22.3.2005   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 71/30


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen Elektronische Gesundheitsdienste – eine bessere Gesundheitsfürsorge für Europas Bürger: Aktionsplan für einen europäischen Raum der elektronischen Gesundheitsdienste

(2005/C 71/08)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN –

gestützt auf die Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Elektronische Gesundheitsdienste – eine bessere Gesundheitsfürsorge für Europas Bürger: Aktionsplan für einen europäischen Raum der elektronischen Gesundheitsdienste;

aufgrund des Beschlusses der Europäischen Kommission vom 30. April 2004, den Ausschuss der Regionen gemäß Artikel 265 Absatz 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft um Stellungnahme zu diesem Thema zu ersuchen;

aufgrund des Beschlusses seines Präsidenten vom 8. September 2004, die Fachkommission für Kultur und Bildung mit der Ausarbeitung einer diesbezüglichen Stellungnahme zu beauftragen;

gestützt auf den von der Fachkommission für Kultur und Bildung am 22. September 2004 angenommenen Stellungnahmeentwurf 256/2004 rev. 1 (Berichterstatter: Herr Olivier Bertrand, Bürgermeister von Saint-Silvain-Bellegarde (FR)(EVP)) –

verabschiedete auf seiner 57. Plenartagung am 17./18. November 2004 (Sitzung vom 17. November) einstimmig folgende Stellungnahme:

1.   Standpunkte des Ausschusses der Regionen

Einleitung

1.1

Die elektronischen Gesundheitsdienste verfügen entsprechend ihrer breit gefassten Definition in der Einleitung zur Mitteilung der Kommission über das Potenzial, eine – effektiv und wirtschaftlich – verbesserte Gesundheitsfürsorge zu erbringen. Für den Erfolg maßgeblich wird es jedoch sein, das Vertrauen der Bürger zu stärken, dass sämtliche Aspekte der elektronischen Gesundheitsdienste, die Auswirkungen auf sie haben, so angelegt sind, dass ihre Interessen an erster Stelle stehen. Die Einbindung von Vertretern von Organisationen, die Patienten und Bürger repräsentieren, in die Konzeption von Produkten, Systemen und Dienstleistungen der elektronischen Gesundheitsdienste wird daher äußerst wichtig sein. An den Systemen, die für bestimmte Patientengruppen konzipiert sind, sollten Vertreter der einschlägigen Patientenhilfsgruppen beteiligt werden. Die Vertraulichkeit persönlicher Patientenakten wird ein wichtiges Anliegen für die Bürger sein.

1.2

Die Bezeichnung „auf den Bürger gerichtete Gesundheitssysteme“ ist als Bezug auf die praktische Umsetzung von Maßnahmen und nicht nur als Absichtserklärung in politischen Dokumenten zu verstehen.

1.3

Die Erfahrung mit der Einführung der Systeme der elektronischen Gesundheitsdienste hat ferner eindeutig gezeigt, dass es erforderlich ist, die Angehörigen der Heilberufe schon bei Beginn der Diskussionen über ein mögliches Projekt für elektronische Gesundheitsdienste, das für ihre Nutzung ausgelegt ist, mit einzubeziehen.

1.4

Auch die Frage der Qualitätssicherung validierter Gesundheitsinformationssysteme („Websiegel“) wird von vitaler Bedeutung sein, um das Vertrauen der Öffentlichkeit zu gewinnen und aufrechtzuerhalten. Es sollte erkannt werden, dass die Vertrauensbildung maßgeblich ist, um die Bürger zur Nutzung von Informationsquellen zu ermuntern, die zuverlässige, ausgewogene und unparteiische Informationen und Ratschläge liefern, anstelle solcher Quellen, die unzulängliche bzw. sogar gefährliche Informationen, häufig für kommerzielle Zwecke, anbieten (1).

