3.2.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 27/71


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Anstrengungen der Mitgliedstaaten zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen mit Blick auf die Erfüllung der Verpflichtungen der Gemeinschaft zur Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2020“

KOM(2008) 17 endg. — 2008/0014 (COD)

(2009/C 27/16)

Der Rat beschloss am 11. Februar 2008, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 175 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

„Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Anstrengungen der Mitgliedstaaten zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen mit Blick auf die Erfüllung der Verpflichtungen der Gemeinschaft zur Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2020“.

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umweltschutz nahm ihre Stellungnahme am 4. Juni 2008 an. Berichterstatter war Herr MORKIS.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 446. Plenartagung am 9./10. Juli 2008 (Sitzung vom 9. Juli) mit 116 gegen 2 Stimmen bei 8 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Zusammenfassung der Bemerkungen und Empfehlungen des EWSA

1.1

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss begrüßt die Initiative der Europäischen Kommission, den Mitgliedstaaten eine Verteilung der Lasten bei der Bekämpfung des Klimawandels vorzuschlagen, wenn es um die Erfüllung der gemeinschaftlichen Verpflichtung geht, von 2013 bis 2020 die Treibhausgasemissionen aus nicht unter die Richtlinie 2003/87/EG (nicht unter das EU-Emissionshandelssystem (EU-EHS)) fallenden Quellen zu reduzieren.

1.2

Der Ausschuss erkennt die führende Rolle der EU bei den internationalen Verhandlungen zu den Umwelt- und Klimaschutzverpflichtungen an und befürwortet diese. Durch die Verpflichtungen, die sie eingegangen ist, geht die EU mit gutem Beispiel voran und versucht, andere Länder anspornen und zu vergleichbaren Maßnahmen bewegen.

1.3

Der Ausschuss ist der Auffassung, dass der Zivilgesellschaft bei der Umsetzung der Entscheidung und der Erfüllung der von den Ländern eingegangenen Verpflichtungen eine sehr wichtige Rolle zukommt. Die Mitgliedstaaten sollten gesellschaftliche Initiativen, die zur Verringerung der Treibhausgasemissionen beitragen, mehr fördern und Konzepte zur Unterstützung solcher Initiativen schaffen:

Die Zivilgesellschaft könnte generell eine wichtige Rolle bei der Durchführung der Entscheidung spielen. Deshalb müssen die Anforderungen der Entscheidung und die Mittel für deren Durchführung in jedem Mitgliedstaat besser bekannt gemacht werden.

Außerdem ist größeres Gewicht auf Aufklärungskampagnen zu legen, um die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und ihr Verständnis der Notwendigkeit zu fördern, dass Anstrengungen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen unternommen werden müssen.

Darüber hinaus ist die Ausbildung von Fachleuten und die allgemeine Aufklärung der Öffentlichkeit im Bereich Energiesparen, Umweltschutz und Klimawandel dringend erforderlich.

1.4

Der Ausschuss vertritt die Meinung, dass Maßnahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen so durchgeführt werden sollten, dass sie langfristig die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Europas sichern und sogar steigern. Die Entwicklung erneuerbarer Energieträger sowie energieeffizienter Produkte und Produktionsverfahren wird weltweit immer mehr gefragt sein, und Europa erwachsen Wettbewerbsvorteile aus seiner weltweit führenden Stellung in vielen dieser Bereiche. Die EU und die Mitgliedstaaten müssen die diesbezügliche Forschung und Entwicklung unterstützen.

1.5

In Artikel 3 Absatz 3 des Entscheidungsentwurfs ist vorgesehen, dass Mitgliedstaaten vom nachfolgenden Jahr eine Menge an Treibhausgasemissionen vorweg in Anspruch nehmen können, die 2 % ihrer Obergrenze entspricht, oder bei Nichtausschöpfung der in Absatz 2 des Entscheidungsentwurfs festgelegten Menge diese für das nachfolgende Jahr anrechnen lassen dürfen. Die Anrechnungsmöglichkeit von 1 Jahr bietet keine ausreichende Flexibilität, wenn große Projekte umgesetzt und gute Ergebnisse erzielt werden sollen. Dies ist besonders für kleine Mitgliedstaaten von Bedeutung, die umfangreiche Projekte zur THG-Verringerung umsetzen.

