine

VERORDNUNG DES RATES

zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 im Hinblick auf die Zuständigkeit in Ehesachen und zur Einführung von Vorschriften betreffend das anwendbare Recht in diesem Bereich

(von der Kommission vorgelegt) {SEK(2006) 949}{SEK(2006) 950}

BEGRÜNDUNG

AUSGANGSPUNKT UND ZIELE DES VORSCHLAGS |

10 | Der Vertrag von Amsterdam sieht die schrittweise Verwirklichung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts vor. Zu diesem Zweck sollen unter anderem Maßnahmen im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen ergriffen werden. Gemäß Artikel 65 EG-Vertrag handelt es sich dabei um Maßnahmen mit grenzübergreifendem Bezügen, soweit sie für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich sind. Gemäß Artikel 65 Buchstabe b gehören hierzu Maßnahmen, die die „Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden Kollisionsnormen“ fördern, ebenso wie „Vorschriften zur Vermeidung von Kompetenzkonflikten“. Durch die Harmonisierung von Kollisionsnormen wird die gegenseitige Anerkennung von gerichtlichen Entscheidungen vereinfacht. Wenn die Gerichte der Mitgliedstaaten dieselben Kollisionsnormen zur Bestimmung des anwendbaren Rechts in einer bestimmten Sache anwenden, stärkt dies das gegenseitige Vertrauen in die gerichtlichen Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten[1]. Der Europäische Rat hat bereits zweimal auf die Problematik des anwendbaren Rechts in Ehesachen hingewiesen. 1998 regte er an, binnen fünf Jahren nach Inkraftreten des Vertrages von Amsterdam die Möglichkeit des Erlasses eines Rechtsaktes zum anwendbaren Recht in Ehesachen zu prüfen[2]. Im November 2004 schließlich forderte er die Kommission auf, für 2005 ein Grünbuch zu den Kollisionsnormen in Scheidungssachen vorzulegen[3]. |