2.   Herausforderungen und Erwartungen in Bezug auf das europäische Gesundheitswesen und die Rolle der elektronischen Gesundheitsdienste

2.1

Zugänglichkeit der Dienste: In der Mitteilung heißt es, dass im Jahr 2051 40 % der Einwohner der Union älter als 65 Jahre sein werden. Die jüngeren Segmente dieser Altersgruppe werden Menschen sein, die in einem elektronischen Umfeld gelebt und gearbeitet haben und mit elektronischen Gesundheitsdiensten wahrscheinlich vertraut und zufrieden sind, sofern während ihres Erfahrungszeitraums die erforderlichen Qualitätskontrollen durchgeführt wurden. In den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts haben viele Menschen höherer Altersgruppen jedoch möglicherweise nur wenig Erfahrung mit elektronischen Gesundheitsdiensten, und vielen fehlt es an den erforderlichen IT-Kenntnissen, um die Entwicklungen im Bereich der elektronischen Gesundheitsdienste bestmöglich zu nutzen. Es handelt sich dabei genau um die Menschen, bei denen die größte Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie in stärkerem Maße auf den Zugang zu Gesundheitsfürsorgeleistungen angewiesen sind. Es müssen daher entsprechende Systeme vorhanden sein, bei denen die Gewähr besteht, dass ihre Interessen nicht beeinträchtigt werden. So wird es einige Jahre lang notwendig sein, alternative Kommunikationskanäle für den Zugang der Bürger zu den Gesundheitsdiensten bereitzustellen, beispielsweise per Telefon. Außerdem sollten Informationen in Papierformat verfügbar sein.

2.2

Es wird davon ausgegangen, dass ein Ausschuss unter Schirmherrschaft der GD Beschäftigung und Soziales die elektronischen Gesundheitsdienste einer Prüfung unterzieht, und zwar u.a. im Hinblick auf die „duale Gesellschaft“, die Unterschiede im städtischen und ländlichen Umfeld sowie Fragen zum Thema Bildung und Ausbildung für Angehörige der Heilberufe und Bürger. Eine Lösung dieser Fragen ist für die erfolgreiche Umsetzung der elektronischen Gesundheitsdienste von wesentlicher Bedeutung.

2.3

Technologische Infrastruktur: In der Mitteilung wird Bezug auf die Notwendigkeit von Maßnahmen zum „Ausbau von Breitband-Telekommunikationsnetzen“ genommen. Einige der derzeitigen Breitband-Internetverbindungen sind in bestimmten geografischen Gebieten nicht stabil genug. Dies hat gravierende Auswirkungen auf die Krankenhäuser und die Angehörigen der Heilberufe im Bereich der gesundheitlichen Grundversorgung in diesen Gebieten. Einige Aspekte der Telemedizin, wie die Übertragung von Röntgenuntersuchungsergebnissen, würden dadurch höchst unzuverlässig, wenn nicht gar unmöglich. In ländlichen oder dünn besiedelten Gebieten, in denen die derzeitigen Breitbandverbindungen relativ instabil sind, liegen die Einrichtungen der Gesundheitsfürsorge in der Regel weiter voneinander entfernt als in anderen Gebieten, und der potenzielle Nutzen von Anwendungen der elektronischen Gesundheitsdienste ist dementsprechend größer. Wenn örtliche Gesundheitsdienstleister Informationen für die Anwohner online bereitstellen wollen, ist es ferner von wesentlicher Bedeutung, dass die ortsansässige Bevölkerung über zuverlässige technologische Infrastrukturen verfügt, damit ein problemloser Zugang gewährleistet ist.

2.4

Es besteht somit Bedarf an Investitionen in die notwendige Ausstattung, um zu gewährleisten, dass die geeignete technologische Infrastruktur vorhanden ist, damit alle Beteiligten problemlos auf die die elektronischen Dienste zugreifen können. Diese Investitionen könnten aus den Kohäsions- und/oder Strukturfonds der EU sowie eventuell über die Europäische Investitionsbank finanziert werden.

2.5

Stärkung der „Gesundheitskunden“ – Patienten und gesunde Bürger: Es wird Bezug darauf genommen, dass die Menschen beim Umgehen mit ihren eigenen Krankheiten, Risiken und ihrer Lebensführung jetzt Hilfe benötigen, sowie darauf, dass die Menschen aktiv nach Informationen über ihre Gesundheitsprobleme suchen. Zusammenfassend gesagt, möchten die Menschen heute an behandlungsrelevanten Entscheidungen mit den Angehörigen der Heilberufe als Partner zusammenarbeiten.

