3.2.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 27/34


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über kosmetische Mittel (Neufassung)“

KOM(2008) 49 endg. — 2008/0035 (COD)

(2009/C 27/07)

Der Rat beschloss am 13. Mai 2008, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 95 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

„Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über kosmetische Mittel (Neufassung)“.

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 11. Juni 2008 an. Berichterstatter war Herr KRAWCZYK.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 446. Plenartagung am 9./10. Juli 2008 (Sitzung vom 9. Juli) mit 126 Stimmen bei 4 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss unterstützt die Absichten und Zielsetzungen des Verordnungsentwurfs ebenso wie die Neufassung der Richtlinie 76/768/EWG als Verordnung.

1.2

Der Ausschuss weist darauf hin, dass voraussichtlich insbesondere die KMU erhebliche Finanzmittel aufbringen werden müssen, um den neuen Anforderungen im Hinblick auf die Einhaltung der Grundsätze der guten Herstellungspraxis, die Sicherheitsbewertung und die Erstellung der Produktinformationsdatei gerecht zu werden, ganz zu schweigen von sämtlichen erforderlichen Tests.

1.3

Er ist der Auffassung, dass es ratsam wäre, die negativen finanziellen Auswirkungen auf KMU so gering wie möglich zu halten, indem z.B. präzisiert wird, dass die Produktinformationsdatei und die Sicherheitsbewertung nur für erstmalig in Verkehr gebrachte kosmetische Mittel entsprechend den neuen Anforderungen erstellt werden müssen.

1.3.1

Er befürwortet die 36-monatige Frist für das Inkrafttreten der Verordnung. Für die Anpassung der Produktinformationen und der Sicherheitsbewertungen bereits zugelassener kosmetischer Mittel schlägt er aber einen weiteren Übergangszeitraum von 24 Monaten nach Inkrafttreten der Verordnung vor.

1.4

Der Ausschuss begrüßt die Einführung einer differenzierten Regelung auf der Grundlage der Sicherheitsbewertung von als krebserregend/erbgutverändernd/fortpflanzungsschädigend („k/e/f“) eingestuften Stoffen. Das Verbot der Verwendung derartiger Stoffe sollte beibehalten werden.

2.   Vorbemerkungen

2.1

Mit der Richtlinie 76/768/EWG sollen vor allem der Gesundheitsschutz der Verbraucher sichergestellt und die Rechtsvorschriften für kosmetische Mittel auf dem Binnenmarkt vereinheitlicht werden. Aus der Analyse der gegenwärtigen Marktsituation ergibt sich, dass die Änderungen der Richtlinie 76/768/EWG und deren uneinheitliche Umsetzung in den einzelnen Mitgliedstaaten zu zahlreichen rechtlichen Unklarheiten und Diskrepanzen geführt haben. Dies verursachte sowohl den zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten als auch den Unternehmen einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand sowie unnötige Zusatzkosten, ohne zur Sicherheit kosmetischer Mittel beizutragen.

2.2

Die Vereinfachung der Richtlinie 76/768/EWG des Rates vom 27. Juli 1976 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel („Kosmetikrichtlinie“) wurde in der Mitteilung der Europäischen Kommission „Umsetzung des Lissabon-Programms der Gemeinschaft: Eine Strategie zur Vereinfachung des ordnungspolitischen Umfelds“, in der Kommissionsmitteilung zu der Jährlichen Strategieplanung für 2007 sowie im Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission für 2007 angekündigt. Die Kommission hat eine Vereinfachung der Kosmetikrichtlinie in Form einer Neufassung vorgeschlagen, d.h. mittels eines Rechtsetzungsweges, durch den ein Legislativtext einschließlich der daran vorgenommenen Änderungen sowie mit substanziellen Verbesserungen kodifiziert werden kann.

2.3

Die Kommission hat auf der Grundlage der Ergebnisse der 2006 durchgeführten Konsultation der Öffentlichkeit und einer Reihe eigener Studien noch vor der Erarbeitung des Vorschlags für eine Verordnung (Neufassung) (1) eine ausführliche Folgenabschätzung vorgenommen.

