6.9.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 342/88


P9_TA(2022)0034

Umsetzung der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. Februar 2022 zur Umsetzung der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie: Was fehlt, um die Mehrwertsteuerlücke in der Union zu verringern? (2020/2263(INI))

(2022/C 342/10)

Das Europäische Parlament,

gestützt auf die Artikel 4 und 14 des Vertrags über die Europäische Union,

gestützt auf den Artikel 113 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

unter Hinweis auf die Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 mit dem Titel „Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern — Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage“ (1) (Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (2) (Mehrwertsteuerrichtlinie),

unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2017/2455 des Rates vom 5. Dezember 2017 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG und der Richtlinie 2009/132/EG in Bezug auf bestimmte mehrwertsteuerliche Pflichten für die Erbringung von Dienstleistungen und für Fernverkäufe von Gegenständen (3),

unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2018/1910 des Rates vom 4. Dezember 2018 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf die Harmonisierung und Vereinfachung bestimmter Regelungen des Mehrwertsteuersystems zur Besteuerung des Handels zwischen Mitgliedstaaten (4),

unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2019/1995 des Rates vom 21. November 2019 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf Vorschriften für Fernverkäufe von Gegenständen und bestimmte inländische Lieferungen von Gegenständen (5),

unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2020/285 des Rates vom 18. Februar 2020 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in Bezug auf die Sonderregelung für Kleinunternehmen und der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 in Bezug auf die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und den Informationsaustausch zur Überwachung der ordnungsgemäßen Anwendung der Sonderregelung für Kleinunternehmen (6),

unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2020/284 des Rates vom 18. Februar 2020 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG im Hinblick auf die Einführung bestimmter Anforderungen für Zahlungsdienstleister (7),

unter Hinweis auf die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. März 2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (8),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2017/2454 des Rates vom 5. Dezember 2017 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (9),

unter Hinweis auf die Durchführungsverordnung (EU) 2017/2459 des Rates vom 5. Dezember 2017 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (10),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2018/1541 des Rates vom 2. Oktober 2018 zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 904/2010 und (EU) 2017/2454 zur Stärkung der Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (11),

unter Hinweis auf die Durchführungsverordnung (EU) 2019/2026 des Rates vom 21. November 2019 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 bezüglich der über elektronische Schnittstellen unterstützten Lieferung von Gegenständen oder Erbringung von Dienstleistungen sowie bezüglich der Sonderregelungen für Steuerpflichtige, die Dienstleistungen an Nichtsteuerpflichtige erbringen sowie Fernverkäufe von Gegenständen und bestimmte Lieferungen von Gegenständen innerhalb der Union tätigen (12),

unter Hinweis auf die Durchführungsverordnung (EU) 2020/194 der Kommission vom 12. Februar 2020 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates hinsichtlich der Sonderregelungen für Steuerpflichtige, die Dienstleistungen an Nichtsteuerpflichtige erbringen sowie Fernverkäufe von Gegenständen und bestimmte Lieferungen von Gegenständen innerhalb der Union tätigen (13), die mit dem Mehrwertsteuerpaket für den elektronischen Geschäftsverkehr im Zusammenhang steht,

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2021/847 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms „Fiscalis“ für die Zusammenarbeit im Steuerbereich und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1286/2013 (14),

unter Hinweis auf den Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf die Mehrwertsteuersätze (COM(2018)0020),

unter Hinweis auf den Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in Bezug auf die Sonderregelung für Kleinunternehmen (COM(2018)0021),

unter Hinweis auf den Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf die Einführung der detaillierten technischen Maßnahmen für die Anwendung des endgültigen Mehrwertsteuersystems für die Besteuerung des Handels zwischen Mitgliedstaaten (COM(2018)0329) (15),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 6. Dezember 2011 mit dem Titel „Zukunft der Mehrwertsteuer — Wege zu einem einfacheren, robusteren und effizienteren MwSt-System, das auf den Binnenmarkt zugeschnitten ist“ (COM(2011)0851),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 4. Oktober 2017 mit dem Titel „Follow-up zum Aktionsplan im Bereich der Mehrwertsteuer: Auf dem Weg zu einem einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum: Zeit zu handeln“ (COM(2017)0566),

unter Hinweis auf den Aktionsplan der Kommission vom 7. April 2016 mit dem Titel „Auf dem Weg zu einem einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum: Zeit für Reformen“ (COM(2016)0148),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Februar 2019 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf die Einführung der detaillierten technischen Maßnahmen für die Anwendung des endgültigen Mehrwertsteuersystems für die Besteuerung des Handels zwischen Mitgliedstaaten (16),

unter Hinweis auf seinen Standpunkt vom 10. März 2021 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU des Rates über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung (17),

unter Hinweis auf seine legislative Entschließung vom 19. Mai 2021 zu dem Standpunkt des Rates in erster Lesung im Hinblick auf den Erlass einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Aufstellung des Programms „Fiscalis“ für die Zusammenarbeit im Steuerbereich und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1286/2013(06116/1/2021 — C9-0179/2021 — 2018/0233(COD)) (18),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Oktober 2011 zu der Zukunft der Mehrwertsteuer (19),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. November 2016 zu dem Thema „Wege zu einem endgültigen Mehrwertsteuersystem und zur Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug“ (20),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. März 2019 zu Finanzkriminalität, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung (21),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Mai 2021 zu der Gestaltung der digitalen Zukunft Europas: Beseitigung von Hindernissen für einen funktionierenden digitalen Binnenmarkt und Verbesserung des Einsatzes von KI für europäische Verbraucher (22),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. September 2021 mit dem Titel „Umsetzung der EU-Anforderungen für den Austausch von Steuerinformationen: Fortschritte, Erkenntnisse und zu überwindende Hindernisse (23),

unter Hinweis auf die Studie vom 30. August 2021 mit dem Titel „VAT gap, reduced VAT rates and their impact on compliance costs for businesses and on consumer“ (Mehrwertsteuerlücke, ermäßigte Mehrwertsteuersätze und ihre Auswirkungen auf die Befolgungskosten für Unternehmen und Verbraucher), die von DIW Econ erstellt und von der Generaldirektion Wissenschaftlicher Dienst des Parlaments veröffentlicht wurde,

unter Hinweis auf die Stellungnahme Nr. 11/2020 (gemäß Artikel 287 Absatz 4 und Artikel 322 Absatz 2 AEUV) vom 11. Dezember 2020 zu dem Entwurf einer Verordnung des Rates (EU, Euratom) zur Änderung der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1553/89 über die endgültige einheitliche Regelung für die Erhebung der Mehrwertsteuereigenmittel,

unter Hinweis auf den Sonderbericht Nr. 12/2019 des Europäischen Rechnungshofs vom 16. Juli 2019 mit dem Titel „Elektronischer Handel: Zahlreiche Herausforderungen bei der Erhebung von MwSt. und Zöllen müssen noch angegangen werden“.

unter Hinweis auf die öffentliche Konsultation, die vom 8. Februar bis 3. Mai 2021 unter dem Titel MwSt-Vorschriften für Finanz- und Versicherungsdienstleistungen — Überprüfung stattfand,

gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung sowie auf Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe e und Anlage 3 des Beschlusses der Konferenz der Präsidenten vom 12. Dezember 2002 über das Verfahren für die Genehmigung zur Ausarbeitung von Initiativberichten,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (A9-0355/2021),

