52005DC0156

Mitteilung der Kommission an den Rat - Eine europäische Zukunft für das Kosovo /* KOM/2005/0156 endg. */


Brüssel, den 20.4.2005

KOM(2005) 156 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT

Eine europäische Zukunft für das Kosovo

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT

Eine europäische Zukunft für das Kosovo

1. ZWECK DIESER MITTEILUNG

Die europäische Perspektive der westlichen Balkanländer, die in der Erklärung von Thessaloniki vom Juni 2003 bestätigt wurde, steht auch dem Kosovo offen[1]. Auf der Grundlage der Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrats muss das Kosovo seine Isolation überwinden und an den Fortschritten der Region in Richtung auf Europa teilnehmen.

Dieses Jahr ist für das Kosovo ein wichtiges Jahr. Wenn die Verhältnisse vor Ort dies angemessen erscheinen lassen, werden die Vereinten Nationen eine umfassende Überprüfung der Umsetzung der Kosovo-Standards durchführen. Dies könnte den Weg frei machen für einen Prozess, der den künftigen Status des Kosovo endgültig regelt.

Die Europäische Union unterstützt die UN-Mission im Kosovo und die NATO (KFOR) aktiv und arbeitet eng mit den Provisorischen Selbstverwaltungsinstitutionen zusammen, um die Fortschritte des Kosovo hin zur Schaffung eines demokratischen und multiethnischen Gesellschaft, in der alle Volksgruppen in Frieden und Wohlstand leben können.

Indem sie der europäischen Perspektive des Kosovo konkretere Gestalt verleiht, kann die Kommission einen wichtigen politischen Beitrag zur Lösung der noch bestehenden Probleme und zur Sicherung der Stabilität der gesamten Region leisten. Im Zuge des Heranführungs- und Erweiterungsprozesses entwickelte die Kommission eine Reihe wirksamer Instrumente. Die damit gewonnenen Erfahrungen sollten genützt werden, um das Kosovo bei der Verwirklichung der in den Schlussfolgerungen des Rates Allgemeine Angelegenheiten vom 21./22. Februar 2005 genannten Ziele[2] zu unterstützen und diesen Standards in der gesamten Region Geltung zu verschaffen.

Auf seiner Tagung am 21./22. Februar 2005 richtete der Rat Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen an die Kommission, den Hohen Vertreter/Generalsekretär und die Präsidentschaft das Ersuchen, gemeinsam mit den Vereinten Nationen und anderen Beteiligten zu prüfen, welchen Beitrag die Europäische Union zu den Bemühungen der internationalen Gemeinschaft um Umsetzung der Resolution 1244, zur umfassenden Bewertung der Verwirklichung der Kosovo-Standards und zu den späteren Phasen des Prozesses künftig leisten könnte. Diese Mitteilung ist als Beitrag zu dieser Prüfung konzipiert und hat vor allem die Bereiche der Gemeinschaftskompetenz, die in die Zuständigkeit der Kommission fallen, zum Gegenstand.

Im Mittelpunkt der Analyse stehen die wirtschaftlichen Aspekte der Entwicklung des Kosovo, der Aufbau von Institutionen, die Hilfe der EG und der regionale Rahmen. Diese Faktoren sind allesamt Teil eines breiteren Kontextes, zu dem auch das Sicherheitsumfeld, die Frage der politischen Legitimität und die Versöhnung zwischen den Volksgruppen gehört. Ohne Sicherheit und Versöhnung kommt es nicht zu den notwendigen Investitionen und ohne Investitionen bleibt das Kosovo weiterhin von der externen Hilfe abhängig. Die Kommission steht bereit, in Zusammenarbeit mit den anderen EU-Organen ihren Beitrag zur Bewältigung dieser Aufgaben zu leisten.