2.4

Die EU-Kosmetikbranche wird von KMU dominiert. 97 Prozent aller Kosmetikfirmen in der EU sind KMU, und 80 Prozent davon haben weniger als 19 Beschäftigte. Etwa zwei Drittel aller direkt Beschäftigten der EU-Kosmetikbranche arbeiten in KMU.

2.5

Die europäische Kosmetikindustrie beschäftigt ca. 150 000 Arbeitnehmer. Seit 1999 wurden in dieser Branche stetig neue Arbeitsplätze geschaffen (Zuwachs von 1,2 % pro Jahr).

2.6

Abgesehen von der Beschäftigung in der Kosmetikbranche selbst, kommt diesem Industriezweig auch eine wichtige indirekte Rolle für die Beschäftigung in den Bereichen Einzelhandel, Vertrieb und Transport zu. Schätzungsweise 350 000 Arbeitsplätze hängen indirekt von der Kosmetikindustrie ab.

2.7

Aus diesem Grund sollten die Interessen und die Standpunkte der EU-Kosmetikbranche bei der Bewertung der Auswirkungen des vorliegenden Vorschlags berücksichtigt werden.

2.8

Die innergemeinschaftlichen Ausfuhren kosmetischer Mittel sind seit 1999 stetig gestiegen, und zwar um durchschnittlich 5 Prozent jährlich, was das Volumen betrifft, und um 6,5 Prozent jährlich, was den Wert anbelangt.

2.9

Die Kosmetikbranche ist ein internationaler Industriezweig, in dem die europäischen Unternehmen sehr gut aufgestellt sind. Aufgrund der starken Internationalisierung kommt der Kosmetikindustrie im Hinblick auf die Nettoexporte besondere Bedeutung in der EU zu. 2005 beliefen sich die Ausfuhren kosmetischer Mittel aus der EU auf 16 Mrd. EUR, die Importe auf 4,4 Mrd. EUR.

2.10

Die Situation in den einzelnen Mitgliedstaaten gestaltet sich unterschiedlich. Polen ist ein Beispiel dafür, dass die Branche überwiegend aus unabhängigen Firmen besteht — im konkreten Fall sind dies über 400 Unternehmen, davon der Großteil KMU. Der polnische Markt für Kosmetika, der 2006 um 8,2 Prozent und 2007 um 7,2 Prozent gewachsen ist und nach wie vor ein großes Wachstumspotenzial aufweist, ist ein gutes Beispiel für ein stetes Wachstum, das in den fünf größten Volkswirtschaften der EU (Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien) nicht mehr zu finden ist.

3.   Einleitung

Die Kosmetikrichtlinie ist ein überaus detaillierter Rechtsakt mit präskriptivem Charakter. Seit 1976 wurde sie 56 Mal geändert, was zu rechtlichen Unklarheiten und Widersprüchen sowie zu einem Fehlen jeglicher Legaldefinitionen geführt hat.

3.1

Mit der vorgeschlagenen Neufassung der Richtlinie 76/678/EWG des Rates werden folgende Hauptziele verfolgt:

Beseitigung rechtlicher Unklarheiten und Widersprüche, die infolge der hohen Zahl von Änderungen entstanden sind;

Vermeidung von Abweichungen bei der nationalen Umsetzung, die nicht die Produktsicherheit, sondern den Regelungsaufwand und die Verwaltungskosten erhöhen;

Vereinfachung und Vereinheitlichung bestimmter Verwaltungsverfahren, z.B. Meldung, Meldesystem zur Erfassung der unerwünschten Wirkungen kosmetischer Mittel („Cosmetovigilance“) und Verwaltungszusammenarbeit bei der Marktaufsicht;

Gewährleistung der Sicherheit der in der EU zugelassenen kosmetischen Mittel, vor allem angesichts der Innovationen in diesem Bereich;

Beibehaltung der Regelungen für Tierversuche, die im Rahmen der siebten Änderung im Jahr 2003 in die Kosmetikrichtlinie aufgenommen wurden;

Festlegung eindeutiger Mindestanforderungen für die Sicherheitsbewertung kosmetischer Mittel;

Einführung der Möglichkeit, Stoffe der K/e/f-Kategorien 1 und 2 in Ausnahmefällen auf der Grundlage des tatsächlichen Risikos zu bewerten.