A.

in der Erwägung, dass der Rat im Jahr 1977 die Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie angenommen hat, deren Ziel es war, eine einheitliche Bemessungsgrundlage zu schaffen, auf die harmonisierte Steuersätze anzuwenden sind; in der Erwägung, dass damals bereits alle Mitgliedstaaten gemäß der ersten (24) und zweiten (25) Richtlinie des Rates vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer ein Mehrwertsteuersystem eingeführt hatten; in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten beschlossen haben, bis zur Verwirklichung eine Übergangsfrist in Anspruch zu nehmen, die seither verlängert wird;

B.

in der Erwägung, dass mit der Mehrwertsteuerrichtlinie die Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie der Klarheit halber neu gefasst und aufgehoben wurde; in der Erwägung, dass darin die Ablösung der Übergangsregelung durch eine endgültige Regelung vorgesehen ist, die auf der Besteuerung im Ursprungsmitgliedstaat beruht; in der Erwägung, dass das Übergangssystem komplex, lückenhaft und strukturell betrugsanfällig ist;

C.

in der Erwägung, dass die Erhebung der Mehrwertsteuer in erster Linie in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt;

D.

in der Erwägung, dass 2013 eine grundlegende Überarbeitung auf der Grundlage einer endgültigen Regelung, die sich auf das Bestimmungslandprinzip stützt und damit mit einer geringeren Betrugsanfälligkeit einhergehen würde, eingeleitet wurde (26); in der Erwägung, dass das Bestimmungslandprinzip bedeutet, dass die Mehrwertsteuer an den Mitgliedstaat des Endverbrauchs übermittelt wird;

E.

in der Erwägung, dass am 25. Mai 2018 ein Vorschlag für eine Richtlinie angenommen wurde, mit der detailliertere Maßnahmen für das endgültige Mehrwertsteuersystem für den Warenhandel zwischen Unternehmen innerhalb der EU eingeführt und die Übergangsregelung aufgehoben werden sollten (27); in der Erwägung, dass das Parlament seinen Standpunkt dazu am 12. Februar 2019 angenommen hat; in der Erwägung, dass der Rat noch keinen Standpunkt angenommen hat; in der Erwägung, dass diese Entscheidungsblockade wichtige Entscheidungen über die Anpassung der Mehrwertsteuer an die Herausforderungen verzögert, mit denen wir während der wirtschaftlichen Erholung der EU konfrontiert sein werden, und in der Erwägung, dass das Ausbleiben von Maßnahmen Schlupflöcher zur Folge hat, die das Wachstum der Mehrwertsteuerlücke ermöglichen könnten;

F.

in der Erwägung, dass die Mehrwertsteuerlücke in der EU von 20 % im Jahr 2009 auf 10 % im Jahr 2019 gesunken ist, wobei vorläufigen Schätzungen zufolge die Lücke derzeit unter 130 Mrd. EUR fallen könnte; in der Erwägung, dass sich dieser Trend aufgrund der Pandemie und ihrer sozioökonomischen Auswirkungen im Jahr 2020 umgekehrt hat; in der Erwägung, dass die entgangenen Einnahmen auf 164 Mrd. EUR geschätzt werden, wovon ein Drittel in die Hände von Betrügern und Netzen der organisierten Kriminalität fällt; in der Erwägung, dass diese Ausfälle eine Mehrwertsteuerlücke von 13,7 % ausmachen könnten; in der Erwägung, dass dieses Szenario strategische politische Optionen erfordert;

G.

in der Erwägung, dass aus dem der Kommission im Zusammenhang mit der Studie und den Berichten über die Mehrwertsteuerlücke in den Mitgliedstaaten der EU-28 vorgelegten Abschlussbericht 2020 vom 10. September 2020 hervorgeht, dass die Mehrwertsteuerlücke in den Mitgliedstaaten zwischen 1 % und über 33 % stark schwankt;

H.

in der Erwägung, dass diese entgangenen Einnahmen für den EU-Haushalt (die Mehrwertsteuer ist die zweitwichtigste Eigenmittelquelle der EU), die nationalen Haushalte, die Unternehmen und die in der EU lebenden Menschen nachteilig sind;

I.

in der Erwägung, dass das mit 269 Mio. EUR ausgestattete Fiscalis-Programm für den Zeitraum 2021–2027 darauf abzielt, die Ungerechtigkeit im Steuerbereich zu bekämpfen, indem die nationalen Steuerbehörden dabei unterstützt werden, bei der Bekämpfung von Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und aggressiver Steuerplanung besser zusammenzuarbeiten; in der Erwägung, dass das Vorläuferprogramm der EU Einnahmen in Höhe von 591 Mio. EUR verschafft hat;

J.

in der Erwägung, dass Eurofisc, die 2010 ins Leben gerufene Plattform der Betrugsbekämpfungsexperten der Mitgliedstaaten, gestärkt und mit ausreichenden Mitteln ausgestattet werden muss, um gemeinsame Risikoanalysen durchzuführen, Untersuchungen zu koordinieren und mit dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF), Europol und der Europäischen Staatsanwaltschaft zusammenzuarbeiten, insbesondere im Hinblick auf die Untersuchung von Mehrwertsteuerbetrug; in der Erwägung, dass ein System unterschiedlich hoher Mehrwertsteuersätze und hoher Befolgungskosten zu mehr Betrug führen könnte;

K.

in der Erwägung, dass sich die Stellungnahme Nr. 11/2020 des Rechnungshofs auf die vorgeschlagene neue Methode zur Berechnung der Mehrwertsteuereigenmittel konzentriert; in der Erwägung, dass der Stellungnahme zufolge der Vorschlag „zu einer erheblichen Vereinfachung der Berechnung der MwSt.-Eigenmittel der Mitgliedstaaten führt“, aber die Gefahr besteht, „dass der endgültige mehrjährige GMS … unter Umständen für bestimmte Mitgliedstaaten … nicht repräsentativ ist“;

L.

in der Erwägung, dass die durch die COVID-19-Pandemie verursachte sozioökonomische Krise erhebliche fiskal- und haushaltspolitische Anstrengungen seitens der Regierungen der Mitgliedstaaten erfordert, unter anderem in der Form von Unternehmensbeihilfen;

M.

in der Erwägung, dass die MwSt-Eigenmittel im Jahr 2019 bei einem Gesamtbetrag von 17,8 Mrd. EUR 11 % des EU-Haushalts ausmachten;

N.

in der Erwägung, dass der Aktionsplan der Kommission für eine faire und einfache Besteuerung zur Unterstützung der Aufbaustrategie Teil der neuen EU-Strategie für eine Vereinfachung und eine Anpassung der Besteuerung an den digitalen Wandel der Wirtschaft und den ökologischen Wandel sowie für die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuervermeidung ist; in der Erwägung, dass in diesem Aktionsplan Fragen im Zusammenhang mit der Mehrwertsteuer als Prioritäten genannt werden, wobei der Schwerpunkt auf der Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs und der Modernisierung der Mehrwertsteuer auf Finanzdienstleistungen liegt, wobei die Digitalisierung der Wirtschaft berücksichtigt wird;

O.

