31998H0463

98/463/EG: Empfehlung des Rates vom 29. Juni 1998 über die Eignung von Blut- und Plasmaspendern und das Screening von Blutspenden in der Europäischen Gemeinschaft

Amtsblatt Nr. L 203 vom 21/07/1998 S. 0014 - 0026


EMPFEHLUNG DES RATES vom 29. Juni 1998 über die Eignung von Blut- und Plasmaspendern und das Screening von Blutspenden in der Europäischen Gemeinschaft (98/463/EG)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 129 Absatz 4 zweiter Gedankenstrich,

gestützt auf den Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Gemäß Artikel 3 Buchstabe o) des Vertrags umfaßt die Tätigkeit der Gemeinschaft einen Beitrag zur Erreichung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus.

(2) In der Mitteilung der Kommission vom 21. Dezember 1994 über die Sicherheit von Blut und die Selbstversorgung mit Blut in der Europäischen Gemeinschaft wird die Notwendigkeit einer Strategie im Blutsektor zur Stärkung des Vertrauens in die Sicherheit der Bluttransfusionskette sowie zur Förderung der Selbstversorgung der Gemeinschaft festgestellt.

(3) Auf die Mitteilung der Kommission hin hat der Rat am 2. Juni 1995 eine Entschließung über die Sicherheit von Bluttransfusionen und die Selbstversorgung mit Blut in der Gemeinschaft (2) angenommen.

(4) Am 12. November 1996 hat der Rat eine Entschließung über eine Strategie für die Sicherheit von Blut und die Selbstversorgung mit Blut in der Gemeinschaft (3) angenommen.

(5) Das Europäische Parlament hat in seinen Entschließungen über die Sicherheit von Blut und die Selbstversorgung in der Europäischen Gemeinschaft (4) (5) (6) (7) betont, wie wichtig es ist, daß bei der Spenderauswahl und der Spendenuntersuchung das höchste Sicherheitsniveau gewährleistet wird, und welche Bedeutung dem Grundsatz der Freiwilligkeit und Unentgeltlichkeit der Spenden zukommt; es hat ferner bekräftigt, daß es das Ziel der Selbstversorgung in der Gemeinschaft weiterhin unterstützt.

(6) Die Richtlinie 89/381/EWG (8) erweiterte das Arzneimittelrecht auf die Gewährleistung von Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit gewerblich zubereiteter Arzneispezialitäten aus menschlichem Blut oder Blutplasma; die Richtlinie als solche gilt jedoch nicht für Vollblut, Blutplasma und Blutzellen menschlichen Ursprungs.

(7) Die therapeutische Verwendung von Blut und Arzneimitteln aus menschlichem Blut und Blutplasma tragen in hohem Maße zur Rettung von Menschenleben bei und sind für Menschen mit chronischen Bluterkrankungen von großem Nutzen. Trotz ihres großen therapeutischen Wertes können Blut, Blutkomponenten sowie Blut- und Plasmaderivate jedoch Infektionskrankheiten übertragen.

(8) Die Verfügbarkeit von Blut und Plasma für therapeutische Zwecke und als Ausgangsstoff für die Herstellung von Arzneimitteln hängt von der Bereitschaft und Großzügigkeit der spendenwilligen Unionsträger ab.

(9) Die Spenden sollten freiwillig und unentgeltlich sein.

(10) Hinsichtlich der Verwendung von Blut oder Blutplasma als Ausgangsstoff für die Herstellung von Arzneimitteln nennt Artikel 3 der Richtlinie 89/381/EWG Maßnahmen, die im Rahmen der Änderung der Vorschriften für Versuche mit Arzneimitteln gemäß Artikel 6 derselben Richtlinie von den Mitgliedstaaten zu treffen sind, um der Übertragung ansteckender Krankheiten vorzubeugen; zu diesen Maßnahmen gehören die Anwendung der Monographien des Europäischen Arzneibuchs und der Empfehlungen des Europarats und der Weltgesundheitsorganisation (WHO), insbesondere für die Auswahl und Untersuchung von Spendern von Blut und Blutplasma, Maßnahmen zur Förderung der Selbstversorgung der Gemeinschaft mit menschlichem Blut und Blutplasma sowie Maßnahmen zur Förderung freiwilliger, unentgeltlicher Blut- und Blutplasmaspenden.