2. DER BEITRAG DER EUROPÄISCHEN KOMMISSION ZUM ENGAGEMENT DER EU FÜR DAS KOSOVO

Seit Ausbruch des Konflikts im Jahr 1999 bemüht sich die Europäischen Union mit massivem politischem und finanziellem Einsatz um einen dauerhaften Frieden und den Aufbau einer tragfähigen Demokratie im Kosovo. Auf seiner Tagung im Juni 1999 in Köln bekräftigte der Europäische Rat die Entschlossenheit der EU, beim Wiederaufbau des Kosovo eine führende Rolle zu übernehmen. Unmittelbar nach dem Ende des Konflikts leistete die Europäische Kommission humanitäre Soforthilfe im Wert von 378 Mio. EUR. Sie entsandte eine Task Force zur Durchführung der ersten Wiederaufbauprogramme - wobei eine Verbindung hergestellt wurde zwischen der Soforthilfe und den längerfristigen Entwicklungsprogrammen der Europäischen Agentur für Wiederaufbau (bisher 1 Mrd. EUR) - und leistete in Form einer Sonderfinanzhilfe in Höhe von 65 Mio. EUR einen Beitrag zum konsolidierten Haushalt des Kosovo. Darüber hinaus verpflichtete sich die EU zur Beteiligung an der UN-Übergangsverwaltung im Kosovo (UNMIK), richtete die vierte UNMIK-Säule ein und leistete bisher einen Beitrag in Höhe von über 100 Mio. EUR zu den Verwaltungsausgaben der UNMIK.

Doch auch sechs Jahre nach Beendigung des Konflikts bleibt die Stabilität dieses Gebiets brüchig. Die Gelassenheit, mit der die Bevölkerung im März 2005 den Entschluss des ehemaligen Premierministers Haradinaj zur Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien zur Kenntnis nahm, war zwar ein Beleg für eine weitere Festigung der demokratischen Stabilität im Kosovo, doch könnte diese durch die Aktionen von Extremisten noch erschüttert werden. Die Kommission muss ihre politischen und technischen Ressourcen erneut mobilisieren, um die wirtschaftliche Entwicklung des Kosovo zu fördern und seine langfristige europäische Perspektive zu verbessern.

3. DIE LANGFRISTIGEN PERSPEKTIVEN: DIE EUROPÄISCHE ZUKUNFT DES KOSOVO

Seit der Tagung des Europäischen Rates in Thessaloniki bildet die Aussicht auf die Integration in die EU das Herzstück der Politik der Kommission gegenüber dem Kosovo und dem westlichen Balkan insgesamt im Rahmen des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses (SAP). Während sich einige Nachbarländer bereits in Richtung Europa bewegen, ist es wichtig, dass das Kosovo nicht zurückfällt.

In der im Juni 2004 beschlossenen Europäischen Partnerschaft für das Kosovo[3] wurden Maßnahmen zur Verwirklichung der Kosovo-Standards festgelegt. Als Antwort darauf verabschiedeten die Behörden des Kosovo einen Aktionsplan. Darin werden (1) Maßnahmen zur Verwirklichung der als prioritär geltenden Standards und weiter gehender Ziele definiert, (2) die damit verbundenen Kosten für die Regierung des Kosovo geschätzt und (3) die bei der umfassenden Bewertung der Standards und – auf längere Sicht – bei der Annäherung an die EU benötigte Hilfe spezifiert. Dieser Aktionsplan sollte regelmäßig aktualisiert und eine klare Verbindung zum Haushalt hergestellt werden, damit er zur Richtschnur für das Arbeitsprogramm der Regierung wird.

Der Kontrollmechanismus des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses (SAP Tracking Mechanism – STM) bietet ein Forum zur Erörterung der Fortschritte des Kosovo bei der Umsetzung der Europäischen Partnerschaft. Die Kommission hat die Absicht, die Fortschritte bei der Verwirklichung der UN-Standards zu beobachten, damit die EU insgesamt einen besseren Überblick über die Entwicklung der Lage gewinnt. Darüber hinaus beabsichtigt sie eine Vergrößerung der technischen, sektorbezogenen Expertengruppen innerhalb des STM, um die Diskussionen zwischen den Ministerien und den Kommissionsdienstleistungen zu intensivieren.

In ihren Jahresberichten über den Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess , die im Herbst 2005 erscheinen, wird die Kommission die Fortschritte des Kosovo überprüfen und die Empfehlungen der Europäischen Partnerschaften überarbeiten.

Zur Erreichung des Endziels des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess, d.h. die Integration in die Europäische Union, muss die Europäische Union in ein vertragliches Verhältnis mit ihren Partnern eintreten. Zurzeit besteht keine Möglichkeit zur Aushandlung eines Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens mit dem Kosovo. Die Kommission ist dennoch darum bestrebt, kreative Wege zu finden, um sicherstellen, dass das Kosovo von allen Instrumenten der EU in vollem Umfang profitiert und – abhängig vom Ergebnis der Statusgespräche – zu gegebener Zeit angemessene vertragliche Beziehungen zur EU aufnehmen kann.