in der Erwägung, dass Finanzdienstleistungen seit der Verabschiedung der Mehrwertsteuerrichtlinie — von Ausnahmen abgesehen — von der Mehrwertsteuer befreit sind, weil sie anderen Steuern unterliegen (etwa Steuern auf Versicherungsprämien);

P.

in der Erwägung, dass die Mehrwertsteuer als indirekte Steuer, die von allen 27 Mitgliedstaaten erhoben wird, nach unterschiedlichen nationalen Regelungen erhoben wird und bei allen diesen Regelungen bewährte Verfahren ausgemacht werden können, die auf eine europaweite Reform angewendet werden können; in der Erwägung, dass nationale Beispiele als zu berücksichtigende Modelle betrachtet werden sollten und dass die Kommission als Plattform für den Austausch solcher bewährten Verfahren fungieren muss; in der Erwägung, dass die von einem Mitgliedstaat eingeführten Änderungen der nationalen Rechtsvorschriften, mit denen Anreize für Verbraucher geschaffen wurden, in schwer zu besteuernden Branchen Rechnungen zu verlangen, eines dieser guten Beispiele ist;

Q.

in der Erwägung, dass das allgemeine Ziel der Digitalisierung der Besteuerung von entscheidender Bedeutung für Transparenz, Simplizität, Rechenschaftspflicht und automatisierte Berichterstattung ist und für ein endgültiges, vereinfachtes und zukunftsfähiges Mehrwertsteuersystem unerlässlich ist; in der Erwägung, dass durch die COVID-19-Pandemie die Entwicklung der Digitalisierung bei allen Transaktionen vorangetrieben wurde; in der Erwägung, dass kleine und mittlere Unternehmen im Mittelpunkt dieses Digitalisierungsprozesses stehen und in dieser Hinsicht beim Erwerb der neuesten Technologien und des neuesten Know-hows unterstützt werden sollten;

R.

in der Erwägung, dass die Mehrwertsteuer auf EU-Ebene weitgehend harmonisiert ist, eine Eigenmittelquelle für den EU-Haushalt darstellt und daher eine umfassende Zusammenarbeit auf EU-Ebene erfordert;

S.

in der Erwägung, dass das Parlament den Grundsatz der nationalen Steuerhoheit uneingeschränkt achtet;

Steuersätze, Steuerbemessungsgrundlagen und Mehrwertsteuerlücken in den Mitgliedstaaten

1.

begrüßt, dass der allgemeine Trend positiv ist, da die Mehrwertsteuerlücke in den Mitgliedstaaten von 20 % im Jahr 2009 auf 10 % im Jahr 2019 zurückgegangen ist, was darauf hindeutet, dass der Mehrwertsteuerbetrug in der EU rückläufig ist und die Mehrwertsteuereinnahmen gemessen am BIP steigen;

2.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, bewährte Verfahren derjenigen Mitgliedstaaten zu analysieren und auszutauschen, in denen es gelingt, eine große Mehrwertsteuerlücke zu vermeiden; unterstützt das Ziel, innovative steuerliche Lösungen im Einklang mit den neuen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Gegebenheiten vorzulegen;

3.

stellt fest, dass aus einigen Schätzungen hervorgeht, dass eine aufkommensneutrale Steuerreform den Mehrwertsteuernormalsatz in der EU der 27 um durchschnittlich sieben Prozentpunkte senken und zudem die Befolgungskosten verringern könnte; betont, dass diesen Schätzungen zufolge der Umfang der Absenkung zwischen den EU-Mitgliedstaaten zwischen 2 (Estland) und 13 Prozentpunkten (Griechenland) schwankt; stellt fest, dass dies nicht die einzige Antwort auf die Notwendigkeit ist, der Komplexität des Steuersystems entgegenzuwirken; stellt fest, dass ein niedrigerer Mehrwertsteuernormalsatz den Verbrauchern, insbesondere Haushalten mit niedrigem Einkommen, zugutekommen könnte; stellt fest, dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, die Vorteile zu prüfen, die ein einheitlicher ermäßigter Normalsatz im Hinblick auf den fairen Wettbewerb auf ihrem Markt mit sich bringen würde;

4.

ist der Ansicht, dass mit der Anwendung einer Vielzahl ermäßigter Steuersätze zwar ein legitimer gesellschaftlicher Zweck verfolgt wird, nämlich die Regressivität des Mehrwertsteuersystems zu verringern und zur Verwirklichung bestimmter politischer Ziele wie Zugang zu lebensnotwendigen Gütern und Sektoren wie Gesundheit und Lebensmittel auf nationaler Ebene beizutragen, dass aber auch die Komplexität und Undurchsichtigkeit des Steuersystems verschlimmert und die Befolgungskosten erhöht werden und Betrug begünstigt werden kann; geht davon aus, dass die Anwendung ermäßigter Sätze zu einer Senkung der Verbraucherpreise führen kann, was aber auch von verschiedenen anderen Faktoren abhängig ist; stellt daher fest, dass eine gründliche Analyse und Folgenabschätzung durchgeführt werden müssen;

5.

weist auf die erhebliche Bandbreite der unterschiedlichen Normalsätze zwischen den Mitgliedstaaten und die Komplexität hin, die diese für das System mit sich bringt, auch wenn dies durch unterschiedliche nationale Wirtschaftssysteme gerechtfertigt ist; betont, dass diese Komplexität dadurch verschärft wird, dass ermäßigte Steuersätze unterschiedlich angewendet werden, was für die Verfolgung sozialer und ökologischer Ziele legitim ist; weist darauf hin, dass die Möglichkeit, stark ermäßigte Sätze (in fünf Mitgliedstaaten) oder vorläufige Sätze (in fünf Mitgliedstaaten) anzuwenden, ein zusätzliches Hindernis für ein kohärentes und vollständig interoperables gemeinsames System darstellt;

6.

ist sich bewusst, dass das System aufgrund der unterschiedlichen Steuersätze, aber auch aufgrund von Befreiungen und Ausnahmeregelungen, die die Ausnahme bleiben müssen, immer komplizierter wird; weist auf die besondere Situation der Ungleichbehandlung der Mitgliedstaaten hin, die vor und nach 1992 beigetreten sind und für die unterschiedlichen Vorschriften gelten; fordert die Kommission auf, auf dieses Problem in künftigen Gesetzgebungsvorschlägen einzugehen;

7.

stellt fest, dass die Kommission in den letzten zwei Jahrzehnten nahezu 200 Vertragsverletzungsverfahren zur Mehrwertsteuer eingeleitet hat; fordert die Kommission auf, eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse dieser Verfahren als Grundlage für künftige Gesetzgebungsvorschläge vorzulegen, insbesondere zu ermäßigten Steuersätzen, Steuerbefreiungen und Nichtumsetzung;

8.

stellt fest, dass angesichts der COVID-19-Pandemie Ausnahmeregelungen im Bereich der Mehrwertsteuer gerechtfertigt waren, worin sich zeigt, dass ein gewisses Maß an Flexibilität erforderlich ist, um auf Notsituationen oder unerwartete Situationen reagieren zu können; fordert die Kommission nachdrücklich auf, dies bei künftigen Gesetzgebungsvorschlägen zur Mehrwertsteuer zu berücksichtigen;

9.