(11) Es ist nicht immer möglich, zum Zeitpunkt der Vollblut- oder Plasmasammlung zu wissen, welche Spende für die Weiterverarbeitung und welche für Transfusionen verwendet wird.

(12) Das gesamte für therapeutische Zwecke - sei es für Transfusionen oder für die weitere Verarbeitung zu gewerblich hergestellten Arzneimitteln - verwendete Blut und Plasma sollte Personen abgenommen werden, deren Gesundheitszustand gewährleistet, daß die Spende keine nachteiligen Auswirkungen auf ihre Gesundheit hat und das Risiko einer Übertragung von Infektionskrankheiten minimal ist. Jede einzelne Blutspende sollte nach Regeln untersucht werden, die sicherstellen, daß alle erforderlichen Maßnahmen getroffen wurden, um die Gesundheit der Bürger der Gemeinschaft, denen Blut und Blutprodukte verabreicht werden, zu schützen.

(13) Da die Bluttransfusionssysteme in den Mitgliedstaaten ihren Bürgern dienen sollen, muß deren Vertrauen in die Sicherheit dieser Systeme sichergestellt werden.

(14) Aus epidemiologischen, historischen und kulturellen Gründen sind Strategie und Praxis der Mitgliedstaaten bei der Spenderauswahl und beim Screening von Spenden innerhalb der Gemeinschaft unterschiedlich.

(15) Um eine ausreichende Versorgung für klinische Zwecke sicherzustellen, kommt es entscheidend darauf an, daß die Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, damit diese Unterschiede beseitigt werden und in allen Sicherheitsaspekten der Bluttransfusionskette gegenseitiges Vertrauen aufgebaut wird.

(16) Die Eignung einer Person als Blut- und Plasmaspender ist ein wesentlicher Faktor der Sicherheit von Blut und Blutprodukten.

(17) Potentielle Spender sollten mit Hilfe eines Fragebogens, der von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich sein kann, schriftlich befragt werden, um allgemeine Risikoverhaltensweisen und Krankheiten festzustellen.

(18) Es müssen alle Maßnahmen getroffen werden, um die Gesundheit der Blut- oder Plasmaspender zu schützen und das Risiko der Übertragung von Infektionskrankheiten über Blut oder Blutprodukte zu minimieren.

(19) Eine gemeinschaftsweite Annäherung der Praxis der Zulassung von Spendern, des Screenings von Spenden und der Aufzeichnung der sachdienlichen Daten wird dazu beitragen, daß das Vertrauen in die Sicherheit der Blut- und Plasmaspenden und des Transfusionsverfahrens wächst. Um eine solche Annäherung der Praxis zu erreichen, sind Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene erforderlich.

(20) Die auf Gemeinschaftsebene ergriffenen Maßnahmen sollten auf nationaler und internationaler Ebene vorhandene Leitlinien, Empfehlungen und Normen für Blut - insbesondere die der WHO und des Europarats - berücksichtigen.

(21) Nach dem Grundsatz der Subsidiarität können neue Maßnahmen in einem Bereich, der nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft fällt, wie z. B. die Spendereignung und die Untersuchung von Spenden, nur dann von der Gemeinschaft eingeleitet werden, wenn aufgrund des Umfangs oder der Auswirkungen der vorgeschlagenen Maßnahmen die Ziele eher von der Gemeinschaft als von den Mitgliedstaaten erreicht werden können. Daher müssen im Interesse der Sicherheit der Blut- und Plasmaspenden und des Gesundheitsschutzes der Spender, des Vertrauens der Bürger in die Sicherheit der Bluttransfusionskette - insbesondere, wenn sie sich innerhalb der Gemeinschaft bewegen - wie auch im Interesse der in den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft vorgesehenen Selbstversorgung der Gemeinschaft allgemein vereinbarte Empfehlungen für die Feststellung der Eignung von Spendern und die Untersuchung von Spenden eingeführt werden.

(22) Es steht den Mitgliedstaaten jedoch weiterhin frei, über die in dieser Empfehlung empfohlenen Kernkriterien hinausgehende Vorschriften beizubehalten oder einzuführen, sofern sie die Bestimmungen des Vertrages oder aufgrund des Vertrages angenommener Maßnahmen einhalten; auch liegt die Entscheidung über die Ein- und Ausfuhr von Spendeblut und -plasma weiterhin in ihrer Verantwortung.