Die Kommission schlägt vor, dass jeder Mitgliedstaat einen Plan zum Erreichen seiner nationalen Ziele erarbeiten sollte. Die durchschnittlichen jährlichen THG-Emissionen im Zeitraum 2013-2020 sollten aber nicht den Durchschnitt der Jahresemissionen von 2005 bis 2020 überschreiten. Nach Ansicht des Ausschusses wird es wichtig sein, dass die Umsetzung dieser Pläne regelmäßig auf nationaler und europäischer Ebene überwacht wird, damit Abweichungen sofort erkannt und Korrekturmaßnahmen ergriffen werden können.

1.6

Zur Steigerung der allgemeinen wirtschaftlichen Effizienz bei der Umsetzung der gemeinschaftlichen Gesamtverpflichtung und in der Absicht, die gemeinsamen Ziele mit dem geringsten Kostenaufwand zu erreichen, sollte nach Ansicht des Ausschusses in der Entscheidung vorgesehen werden, dass jeder Mitgliedstaat die Möglichkeit hat, auf der Grundlage bilateraler zwischenstaatlicher Vereinbarungen einen Teil seiner THG-Emissionsrechte auf einen anderen Mitgliedstaat zu übertragen.

1.7

Der Ausschuss ist der Meinung, dass ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den auf die Verringerung der Treibhausgasemissionen gerichteten Maßnahmen innerhalb der EU und der Solidarität bei der Einleitung von Maßnahmen zur Emissionsreduktion in Entwicklungsländern gefunden werden muss, indem in den Projekten zur gemeinsamen Umsetzung des Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung flexible Instrumente eingesetzt werden. Auf flexible Instrumente sollte aber nur zurückgegriffen werden, wenn sie die weltweiten Treibhausemissionen tatsächlich reduzieren und nicht etwa zur Verlagerung von THG-Emissionen aus EU-Ländern in Drittstaaten (Leakage-Effekt) führen.

1.8

Der Ausschuss stimmt den eingegangenen Verpflichtungen und der Lastenverteilung zwischen den Mitgliedstaaten zu und vertritt die Ansicht, dass die Öffentlichkeit besser über die Prinzipien der Lastenverteilung unterrichtet werden muss. Bei der Lastenverteilung müssen für jedes Land gesondert die Gegebenheiten und der mit der Emissionsreduktion verbundene Kostenaufwand sowie die Auswirkung auf die Wettbewerbsfähigkeit und Entwicklung des Landes bewertet werden. Die Entscheidung zur Lastenverteilung sollte im Verhältnis zum BIP eines jeden Landes gleiche relative Kosten der Emissionsreduktion festlegen.

1.9

Der Ausschuss fordert die Kommission auf, ein Compliance-System einzurichten, in dessen Rahmen z.B. Geldbußen gegen Mitgliedstaaten bei Überschreiten der festgelegten Emissionsmengen vorgesehen werden.

2.   Einführung: Das Kommissionsdokument

2.1

Die Europäische Kommission präsentierte am 23. Januar 2008 ein Vorschlagspaket zur Bekämpfung des Klimawandels und zur Förderung der erneuerbaren Energien.

2.2

Der Vorschlag der Kommission soll der Umsetzung der auf der Tagung des Europäischen Rates am 8./9. März 2007 erzielten Übereinkunft dienen, mit der die Europäische Union die Verpflichtung eingeht, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 20 % gegenüber 1990 zu reduzieren und außerdem bis 2020 20 % ihrer Energie aus erneuerbaren Energieträgern zu gewinnen.

2.3

Die Gesamtanstrengungen der Reduktion der Treibhausgasemissionen werden auf die unter das EU-Emissionshandelssystem fallenden und die nicht darunter fallenden Sektoren aufgeteilt. Die Kommission schlägt folgenden Ansatz vor: eine Reduzierung der Emissionen in den EU-EHS-Sektoren bis 2020 um 21 % im Vergleich zu 2005; eine Reduzierung um rund 10 % im Vergleich zu 2005 in den Sektoren, die nicht im EU-EHS erfasst sind. Zusammen genommen werden diese Reduktionen zu einer Verringerung um 14 % gegenüber 2005 führen, was einer Verringerung um 20 % gegenüber dem Stand von 1990 entspricht.