stellt fest, dass die Mehrwertsteuerlücke in Abhängigkeit vom Konjunkturzyklus schwankt und eine geringe Steuerehrlichkeit mitunter mit hohen Mehrwertsteuer-Normalsätzen, aber auch mit einem weniger effizienten Rechts- und Justizwesen, schwächeren rechtlichen Institutionen, einem höheren wahrgenommenen Ausmaß an Korruption und dem Anteil der Schattenwirtschaft an der Gesamtwirtschaft zusammenhängt;

10.

stellt mit Besorgnis fest, dass einige Mitgliedstaaten keine allgemeine Mehrwertsteuerbefreiung für Sachspenden vorsehen, was dazu führt, dass Unternehmen Verbrauchsgegenstände, insbesondere Rücksendungen, vernichten, obwohl eine solche Befreiung nach der geltenden Mehrwertsteuerrichtlinie möglich ist; fordert die Kommission auf, Leitlinien für die Mitgliedstaaten herauszugeben, in denen klargestellt wird, dass Mehrwertsteuerbefreiungen für Sachspenden mit dem geltenden Mehrwertsteuerrecht der Union solange vereinbar sind, bis der Vorschlag aus dem Jahr 2018 für eine Richtlinie des Rates (COM(2018)0020, Artikel 98 Absatz 2) von den Mitgliedstaaten angenommen wird;

11.

bedauert, dass keine Daten über regionale Unterschiede vorliegen, was eine erhebliche Einschränkung für die Messung der Mehrwertsteuerlücke darstellen könnte; fordert die Kommission auf zu prüfen, ob die Erstellung und Veröffentlichung regionaler Berechnungen der Mehrwertsteuerlücke ein wertvolles Instrument zur Verbesserung der Transparenz und zur Verringerung der Mehrwertsteuerlücke sein könnte;

Auswirkungen der Diversifizierung der ermäßigten Steuersätze auf die Unternehmen

12.

vertritt die Auffassung, dass die derzeitige Vielfalt der ermäßigten Steuersätze zusätzlichen Verwaltungsaufwand für die Unternehmen mit sich bringt; stellt fest, dass die Gesamtkosten für die Einhaltung der Mehrwertsteuervorschriften zwischen 1 % und 4 % des Umsatzes der Unternehmen in den Mitgliedstaaten liegen; stellt fest, dass die Digitalisierung erheblich zur Senkung der Befolgungskosten für die Unternehmen beitragen kann;

13.

weist darauf hin, dass KMU mit vergleichsweise höheren Befolgungskosten konfrontiert sind, da es sich dabei um Fixkosten handelt, die nicht von der Unternehmensgröße abhängen; stellt fest, dass hohe Befolgungskosten ein Hindernis für den Eintritt in den Binnenmarkt der EU bedeuten; ist daher der Auffassung, dass unterschiedliche Mehrwertsteuerregelungen in der EU den Handel innerhalb der EU für alle Unternehmen, insbesondere KMU, bremsen können; stellt fest, dass die empirischen Belege über die Auswirkungen der verschiedenen Mehrwertsteuersysteme auf den internationalen Handel nicht eindeutig sind und die Frage nicht geklärt ist, ob sie ungleiche Wettbewerbsbedingungen bei diesem Handel schaffen könnten, vor allem aufgrund hoher Befolgungskosten, Befreiungen und mangelhafter Erstattungsregelungen;

14.

weist auf das Potenzial der Digitalisierung hin, die Befolgungskosten zu senken, auch wenn diese Vorteile oft erst langfristig zum Tragen kommen; vertritt die Auffassung, dass digitale Innovationen (28) die Befolgungskosten senken und zu mehr Transparenz im Geschäftsverkehr und zur Verringerung des bürokratischen Aufwands beitragen können; betont, dass die Sicherheit von Daten, der Schutz der Privatsphäre der Menschen und die Vertraulichkeit der Daten von Unternehmen sichergestellt werden müssen; besteht darauf, dass Unternehmen subsidiär (29) durch EU-Programme unterstützt werden müssen und dass insbesondere KMU und andere schwächere Wirtschaftsakteure durch von der EU organisierte Schulungen zum digitalen Wandel unterstützt werden müssen, damit sie davon profitieren und dazu beitragen können; betont, dass ein solcher allgemeiner Ansatz in Bezug auf eine schnellere Digitalisierung des Know-hows von KMU und ihrer Tätigkeiten vor Ort letztlich der Mehrwertsteuererhebung zugutekommen würde; hebt das Potenzial der Distributed-Ledger-Technologie für die Vermeidung von Mehrwertsteuerbetrug — wie z. B. innergemeinschaftlichen Missing-Trader-Betrug — hervor und sieht dem Gesetzgebungsvorschlag zur Modernisierung der Mehrwertsteuermeldepflichten erwartungsvoll entgegen; fordert die Kommission ferner auf, eine Initiative vorzulegen, deren Schwerpunkt auf der einfachen Anwendung der Distributed-Ledger-Technologie durch Händler und dem Abbau von Bürokratie liegt;

15.

ist der Ansicht, dass die Kommission zur Förderung des Handels und zur Steigerung der Rechtssicherheit im Binnenmarkt in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die Datenbank „Steuern in Europa“, ein Internetportal der Union für Unternehmen mit Informationen über die Mehrwertsteuer, verbessern sollte; betont, dass das Portal einen schnellen Zugang zu einschlägigen aktuellen und korrekten Informationen über die Umsetzung des Mehrwertsteuersystems in den einzelnen Mitgliedstaaten bieten sollte und insbesondere zu den korrekten Mehrwertsteuersätzen für die verschiedenen Waren und Dienstleistungen in den einzelnen Mitgliedstaaten sowie zu den Voraussetzungen für Mehrwertsteuersätze von 0 %; stellt fest, dass mit diesem Portal auch dazu beigetragen werden könnte, die gegenwärtig bestehende Mehrwertsteuerlücke zu schließen; schlägt vor, die einzige Anlaufstelle der EU in das EU-MwSt-Webportal aufzunehmen;

16.

weist auf die einzige Anlaufstelle der EU als Beispiel für digitale Innovationen hin, die es EU-Unternehmen ermöglichen, ihre Mehrwertsteuerschuld und damit die Befolgungskosten im Bereich der Verkäufe im elektronischen Handel innerhalb der EU zu vereinfachen; stellt fest, dass eine solche Senkung der Befolgungskosten insbesondere für KMU von Vorteil ist; nimmt die Bereitschaft der Kommission zur Kenntnis, für 2022/2023 eine Änderung der Mehrwertsteuerrichtlinie vorzuschlagen, um den Anwendungsbereich der einzigen Anlaufstelle für die Mehrwertsteuer weiter auszuweiten; fordert die Kommission auf zu prüfen, wie der Anwendungsbereich der einzigen Anlaufstelle ausgeweitet werden kann;

17.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die Zusammenarbeit untereinander zu verstärken und zu verbessern und die im Februar 2020 angenommenen Vorschriften für den Austausch von MwSt-Zahlungsdaten umfassend anzuwenden, um die Aufdeckung von Steuerbetrug bei der grenzüberschreitenden elektronischen Geschäftsabwicklung zu erleichtern;

18.