4. WIRTSCHAFTLICHE ENTWICKLUNG

Mittel- und langfristig hängt die Stabilität des Kosovo von dessen wirtschaftlicher Entwicklung ab. Auch wenn seit 1999 Fortschritte zu verzeichnen sind, ist das Kosovo weiterhin die ärmste Region des westlichen Balkans. Mit seinen rund 1,9 Mio. Einwohnern weist das Kosovo ein sehr niedriges Pro-Kopf-BIP von ca. 1 000 EUR auf. Laut Angaben des Statistischen Amts des Kosovo für 2003 liegt die Arbeitslosenquote bei rund 50 %. Ein rapides Wirtschaftswachstum über längere Zeit wäre erforderlich, um den Lebensstandard anzuheben, die Armut zu mindern und die Arbeitslosigkeit zu verringern. Doch bisher blieb das Wirtschaftswachstum hinter den Erfordernissen zurück. Die Ungewissheit über den künftigen Status des Kosovo stellt zweifellos ein ernsthaftes Hindernis für die wirtschaftliche Entwicklung dar. Doch die wirtschaftlichen Probleme können nicht der Lösung der Statusfrage harren.

4.1. Förderung des Wachstums

Die tief verwurzelten wirtschaftlichen und sozialen Probleme im Kosovo stellen die UNMIK (vor allem die vierte Säule) und die Provisorischen Selbstverwaltungsinstitutionen (Provisional Institutions of Self-Government – PSIG) vor große Herausforderungen. UNMIK und PISG müssen eng zusammenarbeiten, um die vorrangigen wirtschaftlichen Ziele des Plans zur Verwirklichung der Kosovo-Standards und der Europäischen Partnerschaft zu erreichen.

Die Kommission wird dabei Politikberatung sowie technische Hilfe und finanzielle Unterstützung leisten mit folgenden Zielen:

- Unterstützung der Regierung bei der Ausarbeitung eines umfassenden Entwicklungsplans für das Kosovo und der Schaffung eines tragfähigen Finanzrahmens in Form eines mittelfristigen Ausgabenrahmens, der für eine kohärente Haushaltsplanung und die Überwindung des dauerhaft nicht tragbaren Haushaltsdefizits. In dem mittelfristigen Ausgabenrahmen sollte der gesamte Finanzbedarf der Ministerien und der Staatsunternehmen (einschließlich der im öffentlichen Investitionsplan vorgesehenen Investitionen) konsolidiert werden. Der Ausgabenrahmen sollte in enger Zusammenarbeit mit IWF und Weltbank erstellt werden;

- weitere Unterstützung der Treuhandanstalt des Kosovo bei der Privatisierung der volkseigenen Betriebe , um der rasche produktive Einsatz der entsprechenden Wirtschaftsgüter zu gewährleisten. Die Kommission wird auch die Umstrukturierung der Staatsunternehmen , insbesondere der öffentlichen Versorgungsunternehmen, unterstützen. Die Umsetzung der Empfehlungen, die aus der Rechnungsprüfung dieser Unternehmen hervorgehen, und der zügige Abschluss der noch laufenden Untersuchungen von OLAF bzw. dem UN Office of Internal Oversight Services müssen gewährleistet werden;

- Unterstützung bei der Schaffung förderlicher Rahmenbedingungen für den Privatsektor insbesondere durch Erleichterung der Entwicklung von Klein- und Mittelunternehmen (KMU). Seit 2003 ist das Kosovo zur Anwendung der Grundsätze der Europäischen Charta verpflichtet, doch die Umsetzung der Charta wird weiterhin durch Haushaltszwänge und Verwaltungsdefizite behindert. Vor allen in folgenden Bereichen sind weitere Fortschritte erforderlich: KMU-Finanzierung; Förderdienstleistungen für Unternehmen; moderne, schnelle und kostengünstige Systeme der Unternehmensregistrierung und –zulassung; Unternehmerschulung; Infrastruktur für die Interessenvertretung der Unternehmen. Zur Unterstützung dieser Bemühungen sollte eine mittelfristige KMU-Strategie angenommen werden;

- Unterstützung des Kosovo bei der Bewertung von Konzepten der internen Finanzkontrolle und externen Rechnungsprüfung im Einklang mit internationalen Normen und EU-konformer Best Practice;

- fortgesetzte Unterstützung von UNMIK und PISG bei der Angleichung der Rechtsvorschriften und Verfahren im Bereich Zoll- und Steuerverwaltung an die Normen und die bewährte Praxis der EU. Unterstützung des Finanz- und Wirtschaftsministeriums beim Aufbau von Kapazitäten zur Entwicklung steuer- und einnahmepolitischer Konzepte und bei der Verbesserung der Steuererhebung, insbesondere bei der Mehrwertsteuer;

- weitere Hilfe beim Aufbau eines tragfähigen und kohärenten statistischen Systems mit Unterstützung von EUROSTAT, insbesondere durch Stärkung der Kapazität des Statistischen Amts zur Erstellung einer volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Die Kommission wird die Durchführung der ersten Volks- und Wohnungszählung im Kosovo aufmerksam verfolgen. Die Behörden müssen den Zeitplan und die Vorbereitungen auf die Zählung sorgfältig überprüfen, um zu gewährleisten, dass sie glaubwürdig sind und in vollem Einklang mit den internationalen Normen durchgeführt werden. Die Bemühungen des Statistischen Amts um die Erstellung einer volkwirtschaftlichen Gesamtrechnung sollten nicht durch eine verstärkte Konzentration auf die Zählung unterminiert werden.