120 | Hintergrund Die zunehmende Mobilität der Bürger in der Europäischen Union hat zu einer Zunahme von Ehen mit einer internationalen Komponente geführt. Hierin eingeschlossen sind Fälle, bei denen die Ehegatten nicht dieselbe Staatsangehörigkeit besitzen oder nicht in demselben Mitgliedstaat wohnhaft sind oder gemeinsam in einem Mitgliedstaat leben, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen. Angesichts der hohen Scheidungsrate in der Europäischen Union betrifft die Frage des anwendbaren Rechts und der gerichtlichen Zuständigkeit Jahr für Jahr nicht wenige Bürger. Abschnitt 3 der beigefügten Folgenabschätzung enthält eine Statistik zur Zahl der internationalen Eheschließungen und Ehescheidungen in der Europäischen Union. Bestehende Rechtsvorschriften auf diesem Gebiet Eine Regelung zum anwendbaren Recht in Ehesachen fehlt derzeit im Gemeinschaftsrecht. Der erste im Bereich des Familienrechts angenommene Rechtsakt - die Verordnung (EG) Nr. 1347/2000[4] - enthält Vorschriften zur gerichtlichen Zuständigkeit und zur Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen in Ehesachen sowie von aus Anlass von Ehesachen ergangenen Entscheidungen über die elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten. Die Frage des anwendbaren Rechts wurde hingegen ausgeklammert. Auch die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates[5], durch die die Verordnung (EG) Nr. 1347/2001 mit Wirkung vom 1. März 2005 aufgehoben wurde, brachte diesbezüglich keine Veränderungen. Die Frage des anwendbaren Rechts wurde während der Beratungen über diese Verordnung nicht weiter erörtert; vielmehr wurden die Ehesachen betreffenden Vorschriften praktisch unverändert in die Verordnung (EG) 1347/2000 übernommen. Die Verordnung (EG) 2201/2003 ermöglicht es Ehegatten, zwischen mehreren möglichen Gerichtsständen zu wählen. Wurden die Gerichte eines Mitgliedstaates mit einer Ehesache befasst, bestimmt sich das anwendbare Recht nach den innerstaatlichen Kollisionsnormen dieses Mitgliedstaates, die jedoch ganz unterschiedliche Anknüpfungspunkte aufweisen. In den meisten Mitgliedstaaten bestimmt sich das anwendbare Recht nach einer Reihe von Faktoren, die die größtmögliche Gewähr dafür bieten sollen, dass sich das Verfahren nach der Rechtsordnung richtet, mit der es den engsten Bezug aufweist. Andere Mitgliedstaaten wiederum wenden auf Ehesachen systematisch ihr eigenes Recht („lex fuori“) an. Ziele des Vorschlags Der vorliegende Vorschlag soll einen klaren, möglichst umfassenden Rechtsrahmen für Ehesachen in der Europäischen Union liefern, der in Bezug auf Rechtssicherheit, Berechenbarkeit, Flexibilität und Zugang zu den Gerichten bedarfsgerechte Lösungen anbietet. Derzeit kann es bei Verfahren in Ehesachen mit internationaler Komponente zu Komplikationen kommen. Der Umstand, dass die innerstaatlichen Rechtsordnungen sowohl in Bezug auf die materiellrechtlichen Bestimmungen als auch in Bezug auf die Kollisionsnormen stark voneinander abweichen, schafft Rechtsunsicherheit. Wegen der großen Unterschiede zwischen den Kollisionsnormen der Mitgliedstaaten sowie deren Komplexität können Ehepaare mit internationalem Hintergrund nur schwer voraussagen, welches Recht für sie in Ehesachen gilt. In den meisten Mitgliedstaaten haben die Ehegatten bei einer Scheidung nicht die Möglichkeit, selbst zu wählen, nach welchem Recht sich das Verfahren richten soll. Dies kann dazu führen, dass eine Rechtsordnung zur Anwendung kommt, zu der die Ehegatten nur eine lose Verbindung haben, und dass das Ergebnis den legitimen Erwartungen der Bürger nicht gerecht wird. Außerdem kann die gegenwärtige Regelung einen „Wettlauf zu den Gerichten“ zwischen den Ehegatten auslösen, wobei jeder versucht, das Gericht als erster anzurufen, um zu erreichen, dass sich das Verfahren nach einer bestimmten, den eigenen Interessen zuträglichen Rechtsordnung richtet. Schließlich gewährleisten die geltenden Vorschriften keinen hinreichenden Zugang zu den Gerichten. Mit der Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 in Bezug auf die gerichtliche Zuständigkeit und das anwendbare Recht in Ehesachen wird Folgendes bezweckt: Größere Rechtssicherheit und Berechenbarkeit Der Vorschlag führt harmonisierte Kollisionsnormen für die Ehescheidung und die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes ein, damit die Ehegatten bereits im Voraus wissen, nach welchem Recht sich ein Verfahren in Ehesachen richtet. Vorgeschlagen wird eine Regelung, deren Hauptanknüpfungspunkt die Gerichtsstandsvereinbarung der Ehegatten ist. Die Wahl beschränkt sich allerdings auf Rechtsordnungen, zu denen die Ehe einen engen Bezug aufweist. Damit wird ausgeschlossen, dass die Wahl auf exotische Rechtsordnungen fällt, zu denen die Ehegatten wenig oder gar keinen Bezug haben. Bei fehlender Gerichtsstandsvereinbarung bestimmt sich das anwendbare Recht nach einer Reihe von Anknüpfungspunkten, die die Gewähr dafür bieten, dass sich das Verfahren nach der Rechtsordnung richtet, zu der es den engsten Bezug aufweist. Für Ehepaare und Rechtspraktiker bedeutet dies mehr Rechtssicherheit und Berechenbarkeit. Mehr Flexibilität durch Einführung einer begrenzten Parteiautonomie In Ehesachen ist für das Prinzip der Parteiautonomie derzeit wenig Platz. Die einzelstaatlichen Kollisionsnormen sehen in der Regel nur eine Lösung für einen bestimmten Sachverhalt vor, z.B. die Anwendung des Rechts, dessen Staatsangehörigkeit beiden Ehegatten gemeinsam ist, oder die Anwendung des Recht des Gerichtsstandes. Der vorliegende Vorschlag sorgt insofern für mehr Flexibilität, als er den Ehegatten bis zu einem gewissen Grad die Möglichkeit gibt, im Falle einer Scheidung oder einer rechtlichen Trennung ohne Auflösung des Ehebandes a) das anwendbare Recht und b) das zuständige Gericht zu bestimmen. Insbesondere bei einer Scheidung in gegenseitigem Einvernehmen kann es von Vorteil sein, wenn sich die Ehegatten diesbezüglich untereinander einigen können. Dabei wird Vorsorge getroffen, dass sich die Ehegatten der Tragweite ihrer Entscheidung bewusst sind. Rechtsweggarantie Ebenfalls verbessert werden soll bei Verfahren in Ehesachen der Zugang zu den Gerichten. Die Möglichkeit der Gerichtsstandswahl bei Ehescheidungsverfahren und Trennungsverfahren ohne Auflösung des Ehebandes („Prorogation“) soll die Beschreitung des Rechtsweges in den Fällen erleichtern, in denen die Ehegatten nicht dieselbe Staatsangehörigkeit besitzen. Die Prorogation soll auch dann gelten, wenn das Paar in einem Drittland lebt. Ferner soll durch den Vorschlag der Zugang zur Gerichtsbarkeit speziell auch im Falle gemischtstaatlicher Ehen sichergestellt werden, bei denen die Eheleute in einem Drittland leben. Im Interesse der Rechtssicherheit enthält der Vorschlag eine einheitliche, erschöpfende Regelung der Restzuständigkeiten, um den Rechtsweg in Ehesachen auch denjenigen Ehegatten offen zu halten, die in einem Drittstaat leben, das Verfahren aber in einem Mitgliedstaat abwicklen möchten, zu dem sie einen engen Bezug haben. Verhinderung eines „Wettlaufs zu den Gerichten“ Schließlich wird auch das Problem des „Wettlaufs zu den Gerichten“ angegangen, bei dem einer der Ehegatten die Scheidung zuerst einreicht, um sicherzugehen, dass sich das Verfahren nach einer Rechtsordnung richtet, die vor allem seine Interessen schützt. Dies kann dazu führen, dass eine Rechtsordnung zur Anwendung kommt, zu der der Verfahrensgegner nur einen losen Bezug hat oder die seine Interessen nicht genügend berücksichtigt. Außerdem werden Versöhnungsbemühungen dadurch erschwert und es bleibt nur wenig Zeit, um vermittelnd einzugreifen. Durch die Einführung harmonisierter Kollisionsnormen dürfte die Gefahr eines „Wettlaufs zu den Gerichten“ deutlich geringer werden, da jedes in der Gemeinschaft angerufene Gericht das auf der Grundlage gemeinsamer Vorschriften bestimmte Recht anwenden würde. |