stellt fest, dass die Mitgliedstaaten bereits neue Technologien einsetzen, um die Effizienz der Kontrollen inländischer Käufe für Steuerzwecke zu verbessern; ist der Auffassung, dass diese nationalen Maßnahmen bei einer möglichen Reform des Mehrwertsteuersystems als bewährte Verfahren berücksichtigt werden müssen; spricht sich diesbezüglich für eine stärkere Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten aus, um die grenzüberschreitende elektronische Geschäftsabwicklung zu vereinfachen, ohne dass den Wirtschaftsbeteiligten und den Verbrauchern übermäßige Kosten entstehen; fordert die Kommission auf, konkrete Vorschläge vorzulegen, um ein schnelleres System für den Informationsaustausch zu grenzüberschreitenden Umsätzen, die der Mehrwertsteuer unterliegen, zu fördern und es mit den nationalen Mechanismen interoperabel zu machen; befürwortet die Ausweitung der elektronischen Rechnungsstellung und fordert die Einführung eines EU-Standards für die elektronische Rechnungsstellung, mit dem insbesondere die in einer elektronischen Rechnung enthaltenen Informationen harmonisiert werden, um die grenzüberschreitende Interoperabilität zu erleichtern, die Einhaltung der Rechtsvorschriften sicherzustellen, die Transparenz im Geschäftsverkehr zu erhöhen und so Betrug und Fehler einzudämmen;

19.

betont, dass der grenzüberschreitende Mehrwertsteuerbetrug und der Karussellbetrug dringend bekämpft werden müssen, indem wirksame Mechanismen für den Informationsaustausch und angemessene (personelle, finanzielle, technische und technologische) Mittel für nationale und andere Behörden wie OLAF bereitgestellt werden; betont, dass Organismen wie EUROFISC einen wertvollen Beitrag leisten; weist erneut auf die Rolle der Zahlungsdienstleister und die Notwendigkeit hin, hohe Standards für die Berichterstattung über die Mehrwertsteuer zu gewährleisten; hält es für notwendig, dass die Kommission eine Folgenabschätzung einholt, um die Einführung einer generellen Umkehrung der Steuerschuldnerschaft in mehreren Mitgliedstaaten im Anschluss an die Umsetzung der Richtlinie des Rates über die die befristete generelle Umkehrung der Steuerschuldnerschaft auf Lieferungen bestimmter Gegenstände und Dienstleistungen oberhalb eines bestimmten Schwellenwertes (30) zur Bekämpfung von innergemeinschaftlichem Missing-Trader-Betrug zu bewerten und insbesondere deren Auswirkungen auf die Bekämpfung aller Arten von Mehrwertsteuerbetrug und die Folgen für die Befolgungskosten der Unternehmen zu untersuchen;

20.

stellt fest, dass die große Vielfalt der Steuersätze zu Preisverzerrungen im Binnenmarkt führt und Anreize für grenzüberschreitende Einkäufe schaffen kann; stellt fest, dass insbesondere die Diversifizierung der Mehrwertsteuersätze einen Anreiz schafft, die Preisunterschiede zwischen den Ländern auszunutzen, indem der Verbrauch in Mitgliedstaaten mit niedrigeren Mehrwertsteuersätzen verlagert wird, und dass dadurch sie die Steuererhebung durch den Staat verzerrt wird;

21.

weist darauf hin, dass Unternehmen einen vereinfachten und zentralisierten Zugang zu Informationen über die Steuersätze, die korrekten Mehrwertsteuersätze für verschiedene Waren und Dienstleistungen in den verschiedenen Mitgliedstaaten und die Bedingungen für einen Mehrwertsteuersatz von 0 % sowie klare und eindeutige Mehrwertsteuervorschriften benötigen, um grenzüberschreitende Geschäfte zu fördern und ihren Verwaltungsaufwand zu verringern; begrüßt in diesem Zusammenhang die vereinfachte und digitalisierte Methode zur Registrierung der Mehrwertsteuerregelung für grenzüberschreitend tätige Kleinunternehmen über ein Online-Portal, wodurch Kosten und Verwaltungsaufwand verringert werden; stellt fest, dass 26 der 27 Mitgliedstaaten ermäßigte Steuersätze als festen Bestandteil ihrer Steuer- und Sozialpolitik zur Anwendung bringen; weist darauf hin, dass ein gemeinsames Online-Informationsportal über die Umsetzung der Mehrwertsteuersysteme in verschiedenen Mitgliedstaaten grenzüberschreitende Tätigkeiten fördern und den Verwaltungsaufwand für Unternehmen verringern würde;

22.

begrüßt die positive Entwicklung, dass die Befolgungskosten aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung der Unternehmen und der öffentlichen Verwaltung sinken; stellt fest, dass in den OECD-Ländern die Zeit, die für die Befolgung der Steuervorschriften benötigt wird, zwischen 2006 und 2020 von 230 Stunden auf 162 Stunden gesunken ist, was hauptsächlich auf die Einführung elektronischer Anmelde- und Zahlungssysteme (31) zurückzuführen ist;

23.

betont, dass ein gut konzipiertes Mehrwertsteuersystem neutral ist und sich nicht auf den Handel auswirken sollte, dass dieser Grundsatz jedoch in der Praxis weltweit schwer zu überprüfen ist, da Mehrwertsteuerbefreiungen angewandt werden, die Erstattungsregelungen mangelhaft sind und zahlreiche Steuersätze bestehen, was mit höheren Befolgungskosten verbunden ist; weist darauf hin, dass ein wirksames Mehrwertsteuersystem zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steueroptimierung beiträgt; betont, dass immer mehr KMU bereit sind, in der gesamten EU Handel zu treiben, insbesondere über Online-Transaktionen, und dass das Mehrwertsteuersystem der EU darauf abzielen sollte, das grenzüberschreitende Wachstum zu fördern;

24.

stellt fest, dass empirische Belege zeigen, dass das derzeitige System unterschiedlicher Mehrwertsteuersätze in den Mitgliedstaaten regressiv ist, wenn es als Prozentsatz des verfügbaren Einkommens gemessen wird, aber in den meisten Mitgliedstaaten tendenziell proportional oder leicht progressiv ist, wenn es als Prozentsatz der Ausgaben gemessen wird; stellt ferner fest, dass die bestehenden ermäßigten Mehrwertsteuersätze und Mehrwertsteuersätze von 0 % gemessen an den Ausgaben dazu beitragen, dass die Mehrwertsteuer im Vergleich zu den Systemen mit einem einzigen Mehrwertsteuersatz progressiver wird; weist darüber hinaus darauf hin, dass nur Mehrwertsteuersätze, die mit dem Ziel ermäßigt werden, Haushalte mit niedrigem Einkommen zu unterstützen (beispielsweise ermäßigte Sätze auf Lebensmittel), die Mehrwertsteuer progressiver machen; fordert die Mitgliedstaaten auf, bei der Anwendung ermäßigter Mehrwertsteuersätze das spezifische Ziel zu verfolgen, einkommensschwächere Haushalte zu unterstützen;

25.

betont, dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben sollten, auf lebensnotwendige Güter einen Mehrwertsteuersatz von 0 % anzuwenden;

Auswirkungen ermäßigter Steuersätze auf die Verbraucher sowie soziale und ökologische Ziele

26.