4.2. Maßnahmen zur vollständigen Integration des Kosovo in die regionale Wirtschaft

Gemäß der Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrats ist die UNMIK - im Namen der PISG - für die Teilnahme des Kosovo an regionalen Foren und Verhandlungen über internationale Abkommen zuständig. Auch die Fachministerien müssen aber an diesen Initiativen teilnehmen, damit die Regierung des Kosovo in die Lage versetzt wird, ihre Verpflichtungen gemäß dem Verfassungsrahmen für die Selbstverwaltung in vollem Umfang zu erfüllen.

Handel . Die Kommission wird dem Kosovo weiterhin dabei helfen, den größtmöglichen Nutzen aus den autonomen Handelsmaßnahmen der EG [4] zu ziehen, insbesondere durch Unterstützung bei der Formulierung einer Handels- und Zollpolitik, bei der Erfüllung tier- und pflanzengesundheitlicher Anforderungen und bei der Durchführung von Reformen zur Diversifizierung der Exportwirtschaft. Zu gegebener Zeit wird die Kommission möglicherweise die Bedingungen für die Einfuhr von Textilwaren mit Ursprung im Kosovo erneut überprüfen.

Die Kommission wird auch die UNMIK weiterhin dabei unterstützen, ihrer Zusage nachzukommen, auf der Grundlage der Vereinbarung des Stabilitätspakts über Handelsliberalisierung und –erleichterung in Südosteuropa bilaterale Freihandelsabkommen - unter gebührender Berücksichtigung der finanziellen Zwänge - auszuhandeln und umzusetzen. Dadurch werden die Vorteile der regionalen Liberalisierung auch dem Kosovo zuteil.

Umwelt . Die Kommission wird die Teilnahme des Kosovo an bestehenden regionalen Umweltinitiativen wie dem regionalen Umweltsanierungsprogramm für Südosteuropa (REREP) und dem Netz für die Anwendung und Durchsetzung von Umweltvorschriften im Rahmen des EU-Beitritts (ECENA) unterstützen.

Energie . Aufgrund seiner Lage im Herzen des Balkans und seiner großen Kohlereserven könnte das Kosovo eine wichtige Rolle beim Aufbau des regionalen Energiemarkts spielen. Beim Einsatz hochmoderner, sauberer Kohletechnologien könnten die komparativen Vorteile des Kosovo ausgenutzt werden. Angesichts der zu erwartenden regionalen Versorgungslücke bei Strom besteht in diesem Bereich ein großes Entwicklungspotenzial, vorbehaltlich einer umfassenden Umweltverträglichkeitsprüfung. Die Kommission wird das Energieministerium bei der Entwicklung einer Strategie unterstützen, die auf den komparativen Vorteilen des Kosovo aufbaut.

Die Kommission hat die Einbeziehung von UNMIK, als Vertretung des Kosovo, in die Verhandlungen über das Abkommen zur Gründung der Energiegemeinschaft Südosteuropa ermöglicht, das noch in diesem Jahr unterzeichnet werden soll. Die Kommission wird nach Kräften dafür sorgen, dass das Kosovo in allen Gremien vertreten ist, die bei der Reform des Energiemarkts und bei Regelungsaufgaben, die das Kosovo betreffen, eine Rolle spielen.

Verkehr . Regionale Initiativen wie die Umsetzung der Absichtserklärung zum Aufbau eines südosteuropäischen regionalen Kernverkehrsnetzes , die von der UNMIK im Namen des Kosovo mit unterzeichnet wurde, sehen auch den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur im Kosovo vor.

Luftverkehr . Die Europäische Kommission bezieht das Kosovo in die vor kurzem ergriffene Initiative zur Ausdehnung des einheitlichen europäischen Luftraums und des gemeinsamen europäischen Luftverkehrsraums auf die Länder des westlichen Balkans ein.

