22.9.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 245/45


DELEGIERTE RICHTLINIE (EU) 2022/1631 DER KOMMISSION

vom 12. Mai 2022

zur Änderung — zwecks Anpassung an den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt — des Anhangs IV der Richtlinie 2011/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich einer Ausnahme für die Verwendung von Blei in Bismut-Strontium-Calcium-Kupferoxid-Supraleiterkabeln und -drähten und Blei in deren elektrischen Verbindungen

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie 2011/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß der Richtlinie 2011/65/EU müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass in Verkehr gebrachte Elektro- und Elektronikgeräte keine der in Anhang II der Richtlinie aufgeführten gefährlichen Stoffe enthalten. Diese Beschränkung gilt nicht für bestimmte Verwendungen im Zusammenhang mit medizinischen Geräten und Überwachungs- und Kontrollinstrumenten, die in Anhang IV der genannten Richtlinie aufgeführt sind.

(2)

Die Kategorien von Elektro- und Elektronikgeräten, auf die die Richtlinie 2011/65/EU anwendbar ist, sind in Anhang I der Richtlinie genannt.

(3)

Blei ist ein Beschränkungen unterliegender Stoff, der in Anhang II der Richtlinie 2011/65/EU aufgeführt ist.

(4)

Am 25. März 2019 erhielt die Kommission einen Antrag gemäß Artikel 5 Absatz 3 der Richtlinie 2011/65/EU auf eine in Anhang IV der genannten Richtlinie aufzunehmende Ausnahme für die Verwendung von Blei in Bismut-Strontium-Calcium-Kupferoxid-Supraleiterkabeln und -drähten und Blei in deren elektrischen Verbindungen zu anderen Bauteilen von Elektro- und Elektronikgeräten (im Folgenden „beantragte Ausnahme“). Bleidotiertes BSCCO kann zur Erzeugung supraleitender magnetischer Kreise für Medizinprodukte und Überwachungs- und Kontrollinstrumente verwendet werden.

(5)

Im Einklang mit Artikel 5 Absatz 7 der Richtlinie 2011/65/EU waren Konsultationen der Interessenträger Teil der Beurteilung der beantragten Ausnahme. Die bei diesen Konsultationen eingegangenen Stellungnahmen wurden auf einer eigens eingerichteten Website veröffentlicht.

(6)

Bleihaltige Lote werden verwendet, um die supraleitenden Drähte und Kabel mit anderen Bauteilen der Elektro- und Elektronikgeräte zu verbinden. Zurzeit gibt es auf dem Markt keine bleifreie Alternative, die ein ausreichendes Maß an Zuverlässigkeit für Verwendungen bietet, die Eigenschaften wie Duktilität und geringer elektrischer Widerstand bei niedrigen Temperaturen erfordern.

(7)

Die Beurteilung der beantragten Ausnahme, die eine technische und wissenschaftliche Studie (2) umfasste, ergab, dass der Zusatz von Blei zu BSCCO technische und funktionelle Vorteile bietet, die ohne die Verwendung von Blei nicht erreicht werden können. Die technischen und funktionalen Vorteile bestehen in einer höheren Auflösung von Bildern für die medizinische Diagnose oder für Forschung und Innovation, und sie ermöglichen einen stabileren Betrieb der entsprechenden Anwendungen. Der Zusatz von Blei zu BSCCO ermöglicht die Herstellung effizienterer und zuverlässigerer Ausrüstung, was sich positiv auf Gesundheitsfürsorge und Innovation auswirkt.

(8)

Die Beseitigung oder Substitution von Blei in dem supraleitenden Material und den entsprechenden Loten ist derzeit und wahrscheinlich auch in absehbarer Zeit nicht möglich. Die beantragte Ausnahme steht mit der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) im Einklang und schwächt den durch diese Verordnung gewährten Schutz von Umwelt und Gesundheit nicht ab.

(9)

Daher sollte die beantragte Ausnahme gewährt werden.

(10)

Die technischen Vorteile des bleidotierten BSCCO-Materials haben das Potenzial, Verbesserungen und Innovationen in der medizinischen Diagnostik und der Forschung zu fördern. Die Geltungsdauer der Ausnahme wird sich wahrscheinlich nicht negativ auf die Innovation auswirken. Daher sollte die Ausnahme gemäß Artikel 5 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2011/65/EU für einen ausgedehnten Zeitraum gewährt werden.

(11)

Die Richtlinie 2011/65/EU sollte daher entsprechend geändert werden —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Anhang IV der Richtlinie 2011/65/EU wird gemäß dem Anhang der vorliegenden Richtlinie geändert.

Artikel 2

(1)   Die Mitgliedstaaten erlassen und veröffentlichen spätestens am 28. Februar 2023 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit.

Sie wenden diese Rechtsvorschriften ab dem 1. März 2023 an.

Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

(2)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten nationalen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 3

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 4

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Brüssel, den 12. Mai 2022

Für die Kommission

Die Präsidentin

Ursula VON DER LEYEN


(1)  ABl. L 174 vom 1.7.2011, S. 88.

(2)  Studie zur Beurteilung von sieben Ausnahmeanträgen hinsichtlich der Anhänge III und IV der Richtlinie 2011/65/EU.

(3)  Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Chemikalienagentur, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. L 396 vom 30.12.2006, S. 1).


ANHANG

In Anhang IV der Richtlinie 2011/65/EU wird folgender Eintrag angefügt:

„48.

Blei in Supraleiterkabeln und -drähten aus Bismut-Strontium-Calcium-Kupferoxid (BSCCO) und Blei in elektrischen Anschlüssen an diese Drähte

Läuft am 30. Juni 2027 ab.“