stellt fest, dass die Anwendung ermäßigter Steuersätze nicht automatisch zu einer dauerhaften Senkung des Verbraucherpreises führt und dass die Effizienz eines ermäßigten Steuersatzes von mehreren Faktoren abhängt, etwa davon, inwieweit die Unternehmen ihn an die Verbraucher weiterreichen, von seiner Dauer, dem Umfang der Senkung und der Komplexität des Systems der Steuersätze; betont, dass eine vollständige Weitergabe von Ermäßigungen daher komplexer Natur ist und nicht erfolgen darf, ohne dass eine solide Folgenabschätzung vorgenommen wird; stellt fest, dass die bestehenden ermäßigten Mehrwertsteuersätze und Mehrwertsteuersätze von 0 % zwar einen größeren proportionalen Nutzen für Haushalte mit niedrigem Einkommen in der EU haben (gemessen als Anteil der Ausgaben), dass sie jedoch in absoluten Zahlen (in bar) für Haushalte mit hohem Einkommen in der Regel von größerem Nutzen sind; stellt daher fest, dass umfassende Analysen und Folgenabschätzungen durchgeführt werden müssen, damit Ermäßigungen nur dann zur Anwendung kommen, wenn sie Haushalten mit niedrigem Einkommen zugutekommen können;

27.

betont, dass mit ermäßigten Mehrwertsteuersätzen in der Regel der legitime Zweck verfolgt wird, dafür zu sorgen, dass lebenswichtige Güter für alle zugänglich sind; betont, dass ermäßigte Mehrwertsteuersätze auf Bedarfsgüter (beispielsweise Lebensmittel) tendenziell zu einer progressiveren Mehrwertsteuer führen; betont, dass ermäßigte Mehrwertsteuersätze in Gesellschaften mit erheblichen Einkommensunterschieden und einem hohen Maß an sozialer und wirtschaftlicher Ungleichheit wirksamer sein können; stellt fest, dass empirische Belege für die Wirksamkeit ermäßigter Mehrwertsteuersätze bei der Förderung von sozial wünschenswerten oder umweltfreundlichen Gütern rar und mehrdeutig sind;

28.

ist zutiefst besorgt über den regressiven Charakter der Verbrauchsteuern; betont, dass die Sätze der Mehrwertsteuer niedrig gehalten werden sollten, da sie Haushalte mit niedrigem Einkommen unverhältnismäßig belastet und die Ungleichheit bei der Vermögensverteilung weiter verschärft;

29.

stellt fest, dass die Wirksamkeit ermäßigter Mehrwertsteuersätze bei der Förderung umweltfreundlicher Waren aufgrund fehlender empirischer Nachweise nach wie vor schwer zu bewerten ist, wenn auch im Rahmen bestimmter Fallstudien und bestimmter Modelle positive Auswirkungen gemessen werden können; betont jedoch nachdrücklich, dass es für die Förderung eines umweltfreundlichen Verbrauchs von entscheidender Bedeutung ist, dass die Mitgliedstaaten alle Mehrwertsteuer von 0 % und ermäßigten Steuersätze für umweltschädliche Güter und Dienstleistungen schrittweise abschaffen; fordert die Mitgliedstaaten auf, die ermäßigten Steuersätze für umweltschädliche Waren und Dienstleistungen bis 2030 schrittweise abzuschaffen, um die im europäischen Grünen Deal verankerten Klimaziele der EU zu erreichen; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Einführung von Ausgleichsmechanismen zu prüfen, um Haushalte mit niedrigem Einkommen bei der Bewältigung des Rückgangs des verfügbaren Einkommens zu unterstützen, der den höheren Mehrwertsteuersätzen für umweltschädliche Waren und Dienstleistungen geschuldet ist;

30.

betont in diesem Zusammenhang, dass bei ermäßigten Mehrwertsteuersätzen stets die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen berücksichtigt werden sollte; stellt fest, dass bei der Rationalisierung, mit der ein einheitliches Mehrwertsteuersystem erreicht werden soll, die historische und vorübergehende Anwendung ermäßigter Sätze berücksichtigt werden sollte, sofern andere Bedingungen erfüllt sind;

31.

betont, dass Nachweise dafür vorliegen, dass ermäßigte Mehrwertsteuersätze häufig ein ineffizientes Instrument zur Verwirklichung sozialer oder ökologischer Ziele sind, da sie für den Staat mit beträchtlichen Kosten verbunden sind, die sich aus dem Ausmaß der Unterschiede bei den Steuersätzen, den geringeren Steuereinnahmen, den höheren Verwaltungskosten, den Kosten für Kontrollen und Inspektionen, dem Druck von Sozial- und Wirtschaftsvertretern, den Befolgungskosten, wirtschaftlichen Verzerrungen oder sogar Steuerhinterziehung und die Schwierigkeiten, eine Zielgruppe zu erreichen, ergeben;

32.

stellt fest, dass es für eine umfassende Bewertung der Effizienz und Wirksamkeit der nicht standardisierten Mehrwertsteuersätze notwendig ist, sie mit alternativen politischen Instrumenten zu vergleichen; ist der Ansicht, dass diese Maßnahmen zur Erreichung dieser sozialen und ökologischen Ziele wirksamer, flexibler, sichtbarer und kostengünstiger sein können, wenn sie von den Regierungen effizient eingesetzt werden; stellt jedoch fest, dass diese Instrumente den Kern der nationalen Steuerhoheit ausmachen und den nationalen Zuständigkeiten unterliegen, da es keine EU-Rechtsvorschriften für ihre Harmonisierung gibt; weist darauf hin, dass sie dennoch die Wettbewerbspolitik der EU achten müssen;

33.

betont, dass ein einheitliches Mehrwertsteuersystem in Verbindung mit alternativen politischen Instrumenten und einer Reihe von Sozialreformen und ökologischen Steuerinstrumenten Optionen sind, die bei der Gestaltung eines wirksamen, wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen ganzheitlichen Steuersystems geprüft werden sollten, solange sie einkommensschwache Haushalte nicht übermäßig belasten; stellt fest, dass Neuseeland über ein Mehrwertsteuersystem mit einem einheitlichen Steuersatz von 15 % verfügt und Steuergutschriften für Haushalte mit niedrigem Einkommen einsetzt; stellt fest, dass die Bemühungen um eine Vereinfachung oder Harmonisierung des Mehrwertsteuersystems in der EU nicht zu höheren Standard-Mehrwertsteuersätzen führen würden; weist ferner darauf hin, dass Pauschalsubventionen und Informationskampagnen nach wie vor eine Option für die Förderung von meritorischen Gütern sein könnten;

Schlussfolgerung

34.

weist darauf hin, dass Mehrwertsteuereinnahmen zu den wichtigsten Quellen öffentlicher Einnahmen gehören und im Durchschnitt etwa 21 % der gesamten Steuereinnahmen in der EU ausmachen; stellt fest, dass die Mehrwertsteuerlücke durchschnittlich 10 % beträgt und dass die Mehrwertsteuer auch eine Eigenmittelquelle für den EU-Haushalt darstellt; betont, dass eine Verringerung der Mehrwertsteuerbemessungsgrundlage dazu führen kann, dass die öffentlichen Einnahmen sinken; fordert die nationalen Steuerbehörden auf, Initiativen zur Verringerung der Mehrwertsteuerlücke zu ergreifen, um die öffentlichen Finanzen zu verbessern, insbesondere angesichts des derzeitigen Wirtschaftsabschwungs wegen der COVID-19-Pandemie, und die Eigenmittel der EU zu erhöhen;