Telekommunikationen . Die Telekommunikation spielt eine wichtige Rolle in der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung. Das Kosovo wird an den regionalen Initiativen zur Vorbereitung der Übernahme des EU-Rechtsbestands im Bereich der elektronischen Kommunikation eng beteiligt.

Um die Fortschritte zu verfolgen, wird die Kommission im Rahmen der Sitzungen des SAP-Kontrollmechanismus einen regelmäßigen Dialog zu wirtschaftspolitischen Fragen mit den Behörden des Kosovo einrichten.

5. AUFBAU INSTITUTIONELLER KAPAZITÄTEN

Im Kosovo muss die europäische Perspektive zu einem integralen Bestandteil aller Politikbereiche werden. In dieser Hinsicht war die Einrichtung - mit Unterstützung der EU - eines Büros für den europäischen Integrationsprozess im Amt des Premierministers ein wichtiger Schritt nach vorne. Dieses Büro arbeitet eng mit dem Amt für europäische Integration der UNMIK und dem Büro des Strategiekoordinators des SRSG (Sonderbeauftragter des UN-Generalsekretärs) zusammen. Auch die geplante Einsetzung eines Ausschusses für die europäische Integration in der Kosovo-Versammlung ist eine positive Entwicklung.

5.1. Zusammenarbeit mit den Behörden bei der Annäherung an europäische Normen

Das Kosovo steht vor der wichtigen Aufgabe, funktionsfähige Verwaltungsbehörden aufzubauen, die die Bedürfnisse der Bürger befriedigen können. Dazu ist eine umfassende Reform der öffentlichen Verwaltung erforderlich.

Die EU unterstützt die Provisorischen Selbstverwaltungsinstitutionen bei der Stärkung der Verantwortlichkeit und Rechenschaftspflicht der ihr zurzeit unterstellten Ministerien. Im Jahr 2005 wird die Kommission zur Durchführung des Projekts zur Bewertung der Verwaltungskapazitäten des Kosovo beitragen. Ab 2006 werden Verwaltungspartnerschaften im Rahmen des "Twinning" Experten aus den EU-Mitgliedstaaten die Möglichkeit geben, als Berater in den Behörden tätig zu werden.

Fortschritte im Bereich Justiz, Freiheit und Sicherheit sind eine entscheidende Voraussetzung für Rechtsstaatlichkeit, Achtung der Menschen- und Minderheitenrechte und wirtschaftliche Entwicklung. Dabei kommt der Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Korruption entscheidende Bedeutung zu. Bis zur weiteren Klärung der Pläne von UNMIK für weitere Kompetenzübertragungen in den Bereichen wirtschaftliche Entwicklung (einschließlich Zoll), Polizei und Justiz hat die Kommission Mittel vorgesehen, um die lokalen Behörden bei der Vorbereitung auf neue Aufgaben in diesen Bereichen zu unterstützen.

Das Amt für den Informationsaustausch über technische Hilfe (TAIEX) wird die Provisorischen Selbstverwaltungsinstitutionen dabei unterstützen, ihre Kapazität zur Abfassung von Rechtsvorschriften, die den Normen der EU entsprechen, zu stärken und diese Rechtsvorschriften um- und durchzusetzen. Darüber hinaus wird die Kommission die Einrichtung einer regionalen Hochschule für die Reform der öffentlichen Verwaltung finanzieren. Damit erhalten Beamte aus dem Kosovo die Möglichkeit, gemeinsam mit ihren Kollegen aus anderen Teilen der Region an Aus- und Fortbildungsmaßnahmen teilzunehmen.

Auch der Aufbau freier, unabhängiger und professioneller Medien spielt eine Schlüsselrolle bei der Demokratisierung. Die Erfüllung der europäischen Normen im Medienbereich wird gemeinsam von der Europäischen Kommission und dem Europarat überwacht werden.

5.2. Unterstützung der UNMIK

Die Europäische Union wird ihre nachdrückliche politische und finanzielle Unterstützung der UNMIK fortsetzen, insbesondere durch die Finanzierung der Säule IV. Die Klärung der Rolle dieser Säule und der Aufteilung der entsprechenden Aufgaben zwischen Europäischer Kommission und UNMIK – in Abstimmung mit der UN-Zentrale – wird zur gesteigerten Leistungsfähigkeit der Säule IV beitragen. Damit verfügt der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretärs über eine klare Befehlskette in Bezug auf Maßnahmen im Rahmen der Säule IV auf der Grundlage der UN-Resolution 1244. Dies trägt wiederum zur Wirksamkeit der Säule IV sowie zur verbesserten Zusammenarbeit der Säule IV mit den anderen Säulen der UNMIK und mit den Behörden des Kosovo bei.