2.4

Der Rat stellte noch ehrgeizigere Ziele in Aussicht, sofern ein globales und umfassendes Übereinkommen für die Zeit nach 2012 unterzeichnet wird und sich andere Industrieländer zu vergleichbaren Emissionsreduktionen und die wirtschaftlich weiter fortgeschrittenen Entwicklungsländer zu einem ihren jeweiligen Verantwortlichkeiten und Möglichkeiten angemessenen Beitrag verpflichten. Unter diesen Voraussetzungen müsste die Gemeinschaft anstreben, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 30 % zu reduzieren.

2.5

In dem Vorschlag für eine Entscheidung wird nun festgelegt, welchen Beitrag die Mitgliedstaaten leisten müssen, damit die Gemeinschaft ihre Verpflichtung erfüllen kann, die THG-Emissionen aus nicht unter die Richtlinie 2003/87/EG (nicht unter das EU-Emissionshandelssystem) fallenden Quellen von 2013 bis 2020 zu verringern.

2.6

Der Vorschlag für eine Entscheidung enthält die Regeln, nach denen festgelegt wird, welchen Beitrag die Mitgliedstaaten zur Erfüllung der Verpflichtung der Gemeinschaft, die Treibhausgasemissionen von 2013 bis 2020 zu verringern, leisten müssen.

2.7

Die Kommission vertritt zudem die Ansicht, dass bei den Anstrengungen zur Reduktion der THG-Emissionen die Lasten unter den Mitgliedstaaten verteilt und dabei die wirtschaftlichen Unterschiede und das Pro-Kopf-BIP des jeweiligen Mitgliedstaats berücksichtigt werden sollten. Deshalb sollten Mitgliedstaaten, die derzeit ein relativ niedriges Pro-Kopf-BIP erwirtschaften und künftig mit einem hohen BIP-Wachstum rechnen können, im Jahr 2020 mehr Treibhausgase emittieren dürfen als 2005.

2.8

Unter Berücksichtigung der vorgeschlagenen Differenzierung empfiehlt die Kommission die Festlegung bestimmter Obergrenzen für die einzelnen Länder, wobei von keinem Mitgliedstaat verlangt werden sollte, dass er seine Treibhausgase bis 2020 um mehr als 20 % gegenüber 2005 senkt, und keinem Mitgliedstaat gestattet werden sollte, seine Treibhausgasemissionen bis 2020 um mehr als 20 % gegenüber 2005 ansteigen zu lassen.

2.9

Die Kommission sieht vor, dass jeder Mitgliedstaat bis 2020 seine Treibhausgasemissionen aus nicht unter die Richtlinie 2003/87/EG fallenden Quellen gegenüber seinen Emissionen im Jahr 2005 um den Prozentsatz, der im Anhang dieser Entscheidung für den jeweiligen Mitgliedstaat festgesetzt ist, begrenzt.

2.10

Nach Auffassung der Kommission müssen die Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2013-2020 jedes Jahr reduziert werden. Es ist aber auch eine gewisse Flexibilität vorgesehen: Jedem Mitgliedstaat ist gestattet, vom nachfolgenden Jahr eine Menge vorweg in Anspruch zu nehmen, die 2 % seiner Obergrenze für Treibhausgasemissionen entspricht. Außerdem darf ein Mitgliedstaat, dessen Emissionen niedriger sind als die Obergrenze, die über das verlangte Maß hinausgehenden Emissionsreduktionen für das nachfolgende Jahr anrechnen lassen.

2.11

Jeder Mitgliedstaat soll diese Treibhausgasemissionen jedes Jahr linear begrenzen, um sicherzustellen, dass diese Emissionen 2020 nicht die für ihn im Anhang der Entscheidung festgelegte Obergrenze überschreiten.