(23) Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit müssen die auf Gemeinschaftsebene eingesetzten Instrumente zur Förderung zweckmäßiger, gemeinschaftsweit abgestimmter Verfahren zur Feststellung der Eignung von Blut- und Plasmaspendern und für das Screening der Spenden gemessen an der Zielsetzung verhältnismäßig sein. Im Sinne des Artikels 129 des Vertrages sind Empfehlungen des Rates dafür auf Gemeinschaftsebene geeignete Instrumente. Diese Empfehlungen müssen mit der Richtlinie 89/381/EWG übereinstimmen.

(24) Die Empfehlungen zur Spendereignung und zu den Untersuchungsanforderungen sind Teil einer Strategie zur Förderung der Sicherheit der Bluttransfusionskette, zu der auch die Inspektion und Zulassung von Blutsammeleinrichtungen, Anforderungen bezüglich der Qualitätssicherung bei den angewandten Verfahren, die optimale Verwendung von Blut und Blutprodukten, die Hämovigilanz und die Sensibilisierung der Öffentlichkeit gehören.

(25) Die Gemeinschaft muß hinsichtlich der Sicherheit von Blut und Blutprodukten in optimaler Weise wissenschaftlich beraten werden; wenn keine wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen, muß das Vorsorgeprinzip Vorrang haben.

(26) Die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (9) legt spezielle Kriterien für die Verarbeitung von Gesundheitsdaten fest -

EMPFIEHLT:

1. Definitionen

Für die Zwecke dieser Empfehlung sollten die Mitgliedstaaten die in Anhang I aufgeführten Begriffe in dem dort angegebenen Sinn verwenden.

2. Informationen für potentielle Spender

Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, daß alle potentiellen Blut- oder Plasmaspender folgende Informationen erhalten:

2.1. Zur Aufklärung der Spender

a) genaues, aber allgemeinverständliches Informationsmaterial über die wesentlichen Eigenschaften von Blut, die daraus gewonnenen Produkte und den besonderen Wert der Blut- und Plasmaspenden für die Patienten.

b) die Gründe für die Erstellung einer Krankengeschichte, die körperliche Untersuchung und die Untersuchung der Spenden; Information über das Risiko der Übertragung von Infektionskrankheiten über Blut und Blutprodukte; die Anzeichen und Symptome von HIV/Aids und Hepatitis und die Bedeutung der "Einwilligung nach vorheriger Aufklärung", eines Rücktritts, einer Rückstellung und eines Ausschlusses.

c) die Gründe, die wegen möglicher schädlicher Auswirkungen auf die Gesundheit des Spenders gegen eine Spende sprechen.

d) die Gründe, die wegen eines Risikos für die Empfänger gegen eine Spende sprechen, wie z. B. riskantes Sexualverhalten, HIV/Aids, Hepatitis, Drogenabhängigkeit sowie Einnahme und Mißbrauch von Arzneimitteln.

e) die Möglichkeit, im Falle eines Sinneswandels problemlos und ohne Unannehmlichkeiten von der Spende zurückzutreten.

f) Informationen über die Möglichkeit des Rücktritts oder Selbstausschlusses zu jedem Zeitpunkt im Spendenablauf.

g) die Möglichkeit, jederzeit Fragen zu stellen.

h) die Zusicherung, daß der Spender, falls die Untersuchung einen pathologischen Befund ergibt, informiert und zu seiner eigenen Sicherheit wie auch zur Sicherheit potentieller Empfänger entsprechend den Empfehlungen nach Anhang II Abschnitte B und C von der Spende zurückgestellt oder ausgeschlossen wird. Potentielle Spender, die nicht in dieser Weise informiert werden wollen, sollten von der Spende ausgeschlossen werden.

i) spezielle Informationen über die Art der Verfahren, die Teil des Spendenablaufs sind, und die damit verbundenen Risiken für diejenigen, die an Vollblutspenden oder Phereseprogrammen teilnehmen wollen.

2.2. Zur Vertraulichkeit

a) Informationen über die Maßnahmen zur Wahrung der Vertraulichkeit aller gesundheitsbezogenen Angaben gegenüber dem medizinischen Personal, der Ergebnisse der Spendenuntersuchungen sowie der späteren Rückverfolgbarkeit der Spenden.

b) die Zusicherung der Vertraulichkeit aller mit potentiellen Spendern geführten Gespräche.

c) die Möglichkeit, die Blut- und Plasmasammeleinrichtung in einem vertraulichen Rücktrittsverfahren zu bitten, die Spende nicht zu verwenden.