Der Vorschlag für eine Verordnung enthält folgende Hauptelemente:

3.2

Die Kommission will den Geltungsbereich der Richtlinie 76/768/EWG beibehalten, und auch die Definition des Begriffs „kosmetisches Mittel“ bleibt unverändert. Im Zuge der von der Kommission durchgeführten Konsultation der Öffentlichkeit hat sich herausgestellt, dass die meisten Interessenträger eine Neufassung der Richtlinie 76/768/EWG als Verordnung befürworten.

3.3

Es wird eine Reihe neuer Legaldefinitionen, etwa für die Begriffe „Hersteller“, „Bereitstellung auf dem Markt“, „Inverkehrbringen“, „Einführer“, „harmonisierte Norm“, „Spuren“, „Konservierungsstoffe“, „Farbstoffe“, „UV-Filter“, „unerwünschte Wirkung“, „ernste unerwünschte Wirkung“, „Rücknahme“ und „Rückruf“, vorgeschlagen. Es wird jedoch keine Definition des zentralen Begriffs „kosmetisches Mittel“ vorgeschlagen.

3.4

Es wird das Konzept einer in der Gemeinschaft ansässigen verantwortlichen Person eingeführt. Darüber hinaus wird festgelegt, wer die Verantwortung für kosmetische Mittel trägt, die aus Nicht-EU-Staaten zum Verbraucher gelangen, z.B. per Internet-Bestellung.

3.5

Es werden Elemente der „Neuen Konzeption“ eingeführt: Im Hinblick auf die gute Herstellungspraxis, Probenahme und Analyse sowie Behauptungen über kosmetische Mittel wird auf die harmonisierten Normen in Rechtsvorschriften verwiesen.

3.6

Es werden Mindestanforderungen für die Sicherheitsbewertung und die Produktinformationsdatei (Produktdossier) festgelegt. In Anhang I des Verordnungsvorschlags wird ein Sicherheitsdatenblatt für kosmetische Mittel vorgeschlagen. Die Sicherheitsbewertung kosmetischer Mittel erfolgt auf der Grundlage des toxikologischen Profils ihrer jeweiligen Bestandteile.

3.7

Es wird eine differenzierte Regelung auf der Grundlage einer Bewertung des Risikos (und nicht der Gefahr) von als krebserregend/erbgutverändernd/fortpflanzungsschädigend („k/e/f“) eingestuften Stoffen vorgeschlagen, die die bisherige, auf einer Gefahrenbewertung basierende Regelung ersetzen soll. Allgemein wird das Verbot von Stoffen der K/e/f-Kategorien 1 und 2 beibehalten. Aufgrund der Neuen Konzeption ist aber die Verwendung von Stoffen der K/e/f-Kategorien 1 und 2 unter strengen Auflagen gestattet, sofern der Gebrauch dieser Stoffe in Kosmetika für sicher befunden worden ist.

3.8

Das generelle Verbot von Tierversuchen für kosmetische Fertigerzeugnisse sowie die Zeitpläne mit Fristen für das Verbot des Inverkehrbringens von kosmetischen Mitteln, deren Bestandteile oder Kombinationen von Bestandteilen mit Tierversuchen getestet wurden, werden beibehalten.

3.9

Es wird eine einheitliche Vorgehensweise für die Verwaltung der Daten über unerwünschte Wirkungen und ernste unerwünschte Wirkungen festgelegt. Diese Daten sind nunmehr in den Sicherheitsbericht für das jeweilige kosmetische Mittel aufzunehmen und werden öffentlich zugänglich gemacht. Darüber hinaus sind die Unternehmen gehalten, die zuständigen Behörden von sich aus über ernste unerwünschte Wirkungen zu informieren.