2.12

Um den Mitgliedstaaten bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen mehr Flexibilität zu gewähren sowie die nachhaltige Entwicklung in Drittländern (besonders in Entwicklungsländern) zu fördern und Investoren Sicherheit zu bieten, schlägt die Kommission die Möglichkeit vor, dass die Mitgliedstaaten auch weiterhin CDM-Gutschriften verwenden können, damit es auch nach 2012 einen Markt für diese Gutschriften gibt.

2.13

Damit gewährleistet ist, dass es einen solchen Markt gibt und dass die THG-Emissionen in der EU weiter verringert und die Ziele der Gemeinschaft in den Bereichen erneuerbare Energieträger, Energiesicherheit, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit verwirklicht werden, wird vorgeschlagen, den Anteil, bis zu dem die Mitgliedstaaten pro Jahr Gutschriften aus THG-Reduktionsprojekten in Drittländern verwenden dürfen, bis zum Abschluss eines internationalen Klimaschutzübereinkommens auf 3 % der Emissionen jedes Mitgliedstaats aus nicht unter das Emissionshandelssystem fallenden Quellen im Jahr 2005 zu begrenzen. Diese Höchstmenge entspricht ungefähr einem Drittel der Reduktionsanstrengungen eines Mitgliedstaats im Jahr 2020. Jeder Mitgliedstaat sollte die Möglichkeit haben, den Teil dieser Menge, den er nicht ausgeschöpft hat, auf einen anderen Mitgliedstaat zu übertragen.

2.14

Die Kommission ist der Auffassung, dass nach Abschluss eines internationalen Klimaschutzübereinkommens die Mitgliedstaaten nur durch ein gemeinsames Konzept geregelte Reduktionsgutschriften aus Ländern annehmen sollten, die das Übereinkommen ratifiziert haben.

2.15

Außerdem ist die Kommission der Ansicht, dass nach Abschluss eines internationalen Klimaschutzübereinkommens durch die Gemeinschaft die Emissionsobergrenzen der Mitgliedstaaten entsprechend der in dem Übereinkommen enthaltenen neuen Verpflichtungen der Gemeinschaft zur Verringerung der THG-Emissionen angepasst werden sollten.

2.16

Es ist vorgesehen, dass die Mitgliedstaaten in den Jahresberichten gemäß Artikel 3 der Entscheidung Nr. 280/2004/EG ihre jährlichen Emissionen, die sich aus der Anwendung von Artikel 3 ergeben, melden und über die Verwendung von Gutschriften gemäß Artikel 4 berichten. Außerdem sollen die Mitgliedstaaten den neuesten Stand ihrer voraussichtlichen Fortschritte bis spätestens 1. Juli 2016 übermitteln.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1

Die Initiative der Europäischen Kommission, den Mitgliedstaaten eine Verteilung der Lasten bei der Bekämpfung des Klimawandels vorzuschlagen, wenn es um die Erfüllung der gemeinschaftlichen Verpflichtung geht, von 2013 bis 2020 die Treibhausgasemissionen aus nicht unter die Richtlinie 2003/87/EG (nicht unter das EU-Emissionshandelssystem) fallenden Quellen zu reduzieren, ist ein wichtiges Bindeglied in einer Kette von Entscheidungen bezüglich der Bekämpfung des Klimawandels.

3.2

Der Ausschuss ist davon überzeugt, dass diese Entscheidung zur Bewältigung der gemeinschaftlichen Aufgaben im Bereich Umweltschutz und Klimawandel beitragen wird. Die Gemeinschaftspolitik in diesem Bereich muss eine deutliche Verringerung der Treibhausgasemissionen gewährleisten, indem an die Mitgliedstaaten verbindliche Anforderungen gestellt werden, deren Erfüllung streng kontrolliert wird.

3.3

Gleichzeitig möchte der Ausschuss darauf aufmerksam machen, dass die Wirksamkeit der Entscheidung bezüglich der Lastenverteilung bei der Reduktion der Treibhausgasemissionen wesentlich von den beiden anderen Teilen des Energie- und Klimawandel-Pakets abhängt, d.h. der Richtlinie über erneuerbare Energieträger sowie der EU-EHS-Richtlinie. Dies bedeutet, dass diese unmittelbar synergetisch zusammenwirken müssen; Änderungen eines Teils werden Auswirkungen auf die jeweils anderen Teile haben.