3. Erforderliche Angaben des potentiellen Spenders

Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, daß alle potentiellen Spender nach der Einwilligung in die Blut- oder Plasmaspende der Blut- oder Plasmasammeleinrichtung folgende Angaben machen:

3.1. Angaben zur Identität

Sachdienliche Angaben zur Feststellung der Identität: Name (Vor- und Zuname), Anschrift und Geburtsdatum - oder ein anderes Verfahren, nach dem die Identität jedes Spenders eindeutig festgestellt werden kann.

3.2. Krankengeschichte

a) Angaben zur Gesundheit und zur Krankengeschichte einschließlich relevanter Verhaltensmerkmale, die zur Identifizierung und Ermittlung von Personen beitragen können, bei denen die Spende ein Gesundheitsrisiko für sie selbst oder für andere das Risiko der Übertragung einer Krankheit bergen könnte, mit Hilfe eines schriftlichen Fragebogens, der sich auf die in Anhang II empfohlenen Kriterien bezieht, und eines persönlichen Gesprächs mit einem qualifizierten Mitglied des medizinischen Personals.

b) Unterschrift des Spenders auf dem Spenderfragebogen - neben der des Mitglieds des medizinischen Personals, mit dem das Gespräch geführt wurde - oder auf einer gesonderten Bescheinigung, mit der der Spender bestätigt, daß das zur Verfügung gestellte Informationsmaterial gelesen und verstanden wurde, daß Gelegenheit bestand, Fragen zu stellen und zufriedenstellende Antworten gegeben wurden, daß er damit einverstanden ist, daß seine Blut- oder Plasmaspende in dem Land, in dem er gespendet hat, oder in einem anderen Land, in das die Spende verbracht wird - dies geschieht, insbesondere was die Zweckbestimmung der Spende anbelangt, nach den Vorschriften des Landes, in dem gespendet wurde - für Patienten verwendet wird, die eine Transfusion oder Blutprodukte benötigen. Der Spender muß sein in voller Kenntnis der Umstände gegebenes Einverständnis mit der Fortführung des Spendenablaufs erklären.

4. Spenderregistrierung

Die Mitgliedstaaten sollten dafür Sorge tragen, daß ein Spenderidentifizierungs-/registrierungssystem mit folgender Zielsetzung eingeführt wird:

4.1. Identifizierung des Spendezentrums

In allen Mitgliedstaaten sollte jede Spendeeinrichtung eindeutig identifiziert werden können.

4.2. Spenderidentifizierung und Aktenführung

a) Daten zur Identifizierung potentieller Spender sollten in ein automatisches oder manuelles System aufgenommen werden, damit bei jeder Spende eine Überprüfung vorgenommen werden kann.

b) Über Spender und potentielle Spender sollten Akten geführt werden, die eine eindeutige Identifizierung gewährleisten; die Spenderidentität muß vor unerlaubtem Zugriff auf vertrauliche Informationen geschützt werden; es muß jedoch möglich sein, jede Spende später zurückzuverfolgen.

c) Es sollte erlaubt sein, Informationen über negative Reaktionen des Spenders auf die Spende und Gründe für die Rückstellung oder den Ausschluß einer Person als Spender unter Wahrung der Vertraulichkeit in die Akten aufzunehmen.

5. Spendereignung

Um die Eignung der als Blut- und Plasmaspender zuzulassenden Personen zu gewährleisten, sollten die Mitgliedstaaten für folgendes Sorge tragen:

5.1. Eignungskriterien für die Zulassung von Vollblutspendern und Spendern von Blutkomponenten durch Apherese

a) Die allgemeinen Kriterien für die Zulassung von Blut- und Plasmaspendern müssen in allen Spendeeinrichtungen in veröffentlichter Form vorliegen, und den Spendern muß die Bedeutung ihrer Spendebereitschaft, aber auch die Bedeutung der Zulassungskriterien deutlich gemacht werden.

b) Die Antworten auf die in dem schriftlichen Fragebogen und/oder im persönlichen Gespräch gestellten Fragen müssen in ausreichendem Maße sicherstellen, daß die Spende keine nachteiligen Auswirkungen auf die Gesundheit der Empfänger der aus der Spende stammenden Produkte haben wird.

c) Der potentielle Spender muß die in Anhang II Abschnitt A empfohlenen körperlichen Kriterien erfuellen, damit die Spende sich nicht nachteilig auf seine Gesundheit auswirkt.

d) Die Eignung eines potentiellen Spenders muß bei jeder Spendesitzung festgestellt werden.

e) Das Verfahren der "Ersatzspender" ist stufenweise einzustellen.

f) Ist die Eignung eines potentiellen Spenders fraglich, so muß die Zulassung von einem zuständigen Arzt schriftlich bestätigt werden.