3.10

Es wird eine vereinfachte, zentralisierte und elektronische Meldung bei einer zentralen Meldestelle vorgeschlagen. Bislang musste die Meldung vor dem Inverkehrbringen eines kosmetischen Mittels in jedem Mitgliedstaat einzeln erfolgen. Diese verlangten jeweils unterschiedliche Informationen. Darüber hinaus ist derzeit in einer Reihe von Mitgliedstaaten eine gesonderte Meldung bei den Giftnotrufzentralen erforderlich.

3.11

Die Verwaltungszusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden in den einzelnen Mitgliedstaaten und die Anwendung der Grundsätze der guten Verwaltungspraxis werden forciert.

4.   Allgemeine Bemerkungen

4.1

Der Ausschuss unterstützt die Absichten und Zielsetzungen des vorliegenden Verordnungsvorschlags, d.h. die Vereinfachung und Vereinheitlichung bestimmter Verwaltungsverfahren unter gleichzeitiger Gewährleistung eines hohen Niveaus an Verbrauchersicherheit. Die vorgeschlagene Verordnung kann zweifellos als transparent bezeichnet werden. Die darin enthaltenen Rechtsbestimmungen tragen zur Klärung bestimmter, bislang strittiger rechtlicher Fragen bei, die zu Abweichungen in der Auslegung und Umsetzung der Bestimmungen geführt hatten.

4.2

Durch die Neufassung der Richtlinie 76/768/EWG als Verordnung wird die einheitliche Umsetzung der Rechtsbestimmungen sichergestellt, was den freien Warenverkehr auf dem Binnenmarkt fördert und die Verwaltungsverfahren auf den Märkten der EU vereinfacht.

4.3

Durch die Vereinfachung von Verwaltungsverfahren können zwar bestimmte Kosten (z.B. für die Meldung kosmetischer Mittel und die Meldung bei den Giftnotrufzentralen) gesenkt werden, dennoch ist davon auszugehen, dass KMU zur Erfüllung der neuen Anforderungen in Bezug auf die Daten für die Produktinformationsdatei sowie im Hinblick auf die Einhaltung der harmonisierten Norm für gute Herstellungspraxis (EN ISO 22716) erhebliche Ausgaben tätigen werden müssen. In diesem Zusammenhang sollte nachdrücklich darauf hingewiesen werden, dass in den derzeit geltenden Rechtsvorschriften weniger ausführliche toxikologische Informationen gefordert werden als in dem Verordnungsvorschlag.

4.4

Es ist zu erwarten, dass die Höhe der zusätzlichen Kosten, die zur Erfüllung der im Verordnungsvorschlag gestellten Anforderungen aufgebracht werden müssen, stark von der Größe des Unternehmens abhängen wird. Die Kosten für die Erstellung der Produktinformationen und die Sicherheitsbewertung werden in erster Linie von kleinen und mittelständischen Unternehmen zu tragen sein, die bisher nur rudimentäre Daten nach Maßgabe der geltenden Rechtsvorschriften zusammengestellt haben.

Was große internationale Konzerne anbelangt, ist aufgrund der langjährigen Erfahrung, des Sachverstands, der Humanressourcen, der technischen Infrastruktur und des Zugangs zum Know-how Dritter, über die diese Unternehmen verfügen, nicht von einem erheblichen Kostenanstieg auszugehen. Für große Unternehmen, die ihre Erzeugnisse auf einer Reihe von EU-Märkten herstellen, wird die EU-weit zentralisierte Meldestelle definitiv zu einer Vereinfachung der bisherigen Verwaltungsverfahren und somit teilweise zu einer Senkung der im Zusammenhang mit der Meldepflicht erwachsenden Kosten führen. Außerdem haben international tätige Unternehmen bereits Meldesysteme für ihre Rahmenformulierungen (Produktformeln) eingeführt.

4.5

Für KMU ist ein deutlicher Anstieg der Kosten für die Umsetzung der Grundsätze der guten Herstellungspraxis, die Sicherheitsbewertung und die Erstellung der Produktinformationen zu erwarten, ganz zu schweigen von sämtlichen erforderlichen Tests.