3.4

Sofern ein internationales Übereinkommen erzielt wird, sollen die Verpflichtungen der Gemeinschaft angepasst werden. Große Hoffnungen werden in die Verhandlungen gesetzt, die im Dezember 2007 auf Bali (Indonesien) begonnen haben, und die für weltweite Maßnahmen bis 2020 von entscheidender Bedeutung sein können. Es wäre sehr hilfreich, wenn diese Verhandlungen zu einem Abschluss gebracht würden und 2009 während des Klimagipfels in Kopenhagen ein Klimaschutzübereinkommen erzielt würde. Davor wird noch ein Klimagipfel in Poznan in Polen stattfinden, von dem man sich einen Vorstoß erwartet.

3.5

Es ist zu begrüßen, dass die EU bei diesen Verhandlungen die führende Rolle spielt. Durch die Verpflichtungen, die sie eingegangen ist, geht die EU mit gutem Beispiel voran und versucht, andere Länder anzuspornen und zu vergleichbaren Maßnahmen zu bewegen. Verständlicherweise werden Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien die Emissionen nicht verringern, sie können aber deren Anstieg im Verhältnis zum Wirtschaftswachstum reduzieren. Der EWSA bestärkt die Kommission, alle Anstrengungen für den Abschluss eines internationalen Übereinkommens (Post-Kyoto-Abkommens) zu unternehmen, mit dem sich die Industrieländer zu einer 30 %igen Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2020 gegenüber dem Stand von 1990 verpflichten. Dies wäre im Einklang mit dem 4. Sachstandsbericht des Weltklimarats, demzufolge eine 25-40 %ige Emissionsreduktion bis 2020 gegenüber 1990 erforderlich ist, um die globale Erwärmung auf höchstens 2oC über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Wenn dieses internationale Übereinkommen erzielt werden kann, so wird es natürlich erforderlich sein, diesen und die anderen Vorschläge des Energie- und Klimawandel-Pakets der Kommission im Hinblick auf das ehrgeizigere Ziel zu überarbeiten. Deshalb sollten alle Betroffenen vorausschauend davon ausgehen, dass die im Moment für das Jahr 2020 vorgeschlagenen Ziele nur der erste Schritt sind und zu gegebener Zeit strengere Zielsetzungen erforderlich sein werden, möglicherweise schon 2020, sicher aber in den darauffolgenden Jahren.

3.6

Der Ausschuss vertritt die Meinung, dass Maßnahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen so durchgeführt werden sollten, dass sie langfristig die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Europas sichern und sogar steigern. Die Entwicklung erneuerbarer Energieträger sowie energieeffizienter Produkte und Produktionsverfahren wird weltweit immer mehr gefragt sein, und Europa erwachsen Wettbewerbsvorteile aus seiner weltweit führenden Stellung in vielen dieser Bereiche. Die EU und die Mitgliedstaaten müssen die diesbezügliche Forschung und Entwicklung unterstützen, ansonsten wird es schwierig, die Ziele zu erreichen. Außerdem ist die Ausbildung von Fachleuten und die allgemeine Aufklärung der Öffentlichkeit im Bereich Energiesparen, Umweltschutz und Klimawandel dringend erforderlich.

3.7

Der Zivilgesellschaft kommt bei der Umsetzung der Entscheidung und der Erfüllung der von den Ländern eingegangenen Verpflichtungen eine sehr wichtige Rolle zu. Die Mitgliedstaaten sollten gesellschaftliche Initiativen, die zur Verringerung der Treibhausgasemissionen beitragen, mehr fördern und Konzepte zur Unterstützung solcher Initiativen schaffen:

Die Zivilgesellschaft könnte generell eine wichtige Rolle bei der Durchführung der Entscheidung spielen. Deshalb müssen die Anforderungen der Entscheidung und die Mittel für deren Durchführung in jedem Mitgliedstaat besser bekannt gemacht werden.