5.2. Kriterien für die Rückstellung oder den Ausschluß von Vollblutspendern und Spendern von Blutkomponenten durch Apherese

Spender, die eine der in Anhang II Abschnitte B und C aufgeführten Bedingungen oder Merkmale aufweisen, müssen als Blut- oder Plasmaspender zurückgestellt oder ausgeschlossen werden.

5.3. Rückstellungs- und Ausschlußvermerke

Die Spendeeinrichtungen vermerken Rückstellungen und Ausschlüsse potentieller Spender und die Gründe dafür in ihren Akten.

6. Datenschutz

Die Mitgliedstaaten sollten entsprechend der Richtlinie 95/46/EG die Vertraulichkeit empfindlicher medizinischer Informationen über potentielle Spender sicherstellen und insbesondere

a) dafür Sorge tragen, daß Datensicherungsverfahren und Sicherheitsvorkehrungen gegen unerlaubte Zusätze, Streichungen oder Änderungen an Daten in Spenderdateien oder Rückstellungs- und Ausschlußregistern sowie gegen die Übertragung von Informationen vorhanden sind;

b) dafür Sorge tragen, daß Verfahren zur Klärung von Datenunstimmigkeiten zur Verfügung stehen;

c) verhindern, daß solche Informationen unbefugt preisgegeben werden, und sicherstellen, daß die Spenden zurückverfolgt werden können.

7. Mengen und Zeitabstände

Zum Schutz der Gesundheit des Spenders sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, daß

a) die Mengen an Blut und Plasma nicht größer sind als in Anhang III empfohlen;

b) die Zeitabstände zwischen den Spenden nicht kürzer sind als in Anhang III empfohlen;

c) dem Spender medizinische Betreuung zur Verfügung steht, falls aufgrund der Spende Komplikationen eintreten.

8. Screening von Proben der Blutspenden

Um die Sicherheit aller Blut- und Plasmaspenden zu gewährleisten, sollten die Mitgliedstaaten

a) sicherstellen, daß eine Probe aller Blut- oder Plasmaspenden, unabhängig davon, ob sie für Transfusionen oder zur gewerblichen Weiterverarbeitung zu Arzneimitteln verwendet werden, mit Hilfe anerkannter Screening-Tests auf durch Blut oder Plasma übertragbare Krankheiten untersucht wird, um mehrfach reaktive Konserven auszuschließen;

b) sicherstellen, daß alle Blut- und Plasmaspenden vor ihrer Verwendung im Hinblick auf die in Anhang IV aufgeführten Marker übertragbarer Krankheiten einen nichtreaktiven Befund aufweisen;

c) vorschreiben, daß beim ersten Screening reaktive Blutproben unter Berücksichtigung des in Anhang V wiedergegebenen indikativen Algorithmus noch einmal untersucht werden.

9. Zusätzliche Maßnahmen

Die Mitgliedstaaten sollten:

a) sicherstellen, daß in der Spendeeinrichtung geeignete Beratungsmöglichkeiten für potentielle Spender vorhanden sind, die zurückgestellt oder ausgeschlossen werden;

b) die Sammlung, Auswertung und Bewertung epidemiologischer Daten über Spender und Spenden im Interesse einer erhöhten Sicherheit von Bluttransfusionen fördern;

c) dafür sorgen, daß die vorliegende Empfehlung an alle Betroffenen, insbesondere an die Blutsammeleinrichtungen in ihrem Gebiet verteilt wird;

d) alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um die Bereitschaft zu freiwilligen und unentgeltlichen Blut- oder Plasmaspenden zu fördern und die Bemühungen des Europarats auf diesem Gebiet uneingeschränkt unterstützen; sie sollten ferner folgende Definition des Europarats zu dem Begriff "freiwillige und unentgeltliche Spende" berücksichtigen;