35.

begrüßt in diesem Zusammenhang, dass bei der Zusammenarbeit zwischen den Steuerbehörden der Mitgliedstaaten in den vergangenen zehn Jahren große Fortschritte erzielt worden sind; unterstützt weitere Kontakte zwischen den Mitgliedstaaten, um die Verwaltungszusammenarbeit zu stärken;

36.

greift die Ergebnisse der Studie von DIW ECON auf, wonach der Normalsatz im Jahr 2019 auf 71 % der gesamten Steuerbemessungsgrundlage in den Mitgliedstaaten angewandt wurde; stellt fest, dass die Befolgungskosten bei diversifizierten Mehrwertsteuersystemen im Zuge einer weiteren Digitalisierung der Unternehmen und der öffentlichen Verwaltung erheblich gesenkt werden können; weist darauf hin, dass die Kosten diversifizierter Mehrwertsteuersysteme für die Unternehmen, insbesondere die KMU, die Verzerrungen, die sie im Binnenmarkt und im Handel bewirken können, und ihre Auswirkungen auf die entgangenen staatlichen Einnahmen sorgfältig analysiert werden müssen, damit in der EU ein einheitliches, gerechtes und effizientes Mehrwertsteuersystem geschaffen wird; betont, dass ermäßigte Mehrwertsteuersätze auf Bedarfsgüter (beispielsweise Lebensmittel) tendenziell zu einer progressiveren Mehrwertsteuer führen und dass einkommensschwache Haushalte von ermäßigten Mehrwertsteuersätzen profitieren, auch wenn sie weniger effiziente Mittel für die Einnahmenverteilung oder Umweltziele darstellen;

37.

stellt fest, dass die Schwierigkeiten, die Mehrwertsteuerlücke zwischen den Mitgliedstaaten zu verringern, durch eine Reihe von Faktoren verursacht werden, wie etwa die Notwendigkeit, Mehrwertsteuerbefreiungen für bestimmte Waren und Dienstleistungen beizubehalten, und die Absicht der Mitgliedstaaten, ermäßigte Steuersätze von mindestens 5 % beizubehalten; räumt ein, dass die Mitgliedstaaten bei der Festlegung des anzuwendenden Mehrwertsteuersatzes angesichts der Bedeutung dieses Instruments als Haushaltsinstrument flexibel bleiben müssen;

38.

fordert die Einführung eines vereinfachten und modernisierten Mehrwertsteuersystems im Interesse eines fairen und effizienten Wettbewerbs zwischen den Unternehmen im Binnenmarkt, durch den die Befolgungskosten gesenkt werden und die freiwillige Befolgung verbessert wird; stellt fest, dass auch ein solches vereinfachtes Mehrwertsteuersystem von einer einzigen Anlaufstelle profitieren würde, um die Befolgungskosten für EU-Unternehmen zu senken und den grenzüberschreitenden Handel in der EU zu fördern; nimmt den Vorschlag des ehemaligen portugiesischen Ratsvorsitzes und des derzeitigen slowenischen Ratsvorsitzes zur Kenntnis, alle Mehrwertsteuersätze von 0 % und ermäßigten Steuersätze für umweltschädliche Waren und Dienstleistungen wie fossile Brennstoffe, chemische Pestizide und chemische Düngemittel auf der Ebene der Mitgliedstaaten schrittweise abzuschaffen; fordert, dass die Umsetzung sozialer Maßnahmen für Haushalte mit niedrigem Einkommen untersucht wird, um den Rückgang des verfügbaren Einkommens auszugleichen, der sich aus höheren Mehrwertsteuersätzen für umweltschädliche Waren und Dienstleistungen ergibt; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, den Vorschlag für eine überarbeitete Richtlinie über Mehrwertsteuersätze (32) rasch anzunehmen;

39.

betont, dass die Mehrwertsteuerlücke in hohem Maße auf eine Kombination von Faktoren in jedem Mitgliedstaat zurückzuführen ist, wie etwa Rechtslücken, einen Mangel an Ressourcen und an digitaler Effizienz bei den Steuerverwaltungen und die fehlende Wirksamkeit der Maßnahmen zur Durchsetzung und Kontrolle der Mehrwertsteuervorschriften, insbesondere im Hinblick auf Steuerhinterziehung, Steuervermeidung und aggressive Steuerplanung; fordert die Mitgliedstaaten in diesem Zusammenhang auf, die Verwaltungszusammenarbeit zu verbessern und die Leistung der nationalen Steuerbehörden zu steigern; begrüßt das Tool „Transaction Network Analysis“ und unterstützt die Einrichtung einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen den Eurofisc-Mitgliedern, um Karussellbetrug rasch aufzudecken; fordert die Konferenz zur Zukunft Europas auf, sich mit diesem Thema im Zusammenhang mit dem Schutz der finanziellen Interessen der EU zu befassen;

40.

hält es für notwendig, eine stärker harmonisierte Einführung der elektronischen Rechnungsstellung in allen Mitgliedstaaten zu prüfen, die über ihre derzeitige obligatorische Verwendung im öffentlichen Beschaffungswesen in der gesamten EU hinausgeht, da sie sich in den Ländern, in denen sie auch für andere Transaktionsarten eingeführt wurde, als wirksames Instrument zur Bekämpfung von Betrug und Steuerhinterziehung erwiesen hat und zu einer stärkeren Vereinfachung und eine Verringerung der Befolgungskosten geführt hat;

41.

weist erneut darauf hin, wie wichtig die Unabhängigkeit und der unparteiische Charakter der Europäischen Steuerbeobachtungsstelle ist, die auf Initiative des Parlaments eingerichtet wurde; betont, dass das Programm Fiscalis 2021–2027 ein wesentliches Instrument ist, um eine rasche und konstruktive Zusammenarbeit zwischen den Steuerbehörden sicherzustellen;

42.

weist darauf hin, dass die Wirksamkeit ermäßigter Steuersätze als politisches Instrument stets im spezifischen Kontext anderer bestehender Politikinstrumente bewertet werden muss; stellt fest, dass ermäßigte Steuersätze häufig die bestehenden sozial- und umweltpolitischen Instrumente ergänzen und dass direkte Steueranreize Instrumente sind, die besser auf einkommensschwache Haushalte ausgerichtet sind — z. B. ein Freibetrag und progressive Steuersätze — und im Allgemeinen kostengünstiger sind, sofern andere Bedingungen erfüllt sind;

43.

betont, dass zu einem endgültigen Mehrwertsteuersystem übergegangen werden muss, das auf dem Prinzip der Besteuerung im Bestimmungsland beruht; fordert den Rat nachdrücklich auf, den Vorschlag für eine Richtlinie vom 25. Mai 2018 (COM(2018)0329) angesichts des Ausmaßes der Einbußen an nationalen Haushaltsmitteln und EU-Haushaltsmitteln im Rahmen der derzeitigen Regelung möglichst rasch anzunehmen; hebt in diesem Zusammenhang die wichtigsten Grundsätze des künftigen endgültigen Mehrwertsteuersystems für die grenzüberschreitende Besteuerung von Waren innerhalb der EU am Bestimmungsort sowie die Erhebung und Einziehung der Mehrwertsteuer im Bestimmungsmitgliedstaat durch den Lieferanten hervor;