Alleine die Ausgaben der KMU für Forschung, Produktdossier und Sicherheitsbewertung könnten für jede neue, erstmalig in Verkehr gebrachte Produktformulierung um bis zu 100 Prozent steigen. Dies wird zu einem erheblichen Anstieg der Produktionskosten von KMU führen, was sich wiederum auf die Einzelhandelspreise der Produkte auswirken und damit auch die Interessen der Verbraucher betreffen wird.

Dabei ist zu bedenken, dass KMU ihre Produktserien in einer deutlich geringeren Stückzahl herstellen als große internationale Konzerne, die große Mengen absetzen. Insofern sind die Stückkosten für Forschung, Produktdossier und Sicherheitsbewertung für KMU sehr viel höher.

Die von der Kommission durchgeführte Folgenabschätzung ist daher möglicherweise für jene Mitgliedstaaten, in denen es viele KMU gibt, wie etwa Spanien, Italien, Polen und Bulgarien, nicht aussagekräftig.

4.6

Es erscheint ratsam, die negativen finanziellen Auswirkungen auf KMU so gering wie möglich zu halten, indem z. B. präzisiert wird, dass die Produktinformationsdatei und die Sicherheitsbewertung nur für erstmalig in Verkehr gebrachte kosmetische Mittel entsprechend den neuen Anforderungen erstellt werden müssen. Im Falle bereits zugelassener kosmetischer Mittel sollte der Übergangszeitraum für die Aktualisierung der Produktinformationsdateien und der Sicherheitsbewertungen verlängert werden.

4.6.1

Der Ausschuss befürwortet die 36-monatige Frist für das Inkrafttreten der Verordnung. Für die Anpassung der Produktinformationen und der Sicherheitsbewertungen bereits zugelassener kosmetischer Mittel schlägt der Ausschuss aber einen weiteren Übergangszeitraum von 24 Monaten nach Inkrafttreten der Verordnung vor.

4.7

Der Ausschuss begrüßt die Einführung von Legaldefinitionen. Dies wird die Auslegung der Bestimmungen der Verordnung erleichtern und zur Beseitigung der rechtlichen Unklarheiten und Widersprüche beitragen. Es wird jedoch keine neue Definition des Begriffs „kosmetisches Mittel“ vorgeschlagen. Die Kosmetikindustrie ist überaus innovativ, und jedes Jahr werden neue Wirkstoffe und Produktkategorien auf den Markt gebracht. Dies kann zu Schwierigkeiten bei der Produktzuordnung (kosmetisches bzw. pharmazeutisches Mittel usw.) und Problemen mit Produkten führen, die sich nicht eindeutig in eine Kategorie einordnen lassen. Aus diesem Grund müssen Aufklärungs- und Informationskampagnen durchgeführt und die Marktaufsicht in diesem Bereich verstärkt werden.

4.8

Er befürwortet die Einführung des Konzepts einer verantwortlichen Person. Die Möglichkeit, eine verantwortliche Person zu benennen, wobei dies außer dem Hersteller auch ein anderes Unternehmen sein kann, ist nützlich und entspricht den marktüblichen Vorgehensweisen, wie Produktionsauslagerung und Verwendung von Handelsmarken. Mit den Bestimmungen bezüglich der verantwortlichen Person wird darüber hinaus festgelegt, wer die Verantwortung für kosmetische Mittel trägt, die aus Nicht-EU-Staaten zum Verbraucher gelangen, z.B. per Internet-Bestellung.

4.9

Nach Ansicht des Ausschusses müssen noch weitere Begriffe definiert werden, damit die Rechtssicherheit gewährleistet wird, was im Falle einer Verordnung besonders wichtig ist. Dies trifft insbesondere auf die Begriffe „Parfüm“ und „Wirkstoff“ zu.

4.10

Er begrüßt ferner die Einführung einer elektronischen Meldung für kosmetische Mittel und Rahmenformulierungen bei den Giftnotrufzentralen. Dies wird zweifellos zu einer Vereinheitlichung der Verwaltungsverfahren auf dem Binnenmarkt führen.