"Eine Spende gilt als freiwillig und unentgeltlich, wenn die Person, die Blut, Plasma oder zelluläre Bestandteile spendet, dieses aus eigenem, freiem Willen tut und keine Bezahlung in Form von Bargeld oder anderen geldwerten Leistungen erhält. Dies schließt auch eine Vergütung in Form von Freizeit aus, die über den angemessenen Zeitaufwand für die Spende und die An- bzw. Abreise hinausgeht. Kleinere Anerkennungen, Erfrischungen und die Erstattung der Reisekosten sind mit dem Begriff der freiwilligen, unentgeltlichen Spende vereinbar."

ERSUCHT DIE KOMMISSION,

- darüber zu berichten, inwieweit diese Empfehlungen berücksichtigt werden, und die darin behandelten Fragen laufend zu überprüfen, um die erforderlichen Änderungs- und Aktualisierungsvorschläge vorzulegen und nationale Fachleute aus allen Mitgliedstaaten in die Vorbereitung dieser Vorschläge einzubeziehen;

- anhand wissenschaftlicher Studien Arbeiten bezüglich der potentiellen Auswirkungen eines Abweichens von den in Anhang III angegebenen Hoechstmengen und Mindestzeitabständen zwischen den Spenden auf die Gesundheit Vorrang einzuräumen, um insbesondere festzustellen, ob die Abnahme eines über die Empfehlungen der bestehenden internationalen Leitlinien hinausgehenden Jahresvolumens bei der Plasmapherese nachteilige Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann, und Arbeiten im Hinblick auf einheitliche Hoechstwerte bezüglich der Mengen und der Frequenz bei anderen Arten der Apherese in Angriff zu nehmen;

- gegebenenfalls eine gemeinsame Terminologie für die weitere Entwicklung der Gemeinschaftsstrategie für die Sicherheit von Blut und die Selbstversorgung mit Blut vorzuschlagen;

- so bald wie möglich in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten alle Aspekte der Anwendung der Genomamplifikationstechnik (GAT), einschließlich des Polymerase-Kettenreaktion-Screening (PCR), zu prüfen, damit die Übertragung übertragbarer Krankheiten durch Bluttransfusionen verhindert wird.

Geschehen zu Luxemburg am 29. Juni 1998.

Im Namen des Rates

Der Präsident

R. COOK

(1) ABl. C 138 vom 4. 5. 1998, S. 139.

(2) ABl. C 164 vom 30. 6. 1995, S. 1.

(3) ABl. C 374 vom 11. 12. 1996, S. 1.

(4) ABl. C 268 vom 4. 10. 1993, S. 29.

(5) ABl. C 329 vom 6. 12. 1993, S. 268.

(6) ABl. C 141 vom 13. 5. 1996, S. 131.

(7) ABl. C 249 vom 25. 9. 1995, S. 231.

(8) Richtlinie 89/381/EWG des Rates vom 14. Juni 1989 zur Erweiterung des Anwendungsbereichs der Richtlinien 65/65/EWG und 75/319/EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten und zur Festlegung besonderer Vorschriften für Arzneimittel aus menschlichem Blut oder Blutplasma (ABl. L 181 vom 28. 6. 1989, S. 44).

(9) ABl. L 281 vom 23. 11. 1995, S. 31.

ANHANG I

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

ANHANG II

KERNKRITERIEN FÜR DIE ZULASSUNG, DIE RÜCKSTELLUNG ODER DEN AUSSCHLUSS VON BLUT- UND PLASMASPENDERN

A: Physische Zulassungskriterien zum Schutz der Blut- und Plasmaspender

Alter

Blut- und Plasmaspender sollten 18 bis 65 Jahre alt sein. Über die Zulassung von Erstspendern zwischen 60 und 65 Jahren entscheidet der zuständige Arzt. Mehrfachspender können mit Zustimmung des zuständigen Arztes, die einmal jährlich erforderlich ist, auch nach dem 65. Lebensjahr spenden.

Vollblutspender im Alter von 17 Jahren, die rechtlich nicht als Minderjährige eingestuft sind, können zugelassen werden; andernfalls sollte eine schriftliche Zustimmung gemäß den geltenden gesetzlichen Vorschriften verlangt werden.