2.6

Die bei weitem häufigste Intervention, die bei der Behandlung von Krankheiten und zum Schutz der Bürger vor schwerwiegenden Leiden wie koronare Herzkrankheit oder Schlaganfall zum Tragen kommt, ist die Verabreichung von Medikamenten. Die veröffentlichten Vorschläge für den „Fahrplan“ der Europäische Arzneimittelagentur (EMEA) lassen darauf schließen, dass der Wunsch nach Einrichtung einer EMEA-Datenbank besteht, in der alle Arzneimittel enthalten sind, die sowohl innerhalb eines Mitgliedstaats als auch im Rahmen des zentralisierten Verfahrens zugelassen wurden. Dieser Vorschlag sollte umgesetzt werden, sobald er sich als praktikabel erweist. Den Menschen, die Informationen über Arzneimittel über das Internet suchen, sollte ans Herz gelegt werden, als vorrangige Quelle die EMEA-Datenbank zu konsultieren, da die darin enthalten Informationen objektiv, zuverlässig und wissenschaftlich geprüft sind.

2.7

Alle „validierten“ Websites über Arzneimittel und medizinische Behandlungen sollten den Menschen ausdrücklich anraten, die darin enthaltenen Informationen bzw. mögliche Gesundheitsprobleme mit ihrem Arzt oder Apotheker zu diskutieren. In dem WHO-Bericht von 2003 mit dem Titel „Adherence to long term therapies – evidence for action“ wird auf die gravierenden Probleme hingewiesen, die durch eine fehlende Compliance bei der langfristigen medikamentösen Behandlung chronischer Krankheiten entstehen. Es handelt sich dabei nicht nur um eine Vergeudung von Ressourcen, sondern auch eine künftige Bedrohung für die Gesundheit des Einzelnen.

2.8

Jüngste Forschungsergebnisse (2) legen nahe, dass die Entscheidung, eine Medikation einzustellen, häufig auf eine dezidierte Entscheidung seitens der Patienten zurückzuführen ist und nicht etwa darauf, dass die Einnahme vergessen wurde. Die Gründe für mangelnde Compliance sind nach Aussage des WHO-Berichts unterschiedlich; Auslöser können jedoch häufig unangenehme Nebenwirkungen sein. In allen Initiativen der elektronischen Gesundheitsdienste, die Informationen über Arzneimittel und medizinische Behandlungen enthalten, sollte dies – im Rahmen eines beherzten Herangehens zur Förderung der Compliance – entsprechend berücksichtigt werden.

2.9

Eine Schlussfolgerung des WHO-Berichts lautete, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Compliance größere Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung haben können als manche spezifische medizinische Behandlung. In Zeiten der Mittelknappheit im Gesundheitswesen sollten geeignete Initiativen der elektronischen Gesundheitsdienste deshalb auf eine Verbesserung der Compliance abzielen.

2.10

In der Mitteilung wird unterstrichen, dass der Zugang zu „umfassenden und sicheren elektronischen Gesundheitsdatensätzen“ die Qualität der Versorgung und die Sicherheit des Patienten nachweislich verbessert. Das Dilemma besteht darin, wie das Vertrauen des Patienten in die Sicherheit und Vertraulichkeit von Gesundheitsdatensätzen aufrechterhalten werden und es gleichzeitig gewährleistet sein kann, dass allen Angehörigen der Heilberufe, die Gesundheitsfürsorgedienste für den Einzelnen erbringen, die notwendigen Informationen zur Verfügung stehen, die es ihnen ermöglichen, die qualitativ beste Versorgung zu leisten. Das Problem, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Vertraulichkeit der Daten aufrechtzuerhalten, wird durch die zunehmende grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung noch erschwert. Die Mitteilung eröffnet hier die Möglichkeit für eine Studie zum Thema Datenschutz im Kontext der elektronischen Gesundheitsdienste. Dies sollte eine Priorität darstellen.

