3.6.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 150/11


ENTSCHEIDUNG DES RATES

vom 15. Mai 2006

zur Ermächtigung des Königreichs Spanien zur Anwendung einer von Artikel 11 und Artikel 28e der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern abweichenden Regelung

(2006/387/EG)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Sechste Richtlinie 77/388/EWG vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern — gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (1), insbesondere auf Artikel 27,

auf Vorschlag der Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Nach Artikel 27 Absatz 1 der Richtlinie 77/388/EWG kann der Rat auf Vorschlag der Kommission jeden Mitgliedstaat einstimmig ermächtigen, von der Richtlinie abweichende Regelungen einzuführen, um die Steuererhebung zu vereinfachen oder Steuerhinterziehungen oder -umgehungen zu verhindern.

(2)

Mit Schreiben vom 21. Juni 2005, eingegangen im Generalsekretariat der Kommission am 22. Juli 2005, beantragte das Königreich Spanien die Ermächtigung zur Einführung einer von den Bestimmungen der Richtlinie 77/388/EWG über die Mehrwertsteuer (MwSt.)-Bemessungsgrundlage abweichenden Regelung.

(3)

Die Kommission unterrichtete nach Artikel 27 Absatz 2 der Richtlinie 77/388/EWG die anderen Mitgliedstaaten mit Schreiben vom 7. Oktober 2005 über den Antrag des Königreichs Spanien. Mit Schreiben vom 10. Oktober 2005 teilte die Kommission dem Königreich Spanien mit, dass ihr alle Informationen vorlägen, die sie zur Prüfung des Antrags für erforderlich erachte.

(4)

Nach Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 77/388/EWG ist die Steuerbemessungsgrundlage bei einer Lieferung von Gegenständen oder einer Dienstleistung alles, was den Wert der Gegenleistung für die erbrachte Leistung bildet. Artikel 28e Absatz 1 der genannten Richtlinie regelt die Steuerbemessungsgrundlage beim innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen unter Bezugnahme auf Artikel 11 Teil A.

(5)

Die beantragte Ausnahmeregelung soll Steuerausfällen aufgrund von Manipulationen am steuerbaren Wert mehrwertsteuerpflichtiger Lieferungen von Gegenständen, Dienstleistungen und innergemeinschaftlichen Erwerben von Gegenständen in den Fällen begegnen, in denen der Verkäufer einem mit ihm verbundenen Käufer, der kein Recht auf vollen Vorsteuerabzug hat, einen reduzierten Preis berechnet.

(6)

Die Regelung sollte gezielt angelegt sein, so dass sie nur für Fälle von MwSt.-Hinterziehung oder -Umgehung gilt, in denen eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt ist. Die Maßnahme steht infolgedessen in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Ziel.

(7)

Vergleichbare Ausnahmeregelungen wurden bereits anderen Mitgliedstaaten zugestanden, um der Steuerhinterziehung oder -umgehung entgegenzuwirken, und haben sich als wirksam erwiesen.

(8)

Ausnahmeregelungen gemäß Artikel 27 der Richtlinie 77/388/EWG zur Verhinderung von MwSt.-Umgehung im Zusammenhang mit der Steuerbemessungsgrundlage bei Leistungen zwischen verbundenen Personen sind auch Gegenstand des Vorschlags der Kommission vom 16. März 2005 für eine Richtlinie zur Straffung einiger Ausnahmeregelungen gemäß dem genannten Artikel (2). Die Geltungsdauer dieser Ausnahmeregelung ist daher zu beenden, wenn jene Richtlinie in Kraft tritt.

(9)

Diese Ausnahmeregelung dient der Sicherung des Betrags der auf der Endverbrauchsstufe geschuldeten MwSt. und hat keine nachteiligen Auswirkungen auf die MwSt.-Eigenmittel der Gemeinschaften —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Abweichend von Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a und Artikel 28e der Richtlinie 77/388/EWG wird das Königreich Spanien ermächtigt festzulegen, dass die Steuerbemessungsgrundlage bei der Lieferung von Gegenständen, bei Dienstleistungen und beim innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen der Normalwert gemäß der Definition in Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe d der genannten Richtlinie ist, wenn die Gegenleistung deutlich niedriger ist als der Normalwert der betreffenden Leistung und deren Empfänger oder, im Falle eines innergemeinschaftlichen Erwerbs, der Erwerber kein Recht auf vollen Abzug der Vorsteuer gemäß Artikel 17 der Richtlinie 77/388/EWG hat.

Diese Regelung darf nur zur Verhinderung von Steuerumgehung und -hinterziehung angewandt werden, wenn die Gegenleistung, auf der die Steuerbemessungsgrundlage ansonsten beruhen würde, durch familiäre Bindungen, Bindungen im Zusammenhang mit Leitungsfunktionen sowie eigentumsrechtliche, finanzielle oder rechtliche Bindungen gemäß der Definition der nationalen Rechtsvorschriften beeinflusst wurde. Für diese Zwecke gilt als rechtliche Bindung auch die förmliche Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Artikel 2

Die Geltungsdauer der Ermächtigung nach Artikel 1 endet mit dem Inkrafttreten einer Richtlinie zur Straffung der Ausnahmeregelungen gemäß Artikel 27 der Richtlinie 77/388/EWG zur Verhinderung der MwSt.-Umgehung oder -Hinterziehung mit Hilfe der Bewertung von Leistungen zwischen verbundenen Personen oder am 31. Dezember 2009, je nachdem, welcher Zeitpunkt früher liegt.

Artikel 3

Diese Entscheidung ist an das Königreich Spanien gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am 15. Mai 2006.

Im Namen des Rates

Die Präsidentin

U. PLASSNIK


(1)  ABl. L 145 vom 13.6.1977, S. 1 Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/18/EG (ABl. L 51 vom 22.2.2006, S. 12).

(2)  ABl. C 125 vom 24.5.2005, S. 12.