140 | Vereinbarkeit mit den anderen Politikbereichen und Zielen der Union Der Vorschlag steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union als allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts anerkannt wurden. Er soll vor allem die uneingeschränkte Wahrung des in Artikel 47 der Charta verankerten Rechts auf ein faires Verfahren gewährleisten. |

ANHÖRUNG INTERESSIERTENR KREISE UND FOLGENABSCHÄTZUNG |

Anhörung interessierter Kreise |

211 | Die Kommission legte am 14. März 2005 ein Grünbuch zum anwendbaren Recht und zur gerichtlichen Zuständigkeit in Scheidungssachen vor[6]. Darin werden die Unzulänglichkeiten der derzeitigen Lage beschrieben und verschiedene mögliche Vorgehensweisen aufgezeigt., nämlich Aufrechterhaltung des Status quo, Harmonisierung der Kollisionsnormen, begrenzte Rechtswahlmöglichkeit durch die Eheleute, Änderung der in Artikel 3 der Verordnung Nr. 2201/20 des Rates genannten Anknüpfungspunkte für die gerichtliche Zuständigkeit, Änderung von Artikel 7 der Verordnung Nr. 2201/20 des Rates betreffend die Restzuständigkeit, begrenzte Möglichkeit der Gerichtsstandswahl, begrenzte Möglichkeit der Verweisung eines Falles und letztendlich eine Kombination aus diesen möglichen Lösungen. Die Kommission erhielt rund 65 Reaktionen auf das Grünbuch[7]. In seiner Stellungnahme vom 28. September 2005 zu dem Grünbuch begrüßte der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss die Initiative der Kommission. Am 6. Dezember 2005 veranstaltete die Kommission eine öffentliche Anhörung. Eine Sachverständigensitzung fand am 14. März 2006 in Brüssel statt. Diskussionsgrundlage bildete ein von den Kommissionsdienststellen verfasstes Arbeitspapier. |

212 | In den Stellungnahmen ist sich die Mehrheit darin einig, dass für mehr Rechtssicherheit und Berechenbarkeit gesorgt, bis zu einem gewissen Grad die Parteiautonomie eingeführt und ein Wettlauf zu den Gerichten verhindert werden muss. Einige Akteure äußerten die Sorge, die Harmonisierung der Kollisionsnormen könnte dazu führen, dass die Gerichte ausländisches Recht anwenden müssten, was die Verfahren zusätzlich in die Länge ziehen und teurer machen könnte. Die Ergebnisse der Anhörung wurden bei der Ausarbeitung des vorliegenden Vorschlags berücksichtigt. |

Einholung und Nutzung von Expertenwissen |

229 | Externes Expertenwissen war nicht erforderlich. |

230 | Folgenabschätzung Die Kommission hat eine Folgenabschätzung vorgenommen, die diesem Vorschlag beigefügt ist. Dabei wurden folgende Alternativen in Betracht gezogen: (i) Aufrechterhaltung des Status quo, ii) verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, (iii) Harmonisierung der Kollisionsnormen verbunden mit einer begrenzten Wahlfreiheit für Ehepaare in Bezug auf das anwendbare Recht, (iv) Änderung der Vorschrift der Verordnung (EG) Nr. 2201/20 des Rates über die allgemeine gerichtliche Zuständigkeit, (v) begrenzte Einführung der Möglichkeit der Gerichtsstandsvereinbarung und (vi) Änderung der Vorschrift der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates über die Restzuständigkeit. Die Folgenabschätzung zeigt, dass zur Bewältigung der verschiedenen Probleme eine Kombination aus mehreren Maßnahmen erforderlich ist. Der Bericht favorisiert eine Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates dergestalt, dass die Kollisionsnormen harmonisiert werden, die Ehegatten bis zu einem gewissen Grad die Möglichkeit erhalten, das anwendbare Recht und den Gerichtsstand frei zu wählen, und die Frage der Restzuständigkeit in Artikel 7 neu geregelt wird. |

231 | Der Bericht mit der Folgenabschätzung ist ist einsehbar unter http://europa.eu.int/comm/justice_home/news/consulting_public/news_consulting_public_en.htm. |