2.11

Unterstützung von Gesundheitsbehörden und Gesundheitsmanagern: In der Mitteilung wird aufgezeigt, dass die elektronischen Gesundheitsdienste neue Möglichkeiten für Bewohner abgelegener Gebiete mit nur eingeschränkten Gesundheitsdiensten sowie für ausgegrenzte Gruppen (etwa Personen mit unterschiedlich schweren Behinderungen) eröffnen. Dies wird nur dann zur Realität, wenn dort, wo es erforderlich ist, die notwendigen Investitionen in die technologische Infrastruktur in abgelegenen Gebieten getätigt werden. Darüber hinaus wird eine entsprechende Anleitung für die Bürger ebenfalls von wesentlicher Bedeutung sein.

3.   Aktueller Stand

3.1

Wesentliche Herausforderungen auf dem Weg zu einer stärkeren Verbreitung: Wie in der Mitteilung klargestellt wird, ist die Interoperabilität ein zentrales Anliegen, das – wenn es erfüllt werden soll – ein beherzteres Herangehen erfordert, als dies bisher der Fall war. Benutzerfreundlichkeit sollte vor dem Hintergrund der notwendigen Investitionen leichter zu erreichen sein. Auf die Themen Vertraulichkeit und Sicherheit ist in dieser Stellungnahme bereits eingegangen worden.

3.1.1

Die in der allgemeinen Datenschutzrichtlinie enthaltenen Bestimmungen zur Schaffung eines Verhaltenskodexes für spezielle Bereiche wie Gesundheit sollten unverzüglich auf den Weg gebracht werden, insbesondere, um die Frage der Vertraulichkeit und Sicherheit anzugehen.

3.1.2

Neben einer Gewissheit bezüglich der Vertraulichkeit wird es den Bürgern ein Anliegen sein, dass – sollten Probleme infolge der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung entstehen – ihr Recht auf Ausgleich geschützt ist. Die Diskussionen über den Vorschlag für eine Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt (KOM(2004) 2 endg.) zeigen, dass sich die Deckung der Berufshaftpflichtversicherung von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat stark unterscheidet. Die Versicherer haben darauf hingewiesen, dass es das Erfordernis einer Berufshaftpflichtdeckung für Angehörige der Heilberufe für einige dieser Berufe unmöglich machen könnte, eine bezahlbare Deckung zu erreichen. Diese wären dann vor die Wahl gestellt, Leistungen zu verweigern oder gesetzeswidrig zu handeln. Dieses Problem muss gelöst werden, wenn die Bürger Vertrauen in die Nutzung der grenzüberschreitenden Leistungen der elektronischen Gesundheitsdienste haben sollen.

3.2

Die Frage der Qualifikationen der Anbieter grenzüberschreitender Gesundheitsdienste berührt auch die Bürger, wie es die Diskussionen über die vorgeschlagene Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (KOM(2002) 119 endg.) deutlich gezeigt haben. Es ist von wesentlicher Bedeutung, dass die elektronischen Gesundheitsdienste nicht zur Umgehung einzelstaatlicher Rechtsvorschriften genutzt werden, d.h. die Ordnungsbehörde im Aufnahmeland muss darüber informiert sein, dass ein Angehöriger der Heilberufe eines anderen Mitgliedstaats eine Dienstleistung anbietet, und die Gewissheit haben, dass der betreffende Angehörige der Heilberufe angemessen qualifiziert ist, über eine Lizenz zur Ausübung seines Berufes verfügt und nicht Gegenstand von disziplinarischen Sanktionen ist. Die Bürger möchten sicher sein, dass die Angehörigen der Heilberufe aus anderen Mitgliedstaaten, die Dienstleistungen für sie bereitstellen, dieselben Anforderungen erfüllen, die in ihrem Mitgliedstaat gelten. Im Text der betreffenden Richtlinie muss eine Lösung gefunden werden, wenn die Bürger Vertrauen in die Nutzung der elektronischen Gesundheitsdienste haben sollen.