5.3. Die künftige Präsenz der EU im Kosovo

Seit der Etablierung einer verstärkten Präsenz der EU im Kosovo im vergangenen Jahr arbeiten der Leiter des Verbindungsbüro der Europäischen Kommission und der persönliche Vertreter des Hohen Vertreters/Generalsekretär eng mit der Europäischen Wiederaufbauagentur und den EU-Mitgliedstaaten zusammen.

Auf seiner Tagung am 21./22. Februar forderte der Rat Allgemeine Angelegenheiten den Hohen Vertreter/Generalsekretär und die Kommission dazu auf, Überlegungen zum mittelfristigen Beitrag der EU im Kosovo anzustellen. Bei ihren Überlegungen geht es der Kommission darum, zu gewährleisten, dass die internationale Präsenz künftig gestrafft und integriert wird, die Anstrengungen lokaler Akteure nicht ersetzt und die Fortschritte des Kosovos im Rahmen des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses unterstützt. Auch die finanziellen Auswirkungen auf den Gemeinschaftshaushalt müssen bei diesen Überlegungen berücksichtigt werden.

6. FINANZHILFE

Neben der Unterstützung beim Institutionenaufbau hat das Kosovo hat einen erheblichen Finanzbedarf insbesondere bei der Instandhaltung der Infrastruktur und im Investitionsbereich. Aufgrund seiner prekären Finanzlage wird das Kosovo mittelfristig auf die finanzielle Unterstützung durch externe Geber angewiesen sein. Will die Kommission ihre politischen Ziele verwirklichen, so wird sie auch entsprechende Mittel zur Verfügung stellen müssen. In den Jahren 2005 und 2006 erhält das Kosovo bereits zusätzliche Mittel in Höhe von 114 Mio. EUR im Rahmen des CARDS-Programms ( Gemeinschaftshilfe für Wiederaufbau, Entwicklung und Stabilisierung ). Schwerpunkt der Finanzhilfe ist zurzeit der Aufbau von Institutionen mit Blick auf die Verwirklichung der Kosovo-Standards.

2007 wird die CARDS-Verordnung von einem Heranführungsinstrument ( Pre-Accession Instrument - IPA) abgelöst. Die neue IPA-Verordnung dient dazu, die Region auf dem Weg zum EU-Beitritt zu unterstützen. Sie bietet die notwendige Flexibilität, um den sich wandelnden Bedürfnissen der einzelnen Länder Rechnung zu tragen. Die Kommission wird auch über weitere Instrumente verfügen, um auf künftige Entwicklungen reagieren zu können.

Technische Hilfe und Institutionenaufbau sind zwar wichtige Elemente, doch sie reichen für sich genommen nicht aus, um die wirtschaftliche Entwicklung anzukurbeln. Dazu sind auch Investitionen in die Infrastruktur erforderlich.

Die Kommission ist bereit, in Abstimmung mit IWF, Weltbank und den bilateralen Geber die Möglichkeit zu prüfen, dem Kosovo eine Sonder budgethilfe zu gewähren. Voraussetzung dafür sind neben einer genauen Bedarfsermittlung auf der Grundlage eines verlässlichen mittelfristigen Ausgabenrahmens Fortschritte bei den Strukturreformen.

In enger Zusammenarbeit mit der UNMIK (Säule IV) und den PISG wird die Kommission Maßnahmen zur Ankurbelung der Investitionstätigkeit im Kosovo durch Mobilisierung der internationalen Finanzinstitutionen – vor alle der Europäischen Investitionsbank – sowie anderer Geber und internationaler Investoren ergreifen. Die EU-Mitgliedstaaten und die Multilaterale Investions-Garantie-Agentur können durch Bereitstellung von Investitionsgarantien das Vertrauen der Investoren stärken.

Auch eine verbesserte Geberkoordinierung wird entscheidend sein. Die Provisorischen Selbstverwaltungsinstitutionen sollten von einem an Einzelprojekten orientierten Ansatz auf ein Konzept umstellen, das auf den öffentlichen Sektor als Ganzes ausgerichtet ist und daher einen längeren Zeithorizont für Studien und Risiko- und Nachhaltigkeitsbewertungen bietet. Die Provisorischen Selbstverwaltungsinstitutionen sollten die Führungsrolle im Dialog mit den Gebern übernehmen, um die Einbeziehung der begünstigten Partner und Institutionen wie auch die Beachtung der Absorptionsfähigkeit zu gewährleisten. Die Konditionalität, d.h. die Knüpfung der Hilfe an spezifische Leistungsindikatoren und Reformen, wird in Zukunft eine wichtigere Rolle spielen.