RECHTLICHE ASPEKTE |

305 |

310 | Rechtsgrundlage Rechtsgrundlage für diesen Vorschlag ist Artikel 61 Absatz c EG-Vertrag, der der Gemeinschaft die Befugnis überträgt, Maßnahmen im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen nach Artikel 65 zu ergreifen. Artikel 65 überträgt der Gemeinschaft Legislativbefugnisse im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen mit grenzüberschreitenden Bezügen, soweit dies für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich ist. Artikel 65 Buchstabe b erwähnt in diesem Zusammenhang ausdrücklich Maßnahmen, die die Vereinbarkeit von Kollisionsnormen und Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit fördern. Der Vorschlag betrifft Vorschriften über den Gerichtsstand und das anwendbare Recht, die nur bei Sachverhalten mit internationaler Komponente zum Tragen kommen, z.B. wenn die Ehegatten in verschiedenen Mitgliedstaaten wohnhaft sind oder nicht dieselbe Staatsangehörigkeit besitzen. Das Erfordernis des grenzüberschreitenden Bezugs in Artikel 65 ist somit erfüllt. Die Gemeinschaftsorgane haben bei der Frage, ob eine Maßnahme für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes erforderlich ist, einen bestimmten Ermessensspielraum. Der vorliegende Vorschlag erleichtert das ordentliche Funktionieren des Binnenmarktes durch Beseitigung der Hemmnisse für den freien Verkehr von Personen, die aufgrund der unterschiedlichen Regelung der Frage des anwendbaren Rechts und der gerichtlichen Zuständigkeit in Ehesachen in den Mitgliedstaaten derzeit Problemen ausgesetzt sind. |

329 | Subsidiaritätsprinzip Die Ziele des vorliegenden Vorschlags lassen sich von den Mitgliedstaaten nicht im Alleingang verwirklichen, sondern bedürfen einer Aktion auf Gemeinschaftsebene zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit und das anwendbare Recht. Um im Interesse der Bürger Rechtssicherheit zu schaffen und eine überschaubare Situation herzustellen, müssen überall dieselben Zuständigkeitsregeln und Kollisionsnormen gelten. Ein einseitiges Vorgehen der Mitgliedstaaten würde diesem Ziel zuwiderlaufen. In der Frage des in Ehesachen anzuwendenden Rechts gibt es derzeit keine internationalen Übereinkünfte, die das Verhältnis zwischen Mitgliedstaaten regeln würden. Die öffentliche Anhörung und die Folgenabschätzung haben gezeigt, dass die Probleme, die mit diesem Vorschlag angegangen werden sollen, größeren Umfangs sind und jährlich Tausende von Bürgern betreffen. Aufgrund der Art und der Tragweite des Problems lassen sich die Ziele daher nur auf Ebene der Gemeinschaft verwirklichen. |

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit |

331 | Der vorliegende Vorschlag ist mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar, da er sich auf das für die Erreichung des Ziels unbedingt erforderliche Mindestmaß beschränkt. Die vorgeschlagene Regelung zur Bestimmung des anwendbaren Rechts und des Gerichtsstands gelten für die Ehescheidung und die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes, nicht aber für die Ungültigerklärung einer Ehe. |

332 | Für die Bürger ist der Vorschlag aller Voraussicht nach mit keinem und für die Behörden nur mit einem geringen zusätzlichen finanziellen oder bürokratischen Aufwand verbunden. |

Wahl des Rechtsinstruments |

341 |

342 | Dem Wesen und den Zielen des Vorschlags nach kommt als Rechtsinstrument nur die Verordnung in Frage. Das Erfordernis der Rechtssicherheit und Berechenbarkeit verlangt nach klaren, einheitlichen Vorschriften. Die vorgeschlagene Regelung zur Bestimmung des anwendbaren Rechts und des Gerichtsstands sind so ausführlich und präzise, dass eine Umsetzung in innerstaatliches Recht überflüssig ist. Die Ziele der Rechtssicherheit und Berechenbarkeit wären gefährdet, wenn den Mitgliedstaaten bei der Durchführung dieser Bestimmungen ein Ermessensspielraum bliebe. |

AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT |

409 | Der Vorschlag hat keine Auswirkungen auf den Gemeinschaftshaushalt. |

ZUSATZINFORMATIONEN |

510 | Vereinfachung |

511 | Der Vorschlag führt zu einer Vereinfachung der Verwaltungsverfahren für EU-Bürger und für mit der Materie befasste Kreise. |

514 | Insbesondere die Harmonisierung der Kollisionsnormen würde Privatpersonen und Rechtskreisen das Leben erleichtern, die dann das anwendbare Recht anhand eines einzigen Bündels von Vorschriften bestimmen können, das das Kollisionsrecht von vierundzwanzig Mitgliedstaaten ablösen würde. |

516 | Der Vorschlag reiht sich in das fortlaufende Programm der Kommission zur Aktualisierung und Vereinfachung des Gemeinschaftsrechts ein. |