4.11

Des Weiteren befürwortet er die Anwendung von Elementen der „Neuen Konzeption“ auf die Rechtsvorschriften für kosmetische Mittel. Die Anwendung der harmonisierten Normen, die von den Herstellern und den zuständigen Behörden auf freiwilliger Basis eingehalten werden können, ermöglicht eine Vereinheitlichung der Vorgehensweisen. Die harmonisierten Normen sind gute Beispiele für Selbstregulierungsmechanismen, die einerseits nützlich sind und andererseits gut von der Kosmetikindustrie angenommen werden. Der Ausschuss hat jedoch Vorbehalte gegen eine unkritische Anwendung von Elementen der „Neuen Konzeption“. Verbraucher- und Sicherheitsanliegen müssen durch entsprechende Rechtsvorschriften geregelt werden.

4.12

Er begrüßt den Verweis auf die harmonisierten Normen im Zusammenhang mit Behauptungen über kosmetische Mittel. Die harmonisierten Normen sollten sich aber auf die Vorgehensweisen zur wirksamen Bewertung der Richtigkeit der Behauptungen, nicht aber auf die Behauptungen selbst beziehen. Die behauptete Wirkung sollte mittels verlässlicher und reproduzierbarer Methoden gemessen werden. Darüber hinaus sollte bei den harmonisierten Normen der wissenschaftliche und technische Fortschritt sowie die Weitläufigkeit des Bereichs berücksichtigt werden.

4.13

Ferner begrüßt der Ausschuss die Einführung einer differenzierten Regelung auf der Grundlage der Sicherheitsbewertung von Stoffen, die im Sinne von Artikel 12 Absatz 2 der Richtlinie 67/548/EWG als krebserregend/erbgutverändernd/fortpflanzungsschädigend („k/e/f“) eingestuft wurden. Das Verbot der Verwendung derartiger Substanzen sollte generell beibehalten werden. Nach der derzeit geltenden Regelung werden Stoffe aber aufgrund der Gefahr (ihren immanenten Eigenschaften) eingestuft, ohne die Expositionsmenge und -wege zu berücksichtigen. Dies könnte bei einer Umstufung in die K/e/f-Kategorien 1 bzw. 2 automatisch zu einem Verbot von Ethanol (d.h. Alkohol) führen, obwohl dessen Verwendung in kosmetischen Mitteln keine Gefahren birgt. Im Verordnungsvorschlag ist vorgesehen, dass Stoffe der K/e/f-Kategorien 1 bzw. 2 nur dann als Bestandteile kosmetischer Mittel verwendet werden dürfen, wenn gleichzeitig drei Voraussetzungen erfüllt sind (Artikel 12 Absatz 2). Eine dieser Voraussetzungen ist jedoch, dass der Stoff zur Verwendung in Lebens- und Nahrungsmitteln zugelassen sein muss. Es ist aber sehr gut möglich, dass ein in die K/e/f-Kategorien 1 bzw. 2 eingestufter Stoff, dessen Verwendung in kosmetischen Mitteln als sicher gilt, nicht zur Verwendung in Lebens- und Nahrungsmitteln zugelassen ist (z.B. Formaldehyd, Borsäure usw.). Nach den Bestimmungen des vorliegenden Verordnungsvorschlags ist die Verwendung eines solchen Stoffes in der Kosmetikindustrie ausgeschlossen.