Körpergewicht

Spender mit einem Gewicht von mindestens 50 kg können Vollblut oder Plasma spenden.

Blutdruck

Der systolische Blutdruck sollte nicht über 180 mmHg und der diastolische nicht über 100 mmHg liegen.

Puls

Der Puls sollte regelmäßig sein und 50 bis 110 Schläge/Min. betragen. Potentielle Spender, die intensiv Sport betreiben und einen Puls von weniger als 50 Schlägen/Min. haben, können zugelassen werden.

Entweder:

Hämoglobin

Die Hämoglobinkonzentration sollte bei der Spende bestimmt werden; sie sollte bei Frauen mindestens 12,5 g/100 ml und bei Männern mindestens 13,5 g/100 ml betragen (oder entsprechende Werte in mmol/l).

oder:

Hämatokrit

Das Volumen der gepackten Zellen (Hämatokritwert) sollte bei der Spende bestimmt werden und mindestens 38 % bei Frauen und 40 % bei Männern betragen. Für Phereseplasmaspender liegt der Mindestwert bei 38 %.

Nur bei der Plasmapherese

Der Proteinwert sollte mindestens 60 g/l betragen.

B: Rückstellungs- und Ausschlußkriterien zum Schutz der Blut- und Plasmaspender

Bei potentiellen Spendern, auf die eine der nachstehenden Gegebenheiten zutrifft oder in der Vergangenheit zugetroffen hat, sollte ein dafür qualifizierter Arzt in der Blutsammeleinrichtung prüfen, ob sie zum Schutz ihrer eigenen Gesundheit als endgültig oder vorübergehend ungeeignet zur Blut- oder Plasmaspende einzustufen sind.

1. Ausschluß

- Autoimmunerkrankungen

- Herz- und Gefäßerkrankungen

- Erkrankungen des Zentralnervensystems

- Maligne Erkrankungen

- Tendenz zu abnormalen Blutungen

- Ohnmachtsanfälle (Synkope) oder Krämpfe

- nicht unter diese Kategorien fallende schwere oder chronische, Magen-Darm-, Blut-, Stoffwechsel-, Atemwegs- oder Nierenerkrankungen

2. Rückstellung

Rückstellung für 9 Monate

- Schwangerschaft (nach der Entbindung)

- Fehlgeburt/Abtreibung

Rückstellung (unterschiedliche Dauer)

- Betreiben gefährlicher Sportarten

- Beschäftigung, bei der kurz nach der Blutspende Probleme auftreten könnten

- andere Gründe

C: Rückstellungs- und Ausschlußkriterien für Blut- und Plasmaspender zum Schutz der Empfänger

Bei potentiellen Spendern, die an einer der nachstehenden Erkrankungen leiden oder gelitten haben, sollte ein dafür qualifizierter Arzt der Blutsammeleinrichtung prüfen, ob sie zum Schutz der Empfänger als endgültig oder vorübergehend ungeeignet zur Blut- oder Plasmaspende einzustufen sind:

1. Ausschluß

- Autoimmunerkrankungen

- Infektionskrankheiten - Personen, die an folgenden Krankheiten leiden oder gelitten haben,

- Babesiose

- Hepatitis B (HBsAg positiv)

- Hepatitis C

- infektiöser Hepatitis (ungeklärter Genese)

- HIV/Aids

- HTLV I/II

- Lepra

- Burdwan-Fieber (Leishmaniase)

- Q-Fieber

- Syphilis

- Trypanosoma cruzi (Chagas-Krankheit)

- maligne Erkrankungen

- TSE (auch bei Fällen in der genetischen Familie)

- chronischer Alkoholismus

- Empfänger einer Hornhaut-/Dura-mater-Transplantation

- Diabetes, wenn mit Insulin behandelt

- intravenöser Drogenkonsum

- Empfänger von Hypophysenhormon menschlichen Ursprungs (z. B. menschliche Wachstumshormone)

- Sexualverhalten, bei dem ein hohes Risiko der Übertragung von Infektionskrankheiten besteht, darunter Geschlechtsverkehr gegen Geld oder Drogen

2. Rückstellung

2.1. Rückstellung für zwei Jahre

- Tuberkulose (nach Feststellung der Genesung)

- Toxoplasmose (nach Genesung, sofern keine IgM-Antikörper vorhanden)

- Brucellose (nach vollständiger Genesung)