570 | Ausführliche Erläuterung des Vorschlags Kapitel II - Zuständigkeit Artikel 3a Diese Vorschrift gibt Ehegatten bis zu einem gewissen Grad die Möglichkeit, im Falle einer Ehescheidung oder Trennung ohne Auflösung des Ehebandes in gegenseitigem Einvernehmen das zuständige Gericht zu bestimmen (Gerichtsstandsvereinbarung). Damit wird eine Analogie zu Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 hergestellt, wonach sich die Parteien unter bestimmten Bedingungen in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung auf das zuständige Gericht einigen können. Die größere Parteiautonomie bietet den Ehegatten mehr Rechtssicherheit und macht die Situation für sie berechenbarer. Nach gegenwärtigem Recht ist es Ehegatten nicht gestattet, in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit nur einer von beiden besitzt, die Scheidung zu beantragen, wenn kein weiterer Anknüpfungspunkt gegeben ist. Die neue Vorschrift wird den Zugang zu den Gerichten für gemischtstaatliche Ehepaare erleichtern, weil sie künftig die Zuständigkeit eines Gerichts oder der Gerichte eines Mitgliedstaats vereinbaren können, dessen Staatsangehörigkeit eine der beiden Parteien besitzt. Diese Möglichkeit steht Ehegatten, die einem Mitgliedstaat leben, ebenso offen wie in einem Drittstaat lebenden Ehepaaren. Ehegatten, die sich auf ein zuständiges Gericht einigen, haben gemäß Artikel 20a überdies auch die Möglichkeit, das anwendbare Recht zu bestimmen. Um sicherzustellen, dass sich die Ehegatten der Tragweite ihrer Entscheidung bewusst sind, müssen dabei allerdings bestimmte Formalien eingehalten werden, Die Möglichkeit der Bestimmung des zuständigen Gerichts gilt nicht für Verfahren zur Ungültigerklärung einer Ehe. Hier ist eine Parteiautonomie nicht angebracht. Artikel 4 und 5 werden im Sinne der neuen Vorschrift über die Möglichkeit der Gerichtsstandsvereinbarung geändert. Artikel 6 wird gestrichen. Die öffentliche Anhörung hat gezeigt, dass diese Vorschrift Verwirrung stiften kann. Sie ist außerdem überflüssig, da in den Artikeln 3, 4 und 5 beschrieben wird, unter welchen Umständen ein Gericht die ausschließliche Zuständigkeit besitzt, nämlich wenn einer der Eheleute seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat oder Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist bzw. im Fall des Vereinigten Königreichs und Irlands sein "domicile" im Hoheitsgebiet eines dieser Mitgliedstaaten hat. Artikel 7 Artikel 7 verweist in Fällen, in denen die Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort nicht im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates haben oder nicht dieselbe Staatsangehörigkeit besitzen, bis jetzt auf die einzelstaatlichen Zuständigkeitsvorschriften. Allerdings gehen diese Vorschriften von unterschiedlichen Anknüpfungspunkten aus und bieten, selbst wenn die Ehegatten einen engen Bezug zu dem betreffenden Mitgliedstaat aufweisen, nicht immer die Gewähr für einen wirksamen Zugang zu den Gerichten. Dies kann dazu führen, dass kein Gericht in der EU oder in einem Drittstaat für die Bearbeitung eines Antrags auf Ehescheidung, Ehetrennung oder Ungültigkeitserklärung der Ehe zuständig ist. Ferner kann es praktische Probleme bei der Anerkennung einer Scheidung in einem Mitgliedstaat geben, da die in einem Drittstaat erlassene Entscheidung nicht gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003, sondern nur nach den nationalen Bestimmungen oder etwaigen internationalen Übereinkommen in einem Mitgliedstaat anerkannt wird. Der Vorschlag enthält eine einheitliche, erschöpfende Regelung der Restzuständigkeit, die an die Stelle der einzelstaatlichen Regelungen der Restzuständigkeit tritt, um den Rechtsweg auch denjenigen Ehegatten offen zu halten, die in einem Drittstaat leben, aber einen engen Bezug zu einem bestimmten Mitgliedstaat aufweisen, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen oder in dem sie eine Zeit lang ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort hatten. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist identisch mit dem der Vorschrift über die allgemeine Zuständigkeit in Artikel 3 und gilt für Ehescheidungen, Trennungen ohne Auflösung des Ehebandes und Ungültigkeitserklärungen. Artikel 12 Artikel 12 wird geändert, um sicherzustellen, dass ein von den Ehegatten gemäß Artikel 3a gewähltes Scheidungsgericht auch in Fragen der elterlichen Verantwortung, die mit dem Scheidungsantrag in Verbindung stehen, Zuständigkeit besitzt, wenn die in Artikel 12 genannten Voraussetzungen erfüllt sind, d.h. die Zuständigkeit muss insbesondere dem Wohle des Kindes dienen. Kapitel IIa Anwendbares Recht bei Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes Die Kommission schlägt die Harmonisierung der Kollisionsnormen für Ehescheidungen und Ehetrennungen vor. Hauptanknüpfungspunkt soll dabei die Entscheidung der Ehegatten für ein bestimmtes Recht sein. Die Möglichkeit der Rechtswahl ist beschränkt auf Rechtsordnungen, zu denen die Ehegatten durch ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsort, sofern einer von beiden noch dort aufhältig ist, oder die Staatsangehörigkeit eines der beiden Ehegatten einen engen Bezug aufweisen, sowie auf das Recht des Staates eines vorangegangenen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsortes und auf die lex fori. In den Stellungnahmen zu dem Grünbuch wurde mehrheitlich die Auffassung vertreten, die Kollisionsnormen sollten sowohl für die Ehescheidung als auch die Ehetrennung gelten, da die Ehetrennung in vielen Fällen ein notwendiger Vorläufer der Scheidung sei. Die Mitgliedstaaten, die die Ehetrennung anerkennen, wenden auf die Ehescheidung und die Ehetrennung dieselben Kollisionsnormen an. Im Gegensatz dazu sprachen sich die meisten Befragten gegen eine Ausweitung dieser Regelung auf die Ungültigerklärung einer Ehe aus, weil bei diesem Sachverhalt ein unmitelbarer Bezug zur Gültigkeit der Ehe besteht und das maßgebliche Recht in der Regel das Recht am Ort der Eheschließung (lex loci celebrationis) oder das Heimatrecht der Ehegatten (lex patriae) ist. Artikel 20a Die einzelstaatlichen Kollisionsnormen sehen mehrheitlich nur eine Lösung für einen bestimmten Sachverhalt vor. Der Vorschlag will den Ehegatten mehr Flexibilität einräumen und ihnen die Möglichkeit der Rechtswahl im Falle einer Ehescheidung oder Ehetrennung lassen. Die Wahlmöglichkeiten sind auf die Rechtsordnungen beschränkt, zu denen die Ehegatten einen engen Bezug haben. Die Regelung beinhaltet zudem einige Formvorschriften, durch die sichergestellt werden soll, dass sich die Parteien der Tragweite ihrer Entscheidung bewusst sind. Artikel 20b In Ermangelung einer Rechtswahl bestimmt sich das anwendbare Recht nach einer Reihe von Anknüpfungspunkten, wobei an erster Stelle der gewöhnliche Aufenthaltsort der Ehegatten steht. Diese einheitliche Regelung gewährleistet eine größere Rechtssicherheit und Berechenbarkeit. Durch die Einführung harmonisierter Kollisionsnormen dürfte die Gefahr eines „Wettlaufs zu den Gerichten“ deutlich geringer werden, da jedes in der Gemeinschaft angerufene Gericht das auf der Grundlage gemeinsamer Vorschriften bestimmte Recht anwenden würde. Da der wichtigste Anknüpfungspunkt der gewöhnliche Aufenthaltsort der Ehegatten bzw. in Ermangelung eines solchen ihr letzter gemeinsamer Aufenthaltsort ist, sofern noch eine Partei dort aufhältig ist, dürfte in der überwiegenden Zahl der Fälle das Recht des angerufenen Gerichts zum Tragen kommen. Die aus der Anwendung ausländischen Rechts herrührenden Probleme werden daher gering sein. Artikel 20c Obwohl nicht explizit im Text der Verordnung erwähnt, soll diese universal anwendbar sein, d.h. die Kollisionsnormen können auf das Recht eines Mitgliedstaates oder auch eines Drittlandes verweisen. Verweisen die Kollisionsnormen auf das Recht eines anderen Mitgliedstaates, kann das Europäische Justizielle Netz in Zivil- und Handelssachen den Gerichten dabei helfen, sich mit dem ausländischen Recht vertraut zu machen. Artikel 20d Wäre die Möglichkeit der Rück- oder Weiterverweisung gegeben, wäre damit das Ziel der Rechtssicherheit wieder in Frage gestellt. Verweisen die einheitlichen Kollisionsnormen auf eine bestimmte Rechtsordnung, bedeutet dies, dass die materiellrechtlichen Bestimmungen dieses Rechts zum Tragen kommen, aber nicht dessen Rechtsätze zum Internationalen Privatrecht. Artikel 20e Die Gerichte können sich mit Hilfe der Ausnahmeregelung der ‚ordre public’ über die Bestimmungen des ausländischen Rechts, auf das die Kollisionsnormen verweisen, hinwegsetzen, wenn die Anwendung dieses ausländischen Rechts in einem bestimmten Fall gegen die öffentliche Ordnung (‚ordre public’) am Ort des angerufenen Gerichts verstößt. Mit dem Ausdruck ‚offenkundig unvereinbar’ soll klargestellt werden, dass die öffentliche Ordnung nur in Ausnahmefällen geltend gemacht werden darf. Besonderer Status des Vereinigten Königreichs, Irlands und Dänemarks Das Vereinigte Königreich und Irland beteiligen sich nicht an der Zusammenarbeit in Angelegenheiten gemäß Titel IV des EG-Vertrags, es sei denn, sie teilen gemäß Artikel 3 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands mit, dass sie sich an der Annahme und Anwendung dieser Verordnung beteiligen möchten. Dänemark wirkt gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position Dänemarks an der Annahme dieser Verordnung nicht mit; die Verordnung ist daher für diesen Staat nicht verbindlich und ihm gegenüber nicht anwendbar - |