44.

fordert die Kommission auf, diesem Bericht konkrete Gesetzgebungsvorschläge folgen zu lassen, in denen die genannten spezifischen Themen behandelt werden; fordert den Rat auf, den Dialog und die Zusammenarbeit mit dem Parlament über die Erzielung einer angemessenen Reform des Mehrwertsteuersystems zu pflegen, wobei diese Vorschläge und die grundlegende Notwendigkeit, den demokratischen Charakter der Veränderungen in der EU-Steuerpolitik zu gewährleisten, berücksichtigt werden müssen;

45.

unterstützt den Vorschlag des Rechnungshofs (33), die Einrichtung eines Mechanismus zur Änderung des mehrjährigen gewogenen mittleren Satzes während des vom mehrjährigen Finanzrahmen abgedeckten Zeitraums in Erwägung zu ziehen, um Verzerrungen bei der Höhe des auf der Mehrwertsteuer basierenden Beitrags in diesem Zeitraum zu vermeiden, falls ein Mitgliedstaat beschließen sollte, seine Mehrwertsteuerpolitik zu ändern;

46.

stellt fest, dass die MwSt-Richtlinie gemäß Artikel 113 AEUV vom Rat einstimmig gebilligt werden muss;

47.

erinnert an die Vorzüge der Steueridentifikationsnummer (TIN) als nützliches Instrument, um die Einhaltung der Steuervorschriften und die Einhaltung der steuerlichen Verpflichtungen zu gewährleisten; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, alle Möglichkeiten der Steueridentifikationsnummer als Mechanismus zur Wahrung hoher Standards für die Effizienz der Berichterstattung zu prüfen;

48.

unterstützt die Idee, den Anwendungsbereich der einzigen Anlaufstelle für die Mehrwertsteuer, die seit 2015 für die Mehrwertsteuererklärung und -zahlung besteht, auszuweiten; betont, dass die Anpassung der einzigen Anlaufstelle gezielt auf den expandierenden Markt des elektronischen Handels ausgerichtet werden muss;

49.

fordert die Kommission auf, den derzeitigen Rahmen zu bewerten und konkrete Gesetzgebungsvorschläge zur Überprüfung grenzüberschreitender Transaktionen vorzulegen, wobei dieser Rahmen gestärkt werden muss, um die Mehrwertsteuer zu sichern; betont in diesem Zusammenhang, dass speziell auf die Chancen eingegangen werden muss, die sich aus der Nutzung neuer digitaler Technologien mit hohen Standards in Bezug auf den Datenschutz und die Privatsphäre als logische Folge der Rechte der Steuerzahler ergeben;

50.

weist erneut darauf hin, wie wichtig es ist, die vollständige Umsetzung und ordnungsgemäße Anwendung des Mehrwertsteuerpakets für den elektronischen Geschäftsverkehr sicherzustellen; fordert die Kommission auf, den Sachstand in dieser Hinsicht zu bewerten und gegebenenfalls konkrete Vorschläge zur Anpassung der Vorschriften vorzulegen, wobei das exponentielle Wachstum des elektronischen Geschäftsverkehrs zu berücksichtigen ist; weist darauf hin, dass es im Bereich des elektronischen Handels eine beträchtliche Lücke bei der Mehrwertsteuererhebung gibt; fordert die Kommission auf, die Schlussfolgerungen des Sonderberichts des Europäischen Rechnungshofs zu diesem Thema zu prüfen, um die Erhebungslücke zu schließen;

51.

weist erneut darauf hin, wie wichtig ein engerer Dialog mit internationalen Partnern, vor allem den wichtigsten Handelspartnern, in Bezug auf die Mehrwertsteuer ist; ist der Auffassung, dass diese Zusammenarbeit mit dem Grundsatz der Verwaltungszusammenarbeit beginnen und auf ebendieser basieren sollte, um eine wirksame Logik des Informationsaustauschs sicherzustellen, mit der die Bekämpfung von Betrugs- oder Hinterziehungssystemen verbessert werden kann;

52.

nimmt die Absicht der Kommission zur Kenntnis, ihren Mehrwertsteuerausschuss und ihre Ziele in Bezug auf einen künftigen Komitologieausschuss zu ändern; betont, dass in dieser Angelegenheit dem Standpunkt des Parlaments Rechnung getragen werden muss; weist erneut darauf hin, dass der institutionelle Rahmen der EU im Steuerbereich und die Aufteilung der Zuständigkeiten im Bereich der indirekten Besteuerung uneingeschränkt geachtet werden müssen;

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o o

53.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1)  ABl. L 145 vom 13.6.1977, S. 1.

(2)  ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1.

(3)  ABl. L 348 vom 29.12.2017, S. 7.

(4)  ABl. L 311 vom 7.12.2018, S. 3.

(5)  ABl. L 310 vom 2.12.2019, S. 1.

(6)  ABl. L 62 vom 2.3.2020, S. 13.

(7)  ABl. L 62 vom 2.3.2020, S. 7.

(8)  ABl. L 77 vom 23.3.2011, S. 1.

(9)  ABl. L 348 vom 29.12.2017, S. 1.

(10)  ABl. L 348 vom 29.12.2017, S. 32.

(11)  ABl. L 259 vom 16.10.2018, S. 1.

(12)  ABl. L 313 vom 4.12.2019, S. 14.

(13)  ABl. L 40 vom 13.2.2020, S. 114.

(14)  ABl. L 188 vom 28.5.2021, S. 1.

(15)  Inkrafttreten verschoben auf den 1. Juli 2022.

(16)  ABl. C 449 vom 23.12.2020, S. 295.

(17)  ABl. C 474 vom 24.11.2021, S. 182.

(18)  ABl. C 15 vom 12.1.2022, S. 270.

(19)  ABl. C 94 E vom 3.4.2013, S. 5.

(20)  ABl. C 224 vom 27.6.2018, S. 107.

(21)  ABl. C 108 vom 26.3.2021, S. 8.

(22)  ABl. C 15 vom 12.1.2022, S. 204.

(23)  Angenommene Texte, P9_TA(2021)0392.

(24)  ABl. 71 vom 14.4.1967, S. 1301.

(25)  ABl. 71 vom 14.4.1967, S. 1303.

(26)  Wie im EU-Aktionsplan über einen einheitlichen Mehrwertsteuerraum in der EU beschrieben.

(27)  COM(2018)0329.

(28)  Etwa künstliche Intelligenz, Massendaten und Blockchain-Technologie.

(29)  Dies bedeutet, dass die Unterstützung zunächst von den Mitgliedstaaten und dann von der EU stammt.

(30)  Richtlinie (EU) 2018/2057 des Rates vom 20. Dezember 2018 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem im Hinblick auf die befristete generelle Umkehrung der Steuerschuldnerschaft auf Lieferungen bestimmter Gegenstände und Dienstleistungen oberhalb eines bestimmten Schwellenwertes (ABl. L 329 vom 27.12.2018, S. 3).

(31)  Studie von PwC und der Weltbankgruppe vom 26. November 2019 mit dem Titel „Paying Taxes 2020: The changing landscape of tax policy and administration across 190 economies“, S. 27.

(32)  COM(2018)0020.

(33)  Stellungnahme Nr. 11/2020.