7. KOSOVO UND DIE REGION: GEMEINSAM NACH EUROPA

Weil die Stabilität der Region eng mit der Stabilität im Kosovo zusammenhängt, ist eine gesicherte Zukunft des Kosovo auch der Schlüssel zum Erfolg der EU-Politik im westlichen Balkan insgesamt. Das Kosovo muss zu einem konstruktiven Partner werden, der weder die Sicherheit noch den Wohlstand der Region gefährdet. Im Gegenzug zum Engagement der EU und zu der von ihr gewährten Hilfe müssen sich die Provisorischen Selbstverwaltungsinstitutionen nachdrücklich zur verantwortungsvollen Staatsführung und zur angemessenen Verwaltungszusammenarbeit mit den Nachbarn verpflichten, um Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit zu begegnen und legale grenzübergreifende Wirtschaftsaktivitäten zu fördern.

7.1. Förderung regionale Initiativen

Im Rahmen des CARDS-Regionalprogramms unterstützt die EU regionale Initiativen in vielen Bereichen. Ab 2005 wird die Kommission auch die Ausrichtung regionaler Veranstaltungen im Kosovo fördern und die Partner aus der EU und dem westlichen Balkan ermutigen, das Kosovo in vollem Unfang in weitere regionale Initiativen einzubeziehen. Als erstes Beispiel sei hier die Ausrichtung einer regionalen Koordinierungssitzung im Rahmen der Europäischen Charta für Kleinunternehmen vom 27. bis 29. April 2005 in Pristina genannt.

7.2. Die Europäische Union den Menschen im Kosovo näher bringen

Das Kosovo muss aus seiner Enklave herausgeführt werden, damit seine Menschen in die europäische Familie voll integriert werden können. Die Zivilgesellschaft im Kosovo muss vielfältige Kontakte zu den Zivilgesellschaften in anderen Teilen Europa ausbauen können. Die Mitgliedstaaten könnten dabei eine Schlüsselrolle spielen, nicht zuletzt durch Stärkung der Konsulate , damit Visumsanträge schneller bearbeitet werden können.

Das Kosovo verfügt über die jüngste Bevölkerung Europas. Seine Jugend ist im Hinblick auf Wirtschaftsentwicklung und Versöhnung sein größtes Kapital, doch Voraussetzung für die wirksame Nutzung dieses Kapitals sind weitere Reformen des Bildungswesens. Zur Unterstützung dieses Reformen hat die Kommission ein Büro des Hochschulprogramms TEMPUS in Pristina eröffnet und ermutigt Studenten im Kosovo auch dazu, sich um Plätze an den Master-Studiengängen des Programms Eramus Mundus in der EU zu bewerben.

7.3. Rückkehr der Binnenvertriebenen und Sicherung der Minderheitenrechte

Ethnisch motivierte Gewalt ist inakzeptabel. Die Ausschreitungen vom März 2004 dürfen sich niemals wiederholen. Die Schaffung einer stabilen, sicheren und multiethnischen Gesellschaft im Kosovo bildet das Herzstück der von der EU auferlegten politischen Konditionalität. Viele weitere Schritte sind erforderlich, damit es dem Kosovo gelingt, eine Gesellschaft aufzubauen, in der die Achtung aller Menschen unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft gewährleistet wird. Das Office of Returns and Communities der UNMIK muss die dauerhafte Rückkehr von Vertriebenen und die Schaffung besserer Rahmenbedingungen für alle Volksgruppen im Kosovo fördern und dazu eng mit dem vor kurzem eingerichteten Ministerium für Rückkehrer und Volksgruppen, den Provisorischen Selbstverwaltungsinstitutionen und anderen wichtigen Akteuren wie dem UNHCR und internationalen Gebern zusammenarbeiten. Die Kommission arbeitet auch eng mit dem Europarat zusammen, um die Behörden des Kosovo bei der Pflege kultureller und religiöser Stätten zu unterstützen.

7.4. Beziehungen zu Belgrad

Die Europäische Union hat deutlich gemacht, dass weitere Fortschritte nur durch einen offenen und konstruktiven direkten Dialog zwischen Belgrad und Pristina möglich sind. Der „direkte Dialog“ wurde im Oktober 2003 eingeleitet, die ersten Sitzungen der Arbeitsgruppen zu Energie bzw. vermissten Personen fanden Anfang März 2004 statt. Die gewaltsamen Ausschreitungen vom März 2004 setzte dieser positiven Entwicklung jedoch zunächst ein Ende. Diese Sitzungen werden nun wieder aufgenommen, und die EU wird in der Arbeitsgruppe Energie den Vorsitz führen.