1. 2006/0135 (CNS)

Vorschlag für eine

VERORDNUNG DES RATES

zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 im Hinblick auf die Zuständigkeit in Ehesachen und zur Einführung von Vorschriften betreffend das anwendbare Recht in diesem Bereich

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 61 Buchstabe c) und Artikel 67 Absatz 1,

auf Vorschlag der Kommission[8],

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments[9],

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses[10],

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Die Europäische Union hat sich zum Ziel gesetzt, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts aufzubauen und weiterzuentwickeln, in dem der freie Personenverkehr gewährleistet ist. Zum schrittweisen Aufbau dieses Raums erlässt die Gemeinschaft unter anderem im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen die für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlichen Maßnahmen.

(2) Eine Regelung zum anwendbaren Recht in Ehesachen fehlt derzeit im Gemeinschaftsrecht. Die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 regelt Fragen der Zuständigkeit und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung, nicht aber die Frage des anwendbaren Rechts.

(3) Auf seiner Tagung am 11. und 12. Dezember 1998 in Wien hatte der Europäische Rat die Kommission aufgefordert, die Möglichkeit des Erlasses eines Rechtsaktes zum anwendbaren Recht in Ehesachen zu prüfen. Im November 2004 erging an die Kommission die Aufforderung, für 2005 ein Grünbuch zu Kollisionsnormen in Ehesachen vorzulegen.

