15.11.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 402/73


DELEGIERTE RICHTLINIE (EU) 2021/1980 DER KOMMISSION

vom 11. August 2021

zur Änderung — zwecks Anpassung an den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt — des Anhangs IV der Richtlinie 2011/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich einer Ausnahme für die Verwendung von Diethylhexylphthalat (DEHP) in ionenselektiven Elektroden für die Analyse menschlicher Körperflüssigkeiten und/oder Dialysierflüssigkeiten

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie 2011/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß der Richtlinie 2011/65/EU müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass in Verkehr gebrachte Elektro- und Elektronikgeräte keine in Anhang II der Richtlinie aufgeführten gefährlichen Stoffe enthalten. Diese Beschränkung gilt nicht für bestimmte ausgenommene Verwendungen, die in Anhang IV der Richtlinie aufgeführt sind.

(2)

Die Kategorien von Elektro- und Elektronikgeräten, auf die die Richtlinie 2011/65/EU anwendbar ist, sind in ihrem Anhang I aufgeführt.

(3)

Gemäß der Delegierten Richtlinie (EU) 2015/863 der Kommission (2) ist Diethylhexylphthalat (DEHP) ein Beschränkungen unterliegender Stoff, der in Anhang II der Richtlinie 2011/65/EU aufgeführt ist und dessen Verwendung über dem tolerierten Konzentrationshöchstwert von 0,1 Gew.-% in homogenen Werkstoffen ab dem 22. Juli 2021 in Medizinprodukten, einschließlich In-vitro-Diagnostika, verboten ist.

(4)

Am 17. Juli 2018 erhielt die Kommission einen Antrag gemäß Artikel 5 Absatz 3 der Richtlinie 2011/65/EU auf eine in Anhang IV der genannten Richtlinie aufzunehmende Ausnahme für die Verwendung von DEHP in ionenselektiven Elektroden zur Analyse von menschlichen Körperflüssigkeiten und/oder Dialysierflüssigkeiten (im Folgenden „beantragte Ausnahme“).

(5)

DEHP wird als Membranlösungsmittel in ionenselektiven Elektroden in Geräten für patientennahe Analysen (Point of Care Analysers) verwendet, die die Messung der Konzentration ionischer Stoffe in menschlichen Körperflüssigkeiten und/oder in Dialysierflüssigkeiten ermöglichen.

(6)

Zur Bewertung des Ausnahmeantrags wurde eine technische und wissenschaftliche Studie durchgeführt (3). Die Beurteilung des Antrags ergab, dass Alternativen zu DEHP noch nicht hinreichend zuverlässig sind und dass die Substitution von DEHP in bestimmten Verwendungen umwelt- und gesundheitsschädigende Auswirkungen hätte, die ihre Vorteile überwiegen. Im Einklang mit Artikel 5 Absatz 7 der Richtlinie 2011/65/EU waren Konsultationen der Interessenträger Teil der Beurteilung. Die bei diesen Konsultationen eingegangenen Stellungnahmen wurden auf einer eigens eingerichteten Website veröffentlicht.

(7)

Die beantragte Ausnahme steht mit der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) in Einklang und schwächt daher den durch diese Verordnung gewährten Schutz von Umwelt und Gesundheit nicht ab.

(8)

Es ist daher angezeigt, die beantragte Ausnahme zu gewähren, indem die von ihr abgedeckten Verwendungen in Anhang IV der Richtlinie 2011/65/EU aufgenommen werden.

(9)

Um leistungsfähige technische Geräte für Gesundheitsdienste bereitzustellen und Zeit für die Entwicklung geeigneter Alternativen einzuräumen, sollte die beantragte Ausnahme für eine Dauer von sieben Jahren ab dem Geltungsbeginn dieser Richtlinie gemäß Artikel 5 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2011/65/EU gewährt werden. Angesichts der Ergebnisse der laufenden Bemühungen, ein zuverlässiges Substitutionsprodukt zu finden, dürfte sich die Dauer dieser Ausnahmeregelung kaum negativ auf die Innovation auswirken.

(10)

Die Richtlinie 2011/65/EU sollte daher entsprechend geändert werden.

(11)

Im Interesse der Rechtssicherheit und zum Schutz der berechtigten Erwartungen der Wirtschaftsakteure, die die betreffenden Medizinprodukte liefern, dass die beantragte Ausnahme ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Verwendungsverbots für den betreffenden Beschränkungen unterliegenden Stoff gilt, und weil kein berechtigtes Interesses daran besteht, dass die Versorgung mit diesen Medizinprodukten infolge des Inkrafttretens dieses Verbots gestört wird, sollte diese Richtlinie unverzüglich in Kraft treten und rückwirkend ab dem 21. Juli 2021 gelten —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Anhang IV der Richtlinie 2011/65/EU wird gemäß dem Anhang der vorliegenden Richtlinie geändert.

Artikel 2

(1)   Die Mitgliedstaaten erlassen und veröffentlichen spätestens am 30. April 2022 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen. Sie übermitteln der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften.

Sie wenden diese Rechtsvorschriften ab dem 21. Juli 2021 an.

Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

(2)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten nationalen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 3

Diese Richtlinie tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 4

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Brüssel, den 11. August 2021

Für die Kommission

Die Präsidentin

Ursula VON DER LEYEN


(1)  ABl. L 174 vom 1.7.2011, S. 88.

(2)  Delegierte Richtlinie (EU) 2015/863 der Kommission vom 31. März 2015 zur Änderung von Anhang II der Richtlinie 2011/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Liste der Stoffe, die Beschränkungen unterliegen (ABl. L 137 vom 4.6.2015, S. 10).

(3)  Studie zur Beurteilung von drei Ausnahmeanträgen hinsichtlich Anhang IV der Richtlinie 2011/65/EU (Pack 17).

(4)  Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Chemikalienagentur, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. L 396 vom 30.12.2006, S. 1).


ANHANG

In Anhang IV der Richtlinie 2011/65/EU wird folgender Eintrag 45 angefügt:

„45.

Diethylhexylphthalat (DEHP) in ionenselektiven Elektroden, die in der patientennahen Analyse ionischer Stoffe in menschlichen Körperflüssigkeiten und/oder in Dialysierflüssigkeiten verwendet werden

Läuft am 21. Juli 2028 ab.“