51995IP1053

Entschließung zur Sicherheit von Blut in der Europäischen Union

Amtsblatt Nr. C 249 vom 25/09/1995 S. 0231


B4-1053, 1054, 1056, 1058, 1060, 1061 und 1066/95

Entschließung zur Sicherheit von Blut in der Europäischen Union

Das Europäische Parlament,

- in Kenntnis der Richtlinie 89/381/EWG des Rates vom 14. Juni 1989 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten und zur Festlegung besonderer Vorschriften für Arzneimittel aus menschlichem Blut oder Blutplasma ((ABl. L 181 vom 28.06.1989, S. 44.)), für die diese Richtlinie ausschließlich gilt,

- unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. September 1993 zu Blut und Blutderivaten - Selbstversorgung und Sicherheit in der Europäischen Gemeinschaft mit Blut ((ABl. C 268 vom 04.10.1993, S. 29.)),

- unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. November 1993 zur Sicherheit von Bluttransfusionen und zur Verwendung von Blutderivaten ((ABl. C 329 vom 06.12.1993, S. 268.)), die nach einer Aussprache über infiziertes Blut angenommen wurde,

- in Kenntnis der Schlußfolgerungen des Rates vom 13. Dezember 1993 zur Selbstversorgung der Europäischen Gemeinschaft mit Blut,

- in Kenntnis der Mitteilung der Kommission über die Sicherheit von Blut in der Europäischen Gemeinschaft (KOM(94)0652),

- in Kenntnis der Schlußfolgerungen des Rates vom 2. Juni 1995 über die Sicherheit von Bluttransfusionen und die Selbstversorgung mit Blut in der Gemeinschaft,

- in Kenntnis der Antwort der Kommission auf die gestellten Fragen,

A. beunruhigt über Berichte, nach denen sich in verschiedenen Mitgliedstaaten ein illegaler Markt für Blutprodukte entwickelt, der immer grössere Dimensionen annimmt,

B. in der Erwägung, daß bei der Information über Gesundheitsthemen grösste Transparenz erforderlich ist und daß die Kommission den Regierungen der Mitgliedstaaten ihre volle Unterstützung gewähren sollte, um eine Untersuchung durchzuführen und alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die grösstmögliche hygienische Sicherheit im gesamten Kreislauf der Kontrollen der Entnahme und der Verwendung von Blut und Blutplasma zu erreichen,

C. in der Erwägung, daß der Bedarf an Blutprodukten in der Europäischen Union nur unzureichend gedeckt wird,

D. unter Hinweis darauf, daß die Angst vor einer Übertragung von Krankheiten durch Bluttransfusionen oder die Verwendung von Blutderivaten in letzter Zeit stark zugenommen hat,

E. in Erwägung des Grundsatzes, daß der menschliche Körper und einzelne Teile davon unverletzlich sind und nicht dem Profit und der Vermarktung unterworfen werden dürfen,

F. in Erwägung der Notwendigkeit, Zusammenschlüsse freiwilliger Blutspender zu fördern und zu schützen und ihre Solidarfunktion anzuerkennen,

G. unter Hinweis darauf, daß in Artikel 129 EGV die Zuständigkeit der Gemeinschaft im Bereich des Gesundheitsschutzes verankert ist,

1. ist der Auffassung, daß der freie Verkehr mit Blut oder Blutplasma innerhalb der EU eine unumgängliche Bedingung für die Selbstversorgung immer dann ist, wenn Blut- und Plasmaspenden geregelt werden;

2. bekräftigt erneut, daß die Selbstversorgung der Gemeinschaft mit Blut und Blutderivaten unter Wahrung des Grundsatzes der freiwilligen und unentgeltlichen und anonymen Blutspende zu verwirklichen ist; dafür ist die Blutspende in den Mitgliedstaaten mit Unterstützung der Gemeinschaft zu fördern und die Qualität und Unbedenklichkeit der Spenden sowie die optimale Nutzung von Blut und Blutderivaten zu gewährleisten;

3. ist der Ansicht, daß auch auf der Grundlage der erwähnten Richtlinie 89/381/EWG das Prinzip der Selbstversorgung mit Blut auf Unionsebene zu bekräftigen ist, um Einfuhren aus Drittländern und die kommerzielle Nutzung von Blut zu verhindern und für Liefer- und Kostenstabilität zu sorgen;

4. betont, daß die Einrichtung eines vollständigen, strengen und harmonisierten rechtlichen Rahmens eine Vorbedingung für die Verwirklichung des Ziels der europäischen Selbstversorgung ist;