(4) In Erfüllung ihres politischen Auftrags legte die Kommission am 14. März 2005 ein Grünbuch zum anwendbaren Recht und zur gerichtlichen Zuständigkeit in Scheidungssachen vor. Das Grünbuch leitete eine breit angelegte Anhörung zu möglichen Lösungen der Probleme ein, die beim jetzigen Sachstand auftreten können.

(5) Die Verordnung soll einen klaren, möglichst umfassenden Rechtsrahmen für Ehesachen in der Europäischen Union liefern, der in Bezug auf Rechtssicherheit, Berechenbarkeit, Flexibilität und Zugang zu den Gerichten den Bürgern bedarfsgerechte Lösungen anbietet.

(6) Für mehr Rechtssicherheit, Berechenbarkeit und Flexibilität sorgt die Verordnung dadurch, dass sie den Ehegatten die Möglichkeit einräumt, sich im Falle einer Ehescheidung oder Trennung ohne Auflösung des Ehebandes auf die Zuständigkeit eines Gerichts zu einigen. Die Parteien erhalten überdies eine begrenzte Wahlfreiheit in Bezug auf die Rechtsordnung, nach der die Ehescheidung oder Ehetrennung vollzogen werden soll. Diese Möglichkeit besteht nicht, wenn eine für Ehe ungültig erklärt werden soll, da ein unmittelbarer Zusammenhang mit den Gültigkeitsvoraussetzungen für diese Ehe besteht. In diesem Fall wäre eine Parteiautonomie unangebracht.

(7) In Ermangelung einer Rechtswahl führt die Verordnung im Interesse der Rechtssicherheit und Berechenbarkeit und zur Vermeidung eines Wettlaufs zu den Gerichten harmonisierte Kollisionsnormen ein, die sich auf bestimmte Anknüpfungspunkte stützen. Die Anknüpfungspunkte sind so gewählt, dass sichergestellt ist, dass die Ehescheidungs- oder Ehetrennungsverfahren nach einer Rechtsordnung erfolgen, zu der die Ehe einen engen Bezug aufweist.

(8) Aus Gründen des öffentlichen Interesses ist die Einführung einer Ausnahmregelung gerechtfertigt, wonach die Anwendung ausländischen Rechts in einer bestimmten Sache versagt werden kann, wenn damit offenkundig gegen der öffentlichen Ordnung am Ort des angerufenen Gerichts verstoßen würde.

(9) Die Vorschrift über die Restzuständigkeit wird geändert, um im Falle gemischtstaatlicher Ehen, bei denen die Eheleute in einem Drittland leben, den Zugang zu den Gerichten zu erleichtern und die Situation berechenbarer zu machen. Die Verordnung führt daher eine harmonisierte Vorschrift zur Restzuständigkeit ein, die es Ehepaaren unterschiedlicher Staatsangehörigkeit gstattet, ein Gericht in einem Mitgliedstaat anzurufen, zu dem sie aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit oder ihres letzten gemeinsamen Wohnsitzes einen engen Bezug haben.

(10) Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 wird geändert, um sicherzustellen, dass ein von den Ehegatten gemäß Artikel 3a gewähltes Scheidungsgericht auch in Fragen der elterlichen Verantwortung, die mit dem Scheidungsantrag in Verbindung stehen, Zuständigkeit besitzt, wenn die in Artikel 12 der Verordnung genannten Voraussetzungen erfüllt sind, d.h. die Zuständigkeit vor allem dem Kindeswohl dient.

(11) Die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 wird daher entsprechend geändert.

(12) Da die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahme, nämlich größere Rechtssicherheit und Flexibilität und verbesserter Zugang zu den Gerichten in Ehesachen mit internationalem Hintergrund, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht hinreichend verwirklicht werden können und infolge ihrer Tragweite besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen sind, darf die Gemeinschaft gemäß dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Gemäß dem an gleicher Stelle verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(13) Die vorliegende Verordnung steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union als allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts anerkannt wurden. Sie dient insbesondere der uneingeschränkten Wahrung des in Artikel 47 der Charta verankerten Rechts auf ein faires Verfahren.

(14) [Gemäß Artikel 3 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands haben die genannten Mitgliedstaaten mitgeteilt, dass sie sich an der Annahme und Anwendung dieser Verordnung beteiligen möchten.]

(15) Dänemark wirkt gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position Dänemarks an der Annahme dieser Verordnung nicht mit. Diese Verordnung ist daher für diesen Mitgliedstaat nicht verbindlich und ihm gegenüber nicht anwendbar -

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 wird wie folgt geändert:

(1) Der Titel erhält folgende Fassung:

„Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung sowie über das anwendbare Recht in Ehesachen“.