3.3

Ein Beispiel, das zur Verstärkung der Sicherheit und rechtlichen Gewissheit beitragen würde, wäre die Standardisierung der elektronischen Verschreibungsformulare. Derzeit gibt es in der ganzen EU kein standardisiertes Format für papiergestützte Verschreibungen; dies ist ein weiteres Element, das für Patienten, die eine Verschreibung in einem anderen Mitgliedstaat einlösen wollen als dem, in dem sie ausgestellt wurde, zu Problemen führt. Es scheint daher zweckmäßig, die Standardisierung von elektronischen Verschreibungsformularen schon jetzt zu prüfen, da die elektronischen Verschreibungsdienstleistungen noch in den Kinderschuhen stecken, als abzuwarten, bis die Systeme in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten etabliert sind. Die Vertreter des ärztlichen, zahnärztlichen und pharmazeutischen Berufsstandes in der EU sollten eingeladen werden, an einer solchen Initiative mitzuwirken.

3.4

Wie in der Mitteilung dargelegt wird, bevorzugen die Bürger Dienstleistungen, die auf ihre Bedürfnisse und Anforderungen zugeschnitten sind und von denen sie wissen, dass ihr Recht auf Schutz der Privatsphäre gewahrt wird. Es ist davon auszugehen, dass die Einführung von Systemen der elektronischen Gesundheitsdienste rascher vonstatten gehen würde, wenn die Bedürfnisse und Interessen der Nutzergruppen (Angehörige der Heilberufe, Patienten und Bürger) mit berücksichtigt würden. Deshalb sollten die Vertreter von Nutzergruppen in die Entwicklung von Projekten der elektronischen Gesundheitsdienste einbezogen werden. Diese Gruppen werden dann mit größerer Wahrscheinlichkeit zu Nutzern und Förderern der elektronischen Gesundheitsdienste. Die Tatsache, dass alle Gruppen von Beteiligten in der Lage sind, bei der Durchführung eines Projekts ein Vetorecht geltend zu machen, falls sich dieses als nicht nutzbringend erweist, sollte bei den Planern dieser Projekte oberste Priorität haben.

3.5

Das Risiko, dass die im Absatz Zugang für alle zu elektronischen Gesundheitsdiensten genannten Gesellschaftsgruppen von den Möglichkeiten der elektronischen Gesundheitsdienste ausgeschlossen bleiben könnten, muss als Priorität behandelt werden, damit sich die Menschen in diesen bereits benachteiligten Gruppen nicht noch mehr ausgegrenzt fühlen. Die elektronischen Gesundheitsdienste könnten – wenn sie auf geeignete Weise bereitgestellt werden – ein wichtiges Element für eine verbesserte Gesundheitsversorgung dieser Gruppen darstellen.

4.   Hin zu einem europäischen Raum der elektronischen Gesundheitsdienste: Themen und Maßnahmen

4.1

Die Ziele, die hier für die eingangs in der Mitteilung aufgeworfenen Fragen aufgeführt sind, werden nur dann erreicht, wenn volles Engagement seitens der Mitgliedstaaten besteht und alle Beteiligten, einschließlich der Vertreter von Patienten, Bürgern und Angehörigen der Heilberufe, schon von Beginn an sowohl auf einzelstaatlicher als auch auf Gemeinschaftsebene stärker beteiligt werden, die Erreichung der gesteckten Ziele sorgfältig und konsistent überwacht wird und die erforderlichen Investitionen in die technologische Infrastruktur getätigt werden. Dies wird in großem Maße dazu beitragen, die Bürger dazu zu ermuntern, Vertrauen in die Nutzung der elektronischen Gesundheitsdienste zu haben und ihre Weiterentwicklung zu unterstützen. Ohne die Unterstützung durch die Bürger lässt sich nur wenig erreichen.

Der Ausschuss der Regionen hat nur einige Teilüberschriften in diesem Abschnitt der Mitteilung kommentiert.

4.2

Aktionsbereich 1: Gemeinsame Probleme angehen: (Ziffer 4.2.1 der Mitteilung) Es ist wichtig, dass die Mitgliedstaaten und die Kommission die Frage der Rückerstattung an grenzüberschreitende Patienten untersuchen. So könnte in der Tat der Umstand erwogen werden, in dem z.B. für einen in Grenznähe lebenden Patienten der nächstgelegene Spezialist, der ihm am geeignetsten erscheint, ihm per Fernkonsultation (wie unter Ziffer 4.3.2 vorgesehen) gegebenenfalls ein medizinisches Zweitgutachten auszustellen, in einem Krankenhaus praktiziert, das sich in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Patienten befindet. Das Fehlen einer Regelung wäre von diesen Patientengruppen nur schwer nachzuvollziehen; daher müsste eine Regelung in Analogie zu den Vorschriften in den einzelnen Mitgliedstaaten geschaffen werden.