4.14

Der Ausschuss erkennt die Notwendigkeit von Übergangsfristen für die Anpassung des Produktdossiers und der Sicherheitsbewertung bereits zugelassener kosmetischer Mittel (Artikel 34) an. Im Verordnungsvorschlag wird aber nicht angegeben, ob die Übergangsfrist nur für erstmalig in Verkehr gebrachte oder auch für bereits zugelassene kosmetische Mittel gilt. Die Festlegung einer einheitlichen Übergangsfrist (von 36 Monaten) für sämtliche Produkte, also auch für bereits zugelassene kosmetische Mittel, könnte dazu führen, dass rechtmäßig in Verkehr gebrachte Produkte in Ermangelung einer aktualisierten Produktkennzeichnung bzw. einer angepassten Produktinformationsdatei vom Markt genommen werden müssen. Der Ausschuss befürwortet die 36-monatige Frist für das Inkrafttreten der Verordnung. Für die Anpassung der Produktinformationen und der Sicherheitsbewertungen bereits zugelassener kosmetischer Mittel schlägt der Ausschuss aber einen weiteren Übergangszeitraum von 24 Monaten nach Inkrafttreten der Verordnung vor.

In dem Arbeitsdokument SEK(2008) 117, der Folgenabschätzung, erläutert die Kommission, sämtliche verfügbaren statistischen Daten wiesen darauf hin, dass die Zahl der unerwünschten Wirkungen kosmetischer Mittel überaus gering sei. Darüber hinaus sei es — etwa im Gegensatz zur Lebensmittelindustrie — in der Kosmetikbranche seit dem Inkrafttreten der Kosmetikrichtlinie zu keiner ernstzunehmenden Gefahrensituation gekommen.

5.   Besondere Bemerkungen

5.1

Der Ausschuss ist der Auffassung, dass gewisse Bestimmungen des Verordnungsvorschlags der Kommission möglicherweise nur schwer zu erfüllen sind. Insbesondere trifft dies auf die Bestimmungen zum Umfang der Informationen für die Produktinformationsdateien und die Sicherheitsbewertungen (Artikel 7 sowie Anhang II) zu.

5.2

In Artikel 7 muss festgelegt werden, dass die Bewertung der Unbedenklichkeit des Produkts von einem unabhängigen, d. h. nicht mit dem Unternehmen verbundenen Dritten vorgenommen wird.

5.3

Der Begriff „nichtklinische Sicherheitsstudien“ in Artikel 7 Absatz 3 ist unklar. Die verfügbaren Informationen lassen auf eine unterschiedliche Auslegung dieses Begriffs in den einzelnen Mitgliedstaaten schließen. Gemäß der Interpretation durch die zuständigen Behörden Polens bezeichnet der Begriff „klinische Studie“ eine Studie zu einem medizinischen Erzeugnis. Die zur Bewertung kosmetischer Mittel angewandten Forschungsstudien mit Freiwilligen (dermatologische Tests, Verträglichkeitsprüfung, instrumentelle Analysen) können demnach nicht als klinische Studien verstanden werden. Ebenso wenig können sie aber als nichtklinische Sicherheitsstudien im Sinne von Artikel 7 Absatz 3 des Verordnungsvorschlags gelten. Nach Maßgabe von Richtlinie 2004/10/EG sind die Grundsätze der guten Laborpraxis nicht auf Studien an Menschen anzuwenden.

5.4

Darüber hinaus führt die Bestimmung, wonach sämtliche toxikologischen Tests und Analysen für die Sicherheitsbewertung entsprechend den Grundsätzen der guten Laborpraxis durchzuführen sind, dazu, dass ein Großteil der in den toxikologischen Datenbanken und wissenschaftlichen Publikationen enthaltenen Daten, die eigentlich wertvolle Informationsquellen sind, nicht genutzt werden kann. Selbst in jüngeren wissenschaftlichen Publikationen sind nur sehr selten Erklärungen der Labore, die die Tests durchgeführt haben, hinsichtlich der Einhaltung (bzw. Nichteinhaltung) der Grundsätze der guten Laborpraxis zu finden.

5.5

Die Einhaltung der Bestimmungen in Anhang I Absätze 2 und 4 bezüglich der Bewertung der Reinheit und der Stabilität des Verpackungsmaterials, der Wechselwirkung zwischen Stoffen und der Auswirkungen der Stabilität eines kosmetischen Mittels auf dessen Sicherheit sowie bezüglich der Angabe, wie lange das Mittel nach dem Öffnen sicher ist, könnte Schwierigkeiten bereiten, da es dafür keine allgemein verfügbare und anerkannte Methode gibt, z.B. eine internationale oder europäische Norm, und auch keine wissenschaftlichen Veröffentlichungen dazu vorliegen. Diese Daten sind daher nicht unmittelbar erschließbar.