Außerdem ist größeres Gewicht auf Aufklärungskampagnen zu legen, um die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und ihr Verständnis der Notwendigkeit zu fördern, dass Anstrengungen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen unternommen werden müssen.

Darüber hinaus ist die Ausbildung von Fachleuten und die allgemeine Aufklärung der Öffentlichkeit im Bereich Energiesparen, Umweltschutz und Klimawandel dringend erforderlich.

4.   Besondere Bemerkungen

4.1

Der Ausschuss ist der Meinung, dass ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den auf die Verringerung der Treibhausgasemissionen gerichteten Maßnahmen innerhalb der EU und der Solidarität bei der Einleitung von Maßnahmen zur Emissionsreduktion in Entwicklungsländern gefunden werden muss, indem in den Projekten zur gemeinsamen Umsetzung des Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung flexible Instrumente eingesetzt werden. Auf flexible Instrumente sollte aber nur zurückgegriffen werden, wenn sie die weltweiten Treibhausemissionen tatsächlich reduzieren, und nicht etwa zur Verlagerung THG-Emissionen aus EU-Ländern in Drittstaaten (Leakage-Effekt) führen.

4.2

Die Kommission schlägt die Möglichkeit vor, dass die Mitgliedstaaten auch weiterhin CDM-Gutschriften verwenden können, damit es auch nach 2012 einen Markt für diese Gutschriften gibt. Der Ausschuss hat Bedenken hinsichtlich der Qualität der zertifizierten Emissionsreduktionen (CER), die im Rahmen der CDM-Gutschriften ausgegeben werden, und schlägt Folgendes vor: Wenn die investierenden Staaten (im Rahmen von Projekten, die vor 2013 beginnen) weiterhin CER einsetzen können sollen, sollten die erstellten Referenzfälle überprüft und verifiziert werden, um festzustellen, ob ein Projekt noch als zusätzlich gelten kann. Bei neuen CDM-Projekten, die als Beitrag der Mitgliedstaaten zur Lastenverteilung bei der Reduzierung der Treibhausgasemissionen geplant sind, sollten nur diejenigen Projekte berücksichtigt werden, die sich auf die besten verfügbaren Techniken (BAT) stützen.

4.3

Die Kommission verweist lediglich auf das allgemeine Prinzip, dass Länder mit hohem Pro-Kopf-BIP strengere Reduktionsverpflichtungen und Länder mit niedrigem Pro-Kopf-BIP weniger strenge Reduktionsverpflichtungen eingehen sollen, allerdings ist es durchaus möglich, dass verschiedene Länder, selbst wenn sie ein gleiches relatives Pro-Kopf-BIP erwirtschaften, für das Erreichen gleicher Ergebnisse bei der Emissionsverringerung unterschiedliche Bemühungen aufbringen müssen. Bei der Lastenverteilung müssen für jedes Land gesondert die Gegebenheiten und der mit der Emissionsreduktion verbundene Kostenaufwand sowie die Auswirkung auf die Wettbewerbsfähigkeit und Entwicklung des Landes bewertet werden. Die Entscheidung zur Lastenverteilung sollte im Verhältnis zum BIP eines jeden Landes gleiche relative Kosten der Emissionsreduktion festlegen.

4.4

Der Ausschuss verweist auf einen deutlichen Widerspruch im Wortlaut der Entscheidung. Die Kommission schlägt 2005 als Referenzjahr für die Bewertung der Anstrengungen der Mitgliedstaaten zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen vor, und das Jahr 2020 gilt als Ende des Zeitraums. In Artikel 3 Absatz 2 Unterabsatz 2 heißt es, dass jeder Mitgliedstaat diese Treibhausgasemissionen jedes Jahr linear begrenzt. Gleichzeitig ist in Unterabsatz 1 desselben Absatzes vorgesehen, dass jeder Mitgliedstaat dafür sorgt, dass seine gesamten Treibhausgasemissionen im Jahr 2013 aus nicht unter die Richtlinie 2003/87/EG fallenden Quellen den Durchschnitt seiner gemäß dieser Richtlinie und der Entscheidung Nr. 280/2004/EG gemeldeten und überprüften Treibhausgasemissionen aus solchen Quellen in den Jahren 2008, 2009 und 2010 nicht überschreiten. Demnach dienen zur Bewertung der Situation im Jahr 2013 die Jahre 2008, 2009 und 2010 als Referenzjahre.