4.2.1

(Ziffer 4.2.3 der Mitteilung) Was die Mobilität der Patienten betrifft, so wird die Festlegung eines gemeinsamen Ansatzes für die Patientenidentifikation, wie unter Ziffer 4.2.2.1 vorgesehen, sowie das Vertrauen darauf, dass strenge Kontrollen vorhanden sind, um die Kompetenz der Angehörigen der Heilberufe zu gewährleisten, die Dienste in den Mitgliedstaaten erbringen, von großer Bedeutung sein.

4.2.2

(Ziffer 4.2.4 der Mitteilung) Der Ausschuss der Regionen wiederholt diesbezüglich seine Bemerkung, dass eine finanzielle Unterstützung seitens der Gemeinschaft wesentlich sein wird, um den Ausbau der technologischen Infrastruktur in einigen schlecht bedienten Gebieten zu beschleunigen.

4.2.3

(Ziffer 4.2.7 der Mitteilung) In der Mitteilung der Kommission heißt es, dass eine Sicherheit bezüglich der Haftung für Produkte und Dienste der elektronischen Gesundheitsdienste „nützlich wäre“. Dieser Wortlaut sollte nach Auffassung des Ausschusses der Regionen ersetzt werden durch „wesentlich ist“, wenn das Vertrauen der Patienten in die Nutzung der elektronischen Gesundheitsdienste aufgebaut und aufrechterhalten werden soll. Für die Kommission sollte in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten ein früherer Termin als 2009 gesetzt werden, um den notwendigen Rahmen für größere rechtliche Sicherheit auf diesem Gebiet zu schaffen.

4.3   Aktionsbereich 2: Pilotaktionen, um eine förderliche Einführung zu beschleunigen

4.3.1

(Ziffer 4.3.1 der Mitteilung) Der Ausschuss der Regionen begrüßt die finanzielle Beteiligung der Kommission an der Entwicklung von Qualitätskriterien für gesundheitsbezogene Websites. Es sollten langfristige Kampagnen seitens der Regierungen und der Angehörigen der Heilberufe durchgeführt werden, um die Bürger zu ermuntern, bevorzugt Websites zu nutzen, die ein „Websiegel“ tragen. Eine formale, konstante Überwachung solcher Websites zur Gewährleistung der kontinuierlichen Einhaltung der Qualitätskriterien wird von wesentlicher Bedeutung sein.

4.3.2

(Ziffer 4.3.3 der Mitteilung) Der Ausschuss der Regionen begrüßt die Einführung der Europäischen Krankenversicherungskarte. Die vorgeschlagene Europäische Gesundheitskarte sollte bei ihrer Einführung die auf der Krankenversicherungskarte enthaltenen Informationen sowie auf Wunsch des Patienten seine wichtigsten Gesundheitsdaten umfassen. Der Patient sollte dann in der Lage sein, einzelnen Angehörigen der Heilberufe den Zugang zu relevanten Daten zu gewähren, um sicherzustellen, dass sie die qualitativ beste Versorgung leisten. Dies macht wiederum deutlich, wie wichtig es ist, die Interoperabilität der elektronischen Technologie zu gewährleisten. Es sollte darauf geachtet werden, dass bestimmte Gesundheitsdaten, die für eine selektive Nutzung „herausgepickt“ werden könnten, nicht an Krankenversicherungsunternehmen bereitgestellt werden.

4.3.3

(Ziffer 4.4.1 der Mitteilung) Die Einrichtung des hochrangigen Forums zu elektronischen Gesundheitsdiensten zur Unterstützung der Kommissionsdienststellen wird dadurch, dass es bekräftigt, dass alle Beteiligten von Beginn an mit einbezogen werden, die ideale Möglichkeit zur Vertrauensbildung bieten. Es ist davon auszugehen, dass im Rahmen des Forums Arbeitsgruppen zu bestimmten Themen, zu denen natürlich die Interoperabilität zählen sollte, eingesetzt werden können. Es sollte eine enge Verbindung zwischen dem Forum zu elektronischen Gesundheitsdiensten und der hochrangigen Reflexionsgruppe zu Gesundheitsversorgung und medizinischen Diensten bestehen, die im Rahmen der Mitteilung der Kommission über Patientenmobilität eingerichtet werden soll.