5.5.1

Der Ausschuss befürwortet die in Anhang I (Sicherheitsbewertung kosmetischer Mittel) festgelegten Minimalanforderungen hinsichtlich der Daten und Tests, die bei der Erstellung einer Produktdatei gesammelt bzw. durchgeführt werden müssen. Dies wird die Qualität der Produktdatei verbessern, die Marktaufsicht erleichtern und somit zu mehr Verbrauchersicherheit beitragen.

5.6

Der zur Berechnung der Sicherheitsmarge für die Exposition (engl.: MoS — margin of safety) notwendige „NOAEL-Wert“ (engl.: No Observed Adverse Effect Level — Dosis, bei der keine schädliche Wirkung erkennbar ist) ist für zahlreiche Stoffe nicht verfügbar. Die Verpflichtung zur Bestimmung des NOAEL-Werts wird zum Einsatz von Tierversuchen führen, was dem von der EU verfolgten Ansatz der Bevorzugung alternativer Verfahren zuwiderläuft. Außerdem stellt dies einen Verstoß gegen die Bestimmungen in Artikel 14 (Tierversuche) dar.

5.6.1

In der neuen Regelung sollte daher präzise festgelegt werden, welche Tests von den Herstellern an Stoffen zur Verwendung in kosmetischen Mitteln durchzuführen sind, um mögliche Gesundheitsgefahren für die Verbraucher festzustellen.

5.7

Der Ausschuss ist nicht damit einverstanden, dass die Liste der Bestandteile nur auf der Verpackung aufgeführt werden soll (Artikel 15 Buchstabe g)); sie sollte vielmehr auf dem Produkt selbst (d.h. dem Behältnis) angebracht sein, sofern dies irgend möglich ist.

5.8

Nach Ansicht des Ausschusses müssen kosmetische Mittel spezielle Gebrauchshinweise insbesondere für Kinder enthalten, wobei deutlich und an sichtbarer Stelle das Mindestalter anzugeben sowie der Hinweis „Nicht in Reichweite von Kindern aufbewahren“ anzubringen ist.

5.9

Der Ausschuss vertritt ferner die Auffassung, dass in der Verordnung klar festgelegt werden sollte, dass beim Verkauf kosmetischer Mittel im Fernabsatz genau die gleichen Informationen, die aus den Etiketten und Verpackungen der zum Verkauf in Geschäftsräumen bestimmten Produkte hervorgehen müssen, klar und deutlich aus den Angeboten der im Versandgeschäft tätigen Unternehmen ersichtlich sein müssen.

5.10

Der Ausschuss befürwortet die Forcierung im Hinblick auf die Verwaltungszusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden und die Anwendung der Grundsätze der guten Verwaltungspraxis.

5.11

Ferner befürwortet er die Straffung der bisherigen Anhänge mit den Aufstellungen der verbotenen und eingeschränkt in kosmetischen Mitteln verwendbaren Stoffe durch die Hinzufügung der CAS- und EINECS-Nummern sowie der INCI-Bezeichnungen und die Erstellung eines elektronischen Verzeichnisses der Bestandteile kosmetischer Mittel.

5.12

Die Streichung des früheren Anhangs I der Richtlinie 76/768/EWG scheint angemessen. Die Einteilung in Kategorien in der bisherigen Liste war eher willkürlich, wobei es zu zahlreichen Wiederholungen kam, etwa bei „Schminkgrundlagen“ und „Schmink- und Abschminkmitteln“. Außerdem ist die bisherige Liste bereits obsolet — zwischenzeitlich sind neue Produktarten auf dem Markt, z.B. Anti-Cellulitis-Pflaster oder mit Wirkstoffen getränkte Abschminktücher.

Brüssel, den 9. Juli 2008

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Dimitris DIMITRIADIS


(1)  KOM(2008) 49 endg. — 2008/0025 (COD).