5. betont, daß die Sicherheit von Blut und Blutderivaten sowie die Sicherstellung einer angemessenen Versorgung mit Blutprodukten, die für die Deckung des Bedarfs der europäischen Patienten erforderlich sind, bei jeder politischen Entscheidung in bezug auf Blut und Selbstversorgung die vorrangigen Ziele sein müssen;

6. fordert die Organe der Union auf, eine gemeinsame Regelung für die Bluttransfusionskette auszuarbeiten, die folgende Elemente umfassen muß: die Verfahren zur Auswahl der Spender, die Überprüfung der Spenden und Zulassungsvorschriften für die wichtigsten diagnostischen Instrumente und Qualitätskontrollen, die Qualitätsgarantie und die Gute Herstellungspraxis für Arzneimittel aus Blut und Blutplasma;

7. fordert die Kommission auf, Kriterien für die Qualitätsbewertung und für ordnungsgemässe Praktiken im Bereich der Sammlung, der Behandlung und der Übertragung von Blut und Blutprodukten zu entwickeln;

8. schlägt vor, daß die Union weitreichende Maßnahmen zur Harmonisierung der Verfahren für die Verwaltung der Bestände und die Verabreichung von Blutprodukten an Patienten sowie zur Schaffung eines Follow-up-Systems für Patienten, die Bluttransfusionen erhalten haben, trifft;

9. begrüsst die Vorlage einer Mitteilung der Kommission über die Sicherheit von Blut und die Selbstversorgung mit Blut in der Union;

10. hält es für erforderlich, das Vorgehen der Blutbanken zu regeln und Bedingungen für Vollblutspenden festzulegen;

11. fordert, daß das Sammeln von Blutplasma durch Plasmaaustausch-Zentren geregelt wird, um die Qualität und die Sicherheit zu gewährleisten, die die Aphärese zur Selbstversorgung in Europa beitragen kann;

12. fordert, daß für Personengruppen spezifische Blut- oder Blutplasmaspendeprogramme innerhalb der Mitgliedstaaten eingeführt werden, denen die konkreten Kriterien für die Auswahl jedes Blut- oder Plasmaspenders zugrundeliegen;

13. ersucht die Kommission, so rasch wie möglich einen Vorschlag zur Schaffung eines Systems zur "Rückverfolgbarkeit" von Blut vorzulegen, das bei der erforderlichen Gewähr der Anonymität eine Rückverfolgung bis zum Spender ermöglicht;

14. ist der Auffassung, daß das Verfahren zur Blutplasmasammlung durch Aphärese in der Europäischen Union wegen der Qualitäts- und Sicherheitsgarantien, die dieses Verfahren bieten kann, und wegen seines Beitrags zur europäischen Selbstversorgung gefördert werden muß;

15. wünscht die Einführung eines gemeinschaftsweiten Hämovigilanzsystems für die Sammlung von epidemiologischen Daten in Verbindung mit der Bluttransfusionskette auf der Grundlage der bestehenden Netze;

16. bekräftigt seine Ansicht, daß die Koordination und Arzneimittelüberwachung während der gesamten Kette von Blutderivaten an die Europäische Arzneimittelbehörde übertragen werden sollen;

17. fordert die unverzuegliche Zusammenarbeit der Polizei und der Justiz der Mitgliedstaaten, um den illegalen Handel mit Blutplasma und seinen Derivaten zu unterbinden;

18. fordert die Kommission auf, dringend zu überprüfen, welche Maßnahmen ergriffen werden können, um diese Ziele zu erreichen;

19. bekräftigt noch einmal, daß es unabdingbar ist, daß die bestehenden Gesetze unnachsichtig angewandt werden, und daß jene Personen, die sich illegaler Aktionen und Transaktionen schuldig machen, vor Gericht gestellt werden müssen;

20. fordert die Mitgliedstaaten dringend auf, für eine ausreichende Entschädigung der Opfer kontaminierter Bluttransfusionen und ihrer Angehörigen zu sorgen;

21. wiederholt seine Forderung nach einer Informationskampagne, die sich im Zusammenhang mit der Sicherheit der Bluttransfusionen und der Verwendung von Blutderivaten an die Empfänger wendet, und die Förderung einer angemessenen Information über die Möglichkeit der Eigenspende von Blut, um Ausbrüche von Panik und einen Mißbrauch der Situation zu vermeiden;

22. weist darauf hin, wie wichtig es ist, daß die Medizinstudenten, die Ärzte, das für Bluttransfusionen zuständige Personal wie auch das Krankenhauspersonal eine adäquate Ausbildung sowie eine ständige Fortbildung zur Aktualisierung ihres Wissensstands in bezug auf die Sicherheit von Bluttransfusionen erhalten;

23. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission, dem Rat und den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zu übermitteln.