Die EU hat alle Volksgruppen konsequent zur uneingeschränkten Teilnahme an den PISG aufgerufen. So können sie am besten gewährleisten, dass ihren legitimen Anliegen Rechnung getragen wird. Die Führer der Kosovo-Serben könnten zur Reform der kommunalen Selbstverwaltung und in den Bereichen Sicherheit und Freizügigkeit einen konstruktiven Beitrag leisten. Auch bei der Wiederaufnahme des Dialogs und bei der Einbeziehung Belgrads in die Zukunft des Kosovo müssen sie eine positive Rolle spielen.

Die EU hat Belgrad zugesichert, dass die Lösung der Status-Frage im Kosovo nicht zu Verzögerung bei der Verwirklichung der eigenen Integrationsziele führen wird. Ein konstruktives Engagement in der Frage des Kosovos würde sogar den Weg Belgrads nach Europa weiter ebnen. Sowohl Belgrad und Pristina müssen aus der gemeinsamen europäischen Perspektive Nutzen ziehen und darin Gründe zu Dialog und Zusammenarbeit finden.

8. SCHLUSSFOLGERUNGEN

Mit dieser Mitteilung verpflichtet sich die Kommission dazu, 1) der spezifischen Lage und den besonderen Bedürfnissen des Kosovo im Hinblick auf weitere Fortschritte im Rahmen des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses Rechnung zu tragen, 2) die Ressourcen und den Sachverstand der Kommission weiter mobilisieren und dabei einen stärker vorausschauenden Ansatz bei Unterstützung der Bemühungen des Kosovo um Entwicklung und Reform zu verfolgen und 3) sich aktiv an Konsultationen auf hoher Ebene mit den wichtigsten internationalen Akteuren zu beteiligen, um gemeinsam eine koordinierte Strategie für das Kosovo zu erarbeiten.

Die Kommission hat die Absicht, durch Unterstützung der PISG bei der effizienten und verantwortlichen Erledigung öffentlicher Aufgabe zur Umsetzung der Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrats beizutragen. Darüber hinaus wird die Kommission – gemäß der Aufforderung des Rates Allgemeinen Rates vom 21./22. Februar – eng mit dem Hohen Vertreter/Generalsekretär und der Präsidentschaft zusammenarbeiten. In den Gremien, die bei den Diskussionen zur Statusfrage die Führungsrolle übernehmen, wird sie dazu beitragen, dass die europäische Perspektive des Kosovo realisierbar und damit zur Realität wird.

Um dem Engagement der EU im Kosovo neue Impulse zu verleihen und die in dieser Mitteilung genannten Maßnahmen erfolgreich umsetzen zu können, müssen aus dem EG-Haushalt ausreichende Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden. Auch die Mitgliedstaaten werden ihre Bemühungen auf bilateraler Ebene verstärken müssen. Die Kommission fordert die UN auf, das vereinbarte Mandat für die vierte Säule der UNMIK zu billigen.

Ein klares Bekenntnis der politischen Führer des Kosovo zu Demokratie, Menschenrechten, Minderheitenschutz, Rechtsstaatlichkeit, markwirtschaftlicher Reform und den Werten der Europäischen Union[5] vorausgesetzt, wird die Kommission das Kosovo weiterhin bei der Verwirklichung seiner europäischen Ambitionen unterstützen. Letzten Endes liegt die Zukunft des Kosovo in den Händen seiner Menschen. Sie sollten nichts unversucht lassen, um die Verwirklichung der Kosovo-Standards zu gewährleisten, die wiederum Grundvoraussetzung für die europäische Integration ist.

[1] Das Kosovo wird zurzeit gemäß Resolution 1244 (1999) des UN-Sicherheitsrats von der UNMIK verwaltet.

[2] „Seine Zukunft ist nur als multiethnischer und demokratischer Kosovo denkbar, in dem ein effizienter Schutz der Minderheiten gewährleistet ist, das kulturelle und religiöse Erbe aller Gemeinschaften gewahrt und das Rückkehrrecht von Flüchtlingen und Vertriebenen respektiert wird und somit ein Beitrag zur Stabilität der Region unter Achtung der Werte und Normen der EU geleistet wird“.

[3] Ratsbeschluss 2004/520/EG.

[4] Ratsverordnung (EG) Nr. 2007/2000.

[5] Gemäß den vom Rat Allgemeine Angelegenheiten im April 1997 festgelegten Bedingungen für die Teilnahme der westlichen Balkanländer am SAP.