5.   Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

5.1

empfiehlt, finanzielle Unterstützung über EU-Struktur-/Kohäsionsfonds oder aus der Europäischen Investitionsbank bereitzustellen, um die erforderliche Effizienz von Breitband-Telekommunikationsnetzen in Gegenden sicherzustellen, die andernfalls schlecht bedient wären;

5.2

empfiehlt, dass das Problem, das Vertrauen der Patienten in die Vertraulichkeit personenbezogener Gesundheitsdaten aufrechtzuerhalten und gleichzeitig zu erläutern, inwiefern es von Nutzen ist, dass die an ihrer Behandlung beteiligten Angehörigen der Heilberufe einschlägige Informationen auszutauschen, von der Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten prioritär angegangen werden sollte;

5.3

empfiehlt, Vertreter von Patienten, Bürgern und den Angehörigen der Heilberufe von Beginn an in alle Vorschläge in Bezug auf Projekte der elektronischen Gesundheitsdienste einzubeziehen;

5.4

empfiehlt, dezidierte Schritte einzuleiten, um zu gewährleisten, dass die Interessen von Menschen höherer Altersgruppen und anderer gefährdeter Personengruppen in Bezug auf sämtliche Projekte der elektronischen Gesundheitsdienste spezielle Berücksichtigung finden und einige Jahre lang alternative Möglichkeiten für die Suche nach Informationen und Rat bereitgestellt werden;

5.5

empfiehlt, in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten einen viel früheren Termin als 2009 zu setzen, um den notwendigen Rahmen für größere rechtliche Sicherheit bezüglich der Haftung für Produkte und Dienste der elektronischen Gesundheitsdienste zu schaffen;

5.6

empfiehlt, der Frage der Rückerstattung grenzüberschreitend erbrachter Gesundheitsdienste Priorität einzuräumen;

5.7

empfiehlt, die Bürger seitens der Regierungen der Mitgliedstaaten und der Angehörigen der Heilberufe langfristig dazu zu ermuntern, bevorzugt Websites zu nutzen, die ein „Websiegel“ tragen;

5.8

empfiehlt, ein System einzurichten, mit dem sichergestellt wird, dass die mit einem „Websiegel“ versehenen Websites konsequent den festgelegten Qualitätskriterien genügen;

5.9

empfiehlt, dass die elektronischen Gesundheitsdienste, die an medikamentöse Behandlungen geknüpft sind, das schwerwiegende Problem der fehlenden Compliance mit Medikationsplänen angehen;

5.10

empfiehlt, eine enge Verbindung zwischen dem Forum zu elektronischen Gesundheitsdiensten und der hochrangigen Reflexionsgruppe zu Gesundheitsversorgung und medizinischen Diensten zu knüpfen, die im Rahmen der Mitteilung der Kommission über Patientenmobilität eingerichtet werden soll.

Brüssel, den 17. November 2004

Der Präsident

Des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


(1)  Im Rahmen einer jüngsten Erhebung unter 32 der beliebtesten Websites für alternative und komplementäre Behandlungsmethoden, die tagtäglich angeblich Zehntausende von „Besuchern“ verzeichnen, stieß man auf 118 verschiedene „Heilmethoden“ für Krebs und 59 so genannte Präventivbehandlungen, von denen in keinem Fall nachgewiesen werden konnte, dass sie über die beanspruchte Wirkung verfügen. Auf einem Fünftel der Websites wurden die Patienten zudem – entweder aktiv oder indirekt – davon abgehalten, konventionelle Behandlungsmethoden für Krebs zu nutzen (Studie veröffentlicht in der Zeitschrift „Annals of Oncology“, zitiert in den BBC News vom 15. April 2004).

(2)  Barber N., Parsons J., Clifford S., Darracott R., Horne R., „Patients' problems with new medication for chronic diseases“, Quality and Safety in Healthcare, Nr. 13. Juni 2004.