4.5

In Artikel 3 Absatz 3 des Entscheidungsentwurfs ist vorgesehen, dass Mitgliedstaaten vom nachfolgenden Jahr eine Menge vorweg in Anspruch nehmen können, die 2 % ihrer Obergrenze für Treibhausgasemissionen entspricht, oder bei Nichtausschöpfung der in Absatz 2 des Entscheidungsentwurfs festgelegten Menge diese für das nachfolgende Jahr anrechnen lassen dürfen. Die Anrechnungsmöglichkeit von 1 Jahr bietet keine ausreichende Flexibilität, wenn große Projekte umgesetzt und gute Ergebnisse erzielt werden sollen. Dies ist besonders für kleine Mitgliedstaaten von Bedeutung, die umfangreiche Projekte zur THG-Verringerung umsetzen.

Die Kommission schlägt vor, dass jeder Mitgliedstaat einen Plan zum Erreichen seiner nationalen Ziele erarbeiten sollte. Die durchschnittlichen jährlichen THG-Emissionen im Zeitraum 2013-2020 sollten aber nicht den Durchschnitt der Jahresemissionen von 2005 bis 2020 überschreiten. Nach Ansicht des Ausschusses wird es wichtig sein, dass die Umsetzung dieser Pläne regelmäßig auf nationaler und europäischer Ebene überwacht wird, damit Abweichungen sofort erkannt und Korrekturmaßnahmen ergriffen werden können.

4.6

Zur Steigerung der allgemeinen wirtschaftlichen Effizienz bei der Umsetzung der gemeinschaftlichen Gesamtverpflichtung und in der Absicht, die gemeinsamen Ziele mit dem geringsten Kostenaufwand zu erreichen, sollte nach Ansicht des Ausschusses in der Entscheidung vorgesehen werden, dass jeder Mitgliedstaat die Möglichkeit hat, auf der Grundlage bilateraler zwischenstaatlicher Vereinbarungen einen Teil seiner THG-Emissionsrechte auf einen anderen Mitgliedstaat zu übertragen.

4.7

Der Ausschuss fordert die Kommission auf, ein Compliance-System einzurichten, in dessen Rahmen z.B. Geldbußen gegen Mitgliedstaaten bei Überschreiten der festgelegten Emissionsmengen vorgesehen werden.

4.8

Auch ist die Bestimmung in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c) bezüglich der ausgewogenen geografischen Verteilung von Projekten nicht konkret genug, was die Anwendung von Maßnahmen für den Erwerb der Gutschriften anbelangt

4.9

Zur Durchführung der Entscheidung sollte die Kommission den Mitgliedstaaten Handlungsleitlinien, Instrumente und andere Mittel an die Hand geben. Ein erster angemessener Schritt wäre die Herausgabe eines Leitfadens mit Erfolgsbeispielen aus der EU.

4.10

Zur Erreichung des Ziels der Entscheidung empfiehlt der Ausschuss, dass die Mitgliedstaaten die Struktur- und Kohäsionsfonds für Projekte nutzen, in deren Rahmen keine Treibhausgase erzeugt oder sogar die Treibhausgasemissionen verringert werden.

4.11

Da in dem nächsten Zuteilungszeitraum 2013 bis 2020 für unter das EHS fallende Anlagen eine Versteigerung der Emissionshandelszertifikate vorgesehen ist, werden auf diese Art Mittel gewonnen, die für die Reduktion von Treibhausgasemissionen in nicht unter das EU-Emissionshandelssystem fallenden Sektoren benötigt werden. Ein Teil der Einnahmen sollte direkt den Branchen zugute kommen, die Anstrengungen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen unternehmen. Der Rest sollte in einen Solidaritätsfonds für Entwicklungsländer fließen und Projekten zur Anpassung an den Klimawandel in diesen Ländern vorbehalten werden.

Brüssel, den 9. Juli 2008

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Dimitris DIMITRIADIS