2.2. Rückstellung für ein Jahr

- unbeabsichtigte Exposition gegenüber Blut oder mit Blut verunreinigten Instrumenten

- Akupunktur (sofern nicht von einer qualifizierten Fachkraft ausgeführt)

- Endoskopie

- Behandlung, bei der Katheter verwendet wurden

- Bluttransfusion oder schwere Operation

- Gewebe- oder Zelltransplantation

- Piercing

- Arzneimittelallergie, insbesondere gegen Penicillin (nach der letzten Exposition)

- Tätowierung

- Enger Kontakt mit einem Fall von Hepatitis B oder C

- nach Verabreichung von Tollwut-Impfstoff (wenn nach Exposition)

2.3. Rückstellung für sechs Monate

- infektiöse Mononukleose (nach Genesung)

2.4. Rückstellung für vier Wochen

- nach Verabreichung von Lebendimpfstoffen aus abgeschwächten Viren

2.5. Rückstellung für zwei Wochen

- leichte Infektionskrankheiten

2.6. Rückstellung für eine Woche

- kleiner chirurgischer Eingriff

2.7. Rückstellung für 72 Stunden

- nach Verabreichung von Impfstoffen (Desensibilisierung)

2.8. Rückstellung für 48 Stunden

- Behandlung beim Zahnarzt oder Zahnhygieniker

- nach Verabreichung von Totimpfstoffen/inaktivierten Virus-/Bakterien- oder Rickettsienimpfstoffen

- nach Verabreichung von Tollwut-Impfstoff (vorbeugende Verabreichung)

2.9. Rückstellung (variabler Zeitrahmen)

- Hepatitis A

- Arzneimittel

- Malaria (gilt nicht für Plasmapheresespender)

- Tropenkrankheiten (sonstige)

Es können auch andere Gründe für die Rückstellung eines Spenders zum Schutz der Empfänger vorliegen. Über den Rückstellungszeitraum entscheidet ein approbierter Arzt in der Blutsammeleinrichtung.

ANHANG III

VOLLBLUT- UND PLASMASPENDEN

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

Auf internationaler Ebene bestehende Leitlinien für den Blutsektor empfehlen 15 l als maximales Jahresvolumen bei der Sammlung von Plasma durch automatische Plasmapherese; es gibt keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber, ob die Abnahme eines größeren Volumens nachteilige Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann oder nicht; dies sollte ein vorrangiger Bereich für wissenschaftliche Untersuchungen sein.

Im Einzelfall sollte bei der Entscheidung über die angemessene Abnahmemenge auch physischen Merkmalen wie Geschlecht und Körpergewicht Rechnung getragen werden.

ANHANG IV

KERN-SCREENINGTESTS FÜR ALLE BLUTPROBEN VON VOLLBLUT- UND PLASMASPENDEN

>

PLATZ FÜR EINE TABELLE>

ABO-Gruppe (1A)(2B)

Rh-Faktor (3A)(4B)

Malaria (5B) bei Personen, die in endemische Gebiete gereist sind (sofern dem Risiko einer Übertragung von Malaria nicht bereits durch eine Rückstellung solcher Personen für einen Zeitraum von 3 Jahren Rechnung getragen wird)

Treponema pallidum (Syphilis) (6B)

(1A) Wenn nachgewiesen werden kann, daß die Blutgruppe eines bereits bekannten Blutspenders, dessen Blutgruppe zu einem früheren Zeitpunkt in verläßlicher Weise bestimmt und an zwei gesonderten Spenden nachgeprüft wurde, durch ein anerkanntes automatisiertes IT-System in verläßlicher Weise auf das Etikett des Blutbestandteils übertragen werden kann, ist es nicht erforderlich, die Bestimmung der ABO-Gruppe und des Rh-Faktors bei jeder Blutspende zu wiederholen. In solchen Fällen sollte die Blutgruppe des Blutspenders regelmäßig überprüft werden.

(2B) Nicht erforderlich bei ausschließlich zur Fraktionierung bestimmtem Phereseplasma.

ANHANG V

Indikativer Algorithmus für die Auslegung reaktiver Ergebnisse bei den Screening-Tests hinsichtlich der medizinischen Verwendung der Spende und reaktive Ergebnisse bei zusätzlichen Bestätigungstests hinsichtlich der Rückstellung des Ausschlusses von Spendern

>VERWEIS AUF EINEN FILM>