(2) Folgender Artikel 3a wird eingefügt:

“Artikel 3a

Gerichtsstandsvereinbarung bei Ehescheidungen und Trennungen ohne Auflösung des Ehebandes

1. Ehegatten, die die Ehescheidung oder Trennung ohne Auflösung des Ehebandes beantragen möchten, können einvernehmlich festlegen, dass ein Gericht oder die Gerichte eines bestimmten Mitgliedstaates zuständig sind, sofern ein enger Bezug zu diesem Mitgliedstaat gegeben ist. Dies ist dann der Fall, wenn

2. einer der in Artikel 3 genannten Zuständigkeitsgründe zutrifft oder

3. dieser Mitgliedstaat der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthaltsort der Ehegatten während mindestens drei Jahren war oder

4. einer der Ehegatten die Staatsangehörigkeit dieses Mitgliedstaats besitzt bzw. im Fall des Vereinigten Königreichs und Irlands sein bzw. ihr „domicile“ im Hoheitsgebiet dieser Staaten hat.

2. Die Gerichtsstandsvereinbarung bedarf der Schriftform und ist von den Ehegatten spätestens bei Anrufung des Gerichts zu unterzeichnen.

(3) In den Artikeln 4 und 5 wird der Verweis auf „Artikel 3“ durch den Verweis auf die „Artikel 3 und 3a“ ersetzt.

(4) Artikel 6 wird gestrichen.

(5) Artikel 7 erhält folgende Fassung:

„Artikel 7

Restzuständigkeit

Hat keiner der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort in einem Mitgliedstaat und fehlt es an einer gemeinsamen Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats bzw. im Fall des Vereinigten Königreichs und Irlands an einem „domicile“ im Hoheitsgebiet dieser Staaten, in folgenden Fällen dennoch die Gerichte eines Mitgliedstaates zuständig:

5. Die Ehegatten hatten ihren früheren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsort für mindestens drei Jahren im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats oder oder

6. einer der Ehegatten besitzt die Staatsangehörigkeit dieses Mitgliedstaats bzw. hat im Fall des Vereinigten Königreichs und Irlands sein bzw. ihr „domicile“ im Hoheitsgebiet dieser Staaten.“

(6) In Artikel 12 Absatz 1 wird der Verweis auf „Artikel 3“ durch den Verweis auf die „Artikel 3 und 3a“ ersetzt.

(7) Es wird folgendes Kapitel IIa eingefügt:

KAPITEL IIa

Anwendbares Recht bei Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes

Artikel 20a

Rechtswahl durch die Parteien

1. Die Ehegatten können bei Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes einvernehmlich das anwendbare Recht bestimmen. Folgende Rechtsordnungen kommen hierfür in Frage:

7. das Recht des Staates, in dem die Ehegatten ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern einer von beiden dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat,

8. das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten besitzen, oder - im Fall des Vereinigten Königreichs und Irlands - in dem sie ihr gemeinsames "domicile" haben,

9. das Recht des Staates, in dem die Ehegatten während mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten,

10. das Recht des Mitgliedstaates, in dem der Antrag gestellt wird.

2. Eine Rechtswahlvereinbarung bedarf der Schriftform und ist von beiden Ehegatten spätestens bei Anrufung des Gerichts zu unterzeichnen.

Artikel 20b

Anwendbares Recht in Ermangelung einer Rechtswahl durch die Parteien

In Ermangelung einer Rechtswahl gemäß Artikel 20a richtet sich das Scheidungsverfahren oder Verfahren zur Trennung ohne Auflösung des Ehebandes nach dem Recht des Staates,

11. in dem die Ehegatten ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben, oder ersatzweise

12. in dem die Ehegatten ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder ersatzweise

13. dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten besitzen bzw. - im Falle des Vereinigten Königreichs und Irlands - in dem sie ihr gemeinsames "domicile" haben, oder ersatzweise

14. in dem der Antrag gestellt wird.

Artikel 20c

Anwendung ausländischen Rechts

Ist das Recht eines anderen Mitgliedstaates anwendbar, kann sich das Gericht über das Europäische Justizielle Netz in Zivil- und Handelssachen sachdienliche Informationen beschaffen.

Artikel 20d

Ausschluß der Rück- und Weiterverweisung

Unter dem nach dieser Verordnung anwendbaren Recht eines Staates sind die Rechtsnormen dieses Staates unter Ausschluss derjenigen des Internationalen Privatrechts zu verstehen.

Artikel 20e

Ordre Public

Die Anwendung einer Bestimmung des nach dieser Verordnung bezeichneten Rechts kann nur bei einem offenkundigen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung des Staates des angerufenen Gerichts versagt werden.“

Artikel 2 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab 1. März 2008.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft unmittelbar in den Mitgliedstaaten.

Geschehen zu Brüssel am

Im Namen des Rates

Der Präsident

[…]

[1] Maßnahmenprogramm zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, angenommen am 30.11.2000, ABl. C 12 vom 15.1.2000, S. 1.

[2] Wiener Aktionsplan, vom Europäischen Rat am 3. Dezember 1998 angenommen, Abl. C 19 vom 23.1.1999, S.1.

[3] Haager Programm zur Stärkung von Freiheit, Sicherheit und Recht in der Europäischen Union, vom Europäischen Rat am 4./5. November 2004 angenommen.

[4] Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten, ABl. L 160 vom 30.06.2000, S. 19.

[5] Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000, ABl. L 338 vom 23.12.2003, S.1.

[6] KOM(2005) 82 endg.

[7] Abrufbar unter http://europa.eu.int/comm/justice_home/news/consulting_public/news_consulting_public_en.htm.

[8] ABl. C […] vom […], S. […].

[9] ABl. C […] vom […], S. […].

[10] ABl. C […] vom […], S. […].